Bundessozialgericht Urteil, 27. Juni 2018 - B 6 KA 33/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:270618UB6KA3317R0
27.06.2018

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. August 2016 und des Sozialgerichts Gotha vom 13. Mai 2015 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. August 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens in allen Rechtszügen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Besetzung eines Vertragsarztsitzes für das Fachgebiet der Orthopädie.

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Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen stellte im Januar 2011 fest, dass im Planungsbereich Jena in der Arztgruppe der Orthopäden eine Überversorgung nicht mehr besteht. Mit Beschluss vom 26.1.2011 öffnete er den bislang gesperrten Planungsbereich ua für eine Zulassung auf dem Gebiet der Orthopädie. Daraufhin wurde im Thüringer Ärzteblatt der Vertragsarztsitz ausgeschrieben. Es bewarben sich ua der Kläger und die Beigeladene zu 8.

3

Der 1961 geborene Kläger ist seit 1987 approbiert. Seit 1995 ist er Facharzt für Chirurgie und seit September 2005 besitzt er die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie". Er war bis 2005 Arzt an der chirurgischen Klinik der F. und von Januar 2006 bis März 2009 halbtags als Weiterbildungsassistent für Handchirurgie in der Praxis des Dr. S. beschäftigt. Seit April 2009 war er dort als angestellter Arzt gemeinsam im Jobsharing mit Dr. S. tätig. In die Warteliste für das Fachgebiet Orthopädie ist er seit September 2005 eingetragen. Bereits zuvor hatte er sich um eine Niederlassung im Fachgebiet Chirurgie bemüht.

4

Die 1966 geborene Beigeladene zu 8. wurde im März 1994 approbiert. Sie schloss ihre Weiter-bildung als Fachärztin für Orthopädie im Juni 1999 ab. Sie war bis April 2008 als Stationsärztin am R. tätig. Danach arbeitete sie als in Teilzeit angestellte Ärztin in der orthopädischen Praxis Dr. W. in B. Zusätzlich war sie als angestellte Ärztin in anderen Einrichtungen tätig. Seit November 2007 ist sie in der Warteliste eingetragen.

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Der Zulassungsausschuss (ZA) ließ mit Beschluss vom 19.4.2011, ausgefertigt am 18.5.2011, einen weiteren Bewerber (Dr. W.) zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und lehnte die Anträge auf Zulassung des Klägers und der Beigeladenen zu 8. ab. Sowohl der Kläger wie auch die Beigeladene zu 8. legten gegen die Entscheidung Widerspruch ein.

6

Daraufhin hob der Beklagte den Bescheid des ZA mit Beschluss vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.9.2011 auf, ließ den Kläger zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und ordnete die sofortige Vollziehung an. Den Widerspruch der Beigeladenen zu 8. wies er zurück. Der Kläger war daraufhin bis Ende des Jahres 2014 als Orthopäde in eigener Praxis tätig und rechnete die Behandlung gesetzlich Versicherter gegenüber der zu 7. beigeladenen KÄV ab.

7

Das Sozialgericht (SG) Gotha wies die Klage der Beigeladenen zu 8. ab (Urteil vom 11.1.2012 - S 7 KA 7221/11). Auf deren Berufung hob das Thüringer Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 5.12.2013 (Az L 11 KA 608/12) das Urteil des SG Gotha sowie die Entscheidung des Beklagten zur Zulassung des Klägers auf und verurteilte den Beklagten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 8. (Klägerin des damaligen Verfahrens) erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Unter anderem sei die besondere Gewichtung des Approbationsalters und der längeren fachärztlichen Tätigkeit des Klägers fehlerhaft gewesen, weil beide Ärzte länger als fünf Jahre fachärztlich tätig gewesen seien. Das von dem Beklagten bei seiner Entscheidung berücksichtigte Votum der Ärzteschaft vor Ort lasse objektive Kriterien vermissen. Die von dem Kläger (Beigeladener zu 8. des damaligen Verfahrens) und dem Beklagten gegen das Urteil des LSG eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat mit Beschluss vom 2.7.2014 (Az B 6 KA 15/14 B), zugestellt am 28.7.2014, zurückgewiesen.

8

Daraufhin holte der Beklagte Auskünfte bei der Landesärztekammer Thüringen zu der Frage ein, ob der Kläger die Voraussetzungen der ihm erteilten Anerkennung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie auch tatsächlich erfüllt habe. Ferner befragte er die KÄV ua zum Spektrum der bisher vom Kläger und der Beigeladenen zu 8. erbrachten Leistungen und gab dem Kläger und der Beigeladenen zu 8. Gelegenheit darzulegen, wie sie die zu besetzende Stelle wahrzunehmen gedenken und auf welche beruflichen Vorerfahrungen diese Annahmen gestützt würden.

9

Mit Beschluss vom 5.11.2014/Bescheid vom 21.1.2015 hob der Beklagte die Zulassung des Klägers zum 31.12.2014 auf, ließ die Beigeladene zu 8. mit Wirkung zum 1.1.2015 zur vertragsärztlichen Versorgung zu und ordnete die sofortige Vollziehung an. In dem anschließenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das LSG die aufschiebende Wirkung der gegen den Beschluss des Beklagten erhobenen Klage wiederhergestellt (Beschluss vom 12.2.2015, Az L 11 KA 1626/14 B ER).

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Die Entscheidung des Beklagten zur Zulassung der Beigeladenen zu 8. hat das SG Gotha mit Urteil vom 13.5.2015 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, eine erneute Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Der Beschluss sei rechtswidrig, weil dieser rechtskräftige und die Beteiligten bindende gerichtliche Maßgaben für die Neubescheidung nicht berücksichtige. Zudem habe der Beklagte seine Entscheidung auf der Grundlage eines unvollständig ermittelten Sachverhalts getroffen oder, soweit entsprechende Ermittlungen angestellt worden sein sollten, habe er diese weder im angefochtenen Beschluss dargelegt noch in die Verwaltungsakten aufgenommen. Überdies habe er wesentliche entscheidungsrelevante Gesichtspunkte bei der Entscheidung nicht berücksichtigt bzw diese nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.

11

Das LSG hat die Berufung des Beklagten unter Bezugnahme auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils, jedoch mit weiteren, von der Entscheidung des SG teilweise abweichenden Maßgaben zurückgewiesen. Danach habe der Beklagte bei der Neubescheidung ua davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Klägers in eigener Praxis nach der Zulassungsentscheidung des Beklagten vom 10.8.2011 (Bescheid vom 21.9.2011) für die Auswahlentscheidung nicht maßgebend sei (Nr 2 der Entscheidungsgründe des LSG). Ferner bedürfe die Frage, ob das bisherige Verhalten der Beigeladenen zu 8. unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes kritisch zu sehen sei, im Rahmen des hier streitigen Zulassungsverfahrens keiner Erörterung (Nr 5 der Entscheidungsgründe des LSG).

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Gegen das Urteil des LSG wenden sich der Beklagte und der Kläger mit ihren Revisionen.

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Der Beklagte trägt vor, dass das LSG den ihm zustehenden Ermessensspielraum unzulässig beschränkt habe. Er habe den Sachverhalt in Bezug auf beide Bewerber und die gemäß § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie(in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung, BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, im Folgenden: BedarfsplRL 2007) zu berücksichtigenden Kriterien vollständig und richtig ermittelt. Danach bestünden zwischen den beiden Bewerbern keine relevanten Unterschiede bezogen auf das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung. Die um 26 Monate längere Dauer der Eintragung in die Warteliste der Orthopäden sei jedenfalls im Hinblick auf die Gesamtdauer der Wartezeit nicht als maßgebliches Auswahlkriterium zu Gunsten des Klägers gewertet worden. Vor diesem Hintergrund habe er sich bei seiner Ermessensentscheidung mit Versorgungsgesichtspunkten auseinandergesetzt. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass der zusätzliche Sitz in Jena als Folge der Aufnahme des sog Demografiefaktors in die BedarfsplRL frei geworden sei. Da weder der Kläger noch die Beigeladene zu 8. über die in § 8a Abs 9 BedarfsplRL 2007(idF des Beschlusses des GBA vom 15.7.2010, BAnz Nr 180 S 3954) angesprochene gerontologische oder geriatrische Qualifikation verfügten, sei im Rahmen des Auswahlermessens berücksichtigt worden, welcher Bewerber über solche Fachgebietsschwerpunkte oder Zusatzqualifikationen verfüge, die jedenfalls in der Behandlung älterer Patienten häufiger Anwendung fänden. Unter dieser Prämisse sei der Ausschuss zu der Auffassung gelangt, dass der Behandlungsbedarf bei älteren Patienten erfahrungsgemäß im Schwerpunkt durch altersbedingte Beschwerden des Haltungs- und Bewegungsapparates bedingt sei. Hierfür würden soweit wie möglich konservative, dh nicht operative Behandlungsmethoden eingesetzt. Dafür sei die Beigeladene zu 8., die in ihrer gesamten bisherigen Tätigkeit einen eher konservativen orthopädischen Schwerpunkt gehabt habe und die über die Zusatzqualifikationen in den Bereichen physikalische Therapie, Balneologie, Spinalnerven-Analgesien und Akupunktur verfüge, besser als der Kläger geeignet. Bei dem Kläger dominiere die konservative Tätigkeit erst seit seiner Zulassung in eigener vertragsärztlicher Praxis im August 2011.

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Der Beklagte und die Beigeladene zu 8., die sich der Auffassung des Beklagten anschließt und ergänzend auf ihr Vorbringen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (Az B 6 KA 9/17 B) verweist, beantragen,

1.das Urteil des Thüringer LSG vom 25.8.2016 und das Urteil des SG Gotha vom 13.5.2015 aufzuheben und die Klagen abzuweisen,2.die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Der Kläger beantragt,

1.die Revision des Beklagten zurückzuweisen,2.das Urteil des Thüringer LSG vom 25.8.2016 insoweit zu ändern, als die Maßgaben nach Ziffern 2 und 5 der Entscheidungsgründe aufgehoben werden; der Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine erneute Auswahlentscheidung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 8. zu treffen.
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Zur Begründung seines Antrags, die Revision des Beklagten zurückzuweisen, trägt der Kläger vor: Das LSG habe den Bescheid des Beklagten zutreffend als rechtswidrig angesehen. Der Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 8. liege weder eine vollständige und richtige Ermittlung des Sachverhalts zugrunde noch habe der Beklagte sein Ermessen rechtmäßig ausgeübt. Die Behauptung des Beklagten im Revisionsverfahren, er habe die Inanspruchnahme orthopädischer Leistungen im Planungsbereich nach Altersgruppen getrennt erhoben und gewürdigt, treffe nicht zu. Jedenfalls sei weder dem Protokoll der Sitzung vom 5.11.2014 noch der Begründung des Bescheides eine entsprechende Datenerhebung und Auswertung zu entnehmen. Bezogen auf die Dauer der Wartezeit habe der Beklagte den Sachverhalt zu seinem - des Klägers - Nachteil verkürzt dargestellt und nicht berücksichtigt, dass er als Facharzt für Chirurgie bereits seit dem 12.6.1995 auf der Warteliste stehe. Als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie habe er sich noch am Tag seiner Prüfung am 27.9.2005 in die Warteliste eintragen lassen. Er habe nicht erst im Jahr 2005, sondern spätestens mit Erwerb der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie am 25.5.1998 zum Ausdruck gebracht, sich als Chirurg mit Schwerpunkt Unfallchirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie niederlassen zu wollen. Damit verfüge er über eine über zehn Jahre längere einschlägige Wartezeit als die Beigeladene zu 8. Soweit der Beklagte geltend mache, er habe sich bei seiner Auswahlentscheidung auf die in § 35 Abs 5 S 1 Nr 1 bis 6 BedarfsplRL 2012 genannten Kriterien (regionale Demografie, regionale Morbidität, sozioökonomische Faktoren, Versorgungsstrukturen, räumliche Faktoren, infrastrukturelle Besonderheiten) zum lokalen Versorgungsbedarf bei der Sonderbedarfszulassung gestützt, sei festzustellen, dass er sich in der Begründung des Bescheides mit keinem der genannten Faktoren inhaltlich befasst habe. Vielmehr habe der Beklagte den Bedarf für konservative orthopädische Leistungen aus der Einführung des Demografiefaktors abgeleitet. Dabei habe er übersehen, dass durch Einführung des Demografiefaktors nicht einem "generell gestiegenen Bedarf an der Behandlung älterer Patienten", sondern (erstmals) dem höheren Lebensalter älterer Versicherter in der vertragsärztlichen Bedarfsplanung Rechnung getragen worden sei. Außerdem könne aus dem höheren Leistungsbedarf der über 60-jährigen Versicherten nicht geschlossen werden, dass dieser überwiegend im Bereich der konservativen Orthopädie bestehe. Vielmehr sei wahrscheinlich, dass dies zumindest auch signifikant für operative Leistungen bzw entsprechende Vor- und Nachbehandlungen gelte.

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Der Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass er - der Kläger - aufgrund der ihm mit Bescheid vom 21.9.2011 erteilten Zulassung schwerpunktmäßig konservativ und nur in einem sehr untergeordneten Umfang operativ tätig geworden sei. Einen Vorteil für die Beigeladene zu 8. leite er jedoch aus dem Umstand ab, dass er seinen konservativen Schwerpunkt erst seit seiner Niederlassung als Orthopäde und Unfallchirurg ausgebildet habe. Dabei habe der Beklagte übersehen, dass es im Rahmen der hier gebotenen Prognoseentscheidung nur darauf ankommen könne, in welcher Weise er von der ihm zu erteilenden Zulassung voraussichtlich Gebrauch machen werde. In diesem Zusammenhang dürfe ihm der Umstand, dass er in der Vergangenheit im Rahmen eines Jobsharing in der Praxis eines Chirurgen tätig gewesen und deshalb gezwungen gewesen sei, Leistungen aus dem chirurgischen Kapitel 7 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) abzurechnen, nicht zum Nachteil gereichen.

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Soweit sich der Beklagte auf Zusatzqualifikationen der Beigeladenen zu 8. berufen habe, sei nichts dafür vorgetragen, dass diese Zusatzqualifikationen gerade für die Behandlung altersbedingter Beschwerden des Haltungs- und Bewegungsapparates relevant sein könnten. Außerdem sei den Abrechnungsunterlagen der im Planungsbereich niedergelassenen Orthopäden zu entnehmen, dass die entsprechenden Leistungen von zahlreichen Vertragsärzten angeboten würden, sodass nicht von einem ungedeckten Versorgungsbedarf ausgegangen werden könne. Vor allem aber habe der Beklagte nicht ausreichend gewürdigt, dass die Orthopädie als eigenständiges Gebiet im Jahr 2005 abgeschafft worden sei. Fachärzte für Orthopädie gehörten einer "aussterbenden Spezies" an. Aus dem Umstand, dass die Beigeladene zu 8. Fachärztin für Orthopädie sei, könne auch nicht auf eine besondere Befähigung zur konservativen Tätigkeit geschlossen werden. Auch das alte, abgeschaffte Fachgebiet der Orthopädie habe operative und konservative Tätigkeiten beinhaltet. Möglicherweise sei die ausschließlich konservative Tätigkeit der Beigeladenen zu 8. Ausdruck fehlender operativer Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen. Ein im ambulanten Bereich tätiger Orthopäde müsse jedoch sowohl die konservativen als auch die operativen Verfahren überschauen und beherrschen, um eine korrekte Indikationsstellung durchführen zu können. Die Beigeladene zu 8. habe sich dafür entschieden, eine Art "Schmalspur-Orthopädie" anzubieten, wobei das Angebot von - für den gesetzlich versicherten Patienten kostenpflichtigen - individuellen Gesundheitsleistungen im Vordergrund stehe. Anders als die Beigeladene zu 8. verfüge er über die Zusatzbezeichnung "spezielle Unfallchirurgie" nach der neuen Weiterbildungsordnung. Diese in der Auswahlentscheidung unbeachtet gebliebene Zusatzqualifikation sei für die ambulante orthopädische Tätigkeit von weitaus größerer Relevanz als die von dem Beklagten berücksichtigten Tertiärqualifikationen der Beigeladenen zu 8.

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Zur Begründung seiner eigenen Revision macht der Kläger geltend, dass die unter Nr 2 und Nr 5 der Entscheidungsgründe des LSG-Urteils formulierten Maßgaben für die Neubescheidung rechtswidrig seien.

Entscheidungsgründe

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A. Die Revision des Beklagten ist begründet. SG und LSG haben seine erneute Auswahlentscheidung zu Unrecht beanstandet. Die Auswahl der zu 8. beigeladenen Ärztin für den im Planungsbereich J. zu besetzenden orthopädischen Vertragsarztsitz war rechtmäßig.

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I. Rechtsgrundlagen für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BedarfsplRL 2007. Zwar ist die BedarfsplRL 2007 durch die zum 1.1.2013 in Kraft getretene BedarfsplRL vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7, im Folgenden: BedarfsplRL 2012) abgelöst worden. Nach § 63 Abs 5 BedarfsplRL 2012 gilt die BedarfsplRL 2007 jedoch für entsprechend der Ärzte-ZV ordnungsgemäß und vollständig gestellte Zulassungsanträge der Arztgruppen nach §§ 11, 12 und § 13 Abs 1 Nr 1, 2 und 4, die vor den Beschlüssen des Landesausschusses nach den Absätzen 2 und 3 gestellt worden sind, weiter. Zu den genannten Arztgruppen gehört auch die der Orthopäden (vgl § 12 Abs 1 Nr 7, Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL 2012).

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Gegenstand des Verfahrens ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes aufgrund einer partiellen Entsperrung des Planungsbereichs J. ua für die Arztgruppe der Orthopäden mit Beschluss des Landesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Thüringen vom 26.1.2011 (Ärzteblatt Thüringen 2011, 142). Die beiden (verbliebenen) Bewerber um die Besetzung des ausgeschriebenen Arztsitzes (Kläger und Beigeladene zu 8.) hatten ihre Zulassungsanträge ordnungsgemäß und vollständig gestellt, bevor die Beschlüsse des Landesausschusses zur Umsetzung der BedarfsplRL 2012 ergangen waren. Das LSG hat entsprechende Feststellungen nicht ausdrücklich getroffen; indes ergibt sich dies aus dem Umstand, dass der ZA bereits mit Beschluss vom 19.4.2011 und der Beklagte mit Beschluss vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.9.2011 über die ersichtlich vollständigen Anträge der Bewerber entschieden hatte, während der Landesausschuss die Beschlüsse zur Umsetzung der BedarfsplRL 2012 erstmals mit Wirkung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der BedarfsplRL 2012 zum 1.1.2013 zu treffen hatte. Aus diesem Grund kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, dass nach den durch die BedarfsplRL 2012 geänderten Maßstäben im Planungsbereich Jena für die Gruppe der Orthopäden auch ohne die Einbeziehung des hier streitbefangenen Vertragsarztsitzes Überversorgung mit einem Versorgungsgrad von 118,1 % vorlag.

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II. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (vgl § 90 SGB V) angeordnete partielle Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen bezogen auf das Fachgebiet der Orthopädie die Zulassung nur eines weiteren Facharztes in dem Planungsbereich Jena ermöglichte und dass deshalb eine Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern zu treffen war. Nach § 23 Abs 1 BedarfsplRL 2007 ist der Aufhebungsbeschluss mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass diese Bestimmung über die partielle Aufhebung einer Zulassungsbeschränkung rechtmäßig ist ( BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 81/03 R - BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 8 = Juris RdNr 17; BSG Urteil vom 19.10.2011 - B 6 KA 20/11 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 17).

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1. Nähere Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien die Auswahlentscheidung zu treffen ist, regelt das Gesetz zwar für die Praxisnachfolge (s § 103 Abs 4 S 5 SGB V), aber nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - für das Zulassungsverfahren nach partieller Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen. In der og Entscheidung vom 23.2.2005, in der der Senat das damals in Nr 23 S 2 BedarfsplRL idF vom 15.6.2004, BAnz Nr 165 vom 2.9.2004, S 19677 geregelte "Windhundverfahren" als mit Art 12 Abs 1 GG unvereinbar angesehen hat, hat er im Einzelnen dargelegt, dass § 104 Abs 2 SGB V iVm § 16b Abs 1 S 3 Ärzte-ZV die Kompetenz des GBA entnommen werden kann, die Verfahrensweise bei der Anordnung und der Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen näher auszugestalten, soweit in der Ärzte-ZV selbst solche Regelungen nicht enthalten sind. Vor diesem Hintergrund hat der Senat dem GBA aufgegeben, die Auswahlkriterien für die Besetzung nach partieller Entsperrung in Anlehnung an die für eine Praxisnachfolge geltenden Kriterien zu regeln (vgl BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 81/03 R - BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 24). Der Senat teilt daher auch nicht die Auffassung, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in einer Beanstandung vom 2.1.2018 (Az 224-21432-09; 213-21432-09, im Internet abrufbar unter www.g-ba.de) zu einem Beschluss des GBA vom 17.11.2017 über eine Änderung der BedarfsplRL vertreten hat. Danach soll der Gesetzgeber den GBA nicht dazu ermächtigt haben, in der BedarfsplRL konkretisierende bzw steuernde Regelungen zum Nachbesetzungsverfahren zu treffen. Das trifft nach Auffassung des Senats jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht zu. An seiner Auffassung, nach der der GBA legitimiert ist, die Verfahrensweise bei der Anordnung oder Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen näher auszugestalten, hält der Senat auch nach dem Beschluss des BVerfG vom 10.11.2015 (1 BvR 2056/12 - BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18; vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.10.2016 - 1 BvR 292/16 - NVwZ-RR 2017, 121 RdNr 24) fest. Die Übertragbarkeit der für die Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V aF) geltenden Vorgaben auf Zulassungsentscheidungen nach partieller Öffnung eines zuvor gesperrten Planungsbereichs folgt im Grundsatz bereits aus dem Erfordernis, das Besetzungsverfahren auch hier in Übereinstimmung mit den aus Art 12 Abs 1 GG abzuleitenden Anforderungen auszugestalten (vgl BSG Urteil vom 23.2.2005 - B 6 KA 81/03 R - BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, Juris RdNr 33; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - BSGE 119, 190 = SozR 4-2500 § 101 Nr 17, RdNr 41). Bedeutung und Reichweite der Entscheidung des GBA zur Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens nach partieller Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen waren damit begrenzt, sodass auch aus diesem Grund kein Anlass zu Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der in § 23 BedarfsplRL 2007 getroffenen Regelung unter dem Gesichtspunkt der demokratischen Legitimation des GBA besteht(vgl zu diesen Maßstäben auch BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 1 KR 30/15 R - BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 43 ff; BSG Urteil vom 20.4.2016 - B 3 KR 18/15 R - SozR 4-2500 § 132a Nr 9 RdNr 21).

25

2. Nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 BedarfsplRL 2007 entscheidet der ZA unter mehreren Bewerbern nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der beruflichen Eignung, der Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, des Approbationsalters und der Dauer der Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs 5 S 1 SGB V. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern soll die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung im Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten berücksichtigt werden (§ 23 Abs 3 S 2 BedarfsplRL 2007).

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Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Auswahlermessen zu, das sie pflichtgemäß auszuüben haben. Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - BSGE 119, 190 = SozR 4-2500 § 101 Nr 17, RdNr 42; vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45 - zur Praxisnachfolge). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 S 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

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3. Der Beklagte hatte hier darüber hinaus die Vorgaben aus dem Urteil des LSG vom 5.12.2013 (Az L 11 KA 608/12) zu berücksichtigen. Mit dem Urteil, das nach der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerden durch Beschluss des Senats vom 2.7.2014 (Az B 6 KA 15/14 B) rechtskräftig geworden ist, ist nicht nur die Auswahlentscheidung des Beklagten zugunsten des Klägers aufgehoben worden, sondern das LSG hat dem Beklagten auch Vorgaben für die Neubescheidung gemacht. Daran war er gebunden; eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage, die die Bindungswirkung entfallen lassen könnte (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 131 RdNr 16, § 141 RdNr 8c) ist allenfalls insofern eingetreten, als der Kläger aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung der ihm mit Beschluss des Beklagten vom 10.8.2011 erteilten Zulassung vertragsärztlich tätig war. Das Urteil des LSG vom 5.12.2013 enthält aber keine Vorgaben, die im Hinblick auf diesen Umstand überholt sein könnten.

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Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Beklagten hat sich daher auch daran zu orientieren, ob der Beklagte die verbindlichen Vorgaben aus dem genannten Urteil des LSG vom 5.12.2013 zutreffend umgesetzt hat.

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III. Seinen durch die gesetzlichen Vorgaben und die rechtskräftige Entscheidung des LSG vom 5.12.2013 definierten Entscheidungsspielraum hat der Beklagte eingehalten und seine Ermessensentscheidung den gesetzlichen Anforderungen entsprechend begründet.

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1. Dass der Beklagte die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit und das Approbationsalter nicht als maßgebendes Kriterium für die Auswahl herangezogen hat, ist jedenfalls nicht zum Nachteil des Klägers fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39; BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 49) zielen die Kriterien "Approbationsalter" und "Dauer der ärztlichen Tätigkeit" darauf ab, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen fachlichen Standard zu berücksichtigen. Dieser dürfte in den meisten ärztlichen Tätigkeitsfeldern ca fünf Jahre nach Abschluss der Weiterbildung erreicht sein. Eine mehr als fünfjährige Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher im Regelfall keinen weiteren fachlichen Vorsprung eines Bewerbers. Der Beklagte ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit beider Bewerber fünf Jahre übersteigt, sodass diese Kriterien für die Auswahlentscheidung hier keine Bedeutung gewinnen.

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Soweit das SG darauf hinweist, dass nicht feststehe, ob der Kläger bereits fünf Jahre als Orthopäde tätig gewesen sei, trifft das insofern zu, als er - auch nach eigenen Angaben - im Anschluss an seine Anerkennung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie im September 2005 zunächst als Chirurg und erst aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zulassung (Beschluss des Beklagten vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.9.2011) für einen Zeitraum von etwa drei Jahren als Orthopäde tätig war. Die Rechtsprechung des Senats, nach der sich der Fünf-Jahres-Zeitraum nach der Zeit der ärztlichen Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung bemisst (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 49), geht davon aus, dass in diesem Zeitraum eine ärztliche Tätigkeit gerade auf dem Gebiet der Weiterbildung ausgeübt wurde. Ob von diesem Grundsatz im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte weitgehende Übereinstimmung seiner auf dem Gebiet der Chirurgie ausgeübten Tätigkeit mit der Tätigkeit eines Orthopäden Ausnahmen zu machen sind, bedarf hier keiner Entscheidung, weil die Annahme des Beklagten, dass der Kläger der Beigeladenen zu 8. bezogen auf die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit und das Approbationsalter gleichzustellen ist, diesen jedenfalls nicht benachteiligt. Der Beklagte ist dadurch, dass er die beiden Bewerber hinsichtlich der Dauer der ärztlichen Tätigkeit und des Approbationsalters als gleichrangig bewertet, auch nicht gehindert, die unterschiedlichen beruflichen Werdegänge und die damit verbundenen unterschiedlichen Erfahrungen bei der Frage der Eignung zu berücksichtigen (vgl nachfolgend 3., RdNr 40).

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2. Wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht, hat der Beklagte auch nicht übersehen, dass nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 BedarfsplRL 2007 die Dauer der Eintragung in der Warteliste bei der zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist. Der vom Kläger geltend gemachte Umstand, dass er bereits seit September 2005 für das Fachgebiet der Orthopädie in der Warteliste eingetragen war und bereits seit dem 12.6.1995 als Facharzt für Chirurgie auf der Warteliste gestanden habe, hat nicht die Fehlerhaftigkeit der von dem Beklagten getroffenen Auswahlentscheidung zur Folge. Ausschlaggebend ist die Wartezeit für das Fachgebiet, für das die Zulassung begehrt wird. Daher war der Beklagte auch nicht verpflichtet, hier die Eintragung des Klägers in die Warteliste als Facharzt für Chirurgie zu berücksichtigen.

