Bundessozialgericht Beschluss, 05. Juni 2013 - B 6 KA 4/13 B

bei uns veröffentlicht am05.06.2013

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Streitig ist das Verlangen des Klägers nach Honorierung von Leistungen, die er in der Zeit nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung (VzA) der Zulassungsentziehung durch den Zulassungsausschuss (ZA) am 15.5.2007 bis zur Aufhebung dieser VzA durch das SG am 9.7.2007 erbracht hatte.

2

Der Kläger war seit 1997 als Allgemeinarzt tätig; er führte Heroin-Substitutionsbehandlungen durch. Gegründet auf den Vorwurf jahrelanger sexueller Übergriffe gegen - teils minderjährige - Patientinnen entzog der ZA dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung; die vom Kläger dagegen eingelegten Rechtsbehelfe hatten keinen Erfolg (Beschluss/Bescheid vom 14.8./5.11.2007 sowie anschließendes erfolgloses Klage- und Berufungsverfahren).

3

Der ZA ordnete zugleich mit der Zulassungsentziehung auch deren sofortige Vollziehung an (Beschluss/Bescheid vom 18.4./15.5.2007). Ungeachtet dieser VzA erbrachte der Kläger über den 15.5.2007 hinaus weiterhin Leistungen und brachte diese auch in seiner späteren Quartalsabrechnung vom Juli 2007 gegenüber der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) in Ansatz. Die Beklagte versagte dem Kläger indessen das Honorar für die Leistungen, die er nach dem 15.5.2007 (bis zur Aufhebung der VzA durch das SG) erbracht hatte (sog quartalsgleiche sachlich-rechnerische Richtigstellung vom 10.10.2007).

4

Am 9.7.2007 hob das SG die VzA des ZA vom 18.4./15.5.2007 auf; das LSG wies die Beschwerde des Berufungsausschusses (BA) zurück; SG und LSG führten zur Begründung aus, dass für Anordnungen der sofortigen Vollziehung nicht die Zulassungs-, sondern nur die Berufungsausschüsse zuständig seien (Beschluss des SG vom 9.7.2007 und Zurückweisung der Beschwerde des BA durch Beschluss des LSG vom 22.8.2008). Eine VzA des BA vom 14.8./5.11.2007 ist demgegenüber vom SG und vom LSG bestätigt worden (Beschlüsse vom 7.12.2007 und vom 14.8.2008).

5

Den Widerspruch des Klägers gegen die Honorarversagung - der sich auf die von ihm beim SG am 9.7.2007 erreichte gerichtliche Aufhebung der VzA des ZA berief - hat die Beklagte zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 23.9.2009). Anders als das SG (Urteil vom 28.1.2011) hat das LSG die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.9.2012). In dessen Urteil ist ausgeführt, dass die sachlich-rechnerische Richtigstellung zu Recht erfolgt sei. Der Kläger habe über den 15.5.2007 hinaus keine Leistungen erbringen dürfen; er hätte die VzA des ZA beachten müssen, ungeachtet der Frage, ob dieser - oder nur der BA - für die VzA zuständig gewesen sei. Die spätere gerichtliche Aufhebung der VzA habe keine Rückwirkung entfalten können. Im Übrigen hätten die Zulassungsausschüsse die Kompetenz für Anordnungen sofortiger Vollziehung; die frühere gegenteilige Auffassung, die noch dem Beschluss vom 22.8.2008 zugrunde gelegen habe, werde aufgegeben.

6

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, die Frage der Rückwirkung gerichtlicher Aufhebungen von Vollziehungsanordnungen und die Frage der Zuständigkeit der Zulassungsausschüsse für Vollziehungsanordnungen hätten grundsätzliche Bedeutung. Ferner liege ein Verfahrensverstoß in Gestalt der Missachtung der Bindungswirkungen des früheren LSG-Beschlusses vom 22.8.2008 vor.

7

II. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Er hat weder mit der Geltendmachung grundsätzlicher Bedeutung noch mit der von ihm erhobenen Verfahrensrüge Erfolg.

8

1. Eine grundsätzliche Bedeutung (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) setzt voraus, dass eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt insbesondere dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu siehe zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Die Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstehen würde (Entscheidungserheblichkeit). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (siehe die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f).

9

Nach diesen Maßstäben sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nicht gegeben. Die - hier sinngemäß wiedergegebenen - Rechtsfragen,

        

-       

ob die Aufhebung einer VzA durch ein SG Wirkung ex nunc oder ex tunc hat

        

-       

ob die Aufhebung der VzA grundsätzlich ex nunc wirkt oder ob insoweit eine Ausnahme gelten muss, als die Aufhebung der VzA des ZA wegen dessen Unzuständigkeit ex tunc anzuordnen ist,

sind unter Heranziehung der bereits vorliegenden Rechtsprechung des BSG dahin zu beantworten, dass eine VzA-Aufhebung durch das SG nur Wirkung ex nunc entfaltet; der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es insoweit nicht.

10

a) Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung herausgestellt hat, kann ein vertragsärztlicher Status nicht rückwirkend zuerkannt oder aberkannt werden, sondern im vertragsärztlichen System "muss zu jedem Zeitpunkt klar sein, welcher Arzt Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen (KKn) zu deren Lasten behandeln und Leistungen verordnen darf und ob insoweit ein Anspruch des Arztes besteht, wegen der von ihm erbrachten Leistungen an der Verteilung des Honorars durch die KÄV beteiligt zu werden" (Zitat aus BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 34 iVm 36 iVm 28, mit zahlreichen weiteren BSG-Angaben wie zB BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 15 f iVm 22; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 17). Status-Erteilungen und -Aufhebungen wirken nur ex nunc und nicht ex tunc (so zB BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 10 ff zur Genehmigung einer Praxisverlegung; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 22 zur aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine Ermächtigung; vgl auch schon früher zB BSGE 80, 48, 50 = SozR 3-2500 § 85 Nr 19 S 119/120 betr Großgeräte-Genehmigung).

