Bundessozialgericht Urteil, 15. Juli 2015 - B 6 KA 32/14 R

bei uns veröffentlicht am15.07.2015

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2012 geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, bei seiner erneuten Entscheidung über den Zulassungsantrag des Klägers die Rechtsauffassung des Senats zu beachten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

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Der 1969 geborene Kläger verfügt über ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und ist seit 2000 Diplom-​Psychologe mit dem Schwerpunkt pädagogische Psychologie; er ist als Psychologischer Psychotherapeut (PP) approbiert. Im Januar 2010 schloss der Kläger eine zusätzliche Fachkundeausbildung für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen gemäß § 6 Abs 4 der Psychotherapie-​Vereinbarung (Psych-​Vb) ab. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. sind ist Diplom-Pädagoginnen und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen (KJP) approbiert.

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Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-​OrgWG) wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V nF bestimmt, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten vorbehalten ist, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Im Anschluss an diese Neuregelung und die sie umsetzenden Bestimmungen in der Bedarfsplanungs-​Richtlinie (BPlRL) des zu 5. beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) entsperrte der zu 4. beigeladene Landesausschuss mit Beschluss vom 10.2.2010 den Planungsbereich Psychotherapie in B. für weitere Zulassungen im Umfang von insgesamt 81 vollen Versorgungsaufträgen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Daraufhin bewarben sich insgesamt 118 Therapeuten, darunter 87 KJPen, 30 PPen sowie eine Fachärztin für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Mit Bescheid vom 22. bis 24.6.2010 ließ der Zulassungsausschuss 82 KJPen zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu, darunter die Beigeladenen zu 1. und zu 2. Die Zulassungsanträge der übrigen KJPen sowie sämtlicher PPen - auch den des Klägers - lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass KJPen vorrangig vor den PPen zu berücksichtigen gewesen seien. Gegen diesen Beschluss erhoben 18 unterlegene Bewerber, darunter auch der Kläger, Widerspruch.

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Mit Bescheid vom 9.12.2010 (aus der Sitzung vom 27.10.2010) wies der beklagte Berufungsausschuss (ua) den Widerspruch des Klägers zurück (der Beigeladenen zu 1. erteilte der Beklagte anders als der Zulassungsausschuss eine Zulassung lediglich im Umfang eines halben Versorgungsauftrages) und ordnete die sofortige Vollziehung des Beschlusses an. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte ua aus, er habe im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dem Kriterium der beruflichen Eignung maßgebliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der Vielzahl der Bewerber sei eine individuelle Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Auswahlkriterien bei jedem Einzelbewerber nicht möglich gewesen und hätte zu willkürlichen Entscheidungen geführt. Von daher sei ein Raster geboten, an welchem die Bewerber zu messen seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die PPen auch zur Behandlung von Erwachsenen berechtigt seien, während die KJPen ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln dürften, und die Verweigerung einer Zulassung sie erheblich stärker treffe als die PPen. Für eine Bevorzugung der KJPen spreche ferner, dass hierdurch die Nachhaltigkeit der Versorgungslage besser gewährleistet sei, weil den KJPen ein Wechsel in einen anderen Versorgungsbereich nicht möglich sei. Die KJPen seien zudem aufgrund ihrer Ausbildung besonders geeignet, Kinder und Jugendliche zu behandeln, da es sich dabei um eine speziell auf die Behandlung dieses Personenkreises ausgerichtete Ausbildung handele. Deshalb sei die Berufsbezeichnung KJPen in § 24 lit b) Satz 3 BPlRL einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Der ausdrücklichen Erwähnung der KJPen in § 5 Abs 6a BPlRL könne entnommen werden, dass auch seitens des GBA dieser Personenkreis zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen als besonders geeignet angesehen werde. Das BSG habe die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter Hinweis auf § 24 lit c) BPlRL als besonderen Versorgungsbereich bewertet. Er - der Beklagte - übe sein Auswahlermessen daher dahingehend aus, dass die zu besetzenden Sitze zunächst an KJPen gingen, wobei diese in eine weitere Rangfolge nach Approbationsalter, Dauer der ärztlichen (psychotherapeutischen) Tätigkeit und Wartelisteneintrag zu unterteilen seien. Dann noch übrige Sitze seien an andere Bewerber zu vergeben, und zwar wiederum unter Berücksichtigung der genannten weiteren Kriterien. Die Berufserfahrung der PPen im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unterfalle nicht dem Kriterium berufliche Eignung, sondern dem als nachrangig eingestuften Kriterium der Dauer der ärztlichen Tätigkeit.

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Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und zunächst die vollständige Aufhebung des Bescheides des Beklagten und die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Widerspruchs begehrt; nachfolgend hat er die Klage dahingehend beschränkt, dass er die Aufhebung nur hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sowie hinsichtlich der Ablehnung seines eigenen Antrags begehrt. Mit Urteil vom 21.3.2012 hat das SG den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Zulassung des Klägers abgelehnt worden war, und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Klage in zulässiger Weise beschränkt. Der angefochtene Bescheid sei jedoch nur insoweit rechtswidrig, als die Entsperrung im Umfang von 82 anstatt von 81 Sitzen hätte erfolgen müssen. Der Beklagte sei hingegen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass KJPen im Hinblick auf die zu vergebenden Sitze beruflich besser geeignet seien als PPen mit Zusatzqualifikation.

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Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.10.2013). Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bleibe die Berufung jedenfalls deshalb ohne Erfolg, weil der Senat aus rechtlichen Gründen gehindert sei, isoliert die Zulassungen nur der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Bei dem angefochtenen Bescheid des Beklagten handele es sich nicht um die Zusammenfassung der Entscheidungen über eine Vielzahl von Vertragsarztsitzen, sondern um eine einheitliche Auswahlentscheidung. Die Auswahlentscheidung sei insoweit unteilbar, als die Entscheidung für einen von mehreren Bewerbern notwendig auch die Ablehnung der anderen Bewerber beinhalte. Entschieden die Zulassungsgremien über mehrere ausgeschriebene Stellen gleichzeitig und hätten sich alle Bewerber auf alle Stellen beworben, liege der Auswahlentscheidung typischerweise - so auch hier - eine anhand bestimmter Auswahlkriterien gebildete Rangliste zugrunde, und die Besetzung der Stellen werde dann anhand der Rangliste vorgenommen, indem entsprechend des Rangs so viele Bewerber zugelassen würden, wie Stellen zu vergeben seien. Hierbei stünden alle Bewerber um die ausgeschriebenen Vertragsarztsitze in einem Wettbewerb. Die Entscheidung über jeden einzelnen Vertragsarztsitz werde in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes inhaltlich konkretisiert; jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirke sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus.

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Eine Teilanfechtung verkürze zudem in nicht zu rechtfertigender Weise den Rechtsschutz der Beigeladenen zu 1. und 2., deren "Auswahl" durch den Kläger auf Zufall oder auf sachfremden Gründen beruhen könne, wenn ihnen aufgrund der Bestandskraft der anderen Zulassungen der Einwand verwehrt wäre, ein besser positionierter Bewerber sei wesentlich ungeeigneter. Zur Vermeidung verfassungs-​, insbesondere gleichheitswidriger Ergebnisse müssten auch sie die rechtliche Möglichkeit haben, ihre bessere Eignung im Verhältnis zu anderen, (noch) nicht am Rechtsstreit beteiligten Zugelassenen geltend zu machen. Auch Gründe der Praktikabilität geböten eine Teilbarkeit solcher Auswahlentscheidungen nicht. Zwar erscheine es auf den ersten Blick schon allein wegen des Kostenrisikos unzumutbar, von einem unterlegenen Bewerber die Anfechtung aller Zulassungen zu verlangen. Eine durch Kostenrisiken ausgelöste Gefährdung der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes iS von Art 19 Abs 4 GG sei jedoch ggf durch eine Modifizierung der nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffenden Kosten- bzw Streitwertentscheidung zu entschärfen.

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Der Senat könne daher offenlassen, ob das SG zu Recht die Auswahlentscheidung des Beklagten bestätigt habe. Auch wenn in Massenzulassungsverfahren ein gröberes Entscheidungsraster zulässig sein dürfte, bestünden aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel, dass der Beklagte bei der Prüfung der beruflichen Eignung den KJPen pauschal den Vorzug vor den sonstigen psychotherapeutischen Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuen, habe geben dürfen. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung sei ein Anhalt hierfür zu entnehmen. Der Verweis auf die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte für die Approbation zum KJPen einerseits und die Zusatzqualifikation für PPen nach § 6 Abs 4 Psych-​Vb andererseits begegne erheblichen Bedenken. Zwar mögen die Leistungserbringer, die - ohne die Berufsbezeichnung "KJP" zu führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, möglicherweise keine ebenso intensive weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben wie KJPen, doch stehe dem die höherwertige Grundqualifikation der PPen gegenüber.

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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe zu Unrecht die Teilbarkeit des Verwaltungsakts (VAs) verneint. Bei den in einem Sammelbeschluss zusammengefassten Entscheidungen handele es sich in der Sache bezogen auf jede Zulassungsvergabe um einen einzelnen Streitgegenstand und damit um Einzel-VAe. Insbesondere sei für jede einzelne zu vergebende Rechtsposition aus einer Vielzahl von Neuzulassungsmöglichkeiten eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Jede Zulassung könne unabhängig von den anderen 80 Zulassungen erteilt werden bzw bei Aufhebung einer dieser anderen Zulassungen selbstständig und unabhängig fortbestehen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern anhand von unterschiedlich gewichteten Auswahlkriterien sei lediglich Bestandteil der Prüfung, ob die tatbestandlich geforderten Zulassungsvoraussetzungen vorlägen und von wem sie vorrangig erfüllt würden. Diese Auswahlprüfung sei Inhalt der Begründung der getroffenen Entscheidung, nicht aber Inhalt der Verwaltungsregelung selbst. Jede dieser einzelnen Zulassungen sei daher getrennt überprüfbar. In der Sache sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil kein Vorrang der KJPen bestehe. Beim Auswahlkriterium "berufliche Eignung" komme es nicht allein auf den Ausbildungsweg und dessen Inhalte an, denn die berufliche Eignung speise sich insbesondere auch durch den Nachweis praktischer Tätigkeiten, ihre Zeitdauer und weitere Berufserfahrungen. Die Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V zeige die Wertung des Gesetzgebers, PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation den KJPen gleichzustellen.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2013 aufzuheben und das Urteil des SG Berlin vom 21.3.2012 zu ändern und den Beschluss des Beklagten vom 27.10.2010 auch insoweit aufzuheben, als die Beigeladenen zu 1. und 2. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, und den Beklagten zu verpflichten, über den Zulassungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Seine Entscheidung habe sich in 81 einzelnen Zulassungsentscheidungen niedergeschlagen, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. In einem gröberen Raster sei durchaus anzunehmen, dass gerade KJPen für die erforderliche "schnelle" Besetzung der Praxissitze zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet seien. Bei ihnen bestehe eine besondere Beziehung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, aufgrund derer er - der Beklagte - es für möglich habe halten dürfen, dass bei ihnen der Auftrag zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen umfassend erfüllt werde. Demgegenüber sei bei PPen mit Zusatzausbildung nicht auszuschließen, dass sie auch Erwachsene behandelten. Klarzustellen sei, dass er ein gröberes Raster nur für den hier gegebenen Ausnahmefall eines "Massenverfahrens" für anwendbar halte.

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Die zu 3. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - den Ausführungen des Beklagten an.

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Die Beigeladene zu 2. beantragt,
 die Revision zurückzuweisen, soweit sie auf die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen zu 2. gerichtet ist.

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Die Zulassungen seien nicht teilbar, da die Entscheidung nur einheitlich ergehen könne; es liege ein umfassendes, einheitliches Gesamtzulassungsverfahren vor. Die Bewerber stünden in einem Wettbewerb zueinander über die Vergabe der zur Zulassung führenden Ranglistenplätze; die Rangliste bestimme das Verhältnis der einzelnen Bewerber untereinander. Welcher Ranglistenplatz einem Bewerber zugeteilt werde, hänge somit nicht allein von Tatsachen ab, die in seiner Person begründet seien, sondern ergebe sich erst im Vergleich zu den restlichen Bewerbern. Aufgrund der nach oben hin monoton steigenden und nach unten hin monoton fallenden Wertigkeit der Bewerbungen innerhalb der Rangliste würden durch die Auswahl des Anfechtenden gleichzeitig die Bewerbungen geprüft, die unterhalb der angefochtenen lägen und dennoch eine Zulassung erhielten. Auch sei denkbar, dass ein und dieselbe Zulassung isoliert von mehreren nicht berücksichtigten Bewerbern angefochten werde; würden diese sämtlich obsiegen und an die Stelle der angefochtenen Zulassung rücken, käme es letztlich zu einem neuen Zulassungsverfahren. Darüber hinaus erkenne der Anfechtende mit dem "Herauspicken" einer Zulassung die Auswahlentscheidung des Beklagten hinsichtlich der Kriterien für die Erstellung der Rangliste an; diese anzugreifen scheide damit aus. Zudem käme es zu einer unzumutbaren Verkürzung des Rechtsschutzes, wenn sich bei einer erfolgreichen Teilanfechtung ein beigeladener Bewerber mit der Bestandskraft der übrigen Zulassungen abfinden müsste. Die Beseitigung der Rechtswidrigkeit bezüglich des Anfechtenden geschähe auf Kosten einer anderweitigen Rechtswidrigkeit desselben Verfahrens. Kostenrisiken lägen auf beiden Seiten vor (Anwaltskosten ./. Investitionskosten).

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Auch die Auswahlentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. § 23 Abs 3 Satz 1 BPlRL eröffne ihm Ermessen, sodass seine Entscheidung lediglich auf Ermessensfehler hin zu überprüfen sei. Die Einordnung der "beruflichen Eignung" als maßgebliches Kriterium sei ermessensfehlerfrei, weil dies dem der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Zweck - der Sicherstellung der bestmöglichen Versorgung - entspreche. Im Rahmen der "beruflichen Eignung" bestehe ein Beurteilungsspielraum insoweit, als es dem Beklagten unbenommen sei zu entscheiden, wer "beruflich besser geeignet" sei. Dies habe der Beklagte durch die Bevorzugung der Berufsgruppe der KJPen getan. Damit habe er die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Ob die Zusatzqualifikation der PPen gleichrangig sei, sei dem Beurteilungsspielraum des Beklagten überlassen. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V bestätigt.

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Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Kläger berechtigt, (lediglich) einzelne der Zulassungsentscheidungen anzufechten, die der Beklagte in einem Bescheid zusammengefasst hat; das LSG hätte daher die Berufung nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen dürfen (1.). Dem LSG ist allerdings - inhaltlich - insoweit zu folgen, als es (obiter dictum) die Bevorzugung der KJPen beanstandet hat; insoweit hätte es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG stattgeben und seinem Antrag entsprechend entscheiden müssen (2.). Der beklagte Berufungsausschuss muss daher neu über den Zulassungsantrag des Klägers entscheiden.

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1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht gehindert gesehen, isoliert nur die Zulassungen der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Der Kläger war nicht aus Rechtsgründen gehindert, seine Anfechtungsklage darauf zu beschränken, den Bescheid des Beklagten allein insoweit anzugreifen, als der von ihm gestellte Zulassungsantrag abgelehnt und den Beigeladenen zu 1. und 2. Zulassungen erteilt wurden. Bei dem Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 handelt es sich um einen teilbaren VA, der einer entsprechenden Teilanfechtung zugänglich ist.

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a. Eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf abtrennbare Teile eines VAs ist grundsätzlich zulässig (vgl BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15; BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15). Sie erlaubt es Klägern als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen (BSGE 116, 64 = SozR, aaO, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen). Die Beschränkung kann bereits bei Klageerhebung erklärt, aber auch im Verlauf des Prozesses entweder durch eine entsprechende Klarstellung des zunächst nicht näher bestimmten Streitgegenstandes oder durch eine teilweise Klagerücknahme (§ 102 SGG) herbeigeführt werden (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7). So liegt es hier. Der Kläger hat seine Klage "insoweit" beschränkt, als die von ihm erhobene offensive Konkurrentenklage nur die den Beigeladenen zu 1. und zu 2. erteilten Zulassungen betreffen soll. Die Beschränkung des Klagegegenstandes führt dazu, dass die nicht (mehr) angegriffenen Teilregelungen in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG), sodass eine später hierauf erneut erstreckte Klage unzulässig ist (BSG aaO mwN).

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b. Voraussetzung einer Beschränkung des Rechtsbehelfs ist damit, dass sie auf abtrennbare Teile des VAs bezogen ist; die Teilanfechtung eines VAs setzt dessen Teilbarkeit voraus.

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Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Teilanfechtung zulässig ist; vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit des VAs an (stRspr, vgl BSGE 59, 137, 143, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 31; BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 25-26). Allerdings enthält auch das materielle Recht regelmäßig keine eindeutigen Vorgaben dazu, wann von einer Teilbarkeit des VAs bzw von einer Abtrennbarkeit einzelner Regelungen desselben ausgegangen werden kann, sondern dies muss durch Auslegung ermittelt werden.

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Abtrennbar - und damit teilweise anfechtbar - sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen; jeweils mwN). Inhaltlich wird eine Teilbarkeit des VAs dann angenommen, wenn die abzutrennenden Teile nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen stehen (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15). Die abgetrennten Teile müssen als selbstständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72 = DÖV 1974, 380)bzw die Rechtswidrigkeit des einen Teils darf sich nicht auf den Rest des VAs auswirken (BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 59, 148, 156 = SozR 2200 § 368a Nr 14; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN). Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Definitionen regelmäßig auf die Frage der Teilbarkeit eines gegen ein und denselben Adressaten gerichteten VAs beziehen, also Situationen betreffen, in denen von vornherein eine höhere wechselseitige Abhängigkeit der einzelnen Regelungen anzunehmen ist; teilweise betreffen sie zudem nur die Frage, inwiefern Nebenbestimmungen gesondert anfechtbar sind (etwa BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72). Dies ist bei der Prüfung, ob die - einschränkenden - Anforderungen vorliegen, zu berücksichtigen.

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c. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 teilbar.

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aa. Die den übrigen Bewerbern erteilten Zulassungen können auch - unabhängig vom Schicksal der angefochtenen Zulassungen - selbstständig bestehen bleiben, da es sich jeweils um abgrenzbare Entscheidungen handelt. Jeder erfolgreiche Bewerber erhält eine Zulassung, deren Bestand von den anderen Zulassungen unabhängig ist und die lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass sie - bis zum Eintritt der Bestandskraft - von Dritten angefochten werden könnte. Die Aufhebung der angefochtenen Zulassungen würde den Bestand der übrigen Zulassungen nicht berühren; sie würden hierdurch auch keinen anderen Inhalt erlangen.

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Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, anstelle des aus verwaltungsökonomischen Gründen erlassenen Sammelbescheides (zur Zulässigkeit eines an mehrere Adressaten gerichteten Sammel-VAs s Luthe in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, § 31 RdNr 60, unter Verweis auf das Senatsurteil - B 6 KA 18/08 R - vom 17.06.2009 zum Kollektivverzicht = SozR 4-1500 § 54 Nr 15) eine Vielzahl von Einzel-VAe zu erlassen. Zwar ist zutreffend, dass dann, wenn die Zulassungsgremien zwischen mehreren - grundsätzlich geeigneten - Bewerbern eine Auswahl zu treffen haben, eine derartige Auswahlentscheidung zugunsten oder zulasten eines Bewerbers nicht isoliert neben den übrigen Entscheidungen steht, sondern alle Entscheidungen das Ergebnis eines einheitlichen Auswahlprozesses sind. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dass die Bestimmung der Auswahlkriterien nur für alle Bewerber einheitlich erfolgen konnte. Das Resultat dieser anhand der Kriterien getroffenen Auswahl schlägt sich jedoch in jeweils getrennten einzelnen Entscheidungen nieder, nämlich jeweils im Sinne einer Zulassung bzw einer Ablehnung des Antrags. Da der Beklagte nach einem klaren Prüfungsschema vorgegangen ist, ergibt sich die jeweilige Entscheidung zwangsläufig anhand dieser Kriterien, ohne dass insoweit zwingende "Wechselbeziehungen" zwischen den einzelnen Bewerbern bestehen.