33

Die Entscheidung des Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil er die um 26 Monate längere Eintragung des Klägers in die Warteliste als Orthopäde nicht zu dessen Gunsten als ausschlaggebend bewertet hat. Mit der Entscheidung, der beruflichen Eignung besonderes Gewicht beizumessen und den Gesichtspunkt der Wartezeit dahinter zurücktreten zu lassen, hat der Berufungsausschuss seinen Ermessensspielraum hier nicht überschritten (zur vorrangigen Berücksichtigung von Versorgungsgesichtspunkten vgl bereits BSG Beschluss vom 28.6.2017 - B 6 KA 12/17 B - Juris RdNr 25). Für einen weiten Spielraum der Zulassungsgremien bei der Gewichtung der in § 23 Abs 3 BedarfsplRL 2007 genannten Kriterien spricht der Umstand, dass der GBA den Zulassungsgremien - der gesetzlichen Regelung zur Praxisnachfolge in § 103 Abs 4 S 5 SGB V folgend - nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat(zur Berücksichtigung weiterer, gesetzlich nicht ausdrücklich aufgeführter Kriterien bei der Praxisnachfolge vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 50 ff). Zwar bietet das nach § 23 Abs 3 S 1 Nr 3 BedarfsplRL 2007 zu berücksichtigende Kriterium der Dauer der Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs 5 S 1 SGB V den Vorteil, dass zwischen mehreren Bewerbern, die nach Abschluss der Weiterbildung bereits mehr als fünf Jahre vertragsärztlich tätig waren, zuverlässig und nach objektiven Kriterien eine Reihenfolge festgelegt werden kann. Andererseits ist die Wartezeit unter Versorgungsaspekten ohne Bedeutung (vgl Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 109; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 3.8.2006 - L 4 B 269/06 KA ER - Juris RdNr 31).

34

3. Dass der Beklagte die berufliche Eignung der Beigeladenen zu 8. für die Besetzung des Arztsitzes höher als diejenige des Klägers bewertet hat, ist nicht zu beanstanden. Ausschlaggebend dafür war, dass der Beklagte den Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich der konservativ-orthopädischen Tätigkeit größere Bedeutung beigemessen hat als den Kenntnissen und Erfahrungen im Bereich der operierenden Tätigkeit. Dabei ist der Beklagte davon ausgegangen, dass es für die Besetzungsentscheidung besonders auf die Versorgungsbedürfnisse älterer, über 60-jähriger Patienten ankommt. Hintergrund war der Umstand, dass die partielle Öffnung des Planungsbereichs für die Arztgruppe der Orthopäden in Jena auf die Einführung des Demografiefaktors mit Beschluss des GBA vom 15.7.2010 (BAnz Nr 180 S 3954 vom 26.11.2010) zurückgeht.

35

Dem Kläger ist zuzugeben, dass die durch Einführung des Demografiefaktors ausgelöste teilweise Öffnung des Planungsbereichs für Neuzulassungen keine Auskunft über die tatsächliche Versorgungslage gibt und dass daraus nicht unmittelbar auf einen Bedarf gerade über 60-jähriger Versicherter im Bereich der konservativen Orthopädie geschlossen werden kann. Andererseits bestimmte der mit Beschluss des GBA vom 15.7.2010 eingeführte § 8a Abs 9 BedarfsplRL 2007, dass der ZA bei der Besetzung von Arztsitzen, die aufgrund des Demografiefaktors ausgeschrieben werden, darauf hinzuwirken hat, dass möglichst solche Bewerber Berücksichtigung finden, die zusätzlich zu ihrem Fachgebiet über eine gerontologisch/geriatrische Qualifikation verfügen. Über eine gerontologisch/geriatrische Qualifikation verfügt hier keiner der beiden verbliebenen Bewerber. Der Beklagte durfte der Regelung in § 8a Abs 9 BedarfsplRL 2007 aber eine darüber hinausgehende Wertung dahin entnehmen, dass bei der Besetzung von Arztsitzen, die aufgrund des Demografiefaktors ausgeschrieben werden, der Bedarf älterer (nach der hier noch maßgebenden Rechtslage: über 60-jähriger) Menschen jedenfalls besondere Berücksichtigung finden kann. Daran durfte der Beklagte anknüpfen.

36

Dass der Beklagte keine konkreten Ermittlungen zum Bedarf gerade älterer Menschen im Bereich der konservativen Orthopädie einerseits und im Bereich von Operationen andererseits angestellt hat, ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass die Anforderungen, die in der Rechtsprechung zur Ermittlung der Bedarfslage bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen entwickelt worden sind (vgl dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 19; vgl auch § 36 Abs 4 BedarfsplRL 2012), nicht auf die Besetzung eines Arztsitzes nach partieller Öffnung eines bislang gesperrten Planungsbereichs übertragen werden können. Sonderbedarf ist als zusätzlicher Versorgungsbedarf für eine lokale Versorgungssituation oder als qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf festzustellen (vgl § 36 Abs 1 S 2 BedarfsplRL 2012). Im Gegensatz dazu sind im Zulassungsverfahren nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen keine Ermittlungen zu der Frage anzustellen, ob überhaupt ein zusätzlicher Bedarf besteht. Aufgrund der partiellen Öffnung des Planungsbereichs steht vielmehr fest, dass ein zusätzlicher orthopädischer Vertragsarztsitz besetzt werden kann. Dem steht hier auch nicht der Umstand entgegen, dass im Planungsbereich Jena nach den inzwischen geltenden Maßstäben bezogen auf die Gruppe der Orthopäden Überversorgung besteht und dass der Sitz allein aufgrund der in § 63 Abs 5 BedarfsplRL 2012 getroffenen Übergangsregelung, die dem Vertrauensschutz der Bewerber Rechnung trägt, weiterhin zu besetzen ist. Da die Besetzung nicht von einem nach den Maßstäben der BedarfsplRL zu ermittelnden tatsächlichen Bedarf abhängt, sind auch die Pflichten der Zulassungsgremien zur Bedarfsermittlung begrenzt.

37

Darüber hinaus ist hier zu berücksichtigen, dass der Beklagte bei seiner Entscheidung die Maßgaben aus dem Urteil des LSG vom 5.12.2013 umzusetzen hatte. Im Hinblick auf die Rechtskraft dieses Urteils lässt der Senat ausdrücklich offen, ob er der Entscheidung des LSG uneingeschränkt folgen würde oder ob sie die Auswahlentscheidung des Beklagten zu weitgehend determiniert. In dem genannten Urteil hatte das LSG einerseits formuliert, der Beklagte werde bei seiner erneuten Entscheidung darzulegen haben, "welcher Versorgungsbedarf konkret besteht und welcher Bewerber diesen Bedarf vermutlich am besten abdecken wird." Andererseits hat das LSG mit Blick auf die im vorangegangenen Verwaltungsverfahren angestellten Ermittlungen des Beklagten in Gestalt einer schriftlichen Befragung von Ärzten ua ausgeführt, dass fraglich sei, "ob eine Beteiligung der Ärzteschaft vor Ort überhaupt erfolgen soll." Diese Formulierung durfte der Beklagte so verstehen, dass er mit einer erneuten Befragung der Ärzte vor Ort eine Aufhebung seiner Entscheidung riskieren würde. Eine unvollständige Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts muss sich der Beklagte unter diesen Umständen nicht entgegenhalten lassen. Es ist daher aus Sicht des Senats im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte mit seiner Bewertung, ob ein Bedarf im Planungsbereich Jena eher in der konservativen Orthopädie oder im Bereich der operierenden Tätigkeit besteht, im Wesentlichen auf den Sachverstand der im Ausschuss vertretenen sachkundigen Mitglieder gestützt hat.

38

Bei der Frage, wie die bei der Auswahl eines Bewerbers für einen Vertragsarztsitz zu berücksichtigenden unterschiedlichen Kriterien zu gewichten sind und ob neben den normativ vorgegebenen Kriterien weitere Gesichtspunkte berücksichtigt werden, kommt den Zulassungsgremien ein weiter Spielraum zu (zur Berücksichtigung der Versorgungskontinuität bei der Auswahl im Rahmen der Praxisnachfolge vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 12). Diesen hat der Beklagte hier nicht überschritten. Entscheidend ist, dass die Festlegung, wonach Erfahrungen im Bereich der konservativen Orthopädie besonderes Gewicht bei der Auswahl zukommen soll, nicht willkürlich oder diskriminierend erscheint und dass es insbesondere keine Hinweise dafür gibt, dass sachfremden Motive dabei eine Rolle gespielt haben könnten.

39

Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Beklagte den Umstand, dass er zum Führen der Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie berechtigt ist, während die Klägerin Fachärztin für Orthopädie ist, nicht zu seinen Gunsten berücksichtigen. Die unterschiedlichen Bezeichnungen sind Folge der Neustrukturierung der ärztlichen Weiterbildung nach der Neufassung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO) im Jahr 2003. Mit der Beschlussfassung auf dem 106. Ärztetag ist die Schwerpunktbezeichnung der Unfallchirurgie für das Gebiet der Chirurgie entfallen. Das Gebiet der Orthopädie wird in der MWBO nicht mehr gesondert aufgeführt. An seine Stelle tritt der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der weiterbildungsrechtlich der Chirurgie, bedarfsplanungsrechtlich aber dem Gebiet der Orthopädie zugeordnet wird. Chirurgen, die wie der Kläger über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie verfügten, hatten die Möglichkeit, unter näher geregelten Voraussetzungen die neue Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" zu erwerben (vgl dazu im Einzelnen BSG Urteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - BSGE 122, 55 = SozR 4-2500 § 103 Nr 22, RdNr 21 ff). Von dieser Möglichkeit hat der Kläger Gebrauch gemacht. Eine Hierarchie zwischen der Facharztbezeichnung "Orthopädie" nach der alten Weiterbildungsordnung und der Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" nach neuem Weiterbildungsrecht in der Weise, dass eine Bezeichnung generell als höherwertig anzusehen wäre als die andere, besteht nicht (zur Rechtswidrigkeit einer pauschalen Bevorzugung von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gegenüber Psychologischen Psychotherapeuten mit einer einschlägigen zusätzlichen Fachkundeausbildung bei der Besetzung von Therapeutensitzen, die zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestimmt sind, vgl BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - BSGE 119, 190 = SozR 4-2500 § 101 Nr 17, RdNr 43 ff).

40

Auch die Bewertung des Beklagten, nach der die Beigeladene zu 8. aufgrund ihrer größeren Erfahrung bezogen auf den Bereich der konservativen Orthopädie qualifizierter und damit besser geeignet ist als der Kläger, ist unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Grundlage dieser Bewertung waren ua die im Verwaltungsverfahren beigezogenen Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale I/2012 bis I/2014 und der Beigeladenen zu 8. für die Quartale III/2011 bis IV/2012. Ferner hat der Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass der Kläger erst seit seiner Zulassung als Orthopäde mit Bescheid des Beklagten vom 21.9.2011 im Wesentlichen konservativ-orthopädisch tätig war, während er vorher in einer chirurgischen Praxis tätig gewesen ist und in nicht unerheblichem Umfang Operationen durchgeführt hat. Soweit der Kläger geltend macht, dass er wegen der Tätigkeit in einer chirurgischen Praxis keine Möglichkeit gehabt habe, Leistungen aus dem Kapitel 18 des EBM-Ä (Orthopädische Gebührenordnungspositionen) abzurechnen, sondern die sehr ähnlichen Leistungen aus dem Kapitel 7 (Chirurgische, kinderchirurgische und plastisch-chirurgische Gebührenordnungspositionen) habe abrechnen müssen, ist das zweifellos zutreffend. Das ändert aber nichts daran, dass die orthopädischen Leistungen aus dem Kapitel 18 des EBM-Ä mit den chirurgischen Leistungen aus dem Kapitel 7 des EMB-Ä keineswegs vollständig übereinstimmen (vgl dazu die Darlegungen im Urteil des Senats vom 28.9.2016 - B 6 KA 40/15 R - BSGE 122, 55 = SozR 4-2500 § 103 Nr 22, RdNr 29). Der Beklagte durfte aus der unterschiedlichen Ausrichtung und dem größeren Gewicht von Operationen in der Tätigkeit des Klägers auf größere Erfahrung der Beigeladenen zu 8. im Bereich konservativ-orthopädischer Tätigkeiten und damit die bessere Eignung gerade für den hier zu besetzenden Vertragsarztsitz schließen. Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er durch seine ab 2012 ausgeübte Tätigkeit als Orthopäde gezeigt habe, dass auch er die Gewähr für eine konservativ-orthopädische Ausrichtung seiner Praxis biete. Die konservativ-orthopädische Ausrichtung auch des Klägers seit der vorläufigen Übernahme des Vertragsarztsitzes hat der Beklagte in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt. Entgegen der Auffassung des Klägers musste sich der Beklagte aber nicht auf eine Prognose zur künftigen Ausrichtung des ausgewählten Bewerbers um die Zulassung beschränken, sondern er durfte in die Beurteilung auch die unterschiedlichen beruflichen Werdegänge und die damit verbundenen unterschiedlichen Erfahrungen der beiden Bewerber einfließen lassen.

41

Ferner ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte Zusatzqualifikationen der Beigeladenen zu 8. in den Bereichen Physikalische Therapie, Sonografie des Haltungs- und Bewegungsapparates, Balneologie und Akupunktur, die Bedeutung für eine konservativ-orthopädisch ausgerichtete Tätigkeit haben können, zu deren Gunsten berücksichtigt hat. Die vom Kläger angegebene Zusatzbezeichnung "spezielle Unfallchirurgie" nach der neuen Weiterbildungsordnung musste der Beklagte dagegen nicht als Beleg für eine besondere Qualifikation im Bereich der konservativ-orthopädischen Tätigkeit bewerten. Eine aus dieser Zusatzbezeichnung abzuleitende höhere Qualifikation im Bereich operierender Tätigkeiten konnte sich unter den genannten Umständen nicht zugunsten des Klägers auswirken.

42

Der Bescheid des Beklagten ist entgegen der Auffassung des SG und in Übereinstimmung mit der vorinstanzlichen Entscheidung des LSG auch nicht deshalb fehlerhaft, weil er die Vorgabe aus dem rechtskräftigen Urteil des LSG vom 5.12.2013 nicht umgesetzt hätte, nach der Ermittlungen zu der orthopädischen Tätigkeit des Klägers vorzunehmen waren, die Grundlage für dessen Anerkennung als Facharzt für Orthopädie gewesen ist. Das LSG hatte dazu in dem Urteil vom 5.12.2013 ausgeführt, der Beklagte habe sich einen "Überblick über die tatsächliche orthopädische Tätigkeit des Beigeladenen zu 8. (Kläger des vorliegenden Verfahrens) im Einzelnen zu verschaffen, der wiederum Rückschlüsse auf sein Leistungsspektrum erlaubt, das bei einer Auswahlentscheidung einen wesentlichen Gesichtspunkt darstellt." Dieser Maßgabe hat der Beklagte Rechnung getragen, indem er beide Bewerber vor der erneuten Entscheidung aufgefordert hat, ua zu den im vorliegenden Zusammenhang relevanten beruflichen Vorerfahrungen vorzutragen. Dass der Kläger vor seiner Anerkennung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie über die schon bekannten und von dem Beklagten bereits berücksichtigten Tätigkeiten hinaus weitere orthopädisch ausgerichtete Tätigkeiten verrichtet hätte, hat er weder im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Beklagten noch im weiteren gerichtlichen Verfahren geltend gemacht. Unter diesen Umständen kann - worauf das LSG unter Ziffer 1 der Entscheidungsgründe (Urteil vom 25.8.2016) zutreffend hingewiesen hat - das Unterlassen weiterer Ermittlungen durch den Beklagten auch nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten begründen.

43

B. Da die Klage abzuweisen war und der Beklagte keine erneute Auswahlentscheidung zu treffen hat, konnte die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Auf die im Urteil des LSG genannten Maßgaben für die Neubescheidung kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Der Kläger ist durch diese Maßgaben auch nicht mehr beschwert.

44

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 1 und 2 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen zu tragen. Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. ist nicht veranlasst; sie haben - anders als die Beigeladene zu 8. - im gesamten Verfahren keine Anträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl dazu BSG Urteil vom 31.5.2006 - B 6 KA 62/04 R - BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

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(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der Landesausschuß hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen.

(2) Stellt der Landesausschuß fest, daß eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Zulassungsbeschränkungen anzuordnen.

(3) Der Landesausschuß hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuß mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen bilden für den Bereich jedes Landes einen Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen und einen Landesausschuß der Zahnärzte und Krankenkassen. Die Ersatzkassen können diese Aufgabe auf eine im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung von den Ersatzkassen gebildete Arbeitsgemeinschaft oder eine Ersatzkasse übertragen.

(2) Die Landesausschüsse bestehen aus einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, neun Vertretern der Ärzte, drei Vertretern der Ortskrankenkassen, drei Vertretern der Ersatzkassen, je einem Vertreter der Betriebskrankenkassen und der Innungskrankenkassen sowie einem gemeinsamen Vertreter der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Knappschaft-Bahn-See. Über den Vorsitzenden und die zwei weiteren unparteiischen Mitglieder sowie deren Stellvertreter sollen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände sowie die Ersatzkassen einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, werden sie durch die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes im Benehmen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen, den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen berufen. Besteht in dem Bereich eines Landesausschusses ein Landesverband einer bestimmten Kassenart nicht und verringert sich dadurch die Zahl der Vertreter der Krankenkassen, verringert sich die Zahl der Ärzte entsprechend. Die Vertreter der Ärzte und ihre Stellvertreter werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen, die Vertreter der Krankenkassen und ihre Stellvertreter werden von den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen bestellt.

(3) Die Mitglieder der Landesausschüsse führen ihr Amt als Ehrenamt. Sie sind an Weisungen nicht gebunden. Die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen einerseits und die Verbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen andererseits tragen die Kosten der Landesausschüsse je zur Hälfte. Das Bundesministerium für Gesundheit bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen das Nähere für die Amtsdauer, die Amtsführung, die Erstattung der baren Auslagen und die Entschädigung für Zeitaufwand der Ausschußmitglieder sowie über die Verteilung der Kosten.

(4) Die Aufgaben der Landesausschüsse bestimmen sich nach diesem Buch. In den Landesausschüssen sowie den erweiterten Landesausschüssen nach § 116b Absatz 3 wirken die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden beratend mit. Das Mitberatungsrecht umfasst auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. In den Landesausschüssen umfasst das Mitberatungsrecht auch das Recht zur Antragstellung.

(5) Die Aufsicht über die Landesausschüsse führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder. § 87 Absatz 1 Satz 2 und die §§ 88 und 89 des Vierten Buches gelten entsprechend.

(6) Die von den Landesausschüssen getroffenen Entscheidungen nach § 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 sowie § 103 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 sind den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden vorzulegen. Diese können die Entscheidungen innerhalb von zwei Monaten beanstanden. § 94 Absatz 1 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Mai 2010 und des Sozialgerichts Detmold vom 2. September 2009 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 26. September 2007 rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens für alle Rechtszüge mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. für das Berufungs- und das Revisionsverfahren sowie der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. für das Klageverfahren.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Besetzung eines Vertragsarztsitzes für Radiologie im Planungsbereich der kreisfreien Stadt B. streitig.

2

Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für Westfalen-Lippe stellte mit Beschluss vom 7.7.2006 fest, dass im Planungsbereich der Stadt B. die Zulassungsbeschränkungen für Radiologen mit der Maßgabe aufzuheben seien, dass Zulassungen nur bis zum erneuten Eintreten einer Überversorgung erfolgen dürften. Wörtlich heißt es in dem Beschluss:

"Anträgen auf Zulassung für diese Bereiche/Arztgruppen/Psychologische Psychotherapeuten kann - sofern die zulassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind - entsprochen werden; allerdings dürfen Zulassungen nur bis zum erneuten Eintreten einer Überversorgung erfolgen. Der Zulassungsausschuss hat unter denjenigen Antragstellern eine Auswahl zu treffen, deren Zulassungsanträge innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Veröffentlichung eingegangen sind. Anträge sind zu richten an den jeweiligen Zulassungsausschuss oder an eine Dienststelle der KVWL."

3

Der Beschluss wurde in der Ausgabe 8/2006 des Westfälischen Ärzteblatts bekannt gegeben. Daraufhin beantragten der Kläger und der Beigeladene zu 8. ihre Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Der 1951 geborene Kläger ist seit dem 1.7.2001 in M. als Facharzt für Radiologie niedergelassen. Sein Zulassungsantrag ging am 13.11.2006 beim Zulassungsausschuss für den Regierungsbezirk D. ein. Der 1941 geborene Beigeladene zu 8. ist seit dem 1.7.1976 als Facharzt für Radiologie und seit dem 1.1.2003 als Facharzt für Nuklearmedizin in einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung in B. zugelassen. Er beantragte mit am 11.8.2006 beim Zulassungsausschuss eingegangenen Schreiben seine Zulassung als Facharzt für Radiologie in B. Für den Fall seiner bestandskräftigen Zulassung als Facharzt für Radiologie verzichtete er auf die Zulassung als Facharzt für Nuklearmedizin.

4

Mit Beschluss vom 22.11.2006 stellte der Zulassungsausschuss fest, dass die Zulassung des Beigeladenen zu 8. als Facharzt für Nuklearmedizin unter der Bedingung der bestandskräftigen Zulassung als Facharzt für Radiologie ende. Gleichzeitig ließ der Zulassungsausschuss ihn in B. als Facharzt für Radiologie zur vertragsärztlichen Versorgung zu. Den Antrag des Klägers lehnte der Ausschuss als verspätet ab. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Beschluss vom 26.9.2007 zurück und ordnete den Sofortvollzug an. Die Bewerbungsfrist von zwei Monaten habe ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung, die hier am 4.8.2006 erfolgt sei, zu laufen begonnen. Die Anordnung einer solchen Frist sei zulässig. Der Kläger habe die Frist mit der am 13.11.2006 beantragten Zulassung um mehr als einen Monat überschritten. Ob eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X möglich sei, könne schon deshalb offenbleiben, weil ein Wiedereinsetzungsantrag nicht gestellt worden sei. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 8. unter Berücksichtigung der in Nr 23 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (BedarfsplRL) genannten Auswahlkriterien zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden müssen.

5

Im Verlauf des anschließenden Gerichtsverfahrens hat der Beigeladene zu 8. den Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes in B. gestellt und zum 31.12.2008 auf seine Zulassung mit der Maßgabe der bestandskräftigen Zulassung eines Praxisnachfolgers verzichtet. Der Zulassungsausschuss hat den einzigen Bewerber, Dr. M., als Facharzt für Diagnostische Medizin auf dem ehemaligen Vertragsarztsitzes des Beigeladenen zu 8. zugelassen. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben und nach der Zurückweisung seines Widerspruchs Klage. Das Verfahren ruht derzeit.

6

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 2.9.2009 abgewiesen. Der Beschluss des Landesausschusses sei weder formell noch materiell zu beanstanden. Der Beklagte sei nur verpflichtet gewesen, Anträge zu berücksichtigen, die bis zwei Monate nach Veröffentlichungsdatum, mithin bis zum 4.10.2006, eingegangen seien. Das LSG hat mit Urteil vom 12.5.2010 die Berufung hiergegen zurückgewiesen. Nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL habe der Zulassungsausschuss nur die nach der Bekanntmachung des Beschlusses des Landesausschusses fristgerecht und vollständig abgegebenen Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Der Antrag des Klägers sei aber nicht fristgerecht eingegangen. Die Frist sei als Ausschlussfrist zu interpretieren. Insofern sei schon der Wortlaut der Regelung unmissverständlich. Dieses Verständnis entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL. Eine Frist von sechs bis acht Wochen sei auch vor dem Hintergrund von Art 12 GG angemessen und ausreichend, um potenzielle Bewerber in die Lage zu versetzen, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Die Grundsätze, die die Verwaltungsgerichte zu Bewerbungsfristen im Beamtenernennungsverfahren entwickelt hätten, ließen sich auf das Zulassungsrecht nicht übertragen. Schließlich sei auch die Auswahlentscheidung des Beklagten rechtmäßig.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, der Landesausschuss sei nicht befugt, eine Frist für die Bewerbung um einen Vertragsarztsitz nach einer Entsperrung des Planungsbereichs zu bestimmen. Selbst wenn man eine Kompetenz für die Fristsetzung unterstelle, handele es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Schließlich sei für eine solche Frist auch der Ablauf nicht wirksam in Gang gesetzt worden. Der Beklagte habe außerdem von seinem Ermessen in rechtswidriger Weise Gebrauch gemacht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12.5.2010 und das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 2.9.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 26.9.2007 rechtswidrig gewesen ist.

9

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie halten die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig.

11

Der Beigeladene zu 8. beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

12

Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) sei nicht gehalten, in seinen Richtlinien feste Fristen vorzugeben. Nach der Rechtsprechung des BSG liege es im Interesse der Sicherstellung der Versorgung, wenn der Landesausschuss die Fristsetzung an den besonderen Gegebenheiten des jeweiligen Planungsbereichs ausrichte. Zu einem geordneten Auswahlverfahren gehöre eine Ausschreibung und eine Fristsetzung. Nur eine Ausschlussfrist stelle den fairen Wettbewerb unter Konkurrenten sicher. Zulassungsverfahren könnten sonst durch noch am Tag der Sitzung des Zulassungsausschusses eingereichte Zulassungsanträge torpediert werden.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Die angefochtene Entscheidung des Beklagten war rechtswidrig.

14

1. Nachdem der Beigeladene zu 8. nicht mehr über die ihm erteilte Zulassung verfügt, kann die ursprünglich gegen die Ablehnung seines Zulassungsantrags gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG sowie die Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG gegen die Zulassung des Beigeladenen zu 8. nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG fortgeführt werden. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere im Hinblick auf die Präjudizialität für Folgeansprüche zu bejahen.

15

2. Rechtsgrundlagen für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BedarfsplRL(in der ab dem 1.4.2007 geltenden Fassung , Abs 1 wortgleich mit Nr 23 Satz 1, Abs 3 wortgleich mit Nr 23 Satz 4 und 5 BedarfsplRL idF des Beschlusses des GBA vom 20.12.2005 ).

16

Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vom dafür zuständigen Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (vgl § 90 SGB V)angeordnete Aufhebung der Zulassungssperre die Zulassung nur eines weiteren Facharztes für Radiologie in dem Planungsbereich ermöglichte und deshalb ein Auswahlverfahren unter mehreren vorliegenden Bewerbungen durchzuführen war.

17

a. Kommt der Landesausschuss zu dem Ergebnis, dass Überversorgung nicht mehr besteht, ist nach § 23 Abs 1 BedarfsplRL der Aufhebungsbeschluss mit der Auflage zu versehen, dass Zulassungen nur in einem solchen Umfang erfolgen dürfen, bis für die Arztgruppe Überversorgung eingetreten ist. Der Senat hat bereits entschieden, dass diese Bestimmung über die partielle Aufhebung einer Zulassungsbeschränkung rechtmäßig ist (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 8). In diesem Zusammenhang hat der Senat auch die Übertragung von Regelungsbefugnissen zur Verfahrensweise bei der Anordnung oder Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen auf den GBA gebilligt.

18

b. Allerdings bedurfte nach der Rechtsprechung des Senats (aaO RdNr 20 ff) die Regelung in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL (idF vom 15.6.2004 = aF) zum Verfahren bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern um einen nach partieller Entsperrung eines Planungsbereichs zu besetzenden Vertragsarztsitz noch einer weiteren Konkretisierung, um den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Die Festlegung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe der Reihenfolge ihres Eingangs beim Zulassungsausschuss zu entscheiden ist, genügte den aus Art 12 Abs 1 GG abzuleitenden Anforderungen an eine angemessene Verfahrensgestaltung nicht in vollem Umfang. Da die Gestaltung des Auswahlverfahrens für einen - wenn auch nur in örtlicher Hinsicht - beschränkt möglichen Berufszugang unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung nimmt, ist vor allem bei der Art der Bekanntgabe der offenen Stellen und bei der Terminierung von Bewerbungen und Besetzungsentscheidungen die Komplementärfunktion des Verfahrens für die Verwirklichung der Berufsfreiheit der Bewerber zu beachten (vgl BVerfGE 73, 280, 296). Durch die Art der Verfahrensgestaltung muss gewährleistet werden, dass eine lediglich von zufälligen Umständen abhängige und für Manipulationen anfällige Zuteilung der Vertragsarztzulassung nicht stattfindet (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 21).