11

Wie sich aus der Rechtsprechung ergibt, gilt dieser allgemeine Grundsatz nicht nur für den Status selbst, sondern auch für die im Zusammenhang mit einem Status stehende aufschiebende Wirkung und deren Fortfall durch Einlegung von Rechtsbehelfen und Anordnungen der sofortigen Vollziehung. So hat der Senat im Urteil vom 11.3.2009 zu einer Drittanfechtungskonstellation ausgeführt, dass die aufschiebende Wirkung nicht ex tunc eintreten kann (BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 21), und als zweifelhaft bezeichnet, dass eine VzA den Wegfall der aufschiebenden Wirkung rückwirkend bewirken könne (aaO RdNr 28). Er hat hervorgehoben, dass "ein … ex tunc … zurückbezogener Eintritt der aufschiebenden Wirkung … gerade zu der in der Senatsrechtsprechung hervorgehobenen (als nicht tragbar erachteten) Unsicherheit führen" würde (aaO RdNr 22). Der Senat hat dargelegt, dass bis zur Einlegung des Widerspruchs der Ermächtigte Leistungen erbringen darf und dafür Honorar beanspruchen kann; dies kann nicht etwa rückwirkend in Frage gestellt werden, wenn später Widerspruch eingelegt wird; die Widerspruchseinlegung wirkt nur ex nunc (vgl BSG aaO RdNr 21-29).

12

Der Aussagekraft dieser Entscheidung und ihre Anwendbarkeit auf die vorliegende Konstellation steht nicht entgegen, dass der Senat seine Ausführungen anhand einer sog Drittanfechtung und damit in einem Fall "mehrpoliger Rechtsbeziehungen" formuliert hat (vgl hierzu BSG aaO RdNr 32). So wie der Senat zur damaligen Konstellation ausgeführt hat, dass die Widerspruchseinlegung nur ex nunc aufschiebende Wirkung entfaltet und eine VzA die aufschiebende Wirkung nur ex nunc wegfallen lässt, so wirken in einem Fall der vorliegenden Art die VzA und deren spätere Aufhebung durch das SG auch jeweils nur ex nunc. Die später erfolgte Aufhebung der VzA durch das SG konnte das als Folge der VzA zunächst bestehende Verbot der Leistungserbringung also nur ex nunc und nicht rückwirkend aufheben.

13

Bei Zugrundelegung dieser Rechtsprechung und des von ihr herausgestellten allgemeinen Grundsatzes ist die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage dahin zu beantworten, dass der betroffene Arzt die VzA sofort ab ihrem Ergehen - ex nunc - beachten muss, dh dass er ab der VzA keine vertragsärztlichen Leistungen mehr erbringen darf und kein Honorar für dennoch erbrachte Leistungen beanspruchen kann, sowie dass er ab der Aufhebung der VzA erneut Leistungen erbringen darf und für diese Honorar beanspruchen kann, dies aber nur ex nunc. Schon vorher - ungeachtet der VzA - erbrachte Leistungen werden nicht rückwirkend legal mit der Folge, dass die KÄV sie honorieren müsste.

14

aa) Diesem aus der Senatsrechtsprechung abzuleitenden Ergebnis steht nicht entgegen, dass andere Gerichte und das Schrifttum vielfach abstrakt formulieren, die gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wirke auf den Zeitpunkt der VzA zurück (zum Streitstand vgl zB Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 86b RdNr 19 ; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl 2013, § 80 RdNr 171; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 28 mwN). Dies kann jedenfalls angesichts der unter a) dargestellten besonderen vertragsarztrechtlichen Rechtslage nicht für vertragsarztrechtliche Konstellationen der vorliegenden Art gelten. Auch in zahlreichen anderen Fällen sind Abweichungen von allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen aufgrund von Besonderheiten des vertragsarztrechtlichen Systems akzeptiert; dies beruht auf § 37 Satz 1 SGB I("soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt"), wie der Senat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl dazu zB BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11 mwN; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 15 RdNr 23, 45; BSG vom 6.2.2013 - B 6 KA 2/12 R - RdNr 16). Ein Bedarf nach grundsätzlicher Klärung besteht insoweit nicht.

15

bb) Im Übrigen liefe es der Funktion der nach der Rechtsprechung des BVerfG ohnehin nur in Ausnahmefällen zulässigen Anordnung des Sofortvollzugs einer Zulassungsentziehung zuwider, wenn der Betroffene seine Tätigkeit ungeachtet der VzA fortsetzen und daraus Vergütungsansprüche generieren könnte. Gerade wenn die VzA dem Schutz der Patienten dient - hier war der Kläger dringend verdächtig, sexuelle Übergriffe gegenüber minderjährigen Mädchen im Zusammenhang mit Substitutionsbehandlungen begangen zu haben und nach dem LSG-Beschluss vom 14.8.2008 - L 12 B 106/08 KA ER - Seite 11, stand zumal Wiederholungsgefahr in Frage -, müssen alle Anreize zum Unterlaufen der Anordnung ausgeschlossen sein (vgl BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 17, 19, 21 zur Ausrichtung "auf die konkrete Rechtsfolge und deren Ordnungsfunktion").