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Dem entspricht die Rechtsprechung des BVerwG zur Aufnahme in den Krankenhausplan. Dort wird die Auswahlentscheidung nach den Feststellungen des BVerwG (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 20) nicht in einem einzigen VA "verlautbart"; vielmehr ergehen auf ihrer Grundlage separate (positive oder negative) Feststellungsbescheide, die jeweils Angriffspunkt für den gebotenen Rechtsschutz sein können. Das BVerwG hat hierzu entschieden, dass die Auswahlentscheidung den "Feststellungsbescheiden" lediglich als Begründungselement zugrunde liegt, nicht aber als solche zu ihrem Regelungsausspruch gehört (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 21). Soweit das BVerwG in Bezug auf die Besetzung eines Dienstpostens im öffentlichen Dienst ausgeführt hat, dass die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen darstellten, sondern die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekanntgäben (BVerwG Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102 ff - Juris RdNr 25), steht dies der Annahme einer Teilbarkeit in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Bewirbt sich - wie vorliegend - eine Vielzahl von Bewerbern auf eine Vielzahl von Stellen, beinhaltet zwar jede einzelne - jeweils eine der zu besetzenden Vertragsarzt- bzw Therapeutensitze betreffende - positive Entscheidung zugleich zwingend die negative Entscheidung für alle übrigen Bewerber, doch gilt dies ausschließlich in Bezug auf die jeweils zu treffende (Einzel-)Entscheidung. Ablehnung und Zuerkennung stehen allein in Bezug auf ein und dieselbe Stelle in einem untrennbaren Zusammenhang.

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Einer Teilanfechtung bzw der Teilbarkeit des VAs steht es auch nicht entgegen, wenn ein Kläger zugleich die Auswahlkriterien dem Grunde nach in Frage stellt. Zwar wäre dann, wenn die Beanstandung zuträfe, jede einzelne der vom Beklagten getroffenen Entscheidungen dem Grunde nach "falsch"; dies ist jedoch, sofern Bestandskraft eingetreten ist, hinzunehmen. Zudem könnte der unterlegene Bewerber - selbst bei noch nicht eingetretener Bestandskraft - auch in einer derartigen Konstellation nicht damit rechnen, gegenüber allen Mitbewerbern zu obsiegen; vielmehr könnte er auch bei Zugrundelegung anderer Auswahlkriterien abermals unterliegen. Entfiele zB vorliegend die Bevorzugung der KJPen, wäre ein Kläger dennoch schlecht beraten, wenn er auch die Zulassungsentscheidungen anfechten würde, die Bewerber betreffen, die ihm nach den übrigen Kriterien (zB Berufserfahrung, Approbationszeitpunkt, Wartezeit usw) eindeutig überlegen sind.

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bb. Auch Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG stehen einer Teilanfechtung der Zulassungsentscheidungen nicht entgegen.

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(1) Dass sich ein Kläger einen bestimmten Konkurrenten aussucht und allein dessen Zulassung angreift, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht seiner Dispositionsmaxime. Ein nicht berücksichtigter Bewerber kann und muss prüfen, inwieweit die zugunsten anderer Bewerber ergangene Entscheidung fehlerhaft ist und nach den Maßstäben, die für die gerichtliche Kontrolle von Auswahlentscheidungen gelten, erfolgreich angefochten werden kann. Der nicht berücksichtigte Bewerber kann im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht gehalten sein, Auswahlentscheidungen anzugreifen, die er selbst für richtig oder zumindest vertretbar hält, nur um die Überprüfung solcher Entscheidungen zu erreichen, die er für verfehlt hält (vgl schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 15).

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Die Auswahl der von einer Teilanfechtung betroffenen Mitbewerber erfolgt regelmäßig nicht willkürlich, sondern unter Sachgesichtspunkten; sie richtet sich insbesondere nach der erwarteten Erfolgsaussicht. Wenn sich die Zulassungsgremien für einen Bewerber entschieden haben, müssen die konkurrierenden Bewerber prüfen, ob sie diese Entscheidung mit Rechtsmitteln angreifen wollen; sie werden sich dabei von der Erwägung leiten lassen, ob ihre Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben können oder nicht (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 14). Mit Blick auf das Profil des ausgewählten Bewerbers können die konkurrierenden Bewerber abschätzen, ob sie die Entscheidung erfolgreich würden angreifen können oder nicht (BSG aaO). Diese Erwägungen gelten nicht allein bei einem Wettbewerb um eine einmal zu vergebende Rechtsposition, sondern gleichermaßen auch dann, wenn eine Vielzahl von Bewerbern um eine Vielzahl von Positionen streitet. Dabei trägt der klagende Konkurrent das Risiko, gerade den "falschen Mitbewerber" anzugreifen (wie dies etwa in dem vom Senat entschiedenen Verfahren B 6 KA 31/14 R aufgrund des von der dortigen Mitbewerberin erklärten Zulassungsverzichts der Fall ist). Dies gilt ebenfalls in der Situation, dass mehrere unterlegene Bewerber ein und dieselbe Zulassung angreifen; dann haben sie das Risiko zu tragen, dass nur einer von ihnen (ggf) obsiegen kann.

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Die Situation, dass nicht alle, sondern nur ausgewählte Zulassungen angefochten werden, ist im Übrigen keineswegs auf die vorliegende Konstellation beschränkt, sondern kann sich überall dort ergeben, wo die Zulassungsgremien zeitgleich oder zumindest zeitnah mehrere gleichgerichtete Entscheidungen zu treffen haben. So kann eine vergleichbare Situation etwa auch bei Sonderbedarfszulassungen oder bei Belegarzt-Sonderzulassungen auftreten, wenn die Zulassungsgremien mehrere dieser Rechtspositionen im zeitlichen Zusammenhang vergeben (zu einer solchen Fallgestaltung vgl BSG Beschluss vom 1.4.2015 - B 6 KA 48/13 R - Juris NZS 2015, 478). Auch dort steht es dem unterlegenen Konkurrenten frei, nur eine von mehreren Zulassungen anzugreifen, etwa weil er sich gegenüber anderen zugelassenen Bewerbern ohnehin keine Chancen ausrechnet.

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(2) Der bloß teilweisen Anfechtung der Zulassungsentscheidungen stehen auch nicht die Konsequenzen entgegen, die sich hieraus unter Umständen für die betroffenen Mitbewerber ergeben. Die praktischen Schwierigkeiten der Annahme der Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten in zahlreiche Einzelzulassungen sind zwar insoweit deutlich; sie können indessen nach geltendem Recht nicht vermieden werden. Der von der Teilanfechtung betroffene Mitbewerber mag zwar einwenden, dass andere Mitbewerber, die ebenfalls eine Zulassung erhalten haben, noch weniger geeignet wären und er deren Zulassung seinerseits hätte angreifen können, hieran aber nunmehr wegen eingetretener Bestandskraft gehindert wäre. Dieser Gesichtspunkt steht jedoch der Annahme einer Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen.

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Zum einen steht einem Arzt oder Therapeuten, der eine von mehreren zu vergebenden Zulassungen erhalten hat, durchaus die Möglichkeit offen, vorsorglich die einem - aus seiner Sicht schlechter geeigneten - Mitbewerber erteilte Zulassung anzugreifen, um sich für den Fall abzusichern, dass seine eigene Zulassung mit Erfolg angegriffen wird. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass er im Zulassungsverfahren bereits "obsiegt" hat, denn nach der Rechtsprechung des Senats steht der Beantragung einer weiteren Zulassung allein eine Zulassung entgegen, die - sowohl im Verhältnis zu den Zulassungsgremien als auch gegenüber Dritten - Bestandskraft erlangt hat. So hat der Senat entschieden, dass einem Antrag auf Wiederzulassung (wie auch einer diesbezüglichen Entscheidung) nicht entgegensteht, dass die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, da ein Anspruch auf eine bestandssichere Zulassung besteht (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53). Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall einer noch nicht bestandskräftig gewordenen Zulassung gelten. Der erfolgreiche Bewerber steht insofern vor der gleichen Entscheidung wie ein unterlegener Mitbewerber, der sich überlegen muss, ob er eine oder mehrere der seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen will. Sieht der Zulassungsinhaber hiervon ab, weil er sich sicher fühlt oder weil er das Kostenrisiko scheut, muss er es hinnehmen, dass die Konkurrenten erteilten Zulassungen ihm gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die Situation stellt sich nicht anders dar, als wenn er im Vertrauen auf die ihm erteilte Zulassung weitere Zulassungsanträge, die er vorsorglich auch in anderen Zulassungsbezirken gestellt hat, zurückgenommen hätte.

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Zum anderen muss es ein Bewerber letztlich hinnehmen, wenn er seinerseits infolge eingetretener Bestandskraft nicht mehr die seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen kann. Ein Vertrauen auf den "Bestand" der erteilten Zulassung kann sich allein im Verhältnis zu den Zulassungsgremien entwickeln, nicht aber in Bezug auf das Verhalten etwaiger Mitbewerber. Dies gilt nicht allein in Zulassungsverfahren, in dem die Zahl der Bewerber höher ist als die Zahl der zu vergebenden Arzt- bzw Therapeutensitze, sondern überall dort, wo zulässigerweise Konkurrentenklagen von unterlegenen Mitbewerbern erhoben werden können. Soweit und solange eine Überprüfbarkeit von VAen mit Drittwirkung in Betracht kommt, kann sich ein Vertrauen auf den Bestand der erhaltenen Zulassung nicht einstellen. Muss schon in einer "Zweierkonstellation" - also dann, wenn zwei Bewerber um eine einmal zu vergebende Rechtsposition streiten - der obsiegende Bewerber damit rechnen, dass der unterlegene Mitbewerber die Entscheidung angreift, gilt dies gleichermaßen - wenn nicht gar erst recht -, wenn es eine Vielzahl unterlegener Mitbewerber gibt und die Auswahl nach einem vergleichsweise groben Raster erfolgt ist.

36

Im Übrigen ist es reine Spekulation, dass der erfolgreiche Zulassungsbewerber, dessen Auswahl der Kläger in Frage stellt, im Falle seines Unterliegens tatsächlich in der Lage wäre, die Zulassungen anderer - namentlich "besser positionierte" - Mitbewerber mit Erfolg anzugreifen: So sind in der vorliegenden Konstellation ausschließlich KJPen berücksichtigt worden, wobei sich - innerhalb dieses Bewerberfeldes - die eigentliche Rangfolge aus den weiteren Kriterien Approbationsalter, Dauer der Tätigkeit und Wartelisteneintrag ergeben hat. Entfällt nun die Ausbildung zum KJPen als maßgebliches Auswahlkriterium, ändert dies nichts daran, dass jedenfalls die Mehrzahl der vorrangig berücksichtigten Mitbewerber voraussichtlich auch bei Anlegung anderer Maßstäbe ihrem Konkurrenten vorzuziehen wären. Dies relativiert die Argumentation, dass es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führe, wenn Zulassungen einzelner Mitbewerber isoliert angegriffen werden könnten, sich ihrerseits aber im Falle ihres Unterliegens die Bestandskraft der den übrigen Konkurrenten erteilten Zulassungen entgegenhalten lassen müssten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sie im Falle einer zwingenden Anfechtung sämtlicher Zulassungsentscheidungen sogar noch schlechter dastehen würden: Käme es zu einer vollständigen Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Einbeziehung der PPen, würde sich die Situation der - bereits jetzt in der Rangfolge weit hinten plazierten - KJPen im Bewerberfeld weiter verschlechtern.

37

cc. Das SG hat demgegenüber zutreffend auf das Kostenrisiko hingewiesen, welches im Falle einer Anfechtung sämtlicher im Bescheid des Beklagten zusammengefasster Zulassungsentscheidungen aus einer Vielzahl - regelmäßig anwaltlich vertretener - Prozessgegner resultieren würde. Das Berufungsgericht hat das Problem ebenfalls gesehen; die von ihm als Ausweg angedeuteten Möglichkeiten der Minderung des Risikos über die "richtige" Kostenentscheidung oder die Korrektur des Streitwertes stehen jedoch nicht zur Verfügung. Ein PP oder KJP, der vom Berufungsausschuss zugelassen worden ist, darf sich in einem (auch) gegen seine Zulassung gerichteten Verfahren eines Dritten, zu dem er beizuladen ist, anwaltlicher Unterstützung bedienen; er ist auch nicht gehalten, sich hinsichtlich des auszuwählenden Anwalts mit anderen PPen in gleicher Lage abzustimmen. Die Vergütung des Anwalts richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und der Streitwert für Zulassungssachen richtet sich nach den dazu seit Jahrzehnten vom Senat entwickelten Grundsätzen. Dass dies - speziell in Verfahren der Massenzulassung - auch anders geregelt werden könnte, ist ohne Bedeutung. Für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten ist vom derzeit geltenden Recht auszugehen und danach ist das (prohibitive) Kostenrisiko eines übergangenen Bewerbers nur dadurch begrenzbar, dass er sich entscheiden darf, welche einzelne Zulassung er angreifen will, mit der Folge, dass er insoweit - aber auch nur insoweit - das Kostenrisiko tragen muss.

38

dd. Schließlich ist es auch unter Versorgungsaspekten sinnvoller, die Anfechtung einzelner Zulassungsentscheidungen zu ermöglichen, statt eine Anfechtung aller Entscheidungen zu verlangen. Da auch die offensive Konkurrentenklage aufschiebende Wirkung hat (stRspr, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 12), würde dies - ohne Anordnung des Sofortvollzugs - im Falle der Anfechtung aller Zulassungsentscheidungen dazu führen, dass die Versorgungslücke, die Veranlassung für die Zulassungsentscheidungen gegeben hat, auf längere Zeit unverändert bestehen bliebe.

39

2. Die Entscheidung des Beklagten, eine abgeschlossene Ausbildung zum KJPen als vorrangiges Auswahlkriterium für die Vergabe der 82 Zulassungen zur psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu bestimmen und damit anders qualifizierte Therapeuten - insbesondere PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - faktisch von einer Zulassung auszuschließen, macht eine hierauf gestützte Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

40

a. Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen bzw zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BPlRL. Maßgeblich ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Soweit sich die Sach- und Rechtslage für die zugelassenen Bewerber - hier die Beigeladenen zu 1. und 2. - seit der letzten Verwaltungsentscheidung nachteilig verändert hat, ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (stRspr des BSG, vgl BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN).

41

Nach § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V, der gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auf Psychotherapeuten entsprechend anzuwenden ist, kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt bzw Vertragspsychotherapeut jeder Arzt oder Psychotherapeut bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Nähere Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien die Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn die Zahl der Bewerber die Zahl der - im Rahmen der lediglich teilweisen Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen entsprechend begrenzten - Arzt- bzw Therapeutensitze übersteigt, macht das Gesetz - anders als im Fall der Praxisnachfolge (s § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) - nicht. Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Auswahlermessen zu, das sie pflichtgemäß auszuüben haben. Allerdings liegt eine Heranziehung der für die Nachbesetzung von Praxissitzen durch das Gesetz in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Kriterien nahe. Ob und inwieweit der Beklagte an die vom Landesausschuss in seinem Beschluss vom 10.2.2010 aufgeführten Auswahlkriterien gebunden ist, kann dahingestellt bleiben, weil er diese jedenfalls berücksichtigt hat.

42

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45 - zur Praxisnachfolge; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45; LSG Baden-Württemberg - Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

43

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, vorrangig KJPen zuzulassen, fehlerhaft. Das Gesetz und die dieses konkretisierenden untergesetzlichen Vorschriften schreiben eine Bevorzugung der KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen zur ausschließlichen psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen weder vor noch lassen sie eine solche zu. Vielmehr können beide Gruppen von Behandlern - KJPen wie auch PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - nach den Vorgaben des Gesetzgebers sowie der untergesetzlichen Normgeber Kinder und Jugendliche qualitativ angemessen versorgen.

44

aa. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung. Danach ist in den BPlRL sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1 (dh den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten), die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. § 22 Abs 1 Nr 3 BPlRL in der hier maßgeblichen Fassung vom 18.3.2010 regelt dementsprechend, dass anhand der Psychotherapeutenzahl ein zwanzig​prozentiger Anteil für die Leistungserbringer festzustellen ist, die gemäß § 5 Abs 6a der BPlRL ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln.

45

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 15.8.2012 (B 6 KA 48/11 R - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 - zur Sonderbedarfszulassung)der Neufassung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V die Wertung des Gesetzgebers entnommen, dass auch ein PP, der ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie "geeignet ist"(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 22 f): "Grund für diese Wertung ist der Befund, dass dringlicher Bedarf für die Zulassung einer größeren Zahl an ausgewiesenen Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen besteht. Damit dieser Bedarf möglichst effektiv gedeckt werden kann, erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit privilegierter Zulassung im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V; er erstreckte sie über die KJPen hinaus auf weitere psychotherapeutische Leistungserbringer, die er als Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ansieht: auf alle diejenigen - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen -, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Damit wollte er dem dringlichen Versorgungsbedarf gerade auch in Regionen, die eher als weniger attraktiv für Niederlassungen angesehen werden - zB im ländlichen Raum -, abhelfen."

46

Auch wenn die Beurteilung einer Gruppe von Behandlern als "geeignet" es nicht per se ausschließt, eine andere Gruppe dennoch als "geeigneter" anzusehen, ist der erkennende Senat ausdrücklich von einer vom Gesetzgeber in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgenommenen Gleichstellung der Leistungserbringer ausgegangen(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 27). Zudem hat er darauf verwiesen, dass zwar einerseits KJPen möglicherweise eine intensivere weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben, andererseits PPen aufgrund ihres Psychologiestudiums über eine "höherwertige Grundqualifikation" verfügen (BSG aaO).

47

Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest und stellt zugleich klar, dass die Gleichstellung der KJPen und PPen nicht auf die (dem Urteil vom 15.8.2012 zugrunde liegende) Konstellation einer Sonderbedarfszulassung beschränkt ist, sondern auch für andere Zulassungskonstellationen Geltung beansprucht; dies gilt erst recht in einer Konstellation, in der - wie vorliegend - die Zulassung, um die es geht, auf der Regelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V beruht:

48

Nach dem klaren Wortlaut des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V soll sich die privilegierende Regelung auf alle Ärzte bzw Psychotherapeuten beziehen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch "betreuen". Schon die Formulierung "betreuen" (bzw nach der Diktion der BPlRL: "behandeln") verdeutlicht, dass es für die Zugehörigkeit zu dem von § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V erfassten Personenkreis allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit - für deren Ausübung natürlich eine entsprechende Qualifikation, entweder als KJP oder als PP mit zusätzlicher Fachkundeausbildung, Voraussetzung ist - ankommen soll. Hätte stattdessen (allein) die durchlaufene Ausbildung maßgeblich sein sollen, wäre zu erwarten gewesen, dass dies bereits im Gesetzeswortlaut - etwa durch die alleinige Nennung der KJPen (neben den Ärzten) - zum Ausdruck gekommen wäre. Auch der Beschränkung des Personenkreises auf solche, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, hätte es allein in Bezug auf Ärzte bedurft, weil KJPen ohnehin auf die Behandlung dieses Personenkreises beschränkt sind.

49

Die Annahme, dass die aufgrund einer spezifischen Berufstätigkeit erworbene Erfahrung ausschlaggebend sein soll, stützt auch die Gesetzesbegründung: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen für die Behandlung ernster psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen "Spezialisten zur Verfügung stehen, um eine bestmögliche Versorgung zu ermöglichen" (RegE des GKV-OrgWG, BT-Drucks 16/9559 S 18 zu § 101 SGB V). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass neben KJPen "noch viele andere Leistungserbringergruppen an der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen beteiligt sind" (s BT-Drucks 16/9559 S 18). Zudem hat er darauf hingewiesen, dass ein Therapeut, der ausschließlich Kinder und Jugendliche betreut, in aller Regel besser auf diese Patientengruppe eingehen kann als ein Therapeut, der "hiermit weniger Erfahrung" hat (aaO).

50

Dass die KJPen über eine andere, nach der Wertung des Gesetzgebers aber nicht über eine qualitativ höherwertigere Ausbildung als PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb verfügen, wird auch daran deutlich, dass PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation auf freie Therapeutensitze zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen uneingeschränkt und unbefristet zugelassen werden können und müssen: Für die Vorstellung, ein PP könne nur mit der Maßgabe zugelassen werden, dass die Zulassung ende, wenn ein KJP im jeweiligen Planungsbereich zugelassen werden wolle, besteht keine Grundlage.