19

Zu dem Verfahren bestimmt § 16b Abs 4 Ärzte-ZV, dass die Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in den für die amtlichen Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist. Dieses Publikationserfordernis soll sicherstellen, dass die potenziellen Zulassungsbewerber über die nunmehr wieder bestehenden Zulassungsmöglichkeiten informiert werden (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 22 unter Bezugnahme auf BSGE 79, 152, 154 = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 3). Hierin kommt nach Auffassung des Senats deutlich die Verpflichtung zum Ausdruck, vor einer Entscheidung über Zulassungsanträge in dem bislang gesperrten Planungsbereich alle potenziellen Bewerber in gleichmäßiger Weise und so rechtzeitig über die Zulassungsmöglichkeiten in Kenntnis zu setzen, dass die Bewerber in der Lage sind, ihr Niederlassungsvorhaben zu konkretisieren und einen vollständigen Zulassungsantrag vorzulegen. Sie müssen daher, bevor nach der Veröffentlichung einer partiellen Entsperrung eine Auswahlentscheidung getroffen wird, eine reelle Chance haben, die jetzt erst sinnvollen Vorbereitungsmaßnahmen - zB Erschließung geeigneter Praxisräume, Abklärung der Finanzierung der Niederlassung und Beendigung eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses - einzuleiten und ihren Zulassungsantrag nach § 18 Ärzte-ZV entsprechend zu gestalten. Der Zulassungsausschuss wird dazu nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel zumindest sechs bis acht Wochen nach Bekanntgabe der neu eröffneten Zulassungsmöglichkeit abwarten müssen, ehe er seine Auswahlentscheidung unter den bis dahin vollständig vorgelegten Zulassungsanträgen trifft. Nur wenn ausnahmsweise der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad in dem betroffenen Planungsbereich bereits unterschritten sein sollte, kann im Interesse einer raschen Sicherstellung der Versorgung der Versicherten ein beschleunigtes Verfahren gerechtfertigt sein. Im Rahmen einer fairen und transparenten Verfahrensgestaltung wird der Zulassungsausschuss die Bewerber auch über den Zeitpunkt seiner Auswahlentscheidung unterrichten müssen, damit diese sich auf den Termin einstellen und die notwendigen Unterlagen für eine Zulassung bis dahin beibringen können (BSG aaO).

20

Der Senat hat schließlich beanstandet, dass die Auswahlentscheidung selbst in der ergänzenden verfahrensrechtlichen Regelung in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL aF ausschließlich an die Reihenfolge des Eingangs der Zulassungsanträge beim Zulassungsausschuss geknüpft wurde (aaO, RdNr 23). Das alleinige Abstellen auf den in tatsächlicher Hinsicht oftmals von vielen Zufälligkeiten abhängigen Eingang der vollständigen Zulassungsanträge bei dem Ausschuss werde der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Auswahlentscheidung für die Berufschancen der Bewerber nicht gerecht. Zu einem geordneten Auswahlverfahren für eine exklusiv zu vergebende Position gehöre vielmehr, dass für alle potenziellen Bewerber dieselbe von vornherein in der Ausschreibung bekannt gegebene Frist zur Verfügung stehe, um sich zu bewerben und die hierfür erforderlichen Unterlagen beizubringen. Dies könne das sog "Windhundprinzip" in Nr 23 Satz 2 BedarfsplRL aF nicht gewährleisten.

21

Dem GBA hat der Senat aufgegeben (aaO, RdNr 24), nähere Regelungen zu treffen, nach denen künftig in einem für alle Bewerber fairen Verfahren die Auswahl unter mehreren Zulassungsanträgen erfolgen soll. Hierfür komme einerseits der Rückgriff auf Kriterien in Frage, welche die bestmögliche Versorgung der Versicherten in dem betreffenden Planungsbereich zum Ziel hätten (berufliche Eignung bzw Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit), die aber in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V bislang nur für die Auswahl im Rahmen einer Praxisnachfolge gesetzlich normiert seien. Andererseits stelle auch das Prioritätsprinzip, das ebenfalls in § 103 Abs 4 Satz 4(seit dem 1.1.2009 Satz 5) SGB V - in Gestalt des Approbationsalters - und zudem in § 103 Abs 5 SGB V - in Form der Wartelisten für gesperrte Planungsbereiche - geregelt ist, prinzipiell ein geeignetes Auswahlkriterium dar.

22

c. Diesem Auftrag ist der GBA durch den Beschluss vom 20.12.2005 über eine Änderung der BedarfsplRL nachgekommen (BAnz Nr 68 vom 6.4.2006, S 2539). Er hat im Hinblick auf die Entscheidung des Senats die Regelung, dass über die Anträge allein nach Maßgabe der Reihenfolge ihres Eingangs beim Zulassungsausschuss zu entscheiden ist, aufgehoben. Gleichzeitig hat er in Nr 23 Satz 4 Nr 1 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1) BedarfsplRL die Bestimmung aufgenommen, dass der Beschluss des Landesausschusses über die partielle Entsperrung eines Planungsbereichs zum nächstmöglichen Zeitpunkt in den für amtliche Bekanntmachungen der KÄV vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist. In der Veröffentlichung sind nach Nr 23 Satz 4 Nr 2 Satz 1 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 1) BedarfsplRL die Entscheidungskriterien nach Nr 3 und die Frist (in der Regel sechs bis acht Wochen) bekannt zu machen, innerhalb der potentielle Bewerber ihre Zulassungsanträge abzugeben und die hierfür erforderlichen Unterlagen gemäß § 18 Ärzte-ZV beizubringen haben. Dem Zulassungsausschuss hat der GBA in Nr 23 Satz 4 Nr 2 Satz 2 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2) BedarfsplRL vorgegeben, bei dem Auswahlverfahren nur die nach der Bekanntmachung fristgerecht und vollständig abgegebenen Zulassungsanträge zu berücksichtigen. Als Kriterien für die Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen hat der GBA in Nr 23 Satz 4 Nr 3 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3) BedarfsplRL die berufliche Eignung, die Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit, das Approbationsalter und die Dauer der Eintragung in die Warteliste gemäß § 103 Abs 5 Satz 1 SGB V aufgenommen. In Nr 23 Satz 5 (seit dem 1.4.2007: § 23 Abs 3 Satz 2) BedarfsplRL wurde schließlich bestimmt, dass bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern die räumliche Wahl des Vertragsarztsitzes und ihre Beurteilung im Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Versicherten berücksichtigt werden.

23

Den vom Senat statuierten Anforderungen ist damit Genüge getan. An die Stelle des "Windhundprinzips" hat der GBA konkrete Eignungskriterien gesetzt, wobei er die vom Senat genannten Kriterien aufgegriffen hat. Dass er keine Vorgaben für die Gewichtung der Kriterien gemacht hat, ist nicht zu beanstanden und ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (vgl Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, S 143). Für die Verfahrensgestaltung hat er vorgegeben, dass der Beschluss über die partielle Entsperrung in den dafür vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen ist, womit der Anforderung des § 16b Abs 4 Ärzte-ZV genügt wird. Es entspricht der Forderung nach einer fairen und transparenten Verfahrensgestaltung, dass der veröffentlichte Beschluss die Kriterien nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 BedarfsplRL und eine Frist benennen muss, in der der vollständige Zulassungsantrag zu stellen ist. Bei der Bestimmung der Länge der Frist hat der GBA die vom Senat benannte Zeitspanne von "zumindest sechs bis acht Wochen" (BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 22)aufgegriffen. Dass er auch insoweit auf eine exakte Festlegung verzichtet, entspricht ebenfalls der Entscheidung des Senats, der auch ausgeführt hat, dass ein besonderer Versorgungsbedarf im Planungsbereich eine Verkürzung der Frist rechtfertigen kann, es mithin sinnvoll erscheint, die Frist jeweils nach den Gegebenheiten des Einzelfalls zu bestimmen. Schließlich hat nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL der Zulassungsausschuss nur fristgerecht und vollständig vorgelegte Zulassungsanträge zu berücksichtigen.

24

d. Die vom Landesausschuss festzusetzende Frist für die Antragstellung ist als Ausschlussfrist zu qualifizieren (aA Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 -, MedR 2009, 491). Dem LSG ist zuzustimmen, dass bereits die strikte Anordnung in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL, wonach der Zulassungsausschuss nur fristgerecht und vollständig abgegebene Zulassungsanträge berücksichtigt, ein solches Verständnis nahelegt. Dafür spricht aber vor allem der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit in einem grundrechtsrelevanten Bereich. Im Lichte des Grundrechts aus Art 12 Abs 1 GG ist das Auswahlverfahren so auszugestalten, dass es in seiner zeitlichen Abfolge eindeutig vorhersehbar und in seiner Dauer angemessen ist. Das dient auch dem durch Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG gewährleisteten Anspruch auf Chancengleichheit. Daneben besteht an der zeitnahen Erteilung einer Zulassung regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse, weil die Besetzung vakanter Vertragsarztsitze einer lückenlosen Versorgung der Versicherten dient.

25

Die vom Landesausschuss kraft der Ermächtigung durch die BedarfsplRL gesetzte Frist ist eine behördlich gesetzte Frist iS des § 26 SGB X. Hierzu gehören auch Fristen, für die zwar ein gesetzlicher Rahmen besteht, der aber von der Behörde konkretisiert werden kann (vgl Hauck in Hauck/Noftz, SGB X, Stand August 2011, K § 26 RdNr 4a). So liegt der Fall hier. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL sieht eine Frist von in der Regel sechs bis acht Wochen vor; innerhalb dieses Rahmens erfolgt zur Vorbereitung der Zulassungsentscheidung die konkrete Festsetzung durch den Landesausschuss. Wird eine solche behördlich gesetzte Frist versäumt, kann zwar keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X erfolgen, die Frist kann aber nach § 26 Abs 7 SGB X verlängert werden. Das gilt auch, soweit die behördliche Frist als Ausschlussfrist zu verstehen ist (vgl BSG SozR 5750 Art 2 § 51a Nr 66 S 140). Die Entscheidung über die Fristverlängerung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (vgl von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 26 RdNr 13). Insofern besteht eine Parallele zu den Bewerbungsfristen im Beamtenrecht, die von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allerdings als Ordnungsfristen angesehen werden (vgl OVG NRW Beschluss vom 19.5.2011 - 6 B 427/11 - juris RdNr 6; OVG NRW Beschluss vom 5.4.2002 - 1 B 1133/01 - juris RdNr 13; Bayerischer VGH Beschluss vom 17.12.2009 - 3 CE 09.2494 - juris RdNr 27 ff). Es kann dahinstehen, ob es dem Schutz des Grundrechts aus Art 12 Abs 1 GG dient, wenn die Berücksichtigung einer nicht fristgerecht eingereichten Bewerbung bzw eines Antrags von dem - im Einzelfall schwer nachvollziehbaren und vor allem nachprüfbaren - Stand des Bewerbungsverfahrens statt von der strikten Einhaltung einer für alle Beteiligten gleichen und leicht nachvollziehbaren Frist abhängig gemacht wird. Im Hinblick auf die Besonderheiten des vertragsärztlichen Zulassungsverfahrens sind jedenfalls insofern Modifikationen geboten. Im formalisierten Zulassungsverfahren wird eine Verlängerung der Antragsfrist im Hinblick auf den Gleichbehandlungsanspruch der potentiellen Bewerber einerseits und das Interesse an einer funktionsfähigen vertragsärztlichen Versorgung andererseits regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn außergewöhnliche Umstände vorgetragen oder ersichtlich sind. Erfolgt ausnahmsweise eine Verlängerung der Bewerbungsfrist, ist diese wiederum in derselben Weise zu veröffentlichen wie die erste Fristsetzung (vgl Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 1152).

26

Es bedarf keiner Entscheidung, ob auf den erst im November 2006 eingegangenen Zulassungsantrag des Klägers hin die Bewerbungsfrist hätte verlängert werden müssen oder zumindest dürfen. Jedenfalls durfte die Bewerbung des Klägers hier nicht allein wegen Fristversäumnis unberücksichtigt bleiben, weil es bereits an einer wirksamen Fristsetzung fehlte. Zwar hielt sich die Länge der Frist mit zwei Monaten innerhalb der Bandbreite der möglichen Zeiträume von zumindest sechs bis zu acht Wochen. Für eine transparente Verfahrensgestaltung ist aber weiter erforderlich, dass der Fristablauf von den Betroffenen eindeutig bestimmt werden kann und damit vorhersehbar ist. Das ist grundsätzlich nur dann gewährleistet, wenn der Fristbeginn und/oder das Fristende mit einem konkreten Datum benannt sind (vgl BVerfG , NVwZ 2011, 113). Daran fehlt es hier. Der Beschluss des Landesausschusses nennt weder ein Datum für den Fristbeginn noch für das Ende der Frist. Die Bezugnahme auf die "Veröffentlichung" des Beschlusses könnte man allenfalls dann noch als ausreichend bestimmt ansehen, wenn das Datum der Veröffentlichung im Westfälischen Ärzteblatt als amtlichem Mitteilungsblatt der örtlich zuständigen KÄV ohne Weiteres erkennbar wäre. Aus dem Gesamtzusammenhang war zwar klar, dass Bezugspunkt die Veröffentlichung des Beschlusses selbst sein sollte (und nicht die Bekanntgabe gegenüber dem Zulassungsausschuss vgl LSG Baden-Württemberg, MedR 2010, 519). Das Datum des Erscheinens des Westfälischen Ärzteblatts als möglicher Zeitpunkt des Fristbeginns war dem Mitteilungsblatt jedoch nicht zu entnehmen. An der Überprüfung dieser generellen Tatsache war der Senat nicht durch die in § 163 SGG angeordnete Bindung an tatrichterliche Feststellungen gehindert. Weder auf dem Deckblatt der Zeitschrift noch auf der Seite des Abdrucks des Beschlusses fand sich ein konkretes Datum. Lediglich die Bezeichnung als Ausgabe "08/06" deutete auf den Erscheinungszeitpunkt hin. Damit konnte der Fristbeginn hier auch nicht anhand eines Erscheinungsdatums der Veröffentlichung bestimmt werden.

27

Das tatsächliche Erscheinen einer Publikation, auf das der Beklagte abgestellt hat, ist für die Bestimmung eines Fristbeginns ungeeignet. Für Personen, die - wie der Kläger - nicht der Kammer angehören, die die Mitteilungen herausgibt, oder ansonsten deren regelmäßiger Adressat sind, ist dieses Datum bereits nicht ohne Weiteres erkennbar. Die tatsächliche Verfügbarkeit einer Zeitschrift ist überdies von zahlreichen Unwägbarkeiten abhängig und erfolgt auch nicht notwendig in dem auf einer der periodisch erscheinenden Ausgabe ausgewiesenen Monat. Eine Anknüpfung an den letzten Tag im August als Fristbeginn scheidet damit ebenfalls aus. Der Beklagte hätte den Antrag des Klägers mithin noch berücksichtigen müssen.

28

Da der Beklagte den Kläger von vornherein nicht in die Auswahl einbezogen, sondern dem aus seiner Sicht einzigen zulassungsfähigen Bewerber - den Beigeladenen zu 8. - die Zulassung erteilt hat, war der angefochtene Bescheid rechtwidrig. Gründe für eine Ermessensreduzierung auf Null bei der Auswahlentscheidung sind nicht erkennbar. Es ist vielmehr nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte den Kläger an Stelle des Beigeladenen zu 8. rechtmäßig hätte zulassen können. Angesichts der langjährigen fachärztlichen Tätigkeit des Klägers und des Beigeladenen zu 8. wäre dem Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung 55 Jahre alt gewesen ist, keine Bedeutung dahingehend zugekommen, dass der Beigeladene zu 8. hätte vorgezogen werden müssen. Vielmehr hätte bei einer Bewerberkonkurrenz dieser Art Anlass zu der Prüfung bestanden, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen will. Das zeigt auch der vom Beigeladenen zu 8. bereits knapp 14 Monate nach der Entscheidung des Beklagten erklärte Zulassungsverzicht.

29

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §§ 154 ff VwGO.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Zulassungsverordnungen bestimmen, unter welchen Voraussetzungen, in welchem Umfang und für welche Dauer zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung in solchen Gebieten eines Zulassungsbezirks, in denen eine vertragsärztliche Unterversorgung eingetreten ist oder in absehbarer Zeit droht, Beschränkungen der Zulassungen in hiervon nicht betroffenen Gebieten von Zulassungsbezirken nach vorheriger Ausschöpfung anderer geeigneter Maßnahmen vorzusehen und inwieweit hierbei die Zulassungsausschüsse an die Anordnung der Landesausschüsse gebunden sind und Härtefälle zu berücksichtigen haben.

(2) Die Zulassungsverordnungen bestimmen nach Maßgabe des § 101 auch das Nähere über das Verfahren bei der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen bei vertragsärztlicher Überversorgung.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der Landesausschuß hat von Amts wegen zu prüfen, ob in einem Planungsbereich eine ärztliche Überversorgung vorliegt. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Hierbei sind die in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorgesehenen Maßstäbe, Grundlagen und Verfahren zu berücksichtigen.

(2) Stellt der Landesausschuß fest, daß eine Überversorgung vorliegt, so hat er mit verbindlicher Wirkung für einen oder mehrere Zulassungsausschüsse nach Maßgabe des § 103 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Zulassungsbeschränkungen anzuordnen.

(3) Der Landesausschuß hat spätestens nach jeweils sechs Monaten zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen fortbestehen. Entfallen die Voraussetzungen, so hat der Landesausschuß mit verbindlicher Wirkung für die Zulassungsausschüsse die Zulassungsbeschränkungen unverzüglich aufzuheben. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Die Anordnung und Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen ist in den für amtliche Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigungen vorgesehenen Blättern zu veröffentlichen.

Gründe

A.

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Versorgung der Beschwerdeführerin mit einem Medizinprodukt auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die beantragte Versorgung war mit der Begründung abgelehnt worden, das Medizinprodukt sei nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen worden, und es gebe keinen Anspruch darauf, dass die Kosten der Behandlung einer lebensbedrohlichen Erkrankung nach den Grundsätzen des Beschlusses des Ersten Senats vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) übernommen würden.

II.

2

1. Die Beschwerdeführerin leidet an einer chronischen Erkrankung der Harnblasenwand. Die Krankheit hat eine erhebliche Verringerung der Blasenkapazität sowie Entleerungsstörungen mit ausgeprägten Schmerzen und imperativem Harndrang zur Folge. Bei chronischem Verlauf kann eine Schrumpfblase entstehen, die bei unglücklicher Entwicklung der Krankheit eventuell operativ entfernt werden muss. Die Beschwerdeführerin beantragte bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit einem Medizinprodukt zur Therapie dieser Krankheit. Sämtliche Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Versorgung blieben ohne Erfolg. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung der Revision durch das Bundessozialgericht und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 SGB V.

3

2. Die Verfassungsbeschwerde stützt sich im Wesentlichen auf zwei Argumente:

4

a) Zum einen beansprucht die Beschwerdeführerin nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) eine Versorgung mit dem Medizinprodukt unmittelbar aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. In dieser Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Versorgung anerkannt, wenn ein Versicherter an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung leidet, für die schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht existieren, und wenn die gewünschte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht (vgl. BVerfGE 115, 25 <49>). Die Beschwerdeführerin trägt vor, sie erfülle alle Voraussetzungen dieses Anspruchs; die Krankheit sei lebensbedrohlich, weil sie nach bisherigen Erfahrungen auch Anlass für einen Suizid sein könne.

5

Zumindest müsse der Anspruch in Fortführung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auch in Fällen schwerwiegender Erkrankungen eröffnet sein, die zum Verlust eines Körperorgans führen und die sozialen Kontakte der Erkrankten erheblich beeinträchtigen könnten. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 formuliere, dass der Anspruch "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung bestehe (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>); dass das Tatbestandsmerkmal nur als Beispiel aufgeführt werde, belege, dass es Krankheiten gleichen Gewichts gebe, die ebenfalls zu einem solchen Anspruch führen könnten.

6

b) Zum anderen rügt die Beschwerdeführerin, der nach § 91 SGB V tätige Gemeinsame Bundesausschuss verweigere die Aufnahme des von ihr gewünschten Medizinprodukts in seine Arzneimittel-Richtlinie, ohne dafür hinreichend demokratisch legitimiert zu sein. Diese Weigerung wirke ihr gegenüber rechtlich wie eine Ablehnung, denn nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei die Aufnahme des Medizinprodukts in eine Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Voraussetzung einer Versorgung.

7

Die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erfassten alle an der Krankenversorgung Beteiligten ohne eine hinreichende Steuerung durch parlamentarisches Gesetz oder durch Weisung und Aufsicht der Gesundheitsbehörden. Die Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses seien völlig weisungsunabhängig. Zehn Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses würden von den Leistungserbringern und -finanzierern der gesetzlichen Krankenversicherung bestellt, die drei unparteiischen Mitglieder im Einvernehmen dieser beiden Gruppen ernannt. Die vom Demokratieprinzip erforderte personelle Legitimationskette vom Volk über das Parlament zum Gemeinsamen Bundesausschuss fehle gänzlich.

B.

8

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt nicht entsprechend den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG substantiiert und schlüssig die Möglichkeit der Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerin auf. Teilweise genügt sie auch nicht den Anforderungen an die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

I.

9

1. a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das jeweils bezeichnete Grundrecht verletzt sein und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidieren soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 108, 370 <386 f.>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffenen Maßnahmen verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87> m.w.N.).

10

b) Der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG abgeleitete Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde fordert, dass ein Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern (vgl. BVerfGE 68, 384 <388 f.>). Dem Bundesverfassungsgericht soll vor seiner Entscheidung unter anderem ein regelmäßig in mehreren Instanzen geprüftes Tatsachenmaterial unterbreitet und die Fallanschauung der Gerichte, insbesondere der obersten Bundesgerichte, vermittelt werden (vgl. BVerfGE 72, 39 <43>). Deswegen ist dem Subsidiaritätsgrundsatz auch nicht genügt, wenn im Instanzenzug ein Mangel nicht nachgeprüft werden konnte, weil er nicht oder nicht in ordnungsgemäßer Form gerügt worden war (vgl. BVerfGE 16, 124 <127>; 54, 53 <65>; 74, 102 <114>). Zwar resultiert daraus keine allgemeine Pflicht, verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken schon in das fachgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BVerfGE 112, 50 <60 ff.>). Dies lässt aber die Obliegenheit der Parteien unberührt, die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vollständig vorzutragen; ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag ist im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 112, 50 <62>). Hat der Beschwerdeführer die Tatsachen dort nicht vollständig vorgebracht, hat er nicht alles ihm Zumutbare getan, um eine fachgerichtliche Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.

11

2. An diesen Substantiierungsanforderungen und am Grundsatz der Subsidiarität scheitert die Verfassungsbeschwerde mit ihren Angriffen gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und mittelbar gegen § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V.

12

a) Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 geben die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG einen Anspruch auf Krankenversorgung insbesondere in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, wenn für sie schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht vorliegen und die vom Versicherten gewählte andere Behandlungsmethode eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verspricht. Dann könnten diese Grundrechte in besonders gelagerten Fällen zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten (vgl. BVerfGE 115, 25 <45 und 49>).

13

b) Nach ihren eigenen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin von keiner lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung betroffen. Sie leidet zwar zweifellos an einer schwerwiegenden Erkrankung mit gewichtigen Folgen; diese begründet aber keine zeitlich naheliegende Todesgefahr. Ihr Hinweis auf statistisch erfasste Suizide bei einer Erkrankung dieser Art kann in seiner Allgemeinheit das individuelle Vorliegen dieses Anspruchsmerkmals nicht begründen.

14

c) Auch sind die medizinischen Angaben der Beschwerdeführerin unzureichend, um im Hinblick auf das von ihr begehrte Medizinprodukt eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf prüfen zu können. Zwar gibt die Verfassungsbeschwerde die Indizien für einen individuellen Wirkungszusammenhang aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (vgl. BVerfGE 115, 25 <50>) abstrakt wieder, konkretisiert sie aber nicht für den Einzelfall. Die Beschwerdeführerin hat weder vergleichende Angaben zu ihrem und dem Gesundheitszustand anderer behandelter Versicherter gemacht noch eine fachliche Einschätzung ihrer behandelnden Ärzte zu der beabsichtigten Therapie vorgelegt. Warum beides im Hinblick auf ihre nicht näher dargelegte finanzielle Situation von vornherein unzumutbar sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem fehlt es an wesentlichen Informationen zu medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit des von ihr begehrten Medizinprodukts. Dessen positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf ist zunächst lediglich behauptet und mit pauschalen Verweisen auf Anwendungsuntersuchungen begründet worden. Erst nach Ablauf der maßgeblichen Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für die Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerde detaillierter vorgetragen, aber auch dann nur vorgebracht, dass ihrer Ansicht nach eine in das Verfahren neu eingebrachte Studie trotz deren höherer Evidenzstufe nicht geeignet sei, einen Wirksamkeitsnachweis auszuschließen.

15

d) Dem Vortrag der Beschwerdeführerin lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie im Verfahren vor den Sozialgerichten ausreichende Darlegungen für einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf das begehrte Medizinprodukt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 vorgebracht und so dem Grundsatz der Subsidiarität genügt hätte.

16

3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es sei verfassungsrechtlich geboten, den grundgesetzlichen Leistungsanspruch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 auf schwerwiegende Krankheiten zu erweitern, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankungen vergleichbar sind. Sie verweist dazu auf die Formulierung im genannten Beschluss, der Anspruch entstehe "insbesondere" in Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Er müsse also auch für andere Krankheiten gleichen Gewichts gelten.

17

a) Eine solche Erweiterung ist fachgerichtlich schon anerkannt und mittlerweile auch gesetzlich normiert worden. Schon das Bundessozialgericht hat den verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungsfälle in notstandsähnlichen Situationen erweitert (vgl. BSGE 96, 153 <160 f. Rn. 31-32>; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 12/06 R -, SozR 4-2500 § 31 Nr. 8 Rn. 16 ff.). Dies sei bei einem drohenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gegeben. Der Verlust müsse jedoch in absehbarer Zeit, das heißt in einem kürzeren, überschaubaren Zeitraum, mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (vgl. BSGE 100, 103 <112 Rn. 32>). Der Gesetzgeber ist dem gefolgt und hat mit Wirkung zum 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a SGB V einen Anspruch bei einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung gegeben. Es blieb dem Gesetzgeber zwar unbenommen, die vom Bundessozialgericht vorgenommene Anspruchserweiterung in § 2 Abs. 1a SGB V nachzuzeichnen. Diese Änderung des einfachen Gesetzesrechts vermag jedoch den hier im Verfahren der Verfassungsbeschwerde allein maßgeblichen verfassungsunmittelbaren Anspruch für sich genommen nicht zu erweitern. Im Übrigen ist die einfachgesetzliche Anspruchsgrundlage erst im Jahr 2012 geschaffen worden, erfasst also zeitlich das vorliegende fachgerichtliche Verfahren nicht.

18

b) Das Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt mit krankenversicherungsrechtlichen Leistungsansprüchen in Fällen schwerwiegender Erkrankungen befasst, aber in keinem Fall festgestellt, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, die Grundsätze des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Es würde auch dem Ausnahmecharakter eines aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 GG abgeleiteten Leistungsanspruchs nicht gerecht, in großzügiger Auslegung der Verfassung einen solchen zu erweitern und so die sozialstaatliche Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers außer Acht zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb festgestellt, dass die notwendige Gefährdungslage erst in einer notstandsähnlichen Situation vorliege, in der ein erheblicher Zeitdruck für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Anknüpfungspunkt eines derartigen Anspruchs ist deswegen unverändert "das Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 26. März 2014 - 1 BvR 2415/13 -, juris, Rn. 14). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch ist so auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt. Entscheidend ist es, dass eine Krankheit lebensbedrohlich ist, das heißt in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann, und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Dies bedeutet nicht, dass in anderen Krankheitsfällen Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung keinen grundrechtlichen Schutz genießen; insoweit kommt nach den Maßstäben des Beschlusses vom 6. Dezember 2005 jedoch kein verfassungsunmittelbarer Leistungsanspruch auf Versorgung in Betracht.