16

b) Auch die Garantie eines effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) fordert nicht, dass ein von einer VzA betroffener Arzt seine vertragsärztliche Tätigkeit zunächst fortsetzen darf, bis ein Gericht im Eilverfahren über die Rechtmäßigkeit entschieden hat. Auch wenn der Arzt unmittelbar nach der VzA das SG angerufen und seinerseits alles Erforderliche veranlasst hat, um dem SG eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen, darf er seine vertragsärztliche Tätigkeit zunächst nicht weiterführen. Hierzu wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass bei den Gerichten die Praxis verbreitet ist, im Falle nicht sogleich möglicher Entscheidung gemäß § 80 Abs 5 VwGO, § 86b Abs 1 SGG, § 32 BVerfGG - bei drohendem existentiellen oder sonstwie erheblichen Eingriff - einen sog "Hängebeschluss" (auch "Zwischenregelung" genannt) zu erlassen(hierzu ausführlich Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Aufl 2012, RdNr 461-472 ; kurz gefasst auch zB Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 86b RdNr 14; Binder in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 86b RdNr 72; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl 2013, § 80 RdNr 170). Damit wird den Erfordernissen des Art 19 Abs 4 GG Rechnung getragen. Sollte sich nachträglich herausstellen, dass dem betroffenen Arzt die Zulassung nicht hätte entzogen werden dürfen, können Amtshaftungsansprüche bestehen, soweit ein Arzt durch bindende, aber rechtswidrige Vollziehungsanordnungen an seiner Tätigkeit gehindert worden sein sollte (zur Verfassungsmäßigkeit der Verweisung auf Sekundäransprüche vgl zB BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 31; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 33 mwN).

17

c) Der Grundsatz der Verbindlichkeit von Vollzugsanordnungen bis zu ihrer etwaigen gerichtlichen Aufhebung gilt auch dann, wenn das Gericht die VzA allein mit der Begründung aufgehoben hat, der ZA sei insoweit nicht zuständig. Die Verbindlichkeit könnte nur dann nachträglich-rückwirkend zweifelhaft sein, wenn das SG ausdrücklich ausgesprochen hätte, die Aufhebung der VzA erfolge rückwirkend ab deren Erlass. Hierfür kann der Aufhebung durch das SG im vorliegenden Fall aber nichts entnommen werden; dazu wäre das SG in einer Konstellation wie hier auch nicht berechtigt gewesen.

18

d) Eine grundsätzliche Bedeutung ergibt sich ferner nicht aus der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage,

        

ob der ZA die Kompetenz hat, die sofortige Vollziehbarkeit der Zulassungsentziehung anzuordnen.

19

Diese Frage ist nach dem Kontext des LSG-Urteils schon nicht entscheidungserheblich, also nicht klärungsfähig. Auf die Frage der Kompetenz des ZA könnte es nur ankommen, wenn ein etwaiger Kompetenzmangel die Nichtigkeit der VzA begründen würde und dadurch die weitere Leistungserbringung durch den Kläger berechtigt gewesen wäre mit der Folge des Entstehens von Honoraransprüchen. Indessen steht eine Nichtigkeit nicht in Rede; ein etwaiges Zuständigkeitsdefizit des ZA ergäbe keinen evidenten schwerwiegenden Rechtsfehler der VzA im Sinne des § 40 Abs 1 SGB X. Eine sog absolute Unzuständigkeit kann nicht in Betracht gezogen werden, weil eine VzA-Befugnis des ZA einen sachlichen Bezug zu dessen Aufgabenbereich hat.

20

Ungeachtet des Fehlens der Entscheidungserheblichkeit weist der Senat aus Gründen der Klarstellung daraufhin, dass auch der ZA - und nicht erst nur der BA - als Behörde im Sinne des § 86a Abs 2 Nr 5 SGG die Kompetenz hat, eine VzA zu erlassen(so auch BayLSG vom 19.9.2012 - L 12 KA 59/11 - in Abkehr von BayLSG vom 22.8.2008 - L 12 B 650/07 KA ER - MedR 2009, 565; vgl auch zB Pawlita in: Schlegel/Voelzke/Engelmann, juris-PK SGB V, 2. Aufl 2012, § 97 RdNr 70; Schiller, Entscheidungsanmerkung MedR 2009, 566 f; Clemens, Aufschiebende Wirkung und sofortige Vollziehbarkeit, in: Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht , Festschrift 10 Jahre Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im DAV, 2008, S 339; offengelassen in BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 30 mwN). Danach kann Sinn und Funktion des § 97 Abs 4 SGG, der mit der Einführung des § 86a Abs 2 Nr 5 SGG bestehen blieb, darin gesehen werden klarzustellen, dass der Berufungsausschuss ungeachtet der abweichenden Terminologie des § 86 Abs 2 Nr 5 SGG("Stelle, die … über den Widerspruch zu entscheiden hat"; anders § 96 Abs 4 SGB V: "den Berufungsausschuss anrufen ") die Kompetenz zum Erlass einer VzA behalten hat.

21

2. Erfolglos ist schließlich auch die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), die er unter dem Gesichtspunkt der Missachtung der Bindungswirkungen des früheren LSG-Beschlusses vom 22.8.2008 erhebt.

22

Die Missachtung einer Bindungswirkung würde einen Verfahrensmangel darstellen (unstreitig, vgl zB Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 141 RdNr 23). Das ist bei Urteilen für Fälle der Nichtbeachtung der Rechtskraftwirkung gemäß § 141 Abs 1 SGG anerkannt und gilt entsprechend für Beschlüsse in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes(unstreitig, vgl zB Keller aaO § 141 RdNr 2 und 5). In der vorliegenden Konstellation steht aber keine Bindungswirkung in Frage, deren Missachtung mit der Nichtbeachtung der Rechtskraftwirkung bei Urteilen vergleichbar wäre. Voraussetzung für eine verfahrensmäßig beachtliche Bindungswirkung ist, dass sie (a) zwischen denselben Prozessparteien (sog inter-partes-Bindung) und (b) auf der sog Hauptfragenebene besteht:

23

a) Bedenken ergeben sich hier nicht daraus, dass vorliegend ein Streit zwischen Kläger und KÄV betroffen ist, während der LSG-Beschluss vom 22.8.2008 einen Streit zwischen dem Kläger und dem BA betraf; denn jener LSG-Beschluss entfaltet Bindungswirkung auch im Verhältnis zwischen Kläger und KÄV, weil diese damals beigeladen war.