51

Nach alledem lässt sich feststellen, dass die vom Gesetzgeber gesehene Versorgungslücke, der - auf der Ebene des Zulassungsrechts - durch Einführung der Mindestquote nach § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V entgegengewirkt werden soll, nicht ausschließlich durch KJPen, sondern durch alle Psychotherapeuten mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung geschlossen werden kann und soll. Damit ist eine pauschale Bevorzugung der KJPen nicht vereinbar.

52

bb. Ein Recht zur pauschalen Bevorzugung von KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen, die zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestimmt sind, ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten:

53

Dass die Berufsbezeichnung KJP gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BPlRL aF(jetzt § 37 Abs 2 Satz 4 BPlRL nF)einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist, ist für die Feststellung qualifikationsbezogener Sonderbedarfe relevant, nicht jedoch für die Frage einer möglichen Bevorzugung dieses Personenkreises: Infolge der Gleichstellung mit einer Schwerpunktbezeichnung stellt der Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden (BSG aaO). Zu derartigen speziellen Versorgungsangeboten gehören zweifelsfrei auch solche, die von PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung angeboten werden. Demgegenüber könnte die Auffassung des Beklagten von einem qualifikationsbezogenen Vorrang der KJPen in letzter Konsequenz sogar zur Annahme eines ungedeckten qualitativen Versorgungsbedarfs führen, wenn lediglich PPen mit Zusatzausbildung in diesem Bereich tätig wären.

54

Auch der Umstand, dass die KJPen in der die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandelnde Leistungserbringer definierenden Norm (§ 5 Abs 6a BPlRL aF, jetzt § 12 Abs 2 Nr 8 Satz 7 BPlRL idF ab 1.1.2013) ausdrücklich erwähnt sind, begründet entgegen der Auffassung des Beklagten keine herausgehobene Eignung dieses Personenkreises, sondern drückt eine Selbstverständlichkeit aus: Ersichtlich gehören KJPen zu den Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Ihnen werden jedoch - und dies kehrt die Argumentation in ihr Gegenteil um - ausdrücklich Leistungserbringer gleichgestellt, deren an Kindern und Jugendlichen erbrachten psychotherapeutische Leistungen den Anteil von 90 Prozent an ihren Gesamtleistungen überschreiten. Auch insoweit werden normativ formale Ausbildungsinhalte mit praktischen Erfahrungen gleichgestellt.

55

Sind - wie dargestellt - KJPen und PPen mit Zusatzausbildung unter Versorgungsgesichtspunkten als gleichwertig anzusehen, kann eine Bevorzugung der KJPen auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass PPen auch Erwachsene behandeln könnten und somit nicht für die Versorgung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stünden. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass dann, wenn eine Zulassung auf einen Therapeutensitz erfolgt, der zur ausschließlich psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ausgeschrieben worden ist, diese Zulassung auch allein zur psychotherapeutischen Behandlung dieses Personenkreises berechtigt. Auch ein PP mit Zusatzqualifikation, der auf einen entsprechenden Therapeutensitz zugelassen wird, hat dies zu beachten, sodass nicht zu besorgen ist, er werde - anders als ein KJP - tatsächlich vorrangig Erwachsene versorgen, wofür in B. kein Bedarf besteht.

56

Soweit der Entscheidung des Beklagten die - für sich genommen plausible - Erwägung zugrunde liegt, KJPen seien als Gruppe wegen fehlender beruflicher Alternativen dringender auf einen Sitz in B. angewiesen als PPen mit Zusatzqualifikation, kann das die Entscheidung nicht beeinflussen. Auswahlentscheidungen müssen auf der Grundlage klarer normativer Vorgaben erfolgen; Belange, die dort nicht angesprochen sind, müssen außen vor bleiben. Das gilt hier nicht anders als im Bereich des Art 33 Abs 2 GG.

57

cc. Soweit der Beklagte schließlich für sich das Recht in Anspruch nimmt, jedenfalls in einem "Massenverfahren" die Auswahlentscheidung anhand eines gröberen Rasters zu treffen und in diesem Rahmen pauschal von einer größeren Eignung der KJPen auszugehen, vermag auch dies seine Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Zwar steht außer Zweifel, dass die Zulassungsgremien vor einer Herausforderung stehen, wenn sie "auf einen Schlag" und innerhalb einer angemessenen Zeit darüber zu entscheiden haben, welche der 118 Bewerber eine von 81 offenen Zulassungen erhalten sollen. Zweifellos erfordern Massenverfahren - von einem solchen kann in Anlehnung an § 75 Abs 2a SGG ausgegangen werden, wenn sich mehr als 20 Interessenten auf die offenen Arzt- bzw Therapeutensitze bewerben - ein Vorgehen nach einheitlichen Kriterien. Das berechtigt sie jedoch nicht dazu, eine pauschale Auswahl zu treffen, die zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigten Benachteiligung einzelner Bewerber oder gar - wie hier - einer Bewerbergruppe führt. Dies ist jedoch der Fall, wenn man KJPen pauschal - insbesondere unabhängig von ihrer Berufserfahrung - den PPen mit Zusatzausbildung vorzöge. Wie bereits dargelegt, sind KJPen und PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung grundsätzlich als gleichwertig qualifiziert anzusehen.

58

Einheitliche Auswahlkriterien dürften daher nicht allein theoretische Kenntnisse und formale Qualifikationsvoraussetzungen - den Ausbildungsgang - in den Blick nehmen, sondern müssten auch die Berufserfahrung der Bewerber im Bereich der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen angemessen berücksichtigen. Das vom Beklagten gewählte "grobe Raster" hat hingegen zur Folge, dass dann, wenn ein KJP und ein PP um eine Zulassung konkurrieren, die Zulassungsgremien den KJPen selbst dann auszuwählen haben, wenn dieser gerade erst seine Approbation erhalten hat, während der konkurrierende PP über langjährige praktische Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügt. Ein solches Ergebnis entspricht nicht der vom Gesetzgeber mit der Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V getroffenen Wertung.

59

dd. Wenn der Gesetzgeber Ausnahmen zulassen will, die zu einer Privilegierung der einen gegenüber einer anderen Gruppe von Behandlern führen, muss er das ausdrücklich vorgeben; das ist etwa im Hinblick auf schwerbehinderte Menschen bei Auswahlentscheidungen erfolgt (vgl § 129 SGB IX sowie schon BSGE 6, 95 zu § 36 SchwBG 1953). Deshalb lässt der Senat offen, ob im Gesetz der Vorrang von KJPen gegenüber PPen bei Auswahlentscheidungen normiert werden könnte. Solange das nicht geschehen ist, dürfen die Zulassungsgremien einen solchen generellen Vorrang ihrer Entscheidungspraxis nicht zugrunde legen.

60

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

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Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 werden aufgehoben, soweit die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. September 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 Beiträge auf der Grundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt hat.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge vom 1.2. bis 31.12. 2006, insbesondere darüber, ob die Beklagte der Beitragsbemessung die im Kalenderjahr 2004 tatsächlich erzielten Einkünfte (5643 EUR) oder ein hochgerechnetes (Jahres-)Arbeitseinkommen (14 206,15 EUR) zugrunde legen muss.

2

Die Klägerin nahm am 9.8.2004 als Existenzgründerin eine selbständige Tätigkeit auf und bezog einen Existenzgründungszuschuss (§ 421l SGB III) iHv 600 EUR monatlich. Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Mecklenburg-Vorpommern stellte fest, dass die Klägerin ab dem 9.8.2004 nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI in der bis zum 31.3.2012 geltenden (Alt-)Fassung als selbständig tätige Person für die Bezugsdauer des Existenzgründungszuschusses in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, und setzte den Beitrag ab dem 1.9.2004 auf Basis der monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage iHv 400 EUR auf 78 EUR im Monat fest, weil "kein positives Arbeitseinkommen nachgewiesen" sei (Bescheid vom 27.9.2004).

3

Im Kalenderjahr 2004 erzielte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 5643 EUR (Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Rostock vom 15.11.2005). Nachdem die Beklagte dies bei der Finanzverwaltung ermittelt hatte, setzte sie den Beitrag rückwirkend ab dem 1.2.2006 auf 232,79 EUR monatlich fest (Bescheid vom 16.1.2007 und Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008). Diesen Monatsbeitrag errechnete sie, indem sie die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) mit dem Beitragssatz für das Jahr 2006 in der allgemeinen Rentenversicherung (19,5 %) multiplizierte und das Ergebnis (2793,47 EUR) durch die Anzahl der Kalendermonate eines Jahres (12) dividierte. Die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) hatte sie "maschinell" ermittelt, indem sie die Einkünfte aus dem Jahr 2004 iHv 5643 EUR durch die Anzahl der Tage, in denen sie erzielt worden waren (143 Tage vom 9.8. bis 31.12.2004), dividiert, den Wert des Quotienten (39,46 EUR) mit 360 Tagen (Kalenderjahr iS von § 123 Abs 3 S 2 SGB VI) multipliziert und das derart hochgerechnete (Jahres-)Einkommen von 14 206,15 EUR mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0084 (= 29 304 EUR vorläufiges Durchschnittsentgelt 2006 ./. 29 060 EUR Durchschnittsentgelt 2004) multipliziert hatte (vgl Hinweisschreiben der Beklagten vom 2.3.2007).

4

Das SG Rostock hat den "Bescheid der Beklagten vom 16.1.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 [richtig: 24.1.2008] teilweise aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, einen neuen Bescheid zu erlassen, bei welchem für die Berechnung der von der Klägerin zu zahlenden Beiträge für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis 31.12.2006 das tatsächlich erzielte Einkommen laut Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Jahr 2004 iHv 5643 EUR zu berücksichtigen ist" (Urteil vom 26.9.2011).

5

Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 13.2.2013): Zu Recht habe das SG entschieden, dass bei der Veranlagung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 das Jahreseinkommen aus 2004 iHv 5643 EUR (multipliziert mit dem Anpassungsfaktor von 1,0084), mithin 5690,40 EUR, "einzustellen" sei. Für eine dynamisierte Hochrechnung auf 14 325,48 EUR fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Aus dem Wortlaut des § 165 Abs 1 S 3 bis 10 SGB VI und auch der Gesetzesbegründung folge eindeutig, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte bei Selbständigen grundsätzlich eine "sichere" Grundlage der Beitragsberechnung seien, zumal der Gesetzgeber mit der "Dynamisierung des Arbeitseinkommens" die Problematik einer verzögerten Vorlage des Einkommensteuerbescheides offensichtlich erkannt und einer "pauschalen" Lösung zugeführt habe. Auch § 123 Abs 3 iVm § 189 SGB VI ermächtige die Beklagte nicht zur Hochrechnung von Arbeitseinkommen, das im Teilzeitraum eines Jahres erzielt worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus § 15 SGB IV, wonach Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte (tatsächliche) Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit sei. Denn eine Hochrechnung sehe das Steuerrecht nicht vor. Keinesfalls stellten die Gesichtspunkte der "Verwaltungsvereinfachung" bzw der "Beschleunigung des Arbeitsablaufes innerhalb der Verwaltung", auf die sich die Beklagte berufe, eine ausreichende "Ermächtigung" dar.

6

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV): Die Hochrechnung sei aus Gründen der Praktikabilität vorzunehmen, erfolge trägerübergreifend und sei in diversen Arbeitsanweisungen, Konventionen und zahlreichen übergreifenden Besprechungen bestätigt worden. Ermächtigungsgrundlage sei § 165 Abs 1 S 3 SGB VI. Soweit das LSG dies anders sehe, setze es sich nicht mit der Frage auseinander, ob der Gesetzgeber die alleinige Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheids auch für den Fall vorgesehen habe, dass ein Selbständiger nur einige Monate entsprechendes Einkommen erzielt habe. Hätte er die Hochrechnung in diesen Fällen generell ausschließen wollen, hätte er andere Vorschriften (zB § 18b SGB IV) ändern müssen. Die Kongruenz zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht sei nicht allumfassend und könne den Ausschluss der Hochrechnung nicht rechtfertigen. Ferner könne die Hochrechnung auch auf § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV gestützt werden.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Februar 2013 sowie des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin, die den vorinstanzlichen Entscheidungen beipflichtet, beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet, wobei der Tenor des erstinstanzlichen Urteils vom 26.9.2011 klarzustellen war.

10

1. Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen und die (Teil-)Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch das SG bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen das Klageziel verkannt, als sie die Beklagte (antragsgemäß) unter Teilaufhebung der angefochtenen Bescheide zur Neufestsetzung der Beitragshöhe verpflichteten. Denn das Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin war von Anfang an lediglich darauf gerichtet, die Beseitigung der Beitragserstfestsetzung und die Beitragsneufestsetzung im Bescheid vom 16.1.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.2006 teilweise aufzuheben (Teilanfechtung in zeitlicher Hinsicht) und betraf die Beitragshöhe nur insoweit, als die Beklagte der Beitrags(neu)bemessung Einkünfte von mehr als monatlich 474,20 EUR (= 5643 EUR x 1,0084 Dynamisierungsfaktor ./. 12 Monate) zugrunde gelegt hatte (Teilanfechtung in sachlicher Hinsicht). Derartige Teilanfechtungen sind schon nach dem Wortlaut von § 54 Abs 1 S 1 SGG, der ausdrücklich auch die Abänderung eines Verwaltungsakts als mit der Gestaltungsklage verfolgbares Begehren benennt, statthaft und erlauben es dem Kläger als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen(Senatsurteil vom 27.5.2014 - B 5 R 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 97 Nr 2 vorgesehen). Ob Teilbarkeit im Einzelfall gegeben ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts. Teilweise anfechtbar sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (Senatsurteil aaO; BSG Urteile vom 23.2.2005 - B 6 KA 77/03 R - SozR 4-1500 § 92 Nr 2 und vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 - BSGE 59, 137 = SozR 2200 § 368a Nr 13). In diesem Sinne zeitlich und zahlenmäßig abgrenzbar ist auch die Frage, ob der Beitragsbemessung nur Einkünfte von 474,20 EUR monatlich oder ein höheres (Monats-)Arbeitseinkommen zugrunde zu legen ist. Keine zusätzliche Bedeutung kommt dem im ersten Rechtszug vordergründig als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs(bescheidungs)klage formulierten Antrag zu, die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide "zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zur Beitragszahlung für den Zeitraum 01.02.2006 bis 31.12.2006 zu erlassen". Insofern handelt es sich lediglich um einen irrigen äußeren Ausdruck der in Wahrheit erhobenen (isolierten) Teilanfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG), die im Erfolgsfall dazu führen würde, dass allenfalls noch der Betrag berücksichtigt werden könnte, der sich auf Basis einer Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergibt.

11

2. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Unrecht die frühere Festsetzung des Höchstwerts der monatlichen Beiträge für den streitigen Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 schlüssig aufgehoben und Beiträge auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt. Dabei steht der Umstand, dass sich die Beklagte insofern auf maschinell ermittelte Vorgaben stützt, der Annahme eines Verwaltungsakts nicht entgegen (vgl bereits zur Rentenanpassungsmitteilung BSG Urteil vom 23.3.1999 - B 4 RA 41/98 R - SozR 3-1300 § 31 Nr 13). Für eine rückwirkende Änderung der bestandskräftigen Festsetzung des monatlichen Beitrags auf 78 EUR und ihre Ersetzung durch einen neuen Höchstbetrag (232,79 EUR) fehlt es - jedenfalls im mit der Klage geltend gemachten Umfang - an einer speziellen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundlage. Diese kann sich in Ermangelung einschlägiger Regelungen im Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nur aus § 48 Abs 1 SGB X ergeben, dessen Voraussetzungen vorliegend allerdings nicht erfüllt sind. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Unter weiteren Voraussetzungen soll der Verwaltungsakt auch mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (S 2).

12

a) Als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Erstfestsetzung kommt allein die Aufhebung wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs 1 SGB X, nicht jedoch eine Rücknahme wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit iS von §§ 44, 45 SGB X in Betracht. Denn die LVA Mecklenburg-Vorpommern hat den Monatsbeitrag im Bescheid vom 27.9.2004 ursprünglich zu Recht auf 78 EUR festgesetzt. Als sie diesen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung erließ (§§ 37 Abs 2 S 1, 39 Abs 1 SGB X), waren beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 EUR (§ 165 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF vom 23.12.2002). Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens waren und sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird (S 3). Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, sind für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht die Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergeben (S 9). Da sich aus den Unterlagen der Klägerin "kein positives Arbeitseinkommen" ergab, war das (gesetzliche) Mindesteinkommen von monatlich 400 EUR maßgebend (S 1 Nr 1 aE), so dass sich durch Multiplikation mit dem Beitragssatz für 2004 in der allgemeinen Rentenversicherung iHv 19,5% ein Monatsbeitrag von 78 EUR errechnete.

13

b) Diese (Einkommens-)Verhältnisse änderten sich rechtlich erst wesentlich, nachdem das Finanzamt Rostock den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Kalenderjahr 2004 erlassen hatte. Damit wurde das sich hieraus ergebende Arbeitseinkommen aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit für die Beitragsbemessung ipso iure maßgebend (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI), und zwar ab dem Ersten des Kalendermonats, der auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheids folgte, spätestens aber ab Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 8 SGB VI). Vorzulegen war der Einkommensteuerbescheid dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 6 SGB VI). Da die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 nicht selbst vorgelegt hat, waren die Änderungen des Arbeitseinkommens vom Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung", also frühestens ab dem 1.2.2006, zu berücksichtigen. Die Änderungen waren auch wesentlich, weil sich auf der Basis des nach § 165 Abs 1 S 4 SGB VI durch Vervielfältigung mit dem Faktor 1,0084 fortgeschriebenen nachgewiesenen Arbeitseinkommens aus 2004 (5643 EUR) für das Kalenderjahr 2006 ein Arbeitseinkommen in Höhe von 5690,40 EUR und damit eine Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergab, die die alte Bemessungsgrundlage von 400 EUR überstieg und deshalb zu einem höheren Monatsbeitrag als 78 EUR führte.

14

c) Die (konkludente) Aufhebung dieser Beitragserstfestsetzung im Beitragsneubescheid vom 16.1.2007 ist jedoch - jedenfalls im Rahmen der Teilanfechtung - rechtswidrig, weil sie für einen zurückliegenden Zeitraum (1.2. bis 31.12.2006) erfolgte, obwohl keine der in § 48 Abs 1 S 2 SGB X abschließend aufgeführten Fallkonstellationen vorliegt. Nach dieser Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.    

die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,

2.    

der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,

3.    

nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder

4.    

der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

15

Zugunsten der Klägerin ist keine Änderung eingetreten (aaO Nr 1). Überdies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass Nrn 3 und 4 aaO nach Wortlaut und Sinnzusammenhang allein auf das Leistungsrecht bezogen und als abschließende Ausnahmeregelungen nicht analogiefähig sind (vgl BSG Urteile vom 21.9.2005 - B 12 KR 12/04 R - Juris RdNr 17, vom 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 5 S 27 mwN und vom 26.9.1991 - 4 RK 5/91 - BSGE 69, 255, 258 f = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 20 f). Die Klägerin hat schließlich auch keine Mitteilungspflicht verletzt, wie dies Nr 2 aaO voraussetzt. Dass sie den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 möglicherweise nicht "spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung" vorgelegt und damit die gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 165 Abs 1 S 6 SGB VI missachtet hat, wirkte sich nicht zu Lasten der Beklagten aus. Hätte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 Mitte Januar 2006 vorgelegt, hätte die Beklagte die Änderung des Arbeitseinkommens gemäß § 165 Abs 1 S 8 Halbs 1 SGB VI vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats, also ab dem 1.2.2006 berücksichtigen müssen. Nichts anderes sah Halbs 2 aaO bei Nichtvorlage oder verspäteter Vorlage des Einkommensteuerbescheids vor. Folglich hätte es in beiden Fällen zu einer identischen Beitragserhöhung frühestens ab dem 1.2.2006 kommen müssen, so dass der etwaige Verstoß der Klägerin gegen gesetzliche Mitteilungspflichten keine Beitragseinbuße zu Lasten der Beklagten bewirkte.

16

3. Darüber hinaus fehlt es aber auch materiell-rechtlich an einer Rechtsgrundlage dafür, der Beitragsbemessung nach "Hochrechnung" ein höheres Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, als dasjenige, das sich (fortgeschrieben nach Maßgabe des Verhältnisses der Durchschnittsentgelte) aus dem maßgeblichen letzten Einkommensteuerbescheid ergibt. Die von der Revision ins Feld geführten Vorschriften der § 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV geben dafür ersichtlich nichts her. Keinesfalls können "Besprechungsergebnisse der Beitrags- und Rentendezernenten" zu Lasten der Beitragsverpflichteten vermeintliche Defizite des geltenden Rechts kompensieren, die aus der Sicht der Beklagten bestehen mögen. Zutreffend hat der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes (Art 20 Abs 3 GG) hingewiesen.