19

4. Die Verfassungsbeschwerde ist mangels hinreichender Substantiierung auch insoweit unzulässig, als die Beschwerdeführerin eine fehlende demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses bei der Ausgestaltung der Leistungsansprüche der Versicherten geltend macht.

20

a) Die Schutzwirkungen des Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gehen über den im Beschluss vom 6. Dezember 2005 anerkannten, besonderen Extremfall der lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Krankheit hinaus und vermitteln einen weitergehenden subjektivrechtlichen Grundrechtsschutz. Die Ausgestaltung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich an der grundrechtlichen Pflicht des Staates zu orientieren, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu stellen (vgl. BVerfGE 115, 25 <44 f.> m.w.N.). Zugleich schützt das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip in einem auf Zwangsmitgliedschaft und Beitragspflicht beruhenden Versicherungssystem, bei dem der Einzelne typischerweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die Höhe seines Beitrags und auf Art und Ausmaß der aus seinem Versicherungsverhältnis geschuldeten Leistung hat, den beitragspflichtigen Versicherten vor einer Unverhältnismäßigkeit von Beitrag und Leistung. Zwar ergibt sich daraus grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch auf bestimmte Leistungen zur Krankenbehandlung. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen sind aber daraufhin zu prüfen, ob sie im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. BVerfGE 115, 25 <43>). Den Versicherten steht insoweit ein Anspruch auf eine verfassungsmäßige Ausgestaltung und auf eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung zu (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>). Gesetzlicher Ausgestaltung bedürfen insbesondere auch die grundsätzlich zulässigen (vgl. BVerfGE 115, 25 <45>) Verfahren zur Bewertung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden. Würde eine zur Behandlung einer Krankheit benötigte Leistung in einem Entscheidungsprozess verweigert, der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, wären Versicherte in ihren Grundrechten verletzt. Auf einen derartigen Anspruch auf Gewährleistung verfassungsmäßiger Ausgestaltung des Verfahrens der Leistungsgewährung könnte sich ein Beschwerdeführer prozessrechtlich nach § 90 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG jedoch nur dann berufen, wenn er darlegte, die begehrte Behandlungsmethode biete eine zumindest auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

21

Hieran fehlt es jedoch vorliegend. Die Beschwerdeführerin hat - wie bereits festgestellt - im Rahmen der Verfassungsbeschwerde nicht innerhalb der Begründungsfrist substantiiert dazu vorgetragen, dass die von ihr begehrte Behandlungsmethode eine derartige Aussicht auf Heilung oder spürbar positive Einwirkung verspricht.

22

b) Zudem bedürfte eine Verfassungsbeschwerde, die im Ergebnis auf Aufnahme eines Medizinprodukts in eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V zielt und das dem zugrunde liegende Verfahren aufgreift, einer Befassung mit der konkreten Befugnisnorm, auf der die streitige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses fußt. Vorliegend fehlt jedoch die Darlegung, aus welchen Gründen gerade § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V, der es dem Gemeinsamen Bundesausschuss gestattet, ausnahmsweise Medizinprodukte in die Reihe der verordnungsfähigen Versorgung aufzunehmen, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben, etwa zur demokratischen Legitimation (vgl. BVerfGE 115, 25 <47>), unvereinbar sein könnte. Mit dem Vorbringen - durchaus gewichtiger - genereller und allgemeiner Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses als Institution kann das nicht gelingen. Vielmehr bedarf es konkreter Ausführungen nicht nur zum Einzelfall, sondern auch zur Ausgestaltung der in Rede stehenden Befugnis, zum Gehalt der Richtlinie und zur Reichweite der Regelung auf an ihrer Entstehung Beteiligte oder auch unbeteiligte Dritte. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss für eine Richtlinie hinreichende Legitimation besitzt, wenn sie zum Beispiel nur an der Regelsetzung Beteiligte mit geringer Intensität trifft, während sie für eine andere seiner Normen fehlen kann, wenn sie zum Beispiel mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht mitwirken konnten. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der Ausschuss für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist.

23

Dem wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht. Auf die allein in Frage stehende Befugnisnorm des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V und auf die demokratische Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gerade für die darauf gründende Richtliniensetzung geht sie gar nicht ein, sondern begnügt sich mit der Wiedergabe allgemeiner Zweifel an der generellen Legitimation dieser Institution. Auch wäre es erforderlich gewesen, auf die tatsächliche Bedeutung der dem Ausschuss gerade für die Medizinprodukteversorgung übertragenen Befugnisse näher einzugehen und den Gehalt der gesetzlichen Vorgaben und deren Auslegung in der Praxis in Abgrenzung etwa zu denen der Arzneimittelversorgung zu würdigen, um so dem Bundesverfassungsgericht eine Beurteilungsgrundlage dafür zu schaffen, wieweit die Entscheidungen des Ausschusses gesetzlich angeleitet sind und welche Bedeutung ihnen praktisch zukommt.

II.

24

1. Die Verfassungswidrigkeit des Inhalts der die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten regelnden §§ 27 bis 29 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) rügt die Beschwerdeführerin nicht. Die Verfassungsbeschwerde kritisiert zwar die vom Gemeinsamen Bundesausschuss im 4. Kapitel seiner Verfahrensordnung für alle Richtlinienentscheidungen festgelegten Evidenzanforderungen und Bewertungskriterien sowie die aus ihrer Sicht unzureichenden Ermittlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses im Herstellerzulassungsverfahren und will hieraus ein Systemversagen ableiten. Weder die Verfahrensordnung noch das Genehmigungsverfahren selbst sind aber von der Beschwerdeführerin zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht worden.

25

2. Die zusätzlich und ausdrücklich als verfassungswidrig gerügte Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V war für das angegriffene Urteil des Bundessozialgerichts ohne rechtliche Relevanz. Sie erklärt den in § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V geregelten gesetzlichen Versorgungsausschluss für bestimmte Arzneimittel - wie Erkältungs-, Schmerz- oder Abführmittel und Reisemedizin - für entsprechend anwendbar. Von dieser Vorschrift ist die Beschwerdeführerin, soweit erkennbar, in keiner Weise selbst betroffen. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, weshalb diese Regelung, die überhaupt keine Normsetzungskompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses begründet, unvereinbar mit dem Grundgesetz sein sollte. Die Beschwerdebegründung geht darauf nicht ein.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2012 geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, bei seiner erneuten Entscheidung über den Zulassungsantrag des Klägers die Rechtsauffassung des Senats zu beachten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

2

Der 1969 geborene Kläger verfügt über ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und ist seit 2000 Diplom-​Psychologe mit dem Schwerpunkt pädagogische Psychologie; er ist als Psychologischer Psychotherapeut (PP) approbiert. Im Januar 2010 schloss der Kläger eine zusätzliche Fachkundeausbildung für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen gemäß § 6 Abs 4 der Psychotherapie-​Vereinbarung (Psych-​Vb) ab. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. sind ist Diplom-Pädagoginnen und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen (KJP) approbiert.

3

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-​OrgWG) wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V nF bestimmt, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten vorbehalten ist, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Im Anschluss an diese Neuregelung und die sie umsetzenden Bestimmungen in der Bedarfsplanungs-​Richtlinie (BPlRL) des zu 5. beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) entsperrte der zu 4. beigeladene Landesausschuss mit Beschluss vom 10.2.2010 den Planungsbereich Psychotherapie in B. für weitere Zulassungen im Umfang von insgesamt 81 vollen Versorgungsaufträgen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Daraufhin bewarben sich insgesamt 118 Therapeuten, darunter 87 KJPen, 30 PPen sowie eine Fachärztin für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Mit Bescheid vom 22. bis 24.6.2010 ließ der Zulassungsausschuss 82 KJPen zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu, darunter die Beigeladenen zu 1. und zu 2. Die Zulassungsanträge der übrigen KJPen sowie sämtlicher PPen - auch den des Klägers - lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass KJPen vorrangig vor den PPen zu berücksichtigen gewesen seien. Gegen diesen Beschluss erhoben 18 unterlegene Bewerber, darunter auch der Kläger, Widerspruch.

4

Mit Bescheid vom 9.12.2010 (aus der Sitzung vom 27.10.2010) wies der beklagte Berufungsausschuss (ua) den Widerspruch des Klägers zurück (der Beigeladenen zu 1. erteilte der Beklagte anders als der Zulassungsausschuss eine Zulassung lediglich im Umfang eines halben Versorgungsauftrages) und ordnete die sofortige Vollziehung des Beschlusses an. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte ua aus, er habe im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dem Kriterium der beruflichen Eignung maßgebliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der Vielzahl der Bewerber sei eine individuelle Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Auswahlkriterien bei jedem Einzelbewerber nicht möglich gewesen und hätte zu willkürlichen Entscheidungen geführt. Von daher sei ein Raster geboten, an welchem die Bewerber zu messen seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die PPen auch zur Behandlung von Erwachsenen berechtigt seien, während die KJPen ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln dürften, und die Verweigerung einer Zulassung sie erheblich stärker treffe als die PPen. Für eine Bevorzugung der KJPen spreche ferner, dass hierdurch die Nachhaltigkeit der Versorgungslage besser gewährleistet sei, weil den KJPen ein Wechsel in einen anderen Versorgungsbereich nicht möglich sei. Die KJPen seien zudem aufgrund ihrer Ausbildung besonders geeignet, Kinder und Jugendliche zu behandeln, da es sich dabei um eine speziell auf die Behandlung dieses Personenkreises ausgerichtete Ausbildung handele. Deshalb sei die Berufsbezeichnung KJPen in § 24 lit b) Satz 3 BPlRL einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Der ausdrücklichen Erwähnung der KJPen in § 5 Abs 6a BPlRL könne entnommen werden, dass auch seitens des GBA dieser Personenkreis zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen als besonders geeignet angesehen werde. Das BSG habe die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter Hinweis auf § 24 lit c) BPlRL als besonderen Versorgungsbereich bewertet. Er - der Beklagte - übe sein Auswahlermessen daher dahingehend aus, dass die zu besetzenden Sitze zunächst an KJPen gingen, wobei diese in eine weitere Rangfolge nach Approbationsalter, Dauer der ärztlichen (psychotherapeutischen) Tätigkeit und Wartelisteneintrag zu unterteilen seien. Dann noch übrige Sitze seien an andere Bewerber zu vergeben, und zwar wiederum unter Berücksichtigung der genannten weiteren Kriterien. Die Berufserfahrung der PPen im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unterfalle nicht dem Kriterium berufliche Eignung, sondern dem als nachrangig eingestuften Kriterium der Dauer der ärztlichen Tätigkeit.

5

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und zunächst die vollständige Aufhebung des Bescheides des Beklagten und die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Widerspruchs begehrt; nachfolgend hat er die Klage dahingehend beschränkt, dass er die Aufhebung nur hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sowie hinsichtlich der Ablehnung seines eigenen Antrags begehrt. Mit Urteil vom 21.3.2012 hat das SG den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Zulassung des Klägers abgelehnt worden war, und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Klage in zulässiger Weise beschränkt. Der angefochtene Bescheid sei jedoch nur insoweit rechtswidrig, als die Entsperrung im Umfang von 82 anstatt von 81 Sitzen hätte erfolgen müssen. Der Beklagte sei hingegen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass KJPen im Hinblick auf die zu vergebenden Sitze beruflich besser geeignet seien als PPen mit Zusatzqualifikation.

6

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.10.2013). Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bleibe die Berufung jedenfalls deshalb ohne Erfolg, weil der Senat aus rechtlichen Gründen gehindert sei, isoliert die Zulassungen nur der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Bei dem angefochtenen Bescheid des Beklagten handele es sich nicht um die Zusammenfassung der Entscheidungen über eine Vielzahl von Vertragsarztsitzen, sondern um eine einheitliche Auswahlentscheidung. Die Auswahlentscheidung sei insoweit unteilbar, als die Entscheidung für einen von mehreren Bewerbern notwendig auch die Ablehnung der anderen Bewerber beinhalte. Entschieden die Zulassungsgremien über mehrere ausgeschriebene Stellen gleichzeitig und hätten sich alle Bewerber auf alle Stellen beworben, liege der Auswahlentscheidung typischerweise - so auch hier - eine anhand bestimmter Auswahlkriterien gebildete Rangliste zugrunde, und die Besetzung der Stellen werde dann anhand der Rangliste vorgenommen, indem entsprechend des Rangs so viele Bewerber zugelassen würden, wie Stellen zu vergeben seien. Hierbei stünden alle Bewerber um die ausgeschriebenen Vertragsarztsitze in einem Wettbewerb. Die Entscheidung über jeden einzelnen Vertragsarztsitz werde in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes inhaltlich konkretisiert; jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirke sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus.

7

Eine Teilanfechtung verkürze zudem in nicht zu rechtfertigender Weise den Rechtsschutz der Beigeladenen zu 1. und 2., deren "Auswahl" durch den Kläger auf Zufall oder auf sachfremden Gründen beruhen könne, wenn ihnen aufgrund der Bestandskraft der anderen Zulassungen der Einwand verwehrt wäre, ein besser positionierter Bewerber sei wesentlich ungeeigneter. Zur Vermeidung verfassungs-​, insbesondere gleichheitswidriger Ergebnisse müssten auch sie die rechtliche Möglichkeit haben, ihre bessere Eignung im Verhältnis zu anderen, (noch) nicht am Rechtsstreit beteiligten Zugelassenen geltend zu machen. Auch Gründe der Praktikabilität geböten eine Teilbarkeit solcher Auswahlentscheidungen nicht. Zwar erscheine es auf den ersten Blick schon allein wegen des Kostenrisikos unzumutbar, von einem unterlegenen Bewerber die Anfechtung aller Zulassungen zu verlangen. Eine durch Kostenrisiken ausgelöste Gefährdung der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes iS von Art 19 Abs 4 GG sei jedoch ggf durch eine Modifizierung der nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffenden Kosten- bzw Streitwertentscheidung zu entschärfen.

8

Der Senat könne daher offenlassen, ob das SG zu Recht die Auswahlentscheidung des Beklagten bestätigt habe. Auch wenn in Massenzulassungsverfahren ein gröberes Entscheidungsraster zulässig sein dürfte, bestünden aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel, dass der Beklagte bei der Prüfung der beruflichen Eignung den KJPen pauschal den Vorzug vor den sonstigen psychotherapeutischen Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuen, habe geben dürfen. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung sei ein Anhalt hierfür zu entnehmen. Der Verweis auf die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte für die Approbation zum KJPen einerseits und die Zusatzqualifikation für PPen nach § 6 Abs 4 Psych-​Vb andererseits begegne erheblichen Bedenken. Zwar mögen die Leistungserbringer, die - ohne die Berufsbezeichnung "KJP" zu führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, möglicherweise keine ebenso intensive weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben wie KJPen, doch stehe dem die höherwertige Grundqualifikation der PPen gegenüber.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe zu Unrecht die Teilbarkeit des Verwaltungsakts (VAs) verneint. Bei den in einem Sammelbeschluss zusammengefassten Entscheidungen handele es sich in der Sache bezogen auf jede Zulassungsvergabe um einen einzelnen Streitgegenstand und damit um Einzel-VAe. Insbesondere sei für jede einzelne zu vergebende Rechtsposition aus einer Vielzahl von Neuzulassungsmöglichkeiten eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Jede Zulassung könne unabhängig von den anderen 80 Zulassungen erteilt werden bzw bei Aufhebung einer dieser anderen Zulassungen selbstständig und unabhängig fortbestehen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern anhand von unterschiedlich gewichteten Auswahlkriterien sei lediglich Bestandteil der Prüfung, ob die tatbestandlich geforderten Zulassungsvoraussetzungen vorlägen und von wem sie vorrangig erfüllt würden. Diese Auswahlprüfung sei Inhalt der Begründung der getroffenen Entscheidung, nicht aber Inhalt der Verwaltungsregelung selbst. Jede dieser einzelnen Zulassungen sei daher getrennt überprüfbar. In der Sache sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil kein Vorrang der KJPen bestehe. Beim Auswahlkriterium "berufliche Eignung" komme es nicht allein auf den Ausbildungsweg und dessen Inhalte an, denn die berufliche Eignung speise sich insbesondere auch durch den Nachweis praktischer Tätigkeiten, ihre Zeitdauer und weitere Berufserfahrungen. Die Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V zeige die Wertung des Gesetzgebers, PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation den KJPen gleichzustellen.

10

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2013 aufzuheben und das Urteil des SG Berlin vom 21.3.2012 zu ändern und den Beschluss des Beklagten vom 27.10.2010 auch insoweit aufzuheben, als die Beigeladenen zu 1. und 2. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, und den Beklagten zu verpflichten, über den Zulassungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Seine Entscheidung habe sich in 81 einzelnen Zulassungsentscheidungen niedergeschlagen, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. In einem gröberen Raster sei durchaus anzunehmen, dass gerade KJPen für die erforderliche "schnelle" Besetzung der Praxissitze zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet seien. Bei ihnen bestehe eine besondere Beziehung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, aufgrund derer er - der Beklagte - es für möglich habe halten dürfen, dass bei ihnen der Auftrag zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen umfassend erfüllt werde. Demgegenüber sei bei PPen mit Zusatzausbildung nicht auszuschließen, dass sie auch Erwachsene behandelten. Klarzustellen sei, dass er ein gröberes Raster nur für den hier gegebenen Ausnahmefall eines "Massenverfahrens" für anwendbar halte.

13

Die zu 3. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - den Ausführungen des Beklagten an.

14

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
 die Revision zurückzuweisen, soweit sie auf die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen zu 2. gerichtet ist.

15

Die Zulassungen seien nicht teilbar, da die Entscheidung nur einheitlich ergehen könne; es liege ein umfassendes, einheitliches Gesamtzulassungsverfahren vor. Die Bewerber stünden in einem Wettbewerb zueinander über die Vergabe der zur Zulassung führenden Ranglistenplätze; die Rangliste bestimme das Verhältnis der einzelnen Bewerber untereinander. Welcher Ranglistenplatz einem Bewerber zugeteilt werde, hänge somit nicht allein von Tatsachen ab, die in seiner Person begründet seien, sondern ergebe sich erst im Vergleich zu den restlichen Bewerbern. Aufgrund der nach oben hin monoton steigenden und nach unten hin monoton fallenden Wertigkeit der Bewerbungen innerhalb der Rangliste würden durch die Auswahl des Anfechtenden gleichzeitig die Bewerbungen geprüft, die unterhalb der angefochtenen lägen und dennoch eine Zulassung erhielten. Auch sei denkbar, dass ein und dieselbe Zulassung isoliert von mehreren nicht berücksichtigten Bewerbern angefochten werde; würden diese sämtlich obsiegen und an die Stelle der angefochtenen Zulassung rücken, käme es letztlich zu einem neuen Zulassungsverfahren. Darüber hinaus erkenne der Anfechtende mit dem "Herauspicken" einer Zulassung die Auswahlentscheidung des Beklagten hinsichtlich der Kriterien für die Erstellung der Rangliste an; diese anzugreifen scheide damit aus. Zudem käme es zu einer unzumutbaren Verkürzung des Rechtsschutzes, wenn sich bei einer erfolgreichen Teilanfechtung ein beigeladener Bewerber mit der Bestandskraft der übrigen Zulassungen abfinden müsste. Die Beseitigung der Rechtswidrigkeit bezüglich des Anfechtenden geschähe auf Kosten einer anderweitigen Rechtswidrigkeit desselben Verfahrens. Kostenrisiken lägen auf beiden Seiten vor (Anwaltskosten ./. Investitionskosten).

16

Auch die Auswahlentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. § 23 Abs 3 Satz 1 BPlRL eröffne ihm Ermessen, sodass seine Entscheidung lediglich auf Ermessensfehler hin zu überprüfen sei. Die Einordnung der "beruflichen Eignung" als maßgebliches Kriterium sei ermessensfehlerfrei, weil dies dem der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Zweck - der Sicherstellung der bestmöglichen Versorgung - entspreche. Im Rahmen der "beruflichen Eignung" bestehe ein Beurteilungsspielraum insoweit, als es dem Beklagten unbenommen sei zu entscheiden, wer "beruflich besser geeignet" sei. Dies habe der Beklagte durch die Bevorzugung der Berufsgruppe der KJPen getan. Damit habe er die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Ob die Zusatzqualifikation der PPen gleichrangig sei, sei dem Beurteilungsspielraum des Beklagten überlassen. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V bestätigt.

17

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Kläger berechtigt, (lediglich) einzelne der Zulassungsentscheidungen anzufechten, die der Beklagte in einem Bescheid zusammengefasst hat; das LSG hätte daher die Berufung nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen dürfen (1.). Dem LSG ist allerdings - inhaltlich - insoweit zu folgen, als es (obiter dictum) die Bevorzugung der KJPen beanstandet hat; insoweit hätte es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG stattgeben und seinem Antrag entsprechend entscheiden müssen (2.). Der beklagte Berufungsausschuss muss daher neu über den Zulassungsantrag des Klägers entscheiden.

19

1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht gehindert gesehen, isoliert nur die Zulassungen der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Der Kläger war nicht aus Rechtsgründen gehindert, seine Anfechtungsklage darauf zu beschränken, den Bescheid des Beklagten allein insoweit anzugreifen, als der von ihm gestellte Zulassungsantrag abgelehnt und den Beigeladenen zu 1. und 2. Zulassungen erteilt wurden. Bei dem Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 handelt es sich um einen teilbaren VA, der einer entsprechenden Teilanfechtung zugänglich ist.

20

a. Eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf abtrennbare Teile eines VAs ist grundsätzlich zulässig (vgl BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15; BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15). Sie erlaubt es Klägern als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen (BSGE 116, 64 = SozR, aaO, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen). Die Beschränkung kann bereits bei Klageerhebung erklärt, aber auch im Verlauf des Prozesses entweder durch eine entsprechende Klarstellung des zunächst nicht näher bestimmten Streitgegenstandes oder durch eine teilweise Klagerücknahme (§ 102 SGG) herbeigeführt werden (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7). So liegt es hier. Der Kläger hat seine Klage "insoweit" beschränkt, als die von ihm erhobene offensive Konkurrentenklage nur die den Beigeladenen zu 1. und zu 2. erteilten Zulassungen betreffen soll. Die Beschränkung des Klagegegenstandes führt dazu, dass die nicht (mehr) angegriffenen Teilregelungen in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG), sodass eine später hierauf erneut erstreckte Klage unzulässig ist (BSG aaO mwN).

21

b. Voraussetzung einer Beschränkung des Rechtsbehelfs ist damit, dass sie auf abtrennbare Teile des VAs bezogen ist; die Teilanfechtung eines VAs setzt dessen Teilbarkeit voraus.

22

Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Teilanfechtung zulässig ist; vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit des VAs an (stRspr, vgl BSGE 59, 137, 143, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 31; BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 25-26). Allerdings enthält auch das materielle Recht regelmäßig keine eindeutigen Vorgaben dazu, wann von einer Teilbarkeit des VAs bzw von einer Abtrennbarkeit einzelner Regelungen desselben ausgegangen werden kann, sondern dies muss durch Auslegung ermittelt werden.

23

Abtrennbar - und damit teilweise anfechtbar - sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen; jeweils mwN). Inhaltlich wird eine Teilbarkeit des VAs dann angenommen, wenn die abzutrennenden Teile nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen stehen (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15). Die abgetrennten Teile müssen als selbstständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72 = DÖV 1974, 380)bzw die Rechtswidrigkeit des einen Teils darf sich nicht auf den Rest des VAs auswirken (BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 59, 148, 156 = SozR 2200 § 368a Nr 14; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN). Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Definitionen regelmäßig auf die Frage der Teilbarkeit eines gegen ein und denselben Adressaten gerichteten VAs beziehen, also Situationen betreffen, in denen von vornherein eine höhere wechselseitige Abhängigkeit der einzelnen Regelungen anzunehmen ist; teilweise betreffen sie zudem nur die Frage, inwiefern Nebenbestimmungen gesondert anfechtbar sind (etwa BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72). Dies ist bei der Prüfung, ob die - einschränkenden - Anforderungen vorliegen, zu berücksichtigen.

24

c. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 teilbar.

25

aa. Die den übrigen Bewerbern erteilten Zulassungen können auch - unabhängig vom Schicksal der angefochtenen Zulassungen - selbstständig bestehen bleiben, da es sich jeweils um abgrenzbare Entscheidungen handelt. Jeder erfolgreiche Bewerber erhält eine Zulassung, deren Bestand von den anderen Zulassungen unabhängig ist und die lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass sie - bis zum Eintritt der Bestandskraft - von Dritten angefochten werden könnte. Die Aufhebung der angefochtenen Zulassungen würde den Bestand der übrigen Zulassungen nicht berühren; sie würden hierdurch auch keinen anderen Inhalt erlangen.

26

Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, anstelle des aus verwaltungsökonomischen Gründen erlassenen Sammelbescheides (zur Zulässigkeit eines an mehrere Adressaten gerichteten Sammel-VAs s Luthe in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, § 31 RdNr 60, unter Verweis auf das Senatsurteil - B 6 KA 18/08 R - vom 17.06.2009 zum Kollektivverzicht = SozR 4-1500 § 54 Nr 15) eine Vielzahl von Einzel-VAe zu erlassen. Zwar ist zutreffend, dass dann, wenn die Zulassungsgremien zwischen mehreren - grundsätzlich geeigneten - Bewerbern eine Auswahl zu treffen haben, eine derartige Auswahlentscheidung zugunsten oder zulasten eines Bewerbers nicht isoliert neben den übrigen Entscheidungen steht, sondern alle Entscheidungen das Ergebnis eines einheitlichen Auswahlprozesses sind. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dass die Bestimmung der Auswahlkriterien nur für alle Bewerber einheitlich erfolgen konnte. Das Resultat dieser anhand der Kriterien getroffenen Auswahl schlägt sich jedoch in jeweils getrennten einzelnen Entscheidungen nieder, nämlich jeweils im Sinne einer Zulassung bzw einer Ablehnung des Antrags. Da der Beklagte nach einem klaren Prüfungsschema vorgegangen ist, ergibt sich die jeweilige Entscheidung zwangsläufig anhand dieser Kriterien, ohne dass insoweit zwingende "Wechselbeziehungen" zwischen den einzelnen Bewerbern bestehen.

27

Dem entspricht die Rechtsprechung des BVerwG zur Aufnahme in den Krankenhausplan. Dort wird die Auswahlentscheidung nach den Feststellungen des BVerwG (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 20) nicht in einem einzigen VA "verlautbart"; vielmehr ergehen auf ihrer Grundlage separate (positive oder negative) Feststellungsbescheide, die jeweils Angriffspunkt für den gebotenen Rechtsschutz sein können. Das BVerwG hat hierzu entschieden, dass die Auswahlentscheidung den "Feststellungsbescheiden" lediglich als Begründungselement zugrunde liegt, nicht aber als solche zu ihrem Regelungsausspruch gehört (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 21). Soweit das BVerwG in Bezug auf die Besetzung eines Dienstpostens im öffentlichen Dienst ausgeführt hat, dass die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen darstellten, sondern die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekanntgäben (BVerwG Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102 ff - Juris RdNr 25), steht dies der Annahme einer Teilbarkeit in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Bewirbt sich - wie vorliegend - eine Vielzahl von Bewerbern auf eine Vielzahl von Stellen, beinhaltet zwar jede einzelne - jeweils eine der zu besetzenden Vertragsarzt- bzw Therapeutensitze betreffende - positive Entscheidung zugleich zwingend die negative Entscheidung für alle übrigen Bewerber, doch gilt dies ausschließlich in Bezug auf die jeweils zu treffende (Einzel-)Entscheidung. Ablehnung und Zuerkennung stehen allein in Bezug auf ein und dieselbe Stelle in einem untrennbaren Zusammenhang.