24

b) Einer Bindungswirkung im Sinne des § 141 Abs 1 SGG steht aber entgegen, dass Gegenstand des LSG-Beschlusses vom 22.8.2008 auf der sog Hauptfragenebene allein die gerichtliche Aufhebung der VzA des ZA war. Zu dessen Streitgegenstand im prozessrechtlichen Sinne gehörte weder die Aussage des LSG dazu, warum die VzA aufgehoben wurde, noch, ob die Aufhebung ex tunc oder nur ex nunc auszusprechen war. Die Auffassung des LSG, die VzA sei rechtswidrig gewesen, weil der ZA dafür nicht zuständig sei, betraf im Rahmen des LSG-Beschlusses vom 22.8.2008 nur die Begründung = Vorfrageebene, sodass keine Bindungswirkung für die hier vom LSG zu treffende Entscheidung ausging. Auch die Frage der ex tunc- oder ex nunc-Wirkung war nicht Gegenstand des LSG-Beschlusses vom 22.8.2008; das LSG hatte damals keinen Anlass, zur ex tunc- oder ex nunc-Wirkung Stellung zu nehmen, und hat dies auch nicht getan.

25

Dementsprechend konnte das LSG im Urteil vom 19.9.2012, ohne eine Bindungswirkung des früheren LSG-Beschlusses vom 22.8.2008 beachten zu müssen, frei darüber entscheiden, ob es nur von einer ex nunc-Wirkung ausgehe und ob es auch den ZA als befugt zur Anordnung einer sofortigen Vollziehbarkeit erachte. Im Übrigen hat das LSG zur Zuständigkeit des ZA, eine sofortige Vollziehung anzuordnen, nur im Rahmen eines obiter dictum Stellung genommen; auch aus diesem Grund gibt es keine "Entscheidungskollision", und somit kann insoweit kein Verfahrensmangel vorliegen.

26

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

27

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Die Bemessung erfolgt entsprechend der Festsetzung der Vorinstanzen auf den sog Regelwert von 5000 Euro, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist.

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(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
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3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 100 Euro für einen von ihr ohne Erfolg erhobenen Widerspruch.

2

Die Klägerin, die als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, legte gegen den Honorarbescheid für das Quartal II/2005 Widerspruch ein, den die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) mit Widerspruchsbescheid vom 14.3.2007 zurückwies. Der Verfügungssatz zu II lautete: "Für dieses Widerspruchsverfahren wird eine Gebühr in Höhe von 100,00 Euro festgesetzt." Zur Begründung bezog sich die Beklagte auf ihre Gebührenordnung, die für erfolglose Widerspruchsverfahren Gebühren in dieser Höhe vorsehe.

3

Gegen diese Gebührenfestsetzung hat die Klägerin bei dem SG München erfolglos Klage erhoben (Urteil vom 14.7.2009). Das LSG hat die Berufung mit Urteil vom 5.10.2011 zurückgewiesen. Die Gebührensatzung sei formell und materiell rechtmäßig. Sie beruhe auf § 24 Abs 3 der Satzung der Beklagten als Ermächtigungsnorm. Danach könne die Beklagte für Widerspruchsverfahren, soweit sie nicht erfolgreich seien, Gebühren erheben, wobei die Gebührensätze nach dem Verwaltungsaufwand zu bemessen seien. Diese Vorschrift verstoße ihrerseits nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte sei nach § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V verpflichtet, die Aufbringung und Verwaltung der Mittel zu regeln. Bereits dem Wortlaut nach sei die Beklagte damit nicht auf die Erhebung von Beiträgen im Sinne eines Verwaltungskostenbeitrags beschränkt. Anders als § 98 Abs 2 Nr 4 SGB V ("Verfahrensgebühren") spreche das Gesetz nicht von "Verwaltungskostenbeiträgen", sondern weitergehend von der "Aufbringung der Mittel" und räume damit der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum ein. Ein Vergleich mit anderen Büchern des SGB bestätige, dass der Terminus "Aufbringung der Mittel" als Oberbegriff verwendet werde. Die Beklagte habe von der Ermächtigung des § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V auch in einer Weise Gebrauch gemacht, die den Grundsätzen des Rechts der Gebührenerhebung entspreche. Die Pauschalierung der Kosten für die Durchführung eines nicht erfolgreichen Widerspruchsverfahrens mit 100 Euro sei im Rahmen der Satzungsautonomie nicht zu beanstanden.