17

4. Da die Klage bereits aus anderen Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte gemäß § 42 S 2 iVm S 1 SGB X auch deshalb beanspruchen kann, weil die nach § 24 Abs 1 SGB X erforderliche Anhörung unterblieben und nicht wirksam nachgeholt(§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X) worden ist (vgl zur Anhörungspflicht vor Beitragsregelungen BSGE 69, 247, 248 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4). Insbesondere braucht der Senat nicht auf die potentiell heilende Wirkung des Hinweisschreibens einzugehen, das die Beklagte der Klägerin während des Vorverfahrens übersandt hat.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Der Kläger kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Absatz 1 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und gegebenenfalls aus § 197a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 155 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren auf Antrag durch Beschluss ein und entscheidet über Kosten, soweit diese entstanden sind. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Tenor

Die Revision der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 werden aufgehoben, soweit die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27. September 2004 für die Zeit vom 1. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 Beiträge auf der Grundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt hat.

Die Beklagte hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rentenversicherungsbeiträge vom 1.2. bis 31.12. 2006, insbesondere darüber, ob die Beklagte der Beitragsbemessung die im Kalenderjahr 2004 tatsächlich erzielten Einkünfte (5643 EUR) oder ein hochgerechnetes (Jahres-)Arbeitseinkommen (14 206,15 EUR) zugrunde legen muss.

2

Die Klägerin nahm am 9.8.2004 als Existenzgründerin eine selbständige Tätigkeit auf und bezog einen Existenzgründungszuschuss (§ 421l SGB III) iHv 600 EUR monatlich. Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Mecklenburg-Vorpommern stellte fest, dass die Klägerin ab dem 9.8.2004 nach § 2 S 1 Nr 10 SGB VI in der bis zum 31.3.2012 geltenden (Alt-)Fassung als selbständig tätige Person für die Bezugsdauer des Existenzgründungszuschusses in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist, und setzte den Beitrag ab dem 1.9.2004 auf Basis der monatlichen Mindestbeitragsbemessungsgrundlage iHv 400 EUR auf 78 EUR im Monat fest, weil "kein positives Arbeitseinkommen nachgewiesen" sei (Bescheid vom 27.9.2004).

3

Im Kalenderjahr 2004 erzielte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 5643 EUR (Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes Rostock vom 15.11.2005). Nachdem die Beklagte dies bei der Finanzverwaltung ermittelt hatte, setzte sie den Beitrag rückwirkend ab dem 1.2.2006 auf 232,79 EUR monatlich fest (Bescheid vom 16.1.2007 und Widerspruchsbescheid vom 24.1.2008). Diesen Monatsbeitrag errechnete sie, indem sie die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) mit dem Beitragssatz für das Jahr 2006 in der allgemeinen Rentenversicherung (19,5 %) multiplizierte und das Ergebnis (2793,47 EUR) durch die Anzahl der Kalendermonate eines Jahres (12) dividierte. Die Beitragsbemessungsgrundlage (14 325,48 EUR) hatte sie "maschinell" ermittelt, indem sie die Einkünfte aus dem Jahr 2004 iHv 5643 EUR durch die Anzahl der Tage, in denen sie erzielt worden waren (143 Tage vom 9.8. bis 31.12.2004), dividiert, den Wert des Quotienten (39,46 EUR) mit 360 Tagen (Kalenderjahr iS von § 123 Abs 3 S 2 SGB VI) multipliziert und das derart hochgerechnete (Jahres-)Einkommen von 14 206,15 EUR mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0084 (= 29 304 EUR vorläufiges Durchschnittsentgelt 2006 ./. 29 060 EUR Durchschnittsentgelt 2004) multipliziert hatte (vgl Hinweisschreiben der Beklagten vom 2.3.2007).

4

Das SG Rostock hat den "Bescheid der Beklagten vom 16.1.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.2.2007 [richtig: 24.1.2008] teilweise aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, einen neuen Bescheid zu erlassen, bei welchem für die Berechnung der von der Klägerin zu zahlenden Beiträge für den Zeitraum vom 1.2.2006 bis 31.12.2006 das tatsächlich erzielte Einkommen laut Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Jahr 2004 iHv 5643 EUR zu berücksichtigen ist" (Urteil vom 26.9.2011).

5

Das LSG Mecklenburg-Vorpommern hat die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 13.2.2013): Zu Recht habe das SG entschieden, dass bei der Veranlagung für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 das Jahreseinkommen aus 2004 iHv 5643 EUR (multipliziert mit dem Anpassungsfaktor von 1,0084), mithin 5690,40 EUR, "einzustellen" sei. Für eine dynamisierte Hochrechnung auf 14 325,48 EUR fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Aus dem Wortlaut des § 165 Abs 1 S 3 bis 10 SGB VI und auch der Gesetzesbegründung folge eindeutig, dass die im Einkommensteuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte bei Selbständigen grundsätzlich eine "sichere" Grundlage der Beitragsberechnung seien, zumal der Gesetzgeber mit der "Dynamisierung des Arbeitseinkommens" die Problematik einer verzögerten Vorlage des Einkommensteuerbescheides offensichtlich erkannt und einer "pauschalen" Lösung zugeführt habe. Auch § 123 Abs 3 iVm § 189 SGB VI ermächtige die Beklagte nicht zur Hochrechnung von Arbeitseinkommen, das im Teilzeitraum eines Jahres erzielt worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus § 15 SGB IV, wonach Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte (tatsächliche) Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit sei. Denn eine Hochrechnung sehe das Steuerrecht nicht vor. Keinesfalls stellten die Gesichtspunkte der "Verwaltungsvereinfachung" bzw der "Beschleunigung des Arbeitsablaufes innerhalb der Verwaltung", auf die sich die Beklagte berufe, eine ausreichende "Ermächtigung" dar.

6

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV): Die Hochrechnung sei aus Gründen der Praktikabilität vorzunehmen, erfolge trägerübergreifend und sei in diversen Arbeitsanweisungen, Konventionen und zahlreichen übergreifenden Besprechungen bestätigt worden. Ermächtigungsgrundlage sei § 165 Abs 1 S 3 SGB VI. Soweit das LSG dies anders sehe, setze es sich nicht mit der Frage auseinander, ob der Gesetzgeber die alleinige Zugrundelegung des Einkommensteuerbescheids auch für den Fall vorgesehen habe, dass ein Selbständiger nur einige Monate entsprechendes Einkommen erzielt habe. Hätte er die Hochrechnung in diesen Fällen generell ausschließen wollen, hätte er andere Vorschriften (zB § 18b SGB IV) ändern müssen. Die Kongruenz zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht sei nicht allumfassend und könne den Ausschluss der Hochrechnung nicht rechtfertigen. Ferner könne die Hochrechnung auch auf § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV gestützt werden.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 13. Februar 2013 sowie des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin, die den vorinstanzlichen Entscheidungen beipflichtet, beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet, wobei der Tenor des erstinstanzlichen Urteils vom 26.9.2011 klarzustellen war.

10

1. Das LSG hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen und die (Teil-)Aufhebung der angefochtenen Bescheide durch das SG bestätigt. Allerdings haben die Vorinstanzen das Klageziel verkannt, als sie die Beklagte (antragsgemäß) unter Teilaufhebung der angefochtenen Bescheide zur Neufestsetzung der Beitragshöhe verpflichteten. Denn das Begehren (§ 123 SGG) der Klägerin war von Anfang an lediglich darauf gerichtet, die Beseitigung der Beitragserstfestsetzung und die Beitragsneufestsetzung im Bescheid vom 16.1.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.12.2006 teilweise aufzuheben (Teilanfechtung in zeitlicher Hinsicht) und betraf die Beitragshöhe nur insoweit, als die Beklagte der Beitrags(neu)bemessung Einkünfte von mehr als monatlich 474,20 EUR (= 5643 EUR x 1,0084 Dynamisierungsfaktor ./. 12 Monate) zugrunde gelegt hatte (Teilanfechtung in sachlicher Hinsicht). Derartige Teilanfechtungen sind schon nach dem Wortlaut von § 54 Abs 1 S 1 SGG, der ausdrücklich auch die Abänderung eines Verwaltungsakts als mit der Gestaltungsklage verfolgbares Begehren benennt, statthaft und erlauben es dem Kläger als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen(Senatsurteil vom 27.5.2014 - B 5 R 6/13 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 97 Nr 2 vorgesehen). Ob Teilbarkeit im Einzelfall gegeben ist, ist eine Frage des jeweiligen materiellen Rechts. Teilweise anfechtbar sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (Senatsurteil aaO; BSG Urteile vom 23.2.2005 - B 6 KA 77/03 R - SozR 4-1500 § 92 Nr 2 und vom 13.11.1985 - 6 RKa 15/84 - BSGE 59, 137 = SozR 2200 § 368a Nr 13). In diesem Sinne zeitlich und zahlenmäßig abgrenzbar ist auch die Frage, ob der Beitragsbemessung nur Einkünfte von 474,20 EUR monatlich oder ein höheres (Monats-)Arbeitseinkommen zugrunde zu legen ist. Keine zusätzliche Bedeutung kommt dem im ersten Rechtszug vordergründig als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs(bescheidungs)klage formulierten Antrag zu, die Beklagte unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide "zu verpflichten, einen neuen Bescheid unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zur Beitragszahlung für den Zeitraum 01.02.2006 bis 31.12.2006 zu erlassen". Insofern handelt es sich lediglich um einen irrigen äußeren Ausdruck der in Wahrheit erhobenen (isolierten) Teilanfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG), die im Erfolgsfall dazu führen würde, dass allenfalls noch der Betrag berücksichtigt werden könnte, der sich auf Basis einer Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergibt.

11

2. Die Beklagte hat mit den angegriffenen Bescheiden zu Unrecht die frühere Festsetzung des Höchstwerts der monatlichen Beiträge für den streitigen Zeitraum vom 1.2. bis 31.12.2006 schlüssig aufgehoben und Beiträge auf der Basis einer Bemessungsgrundlage von mehr als 474,20 EUR monatlich festgesetzt. Dabei steht der Umstand, dass sich die Beklagte insofern auf maschinell ermittelte Vorgaben stützt, der Annahme eines Verwaltungsakts nicht entgegen (vgl bereits zur Rentenanpassungsmitteilung BSG Urteil vom 23.3.1999 - B 4 RA 41/98 R - SozR 3-1300 § 31 Nr 13). Für eine rückwirkende Änderung der bestandskräftigen Festsetzung des monatlichen Beitrags auf 78 EUR und ihre Ersetzung durch einen neuen Höchstbetrag (232,79 EUR) fehlt es - jedenfalls im mit der Klage geltend gemachten Umfang - an einer speziellen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundlage. Diese kann sich in Ermangelung einschlägiger Regelungen im Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nur aus § 48 Abs 1 SGB X ergeben, dessen Voraussetzungen vorliegend allerdings nicht erfüllt sind. Nach Satz 1 dieser Vorschrift ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Unter weiteren Voraussetzungen soll der Verwaltungsakt auch mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden (S 2).

12

a) Als Rechtsgrundlage für die Beseitigung der Erstfestsetzung kommt allein die Aufhebung wegen nachträglicher Änderung der Verhältnisse nach § 48 Abs 1 SGB X, nicht jedoch eine Rücknahme wegen anfänglicher Rechtswidrigkeit iS von §§ 44, 45 SGB X in Betracht. Denn die LVA Mecklenburg-Vorpommern hat den Monatsbeitrag im Bescheid vom 27.9.2004 ursprünglich zu Recht auf 78 EUR festgesetzt. Als sie diesen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung erließ (§§ 37 Abs 2 S 1, 39 Abs 1 SGB X), waren beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 EUR (§ 165 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI idF vom 23.12.2002). Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens waren und sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird (S 3). Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, sind für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht die Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergeben (S 9). Da sich aus den Unterlagen der Klägerin "kein positives Arbeitseinkommen" ergab, war das (gesetzliche) Mindesteinkommen von monatlich 400 EUR maßgebend (S 1 Nr 1 aE), so dass sich durch Multiplikation mit dem Beitragssatz für 2004 in der allgemeinen Rentenversicherung iHv 19,5% ein Monatsbeitrag von 78 EUR errechnete.

13

b) Diese (Einkommens-)Verhältnisse änderten sich rechtlich erst wesentlich, nachdem das Finanzamt Rostock den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 für das Kalenderjahr 2004 erlassen hatte. Damit wurde das sich hieraus ergebende Arbeitseinkommen aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit für die Beitragsbemessung ipso iure maßgebend (§ 165 Abs 1 S 3 SGB VI), und zwar ab dem Ersten des Kalendermonats, der auf die Vorlage des Einkommensteuerbescheids folgte, spätestens aber ab Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 8 SGB VI). Vorzulegen war der Einkommensteuerbescheid dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner "Ausfertigung" (§ 165 Abs 1 S 6 SGB VI). Da die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 nicht selbst vorgelegt hat, waren die Änderungen des Arbeitseinkommens vom Beginn des dritten Kalendermonats nach dessen "Ausfertigung", also frühestens ab dem 1.2.2006, zu berücksichtigen. Die Änderungen waren auch wesentlich, weil sich auf der Basis des nach § 165 Abs 1 S 4 SGB VI durch Vervielfältigung mit dem Faktor 1,0084 fortgeschriebenen nachgewiesenen Arbeitseinkommens aus 2004 (5643 EUR) für das Kalenderjahr 2006 ein Arbeitseinkommen in Höhe von 5690,40 EUR und damit eine Beitragsbemessungsgrundlage von 474,20 EUR monatlich ergab, die die alte Bemessungsgrundlage von 400 EUR überstieg und deshalb zu einem höheren Monatsbeitrag als 78 EUR führte.

14

c) Die (konkludente) Aufhebung dieser Beitragserstfestsetzung im Beitragsneubescheid vom 16.1.2007 ist jedoch - jedenfalls im Rahmen der Teilanfechtung - rechtswidrig, weil sie für einen zurückliegenden Zeitraum (1.2. bis 31.12.2006) erfolgte, obwohl keine der in § 48 Abs 1 S 2 SGB X abschließend aufgeführten Fallkonstellationen vorliegt. Nach dieser Vorschrift soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.    

die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,

2.    

der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,

3.    

nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder

4.    

der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

15

Zugunsten der Klägerin ist keine Änderung eingetreten (aaO Nr 1). Überdies ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt, dass Nrn 3 und 4 aaO nach Wortlaut und Sinnzusammenhang allein auf das Leistungsrecht bezogen und als abschließende Ausnahmeregelungen nicht analogiefähig sind (vgl BSG Urteile vom 21.9.2005 - B 12 KR 12/04 R - Juris RdNr 17, vom 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R - SozR 3-5868 § 3 Nr 5 S 27 mwN und vom 26.9.1991 - 4 RK 5/91 - BSGE 69, 255, 258 f = SozR 3-1300 § 48 Nr 13 S 20 f). Die Klägerin hat schließlich auch keine Mitteilungspflicht verletzt, wie dies Nr 2 aaO voraussetzt. Dass sie den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 möglicherweise nicht "spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung" vorgelegt und damit die gesetzliche Mitteilungspflicht nach § 165 Abs 1 S 6 SGB VI missachtet hat, wirkte sich nicht zu Lasten der Beklagten aus. Hätte die Klägerin den Einkommensteuerbescheid vom 15.11.2005 Mitte Januar 2006 vorgelegt, hätte die Beklagte die Änderung des Arbeitseinkommens gemäß § 165 Abs 1 S 8 Halbs 1 SGB VI vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats, also ab dem 1.2.2006 berücksichtigen müssen. Nichts anderes sah Halbs 2 aaO bei Nichtvorlage oder verspäteter Vorlage des Einkommensteuerbescheids vor. Folglich hätte es in beiden Fällen zu einer identischen Beitragserhöhung frühestens ab dem 1.2.2006 kommen müssen, so dass der etwaige Verstoß der Klägerin gegen gesetzliche Mitteilungspflichten keine Beitragseinbuße zu Lasten der Beklagten bewirkte.

16

3. Darüber hinaus fehlt es aber auch materiell-rechtlich an einer Rechtsgrundlage dafür, der Beitragsbemessung nach "Hochrechnung" ein höheres Arbeitseinkommen zugrunde zu legen, als dasjenige, das sich (fortgeschrieben nach Maßgabe des Verhältnisses der Durchschnittsentgelte) aus dem maßgeblichen letzten Einkommensteuerbescheid ergibt. Die von der Revision ins Feld geführten Vorschriften der § 165 Abs 1 S 3 SGB VI, § 123 Abs 3 SGB VI, § 15 SGB IV und § 18b SGB IV geben dafür ersichtlich nichts her. Keinesfalls können "Besprechungsergebnisse der Beitrags- und Rentendezernenten" zu Lasten der Beitragsverpflichteten vermeintliche Defizite des geltenden Rechts kompensieren, die aus der Sicht der Beklagten bestehen mögen. Zutreffend hat der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf den verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes (Art 20 Abs 3 GG) hingewiesen.

17

4. Da die Klage bereits aus anderen Gründen Erfolg hat, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte gemäß § 42 S 2 iVm S 1 SGB X auch deshalb beanspruchen kann, weil die nach § 24 Abs 1 SGB X erforderliche Anhörung unterblieben und nicht wirksam nachgeholt(§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X) worden ist (vgl zur Anhörungspflicht vor Beitragsregelungen BSGE 69, 247, 248 = SozR 3-1300 § 24 Nr 4). Insbesondere braucht der Senat nicht auf die potentiell heilende Wirkung des Hinweisschreibens einzugehen, das die Beklagte der Klägerin während des Vorverfahrens übersandt hat.

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger als Präsident des ... (Besoldungsgruppe R 6) und der Beigeladene als damaliger Präsident des ...gerichts (Besoldungsgruppe R 6) bewarben sich auf die nach R 8 besoldete Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts in Koblenz. Die Stelle war frei geworden, weil der Amtsinhaber Justizminister des beklagten Landes geworden war.

2

Der Justizminister gab dem Beigeladenen aufgrund einer von ihm selbst erstellten Anlassbeurteilung den Vorzug. Der Präsidialrat der ordentlichen Gerichtsbarkeit sprach sich wegen der fehlenden Erfahrung des Beigeladenen im Bereich dieser Gerichtsbarkeit gegen ihn aus. Nach dem Landesrichtergesetz bedurfte der Besetzungsvorschlag der Zustimmung des Richterwahlausschusses, wofür die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. In der Sitzung des Ausschusses vom 8. Februar 2007 stimmten in der gesetzlich vorgesehenen offenen Abstimmung fünf Mitglieder für und vier Mitglieder gegen den Besetzungsvorschlag. Die beiden richterlichen Mitglieder enthielten sich ihrer Stimme. Sie waren unmittelbar vor der Sitzung des Ausschusses von der Staatssekretärin des Justizministeriums zu einem Gespräch in ihrem Dienstzimmer gebeten worden.

3

Der Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege einstweiliger Anordnung die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu untersagen, blieb in beiden Instanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht wies die Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts durch Beschluss vom 13. Juni 2007 zurück. Darin heißt es, der Richterwahlausschuss habe dem Besetzungsvorschlag zugestimmt, weil die Zahl der Ja-Stimmen die Zahl der Nein-Stimmen überwogen habe. Es gebe keine greifbaren Anhaltspunkte für eine sachwidrige Beeinflussung der richterlichen Ausschussmitglieder durch die Staatssekretärin. Die Auswahlentscheidung des Justizministers sei frei von Rechtsfehlern. Dessen Anlassbeurteilung für den Beigeladenen sei auf zureichende tatsächliche Erkenntnisse gestützt. Der Justizminister habe statistische Unterlagen über die Arbeitsergebnisse der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verwertet. Darüber hinaus habe er seinen persönlichen Eindruck von dem Beigeladenen zugrunde gelegt, den er aufgrund der regelmäßigen Kontakte der Präsidenten der Obergerichte gewonnen habe. Da sowohl der Kläger als auch der Beigeladene mit der bestmöglichen Gesamtnote beurteilt worden seien, habe der Justizminister die Auswahl des Beigeladenen zu Recht auf bestimmte aussagekräftige Gesichtspunkte gestützt. Er habe rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits jahrelang Präsident eines Obergerichts gewesen sei, während seiner Amtszeit die Sozialgerichtsbarkeit des Landes nach den Statistiken über die Bearbeitung sozialgerichtlicher Verfahren in die Spitzengruppe der Sozialgerichtsbarkeiten geführt habe und nur ihm die ständige Bereitschaft zur Modernisierung der Justiz und zur Innovation bescheinigt worden sei.