28

Einer Teilanfechtung bzw der Teilbarkeit des VAs steht es auch nicht entgegen, wenn ein Kläger zugleich die Auswahlkriterien dem Grunde nach in Frage stellt. Zwar wäre dann, wenn die Beanstandung zuträfe, jede einzelne der vom Beklagten getroffenen Entscheidungen dem Grunde nach "falsch"; dies ist jedoch, sofern Bestandskraft eingetreten ist, hinzunehmen. Zudem könnte der unterlegene Bewerber - selbst bei noch nicht eingetretener Bestandskraft - auch in einer derartigen Konstellation nicht damit rechnen, gegenüber allen Mitbewerbern zu obsiegen; vielmehr könnte er auch bei Zugrundelegung anderer Auswahlkriterien abermals unterliegen. Entfiele zB vorliegend die Bevorzugung der KJPen, wäre ein Kläger dennoch schlecht beraten, wenn er auch die Zulassungsentscheidungen anfechten würde, die Bewerber betreffen, die ihm nach den übrigen Kriterien (zB Berufserfahrung, Approbationszeitpunkt, Wartezeit usw) eindeutig überlegen sind.

29

bb. Auch Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG stehen einer Teilanfechtung der Zulassungsentscheidungen nicht entgegen.

30

(1) Dass sich ein Kläger einen bestimmten Konkurrenten aussucht und allein dessen Zulassung angreift, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht seiner Dispositionsmaxime. Ein nicht berücksichtigter Bewerber kann und muss prüfen, inwieweit die zugunsten anderer Bewerber ergangene Entscheidung fehlerhaft ist und nach den Maßstäben, die für die gerichtliche Kontrolle von Auswahlentscheidungen gelten, erfolgreich angefochten werden kann. Der nicht berücksichtigte Bewerber kann im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht gehalten sein, Auswahlentscheidungen anzugreifen, die er selbst für richtig oder zumindest vertretbar hält, nur um die Überprüfung solcher Entscheidungen zu erreichen, die er für verfehlt hält (vgl schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 15).

31

Die Auswahl der von einer Teilanfechtung betroffenen Mitbewerber erfolgt regelmäßig nicht willkürlich, sondern unter Sachgesichtspunkten; sie richtet sich insbesondere nach der erwarteten Erfolgsaussicht. Wenn sich die Zulassungsgremien für einen Bewerber entschieden haben, müssen die konkurrierenden Bewerber prüfen, ob sie diese Entscheidung mit Rechtsmitteln angreifen wollen; sie werden sich dabei von der Erwägung leiten lassen, ob ihre Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben können oder nicht (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 14). Mit Blick auf das Profil des ausgewählten Bewerbers können die konkurrierenden Bewerber abschätzen, ob sie die Entscheidung erfolgreich würden angreifen können oder nicht (BSG aaO). Diese Erwägungen gelten nicht allein bei einem Wettbewerb um eine einmal zu vergebende Rechtsposition, sondern gleichermaßen auch dann, wenn eine Vielzahl von Bewerbern um eine Vielzahl von Positionen streitet. Dabei trägt der klagende Konkurrent das Risiko, gerade den "falschen Mitbewerber" anzugreifen (wie dies etwa in dem vom Senat entschiedenen Verfahren B 6 KA 31/14 R aufgrund des von der dortigen Mitbewerberin erklärten Zulassungsverzichts der Fall ist). Dies gilt ebenfalls in der Situation, dass mehrere unterlegene Bewerber ein und dieselbe Zulassung angreifen; dann haben sie das Risiko zu tragen, dass nur einer von ihnen (ggf) obsiegen kann.

32

Die Situation, dass nicht alle, sondern nur ausgewählte Zulassungen angefochten werden, ist im Übrigen keineswegs auf die vorliegende Konstellation beschränkt, sondern kann sich überall dort ergeben, wo die Zulassungsgremien zeitgleich oder zumindest zeitnah mehrere gleichgerichtete Entscheidungen zu treffen haben. So kann eine vergleichbare Situation etwa auch bei Sonderbedarfszulassungen oder bei Belegarzt-Sonderzulassungen auftreten, wenn die Zulassungsgremien mehrere dieser Rechtspositionen im zeitlichen Zusammenhang vergeben (zu einer solchen Fallgestaltung vgl BSG Beschluss vom 1.4.2015 - B 6 KA 48/13 R - Juris NZS 2015, 478). Auch dort steht es dem unterlegenen Konkurrenten frei, nur eine von mehreren Zulassungen anzugreifen, etwa weil er sich gegenüber anderen zugelassenen Bewerbern ohnehin keine Chancen ausrechnet.

33

(2) Der bloß teilweisen Anfechtung der Zulassungsentscheidungen stehen auch nicht die Konsequenzen entgegen, die sich hieraus unter Umständen für die betroffenen Mitbewerber ergeben. Die praktischen Schwierigkeiten der Annahme der Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten in zahlreiche Einzelzulassungen sind zwar insoweit deutlich; sie können indessen nach geltendem Recht nicht vermieden werden. Der von der Teilanfechtung betroffene Mitbewerber mag zwar einwenden, dass andere Mitbewerber, die ebenfalls eine Zulassung erhalten haben, noch weniger geeignet wären und er deren Zulassung seinerseits hätte angreifen können, hieran aber nunmehr wegen eingetretener Bestandskraft gehindert wäre. Dieser Gesichtspunkt steht jedoch der Annahme einer Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen.

34

Zum einen steht einem Arzt oder Therapeuten, der eine von mehreren zu vergebenden Zulassungen erhalten hat, durchaus die Möglichkeit offen, vorsorglich die einem - aus seiner Sicht schlechter geeigneten - Mitbewerber erteilte Zulassung anzugreifen, um sich für den Fall abzusichern, dass seine eigene Zulassung mit Erfolg angegriffen wird. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass er im Zulassungsverfahren bereits "obsiegt" hat, denn nach der Rechtsprechung des Senats steht der Beantragung einer weiteren Zulassung allein eine Zulassung entgegen, die - sowohl im Verhältnis zu den Zulassungsgremien als auch gegenüber Dritten - Bestandskraft erlangt hat. So hat der Senat entschieden, dass einem Antrag auf Wiederzulassung (wie auch einer diesbezüglichen Entscheidung) nicht entgegensteht, dass die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, da ein Anspruch auf eine bestandssichere Zulassung besteht (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53). Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall einer noch nicht bestandskräftig gewordenen Zulassung gelten. Der erfolgreiche Bewerber steht insofern vor der gleichen Entscheidung wie ein unterlegener Mitbewerber, der sich überlegen muss, ob er eine oder mehrere der seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen will. Sieht der Zulassungsinhaber hiervon ab, weil er sich sicher fühlt oder weil er das Kostenrisiko scheut, muss er es hinnehmen, dass die Konkurrenten erteilten Zulassungen ihm gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die Situation stellt sich nicht anders dar, als wenn er im Vertrauen auf die ihm erteilte Zulassung weitere Zulassungsanträge, die er vorsorglich auch in anderen Zulassungsbezirken gestellt hat, zurückgenommen hätte.

35

Zum anderen muss es ein Bewerber letztlich hinnehmen, wenn er seinerseits infolge eingetretener Bestandskraft nicht mehr die seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen kann. Ein Vertrauen auf den "Bestand" der erteilten Zulassung kann sich allein im Verhältnis zu den Zulassungsgremien entwickeln, nicht aber in Bezug auf das Verhalten etwaiger Mitbewerber. Dies gilt nicht allein in Zulassungsverfahren, in dem die Zahl der Bewerber höher ist als die Zahl der zu vergebenden Arzt- bzw Therapeutensitze, sondern überall dort, wo zulässigerweise Konkurrentenklagen von unterlegenen Mitbewerbern erhoben werden können. Soweit und solange eine Überprüfbarkeit von VAen mit Drittwirkung in Betracht kommt, kann sich ein Vertrauen auf den Bestand der erhaltenen Zulassung nicht einstellen. Muss schon in einer "Zweierkonstellation" - also dann, wenn zwei Bewerber um eine einmal zu vergebende Rechtsposition streiten - der obsiegende Bewerber damit rechnen, dass der unterlegene Mitbewerber die Entscheidung angreift, gilt dies gleichermaßen - wenn nicht gar erst recht -, wenn es eine Vielzahl unterlegener Mitbewerber gibt und die Auswahl nach einem vergleichsweise groben Raster erfolgt ist.

36

Im Übrigen ist es reine Spekulation, dass der erfolgreiche Zulassungsbewerber, dessen Auswahl der Kläger in Frage stellt, im Falle seines Unterliegens tatsächlich in der Lage wäre, die Zulassungen anderer - namentlich "besser positionierte" - Mitbewerber mit Erfolg anzugreifen: So sind in der vorliegenden Konstellation ausschließlich KJPen berücksichtigt worden, wobei sich - innerhalb dieses Bewerberfeldes - die eigentliche Rangfolge aus den weiteren Kriterien Approbationsalter, Dauer der Tätigkeit und Wartelisteneintrag ergeben hat. Entfällt nun die Ausbildung zum KJPen als maßgebliches Auswahlkriterium, ändert dies nichts daran, dass jedenfalls die Mehrzahl der vorrangig berücksichtigten Mitbewerber voraussichtlich auch bei Anlegung anderer Maßstäbe ihrem Konkurrenten vorzuziehen wären. Dies relativiert die Argumentation, dass es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führe, wenn Zulassungen einzelner Mitbewerber isoliert angegriffen werden könnten, sich ihrerseits aber im Falle ihres Unterliegens die Bestandskraft der den übrigen Konkurrenten erteilten Zulassungen entgegenhalten lassen müssten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sie im Falle einer zwingenden Anfechtung sämtlicher Zulassungsentscheidungen sogar noch schlechter dastehen würden: Käme es zu einer vollständigen Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Einbeziehung der PPen, würde sich die Situation der - bereits jetzt in der Rangfolge weit hinten plazierten - KJPen im Bewerberfeld weiter verschlechtern.

37

cc. Das SG hat demgegenüber zutreffend auf das Kostenrisiko hingewiesen, welches im Falle einer Anfechtung sämtlicher im Bescheid des Beklagten zusammengefasster Zulassungsentscheidungen aus einer Vielzahl - regelmäßig anwaltlich vertretener - Prozessgegner resultieren würde. Das Berufungsgericht hat das Problem ebenfalls gesehen; die von ihm als Ausweg angedeuteten Möglichkeiten der Minderung des Risikos über die "richtige" Kostenentscheidung oder die Korrektur des Streitwertes stehen jedoch nicht zur Verfügung. Ein PP oder KJP, der vom Berufungsausschuss zugelassen worden ist, darf sich in einem (auch) gegen seine Zulassung gerichteten Verfahren eines Dritten, zu dem er beizuladen ist, anwaltlicher Unterstützung bedienen; er ist auch nicht gehalten, sich hinsichtlich des auszuwählenden Anwalts mit anderen PPen in gleicher Lage abzustimmen. Die Vergütung des Anwalts richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und der Streitwert für Zulassungssachen richtet sich nach den dazu seit Jahrzehnten vom Senat entwickelten Grundsätzen. Dass dies - speziell in Verfahren der Massenzulassung - auch anders geregelt werden könnte, ist ohne Bedeutung. Für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten ist vom derzeit geltenden Recht auszugehen und danach ist das (prohibitive) Kostenrisiko eines übergangenen Bewerbers nur dadurch begrenzbar, dass er sich entscheiden darf, welche einzelne Zulassung er angreifen will, mit der Folge, dass er insoweit - aber auch nur insoweit - das Kostenrisiko tragen muss.

38

dd. Schließlich ist es auch unter Versorgungsaspekten sinnvoller, die Anfechtung einzelner Zulassungsentscheidungen zu ermöglichen, statt eine Anfechtung aller Entscheidungen zu verlangen. Da auch die offensive Konkurrentenklage aufschiebende Wirkung hat (stRspr, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 12), würde dies - ohne Anordnung des Sofortvollzugs - im Falle der Anfechtung aller Zulassungsentscheidungen dazu führen, dass die Versorgungslücke, die Veranlassung für die Zulassungsentscheidungen gegeben hat, auf längere Zeit unverändert bestehen bliebe.

39

2. Die Entscheidung des Beklagten, eine abgeschlossene Ausbildung zum KJPen als vorrangiges Auswahlkriterium für die Vergabe der 82 Zulassungen zur psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu bestimmen und damit anders qualifizierte Therapeuten - insbesondere PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - faktisch von einer Zulassung auszuschließen, macht eine hierauf gestützte Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

40

a. Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen bzw zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BPlRL. Maßgeblich ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Soweit sich die Sach- und Rechtslage für die zugelassenen Bewerber - hier die Beigeladenen zu 1. und 2. - seit der letzten Verwaltungsentscheidung nachteilig verändert hat, ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (stRspr des BSG, vgl BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN).

41

Nach § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V, der gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auf Psychotherapeuten entsprechend anzuwenden ist, kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt bzw Vertragspsychotherapeut jeder Arzt oder Psychotherapeut bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Nähere Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien die Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn die Zahl der Bewerber die Zahl der - im Rahmen der lediglich teilweisen Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen entsprechend begrenzten - Arzt- bzw Therapeutensitze übersteigt, macht das Gesetz - anders als im Fall der Praxisnachfolge (s § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) - nicht. Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Auswahlermessen zu, das sie pflichtgemäß auszuüben haben. Allerdings liegt eine Heranziehung der für die Nachbesetzung von Praxissitzen durch das Gesetz in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Kriterien nahe. Ob und inwieweit der Beklagte an die vom Landesausschuss in seinem Beschluss vom 10.2.2010 aufgeführten Auswahlkriterien gebunden ist, kann dahingestellt bleiben, weil er diese jedenfalls berücksichtigt hat.

42

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45 - zur Praxisnachfolge; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45; LSG Baden-Württemberg - Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

43

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, vorrangig KJPen zuzulassen, fehlerhaft. Das Gesetz und die dieses konkretisierenden untergesetzlichen Vorschriften schreiben eine Bevorzugung der KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen zur ausschließlichen psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen weder vor noch lassen sie eine solche zu. Vielmehr können beide Gruppen von Behandlern - KJPen wie auch PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - nach den Vorgaben des Gesetzgebers sowie der untergesetzlichen Normgeber Kinder und Jugendliche qualitativ angemessen versorgen.

44

aa. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung. Danach ist in den BPlRL sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1 (dh den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten), die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. § 22 Abs 1 Nr 3 BPlRL in der hier maßgeblichen Fassung vom 18.3.2010 regelt dementsprechend, dass anhand der Psychotherapeutenzahl ein zwanzig​prozentiger Anteil für die Leistungserbringer festzustellen ist, die gemäß § 5 Abs 6a der BPlRL ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln.

45

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 15.8.2012 (B 6 KA 48/11 R - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 - zur Sonderbedarfszulassung)der Neufassung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V die Wertung des Gesetzgebers entnommen, dass auch ein PP, der ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie "geeignet ist"(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 22 f): "Grund für diese Wertung ist der Befund, dass dringlicher Bedarf für die Zulassung einer größeren Zahl an ausgewiesenen Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen besteht. Damit dieser Bedarf möglichst effektiv gedeckt werden kann, erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit privilegierter Zulassung im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V; er erstreckte sie über die KJPen hinaus auf weitere psychotherapeutische Leistungserbringer, die er als Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ansieht: auf alle diejenigen - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen -, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Damit wollte er dem dringlichen Versorgungsbedarf gerade auch in Regionen, die eher als weniger attraktiv für Niederlassungen angesehen werden - zB im ländlichen Raum -, abhelfen."

46

Auch wenn die Beurteilung einer Gruppe von Behandlern als "geeignet" es nicht per se ausschließt, eine andere Gruppe dennoch als "geeigneter" anzusehen, ist der erkennende Senat ausdrücklich von einer vom Gesetzgeber in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgenommenen Gleichstellung der Leistungserbringer ausgegangen(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 27). Zudem hat er darauf verwiesen, dass zwar einerseits KJPen möglicherweise eine intensivere weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben, andererseits PPen aufgrund ihres Psychologiestudiums über eine "höherwertige Grundqualifikation" verfügen (BSG aaO).

47

Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest und stellt zugleich klar, dass die Gleichstellung der KJPen und PPen nicht auf die (dem Urteil vom 15.8.2012 zugrunde liegende) Konstellation einer Sonderbedarfszulassung beschränkt ist, sondern auch für andere Zulassungskonstellationen Geltung beansprucht; dies gilt erst recht in einer Konstellation, in der - wie vorliegend - die Zulassung, um die es geht, auf der Regelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V beruht:

48

Nach dem klaren Wortlaut des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V soll sich die privilegierende Regelung auf alle Ärzte bzw Psychotherapeuten beziehen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch "betreuen". Schon die Formulierung "betreuen" (bzw nach der Diktion der BPlRL: "behandeln") verdeutlicht, dass es für die Zugehörigkeit zu dem von § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V erfassten Personenkreis allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit - für deren Ausübung natürlich eine entsprechende Qualifikation, entweder als KJP oder als PP mit zusätzlicher Fachkundeausbildung, Voraussetzung ist - ankommen soll. Hätte stattdessen (allein) die durchlaufene Ausbildung maßgeblich sein sollen, wäre zu erwarten gewesen, dass dies bereits im Gesetzeswortlaut - etwa durch die alleinige Nennung der KJPen (neben den Ärzten) - zum Ausdruck gekommen wäre. Auch der Beschränkung des Personenkreises auf solche, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, hätte es allein in Bezug auf Ärzte bedurft, weil KJPen ohnehin auf die Behandlung dieses Personenkreises beschränkt sind.

49

Die Annahme, dass die aufgrund einer spezifischen Berufstätigkeit erworbene Erfahrung ausschlaggebend sein soll, stützt auch die Gesetzesbegründung: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen für die Behandlung ernster psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen "Spezialisten zur Verfügung stehen, um eine bestmögliche Versorgung zu ermöglichen" (RegE des GKV-OrgWG, BT-Drucks 16/9559 S 18 zu § 101 SGB V). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass neben KJPen "noch viele andere Leistungserbringergruppen an der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen beteiligt sind" (s BT-Drucks 16/9559 S 18). Zudem hat er darauf hingewiesen, dass ein Therapeut, der ausschließlich Kinder und Jugendliche betreut, in aller Regel besser auf diese Patientengruppe eingehen kann als ein Therapeut, der "hiermit weniger Erfahrung" hat (aaO).

50

Dass die KJPen über eine andere, nach der Wertung des Gesetzgebers aber nicht über eine qualitativ höherwertigere Ausbildung als PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb verfügen, wird auch daran deutlich, dass PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation auf freie Therapeutensitze zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen uneingeschränkt und unbefristet zugelassen werden können und müssen: Für die Vorstellung, ein PP könne nur mit der Maßgabe zugelassen werden, dass die Zulassung ende, wenn ein KJP im jeweiligen Planungsbereich zugelassen werden wolle, besteht keine Grundlage.

51

Nach alledem lässt sich feststellen, dass die vom Gesetzgeber gesehene Versorgungslücke, der - auf der Ebene des Zulassungsrechts - durch Einführung der Mindestquote nach § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V entgegengewirkt werden soll, nicht ausschließlich durch KJPen, sondern durch alle Psychotherapeuten mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung geschlossen werden kann und soll. Damit ist eine pauschale Bevorzugung der KJPen nicht vereinbar.

52

bb. Ein Recht zur pauschalen Bevorzugung von KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen, die zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestimmt sind, ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten:

53

Dass die Berufsbezeichnung KJP gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BPlRL aF(jetzt § 37 Abs 2 Satz 4 BPlRL nF)einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist, ist für die Feststellung qualifikationsbezogener Sonderbedarfe relevant, nicht jedoch für die Frage einer möglichen Bevorzugung dieses Personenkreises: Infolge der Gleichstellung mit einer Schwerpunktbezeichnung stellt der Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden (BSG aaO). Zu derartigen speziellen Versorgungsangeboten gehören zweifelsfrei auch solche, die von PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung angeboten werden. Demgegenüber könnte die Auffassung des Beklagten von einem qualifikationsbezogenen Vorrang der KJPen in letzter Konsequenz sogar zur Annahme eines ungedeckten qualitativen Versorgungsbedarfs führen, wenn lediglich PPen mit Zusatzausbildung in diesem Bereich tätig wären.

54

Auch der Umstand, dass die KJPen in der die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandelnde Leistungserbringer definierenden Norm (§ 5 Abs 6a BPlRL aF, jetzt § 12 Abs 2 Nr 8 Satz 7 BPlRL idF ab 1.1.2013) ausdrücklich erwähnt sind, begründet entgegen der Auffassung des Beklagten keine herausgehobene Eignung dieses Personenkreises, sondern drückt eine Selbstverständlichkeit aus: Ersichtlich gehören KJPen zu den Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Ihnen werden jedoch - und dies kehrt die Argumentation in ihr Gegenteil um - ausdrücklich Leistungserbringer gleichgestellt, deren an Kindern und Jugendlichen erbrachten psychotherapeutische Leistungen den Anteil von 90 Prozent an ihren Gesamtleistungen überschreiten. Auch insoweit werden normativ formale Ausbildungsinhalte mit praktischen Erfahrungen gleichgestellt.

55

Sind - wie dargestellt - KJPen und PPen mit Zusatzausbildung unter Versorgungsgesichtspunkten als gleichwertig anzusehen, kann eine Bevorzugung der KJPen auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass PPen auch Erwachsene behandeln könnten und somit nicht für die Versorgung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stünden. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass dann, wenn eine Zulassung auf einen Therapeutensitz erfolgt, der zur ausschließlich psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ausgeschrieben worden ist, diese Zulassung auch allein zur psychotherapeutischen Behandlung dieses Personenkreises berechtigt. Auch ein PP mit Zusatzqualifikation, der auf einen entsprechenden Therapeutensitz zugelassen wird, hat dies zu beachten, sodass nicht zu besorgen ist, er werde - anders als ein KJP - tatsächlich vorrangig Erwachsene versorgen, wofür in B. kein Bedarf besteht.

56

Soweit der Entscheidung des Beklagten die - für sich genommen plausible - Erwägung zugrunde liegt, KJPen seien als Gruppe wegen fehlender beruflicher Alternativen dringender auf einen Sitz in B. angewiesen als PPen mit Zusatzqualifikation, kann das die Entscheidung nicht beeinflussen. Auswahlentscheidungen müssen auf der Grundlage klarer normativer Vorgaben erfolgen; Belange, die dort nicht angesprochen sind, müssen außen vor bleiben. Das gilt hier nicht anders als im Bereich des Art 33 Abs 2 GG.

57

cc. Soweit der Beklagte schließlich für sich das Recht in Anspruch nimmt, jedenfalls in einem "Massenverfahren" die Auswahlentscheidung anhand eines gröberen Rasters zu treffen und in diesem Rahmen pauschal von einer größeren Eignung der KJPen auszugehen, vermag auch dies seine Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Zwar steht außer Zweifel, dass die Zulassungsgremien vor einer Herausforderung stehen, wenn sie "auf einen Schlag" und innerhalb einer angemessenen Zeit darüber zu entscheiden haben, welche der 118 Bewerber eine von 81 offenen Zulassungen erhalten sollen. Zweifellos erfordern Massenverfahren - von einem solchen kann in Anlehnung an § 75 Abs 2a SGG ausgegangen werden, wenn sich mehr als 20 Interessenten auf die offenen Arzt- bzw Therapeutensitze bewerben - ein Vorgehen nach einheitlichen Kriterien. Das berechtigt sie jedoch nicht dazu, eine pauschale Auswahl zu treffen, die zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigten Benachteiligung einzelner Bewerber oder gar - wie hier - einer Bewerbergruppe führt. Dies ist jedoch der Fall, wenn man KJPen pauschal - insbesondere unabhängig von ihrer Berufserfahrung - den PPen mit Zusatzausbildung vorzöge. Wie bereits dargelegt, sind KJPen und PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung grundsätzlich als gleichwertig qualifiziert anzusehen.

58

Einheitliche Auswahlkriterien dürften daher nicht allein theoretische Kenntnisse und formale Qualifikationsvoraussetzungen - den Ausbildungsgang - in den Blick nehmen, sondern müssten auch die Berufserfahrung der Bewerber im Bereich der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen angemessen berücksichtigen. Das vom Beklagten gewählte "grobe Raster" hat hingegen zur Folge, dass dann, wenn ein KJP und ein PP um eine Zulassung konkurrieren, die Zulassungsgremien den KJPen selbst dann auszuwählen haben, wenn dieser gerade erst seine Approbation erhalten hat, während der konkurrierende PP über langjährige praktische Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügt. Ein solches Ergebnis entspricht nicht der vom Gesetzgeber mit der Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V getroffenen Wertung.

59

dd. Wenn der Gesetzgeber Ausnahmen zulassen will, die zu einer Privilegierung der einen gegenüber einer anderen Gruppe von Behandlern führen, muss er das ausdrücklich vorgeben; das ist etwa im Hinblick auf schwerbehinderte Menschen bei Auswahlentscheidungen erfolgt (vgl § 129 SGB IX sowie schon BSGE 6, 95 zu § 36 SchwBG 1953). Deshalb lässt der Senat offen, ob im Gesetz der Vorrang von KJPen gegenüber PPen bei Auswahlentscheidungen normiert werden könnte. Solange das nicht geschehen ist, dürfen die Zulassungsgremien einen solchen generellen Vorrang ihrer Entscheidungspraxis nicht zugrunde legen.

60

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für das selbst beschaffte Arzneimittel Iscador M (Iscador).

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin erkrankte an einem Mammakarzinom, das im Juli 2007 operativ entfernt wurde. Die Klägerin erhielt im Anschluss an die durchgeführte Chemotherapie eine Therapie mit dem apothekenpflichtigen nicht verschreibungspflichtigen anthroposophischen Mistelpräparat Iscador zunächst zu Lasten der Beklagten. Die Klägerin beantragte, die von ihrer Hausärztin und dem Gynäkologen Dr. S. befürwortete adjuvante Iscador-Therapie für weitere fünf Jahre zu übernehmen (13.12.2011). Die Beklagte lehnte dies ab: Die Tumorbehandlung mit Mistelpräparaten zu Lasten der KK sei auf die palliative Behandlung beschränkt (Bescheid vom 27.12.2011; Widerspruchsbescheid vom 15.6.2012). Die Klägerin hat sich deshalb schrittweise Iscador aufgrund privatärztlicher Verordnung für insgesamt 1504,27 Euro selbst verschafft. Ihre Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 18.12.2013). Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V lägen nicht vor. Die Verordnung von Mistelpräparaten unterliege Anwendungsbeschränkungen (§ 34 Abs 1 S 1 und 2 SGB V, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V iVm § 12 Abs 6 und der Anlage I zum Abschnitt F der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung - Arzneimittel-Richtlinie ). Mistelpräparate seien danach zu Lasten der KK nicht im Rahmen einer adjuvanten, sondern nur einer palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität verordnungsfähig. Das habe auch schon vor der klarstellenden Änderung des § 12 Abs 6 S 1 AM-RL mWv 21.6.2012 gegolten (Urteil vom 12.11.2014).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung der § 34 Abs 1 S 2, 3, Abs 3 S 2 und § 2 Abs 1 S 2 SGB V und macht Verfahrensfehler geltend.

4

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 18. Dezember 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1504,27 Euro zu erstatten,

 hilfsweise,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2014 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für das selbstbeschaffte anthroposophische Mistelpräparat Iscador gegen die beklagte KK.

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Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten - § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(dazu 1.) - sind nicht erfüllt. Iscador ist als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel für die adjuvante Krebstherapie grundsätzlich nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Der GBA macht hiervon in der AM-RL lediglich für Mistelpräparate beschränkt auf den Einsatz in der palliativen Therapie eine Ausnahme, indem er diese in die Liste der verordnungsfähigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel aufnahm. Die Anwendungsbeschränkung "in der palliativen Therapie" gilt auch für Arzneimittel der besonderen Therapierichtung Anthroposophie (dazu 2.). Die Regelung der AM-RL steht mit Gesetzesrecht (dazu 3.) und Verfassungsrecht in Einklang (dazu 4.). Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Verletzung europäischen Rechts berufen (dazu 5.).

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1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V(idF durch Art 1 Nr 5 Buchst b Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Die Norm bestimmt: Hat die KK eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der KK in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die KKn allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr, vgl zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 11 mwN - LITT; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 13; BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25, RdNr 15; vgl zum Ganzen: Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 13 SGB V RdNr 233 ff). Hierfür genügt schon ein sachleistungsersetzender Kostenerstattungs- oder -freistellungsanspruch wegen Systemversagens (vgl BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8). An einem Naturalleistungsanspruch in diesem Sinne fehlt es.