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§ 64 Abs 1 SGB X, wonach für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetz keine Gebühren erhoben werden, schließe die Erhebung einer Widerspruchsgebühr nicht aus. Nach § 37 Satz 1 SGB I sei § 64 Abs 1 SGB X nämlich nur anwendbar, soweit in den weiteren Büchern des SGB nichts Abweichendes bestimmt werde. Die Ermächtigungsnorm des § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V sei jedoch eine solche abweichende Regelung. Mit ihr werde den KÄVen Satzungsautonomie auch hinsichtlich der Aufbringung der Mittel gewährt. Außerdem sei die mitgliedschaftliche Stellung von Vertragsärzten in der KÄV strukturell nicht mit der Stellung Sozialversicherter und -leistungsberechtigter im Verhältnis zum Leistungsträger vergleichbar. Bei Letzteren diene die Kostenfreiheit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Verwirklichung sozialer Rechte. Demgegenüber sei im Bereich des Leistungserbringungsrechts, insbesondere im Bereich des Vertragsarztrechts, eine kostenmäßige Privilegierung der betroffenen Leistungserbringer nicht erforderlich. Konsequenterweise habe der Gesetzgeber wegen dieses strukturellen Unterschieds mit § 197a SGG für den nichtprivilegierten Personenkreis die Kostenpflicht für das Gerichtsverfahren eingeführt. Eine moderate Widerspruchsgebühr in Höhe von 100 Euro stehe auch mit Art 19 Abs 4 GG in Einklang.

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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie trägt zur Begründung vor, die Ermächtigung zur Regelung der Aufbringung der Mittel in § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V sei keine von § 64 SGB X abweichende Regelung iS von § 37 Satz 1 SGB I. Weder der Wortlaut der Vorschrift noch der vom LSG vorgenommene Vergleich mit anderen Büchern des SGB spreche dafür, dass "Aufbringung der Mittel" auch eine Gebührenerhebung umfasse. Ein systematischer Vergleich mit anderen Vorschriften des SGB zeige vielmehr, dass die Erhebung von Gebühren nur bei einer ausdrücklichen Regelung zulässig sei. Das ergebe sich bereits aus § 98 Abs 2 Nr 4 SGB V, wonach Vorschriften über die Verfahrensgebühren zum Inhalt der Zulassungsverordnungen gehören. Auch die Abschaffung der Kostenfreiheit für vertragsärztliche Streitigkeiten vor den Sozialgerichten durch das 6. SGGÄndG belege, dass solche Einschränkungen ausdrücklich im Gesetzestext wiederzufinden seien.

6

Die Gebührenfestsetzung verstoße gegen das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip. Sie sei schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagten in § 24 Abs 3 Satz 1 der Satzung Ermessen hinsichtlich der Gebührenerhebung eingeräumt werde, welches sie auszuüben habe, in der Gebührensatzung als Rechtsfolge hingegen eine gebundene Entscheidung normiert worden sei.

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Art 19 Abs 4 GG sei verletzt, weil die Gebühr Rechtsschutz ausschließe oder erschwere. Im Gebührenverzeichnis seien für Widerspruchsverfahren Kosten von bis zu 253 Euro vorgesehen, die sich durch Auslagen weiter erhöhen könnten. Außerdem gebe es auch bei Vertragsärzten weniger gut situierte Berufsträger, für die eine solche Gebühr durchaus eine zusätzliche Hürde darstellen könne.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Oktober 2011 und des Sozialgerichts München vom 14. Juli 2009 sowie die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 100 Euro im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 14.3.2007 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 100 Euro für das erfolglos durchgeführte Widerspruchsverfahren ist rechtmäßig.

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1. Die Revision ist nicht nach § 144 Abs 4 iVm § 165 SGG ausgeschlossen. Um Kosten im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich nicht, wenn über die Kosten eines isolierten Vorverfahrens gestritten wird (vgl BSGE 106, 21 = SozR 4-1300 § 63 Nr 12, RdNr 11 mwN).

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2. Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es entgegen § 78 Abs 1 SGG nicht. Der Senat hat ein solches Erfordernis bereits für den Rechtsschutz gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Berufungsausschusses (SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 13)und gegen eine Kosten(grund)entscheidung nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X(SozR 4-1300 § 63 Nr 13 RdNr 14) verneint. Das gleiche gilt für die Klage gegen die Festsetzung einer Gebühr für das erfolglose Widerspruchsverfahren. Auch hier ist die Widerspruchsstelle für die Kostenfestsetzung zuständig, sodass ein Vorverfahren entbehrlich ist.

14

3. Das LSG hat für das BSG bindend den Inhalt des hier maßgeblichen Landesrechts festgestellt und in nicht zu beanstandender Weise ausgelegt (§ 162 SGG; vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 18). Demnach ist Grundlage für die Erhebung der Gebühr § 1 Abs 1 Buchstabe b der Gebührenordnung der beklagten KÄV. Danach werden Gebühren gemäß § 24 Abs 3 der Satzung erhoben für Widerspruchsverfahren nach § 4 Abs 6 der Satzung, soweit sie nicht erfolgreich sind. § 24 Abs 3 der Satzung bestimmt, dass die Beklagte für besonders aufwendige Verwaltungstätigkeiten und für Widerspruchsverfahren, soweit sie nicht erfolgreich sind, auch Gebühren erheben kann. Die Gebührensätze sind nach dem Verwaltungsaufwand (Kostendeckungsprinzip) zu bemessen. Das Nähere regelt die Gebührenordnung, die von der Vertreterversammlung zu beschließen ist. Das LSG hat rechtsfehlerfrei der Formulierung "kann" in § 24 Abs 3 Satz 1 der Satzung eine Ermächtigung entnommen und nicht die Vorgabe einer Ermessensentscheidung. § 4 Abs 6 der Satzung regelt die Zuständigkeit des Vorstands als Widerspruchsstelle und die Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit auf Widerspruchsausschüsse. Die Voraussetzungen von § 1 Abs 1 Buchstabe b Gebührensatzung liegen nach den von der Klägerin nicht angegriffenen Feststellungen des LSG vor, da die Klägerin - wie sich aus dem Verfügungssatz zu I des Widerspruchsbescheides ergibt - ohne Erfolg gegen einen Verwaltungsakt Widerspruch erhoben hat; auch die Höhe der festgesetzten Gebühr entspricht den Vorgaben des maßgeblichen Gebührenverzeichnisses. Dort ist unter Ziffer II Nr 1 für Widerspruchsverfahren, soweit sie nicht erfolgreich sind, eine Gebühr in Höhe von 100 Euro vorgesehen.