4

Während des Beschwerdeverfahrens hatte der Kläger angekündigt, er werde im Falle der Zurückweisung seiner Beschwerde verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen.

5

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und dem Justizministerium des Beklagten jeweils am 22. Juni 2007 zur Mittagszeit per Telefax übermittelt. Ungefähr eine halbe Stunde später händigte der Justizminister in seinem Dienstzimmer dem Beigeladenen die Ernennungsurkunde aus. Die danach eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers nahm die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluss vom 24. September 2007 nicht zur Entscheidung an. In den Gründen heißt es, die Ernennung des Beigeladenen unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung trotz der dem Beklagten mitgeteilten Absicht des Klägers, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, verletze den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG. Jedoch sei dem Kläger zuzumuten, den Rechtsweg auszuschöpfen, weil eine Hauptsacheklage angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht als offensichtlich aussichtslos bewertet werden könne.

6

Mit seiner Klage will der Kläger hauptsächlich die Aufhebung der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts erreichen. Hilfsweise strebt er seine Ernennung zusätzlich zu derjenigen des Beigeladenen an. Weiter hilfsweise will er festgestellt wissen, dass ihn sowohl die Ernennung des Beigeladenen und die zugrunde liegende Auswahlentscheidung als auch die Vornahme der Ernennung vor einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinen Rechten verletzten.

7

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat sie in Bezug auf sämtliche Klagebegehren als unzulässig angesehen. Sein Berufungsurteil ist im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

8

Die Ernennung des Beigeladenen könne nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht rückgängig gemacht werden. Es sei auch rechtlich unmöglich, den Kläger zum weiteren Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen. Die Planstellen für die Präsidenten der beiden Oberlandesgerichte des Beklagten seien rechtsbeständig besetzt. Die Bereitstellung einer dritten Planstelle komme nicht in Betracht. Auch habe der Justizminister die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes nicht verhindert. Er habe nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung keinen Grund zu der Annahme gehabt, er müsse mit der Ernennung des Beigeladenen nach Abschluss des einstweiligen Anordnungsverfahrens weiter zuwarten, um dem Kläger die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ermöglichen. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass er durch Auswahl und Ernennung des Beigeladenen in seinen Rechten verletzt worden sei. Die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die vorzeitige Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 sei nicht möglich, weil das vor Klageerhebung erforderliche Widerspruchsverfahren nicht stattgefunden habe.

9

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil verletze seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Zudem erhebt er Besetzungs-, Aufklärungs- und Gehörsrügen.

10

Der Kläger beantragt mit dem Hauptantrag,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2009 und des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2008 aufzuheben sowie die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und dessen Einweisung in die Planstelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger zum Präsidenten des Oberlandesgerichts zu ernennen und in die dazugehörende Planstelle einzuweisen, hilfsweise über die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.

13

Der Beigeladene beteiligt sich nicht am Revisionsverfahren.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zulässig. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Revisionsbegründung form- und fristgerecht als elektronisches Dokument eingereicht (§ 55a Abs. 1 VwGO in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof - ERVVO - vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091).

15

Bei elektronisch übermittelten Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, tritt die qualifizierte elektronische Signatur an die Stelle der Unterschrift (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO; § 2 Abs. 6 ERRVO). Die Signatur soll die Authentizität und die Integrität des übermittelten elektronischen Dokuments sicherstellen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Sie soll Gewähr dafür bieten, dass das anstelle eines Schriftstücks eingereichte Dokument von einem bestimmten Verfasser stammt und mit seinem Willen übermittelt worden ist. Daher reicht es bei Übermittlung des Dokuments als Anlage einer Datei aus, dass diese in einer Weise signiert ist, die keinen Zweifel an dem Verfasser des Dokuments zulässt. Es ist dann nicht erforderlich, dass er das Dokument gesondert signiert. Dementsprechend hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Einklang mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nur die Datei signiert, mit der er die Revisionsbegründung fristgemäß elektronisch übermittelt hat.

16

Die Revision des Klägers ist mit dem Hauptantrag im Wesentlichen begründet. Die angefochtene Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts und seine Einweisung in die dazugehörende Planstelle beim Oberlandesgericht Koblenz sind mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil die Ernennung die Rechte der Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verletzt und der Grundsatz der Ämterstabilität der Aufhebung nicht entgegensteht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Beklagte muss über die Vergabe des Amtes des Präsidenten des Oberlandesgerichts aufgrund eines erneuten Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nochmals entscheiden.

17

1. Der Kläger kann die Ernennung des Beigeladenen anfechten, weil sie in seine Rechte eingreift. Die Ernennung eines nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Bewerbers für ein Amt stellt einen Verwaltungsakt dar, der darauf gerichtet ist, unmittelbare Rechtswirkungen für die durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber zu entfalten.

18

Einer Ernennung bedarf es, um einem Richter oder Beamten auf Lebenszeit ein höherwertiges, nämlich einer höheren Besoldungsgruppe zugeordnetes Amt im statusrechtlichen Sinne zu verleihen (Beförderung; vgl. § 5 Abs. 1 des Landesrichtergesetzes Rheinland Pfalz - LRiG RP - i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes Rheinland-Pfalz - LBG RP -; nunmehr § 8 Abs. 1 Nr. 3 des Beamtenstatusgesetzes - BeamtStG -). Die Ernennung erfolgt durch Aushändigung der Ernennungsurkunde (§ 8 Abs. 2 Satz 1 LBG RP; § 8 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG). Dadurch wird der Richter oder Beamte Inhaber des höherwertigen Amtes mit den daran geknüpften Rechten und Pflichten aus dem Richter- oder Beamtenverhältnis. Die Ernennung begründet Ansprüche auf die Einweisung in die zu dem Amt gehörende Planstelle und auf eine dem neuen Amt angemessene Beschäftigung bei dem Gericht oder der Behörde, der die Planstelle zugeordnet ist (Urteile vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 27.03 - BVerwGE 122, 53 <55 f.> und vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 Rn. 12).

19

Darüber hinaus ist die Ernennung nach ihrem Regelungsgehalt auf unmittelbare Rechtswirkungen für diejenigen Bewerber gerichtet, die sich erfolglos um die Verleihung des Amtes beworben haben. Die Ernennung greift in deren Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG ein, weil sie in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Entscheidung des Dienstherrn über die Bewerberauswahl steht und deren rechtliches Schicksal teilt. Die Ernennung des ausgewählten Bewerbers ist Ziel und Abschluss des Auswahlverfahrens.

20

Der Dienstherr ist an den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn er ein Amt im statusrechtlichen Sinne nicht durch Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung, sondern durch Beförderung des Inhabers eines niedrigeren Amtes vergeben will. Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen Ämter nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Richter oder Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Richtern oder Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <149 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 16 f., vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <239 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31 S. 22 f., vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 17 f.).

21

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zudem vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerber um das Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. Urteile vom 28. Oktober 2004 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O).

22

Als Anspruch auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl wird der Bewerbungsverfahrensanspruch auch erfüllt, wenn der Dienstherr die Bewerbung ablehnt, weil er in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG einen anderen Bewerber für am besten geeignet hält. Nur in den seltenen Ausnahmefällen, in denen der dem Dienstherrn durch Art. 33 Abs. 2 GG eröffnete Beurteilungsspielraum für die Gewichtung der Leistungskriterien auf Null reduziert ist, d.h. ein Bewerber eindeutig am Besten geeignet ist, gibt Art. 33 Abs. 2 GG diesem Bewerber einen Anspruch auf Erfolg im Auswahlverfahren. Dessen Bewerbungsverfahrensanspruch erstarkt zum Anspruch auf Vergabe des höheren Amtes.

23

Aufgrund seiner Zielrichtung ist der Bewerbungsverfahrensanspruch an ein laufendes Auswahlverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Leistungsgrundsatz vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes, d.h. des Leistungsvermögens der Mitbewerber, inhaltlich konkretisiert. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Dies gilt umso mehr, je weniger Bewerber um das Amt konkurrieren.

24

Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG kann sich daraus ergeben, dass ein Leistungsvergleich gar nicht möglich ist, weil es bereits an tragfähigen Erkenntnissen über das Leistungsvermögen, d.h. an aussagekräftigen dienstlichen Beurteilungen, fehlt. Der eigentliche Leistungsvergleich verletzt Art. 33 Abs. 2 GG, wenn nicht unmittelbar leistungsbezogene Gesichtspunkte in die Auswahlentscheidung einfließen oder die Leistungsmerkmale fehlerhaft gewichtet werden. Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben. Voraussetzung ist nur, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194 und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - NVwZ 2008, 69; BVerwG, Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2).

25

Der wechselseitige inhaltliche Bezug der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG schlägt sich in der Entscheidung des Dienstherrn nieder, welchen Bewerber er für am besten geeignet für das zu vergebende Amt hält. Diese Auswahlentscheidung betrifft nach ihrem Inhalt alle Bewerber gleichermaßen: Mit der Auswahl eines Bewerbers geht zwangsläufig die Ablehnung der Mitbewerber einher. Hat der Dienstherr die Auswahl in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG vorgenommen, so sind die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber erfüllt. Die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, stellen keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen dar, sondern geben die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekannt. Ihre Begründung muss die maßgebenden Erwägungen des Dienstherrn erkennen lassen.

26

Der Regelungsgehalt der Ernennung stimmt inhaltlich mit der Auswahlentscheidung überein. Die Ernennung folgt der Auswahlentscheidung, setzt diese rechtsverbindlich um und beendet das Auswahlverfahren. Sie ist an keine weiteren Voraussetzungen als an die Auswahlentscheidung gebunden, sondern bestätigt diese nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG getroffene Entscheidung des Dienstherrn auch im Hinblick auf die Bewerbungsverfahrensansprüche.

27

Ein unter Beachtung des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählter Bewerber hat einen Anspruch auf Verleihung des Amtes durch Ernennung (vgl. Beschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 Rn. 45). Die Bewerbungsverfahrensansprüche der unterlegenen Bewerber gehen durch die Ernennung unter, wenn diese das Auswahlverfahren endgültig abschließt. Dies ist regelmäßig der Fall, weil die Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sodass das Amt unwiderruflich vergeben ist. Ein unterlegener Bewerber kann seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nur dann durch eine Anfechtungsklage gegen die Ernennung weiterverfolgen, wenn er unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert worden ist, seine Rechtsschutzmöglichkeiten vor der Ernennung auszuschöpfen (vgl. unter 2.).

28

Die rechtliche Bedeutung der Ernennung wird nunmehr durch den Wortlaut des hier noch nicht anwendbaren § 9 BeamtStG verdeutlicht. Danach sind Ernennungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Darin kommt zum Ausdruck, dass nicht nur die Auswahlentscheidung, sondern auch die daran anknüpfende Ernennung in die Rechte aller Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift (vgl. zum Ganzen Schenke, in: Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>). An der gegenteiligen Rechtsprechung hält der Senat nicht mehr fest (vgl. Urteile vom 9. März 1989 - BVerwG 2 C 4.87 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 36 S. 7 f. und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <372 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 7 f.).

29

2. Die Anfechtungsklage des Klägers gegen die Ernennung scheitert nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, weil dem Kläger der durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotene Rechtsschutz nicht erschöpfend vor der Ernennung gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist eine inhaltliche Nachprüfung der Ernennung verfassungsrechtlich geboten.

30

Der Grundsatz der Ämterstabilität steht der Aufhebung einer Ernennung nicht entgegen, wenn ein herkömmlicher gesetzlicher Rücknahmetatbestand erfüllt ist. Diese Tatbestände erfassen vor allem Fallgestaltungen, in denen der Gesetzgeber die Aufrechterhaltung der Ernennung als unerträglich ansieht (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Ansonsten soll das Amt mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers unwiderruflich vergeben sein, ohne dass es darauf ankommt, ob die Ernennung mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht (Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 62.85 - BVerwGE 80, 127 <130 f.> = Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 4 S. 5 f. und vom 9. März 1989 a.a.O. S. 7 f.; Beschluss vom 30. Juni 1993 - BVerwG 2 B 64.93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 49; vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - BGHZ 165, 139 <142 f.>).

31

Auch wenn die Ernennung in die Rechte der unterlegenen Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG eingreift, ist deren Rechtsbeständigkeit aus Gründen der Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können. Es muss sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG genügt. Hierfür hat sich eine Praxis der Verwaltungsgerichte herausgebildet, die den gerichtlichen Rechtsschutz in den Zeitraum zwischen der Auswahlentscheidung und der Ernennung verlagert. Ein unterlegener Bewerber ist zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs darauf verwiesen, eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO zu beantragen, durch die dem Dienstherrn die Ernennung des ausgewählten Bewerbers untersagt wird. Erwächst eine einstweilige Anordnung dieses Inhalts in Rechtskraft, so muss der Dienstherr das Auswahlverfahren, wenn er es nicht zulässigerweise abbricht, je nach Inhalt und Reichweite des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG vollständig oder teilweise wiederholen und auf der Grundlage des wiederholten Verfahrens eine neue Auswahlentscheidung treffen (vgl. zum Abbruch: Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112 <115>). Der Dienstherr darf den ausgewählten Bewerber erst ernennen, wenn feststeht, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg hat. Ein Hauptsacheverfahren findet dann wegen der Rechtsbeständigkeit der Ernennung nicht mehr statt.

32

Dieses von den Verwaltungsgerichten allgemein praktizierte Modell des vor die Ernennung gezogenen Rechtsschutzes im einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO wird den sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ergebenden Anforderungen nur dann gerecht, wenn das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Das Verfahren darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Dies bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen. Vielmehr ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl verfassungsrechtlich geboten. Auch dürfen die Verwaltungsgerichte die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannen. Stellen sie eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs fest, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (stRspr; vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 - NJW 1990, 501; vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 und vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 -BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <106 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 31 f.).

33

Hatte ein unterlegener Bewerber Gelegenheit, die Rechtsschutzmöglichkeiten zur gerichtlichen Nachprüfung der Auswahlentscheidung vor der Ernennung auszuschöpfen, so sind seine Ansprüche aus Art. 33 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG erfüllt. Dies gilt unabhängig davon, ob den gerichtlichen Entscheidungen materiellrechtliche oder prozessuale Mängel anhaften. Das Grundrecht auf gerichtlichen Rechtsschutz gibt weder einen Anspruch auf eine "richtige" Entscheidung noch darauf, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch zweimal, nämlich vor und nach der Ernennung gerichtlich verfolgt werden kann. Eine Anfechtung der Ernennung ist in diesen Fällen verfassungsrechtlich nicht geboten. Die Wirksamkeit des Rechtsschutzes vor der Ernennung hängt aber davon ab, dass der Dienstherr die gerichtliche Nachprüfung seiner Auswahlentscheidung ermöglicht. Er muss mit der Ernennung des ausgewählten Bewerbers zuwarten, bis die unterlegenen Bewerber ihre Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft haben. Daher ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG Mitteilungs- und Wartepflichten des Dienstherrn, mit denen Ansprüche der unterlegenen Bewerber korrespondieren:

34

Zunächst muss der Dienstherr die Auswahlentscheidung vor der Ernennung den unterlegenen Bewerbern mitteilen (Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 26.03 - Buchholz 237.8 § 10 RhPLBG Nr. 1 S. 2 f. und vom 11. Februar 2009 - BVerwG 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20). Danach muss er eine angemessene Zeit zuwarten, damit die Unterlegenen das Verwaltungsgericht anrufen können. In der Praxis der Verwaltungsgerichte hat sich eine Wartezeit von zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung über die Ablehnung der Bewerbung als angemessen herausgebildet. Beantragt ein Bewerber rechtzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, darf der Dienstherr die Ernennung erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens vornehmen (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <374 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 10 f.).

35

Hat der Dienstherr in der abschließenden Beschwerdeinstanz des einstweiligen Anordnungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht obsiegt, muss er nochmals angemessene Zeit mit der Ernennung zuwarten, um dem unterlegenen Bewerber Gelegenheit zu geben, zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Nach der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG auch die Möglichkeit, eine einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG zu erwirken oder Verfassungsbeschwerde zu erheben. Nimmt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber diese Möglichkeit, indem er den ausgewählten Bewerber nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vor Ablauf einer angemessenen Wartefrist ernennt, so verhindert er die Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 - NJW-RR 2005, 998 <999>; vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - NVwZ 2008, 70 und vom 9. Juli 2009 - 2 BvR 706/09 - NVwZ 2009, 1430).

36

Nach alledem verhindert der Dienstherr den nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, Art. 33 Abs. 2 GG gebotenen Rechtsschutz, wenn er den ausgewählten Bewerber ernennt, obwohl ihm dies durch eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts untersagt ist. Gleiches gilt, wenn er die Ernennung während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens vornimmt. Darüber hinaus liegen Fälle der Rechtsschutzverhinderung vor, wenn der Dienstherr die Ernennung ohne vorherige Mitteilungen an die unterlegenen Bewerber oder vor Ablauf der Wartefrist für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der gesetzlichen Frist für die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht oder der Wartefrist für die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts vornimmt.

37

Verstößt der Dienstherr vor der Ernennung gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG, so muss der verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutz nach der Ernennung nachgeholt werden. Der Dienstherr kann sich auf die Ämterstabilität nicht berufen, um Verletzungen des vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu decken. Ansonsten hätte er es in der Hand, die Grundrechte unterlegener Bewerber durch vorzeitige Ernennungen auszuschalten. Gefährdungen der Funktionsfähigkeit von Justiz oder Verwaltung kann der Dienstherr vermeiden, indem er die Anforderungen der Rechtsschutzgarantie beachtet. Im Übrigen liegen sie wegen der überschaubaren Zahl der Fälle der Rechtsschutzverhinderung fern.

38

Dies gilt auch, wenn der Ämterstabilität als Ausdruck des Lebenszeitprinzips nach Art. 33 Abs. 5 GG nicht nur als Schutz gegen die Entziehung des Amtes durch den Dienstherrn, sondern auch in Konkurrentenstreitigkeiten Verfassungsrang zukäme (bejahend etwa Wernsmann, DVBl 2005, 276<282>; Schmidt-Preuß, Kollidierende Privatinteressen im Verwaltungsrecht, S. 475 ff; ablehnend Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <688 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <295>).

39

Nach der Ernennung des ausgewählten Bewerbers kann unterlegenen Bewerbern gerichtlicher Rechtsschutz nur im Wege der Anfechtungsklage gegen die Ernennung gewährt werden. Eine andere Möglichkeit zur Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs besteht nicht. Verstößt die Ernennung gegen die Rechte des Klägers aus Art. 33 Abs. 2 GG, so ist sie mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Die Aufhebung mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Vornahme scheidet aus, weil die mit der Ernennung verbundene Statusänderung jedenfalls ohne gesetzliche Grundlage nicht nachträglich ungeschehen gemacht werden kann. Die insoweit auch für Richter geltenden Beamtengesetze sehen die Aufhebung für die Vergangenheit nur in den Fällen vor, in denen ein Rücknahmetatbestand erfüllt ist (vgl. § 15 Abs. 1 und Abs. 2 LBG RP; § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BeamtStG). Zudem erklären sie die Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt für unzulässig und insoweit unwirksam (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 2 LBG RP; nunmehr § 8 Abs. 4 BeamtStG). Gleiches muss für die Aufhebung der Ernennung gelten, zumal diese zeitliche Beschränkung Rechte übergangener Bewerber nicht berührt.

40

Aus den dargelegten Gründen führt der Senat die Rechtsprechung nicht weiter, dass in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung zwar die Ernennung rechtsbeständig sei, jedoch der Bewerbungsverfahrensanspruch des unterlegenen Bewerbers mit verändertem Inhalt fortbestehe (Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - a.a.O.). Aufgrund seiner Abhängigkeit von dem konkreten Auswahlverfahren ist dieser Anspruch nicht darauf gerichtet, eine weitere Planstelle zu schaffen. Deren Bereitstellung ergibt für funktionsgebundene Ämter keinen Sinn, weil es an der Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung fehlt (vgl. Schnellenbach, ZBR 2004, 104 <105>). Hinzu kommt, dass auch das neue Amt nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden muss.