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2. Die Versorgung Versicherter mit dem Arzneimittel Iscador zur adjuvanten Krebstherapie ist nicht vom Leistungskatalog des SGB V umfasst. Das Mittel ist mangels Verschreibungspflicht gesetzlich grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen (dazu a). Der GBA hat es auch nicht in die Liste dennoch verordnungsfähiger Arzneimittel aufgenommen (dazu b).

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a) Nach § 27 Abs 1 S 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 3 Fall 1 SGB V). Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V ausgeschlossen sind(§ 31 Abs 1 S 1 SGB V). Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wie Iscador sind gemäß § 34 Abs 1 S 1 SGB V von der Versorgung nach § 31 SGB V grundsätzlich ausgeschlossen.

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b) Der GBA hat keine Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Versorgungsausschluss für Iscador geregelt. Der GBA legt in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können(§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Dabei ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V). Das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel Iscador ist nach der AM-RL des GBA lediglich palliativ, nicht aber in der adjuvanten Krebstherapie ausnahmsweise verordnungsfähig. Dies gilt sowohl für die Zeit bis 20.6.2012 (dazu aa) als auch für die Zeit ab dem 21.6.2012 (dazu bb).

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aa) Die ab Dezember 2011 geltende Fassung der AM-RL lässt lediglich die Versorgung mit Mistel-Präparaten zu Lasten der GKV in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität zu. Die AM-RL wiederholt zunächst den grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V(vgl § 4 Abs 2 Nr 2, § 12 Abs 1 AM-RL 2011 in der ab 1.12.2011 maßgebenden Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009, BAnz 2009 Nr 49a vom 31.3.2009, zuletzt geändert am 20.10.2011, BAnz Nr 173 vom 17.11.2011 S 4041), sodann den vom GBA auszufüllenden Ausnahmetatbestand (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V), dass Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten (vgl § 4 Abs 4, § 12 Abs 2 AM-RL). Sie definiert Krankheiten als schwerwiegend, die lebensbedrohlich sind oder aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigen (§ 12 Abs 3 AM-RL). Als Therapiestandard gilt nach der AM-RL ein Arzneimittel, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (§ 12 Abs 4 AM-RL). Die AM-RL führt sodann schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung in ihrer Anlage I (OTC-Übersicht) auf (§ 12 Abs 5 AM-RL). Die Anlage I der AM-RL bezeichnet in Nr 32 als ausnahmsweise verordnungsfähige Arzneimittel Mistel-Präparate, parenteral, auf Mistellektin normiert, nur in der palliativen Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität. Die Regelung erfasst dagegen nicht die betroffene Versorgung der Klägerin mit Iscador, auch wenn es auf Mistellektin normiert sein sollte. Hierzu wie auch zum Schweregrad der Erkrankung der Klägerin fast fünf Jahre nach der Tumorentfernung hat das LSG - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Denn die Klägerin erhielt Iscador im Rahmen einer adjuvanten, nicht einer palliativen Therapie.

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Die AM-RL bezieht die adjuvante Tumortherapie mit Iscador auch nicht durch die Regelung über Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie in den GKV-Leistungskatalog ein (§ 12 Abs 6 AM-RL). Danach kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist.

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Die Verordnung eines anthroposophischen Arzneimittels (zur Legaldefinition s § 4 Abs 33 Arzneimittelgesetz) zu Lasten der GKV "für die in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen" setzt schon nach dem klaren Wortlaut voraus, dass ua alle in der Anlage I Nr 32 genannten Merkmale erfüllt sind. Sie umfasst nach ihrem Wortlaut mit dem Begriff "Indikationsgebiete" auch die Anwendungsvoraussetzungen - hier in der palliativen Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität -, die den zweckbestimmten Einsatz der Wirkstoffe beschreiben. In der medizinischen Wissenschaft bezeichnet der Begriff "Indikation" bei einem Arzneimittel die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung. Die Anwendungsbezogenheit eines Arzneimittels zeigt sich auch bei der arzneimittelrechtlichen Zulassung. Danach ist der Begriff Indikation bzw Anwendungsgebiet gleichbedeutend mit dem in der medizinischen Wissenschaft gebräuchlichen Begriff "Indikation". Er bezeichnet die dem Arzneimittel gegebene Zweckbestimmung, umschreibt also das Gebiet, in dem das Arzneimittel im konkreten Fall eingesetzt werden soll (vgl BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 6 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 21 f; BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 35 f; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12 RdNr 43; Kloesel/Cyran, Kommentar zum Arzneimittelrecht - AMG, Stand 1.4.2014, Bd 2, § 11 Anm 36; zum Begriff der Indikation siehe auch Hauck, NJW 2013, 3334).

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Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL unterscheidet zudem systematisch zwischen dem "Indikationsgebiet" und der "schwerwiegenden Erkrankung". Sie ergäbe einen anderen Sinn, reichte - wie die Klägerin meint - die schwerwiegende Erkrankung für eine Verordnung des Mistelpräparats aus. Der GBA hat gerade nicht geregelt, dass "für die in der Anlage I aufgeführten schwerwiegenden Erkrankungen die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern dies nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist".

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Die Regelung des § 12 Abs 6 AM-RL bezweckt, an die gesetzliche Voraussetzung der "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", anzuknüpfen, und zwar konkret an die "in der Anlage I aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen". Eine Voraussetzung für die Verordnung des Arzneimittels Iscador ist dementsprechend jedenfalls auch dessen Einsatz in der palliativen Tumortherapie zur Verbesserung der Lebensqualität. Daran fehlte es bei der Klägerin.

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Die Entwicklungsgeschichte der AM-RL und der OTC-Übersicht bestätigt die Auslegung des erkennenden Senats. Vorgängerregelung zu § 12 Abs 6 AM-RL war die im Wesentlichen wortgleiche Regelung in Nr 16.5 AM-RL aF, die ebenfalls eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in - der OTC-Übersicht entsprechenden - Nr 16.4 AM-RL aF genannten Merkmale also auch auf den Einsatz in der Palliativmedizin enthielt. Dies wird bereits in der Überschrift zu 16.4 AM-RL aF "Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika" deutlich, die nicht zwischen "Anwendungsvoraussetzungen" und "Indikationsgebiete" unterscheidet. Wenn 16.5 AM-RL aF nun auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF "aufgeführten Indikationsgebiete" verweist, kann damit nur eine vollumfängliche Bezugnahme auf die in 16.4 AM-RL aF genannten Voraussetzungen gemeint sein. Anderenfalls hätte es genügt, in 16.5 der AM-RL auf die im Abschnitt 16.4 AM-RL aF genannten "schwerwiegenden Erkrankungen" zu verweisen.

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Nachdem dennoch eine Diskussion darüber entstand, ob durch den Passus der Nr 16.5 AM-RL aF "für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt" eine vollumfängliche Bezugnahme auf alle in Nr 16.4 AM-RL aF jeweils genannten Merkmale erfolgt sei, nahm der GBA eine Änderung der Nr 16.5 AM-RL aF vor. Er beschloss am 21.12.2004, dass nach dem (zweiten) Wort "Indikationsgebiete" in der Formulierung der Nr 16.5 AM-RL aF die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt werden. Damit sollte klargestellt werden, dass die Anwendungseingrenzung auf den Einsatz "nur in der palliativen Therapie" auch für die anthroposophische und homöopathische Medikation Geltung beansprucht. Der GBA hat damit als Normgeber selbst eine "authentische Interpretation" des genannten Passus vorgenommen, an der er auch festhielt, nachdem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) diesen Beschluss beanstandete (18.2.2005). Die vom GBA hiergegen erhobene Klage war vor dem BSG erfolgreich (Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 25/10 R - BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12). Das BSG bestätigte die Rechtsauffassung des GBA zum Umgang mit homöopathischen und anthroposophischen Präparaten im Sinne einer formalen Gleichstellung zu allopathischen nicht verschreibungspflichtigen Präparaten auch bezüglich der eingrenzenden Anwendungsvoraussetzungen. Eine weitergehende Verpflichtung des GBA, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, als dies mit Nr 16.5 AM-RL aF geschehen ist, bestehe nicht. Nach der Entscheidung des BSG gab der GBA den Änderungsbeschluss vom 21.12.2004 - redaktionell angepasst - nach § 94 Abs 2 SGB V bekannt, wonach in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL nach den Wörtern "für diese Indikationsgebiete" die Wörter "und Anwendungsvoraussetzungen" eingefügt wurden.

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bb) Für die Zeit ab dem 21.6.2012 gilt das Gleiche wie zuvor. Die wirksame Einfügung der Worte in § 12 Abs 6 S 1 AM-RL seit 21.6.2012: "und Anwendungsvoraussetzungen" bedeutet - wie dargelegt - keine sachliche Änderung, sondern lediglich eine redaktionelle Klarstellung.

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Der GBA machte die Änderung der AM-RL wirksam am 20.6.2012 bekannt. Den Richtlinien des GBA kommt rechtliche Bedeutung erst ab ihrer Bekanntmachung im Bundesanzeiger (§ 94 Abs 2 SGB V) zu; der Zeitpunkt der Beschlussfassung ist nicht maßgebend (vgl grundlegend BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 70). Der GBA durfte sich formell darauf beschränken, den ursprünglich am 21.12.2004 gefassten, wegen der Beanstandung des Ministeriums zunächst nicht veröffentlichten Beschluss zur Änderung der AM-RL idF vom 31.8.1993 nebst späterer Änderung (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) redaktionell anzupassen und die tragenden Gründe entsprechend zu ergänzen, um ihn wirksam werden zu lassen (zum Fehlen des Erfordernisses, ein neues Stellungnahmeverfahren durchzuführen, vgl unten II 3. a). Die vom GBA beschlossenen Richtlinien sind dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden (vgl § 94 Abs 1 S 1 und S 2 Halbs 1 SGB V). Unterbleibt die Beanstandung, sind sie zu veröffentlichen (§ 94 Abs 2 S 1 SGB V). Dem Unterbleiben einer Beanstandung ist es zunächst gleich zu erachten, wenn das Ministerium eine Richtlinie beanstandet, der GBA sich dagegen mit der Anfechtungs- oder Aufsichtsklage wendet und das Gericht die Beanstandung aufhebt. Denn mit der Rechtskraft des Urteils ist die Beanstandung beseitigt. Dasselbe muss gelten, wenn der GBA entsprechend gerichtlicher Anregung seine ursprünglich gegen eine Beanstandung erhobene Anfechtungs- oder Aufsichtsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellt, weil das Gericht nach lediglich formeller Änderung der Richtlinie - hier: Ersetzung der römischen Ziffern durch Paragraphen ohne inhaltliche Änderung - von einer Erledigung nach Klageerhebung ausgeht. Auch in einem solchen Fall gebietet es der Grundsatz der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG), dem GBA zu ermöglichen, nach Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung die nunmehr in der Sache nicht zu beanstandende Richtlinie unter redaktioneller Anpassung zu veröffentlichen. Die Bekanntmachung der Richtlinie muss in diesem Fall nicht nur einen Hinweis auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet enthalten (§ 94 Abs 2 S 2 SGB V), sondern in den tragenden Gründen auf diesen Sonderfall eingehen.

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Der GBA ist verfahrensmäßig korrekt diesen Weg gegangen: Er beschloss nach gerichtlicher Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beanstandung, die AM-RL entsprechend dem Ausgangsbeschluss vom 21.12.2004 redaktionell angepasst zu veröffentlichen (Beschluss vom 19.4.2012). Das Ministerium beanstandete diesen Beschluss nicht. Der GBA gab ihn daraufhin am 20.6.2012 formgerecht im Bundesanzeiger bekannt und verwies für den Inhalt der hierzu von ihm verfassten tragenden Gründe auf die Fundstelle der Veröffentlichung der tragenden Gründe im Internet.

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3. Es steht mit Gesetzesrecht in Einklang, dass die adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht zu Lasten der GKV verordnungsfähig ist. Die Entscheidung des GBA in der AM-RL aF (Nr 16.5 idF durch den Beschluss vom 16.3.2004, BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905; § 12 Abs 6 in der bis 20.6.2012 geltenden Fassung, aaO) und in der AM-RL nF (§ 12 Abs 6 idF ab 21.6.2012, aaO) nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V beachtet die gesetzlichen Vorgaben. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Entscheidung des GBA, die nach § 34 Abs 1 S 1 SGB V ausgeschlossene adjuvante Tumortherapie mit Iscador nicht durch die AM-RL in den Kreis der zu Lasten der GKV verordnungsfähigen Arzneimittel einzubeziehen, mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar. Richtlinien des GBA - hier speziell zum Ausnahmekatalog apotheken-, aber nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (§ 34 Abs 1 S 2, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V)- sind nach der Gesetzeskonzeption (§§ 91, 92, 94 SGB V)entsprechend der Rechtsprechung des BSG untergesetzliche Rechtsnormen. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten sieht das Gesetz ausdrücklich vor (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung, jetzt § 91 Abs 6 SGB V). Die vom GBA erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen sind gerichtlich nicht nur formell, sondern auch inhaltlich in der Weise zu überprüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu aufgrund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (bisher stRspr; vgl zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 32, 37; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 21, 26 mwN). Zusätzlich ist besonderes Augenmerk auf die Normdichte der gesetzlichen Ermächtigung in Relation zur Eingriffstiefe zu richten, um verfassungsrechtlich die hinreichende Legitimation des GBA zu überprüfen (vgl dazu unten, unter II 4.).

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Die Rechtmäßigkeit der Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähig in die AM-RL aF und die AM-RL ist insbesondere an den Regelungen des § 34 Abs 1 S 2 und 3 SGB V zu messen. Nach § 34 Abs 1 S 3 SGB V ist der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen. Hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe "nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten", und "der therapeutischen Vielfalt Rechnung tragen" verbleibt dem GBA kein Gestaltungsspielraum. Das gilt auch für die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl hierzu zB BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 37).

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Erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Nach diesem Maßstab hat der GBA über die Nichtaufnahme der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador inhaltlich gesetzeskonform entschieden.

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a) Der GBA hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und - inzwischen - Verfahrensordnung (VerfO) des GBA (vgl jetzt Kap 4 der VerfO des GBA) ausgestalteten und abgesicherten Beteiligungsrechte gewahrt. Diese stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl dazu BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die den Beteiligten bekannten "tragenden Gründe zum Beschluss" des GBA vom 19.4.2012 und die ebenso bekannte Pressemitteilung des GBA vom 16.3.2004 belegen konkret sein formal korrektes Vorgehen ab Ende 2003 (durch den Vorgänger des GBA), 2004 und 2012, soweit - und sei es auch nur mittelbar - Rechte der Klägerin betroffen sein können. Dagegen kann es der erkennende Senat offenlassen, ob der GBA auch insoweit korrekt vorgegangen ist, als lediglich Rechte Dritter betroffen sein könnten.

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Die Klägerin zieht - dementsprechend zutreffend - zwar nicht die Rechtmäßigkeit des Verfahrens für den Erlass der Ursprungsrichtlinie (GBA Beschluss vom 16.3.2004, Bekanntmachung im BAnz Nr 77 vom 23.4.2004 S 8905) und die Fassung des Änderungsbeschlusses vom 21.12.2004 in Zweifel, wohl aber die Rechtmäßigkeit der Bekanntmachung 2012 ohne erneutes Stellungnahmeverfahren (§ 92 Abs 3a SGB V). Damit vermag sie ungeachtet der Frage nach einer Verletzung in eigenen Rechten nicht durchzudringen. Denn es bedurfte keines neuen Stellungnahmeverfahrens.

28

Ein erneutes Stellungnahmeverfahren ist durchzuführen, wenn sich die Tatsachengrundlage oder der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben und die Stellungnahmeberechtigten von den Änderungen unmittelbar betroffen sind (Kap 1 § 14 Abs 1 S 1 VerfO des GBA vom 18.12.2008, Beilage BAnz Nr 84a vom 10.6.2009). Diese Regelung ist gesetzeskonform (vgl § 91 Abs 4 S 1 Nr 1, § 92 Abs 3a SGB V). Der GBA durfte rechtmäßig davon ausgehen, dass sich weder die Tatsachengrundlage noch der Beschlussinhalt gegenüber dem zur Stellungnahme gestellten Entwurf wesentlich verändert haben.

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Der ursprünglich zur Stellungnahme gestellte Entwurf mündete im Beschluss vom 21.12.2004. Die Korrektheit des seinerzeit gewählten Verfahrens wird daraus deutlich, dass der GBA die stellungnahmeberechtigten Organisationen zur Stellungnahme aufforderte (Beschluss vom 17.8.2004, Schreiben vom 10.9.2004), hierbei die in Nr 16.5 beabsichtigte Änderung in Gestalt der Einführung der Worte "und Anwendungsvoraussetzungen" mitteilte und die eingegangenen Stellungnahmen in der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe "OTC" des Unterausschusses "Arzneimittel" beraten ließ. Der Arbeitsgruppe "OTC" gehörten Vertreter der Kassen- und der Ärzteseite sowie Patientenvertreter an. Nach der Abschlussdiskussion im Unterausschuss "Arzneimittel" (7.12.2004) wertete der GBA die Stellungnahmen zur beabsichtigten Änderung (Nr 16.5 der AM-RL) ausführlich aus (tragende Gründe des Beschlusses vom 21.12.2004).

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Der Inhalt des Beschlusses vom 19.4.2012 änderte jenen Beschluss vom 21.12.2004 lediglich redaktionell, indem er "Nummer 16.5" durch die Angabe "§ 12 Abs. 6 Satz 1" ersetzte. Zudem entschied der GBA, den Beschluss vom 21.12.2004 in der redaktionell angepassten Form nunmehr im Bundesanzeiger zu veröffentlichen, da das BSG die Rechtswidrigkeit der Beanstandung festgestellt hatte (vgl oben). Der GBA prüfte und verneinte auch, dass sich die Tatsachengrundlage gegenüber jener im Jahre 2004 wesentlich geändert hatte. Für eine wesentliche Änderung der relevanten Tatsachengrundlage - ausgehend von einem am Qualitätsgebot ausgerichteten Begriff des Therapiestandards - hat die Klägerin nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Klägerin beruft sich lediglich auf abweichende Standards der Anthroposophie, auf die es indes nicht ankommt.

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b) Der GBA hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt, denn er hat sich auf die relevanten verfügbaren Fachveröffentlichungen gestützt. Er hat hierbei auch - wie dargelegt - die im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen berücksichtigt. Die Klägerin zieht das nicht substantiiert in Zweifel, sondern verweist - ausgehend von ihrem abweichenden Rechtsstandpunkt - lediglich auf abweichende Auffassungen aus dem Kreis der besonderen Therapierichtungen, insbesondere der Anthroposophie. Die Festlegung des GBA beruht demgegenüber gesetzeskonform (vgl dazu sogleich c bis e) auf einer an den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin durchgeführten Bewertung des therapeutischen Nutzens von Mistelpräparaten gemäß den Vorgaben des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V). Dabei kam der Unterausschuss "Arzneimittel" zu dem Ergebnis, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über den Nutzen der Misteltherapie bei der kurativen, adjuvanten Behandlung maligner Tumoren, insbesondere des Mammakarzinoms, nicht besteht. Nichts anderes ergibt sich, wenn Iscador - wie die Klägerin behauptet - nicht auf Mistellektin normiert ist. Dann scheidet eine Verordnung nach Anlage I Nr 32 der OTC-Übersicht selbst in der palliativen Therapie aus. Für diesen Bereich konnte der GBA gerade keinen gebotenen Konsens feststellen.

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c) Der Ausgangspunkt der Entscheidung des GBA ist rechtmäßig, nämlich die Definition einer schwerwiegenden Erkrankung. § 12 Abs 3 AM-RL bezeichnet eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Das stimmt mit der Definition der schwerwiegenden Krankheit überein, die die Rechtsprechung des BSG zum Off-Label-Use entwickelt hat (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN)und die auch hier anwendbar ist. Der Gesetzgeber hat nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 34 Abs 1 S 2 SGB V bewusst diesen rechtstechnisch eingeführten Begriff gewählt, um die Erheblichkeitsschwelle der betroffenen Krankheiten für den GBA zu umreißen(vgl BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 26 mwN; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 40 mwN).

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d) Der GBA hat es auch gesetzeskonform abgelehnt, die Versorgung mit der adjuvanten Tumortherapie mit Iscador als verordnungsfähigen Therapiestandard in die AM-RL aF oder die AM-RL nF aufzunehmen. In Einklang mit dem Gesetz beantwortet der GBA die Frage nach dem Bestehen eines Therapiestandards gemäß § 12 Abs 4 AM-RL übergreifend für alle Therapierichtungen zumindest danach, ob der therapeutische Nutzen eines Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das gesetzliche Erfordernis des Beachtens des "Therapiestandards" verlangt, dass ohne die Einbeziehung der Therapie mit dem nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel der Standard der Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung - das nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse Gebotene - nicht gewährleistet ist. In diesem Sinne muss der therapeutische Nutzen des betroffenen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (ebenso die Vereinbarkeit von § 12 Abs 4 AM-RL mit dem Gesetzesrecht bejahend 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 53 mwN). Das entspricht dem bereits dargelegten klaren Wortlaut, dem Regelungssystem (dazu aa), der Entstehungsgeschichte (dazu bb) und dem Regelungszweck des § 34 Abs 1 S 2 SGB V(dazu cc).

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aa) Das Erfordernis des "Therapiestandards" setzt nach dem Regelungssystem auf den schon nach allgemeinen Grundsätzen geltenden Anforderungen an eine Pharmakotherapie zu Lasten der GKV auf und verlangt mehr als deren Beachtung und das Bestehen einer schwerwiegenden Erkrankung. Schon die Binnensystematik der Regelung des § 34 Abs 1 S 2 SGB V verdeutlicht, dass der "Therapiestandard bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" ein herausgehobenes Erfordernis bedeutet. Es umschreibt die konkretisierungsbedürftige Ausnahme vom grundsätzlichen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV. Das Gesetz umreißt den Ausnahmebereich nicht etwa dadurch, dass die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bloß als Therapie zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen arzneimittelrechtlich zugelassen sind. Seine Anforderungen gehen darüber hinaus, indem sie einen Therapiestandard fordern.

35

Die Anwendung eines arzneimittelrechtlich zugelassenen Fertigarzneimittels (zum hier nicht betroffenen Bereich der Rezepturarzneimittel vgl zB BSGE 104, 160 = SozR 4-2500 § 13 Nr 22, RdNr 18 - Orthomol vision diabet; BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 47 - Lorenzos Öl)zu Lasten der GKV setzt grundsätzlich nicht nur die arzneimittelrechtliche Zulassung voraus, sondern den Einsatz gerade im Rahmen des arzneimittelrechtlich zugelassenen Anwendungsgebiets. Schon die Qualität als Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelrechts ist notwendige, aber nicht in jedem Fall hinreichende Bedingung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln in der GKV (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 29; BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 61 mwN). Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die GKV immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 16 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 23). Obwohl das AMG einem Arzt die indikations- und zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht verbietet, darf selbst ein zugelassenes Arzneimittel grundsätzlich nicht (sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen) zu Lasten der KK in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich seine Zulassung nicht erstreckt (stRspr, vgl zB BSGE 95, 132 RdNr 17 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 24). Soweit Versicherte ausnahmsweise außerhalb des Indikationsgebiets der arzneimittelrechtlichen Zulassung Versorgung mit arzneimittelrechtlich zugelassenen Arzneimitteln nach den Grundsätzen des sogenannten Off-Label-Use beanspruchen können, setzt dies grundsätzlich eine arzneimittelrechtliche Zulassung (zur Ausnahme des zulässigen Einzelimports nach § 73 Abs 3 AMG bei Fällen grundrechtsorientierter Auslegung vgl grundlegend BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4 - Tomudex)und ua eine Studienlage voraus, die eine Zulassung des Arzneimittels nach den Anforderungen des AMG zur betroffenen Indikation rechtfertigen würde (stRspr, vgl zB BSGE 89, 184, 191 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36 - Sandoglobulin; BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5, RdNr 17 f - Ilomedin; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr 15 RdNr 31 mwN - Ritalin). Hätte der Gesetzgeber sich für die Ausnahmeregelung vom Verordnungsausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit diesen Anforderungen begnügt, hätte er "Arzneimittel für schwerwiegende Erkrankungen" in § 34 Abs 1 S 2 SGB V einbezogen. Demgegenüber schränkt die erlassene Gesetzesregelung den Ausnahmebereich mit dem zusätzlichen Erfordernis des "Therapiestandards" weiter ein.

36

Nach der Gesamtsystematik fordert - entgegen der Ansicht der Klägerin - das Gesetzesrecht nicht, für die Qualifikation als "Therapiestandard" die bloße Binnensicht einer Therapierichtung zugrunde zu legen. Vielmehr begründet dieses Erfordernis eine für alle nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel gleiche Hürde unter Achtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V). Das Gesetz bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass es zunächst die generelle Aufgabe des GBA normiert, festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs 1 S 2 SGB V). Die Norm spricht nicht etwa einen Standard nach Maßgabe der jeweiligen Therapierichtung an, sondern einheitlich Festlegungen betreffend die "nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten". Erst in einem zweiten Schritt ("Dabei") hat der GBA der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (§ 34 Abs 1 S 3 SGB V; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 56 mwN).

37

bb) Auch die Entstehungsgeschichte spricht für das aufgezeigte sachgerechte Verständnis des Begriffs "Therapiestandard". So fordert die Gesetzesbegründung die Aufnahme solcher Fertigarzneimittel in die OTC-Liste, die "unverzichtbare Standardwirkstoffe" für die Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung enthalten (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 86). Die Gesetzesmaterialien reden dagegen hierbei keiner Bevorzugung der besonderen Therapierichtungen das Wort.

38

cc) Die aufgezeigte Auslegung des Begriffs "Therapiestandard" entspricht auch dem Sinn der Regelung des § 34 Abs 1 SGB V, gerade nicht schon jede indikationsgerechte, nach allgemeinen Grundsätzen verordnungsfähige Pharmakotherapie schwerwiegender Erkrankungen in die OTC-Liste aufzunehmen. Mit einem solch weiten Verständnis würde nicht nur das Erfordernis des "Therapiestandards" weitgehend funktionslos, sondern auch die beabsichtigte einschränkende Wirkung der Gesamtregelung für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel weitgehend obsolet.

39

e) Die Klägerin kann auch nichts für sich daraus herleiten, dass Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen generell gesetzlich nicht ausgeschlossen sind (vgl § 2 Abs 1 S 2 SGB V). Schon das umfassende Verständnis des "Therapiestandards" (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 2 SGB V)und die Pflicht des GBA, in einem zweiten Schritt der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen (vgl oben zu § 34 Abs 1 S 3 SGB V), sichern die Möglichkeit, Versicherte im gesetzlich geregelten, vom GBA konkretisierten Ausnahmebereich mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie Anthroposophie oder Phytotherapie zu versorgen. Hinzu kommen die Gestaltungsleistungen bei der Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen apothekenpflichtigen Arzneimitteln kraft Satzung (vgl § 11 Abs 6 S 1 SGB V; vgl zu dessen Regelungsgrenzen - bzgl § 27a SGB V - BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 11 ff).

40

Die Reichweite der Regelung des § 2 Abs 1 S 2 SGB V ist zudem begrenzt. Sie setzt das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V)nicht außer Kraft. Eine Begünstigung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen mit der Folge, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts entsprechen, widerspräche den gesetzlichen Vorgaben (vgl Hauck in H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, 19. Aufl, Stand: Juni 2015, § 34 SGB V RdNr 33). Nach den Gesetzesmaterialien sollte die Regelung lediglich klarstellen, dass die Ausrichtung der Gesundheitsleistungen am "allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse" (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) die Leistungen der besonderen Therapierichtungen nicht ausschließt; den besonderen Therapierichtungen sollte hingegen keine Sonderstellung eingeräumt werden; allerdings sollte der besonderen Wirkungsweise der Mittel und Methoden der Naturheilkunde und der Vielfalt der therapeutischen Ansätze unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Qualitätssicherung Rechnung getragen werden (vgl Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung <11. Ausschuss> zum Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , zu § 2 Abs 1 S 2 SGB V, BT-Drucks 11/3480 S 49; ebenso auch 6. Senat BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 57). Soweit man der früheren Rechtsprechung des erkennenden Senats hiervon Abweichendes entnehmen will (vgl BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 13 S 60 f; BSGE 94, 221 RdNr 27 f = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 28 f), gibt er diese Rechtsprechung auf.