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4. Das LSG hat auch zu Recht entschieden, dass die Kostenregelung nicht gegen Bundesrecht verstößt. § 64 SGB X steht der Erhebung der Gebühr nicht entgegen. Zwar werden nach dieser Vorschrift für das Verfahren bei den Behörden nach diesem Gesetzbuch keine Gebühren und Auslagen erhoben. Behörden in diesem Sinne sind auch die KÄVen nach § 77 SGB V(vgl zur Anwendung des SGB X auch im vertragsärztlichen Zulassungsrecht BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 12 mwN; zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 10 S 33). Die Vorschrift gilt insbesondere auch für Widerspruchsverfahren (BT-Drucks 8/2034 S 36 zu § 62). Abweichungen von den Kostenregelungen des SGB X sind den KÄVen damit grundsätzlich nicht gestattet (vgl zu § 63 SGB X BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 4 RdNr 16; SozR 3-1300 § 63 Nr 10 S 34 ff). Die Auferlegung von Kosten in begrenztem Umfang für den Fall eines erfolglosen Widerspruchs ist durch § 64 SGB X jedoch nicht ausgeschlossen.

16

Nach § 37 Satz 1 SGB I gelten das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch nur, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts Abweichendes ergibt. Anderweitige Regelungen iS von § 37 Satz 1 Halbsatz 1 SGB I können unmittelbar gesetzliche Regelungen sein, aber auch untergesetzliche Regelungen aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm, die Bestandteil der besonderen Teile des SGB ist(vgl BSG SozR 3-1300 § 63 Nr 4 S 16 f; Didong, in: juris-PK SGB I, 2. Aufl 2011, § 37 RdNr 9; Lilge, SGB I, 3. Aufl 2012, § 37 RdNr 19).

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a) Eine ausdrückliche abweichende Regelung findet sich für das Vertragsarztrecht etwa in § 98 Abs 2 Nr 4 SGB V. Für das Zulassungsrecht - für das ungeachtet der Regelungen in §§ 36 ff Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) auch das SGB X gilt(vgl BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 16; BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, jeweils RdNr 12 mwN; Hess, in: Kasseler Komm, § 96 SGB V - Stand Dezember 2012 - RdNr 12) - bestimmt § 98 Abs 2 Nr 4 SGB V, dass die Zulassungsverordnungen Vorschriften "über die Verfahrensgebühren unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes und der Bedeutung der Angelegenheit für den Gebührenschuldner sowie über die Verteilung der Kosten der Ausschüsse auf die beteiligten Verbände" enthalten müssen. Hierauf beruhende Gebührenregelungen enthalten § 46 Ärzte-ZV und § 46 Zahnärzte-ZV.

18

Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung hat der Senat für das Verwaltungsverfahren bei Disziplinarmaßnahmen bejaht (BSG 28.8.1996 - 6 BKa 22/96 - Juris RdNr 6; bestätigt mit Beschluss vom 28.6.2000 - B 6 KA 1/00 B - Juris RdNr 7; ebenso Hencke, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Januar 2012, § 81 SGB V RdNr 7 und 45; Hess aaO, § 81 SGB V RdNr 12), für das ebenfalls grundsätzlich das SGB X gilt (BSG Beschluss vom 9.12.2004 - B 6 KA 70/04 B - Juris RdNr 5). Der Senat hat sich dabei auf § 81 Abs 5 Satz 1 SGB V gestützt, wonach die Satzungen der KÄVen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen müssen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Diese gesetzliche Ermächtigung gestatte die Einführung von Vorschriften über die Beteiligung des Arztes, dem ein disziplinarisch zu ahndendes Verhalten zur Last falle, an den allgemeinen Verfahrenskosten bis zu einem in der Satzung selbst festgelegten Höchstbetrag.

19

Ebenfalls gebilligt hat der Senat Vorschriften zur Sanktionierung von Fristüberschreitungen durch Honorarabzüge (vgl etwa BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 37 RdNr 11). Ein Honorarverteilungsmaßstab darf danach für den Fall, dass Abrechnungsunterlagen verspätet oder unvollständig eingereicht werden, Regelungen enthalten, wonach die KÄVen den dadurch entstehenden Sonderaufwand durch einen prozentualen Abschlag vom vertragsärztlichen Honorar kompensieren dürfen. Vorschriften über die Modalitäten der Abrechnung und Folgen von Verstößen können aufgrund der allgemeinen Befugnis zur Regelung der Honorarverteilung erlassen werden (vgl BSG aaO; SozR 4-2500 § 85 Nr 19 RdNr 13 ff). Auch in diesem Zusammenhang kann ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand die Auferlegung von Kosten rechtfertigen.

20

b) Rechtsgrundlage für die hier streitige Kostenregelung für das Widerspruchsverfahren ist § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V. Danach muss die Satzung der KÄV insbesondere Bestimmungen über Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. In dieser Regelung sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung die Ermächtigungsgrundlage für Vorschriften über die "Festsetzung von Verwaltungskosten" (vgl zuletzt SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 13; aaO § 81 Nr 3 RdNr 15; SozR 3-2500 § 81 Nr 5 S 12 noch zu § 368m RVO, aber mit Hinweis auf § 81 Abs 1 SGB V). Da die Vorschrift keine näheren Vorgaben für die Ausgestaltung der Erhebung von Beiträgen durch die KÄVen macht, sind Art und Weise der Einnahmenerhebung dem Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers überlassen, der dabei die allgemeinen Grundsätze des Beitragsrechts sowie den Gleichheitssatz zu beachten hat (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 13). Die Verwaltungskostenbeiträge hat der Senat als Gegenleistung für Vorteile angesehen, die das Mitglied aus der Zugehörigkeit zu einer Körperschaft oder aus einer besonderen Tätigkeit dieser Körperschaft zieht oder potentiell ziehen kann (aaO RdNr 17 ff).