41

Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte nicht auf die Ämterstabilität berufen, weil er die Gewährung wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutzes für den Kläger verhindert hat. Durch die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar nach der Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts hat der Justizminister des Beklagten dem Kläger die Möglichkeit genommen, die Ernennung durch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu verhindern. Er hat die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG folgende Wartepflicht missachtet. Diesen Verfassungsverstoß hat bereits das Bundesverfassungsgericht in den Gründen des Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) festgestellt.

42

Dem Justizminister musste zum Zeitpunkt der Ernennung des Beigeladenen am 22. Juni 2007 auch bekannt sein, dass er die Ernennung noch nicht vornehmen durfte. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach das Bundesverfassungsgericht die Wartepflicht für seine eigene Anrufung erstmals in dem Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - (NVwZ 2007, 1178) postuliert habe, sind unrichtig. Dieser Beschluss nimmt ausdrücklich auf den Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - (NJW-RR 2005, 998) Bezug. Dort heißt es, eine Verletzung der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG liege vor, wenn einem unterlegenen Bewerber um eine Notarstelle durch umgehende Ernennung des ausgewählten Bewerbers die Möglichkeit genommen werde, die Besetzung der Stelle durch eine verfassungsgerichtliche Eilentscheidung zu verhindern. Der Justizminister kann sich nicht darauf berufen, diese Entscheidung nicht gekannt zu haben, zumal der Kläger die Einschaltung des Bundesverfassungsgerichts bereits angekündigt hatte.

43

3. Die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts ist mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Die Erwägungen, auf die der Beklagte die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen gestützt hat, werden den sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen nicht gerecht. Dies hat die Rechtswidrigkeit der Ernennung zur Folge, ohne dass es darauf ankommt, ob der Beigeladene aus anderen als den vom Beklagten angeführten Gründen in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG hätte ausgewählt werden können. Die Ernennung verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers, weil es zumindest ernsthaft möglich erscheint, dass dieser bei rechtsfehlerfreiem Verlauf anstelle des Beigeladenen ausgewählt und ernannt worden wäre.

44

Zwar enthält das Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen zur Auswahlentscheidung. Der Senat kann diese Entscheidung jedoch aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vom 13. Juni 2007 im einstweiligen Anordnungsverfahren inhaltlich nachprüfen, weil diese von der Bezugnahme des Oberverwaltungsgerichts auf die Akten der Gerichtsverfahren umfasst werden.

45

Wie dargelegt dürfen der Entscheidung über die Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne nur leistungsbezogene Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße die Bewerber den Anforderungen ihres Amtes genügen und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren werden. Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (Urteile vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <60 f.> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54 S. 3, vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 28 f.).

46

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f.; vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f. und vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - a.a.O. S. 151 und S. 18).

47

Der dienstlichen Beurteilung fehlt die erforderliche Aussagekraft, wenn sie auf einer nur partiell oder bruchstückhaft vorhandenen Kenntnis der für die Bewertungen erforderlichen Tatsachen beruht. Ist der für die Beurteilung Zuständige nicht in der Lage, sich ein eigenes vollständiges Bild von den Leistungen des Bewerbers zu machen, ist er darauf angewiesen, sich die fehlenden Kenntnisse von anderen Personen zu beschaffen. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Bewerbers aus eigener Anschauung kennen. In diesen Fällen müssen die Beurteilungsbeiträge der sachkundigen Personen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraumes berücksichtigt werden. Der Beurteiler darf nicht davon absehen, Beurteilungsbeiträge einzuholen, weil er sich trotz fehlender eigener Anschauung zutraut, den Bewerber zutreffend einzuschätzen. Zwar ist er an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht gebunden, sondern kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht. Abweichungen müssen nachvollziehbar begründet werden. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (Urteile vom 5. November 1998 - BVerwG 2 A 3.97 - BVerwGE 107, 360 <361 f.> = Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 5 S. 12; vom 21. März 2007 - BVerwG 2 C 2.06 - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 Rn. 10 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 A 9.07 - Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35 ).

48

Danach erweist sich die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen schon deshalb als rechtsfehlerhaft, weil dessen Anlassbeurteilung nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht. Der für die Beurteilung zuständige Justizminister hat sich kein Bild über die dienstliche Tätigkeit des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts verschafft. Hierfür reichen weder die statistischen Angaben über die Entwicklung der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen noch die Eindrücke aus, die der Justizminister in seiner Amtszeit als Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz aufgrund der Zusammenarbeit der Präsidenten der Obergerichte des Landes von dem Beigeladenen gewonnen hat.

49

Statistische Angaben über Erledigungszahlen und Verfahrenslaufzeiten im Bereich einer Gerichtsbarkeit lassen für sich genommen keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Leistungen eines Gerichtspräsidenten und seine Eignung für das Amt des Präsidenten eines Obergerichts zu. Da sie dem Präsidenten nicht unmittelbar zugerechnet werden können, sind sie allenfalls geeignet, das Werturteil über die Führung der Dienstgeschäfte abzurunden.

50

Dass persönliche Eindrücke von einer Person aufgrund von Begegnungen bei Tagungen und vergleichbaren Veranstaltungen nicht geeignet sind, um auf weitere Erkenntnisse über dessen dienstliche Tätigkeit zu verzichten, liegt auf der Hand. Derartige Zusammenkünfte können keine Tatsachengrundlage liefern, auf die ein Gesamturteil über dienstliche Leistungen und über die Eignung für ein höherwertiges Amt gestützt werden kann.

51

Da dem Justizminister eigene Tatsachenkenntnisse fehlten, um Leistung und Eignung des Beigeladenen erschöpfend beurteilen zu können, war er verpflichtet, auf andere Erkenntnisquellen zurückzugreifen. Es hätte nahegelegen, Beurteilungsbeiträge hinreichend sachkundiger Mitarbeiter der Personalabteilung des Justizministeriums anzufordern. Der Beklagte hat zu keiner Zeit behauptet, dass derartige Beiträge eingeholt wurden. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Justizminister die Beurteilung des Beigeladenen vor der Eröffnung der Personalreferentin des Justizministeriums zur Prüfung zugeleitet hat. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil von einer entsprechenden Feststellung in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 abgerückt (Urteilsabdruck S. 40). Jedenfalls hat die Personalreferentin keinen Beurteilungsbeitrag erstellt.

52

Darüber hinaus verletzt auch der Leistungsvergleich, auf den der Beklagte die Auswahlentscheidung gestützt hat, den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers. Zum einen sind die zugrunde gelegten Leistungskriterien nicht aussagekräftig, zum anderen fehlt es an gleichen Bewertungsmaßstäben für Kläger und Beigeladenen.

53

Da beide das bestmögliche Gesamturteil erhielten, war es dem Beklagten möglich, die Auswahlentscheidung auf bestimmte, als besonders bedeutsam angesehene Leistungsgesichtspunkte zu stützen. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in dem Beschluss vom 13. Juni 2007 hat der Beklagte darauf abgestellt, dass der Beigeladene bereits seit sieben Jahren Präsident eines Obergerichts war, in dieser Eigenschaft ein höher bewertetes Richteramt als der Kläger wahrnahm, die Sozialgerichtsbarkeit im statistischen Ländervergleich in die Spitzengruppe geführt habe und ihm eine stetige Innovations- und Modernisierungsbereitschaft eigen sei.

54

Das Amt des Beigeladenen als Präsident des ...gerichts kann hier für sich genommen keinen entscheidenden Eignungsvorsprung gegenüber dem Kläger begründen. Gleiches gilt für die unterschiedliche Einstufung der Richterämter. Denn das zu besetzende Amt ist in der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt, in der nur der Kläger, nicht aber der Beigeladene über dienstliche Erfahrungen als Richter und Gerichtspräsident verfügt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 - NVwZ 2007, 691; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <103> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 29 zur Bedeutung eines höherwertigen Dienstpostens).

55

Die statistisch erfassten Verbesserungen im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit während der Amtszeit des Beigeladenen können einen Eignungsvorsprung nicht begründen, weil sie nicht lediglich das Werturteil über die Amtsführung des Beigeladenen abrunden. Vielmehr wird die Bewertung, der Beklagte verfüge über herausragende Fähigkeiten, ausschließlich mit den Statistiken belegt. Diese Betrachtungsweise greift zu kurz, weil sie die Besonderheiten des Amtes eines Gerichtspräsidenten außer Acht lässt. Aufgrund der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten Unabhängigkeit der Richter, die alle Bestandteile der Rechtsprechungstätigkeit umfasst, übt ein Gerichtspräsident keine Leitungsfunktion für diese Tätigkeit aus. Da er auf die Arbeitsweise der Richter nicht unmittelbar einwirken kann, ist er auch nicht für deren Arbeitsergebnisse verantwortlich, wie dies bei einem Behördenleiter in Bezug auf die Arbeit der Mitarbeiter der Behörde der Fall sein mag. Ein Gerichtspräsident kann nur Vorschläge machen und motivierend tätig werden, etwa mit gutem Beispiel vorangehen, um auf höhere Erledigungszahlen und kürzere Verfahrenslaufzeiten hinzuwirken. Er muss zu erkennen geben, dass er Verbesserungen in diesem Bereich nicht Vorrang um jeden Preis einräumt, sondern die Bedeutung der statistisch nicht erfassbaren inhaltlichen Qualität der Rechtsprechung, etwa der Bemühungen um eine erschöpfende Sachverhaltsaufklärung, nicht aus dem Blick verliert. Die Feststellung und Bewertung derartiger Bemühungen eines Gerichtspräsidenten kann nicht durch eine undifferenzierte Hervorhebung statistischer Angaben ersetzt werden.

56

Insoweit hat der Beklagte auch das Gebot gleicher Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet. Hierfür wäre erforderlich gewesen, die statistische Entwicklung im Bereich des ... während der Amtszeit des Beklagten in vergleichbarer Weise festzustellen und unter Berücksichtigung der Besonderheiten der unterschiedlichen Gerichtsbarkeiten und Instanzen mit den statistischen Angaben über die Sozialgerichtsbarkeit zu vergleichen.

57

Auf die dem Beigeladenen zugeschriebene Modernisierungs- und Innovationsbereitschaft konnte die Auswahlentscheidung nicht gestützt werden, weil dieses Merkmal inhaltlich gänzlich unbestimmt geblieben ist. Der Beklagte hat nicht deutlich gemacht, auf welche Tatsachen diese Wertung gestützt ist. Demzufolge hat er auch nicht dargelegt, auf welche Weise sich der Beigeladene hier vom Kläger abgehoben haben könnte.

58

Die dargestellten Defizite der Auswahlentscheidung haben zur Folge, dass der Beklagte ein neues Auswahlverfahren für die Besetzung der Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts durchführen muss. Aus diesem Grund kann der Antrag des Klägers, den Beklagten zu seiner Ernennung anstelle des Beigeladenen zu verpflichten, keinen Erfolg haben. Für die erneute Bewerberauswahl müssen aktuelle Anlassbeurteilungen der Bewerber erstellt werden, wobei auch der seit 2007 verstrichene Zeitraum einzubeziehen ist. Dies bedeutet, dass auch die Amtsführung des Beigeladenen als Präsident des Oberlandesgerichts im Falle seiner erneuten Bewerbung zu beurteilen ist (vgl. Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 S. 16).

59

4. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes nach Art. 20 Abs. 3 GG gebietet nicht, im vorliegenden Fall von der Aufhebung der Ernennung abzusehen und es bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung zu belassen. Eine Änderung der Rechtsprechung ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - BVerfGE 122, 248 <277 f.>). Dies ist hier der Fall. Die Auffassung, die Aufhebung der Ernennung scheitere in den Fällen der Rechtsschutzverhinderung nicht bereits am Grundsatz der Ämterstabilität, schließt eine Entwicklung ab, die der Senat durch die Urteile vom 13. September 2001 - BVerwG 2 C 39.00 - (BVerwGE 115, 89 = Buchholz 237.3 § 41a BrLBG Nr. 1) und vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - (BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27) eingeleitet hat. Die Gründe des auf die Verfassungsbeschwerde des Klägers ergangenen Kammerbeschlusses vom 24. September 2007 - 2 BvR 1586/07 - (NVwZ 2008, 70) lassen darauf schließen, dass auch die zuständige Kammer des Bundesverfassungsgerichts angenommen hat, die Rechtsprechung des Senats sei im Wandel begriffen. Im Schrifttum ist die Anfechtbarkeit der Ernennung seit langem gefordert worden, wobei die Beschränkung auf Fälle der Rechtsschutzverhinderung überwiegend abgelehnt wird (vgl. nur Schoch, Vorläufiger Rechtsschutz und Risikoverteilung im Verwaltungsrecht, 1988, S. 692 ff.; Schenke, Festschrift für Schnapp (2008), S. 655 <667 f.>; Laubinger, ZBR 2010, 289 <292 f.>; Battis, Kommentar zum BBG, 4. Auflage 2009, § 9 Rn. 30 f.; Höfling, in Bonner Kommentar zum Grundgesetz Stand: August 2007, Art. 33 Abs. 1 bis 3 Rn. 367 f.; Wahl/Schütz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Kommentar zur VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 325; Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 16. Auflage 2009, § 42 Rn. 49).

60

Davon abgesehen ist ein Vertrauen des Beklagten in die Rechtsbeständigkeit der Ernennung auch wegen des Verfassungsverstoßes des Justizministers nicht schutzwürdig. Zwar hat der Beigeladene erhebliche Nachteile zu tragen. Er kann in dem Amt des Präsidenten des ...gerichts nicht mehr amtsangemessen beschäftigt werden. Auch dies ist auf das Vorgehen des Beklagten zurückzuführen, der die einzige Stelle nach der Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Oberlandesgerichts trotz Warnungen zügig besetzt hat. Der Beklagte ist aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten, die Folgen für den Beigeladenen soweit als möglich auszugleichen. Er kann den Beigeladenen mit dessen Zustimmung in ein anderes gleichwertiges Amt der Besoldungsgruppe R 6 versetzen. Aus diesem Grund hat der Senat die Wirksamkeit seines Urteils hinsichtlich der Aufhebung der Ernennung auf den Zeitpunkt der Urteilszustellung hinausgeschoben. Der Beigeladene kann sich erneut um das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewerben. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass einer weiteren, allein der Ämterstabilität geschuldeten Amtsführung des Beigeladenen ein Makel anhaften würde, wenn es der Senat bei der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ernennung beließe. Seinen Belangen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Auswahlentscheidung in einem neuen Bewerbungsverfahren unter seiner Beteiligung dann unter Berücksichtigung einer dienstlichen Beurteilung zu treffen ist, die seine Leistungen im Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts bewertet (Beschluss vom 11. Mai 2009 - BVerwG 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43 Rn. 4).

61

Auf die Verfahrensrügen des Klägers braucht der Senat nicht einzugehen, weil sie für den Ausgang des Revisionsverfahrens unerheblich sind. Da die Klage mit dem Hauptantrag Erfolg hat, ist über die hilfsweise gestellten Verpflichtungs-, Bescheidungs- und Feststellungsanträge nicht zu entscheiden.

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. im Revisionsverfahren, der Beigeladenen zu 2. bis 7. im Berufungsverfahren sowie der Beigeladenen zu 2. bis 8. im Verfahren vor dem Sozialgericht.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 328 800 Euro festgesetzt..

Gründe

1

I. Im Streit stand die dem zu 1. beigeladenen Facharzt für Chirurgie erteilte Sonderzulassung zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit an der chirurgischen Belegabteilung des Krankenhauses M. Das Krankenhaus M., dessen Träger die Beigeladene zu 8. ist, verfügt nach dem Krankenhausplan über 78 Planbetten; davon entfallen 22 Betten auf die chirurgische Belegabteilung, die zum 1.10.2000 durch Umwandlung aus der bis dahin betriebenen chirurgischen Hauptabteilung hervorgegangen ist. Für den Planungsbereich Landkreis L., zu dem M. gehört, sind für die Arztgruppe der Chirurgen Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet.

2

Auf eine von zwei vom Krankenhaus M. ausgeschriebenen Belegarztstellen für die chirurgische Belegabteilung bewarben sich sowohl der seit 1999 als Facharzt für Chirurgie in M. zugelassene Kläger als auch der Beigeladene zu 1. Gesucht wurde ein/e Facharzt/-ärztin für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung "Orthopädie/Unfallchirurgie" oder "spezielle Unfallchirurgie" mit langjähriger operativer Erfahrung und aktuellen Kenntnissen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks. Die Beigeladene zu 8. schloss mit dem Beigeladenen zu 1. am 6.4.2010 einen Belegarztvertrag. Den Antrag des Beigeladenen zu 1., ihm eine Belegarztsonderzulassung nach § 103 Abs 7 SGB V zu erteilen, lehnte der Zulassungsausschuss ab. Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 1. ließ ihn der beklagte Berufungsausschuss mit Bescheid vom 29.8.2011 (aus der Sitzung vom 6.4.2011) zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Der Kläger sei nicht als Partner eines Belegarztvertrages in Betracht gekommen, da er weder über die geforderten Qualifikationen noch über langjährige operative Erfahrungen in der Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks verfüge.

3

Während seine Klage erfolglos blieb (Urteil des SG vom 11.5.2012), hat das LSG auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten aufgehoben (Urteil des LSG vom 20.11.2013). Der Kläger sei anfechtungsberechtigt, da er sich auf die ausgeschriebene Belegarztstelle beworben habe und im Bewerbungsverfahren gegenüber dem Beigeladenen zu 1. unterlegen sei. Der Beklagte habe dem Beigeladenen zu 1. zu Unrecht eine Sonderzulassung als Belegarzt erteilt; es fehle bereits an der ordnungsgemäßen Ausschreibung der Belegarztposition. Das vom Krankenhaus M. gewählte Anforderungsprofil sei seinem Spezialisierungsgrad nach zu eng gefasst mit der Folge, dass den niedergelassenen Fachärzten für Chirurgie von vorneherein die - realistische - Möglichkeit einer erfolgreichen Bewerbung verschlossen geblieben sei. Damit verstoße bereits die Ausschreibung der Belegarztstelle gegen den nach § 103 Abs 7 SGB V grundsätzlich zu beachtenden Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte. Über die geforderte langjährige Operationserfahrung in Endoprothetik der großen Gelenke einschließlich aktueller Kenntnisse hierzu werde regelmäßig nur ein klinisch tätiger Krankenhausarzt oder ein bereits als Belegarzt tätiger niedergelassener Chirurg verfügen, nicht jedoch ein schon lange niedergelassener Facharzt für Chirurgie. Derartige Eingriffe seien dem Kernbereich der Krankenhausleistungen zuzuordnen. Dies spreche dafür, dass diese Behandlungen nicht belegärztlich durchgeführt werden dürften. Das Ziel des Gesetzes, die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit zu fördern und gleichzeitig einen Anstieg der Überversorgung zu verhindern, erfordere, dass die belegärztliche Tätigkeit grundsätzlich ein Spektrum umfasse, das von niedergelassenen Ärzten des jeweiligen Fachgebietes auch ausgeübt werden könne.

4

Hiergegen hat die Beigeladene zu 8. Revision eingelegt. Es bestehe schon keine Konstellation einer offensiven Konkurrentenklage. Das LSG begründe zudem seine Annahme nicht näher, die beschriebene Endoprothetik des Schulter-, Knie- und Hüftgelenks gehöre nicht zum Behandlungsspektrum niedergelassener Chirurgen. § 103 Abs 7 SGB V diene der Sicherung der belegärztlichen Versorgung in Belegkrankenhäusern bzw Belegabteilungen und enthalte keinerlei Vorgaben oder Einschränkungen in Bezug auf das angebotene Leistungsspektrum. Der Kläger sei an der Übernahme der Belegarzttätigkeit bei ihr nicht ernsthaft interessiert und seiner Qualifikation nach zur Ausübung dieser Tätigkeit auch nicht in der Lage. Es sei ihm von Anfang an ausschließlich um eine Blockademöglichkeit gegen die Belegarztzulassung des Beigeladenen zu 1. gegangen. Der Beklagte hat sich dem Vorbringen der Beigeladenen zu 8. angeschlossen. Der Kläger hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

5

Der Kläger hat kurz vor der bereits anberaumten mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und dies damit begründet, dass er (mit Wirkung zum 30.9.2014) auf seine Zulassung als Vertragsarzt verzichtet habe. Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 8. haben sich der Erledigungserklärung angeschlossen. Der Kläger beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten und/oder der Beigeladenen zu 8. aufzuerlegen; die Beigeladene zu 8. beantragt ihrerseits, die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Die Beteiligten sind zum Streitwert angehört worden.