41

f) Es entspricht den aufgezeigten gesetzlichen Vorgaben, dass nach der Regelung des GBA die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt - anknüpfend an den gesetzeskonform konkretisierten Therapiestandard - für die in der Anlage I der AM-RL aufgeführten Indikationsgebiete bei schwerwiegenden Erkrankungen auch Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie verordnen kann, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete (nF: und Anwendungsvoraussetzungen) nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist (§ 12 Abs 6 S 1 AM-RL).

42

4. Die Regelung der AM-RL, ihre gesetzliche Grundlage und die Rechtsanwendung stehen auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL (dazu a). Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu b). Die Klägerin kann eine Einbeziehung des Mittels in den Leistungskatalog auch nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung herleiten (dazu c).

43

a) Es ist verfassungsrechtlich hinzunehmen, dass der Gesetzgeber den GBA nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V und § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V konkret ermächtigt hat, in Richtlinien festzulegen, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Der erkennende Senat hält mit ergänzenden Erwägungen im Ergebnis an der bisherigen Rechtsprechung des BSG fest (zur bisherigen stRspr vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 f mwN; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19). Der GBA verfügt über eine hinreichende demokratische Legitimation zum Erlass der betroffenen AM-RL. Im hier einschlägigen Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr bei hinreichend normdichter gesetzlicher Ausgestaltung ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind, ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt und die Wahrung der Interessen der Betroffenen rechtssicher gewährleistet ist. Der GBA droht die Grenzen hinreichender demokratischer Legitimation für eine Richtlinie zu überschreiten, wenn sie mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht haben mitwirken können. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 22). Diesen Anforderungen wird die Ermächtigung des GBA zur Bestimmung von Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel gerecht.

44

aa) Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der gemeindlichen Selbstverwaltung für abgegrenzte Bereiche der Erledigung öffentlicher Aufgaben durch Gesetz besondere Organisationsformen der Selbstverwaltung zu schaffen. Die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit bei der Schaffung und näheren Ausgestaltung von Organisationseinheiten erlaubt es auch, den Selbstverwaltungsträger zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter zu ermächtigen (BVerfGE 107, 59, 90 ff; BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2). Im Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip (Art 20 Abs 2 GG) nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt (BVerfGE 107, 59, 94; 111, 191, 217 f; zur historischen Entwicklung der Normsetzungsbefugnis ausführlich BSGE 78, 70, 78 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 6; vgl auch Hauck, NZS 2010, 600, 606 ff). Der Gesetzgeber muss allerdings für die Wahrung der Interessen der Betroffenen sorgen; die Organisationsstruktur des Trägers muss deren angemessene Partizipation an der Willensbildung gewährleisten und darf nicht die Interessen Einzelner bevorzugen, ohne dass insoweit das Gebot strikter formeller Gleichheit besteht (BVerfGE 111, 191, 217; BSGE, aaO). Diese Grundsätze gelten auch für die Entscheidung des Gesetzgebers, dem GBA als Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung die Aufgabe zu übertragen, Ausnahmen vom generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel in einer Richtlinie festzulegen.

45

bb) Der GBA ist verfassungskonform kraft Gesetzes zur Konkretisierung des sich aus § 34 Abs 1 SGB V ergebenden Regelungsprogramms ermächtigt, außenwirksame Normen im Range untergesetzlichen Rechts in Gestalt von Richtlinien zu erlassen(§ 34 Abs 1 S 2 iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6; zur Gesetzeskonzeption vgl bereits oben, II 3.). Die vorgeschriebene Handlungsform ist gesetzlich präzise ausgeformt und genügt rechtsstaatlichen Anforderungen. Das Verfahren zum Erlass der Richtlinien ist transparent, die Publizität gesichert und die Reichweite der Bindungswirkung gegenüber den Systembeteiligten gesetzlich festgelegt (vgl § 91 Abs 9 SGB V idF des Art 1 Nr 70 GMG; jetzt § 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378).

46

Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlich ausgestalteten Handlungsform des GBA steht für die betroffene AM-RL schon entgegen, dass die Handlungsform der Normsetzung durch eine andere verfassungskonforme spezifische Form der Normanwendung wirkungsgleich substituiert werden könnte: Das Grundgesetz stellt der vollziehenden Gewalt weder einen abschließenden Katalog bestimmter Handlungsformen zur Verfügung noch werden ausdrücklich erwähnte Handlungsformen inhaltlich im Einzelnen definiert (BVerfGE 100, 249, 258; BSGE 81, 73, 82 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7). Der GBA könnte als rechtlich verselbstständigter Teil der sozialversicherungsrechtlichen Selbstverwaltung (§ 91 Abs 1 SGB V) nach dem hinreichend dichten Normprogramm des § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V Ausnahmen vom Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel auch durch Allgemeinverfügung nach § 31 S 2 SGB X nach pflichtgemäßem Ermessen ermessensfehlerfrei anordnen(vgl auch BVerfGE 106, 275, 305 ff = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 ff, zur Festsetzung der Festbeträge nach § 35 SGB V durch Allgemeinverfügung; vgl auch BSGE 116, 42 = SozR 4-2500 § 266 Nr 12, RdNr 21 ff, wonach das Bundesversicherungsamt Regelungen über das Versichertenklassifikationsmodell nach Morbiditätsgruppen nach pflichtgemäßem Ermessen durch Allgemeinverfügung treffen kann), wenn der Gesetzgeber ihm nicht durch § 34 Abs 1 S 2 SGB V iVm § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V die untergesetzliche Normsetzung als Handlungsform vorgegeben hätte(vgl BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 12 ff; s ferner BSGE 117, 94 = SozR 4-2500 § 137 Nr 5, RdNr 22 und 24).

47

cc) Der GBA unterliegt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Handlungsbefugnisse - hier speziell beim Erlass der AM-RL nach § 34 Abs 1 S 2 SGB V - der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter. Das SGB V regelt in § 91 Abs 8, § 94 Abs 1 im Zusammenspiel mit dem SGB IV(§ 91 Abs 8 S 2 SGB V iVm §§ 67, 88, 89 SGB IV) detailliert und umfassend die staatliche Aufsicht über den GBA generell und speziell beim Erlass von Richtlinien. Danach sind die vom GBA beschlossenen Richtlinien dem BMG vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Das BMG kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom GBA zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Zweimonatsfrist für eine Beanstandung unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom BMG mit Auflagen verbunden werden; es kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des GBA nicht oder nicht innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des BMG nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erlässt es die Richtlinien selbst.

48

§ 94 Abs 1 SGB V ermöglicht damit eine präventive aufsichtsrechtliche Kontrolle, bevor die Richtlinien des GBA im Bundesanzeiger publiziert und damit grundsätzlich wirksam werden. Die aufsichtsrechtlichen Befugnisse des BMG sind auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Das entspricht dem Grundsatz, dass die Staatsaufsicht gegenüber Selbstverwaltungsträgern prinzipiell auf eine Rechtsaufsicht begrenzt und für eine weiterreichende Zweckmäßigkeitskontrolle nur Raum ist, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet hat (vgl hierzu BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 mwN). Die danach gebotene reine Rechtmäßigkeitskontrolle führt beim Prüfmaßstab zum Gleichlauf mit der gerichtlichen Kontrolle. Die Kontrolle ist - wie oben dargelegt (vgl II 3. a) - in der Prüfdichte nur dort eingeschränkt, wo dem GBA ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

49

dd) Die verfassungsrechtlich erforderliche Beteiligtenpartizipation wird durch § 92 Abs 3a SGB V gewahrt. Danach ist vor der Entscheidung über die Richtlinien zur Verordnung von Arzneimitteln nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB V den Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern, den Berufsvertretungen der Apotheker und den maßgeblichen Dachverbänden der Ärztegesellschaften der besonderen Therapierichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die Beteiligungsrechte sind durch das SGB V damit so umfassend ausgestaltet und verfahrensmäßig auch durch die VerfO des GBA abgesichert, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt, auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus. Bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen (zur Betroffenenpartizipation Hauck, NZS 2010, 600, 603 ff). Die eingehenden Stellungnahmen werden auch - institutionell abgesichert - in die Entscheidung des GBA einbezogen, ohne dass der GBA an sie gebunden ist.

50

ee) Der GBA ist auch inhaltlich hinreichend normdicht für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Die Bedeutung und Reichweite dieser Entscheidung ist von vornherein durch den gesetzlich normierten Grundsatz begrenzt, dass apothekenpflichtige nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel idR nicht zum GKV-Leistungskatalog gehören. Welche Arzneimittel nach dem gesetzlichen Normprogramm "apothekenpflichtig" (vgl § 31 Abs 1 S 1 SGB V),aber "nicht verschreibungspflichtig" sind, ist präzise durch die Regelung des § 48 AMG iVm der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln bestimmt(vgl dazu zB BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 18). Die Begriffe der "Behandlung schwerwiegender Erkrankungen" und "als Therapiestandard" sind jedenfalls durch die Rechtsprechung des BSG (vgl oben) so präzisiert, dass dem GBA kein nennenswerter Auslegungsspielraum verbleibt. Auch bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zur Operationalisierung der genannten Rechtsbegriffe unterliegt der GBA weitgehender gerichtlicher Kontrolle: So überprüft das Gericht bei entsprechendem Anlass auch die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl zB BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 15)und - so diese Voraussetzung erfüllt ist - die Vertretbarkeit seiner Schlussfolgerung (vgl auch BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 28).

51

Der Gesetzgeber wählte diese Ausgestaltung der Ausnahmeentscheidung durch den GBA, um die Qualität der Leistungserbringung zu sichern, eine Gleichbehandlung der Versicherten zu erreichen und um die Leistungen am Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit auszurichten. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Pharmakotherapien auf ihren therapeutischen Nutzen sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Ausnahmeentscheidungen zu Lasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Ein solches Vorgehen darf dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein (vgl entsprechend BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19).

52

ff) Die Intensität, mit der die Richtlinie zu Ausnahmen vom generellen Ausschluss von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an der Regelsetzung Beteiligte und Unbeteiligte trifft, ist insgesamt gering. Nichtärztliche Leistungserbringer in einem weiteren Sinne sind durch die Richtlinie nicht betroffen. Zwar verändert jede Neugestaltung des Leistungsrechts den Leistungsanspruch des Versicherten und damit auch den Umfang dessen, woran die Leistungserbringer teilhaben. Das aber ist ein unvermeidlicher Reflex geänderter Leistungsansprüche und gerade kein Eingriff in subjektive, insbesondere verfassungsrechtlich geschützte Rechte (Berufsfreiheit) dieser Leistungserbringer. Dies liefe auf ein Mitspracherecht des "Verkäufers" an der Entscheidung über die Produktwahl hinaus (vgl BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 14 ff mwN zur Rspr des BVerfG; BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 13; vgl auch Neumann, NZS 2010, 593, 597; Hauck, GesR 2011, 69 ff, Fn 29 mwN).

53

Betroffen von Änderungen des Leistungsrechts sind hingegen in erster Linie Versicherte, zudem Ärzte in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit (vgl zur Bedeutung als dienende Freiheit Hauck, SGb 2014, 8 f mwN). Die Eingriffsintensität ist insoweit aber gering. Denn zur Beurteilung der Betroffenheit ist zunächst die vom Bundesgesetzgeber verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende (dazu 4. b) Entscheidung in den Blick zu nehmen, nicht verschreibungspflichtige Medikamente generell aus dem Leistungskatalog auszuschließen. In diesem gesetzlichen Ausschluss liegt die eigentliche Belastung Betroffener. Die Ermächtigung des GBA, hiervon in Richtlinien unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen Ausnahmen zu machen, benachteiligt den betroffenen Personenkreis nicht, sondern begünstigt ihn. Einen gesetzlichen Anspruch, bestimmte Arzneimittel in die OTC-Übersicht aufzunehmen, billigt der Gesetzgeber diesem Personenkreis nicht zu.

54

b) Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und den Grundrechten aus Art 2 Abs 2 und Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip vereinbar.

55

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55 mwN; BVerfGE 117, 316 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3, stRspr). Daran fehlt es. Das BVerfG (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220) und der erkennende Senat (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 12 ff)haben dies unter Berücksichtigung der im Gesetz angelegten Abmilderungen geprüft und verneint. Der erkennende Senat verweist hierauf.

56

Gleiches gilt für die Vereinbarkeit der Leistungsbegrenzung in § 34 Abs 1 SGB V mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit(Art 2 Abs 2 S 1 GG) und dem Grundrecht aus Art 2 Abs 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (vgl dazu BVerfGE 115, 25, 43 ff = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 21, 24). Denn der Gesetzgeber hat lediglich in verhältnismäßiger Weise von seinem Gestaltungsrecht Gebrauch gemacht, den Bereich der Eigenvorsorge zu umreißen (vgl BVerfG Beschluss vom 12.12.2012 - 1 BvR 69/09 - BVerfGK 20, 159 = NJW 2013, 1220; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 20).

57

c) Ein anderes Ergebnis folgt schließlich für die Klägerin nicht aus den Grundsätzen grundrechtsorientierter Auslegung. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, die Grundsätze des Beschlusses vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) auf Erkrankungen zu erstrecken, die wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar sind. Dies würde dem Ausnahmecharakter eines solchen verfassungsunmittelbaren Leistungsanspruchs nicht gerecht werden. Vielmehr bleibt der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf extreme Situationen einer krankheitsbedingten Lebensgefahr beschränkt (vgl BVerfG Beschluss vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - Juris RdNr 18).

58

Der Gesetzgeber hat demgegenüber im Anschluss an die Rechtsprechung des erkennenden Senats die grundrechtsorientierte Auslegung auch auf wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen erstreckt (vgl § 2 Abs 1a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine von § 2 Abs 1 S 3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Schon die Voraussetzungen der Regelung des am 1.1.2012 in Kraft getretenen § 2 Abs 1a SGB V sind nach den Feststellungen des LSG nicht erfüllt.

59

Es ist nach den nicht angegriffenen, den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits nicht erkennbar, dass die Klägerin bei Antragstellung und danach (noch) an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung litt. § 2 Abs 1a SGB V enthält nach der Gesetzesbegründung eine Klarstellung zum Geltungsumfang des sog Nikolaus-Beschlusses des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) für das Leistungsrecht der GKV (BT-Drucks 17/6906 S 53). Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 21 und 30 mwN; BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 23; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KN 3/07 KR R - Juris RdNr 32). Nichts anderes gilt für wertungsmäßig vergleichbare Erkrankungen (BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 32). Dies behauptet selbst die Klägerin nicht. Zudem fehlen hierfür nach den Feststellungen des LSG Anhaltspunkte. Denn die Klägerin wurde im Jahr 2007 operiert, erhielt in der Folgezeit wegen des rezeptor-negativen Tumors eine begleitende Chemotherapie und stellte ihren Antrag auf Versorgung mit dem anthroposophischen Arzneimittel zur adjuvanten Therapie Ende 2011. Zudem stand mit der Chemotherapie für die Klägerin eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung, die sie auch erhielt. Schließlich hat die Klägerin auch nicht geltend gemacht, durch die Eigenfinanzierung der adjuvanten Therapie unzumutbar belastet zu werden.

60

5. Die Klägerin kann sich schließlich nicht auf einen Verstoß der AM-RL gegen die Richtlinie 89/105/EWG des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme berufen (sog Transparenz-Richtlinie; ABl EG L vom 11.2.1989, 40, 8). Dies hat der erkennende Senat bereits entschieden (BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 21 ff). Hieran hält er fest.

61

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2015 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2012 zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 29 041,50 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Oktober/November 2008.

2

Der bei der Beklagten versicherte E. A. (im Folgenden: Versicherter) erlitt bei seiner Geburt am 10.8.2008 eine cerebrale Blutung mit perinataler Asphyxie, Krampfanfällen, Abnoen und respiratorischer Insuffizienz. Er wurde bis zum 19.8.2008 beatmet und erhielt bis zum 16.9.2008 eine antiepileptische Therapie, in deren Anschluss bis zur Entlassung aus der stationären Behandlung am 1.10.2008 keine Krampfanfälle mehr beobachtet wurden. Die Klinikärzte befürworteten in einem Arztbrief vom 24.9.2008 die Unterstützung der Mutter durch einen 24-stündigen Pflegedienst, da eine kontinuierliche Beobachtung bezüglich neu auftretender Anfälle zwingend erforderlich und durch die Mutter alleine nicht zu gewährleisten sei. Der Versicherte wurde am 1.10.2008 gemeinsam mit seiner Mutter in eine 24 Stunden täglich durch einen Sozialarbeiter betreute Mutter-Kind-Wohnung in Berlin entlassen.

3

Die klagende GmbH erbringt im Raum Berlin häusliche Krankenpflegeleistungen und stand im Streitzeitraum ua mit der damaligen AOK Berlin, nicht aber mit der beklagten AOK in vertraglichen Beziehungen nach § 132a Abs 2 SGB V über die Erbringung häuslicher Krankenpflege. Mit einem in Berlin ansässigen Krankenpflegeunternehmen hatte die Beklagte keinen Vertrag nach § 132a Abs 2 SGB V.

4

Die Klägerin beantragte unter Vorlage des genannten Arztbriefes per Telefax am 29.9.2008 bei der Beklagten die Kostenübernahme für häusliche Krankenpflege im Umfang von 24 Stunden täglich ab 1.10.2008 für den Versicherten in der betreuten Mutter-Kind-Wohnung, da es dort keine examinierte Kinderkrankenschwester gebe. Die Beklagte lehnte den Antrag zunächst ab, weil eine Mitgliedschaft bei ihr unter den angegebenen Daten nicht festzustellen sei.

5

Mit Schreiben vom 9.10.2008, das am 13.10.2008 bei der Beklagten einging, bat die Klägerin erneut um Bewilligung häuslicher Krankenpflege in dem genannten Umfang und fügte eine entsprechende Verordnung der Kinderärztin vom 8.10.2008 bezüglich des Zeitraums vom 1.10.2008 bis 30.11.2008 sowie einen ausführlichen Entlassungsbericht des Krankenhauses bei.

6

Nach Anforderung auch der Pflegedokumentation führte der Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) am 4.11.2008 aus, Krankenbehandlungen seien nicht erfolgt, und kontinuierliche Krankenpflege sei auch nicht erforderlich. Ausreichend sei vielmehr eine normale Säuglingskontrolle, -beobachtung und -versorgung, die auch von eingewiesenen Laien erbracht werden könne. Die Beklagte lehnte die Leistung häuslicher Krankenpflege daraufhin ab (Schreiben an die Klägerin und die verordnende Kinderärztin sowie Bescheid an die Mutter des Versicherten jeweils vom 17.11.2008). In einem nach Aktenlage gefertigten Sozialmedizinischen Gutachten des MDK vom 22.1.2009 wurde das Ergebnis des Vorgutachters bestätigt.

7

Die Klägerin stellte der Beklagten für die Zeit vom 1.10.2008 bis 19.11.2008 insgesamt 1187 Stunden häuslicher Krankenpflege zu einem Stundensatz von 35 Euro (insgesamt 41 545 Euro) in Rechnung. Die Klage ist vor dem SG erfolglos geblieben (Urteil vom 16.5.2012). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 29 041,50 Euro zu zahlen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 11.2.2015). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Vergütungsanspruch der Klägerin sei in Höhe des ortsüblichen Stundensatzes von 28,50 Euro für die Zeit ab 8.10.2008 begründet. Die ärztliche Verordnung datiere erst von diesem Tag und eine rückwirkende Verordnung sei nicht möglich. Dem Grunde nach ergebe sich der Vergütungsanspruch unmittelbar aus Nr 26 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 und Abs 7 SGB V (HKP-RL). Zweck der Regelung sei es, Leistungsverzögerungen dadurch zu vermeiden, dass die Vergütung bereits während des Bewilligungsverfahrens gewährleistet werde, wenn die ärztliche Verordnung zeitnah vorgelegt werde. Für die Zeit ab 8.10.2008 hätten diese Voraussetzungen vorgelegen. Die in Berlin wohnhaften Versicherten der Beklagten könnten ihren Anspruch, häusliche Krankenpflege unverzüglich nach entsprechender vertragsärztlicher Verordnung zu erhalten, nur über vertragslose Pflegedienste verwirklichen, da die Beklagte als auswärtige Ortskrankenkasse keine vertraglichen Beziehungen nach § 132a Abs 2 SGB V zu in Berlin tätigen Pflegeunternehmen unterhalte. Aus diesem Grund könne eine Vertragsbeziehung zum Leistungserbringer keine Voraussetzung für den Vergütungsanspruch sein. Das Pflegeunternehmen trage bis zur Entscheidung der Krankenkasse nicht das Risiko, dass die vertragsärztlich verordnete häusliche Krankenpflege möglicherweise medizinisch nicht notwendig war, solange dies nicht offensichtlich gewesen sei.

8

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V sowie gegen § 37 Abs 6 SGB V iVm § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V iVm Nr 26 HKP-RL. § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V setze für einen Vergütungsanspruch des Leistungserbringers einen Vertrag mit der Krankenkasse voraus. Dieser könne mit dem Leistungserbringer direkt oder auf Verbandsebene geschlossen werden, ggf auch nur für einen konkreten Einzelfall. Die Klägerin stehe jedoch in keiner vertraglichen Beziehung zur Beklagten, und es habe auch kein Kontrahierungszwang zu den Bedingungen der Klägerin bestanden. Sie - die Beklagte - habe vielmehr fortlaufend gegenüber der Klägerin erklärt, dass sie die Leistungen nicht für angemessen halte. Die HKP-RL beschreibe in erster Linie Art und Umfang der verordnungsfähigen Krankenpflegeleistungen für die Vertragsärzte, auch mit Wirkung für die Versicherten und die Krankenkassen. Die Pflegedienste würden durch diese Richtlinien nicht in eigenen Rechten betroffen. Jedenfalls enthielten die HKP-RL keine Anspruchsgrundlage für Vergütungsansprüche vertragsloser Pflegeunternehmen. Nr 26 HKP-RL verweise ausdrücklich auf die "vereinbarte Vergütung nach § 132a Abs 2 SGB V" und setze damit einen Vergütungsvertrag zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse voraus. Schließlich habe das Berufungsgericht zu Unrecht in Anwendung des § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt BGB, § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V die ortsübliche Vergütung zugrunde gelegt. Die Grundsätze der ungerechtfertigten Bereicherung seien auch dann nicht anwendbar, wenn im Übrigen ordnungsgemäß erbrachte und für den Versicherten geeignete und nützliche Leistungen von einem hierzu nicht berechtigten Leistungserbringer erbracht worden seien. Zudem sei nach den Ausführungen des MDK häusliche Krankenpflege in Form der 24-stündigen Krankenbeobachtung weder notwendig gewesen noch erbracht worden. Es habe sich vielmehr um eine "normale" Säuglingskontrolle, -beobachtung und -versorgung gehandelt.

9

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2012 zurückzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Sie stützt sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Berufungsgerichts und weist die von der Beklagten geltend gemachten Rechtsverletzungen zurück.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der von ihr für den Versicherten erbrachten Leistungen.

13

1. Leistungserbringer können ihre Zahlungsansprüche grundsätzlich im Wege der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG geltend machen, denn es handelt sich dabei um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, ein Vorverfahren nicht durchzuführen und eine Klagefrist nicht einzuhalten ist (vgl zB BSGE 86, 166, 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 20 RdNr 7; für Apotheken: BSG SozR 4-2500 § 129 Nr 1 bis 3, 6, 7, 9 sowie SozR 4-2500 § 129a Nr 1; BSG Urteil vom 25.11.2015 - B 3 KR 16/15 R - für BSGE und SozR 4-2500 § 129 Nr 11 vorgesehen, jeweils mwN).

14

2. Rechtsgrundlage der Vergütungsansprüche von Pflegediensten für die Versorgung von Versicherten mit häuslicher Krankenpflege ist für den hier betroffenen Zeitraum im Oktober/November 2008 § 132a Abs 2 SGB V idF durch das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) iVm dem jeweils geltenden Vertrag zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbringer nach § 132a Abs 2 Satz 1 SGB V. Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege nach § 132a Abs 1 SGB V waren für diesen Zeitraum nicht vereinbart(vgl BT-Drucks 17/10170 S 26). Auch gelten für die Klägerin keine durch einen insoweit bevollmächtigten Verband abgeschlossenen Rahmenbedingungen.

15

Die Voraussetzungen für das Entstehen eines solchen öffentlich-rechtlichen Vergütungsanspruchs lagen für die streitgegenständliche Forderung mangels eines Versorgungs- und Vergütungsvertrags zwischen der Beklagten und der Klägerin nicht vor. Verträge nach § 132a Abs 2 SGB V(in der og Fassung) werden zwischen einzelnen Krankenkassen und Pflegediensten oder auf Verbandsebene, dh durch einen Verband von Krankenkassen und einen Verband von Pflegediensten geschlossen, wenn diese zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen für ihre Mitglieder bevollmächtigt sind oder die auf Verbandsebene ausgehandelten Verträge akzeptieren (vgl hierzu zB Dalichau in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 132a SGB V RdNr 28). Die Klägerin und die Beklagte sind weder selbst noch über entsprechende Verbände vertragliche Beziehungen nach § 132a Abs 2 SGB V eingegangen.

16

3. Nach Nr 26 der HKP-RL id am 11.6.2008 in Kraft getretenen Fassung vom 17.1.2008 übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Abs 2 SGB V, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Das Nähere regeln die Partner der Rahmenempfehlungen nach § 132a Abs 1 SGB V.

17

Nach dieser Vorschrift kann dem Vergütungsanspruch des Leistungserbringers unter den genannten Voraussetzungen zwar grundsätzlich bis zur Entscheidung der Krankenkasse über die Genehmigung die fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistung nur in engen Grenzen entgegengehalten werden (hierzu a), und die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) erlassene Regelung der HKP-RL ist verfassungskonform und auch für Leistungserbringer verbindlich (hierzu b). Die Vorschrift bildet jedoch keine vom Vertrag nach § 132a Abs 2 SGB V unabhängige Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch, sondern setzt grundsätzlich eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse voraus(hierzu c). Zudem muss die tatsächlich erbrachte Leistung der häuslichen Krankenpflege der vertraglichen (Vergütungs-)Vereinbarung (hierzu d) und der Leistungsbeschreibung der HKP-RL (hierzu e) entsprechen. Nach der Gesamtbetrachtung besteht hier kein Anlass, einen Ausnahmefall anzunehmen, in dem ausnahmsweise eine Vergütung ohne entsprechenden Vertrag zu zahlen wäre (hierzu f).

18

a) Wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, richtet sich der Anspruch des Leistungserbringers auf die vertraglich vereinbarte Vergütung gemäß § 132a Abs 2 SGB V aufgrund der Regelung der Nr 26 der HKP-RL (idF vom 17.1.2008) in der Zeit von der Ausstellung der ärztlichen Verordnung bis zur Entscheidung über die Genehmigung seitens der Krankenkasse allein nach der vertragsärztlichen Verordnung und den vom Pflegedienst entsprechend erbrachten Leistungen, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Diesem Vergütungsanspruch des Leistungserbringers kann die Krankenkasse bis zu ihrer Entscheidung über die Leistung die fehlende medizinische Notwendigkeit nur entgegenhalten, wenn für den Leistungserbringer klar erkennbar war, dass die häusliche Krankenpflege nicht wie verordnet medizinisch notwendig sein konnte (vgl hierzu BSG Urteil vom 20.4.2016 - B 3 KR 17/15 R - vorgesehen für BSGE und SozR). Der GBA will mit dieser Regelung (heute: § 6 Abs 6 HKP-RL) dem Leistungserbringer das Risiko abnehmen, dass sich die vertragsärztlich verordnete Leistung bei der Prüfung im Genehmigungsverfahren als medizinisch nicht notwendig erweisen sollte, damit der Versicherte für die Dauer des Genehmigungsverfahrens nicht auf eigenes Risiko in Vorleistung treten muss und der Leistungserbringer unabhängig von Zahlungsfähigkeit und Zahlungsbereitschaft des Versicherten von Anfang an zur Leistungserbringung bereit ist.