21

Der Umstand, dass jeder Vertragsarzt mit seinem Verwaltungskostenbeitrag die allgemeine Tätigkeit der KÄV wie etwa die Honorarabrechnung bereits finanziert, schließt aber nicht aus, dass für besondere Tätigkeiten, die vom Vertragsarzt veranlasst werden und erhöhten Aufwand und Kosten verursachen, Gebühren erhoben werden. Aus der allgemeinen Finanzierungsregelung des § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V kann vielmehr auch die Berechtigung zur Erhebung von Gebühren abgeleitet werden (ebenso Feddern, in: juris-PK SGB X, 2013, § 64 RdNr 24 unter Hinweis auf die hier angefochtene Entscheidung; vgl auch Schiller, Erhebung von Beiträgen und Gebühren durch die Kassenärztlichen Vereinigungen, MedR 2004, 348, 351; sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.9.2004 - L 5 KA 1529/03 - MedR 2005, 483, 484 zu einer Pfändungsgebühr). Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der "Mittel" begrenzt schon vom Wortsinn die KÄV nicht auf die Erhebung von Beiträgen. Der Senat hat noch zu § 368m Abs 1 Satz 2 Nr 4 RVO, der Vorgängervorschrift des § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, entschieden, dass es nicht generell unzulässig ist, über die Beiträge im engeren Sinne hinaus Gegenleistungen für die Inanspruchnahme besonderer Einrichtungen der KÄV zu verlangen(SozR 2200 § 368m Nr 4 S 8; SozR 3-2500 § 81 Nr 5 S 12). Dementsprechend hat der Senat im Grundsatz nicht beanstandet, dass eine KÄV Sonderbeiträge wie einen Fuhrkostenbeitrag von den am ärztlichen Notfalldienst teilnehmenden Ärzten erhoben hatte. Der in § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V enthaltene Auftrag an die KÄVen, im Rahmen ihrer Satzungsautonomie Regelungen über die Aufbringung der Mittel zu treffen, unterscheidet die Vorschrift strukturell grundlegend von den Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel für die gesetzliche Krankenversicherung. § 220 Abs 1 SGB V legt abschließend fest, dass die Mittel der Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden und überlässt damit die Entscheidung, wie die erforderlichen Mittel aufzubringen sind, nicht der Regelung der einzelnen Krankenkasse selbst. Strukturell gleiche Regelungen finden sich in der allgemeinen Vorschrift des § 20 Abs 1 SGB IV zur Aufbringung der Mittel generell für die Sozialversicherung sowie etwa in § 54 Abs 1 SGB XI für die Pflegeversicherung und in § 340 SGB III für die Leistungen der Arbeitsförderung und die sonstigen Ausgaben der Bundesagentur.

22

Dass § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Einführung von Gebühren für erfolglose Widerspruchsverfahren bildet, bestätigt ein Blick auf die Entstehungsgeschichte des § 64 Abs 1 SGB X. Nach der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung zum SGB X (BT-Drucks 8/2034 S 36 zu § 62) sollte die Vorschrift der Zusammenfassung der verschiedenen Kostenvorschriften des Sozialrechts dienen. Das Kassenarztrecht und seine Besonderheiten fanden dabei erkennbar keine Berücksichtigung. Erfasst wurden vielmehr alle Bereiche des Sozialrechts, in denen Sozialleistungen beansprucht werden konnten und bei denen traditionell von einer besonderen Schutzwürdigkeit der Anspruchsteller bzw Leistungsempfänger ausgegangen wurde. Da dieser Gedanke im Vertragsarztrecht nicht greift, besteht eher eine Nähe zum allgemeinen Verwaltungsrecht, wo § 80 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz bei erfolglosem Widerspruchsverfahren eine Erstattung auch der notwendigen Aufwendungen des Verwaltungsträgers vorsieht. Die Erhebung einer Gebühr entspricht insoweit strukturell dieser allgemeinen Kostenregelung.

23

Die Einführung der Kostenpflicht in vertragsärztlichen Streitsachen durch § 197a Abs 1 SGG zum 2.1.2002 lässt erkennen, dass der Gesetzgeber anders als bei Versicherten, Leistungsempfängern, behinderten Menschen und deren Sonderrechtsnachfolgern eine Kostenprivilegierung der Vertragsärzte nicht für gerechtfertigt hielt. Zwar hat er darauf verzichtet, eine zwingende Sonderregelung auch für Kosten des Verwaltungsverfahrens zu schaffen. Es ist aber nicht erkennbar, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruchsverfahren bei der KÄV zwingend kostenfrei durchzuführen wären. Eine Beteiligung der Vertragsärzte an den Kosten eines erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahrens auf der Grundlage von § 81 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V steht jedenfalls nicht in einem Wertungswiderspruch mit der Entscheidung des Gesetzgebers, für das gerichtliche Verfahren Kosten zu erheben.