6

II. 1. Nach § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 161 Abs 2 VwGO entscheidet im Falle der Erledigung der Hauptsache das Gericht durch Beschluss nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens. Dabei ist, wie § 161 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO klarstellt, vor allem die bisherige Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen, dh welcher der Beteiligten ohne das zur Erledigung führende Ereignis (hier: der Zulassungsverzicht des Klägers) voraussichtlich obsiegt hätte bzw unterlegen wäre; diese Beurteilung erfolgt nach Maßgabe der für solche Kostenentscheidungen anzuwendenden nur summarischen Überprüfung. Zudem können alle Umstände des Einzelfalls herangezogen werden, wie insbesondere der Anlass für die Klageerhebung und auch der Grund der Erledigung, dh wer infolge des erledigenden Ereignisses faktischer Sieger ist (vgl dazu BSG Beschluss vom 19.12.2008 - B 6 KA 14/07 R - RdNr 4; ebenso BSG SozR 4-1500 § 86a Nr 2 RdNr 7; ebenso BVerfG Beschluss vom 1.10.2009 - 1 BvR 1969/09 - NZS 2010, 384 RdNr 17). Bei alledem ist auf den Zeitpunkt der Erledigung bzw auf die Sach- und Rechtslage unmittelbar vor dem Eintritt des zur Erledigung führenden Ereignisses abzustellen (BSG Beschluss vom 19.12.2008 aaO RdNr 4; BSG SozR 4-1500 § 86a Nr 2 RdNr 7).

7

2. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Fall ergibt, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, da er im Revisionsverfahren voraussichtlich unterlegen wäre:

8

a. Die vom Kläger erhobene Klage war ungeachtet der Bedenken der Beigeladenen zu 8. zulässig. Entscheidungen der Zulassungsgremien über Zulassungen zur Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nach § 103 Abs 7 SGB V können von nicht berücksichtigten Bewerbern aus dem Kreis der bereits zugelassenen Vertragsärzte nicht nach Maßgabe der für sog defensive Konkurrentenklagen geltenden Grundsätze angegriffen werden(aa.). In Betracht kommt allein eine sog offensive Konkurrentenklage, die der Kläger hier zulässig erhoben hat (bb.).

9

aa. Eine allein auf die Abwehr eines zusätzlichen Konkurrenten gerichtete defensive Konkurrentenklage gegen Belegarzt-Sonderzulassungen kommt von vornherein nicht in Betracht, weil die hierfür in ständiger Rechtsprechung des Senat aufgestellten Voraussetzungen (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 22 RdNr 41) nicht erfüllt sind. Es fehlt an dem Erfordernis, dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden "nachrangig" ist. Damit ist nicht das Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen zugelassenen Vertragsärzten und externen Bewerbern bei der Besetzung von Belegarztpositionen (siehe hierzu BSGE 88, 6, 10 = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 41 f)gemeint; vielmehr liegt ein Nachrang im Sinne dieser Rechtsprechung (nur) dann vor, wenn die Erteilung der Berechtigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Leistungserbringer gedeckt ist (stRspr des BSG, vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19, 21; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 22 RdNr 43). Die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligten Leistungserbringer begründet deren "Anfechtungsrecht" (BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 20 - jeweils zur Anfechtung einer Sonderbedarfszulassung durch Vertragsärzte, die selbst wegen eines besonderen Versorgungsbedarfs zugelassen wurden; BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 22 RdNr 45 - zur Anfechtung einer Methodenanerkennung nach § 135 Abs 1 SGB V). Dem steht in Bezug auf die Belegarzt-Sonderzulassung entgegen, dass nicht ein ungedeckter Versorgungsbedarf im Bereich der ambulanten Versorgung Veranlassung dazu gibt, dem ausgewählten Belegarzt eine Zulassung zu erteilen, sondern diese (Sonder-)Zulassung allein deswegen erteilt wird, weil andernfalls die vorgesehene Belegarzttätigkeit in überversorgten Planungsbereichen nicht ausgeübt werden könnte (vgl § 121 Abs 2 SGB V): Den Belegärzten wird eine Zulassung erteilt, obwohl der Versorgungsbedarf gedeckt ist; ein "Bedarf" an der (Sonder-)Zulassung wird allein dadurch ausgelöst, dass ein Krankenhausträger es für sinnvoll hält, eine belegärztliche Tätigkeit auszuschreiben.

10

bb. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 8. war die Klage des Klägers jedoch als offensive Konkurrentenklage zulässig. Bei einer sogenannten offensiven Konkurrentenklage ist eine Konstellation gegeben, in der mehrere Bewerber um die Zuerkennung einer nur einmal zu vergebenden Berechtigung streiten (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 8; BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 16). Ein Anfechtungsrecht bzw eine Klagebefugnis im Sinne von § 54 Abs 1 Satz 2 SGG ist gegeben, wenn der Kläger plausibel geltend machen kann und geltend macht, die Auswahlentscheidung sei zu seinen Lasten fehlerhaft(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 8)bzw er sei als Mitbewerber um eine nur einmal zu vergebende Berechtigung durch die Zulassung eines Konkurrenten in eigenen Rechten verletzt (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 4). Voraussetzung ist daher, dass der Kläger "Mitbewerber" ist (BSGE 88, 6, 12 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 44; siehe hierzu auch BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 19; BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 28).

11

Dies setzt bei einer Belegarzt-Sonderzulassung voraus, dass sich der Arzt auf die Ausschreibung der belegärztlichen Tätigkeit hin beworben hat (oder zumindest unmissverständlich sein Interesse kundgetan hat) und geltend macht, die vom Krankenhaus ausgeschriebene belegärztliche Tätigkeit ausüben zu können sowie nach seiner Beurteilung zu Unrecht übergangen worden zu sein (BSGE 88, 6, 12 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 44 f). Dies ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass eine förmliche Bewerbung ausreichend ist; vielmehr bedarf es zugleich des Willens, die ausgeschriebene Tätigkeit auch auszuüben (vgl BSGE aaO S 11 = SozR aaO S 43: "an einer belegärztlichen Tätigkeit interessierte Ärzte"). Ein solches Interesse (und damit auch die Möglichkeit einer Rechtsverletzung) fehlt, wenn eine Bewerbung allein zu dem Zweck erfolgt, hierdurch eine verfahrensrechtliche Position zu erlangen. Zwar ergibt sich aus dem Vorrang der niedergelassenen Ärzte eine Prüfverpflichtung der Zulassungsgremien in Bezug auf die Besetzung von Belegarztstellen mit Externen; dieser Prüfverpflichtung stehen entsprechende verfahrensrechtliche Positionen der niedergelassenen Ärzte gegenüber (BSGE 88, 6, 11 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 43 f). Dadurch wird den niedergelassenen Ärzten jedoch keine rechtliche Position als "Hüter ihres Vorrangs" eingeräumt, die sie unabhängig von einer Verletzung eigener Rechte im Ausschreibungsverfahren berechtigen würde, Belegarzt-Sonderzulassungen anzugreifen. Vielmehr ist eine für die Drittanfechtung erforderliche eigene schutzfähige Rechtsposition des klagenden Arztes nur dann gegeben, soweit es um die Wahrung seiner Interessen als Mitbewerber geht.

12

Hier liegen diese Voraussetzungen - bei summarischer Betrachtung - vor. Ungeachtet der von der Beigeladenen zu 8. aufgezeigten Umstände, die gewisse Zweifel daran begründen könnten, ob der Kläger ernsthaft an einer belegärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus M. interessiert war, haben diese Zweifel kein solches Gewicht, dass sie - mit Blick auf Art 19 Abs 4 GG - eine Versagung des Rechtsschutzes in Form einer offensiven Konkurrentenklage rechtfertigen könnten.

13

b. Die Revision der Beigeladenen zu 8. wäre jedoch - bei summarischer Betrachtung - deswegen erfolgreich gewesen, weil die Annahme des LSG, es habe bereits an einer ordnungsgemäßen Ausschreibung gefehlt, da kein niedergelassener Arzt die von der Beigeladenen zu 8. ausgeschriebenen Leistungen erbringen könne, dessen Entscheidung nicht trägt.

14

Nach § 103 Abs 7 Satz 1 SGB V haben Krankenhausträger in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, das Angebot zum Abschluss von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen (Satz 2 aaO). Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Abs 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren (Satz 3 aaO). Zweck des § 103 Abs 7 SGB V ist es, die Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit zu fördern und gleichzeitig einen Anstieg der Überversorgung zu verhindern. Um dies zu erreichen, wird das Interesse der im Planungsbereich niedergelassenen Ärzte an der Ausübung auch einer belegärztlichen Tätigkeit mobilisiert. Damit soll verhindert werden, dass das Angebot einer belegärztlichen Tätigkeit zu einer weiteren Steigerung der Überversorgung führt, und weiterhin, dass die belegärztliche Tätigkeit als Durchgangsstation für die Erlangung einer Zulassung missbraucht wird (BSGE 88, 6, 10 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 6 S 42 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 23 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 29 ff, jeweils unter Hinweis auf Ausschussbegründung zu Art 1 Nr 27d des 2. GKV-NOG, BT-Drucks 13/7264 S 67). Die Kontrolle, ob das Verhalten des Krankenhausträgers bei der Zulassung eines externen Bewerbers den Vorgaben des § 103 Abs 7 SGB V entspricht, obliegt den Zulassungsgremien. Diese haben zu prüfen, ob der Krankenhausträger die belegärztliche Tätigkeit ordnungsgemäß ausgeschrieben hat und ob er den sich aus § 103 Abs 7 Satz 2 SGB V ergebenden Anforderungen an das Besetzungsverfahren entsprochen hat, insbesondere, ob sich außer dem externen Bewerber auch im Planungsbereich bereits niedergelassene Vertragsärzte um die Tätigkeit als Belegarzt beworben haben und ob ein Belegarztvertrag mit dem bzw den internen Bewerber(n) aus nachvollziehbaren Gründen nicht zustande gekommen ist(BSG aaO).

15

Das LSG hat zu Unrecht das Anforderungsprofil der Ausschreibung deswegen als rechtswidrig angesehen, weil die ausgeschriebenen Leistungen von keinem niedergelassenen Arzt erfüllt werden könnten. Unerlässliche Voraussetzung der Ausschreibung ist nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 33) ein transparentes, allen Bewerbern gegenüber gleiches Anforderungsprofil der konkreten belegärztlichen Tätigkeiten in qualitativer wie quantitativer Hinsicht sowie die Angabe von Kriterien für die Auswahlentscheidung. Dem würde es nicht entsprechen, wenn die maßgeblichen Kriterien derart speziell wären, dass sie allein von einer bestimmten - nämlich der vom Krankenhausträger favorisierten - Person erfüllt werden könnten. Diese Vorgaben sind nicht allein bei den Verhandlungen mit Bewerbern zu berücksichtigen, sondern ihnen muss bereits die diesen vorausgehende Ausschreibung und das darin beschriebene Anforderungsprofil entsprechen, da das Aufstellen eines Anforderungsprofils bereits eine Maßnahme der Vorauswahl darstellt (BSG aaO).

16

Die Ausschreibung der streitgegenständlichen Belegarztstelle entspricht diesen Vorgaben. Weder ist erkennbar, dass das Anforderungsprofil lediglich von einer einzelnen Person - etwa dem Beigeladenen zu 1. - erfüllt werden könnte, noch dass es im Hinblick auf die niedergelassenen Chirurgen "auf etwas Unmögliches gerichtet" (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 34) war. Nach der Senatsrechtsprechung (aaO) müssen zum einen "die in der Ausschreibung genannten Leistungen qualitätsgesichert auch in einer Belegabteilung eines Krankenhauses erbracht werden können". Dies zielt auf Leistungen, die - namentlich wegen ihrer Schwierigkeit in der Ausführung oder wegen zu erwartender Komplikationen - überhaupt nicht in einer Belegabteilung, sondern nur in entsprechenden Hauptabteilungen der Krankenhäuser erbracht werden können. Zum anderen müssen die in der Ausschreibung umschriebenen Leistungsbereiche die "typischen Operationsfelder ärztlicher, namentlich belegärztlicher Tätigkeit in der jeweiligen Fachgruppe" wiedergeben (BSG aaO RdNr 34). Wie der Satzteil "namentlich belegärztlicher Tätigkeit" verdeutlicht, kann dieser Aussage nichts dafür entnommen werden, dass nur Leistungsbereiche ausgeschrieben werden dürfen, die - im Sinne "typischer" Tätigkeiten - von jedem niedergelassenen Arzt der Fachgruppe erbracht werden können. Dem ist der Senat bereits im Urteil vom 2.9.2009 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 35) entgegengetreten: "Im Übrigen teilt der Senat nicht die Ansicht, das Anforderungsprofil für eine Belegarzttätigkeit müsse stets dem entsprechen, was von niedergelassenen, dem operativen Krankenhausbetrieb seit längerem entwachsenen HNO-Ärzten (noch) geleistet werden kann. Es erscheint nicht von vornherein unzulässig, in ein Anforderungsprofil auch solche Leistungen aufzunehmen, die zwar grundsätzlich belegärztlich, fachlich jedoch allein von noch vor kurzem an einem Krankenhaus operativ tätigen Ärzten mit entsprechender Erfahrung erbracht werden können." Damit hatte der Senat Leistungsbereiche im Blick, in denen sich eine belegärztliche Leistungserbringung erst in jüngerer Zeit durchgesetzt hat.

17

Andererseits dürfen keine Kenntnisse in Bezug auf Operationen verlangt werden, die "typischerweise" nicht belegärztlich erbracht werden. Maßstab ist damit das, was als belegärztliche Leistung im jeweiligen Fachgebiet typisch ist; ob dies auch für die Fachgruppe insgesamt gilt, ist hingegen ohne Bedeutung. "Typisch" sind Leistungen, deren belegärztliche Erbringung grundsätzlich möglich ist und die auch in nennenswerter Zahl belegärztlich erbracht werden. Dass endoprothetische Operationen der Großgelenke hierzu gehören, kann - jedenfalls im Rahmen einer lediglich summarischen Betrachtung - angenommen werden.

18

Zu beachten ist auch, dass die Zulassungsgremien bei Entscheidungen nach § 103 Abs 7 SGB V an die Vorgaben der Krankenhausplanung gebunden sind. Das hat der Senat in einem Urteil entschieden, dass zur Ermächtigung einer psychiatrischen Tagesklinik (§ 118 SGB V) ergangen ist. Wenn eine teilstationäre Einrichtung ein Krankenhaus im Sinne des § 107 Abs 1 SGB V ist, dürfen die Zulassungsgremien die Krankenhauseigenschaft dieser Einrichtung im Rahmen einer Ermächtigung nicht in Frage stellen(BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1, RdNr 24). Dieser Grundsatz gilt auch für die belegärztliche Tätigkeit (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 41 und BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 42 - Bettenzahl; siehe auch BSG SozR 4-2500 § 121 Nr 6 RdNr 24). Wenn die Krankenhausplanung eines Landes eine Krankenhausabteilung mit 22 Betten für Chirurgie als Belegabteilung - auch - mit der Ausrichtung auf die endoprothetische Versorgung ausweist, dürfen die Zulassungsgremien nicht generell in Frage stellen, dass endoprothetische Eingriffe aus medizinisch-fachlicher Sicht auch in belegärztlich geführten Abteilungen angeboten werden dürfen.

19

Auch die Annahme des LSG, dass regelmäßig nur ein klinisch tätiger Krankenhausarzt oder ein bereits als Belegarzt tätiger niedergelassener Chirurg über die geforderte langjährige Operationserfahrung in Endoprothetik der großen Gelenke einschließlich aktueller Kenntnisse hierzu verfüge, nicht jedoch ein schon lange niedergelassener Facharzt für Chirurgie, trägt dessen Entscheidung nicht, weil diese Auffassung mit nicht den vorgenannten Maßstäben in Einklang steht. Dass auch endoprothetische Operationen der Großgelenke belegärztlich - dh stationär vertragsärztlich (siehe § 38 Bundesmantelvertrag Ärzte) - erbracht werden, ist Ausdruck einer Entwicklung, die erst in jüngerer Zeit stattgefunden hat. Damit liegt es auf der Hand, dass zur belegärztlichen Durchführung dieser bislang allein in den Hauptabteilungen von Krankenhäusern durchgeführten Operationen insbesondere nur solche Ärzte geeignet sind, die zuvor in entsprechenden Hauptabteilungen tätig waren. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich nunmehr um "typische" belegärztliche Leistungen im dargestellten Sinne handelt.

20

3. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. im Revisionsverfahren bzw der Beigeladenen zu 2. bis 7. im Berufungsverfahren ist nicht veranlasst; sie haben im Revisions- bzw im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm mit einer entsprechenden Anwendung des § 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

21

Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Seine Bemessung erfolgt in Anlehnung an die Festsetzung der Vorinstanz, berücksichtigt jedoch das zum Zeitpunkt der Einlegung der Revision aktuell ermittelbare durchschnittliche Honorar der Fachärzte für Chirurgie (vgl Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland 2011: 219 200 Euro je Arzt).

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der Landesausschuß hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen.

(2) Stellt der Landesausschuß fest, daß eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Zulassungsbeschränkungen anzuordnen.

(3) Der Landesausschuß hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuß mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 7. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Streitig ist das Begehren auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Die Beigeladene zu 1., approbierte Psychologische Psychotherapeutin (PP) (Approbation vom 15.6.2006), hat den Fachkundenachweis für Verhaltenstherapie (vom 6.5.2006) und den Weiterbildungsnachweis über die Zusatzqualifikation für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen (vom 17.10.2006) sowie eine Abrechnungsgenehmigung für Verhaltenstherapie als Einzelbehandlung bei Kindern und Jugendlichen in der vertragspsychotherapeutischen Versorgung (vom 5.7.2007). Sie ist im Arztregister eingetragen (Eintragung am 28.8.2006).

3

Sie nimmt seit dem 20.7.2007 auf der Grundlage von Ermächtigungen an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung in G. teil und behandelt ausschließlich Kinder und Jugendliche. Die erste Ermächtigung zu solchen Behandlungen erteilte ihr der beklagte Berufungsausschuss durch Beschluss vom 20.6.2007; die weiteren Ermächtigungen erteilte ihr der Zulassungsausschuss, zunächst für die Zeit ab dem 1.7.2009 und später erneut für die Zeit ab dem 1.7.2011, befristet bis zum 30.6.2013 (vgl hierzu Journal Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern 05/2011 S 14).

4

Im Dezember 2008 beantragte die Beigeladene zu 1., ihr für die psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen künftig statt einer bloßen Ermächtigung eine Zulassung wegen Sonderbedarfs zu erteilen. Sie berief sich dafür auf die zum 1.1.2009 in Kraft tretende Neuregelung zur psychotherapeutischen Versorgung in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V iVm mit der am 22.12.2007 in Kraft getretenen Änderung des § 24 Buchst b der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung(Bedarfsplanungs-Richtlinie mit Änderung des § 24 Buchst b durch Einfügung eines Satz 3).

5

Diesen Antrag lehnte der Zulassungsausschuss ab (Beschluss vom 4.3.2009): Zwar bestehe der für eine Sonderbedarfszulassung erforderliche Versorgungsbedarf, aber in § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL sei eine Sonderbedarfszulassung nur für Psychotherapeuten mit der Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (KJP) vorgesehen. Für den Bereich der Sonderbedarfszulassung gebe es - anders als in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V - keine Regelung über die Gleichstellung solcher PP, die wie die Beigeladene zu 1. über eine Abrechnungsgenehmigung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie verfügten und ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuten.

6

Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. ließ der beklagte Berufungsausschuss - unter Änderung des Beschlusses des Zulassungsausschusses - die Beigeladene zu 1. "ab 1.7.2009 zur ausschließlichen psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen für G. nach § 24 Buchst b Bedarfsplanungs-Richtlinien zu"(Beschluss vom 15.7.2009/Bescheid vom 31.8.2009): Der Gesetzgeber habe durch seine Neuregelung in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V klargestellt, dass es nicht mehr auf den Status PP oder KJP ankomme, sondern nur - Halbsatz 1 - auf die überwiegende oder ausschließliche psychotherapeutische Tätigkeit bzw - Halbsatz 2 - auf die ausschließliche psychotherapeutische Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Dies sei auch im Rahmen des § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL zu beachten. Die Beigeladene zu 1. erfülle auch die weitere Voraussetzung eines Bedarfs im Umfang einer vollen Zulassung.