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5. Auch die Höhe der Gebühr ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass die KÄVen im Rahmen der ihnen zukommenden Satzungsautonomie die für das öffentliche Beitrags- und Gebührenrecht geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe, insbesondere das Äquivalenzprinzip, beachten müssen (vgl BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 17; aaO Nr 3 RdNr 18; Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 40/03 R - USK 2004-145). Letzteres erfordert, dass zwischen der Höhe des Beitrags und dem Nutzen des Beitragspflichtigen ein Zusammenhang besteht. Hierfür genügt, dass die Beitragshöhe nicht in einem groben Missverhältnis zu den Vorteilen steht, die der Beitrag abgelten soll (BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 4 RdNr 17 unter Bezugnahme auf BVerfGE 108, 1, 19; BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 18; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 110; BVerwGE 125, 384 = Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr 6, RdNr 21 mwN). Ein solches Missverhältnis ist bei der Gebühr in Höhe von 100 Euro ausgeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass die verwaltungstechnische und inhaltliche Bearbeitung eines Widerspruchs bei einer zulässig typisierenden Betrachtung einen finanziellen Aufwand der Behörde weit oberhalb dieses Betrages verursacht. Aus diesem Grund ist auch ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip nicht gegeben. Angesichts der moderaten Höhe der Verfahrensgebühr ist nicht ersichtlich, dass ihre Erhebung über die Deckung des für das Widerspruchsverfahren erforderlichen Verwaltungsaufwandes hinaus in unzulässiger Weise der Finanzierung allgemeiner Aufgaben der KÄV dient. Gebühren der hier streitigen Art dürfen die Finanzierung der KÄV durch umsatzbezogene Verwaltungskostenbeiträge aller Vertragsärzte lediglich für besondere Aufgabenbereiche ergänzen, aber nicht im originären Aufgabenbereich ersetzen. Für Letzteres fehlt es hier schon im Hinblick auf die Relation zwischen den gesamten Verwaltungskosten der Beklagten (nach dem Rechenschaftsbericht für das Geschäftsjahr 2010 mehr als 150 000 000 Euro) und dem potentiellen Aufkommen durch die Widerspruchsgebühr an jedem Anhaltspunkt. Das dürfte angesichts des besonderen Aufwandes im Übrigen auch gelten, soweit die Satzung für erfolglose Widerspruchsverfahren, in denen Qualitätsprüfungen anhand von Unterlagen durchzuführen sind, erhöhte Gebühren vorsieht.

25

Ein Verstoß der Gebühr gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG kommt wegen der pauschalierten Bemessung nicht in Betracht. Nicht zuletzt im Hinblick auf die Höhe des Betrages war eine Abstaffelung nach Maßgabe der unterschiedlichen Leistungsfähigkeit der Mitglieder der Beklagten rechtlich nicht geboten (vgl BSG SozR 4-2500 § 81 Nr 3 RdNr 21 mwN).

26

Schließlich scheidet auch ein Verstoß gegen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG aus. Dieser Grundsatz verbietet eine Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens, die die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes unzumutbar erschwert (vgl BVerfGE 118, 168, 207; 61, 82, 110; vgl auch BSG SozR 4-1920 § 52 Nr 1 RdNr 13 bis 15 zur Streitwertbemessung in Zulassungsangelegenheiten). Gebühren als Gegenleistung für behördliches Handeln dürfen mithin nicht in einer Höhe festgesetzt werden, die Mitglieder der KÄV an der Wahrnehmung ihrer Rechte hindern könnte (vgl dazu auch BVerfG, Beschluss vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 - WM 2013, 279, 284). Eine Gebühr, die die Einlegung eines Rechtsbehelfs zu einem wirtschaftlich unkalkulierbaren oder jedenfalls hohen Risiko machen würde, wäre unzulässig. Eine pauschale Gebühr in Höhe von 100 Euro ist jedoch grundsätzlich nicht geeignet, Mitglieder der KÄVen von der Einlegung von Rechtsbehelfen abzuhalten.

27

6. Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung von § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 VwGO. Die Klägerin trägt auch die Kosten des von ihr erfolglos eingelegten Rechtsmittels.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Zur Beschlußfassung und Entscheidung in Zulassungssachen errichten die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung oder für Teile dieses Bezirks (Zulassungsbezirk) einen Zulassungsausschuß für Ärzte und einen Zulassungsausschuß für Zahnärzte.

(2) Die Zulassungsausschüsse bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Krankenkassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder der Zulassungsausschüsse führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Den Vorsitz führt abwechselnd ein Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen. Die Zulassungsausschüsse beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.

(2a) Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden haben in den Verfahren, in denen der Zulassungsausschuss für Ärzte eine der folgenden Entscheidungen trifft, ein Mitberatungsrecht:

1.
ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze nach § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3,
2.
Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a,
3.
Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze auf Grundlage der Entscheidungen der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden nach § 103 Absatz 2 Satz 4,
4.
Ablehnung einer Nachbesetzung nach § 103 Absatz 4 Satz 10,
5.
Ermächtigung von Ärzten und Einrichtungen,
6.
Befristung einer Zulassung nach § 19 Absatz 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und
7.
Verlegung eines Vertragsarztsitzes oder einer genehmigten Anstellung nach § 24 Absatz 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte.
Das Mitberatungsrecht umfasst auch das Recht auf frühzeitige Information über die Verfahrensgegenstände, das Recht zur Teilnahme an den Sitzungen einschließlich des Rechts zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung sowie das Recht zur Stellung verfahrensleitender Anträge.

(3) Die Geschäfte der Zulassungsausschüsse werden bei den Kassenärztlichen Vereinigungen geführt. Die Kosten der Zulassungsausschüsse werden, soweit sie nicht durch Gebühren gedeckt sind, je zur Hälfte von den Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen andererseits getragen.

(4) Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren beteiligten Ärzte und Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen den Berufungsausschuß anrufen. Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger,
2.
im Falle des § 75 Absatz 2a die Personen und im Falle des § 75 Absatz 2b die Versicherungsträger, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.