7

Das SG hat die hiergegen von der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 7.9.2011): Zwar habe der Landesausschuss Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung für Psychotherapeuten im Planungsbereich G. angeordnet, und eine Zulassung gemäß der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V - Vorbehalt von mindestens 20 % der allgemeinen Verhältniszahl für solche Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen - scheitere daran, dass diese Quote bereits ausgeschöpft sei. Die Beigeladene zu 1. habe aber Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Der Versorgungsbedarf sei im Bereich psychotherapeutischer Behandlungen von Kindern und Jugendlichen nicht gedeckt. Der Anwendung des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL stehe nicht entgegen, dass dieser Tatbestand nur Leistungserbringer mit der Berufsbezeichnung KJP nenne. Allerdings habe der G-BA bei der Einführung dieses Satzes ausweislich seiner "tragenden Gründe" die PP mit einer Abrechnungsgenehmigung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie gerade nicht einbeziehen wollen. Indessen könne dies so nicht mehr akzeptiert werden. § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V sei zum 1.1.2009 dahin geändert worden, dass zur Deckung des Bedarfs in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen nicht nur KJP geeignet seien, sondern alle Leistungserbringer mit der Qualifikation, ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch zu betreuen. Diese Wertung im Bereich der gesetzlichen Regelungen zur Bedarfsplanung und Versorgungssicherstellung sei auch im Rahmen des § 24 Buchst b BedarfsplRL zugrunde gelegt worden; andernfalls ergäbe sich ein Wertungswiderspruch. Auch die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung an die Beigeladene zu 1. wie das Vorliegen einer Versorgungslücke im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Praxis seien erfüllt.

8

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die klagende KÄV geltend, eine Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL setze die Berufsbezeichnung "KJP" voraus. Dem könne der Inhaber der Berufsbezeichnung "PP" mit einer Abrechnungsgenehmigung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nicht gleich erachtet werden. Dafür könne nicht die Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V herangezogen werden. Hieraus ergäben sich neue Vorgaben nur für "normale" Zulassungen; diese Bestimmung umsetzend sei nur § 5 Abs 6a BedarfsplRL neu gefasst worden. Die für Sonderbedarfszulassungen maßgebliche Regelung des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL sei unverändert belassen worden. Im Übrigen unterschieden sich die Anforderungen an die Qualifikation als KJP von den Anforderungen an die Qualifikation als PP mit einer Abrechnungsgenehmigung für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Ebenso wenig könnten zB im Bereich der Inneren Medizin Internisten mit einer bloßen Abrechnungsgenehmigung für einen speziellen Bereich dem Internisten mit entsprechendem Schwerpunkt gleich erachtet werden. Für den Leistungserbringer mit bloßer Abrechnungsgenehmigung reiche eine Ermächtigung aus, durch die der Versorgungsbedarf ergänzend gedeckt werde.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 7.9.2011 und den Bescheid des Beklagten vom 31.8.2009 aufzuheben sowie den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 4.3.2009 zurückzuweisen.

10

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie verteidigen das Urteil des SG. Die Approbation als PP sei umfassend und berechtige zur psychotherapeutischen Behandlung von Menschen jeden Alters. Ein PP sei grundsätzlich als besser qualifiziert anzusehen als ein KJP. Daher müsse jede Behandlung, die einem KJP erlaubt sei, berufsrechtlich auch einem PP erlaubt sein. Habe der PP noch zusätzlich eine Abrechnungsgenehmigung für Leistungen der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, so müsse er erst recht mit dem KJP gleich erachtet und als umfassend behandlungsbefugt angesehen werden. Es wäre widersprüchlich, einen PP mit der Abrechnungsgenehmigung für die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zwar für eine "normale" Zulassung im Rahmen der sog Kontingentregelung, nicht jedoch für eine Sonderbedarfszulassung als geeignet anzusehen.

12

Die Beigeladenen zu 2. bis 7. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Beklagte und das SG haben zu Recht entschieden, dass die Beigeladene zu 1. Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung hat.

14

1. In dem Planungsbereich, für den die Beigeladene zu 1. ihre Zulassung begehrt, bestehen für die Fachgruppe der Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind - wie vorinstanzlich festgestellt - vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(s dazu den vom SG zugrunde gelegten Beschluss des Landesausschusses vom 6.4.2011, Journal KVMV 05/2011 S 10 f; ebenso übrigens sowohl die früheren - seit dem Antrag der Beigeladenen zu 1. vom Dezember 2008 ergangenen - als auch die späteren Beschlüsse des Landesausschusses: s Journal KVMV 05/2008 S 18 f; 08/2008 S 16 f; 12/2008 S 12 f; 05/2009 S 18 f; 11/2009 S 12 f; 04/2010 S 8 f; 12/2010 S 14 f; 02/2011 S 8 f; 10/2011 S 14 f; 3/2012 S 14 f; 08/2012 S 14 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04> und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 11; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 14). Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen auch nicht in Frage gestellt.

15

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten und/oder Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, können die betroffenen Ärzte und Psychotherapeuten dennoch ausnahmsweise zugelassen werden, wenn nämlich einer der Tatbestände des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5, Abs 4 oder des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 2 und 3 und Abs 7 SGB V erfüllt ist. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten sichergestellt bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber in weitem Umfang gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zuletzt BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14 mwN; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 35). Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und G-BA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz festgestellter Überversorgung eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18 ff; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12 ff; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 30 ff).

16

Über diese Möglichkeiten hinaus bestehen speziell für psychotherapeutisch tätige Ärzte und für Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, gemäß § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V weitere zusätzliche Chancen auf eine Zulassung. Für diese Leistungserbringer sind Quoten für eine privilegierte Zulassung festgelegt, und zwar von 25 % für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und von 20 % für Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen: solange diese Quoten der Gesamtbedarfszahl an Psychotherapeuten nicht erreicht sind, können psychotherapeutisch tätige Ärzte sowie kinder- und jugendlichenpsychotherapeutisch tätige Leistungserbringer ungeachtet ansonsten bestehender Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung erlangen.

17

2. Diese Quotenregelungen des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V können das Verlangen der Beigeladenen zu 1. nach Zulassung allerdings nicht stützen. Diese Quoten waren in der gesamten Zeit seit ihrem Zulassungsantrag - und sind dies noch heute - bereits ausgeschöpft, wie sich aus den im Journal KVMV aaO wiedergegebenen Festsetzungen des Landesausschusses ergibt (vgl oben RdNr 14) und auch im vorinstanzlichen Urteil festgestellt ist.

18

3. Von den anderen Tatbeständen für ausnahmsweise Zulassungen in einem Bereich mit Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung (oben RdNr 15) kommt im vorliegenden Fall allein eine Zulassung wegen besonderen Versorgungsbedarfs gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL in Betracht(Einfügung eines Satzes 3 in § 24 Buchst b mit Inkrafttreten am 22.12.2007 ; ab 19.6.2010 dann Satz 4 : "Die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut ist dabei einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt."). Zulassungen nach Buchst a, c, d, e oder f stehen, wie ohne Weiteres erkennbar ist, nicht in Frage.

19

a) Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu - betr Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN; vgl auch zuletzt zB BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 16). Einer Schwerpunktbezeichnung steht, wie in der RL-Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL ausdrücklich geregelt ist, die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut gleich.

20

Diese Berufsbezeichnung führt die Beigeladene zu 1. allerdings nicht. Sie ist nicht als KJP approbiert, sondern als PP. Sie hat aber die Zusatzqualifikation für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen sowie eine dementsprechende Abrechnungsgenehmigung und führt ausschließlich psychotherapeutische Behandlungen an Kindern und Jugendlichen durch. Die Frage, ob dies für den Tatbestand des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL ausreicht, wurde vom Zulassungsausschuss verneint. Das ist hingegen vom Berufungsausschuss und vom SG bejaht worden, in Anlehnung an § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V, dessen Neufassung zum 1.1.2009 die Qualifikation zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie allen zuerkannt hat, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Dem folgt der Senat.

21

Für die Ansicht des Zulassungsausschusses spricht freilich der Wortlaut der Regelung des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL. Hier sind für eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nur solche Psychotherapeuten genannt, die als KJP approbiert sind und dadurch diese Berufsbezeichnung führen. Diese Beschränkung hatte der G-BA auch bewusst so vorgenommen, wie die von ihm bei Schaffung der Regelung formulierten "tragenden Gründe" erkennen lassen (recherchierbar unter www.g-ba.de mit Hilfe der weiteren Stichworte "Richtlinien" "Bedarfsplanungs-Richtlinie" "Beschlüsse" "Beschlussdatum 13.09.2007" "Tragende Gründe zum Beschluss", dort S 3 f unter 4.b).

22

Dieser sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte ergebenden Deutung des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL kann indessen seit der Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-OrgWG vom 15.12.2008, BGBl I 2426) nicht mehr gefolgt werden. Mit der Inkraftsetzung der Neufassung jener Bestimmung zum 1.1.2009 hat der Gesetzgeber die Wertung erkennen lassen, dass er auch einen PP, der ausschließlich Kinder- und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Zulassung zur Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie als geeignet ansieht. Dies kann nicht nur beschränkt auf den Bereich von Zulassungen aufgrund der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V gelten. Diese Wertung muss vielmehr ebenso im Bereich von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL Anwendung finden; dies ist zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und zugleich zur Vermeidung einer Regelungslücke erforderlich.

23

Grund für die Wertung, die sich aus § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V ergibt, nämlich dass auch ein PP, der ausschließlich Kinder- und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Zulassung zur Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie geeignet ist, ist der Befund, dass dringlicher Bedarf für die Zulassung einer größeren Zahl an ausgewiesenen Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen besteht(vgl das Gesetzgebungsverfahren zum GKV-OrgWG: BT-Drucks 16/10070 S 3: "Zugang zu frühzeitigen Therapien … dringend erforderlich … lange Wartezeiten … dringend verbesserungsbedürftig"). Damit dieser Bedarf möglichst effektiv gedeckt werden kann, erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit privilegierter Zulassung im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V; er erstreckte sie über die KJP hinaus auf weitere psychotherapeutische Leistungserbringer, die er als Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ansieht: auf alle diejenigen - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen -, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen (vgl BT-Drucks 16/9559 S 18). Damit wollte er dem dringlichen Versorgungsbedarf gerade auch in Regionen, die eher als weniger attraktiv für Niederlassungen angesehen werden - zB im ländlichen Raum -, abhelfen (vgl BT-Drucks 16/10070 S 15).

24

Diese Konzeption hat der Gesetzgeber allerdings explizit nur im Rahmen der Zulassungsquoten gemäß § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V realisiert. Ebenso gelagert ist aber die Konstellation, wenn der Versorgungsbedarf im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie nach Ausschöpfung der Quote immer noch nicht gedeckt ist und daher noch weiterer Versorgungsbedarf besteht: Für diesen Fall drängt es sich auf, bei den weiteren Leistungserbringern, die über die Quotenregelung hinaus im Wege einer Sonderbedarfszulassung zugelassen werden (wollen), dieselben Qualifikationsmaßstäbe anzulegen, also auch hier alle Leistungserbringer, die - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, als geeignet zur Deckung des Versorgungsbedarfs anzusehen.

25

Da weder der Gesetzgeber noch der G-BA ausdrücklich die Wertung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V auf die Regelung für Sonderbedarfszulassungen in § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL übertragen haben, ist eine Diskrepanz zwischen der Zulassungsregelung in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V und derjenigen in § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL entstanden; verglichen mit der erweiternden Gesetzesregelung in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V ist der Wortlaut des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL enger. Die Frage, ob die Erweiterung auf alle Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, auch für die Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL gelten soll, ist nicht geregelt worden. Gesetzgeber und G-BA haben vielmehr insoweit eine Regelungslücke hinterlassen.

26

b) Diese Regelungslücke ist durch Analogie zu schließen. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Analogie sind gegeben; es liegt keine abschließende Regelung vor, vielmehr besteht - wie vorstehende Ausführungen gezeigt haben - eine planwidrige Regelungslücke; für die Zulässigkeit einer Analogie muss zusätzlich eine Gleichartigkeit der zu regelnden Sachverhalte gegeben sein (zu diesen Voraussetzungen vgl zB BVerfGE 116, 69, 83, 84 und BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 12/10 R - SozR 4-5520 § 24 Nr 6 RdNr 18 mwN; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 19). Auch diese Voraussetzung ist erfüllt: Eine Gleichartigkeit der Sachverhalte, die in § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL und in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V geregelt sind, ist gegeben. Beide Bestimmungen ermöglichen den für Kinder und Jugendliche qualifizierten Psychotherapeuten weitere Zulassungen in Bereichen mit Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL regelt dies im Sinne der klassischen ergänzenden Zulassung wegen besonderen Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V ermöglicht weitere Zulassungen im Rahmen einer besonderen Quote zur Erhöhung der Zahl an Leistungserbringern zur psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen. Beide Regelungen räumen mithin den für Kinder und Jugendliche qualifizierten Psychotherapeuten weitere Möglichkeiten der Zulassung ein. Ein Argument dafür, dass im Rahmen dieser Zulassungstatbestände unterschiedliche Qualifikationserfordernisse sachgerecht sein könnten, ist nicht erkennbar. Daher spricht nichts dagegen, die vom Gesetzgeber im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V getroffene Bestimmung, dass sowohl KJP als auch die sonstigen Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, zu ihrer psychotherapeutischen Versorgung geeignet sind, - in analoger Anwendung - auch im Rahmen der untergesetzlichen Vorschrift des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL gelten zu lassen(im Ergebnis ebenso LSG Baden-Württemberg vom 2.12.2010 - L 5 KA 3093/10 ER-B - Juris RdNr 68 am Ende).

27

Die vom Gesetzgeber in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgenommene Gleichstellung der Leistungserbringer, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, mit den KJP unterliegt auch unter Qualifikationsgesichtspunkten keinen rechtlichen Bedenken. Der G-BA hat diese Gleichstellung durch die Regelung des § 5 Abs 6a BedarfsplRL dahingehend konkretisiert, dass es sich entweder um KJP handeln muss oder um solche "Leistungserbringer, deren psychotherapeutische Leistungen, die an Kindern und Jugendlichen erbracht werden, an ihren Gesamtleistungen den Anteil von 90 vom Hundert erreichen bzw überschreiten. Als psychotherapeutische Leistungen für Kinder und Jugendliche zählen die Leistungen des Kapitels 35 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs … mit Ausnahme der Gebührenordnungspositionen 35100 und 35110, die an Kindern und Jugendlichen (bis 21 Jahre) erbracht werden. Der Leistungsanteil der an Kindern und Jugendlichen psychotherapeutisch erbrachten Leistungen wird als Anteil der Punktzahlen dieser Leistungen an den Gesamtpunktzahlen des Leistungserbringers ermittelt" (so § 5 Abs 6a BedarfsplRL idF vom 18.6.2009, in Kraft getreten am 18.11.2009, BAnz Nr 173 S 3898 vom 17.11.2009 = DÄ 2009, A 2526). Die so konkretisierte Umschreibung der Leistungserbringer, die im Sinne des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, bietet eine ausreichende Gewähr für eine qualifizierte psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen, sodass deren Gleichstellung mit den KJP nicht zu beanstanden ist. Dabei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass die psychotherapeutischen Behandler von Kindern und Jugendlichen, die nicht die Berufsbezeichnung KJP führen, entweder psychotherapeutisch qualifizierte Ärzte oder PP sind - diese dürfen Erwachsene und bei Vorliegen einer dementsprechenden Abrechnungsgenehmigung im Sinne der §§ 2 ff iVm § 5 Abs 4, § 6 Abs 4 der Psychotherapie-Vereinbarung (jeweils Anlage 1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte und zum Ersatzkassenvertrag-Ärzte) auch Kinder und Jugendliche behandeln -; diese haben als Grundqualifikation ein Hochschulstudium der Psychologie absolviert, während für einen KJP als Grundqualifikation ein Studiengang der Pädagogik oder der Sozialpädagogik oder ein gleichwertiges anderes Hochschulstudium ausreicht (§ 5 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16.6.1998, BGBl I 1311). Andererseits werden die Leistungserbringer, die - ohne die Berufsbezeichnung KJP zu führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, möglicherweise keine ebenso intensive weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben wie KJP (hierzu s § 5 Abs 1 iVm § 6 Abs 1 PsychThG). Wegen der höherwertigen Grundqualifikation der Ärzte und PP, die zudem zu 90 % psychotherapeutische Leistungen für Kinder und Jugendliche erbringen müssen (vgl § 5 Abs 6a BedarfsplRL), ist die Gleichstellung in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V iVm § 5 Abs 6a BedarfsplRL aber nicht zu beanstanden.

28

Ist nach alledem also die in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V geregelte und in § 5 Abs 6a BedarfsplRL konkretisierte Gleichstellung zum einen rechtlich unbedenklich und besteht zum anderen kein Sachgrund, dies nicht auch bei Zulassungen im Rahmen des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL gelten zu lassen, so ist die Gleichstellung analog auch im Rahmen des § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL anzuwenden. Gegenüber dieser Analogie greift nicht der Einwand durch, dass darin eine Veränderung der BedarfsplRL liege, die dem Normgeber selbst vorbehalten sei: Die Ausfüllung einer Regelungslücke in einer untergesetzlichen Rechtsnorm durch Analogie, die aus einer gleichsinnig wirkenden, aber höherrangigen und später in Kraft getretenen Gesetzesvorschrift entlehnt wird, stellt einen nur geringfügigen Eingriff nach Art einer gesetzeskonformen Auslegung - mit der Wirkung nur punktueller Modifizierung des Regelungskonzepts des untergesetzlichen Normgebers - dar. Dies ist kein Eingriff, der den Gerichten verwehrt und dem Normgeber vorbehalten ist.

29

c) Demnach haben der Beklagte und das SG zu Recht den Anspruch der Beigeladenen zu 1. auf eine Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BedarfsplRL bejaht: Die Beigeladene zu 1. hat den Status PP; sie hat überdies die Zusatzqualifikation für Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen. Sie erbringt ausschließlich - bisher aufgrund der ihr erteilten entsprechenden Ermächtigung - psychotherapeutische Leistungen für Kinder und Jugendliche, wie auch der Beklagte in seinem Bescheid vom 31.8.2009 und ebenso das SG im angefochtenen Urteil festgestellt haben. Auch das weitere Erfordernis für eine Sonderbedarfszulassung, nämlich, dass ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne einer Versorgungslücke gegeben ist, ist erfüllt. Das SG hat hierzu festgestellt, dass insoweit eine dauerhafte Versorgungslücke vorliegt, was im Übrigen auch keiner der Beteiligten in Frage gestellt hat, und auch ausdrücklich hervorgehoben, dass eine Versorgungslücke im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Praxis gegeben ist (vgl zu diesem Erfordernis BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 21 mwN). Da die Beigeladene zu 1. auch einen vollen Versorgungsauftrag wird wahrnehmen können; haben der Beklagte und das SG zu Recht einen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags bejaht.

30

Der Vollständigkeit und der Klarstellung halber - auch wegen der insoweit missverständlichen Ausführungen im Bescheid des Beklagten vom 31.8.2009 (S 4) - ist darauf hinzuweisen, dass für eine Sonderbedarfszulassung nicht nur Leistungserbringer mit vollem Versorgungsauftrag, sondern an sich auch solche mit nur hälftigem in Betracht kommen (vgl im Einzelnen BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 24 iVm 40).

31

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 2 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Die Klägerin trägt die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Beigeladener ist nur hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. veranlasst; nur diese hat im Revisionsverfahren einen Sachantrag gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Hält ein Leistungserbringer seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht ein, ist die vereinbarte Vergütung für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien Einvernehmen herzustellen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle. Für das Verfahren bei Entscheidungen durch die Schiedsstelle gilt § 126 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(2) Der Kürzungsbetrag ist an den Träger der Eingliederungshilfe bis zu der Höhe zurückzuzahlen, in der die Leistung vom Träger der Eingliederungshilfe erbracht worden ist und im Übrigen an die Leistungsberechtigten zurückzuzahlen.

(3) Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen refinanziert werden. Darüber hinaus besteht hinsichtlich des Kürzungsbetrags kein Anspruch auf Nachverhandlung gemäß § 127 Absatz 3.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.