19

b) Dem Berufungsgericht ist darüber hinaus auch insoweit zu folgen, als die HKP-RL als untergesetzliche Rechtsnormen auch für die Leistungserbringer verbindliche Regelungen enthalten, und Nr 26 HKP-RL verfassungsgemäß ist. Der Gesetzgeber hat mWv 1.1.2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) in § 91 Abs 9 SGB V ausdrücklich bestimmt, dass die Beschlüsse des GBA - mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 137b SGB V und zu Empfehlungen nach § 137f SGB V - für die Versicherten, die Krankenkassen und für die an der ambulanten ärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer sowie die zugelassenen Krankenhäuser verbindlich sind. Für den hier maßgeblichen Zeitraum Oktober/November 2008 bestimmt § 91 Abs 6 SGB V die Verbindlichkeit der Beschlüsse des GBA ua für die Leistungserbringer, was - mit Ausnahme der Beschlüsse zu Entscheidungen nach § 136d SGB V - bis heute gilt.

20

Das BSG hatte bereits vor Einführung dieser gesetzlichen Regelung entschieden, dass die von dem damaligen Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen erlassenen Richtlinien als außenwirksame Rechtsnormen auch zu Lasten von Ärzten und Versicherten zu qualifizieren sind und daran in ständiger Rechtsprechung aller mit diesen Fragen betrauten Senate festgehalten (so zuerst der 6. Senat BSGE 78, 70, 74 ff = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 29 ff - Methadon-Richtlinie; und jüngst BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 14/14 R - SozR 4-2500 § 34 Nr 17 RdNr 35 mwN, auch für BSGE vorgesehen; zur Rechtsprechung des 3. Senats s etwa: BSGE 87, 105, 110 f = SozR 3-2500 § 139 Nr 1 S 7 f und jüngst Urteil vom 22.4.2015 - B 3 KR 16/14 R - NZS 2015, 617, 621 RdNr 25 mwN; zur Rechtsprechung des 1. Senats vgl zB BSGE 81, 54, 63 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 18 f; SozR 4-2500 § 13 Nr 20 RdNr 20; SozR 4-2500 § 27 Nr 16 RdNr 11; sowie Urteil vom 2.9.2014 - B 1 KR 65/12 R - Juris RdNr 13 mwN).

21

An der Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung des GBA hat der Senat auch unter Berücksichtigung der hierzu jüngst ergangenen Entscheidung des BVerfG vom 10.11.2015 (1 BvR 2056/12, KrV 2015, 236) bezogen auf die HKP-RL nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6, Abs 7 SGB V keine Zweifel(zur HKP-RL so zuletzt auch BSGE 118, 122 = SozR 4-2500 § 37 Nr 13, RdNr 21; vgl daneben auch BSGE 111, 155 = SozR 4-2500 § 31 Nr 21, RdNr 26; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 34; bereits die og Entscheidung des BVerfG berücksichtigend: BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 1 KR 30/15 R - Juris RdNr 42 ff, für BSGE und SozR 4-2500 § 34 Nr 18 vorgesehen). Das BVerfG hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass die demokratische Legitimation des GBA zum Erlass einer verbindlichen Richtlinie fehlen könne, wenn diese zB mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regele, die an deren Entstehung nicht mitwirken könnten. Maßgeblich sei insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet sei (vgl Beschluss des BVerfG vom 10.11.2015 - 1 BvR 2056/12 - KrV 2015, 236). § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 iVm Abs 7 SGB V enthält eine hinreichend bestimmte Anleitung des GBA zum Erlass von Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege. Neben einer Generalermächtigung und einer Aufgabenzuweisung enthalten § 92 Abs 7 Satz 1 Nr 1 bis 5 SGB V nF detaillierte Ermächtigungen, die inhaltlich hinreichend bestimmt sind, insbesondere im Hinblick auf die HKP-RL. Die vom GBA erlassene HKP-RL (hier die am 11.6.2008 in Kraft getretene Fassung) hält sich - soweit sie hier zur Anwendung kommt - im Rahmen dieser konkreten inhaltlichen Vorgaben der gesetzlichen Ermächtigung. Zudem ist den in § 132a Abs 1 Satz 1 SGB V genannten Leistungserbringern vor der Entscheidung des GBA über die Richtlinien zur Verordnung von häuslicher Krankenpflege Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen(§ 92 Abs 7 Satz 2 SGB V). Damit sind die Leistungserbringer an der Entscheidungsfindung beteiligt, auch wenn sie an dem eigentlichen Normsetzungsakt nicht mitwirken.

22

c) Nr 26 der HKP-RL (idF vom 17.1.2008) enthält jedoch keine eigene, von den gesetzlichen Vorschriften unabhängige Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Leistungserbringer, sondern setzt ebenfalls eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Leistungserbringer und der Krankenkasse voraus. Denn die HKP-RL enthalten Vorgaben zur Konkretisierung der gesetzlichen Ansprüche für alle Beteiligten, dh sowohl für die Versorgungsansprüche der Versicherten als auch insbesondere Regelungen zur Umsetzung dieser Ansprüche und zur Zusammenarbeit mit dem Leistungserbringer (vgl § 92 Abs 7 Satz 1 SGB V). Es ist inzwischen ständige Rechtsprechung (vgl zB BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr 5, RdNr 15; BSGE 106, 303 = SozR 4-2500 § 129 Nr 6, RdNr 12 f; BSG SozR 4-2500 § 130 Nr 3 RdNr 12; BSG Urteil vom 17.11.2015 - B 1 KR 30/14 R - Juris), dass es sich bei den Vergütungsansprüchen der Leistungserbringer gegenüber den Krankenkassen grundsätzlich um öffentlich-rechtliche Ansprüche handelt, die auf gesetzlich näher konkretisierten Verträgen mit regelmäßig normativem Charakter beruhen. Inhaltliche Vorgaben für diese Vergütungsverträge finden sich ua auch in den Richtlinien des GBA, hier in den HKP-RL. Diese kann aber keine selbstständige, von den gesetzlichen Vorgaben und dem entsprechenden Vertrag unabhängigen Ansprüche begründen, sondern lediglich innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens konkretisierende inhaltliche Vorgaben (zB zur Ausgestaltung der Verträge) geben. Nr 26 HKP-RL hat allein die Funktion, für den Zeitraum zwischen Ausstellung der vertragsärztlichen Verordnung über häusliche Krankenpflege und der Entscheidung der Krankenkasse über den Anspruch des Versicherten auf diese Leistung die Verordnung als Grundlage für den Anspruch ausreichen zu lassen. Insbesondere erweitert sie nicht den Kreis der leistungsberechtigten Pflegedienste und unterscheidet sich insoweit deutlich etwa von § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V, der es den Versicherten ermöglicht, in Notfällen auch nicht zugelassene Ärzte in Anspruch zu nehmen mit der Folge, dass diesem unmittelbar kraft Gesetzes Vergütungsansprüche gegen die Kassenärztliche Vereinigung zuwachsen(vgl BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5). Ob und unter welchen Voraussetzungen die HKP-RL noch ermächtigungskonform wäre, wenn sie abweichend von § 132a Abs 2 SGB V auch vertragslosen Leistungserbringern - ggf unter besonderen Voraussetzungen - eine Leistungsberechtigung und einen entsprechenden Vergütungsanspruch zubilligen würde, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der eindeutige Wortlaut der Nr 26 der HKP-RL setzt gerade in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich eine "vereinbarte Vergütung nach § 132a Abs 2 SGB V" voraus.

23

Damit knüpft der Wortlaut der Regelung der Nr 26 HKP-RL ausdrücklich an einen mit dem Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege geschlossenen Vergütungsvertrag nach § 132a Abs 2 SGB V an. Der GBA geht bei dieser Regelung - ebenso wie der Gesetzgeber - davon aus, dass die Krankenkassen die Versorgung ihrer Versicherten mit häuslicher Krankenpflege durch den Abschluss von Verträgen nach § 132a Abs 2 SGB V sicherstellen. Um zugleich Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen zu gewährleisten (§ 12 SGB V), kann sich die Kostenübernahme nur an den Versorgungs- und Vergütungsverträgen nach § 132a Abs 2 SGB V orientieren. Denn die personellen und qualitativen Voraussetzungen der Leistungserbringung werden bei der häuslichen Krankenpflege erst durch die vertraglichen Beziehungen zu dem einzelnen Leistungserbringer sichergestellt. Während zB die Leistungserbringer von Heilmitteln zur Versorgung der Versicherten erst berechtigt sind, wenn die Landesverbände der Krankenkassen bzw die Ersatzkassen ihnen eine Zulassung erteilt haben (§ 124 Abs 5 SGB V), sieht das Gesetz eine solche Zulassung der Pflegedienste zur Versorgung der Versicherten mit häuslicher Krankenpflege nicht vor. Hier kommt eine entsprechende Zulassungswirkung und Zulassungsfunktion den Verträgen nach § 132a Abs 2 SGB V zu(vgl hierzu zB Dalichau in Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl 2014, § 132a SGB V RdNr 29). Ohne vertragliche Beziehungen der Krankenkasse zu dem einzelnen Leistungserbringer sind daher die personellen und qualitativen Voraussetzungen sowie die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung nicht gewährleistet. Leistungserbringer, die zu einer anderen Krankenkasse in Vertragsbeziehungen stehen, haben nur dieser gegenüber die Einhaltung der vertraglichen Bedingungen zugesichert. Mangels vertragsübergreifend gültiger Rahmenempfehlungen und Rahmenbedingungen wird die Einhaltung von personellen und qualitativen Mindeststandards der Leistungserbringung sowie des Wirtschaftlichkeitsgebotes nur durch Verträge gesichert, die als Einzelverträge oder auf Verbandsebene geschlossen werden können, jeweils aber nur Wirkungen "inter pares" nicht "inter omnes" entfalten.

24

d) Die Vorschrift der Nr 26 HKP-RL (idF vom 17.1.2008) gewährt darüber hinaus ihrem Wortlaut nach einen Vergütungsanspruch nur für solche Leistungen, die in der Vergütungsvereinbarung aufgeführt sind. Nicht alle Verträge nach § 132a Abs 2 SGB V sehen hinsichtlich der Versorgung mit spezieller Krankenbeobachtung für 24 Stunden täglich eine Vergütungsregelung vor. Ohne vertragliche Regelung wird - soweit diese Leistung vom Vertragsarzt verordnet wird und medizinisch erforderlich ist - eine Einzelvereinbarung abgeschlossen, in der sich die Höhe der Vergütung nach den im konkreten Einzelfall erforderlichen medizinischen (und ggf pflegerischen) Leistungen richtet. Dies basiert darauf, dass bei dieser Leistung der Aufwand und die Anforderungen an die Leistungserbringung je nach Einzelfall ganz unterschiedlich sein können. Vielfach trägt auch die Pflegekasse oder der Versicherte selbst oder ein anderer Träger einen Teil der Kosten; diese sind dann an der Vereinbarung zu beteiligen. Gerade im Bereich dieser besonders zeitaufwendigen und damit teuren Leistung der häuslichen Krankenpflege können sich daher auch solche Leistungserbringer, die mit der Krankenkasse ihres Patienten einen gültigen Versorgungs- und Vergütungsvertrag geschlossen haben, nicht darauf verlassen, dass die allein aufgrund der ärztlichen Verordnung erbrachte Leistung ohne Weiteres vergütet wird, wenn sich in dem Vergütungsvertrag keine Regelung zu dieser Leistung findet. Es sind dann vor der Leistungserbringung Absprachen mit der Krankenkasse erforderlich.

25

Die Vertragspartner dieser Verträge halten die Nichteinigung in Bezug auf eine generelle Vergütung für die spezielle Krankenbeobachtung für 24 Stunden täglich offenbar für sachgerecht, sonst könnten sie nach § 132a Abs 2 Satz 6 SGB V den Vertragsinhalt durch eine von den Vertragspartnern zu bestimmende unabhängige Schiedsperson festlegen lassen.

26

Gerade im Bereich der häuslichen Krankenpflege für 24 Stunden täglich kann daher eine Leistung nur dann dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen, wenn sie auf einer konkreten Vergütungsvereinbarung beruht. Das wird nicht nur an der Komplexität der Leistung deutlich, sondern auch daran, dass bei nachträglicher Festsetzung einer angemessenen Vergütung unklar bleibt, ob diese an den üblichen Verträgen der Klägerin oder der Beklagten oder der Ortskrankenkasse am Wohnsitz des Versicherten zu bemessen ist.

27

e) Offenbleiben kann, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen den Vorgaben der HKP-RL (in der am 11.6.2008 in Kraft getretenen Fassung) entsprechen. Der öffentlich-rechtliche Vergütungsanspruch setzt grundsätzlich voraus, dass die vom Pflegedienst erbrachte Leistung der Leistungsbeschreibung der HKP-RL entspricht. Denn diese ist auch für die Leistungserbringer verbindlich. Die HKP-RL enthält in der Anlage ein Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege. Dort nicht aufgeführte Maßnahmen sind nach I. Nr 4 der HKP-RL (in der og Fassung) nicht als häusliche Krankenpflege verordnungs- und genehmigungsfähig. Eine Leistungsbeschreibung für die spezielle Krankenbeobachtung findet sich unter der laufenden Nr 24 der Anlage (in der og Fassung). Danach setzt diese Leistung die kontinuierliche Dokumentation der Vitalfunktionen wie: Puls, Blutdruck, Temperatur, Haut, Schleimhaut über mindestens 24 Stunden voraus - in begründeten Fällen auch weniger - mit dem Ziel festzustellen, ob die ärztliche Behandlung zu Hause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist, einschließlich aller in diesem Zeitraum anfallender pflegerischen Maßnahmen.

28

Obwohl der Senat im Hinblick auf die Stellungnahme und das Gutachten des MDK sowie die vorliegende Pflegedokumentation erhebliche Zweifel daran hat, ob die von der Klägerin erbrachten Leistungen diesen Vorgaben entsprechen (danach hat die Klägerin lediglich einzelne Vitalfunktionen und diese auch nicht kontinuierlich sondern lediglich punktuell dokumentiert, was auch im Rahmen punktueller Einsätze des häuslichen Pflegedienstes hätte erfolgen können), bedurfte es diesbezüglich keiner Anhörung der Klägerin bzw Zurückverweisung zur näheren Aufklärung des Sachverhalts. Denn angesichts der fehlenden vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten nach § 132a Abs 2 SGB V kommt es hierauf nicht entscheidend an.

29

f) Ohne vertragliche Beziehungen zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Leistungserbringer nach § 132a Abs 2 SGB V kommt ein Vergütungsanspruch für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht. Es kann dahingestellt bleiben, wann das ausnahmsweise der Fall sein könnte (denkbar sind solche Ausnahmefälle zB in Notfällen oder für den Zeitraum zwischen der Kündigung eines Vergütungsvertrages und dem Abschluss neuer Preisvereinbarungen), denn in der hier zu beurteilenden Konstellation besteht jedenfalls kein Anlass für die Annahme einer notstandsähnlichen Lage.

30

aa) Ein solcher Ausnahmefall kann sich nicht daraus ergeben, dass die Klägerin möglicherweise einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungs- und Vergütungsvertrages hatte. Aufgrund ihrer vertraglichen Beziehungen zu anderen Krankenkassen bestanden zwar keine grundsätzlichen Bedenken gegen ihre Eignung und Befähigung, und in ihren Anträgen auf Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege könnte zugleich auch ein Antrag auf Abschluss eines Vertrages für den Einzelfall liegen. Gerade aber bezüglich der Versorgung des Versicherten war die Beklagte nicht verpflichtet, mit der Klägerin einen Versorgungs- und Vergütungsvertrag zu schließen, bevor nicht die Sach- und Rechtslage - insbesondere die medizinische Notwendigkeit der Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege - abschließend geklärt war. Nach Nr 21 der HKP-RL (idF vom 17.1.2008) bedürfen die vom Versicherten durch Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung beantragten Leistungen der Genehmigung durch die Krankenkasse. Soweit Nr 26 HKP-RL (idF vom 17.1.2008) abweichend davon bereits für die Zeit vor der Erteilung der Genehmigung die Leistungserbringung allein aufgrund einer vertragsärztlichen Verordnung zulässt, kann diese Regelung nicht ohne Weiteres über ihren Wortlaut hinaus auf vertragslose Leistungserbringer ausgedehnt werden.

31

bb) Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, der Versicherte habe die Leistung zeitgerecht nicht anders als durch ein vertragsloses Unternehmen in Anspruch nehmen können. Nach § 76 Abs 1 Satz 2 SGB V dürfen zwar im Notfall auch andere als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte und die übrigen in Abs 1 der Vorschrift genannten Einrichtungen und Krankenhäuser in Anspruch genommen werden und erwerben durch die Notfallbehandlung einen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse(vgl zB BSGE 15, 169 = SozR Nr 1 zu § 368d RVO; BSGE 71, 117, 118 f = SozR 3-2500 § 120 Nr 2 S 12 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 2 RdNr 5; vgl auch BGHZ 23, 227 ff; BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 14). Unabhängig davon, dass es für die Inanspruchnahme von häuslicher Krankenpflege an einer vergleichbaren gesetzlichen Regelung fehlt, lag auch kein Notfall in dem Sinne vor, wie ihn ein Behandlungsanspruch durch Nichtvertragsärzte voraussetzt. Denn dazu muss ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf vorliegen, der sofort befriedigt werden muss und keine Zeit zum Aufsuchen oder Herbeirufen von zugelassenen Leistungserbringern belässt (vgl BSG SozR 3-2500 § 76 Nr 2 S 4; BSGE 97, 6 = SozR 4-2500 § 13 Nr 9, RdNr 30 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, RdNr 23; s ferner zu § 368d RVO: BSGE 19, 270, 272 = SozR Nr 2 zu § 368d RVO; BSGE 34, 172, 174 = SozR Nr 6 zu § 368d RVO; zum unterschiedlichen Dringlichkeitsbedarf auch gegenüber einer unaufschiebbaren Leistung iS des § 13 Abs 3 SGB V vgl BSG Urteil vom 8.9.2015 - B 1 KR 14/14 R - Juris RdNr 15).

32

Zum Zeitpunkt der Entlassung des Versicherten aus der stationären Behandlung am 1.10.2008 lag ein solcher Notfall mit besonderer Eilbedürftigkeit nicht vor. Die Klinikärzte befürworteten in dem Arztbrief vom 24.9.2008 zwar die Unterstützung der Mutter durch einen 24-stündigen Pflegedienst zur Beobachtung im Hinblick auf neu auftretende Krampfanfälle, sie verordneten indes keine häusliche Krankenpflege. Nach Nr 31 der HKP-RL (id am 11.6.2008 in Kraft getretenen Fassung vom 10.4.2008) kann der Krankenhausarzt anstelle des Vertragsarztes häusliche Krankenpflege bis zum Ablauf des dritten auf die Entlassung folgenden Werktags verordnen; er soll in diesem Fall den weiterbehandelnden Vertragsarzt rechtzeitig vor der Entlassung aus dem Krankenhaus informieren. Außerdem hat das Krankenhaus nach dem durch § 11 Abs 4 SGB V(idF vom 28.5.2008) geregelten Versorgungsmanagement beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche für eine sachgerechte Anschlussversorgung zu sorgen. Es war also verpflichtet, eine im Anschluss an die stationäre Behandlung erforderliche häusliche Krankenpflege rechtzeitig vor der Entlassung des Versicherten zu planen und einzuleiten.

33

Deshalb darf ein Krankenpflegedienst - jedenfalls solange weder ein Vertragsarzt noch die behandelnden Krankenhausärzte für die ersten Tage nach der Entlassung häusliche Krankenpflege verordnet haben, obwohl sich der Versicherte in deren medizinischer Behandlung befindet - nicht von sich aus vom Vorliegen eines medizinischen Notfalls zur Erbringung häuslicher Krankenpflege ausgehen. Die Klägerin hatte die Kostenübernahme für die häusliche Krankenpflege bereits zwei Tage vor der Entlassung des Versicherten, am 29.9.2008 per Fax bei der Beklagten beantragt und sich dabei lediglich auf den genannten Arztbrief gestützt. Trotz der daraufhin erfolgten falschen Auskunft der Beklagten in Bezug auf die Mitgliedschaft des Versicherten, wäre jedenfalls genügend Zeit gewesen - ggf gemeinsam mit der Mutter des versicherten Säuglings - auf eine entsprechende ärztliche Verordnung durch die Klinikärzte oder einen Vertragsarzt hinzuwirken. Der genannte Arztbrief zeigt indes, dass die Klinikärzte die Situation gesehen, häusliche Krankenpflege aber gerade nicht verordnet haben, sondern im Rahmen des Versorgungsmanagements den Arztbrief und die Unterbringung des Versicherten in einer 24 Stunden täglich durch einen Sozialarbeiter betreuten Mutter-Kind-Wohnung für ausreichend hielten. Ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf im Sinne eines Notfalls, der sofort befriedigt werden muss, lag mithin nicht vor.

34

Vor diesem - auch der Klägerin bekannten - Hintergrund konnte bei unveränderter medizinischer Situation auch am 8.10.2008, als erstmals häusliche Krankenpflege (vertrags)ärztlich verordnet wurde, nicht von einem Notfall ausgegangen werden, der sofort befriedigt werden musste und keine Zeit zum Aufsuchen oder Herbeirufen von zugelassenen Leistungserbringern bzw entsprechenden Absprachen mit der Klägerin beließ. Zwar hat die verordnende Vertragsärztin - anders als die Krankenhausärzte - die Verordnung von häuslicher Krankenpflege medizinisch für notwendig erachtet, für eine besondere Eilbedürftigkeit liegen jedoch - auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Abfolge - keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere enthält die ärztliche Verordnung keine Angaben dazu, welche Leistungen der medizinischen Behandlungspflege im Einzelnen zu erbringen sind oder welche Vitalparameter iS der Nr 24 des Verzeichnisses verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege nach der Anlage zur HKP-RL kontinuierlich über 24 Stunden täglich zu dokumentieren sind. Erst daraus hätten sich aber die konkreten Anforderungen an die Leistungserbringung im Einzelfall ergeben können. Vor dem Hintergrund der vorliegend erkennbar schwierigen Abgrenzung der sozialen Indikation für die Unterstützung der Mutter bei der sachgerechten Versorgung des Versicherten von Gründen für eine medizinische Versorgung des Versicherten mit häuslicher Krankenpflege konnte die Beklagte ohne eindeutige ärztliche Stellungnahme nicht gezwungen sein, die erst am 13.10.2008 bei ihr eingegangene vertragsärztliche Verordnung ohne Prüfung der medizinischen Notwendigkeit sofort - und nach Auffassung des Berufungsgerichts sogar rückwirkend seit Ausstellung der vertragsärztlichen Verordnung am 8.10.2008 - zu den Bedingungen der Klägerin umzusetzen.

35

cc) Außerhalb von Notfällen können sich Leistungserbringer grundsätzlich nicht darauf berufen, die Krankenkasse könne eine Leistung nicht oder nicht zeitgerecht zur Verfügung stellen. Denn sollte eine Krankenkasse im Einzelfall ihrem Sicherstellungsauftrag nicht gerecht werden, könnte ein Leistungserbringer daraus grundsätzlich keine Rechte für sich ableiten. Der Sicherstellungsauftrag dient lediglich den Interessen der Versicherten. Aus diesem Grund ist es auch unerheblich, ob die Beklagte zur Sicherstellung des Pflegebedarfs ihrer Versicherten verpflichtet war, mit (mindestens) einem in Berlin ansässigen Pflegeunternehmen einen entsprechenden Versorgungs- und Vergütungsvertrag abzuschließen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte ihrem Sicherstellungsauftrag auch durch Verträge mit anderen in Berlin ansässigen Pflegeunternehmen oder mit bei ihr selbst angestellten geeigneten Personen (§ 132a Abs 2 Satz 10 SGB V idF vom 26.3.2007) hätte nachkommen können.

36

Für den Fall, dass die Krankenkasse eine Leistung nicht zeitgerecht zur Verfügung stellen kann, sind zudem die Rechte der Versicherten gesetzlich detailliert geregelt. Diese gesetzlichen Regelungen zu den Ansprüchen der Versicherten lassen es nicht zu, einem vertragslosen Leistungserbringer einen direkten Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse einzuräumen. So hat die Krankenkasse nach § 37 Abs 4 SGB V dem Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Kraft für die häusliche Krankenpflege in angemessener Höhe zu erstatten, wenn sie selbst keine Kraft stellen kann oder Grund besteht, davon abzusehen. § 13 Abs 3 SGB V gewährt dem Versicherten ebenfalls einen Anspruch auf Kostenerstattung für die selbstbeschaffte Leistung, der auch als Anspruch auf Freistellung von Kosten anerkannt ist, soweit eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann. Der Versicherte wäre also - für den Fall einer unaufschiebbaren Leistung - berechtigt gewesen, sich die Leistung zu Lasten der Beklagten durch einen geeigneten, vertragslosen Leistungserbringer wie die Klägerin selbst zu beschaffen. Auf diesem Weg erwirbt aber lediglich der Versicherte, nicht der Leistungserbringer, Ansprüche gegen die Krankenkasse.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2012 geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, bei seiner erneuten Entscheidung über den Zulassungsantrag des Klägers die Rechtsauffassung des Senats zu beachten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

2

Der 1969 geborene Kläger verfügt über ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und ist seit 2000 Diplom-​Psychologe mit dem Schwerpunkt pädagogische Psychologie; er ist als Psychologischer Psychotherapeut (PP) approbiert. Im Januar 2010 schloss der Kläger eine zusätzliche Fachkundeausbildung für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen gemäß § 6 Abs 4 der Psychotherapie-​Vereinbarung (Psych-​Vb) ab. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. sind ist Diplom-Pädagoginnen und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen (KJP) approbiert.

3

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-​OrgWG) wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V nF bestimmt, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten vorbehalten ist, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Im Anschluss an diese Neuregelung und die sie umsetzenden Bestimmungen in der Bedarfsplanungs-​Richtlinie (BPlRL) des zu 5. beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) entsperrte der zu 4. beigeladene Landesausschuss mit Beschluss vom 10.2.2010 den Planungsbereich Psychotherapie in B. für weitere Zulassungen im Umfang von insgesamt 81 vollen Versorgungsaufträgen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Daraufhin bewarben sich insgesamt 118 Therapeuten, darunter 87 KJPen, 30 PPen sowie eine Fachärztin für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Mit Bescheid vom 22. bis 24.6.2010 ließ der Zulassungsausschuss 82 KJPen zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu, darunter die Beigeladenen zu 1. und zu 2. Die Zulassungsanträge der übrigen KJPen sowie sämtlicher PPen - auch den des Klägers - lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass KJPen vorrangig vor den PPen zu berücksichtigen gewesen seien. Gegen diesen Beschluss erhoben 18 unterlegene Bewerber, darunter auch der Kläger, Widerspruch.

4

Mit Bescheid vom 9.12.2010 (aus der Sitzung vom 27.10.2010) wies der beklagte Berufungsausschuss (ua) den Widerspruch des Klägers zurück (der Beigeladenen zu 1. erteilte der Beklagte anders als der Zulassungsausschuss eine Zulassung lediglich im Umfang eines halben Versorgungsauftrages) und ordnete die sofortige Vollziehung des Beschlusses an. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte ua aus, er habe im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dem Kriterium der beruflichen Eignung maßgebliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der Vielzahl der Bewerber sei eine individuelle Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Auswahlkriterien bei jedem Einzelbewerber nicht möglich gewesen und hätte zu willkürlichen Entscheidungen geführt. Von daher sei ein Raster geboten, an welchem die Bewerber zu messen seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die PPen auch zur Behandlung von Erwachsenen berechtigt seien, während die KJPen ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln dürften, und die Verweigerung einer Zulassung sie erheblich stärker treffe als die PPen. Für eine Bevorzugung der KJPen spreche ferner, dass hierdurch die Nachhaltigkeit der Versorgungslage besser gewährleistet sei, weil den KJPen ein Wechsel in einen anderen Versorgungsbereich nicht möglich sei. Die KJPen seien zudem aufgrund ihrer Ausbildung besonders geeignet, Kinder und Jugendliche zu behandeln, da es sich dabei um eine speziell auf die Behandlung dieses Personenkreises ausgerichtete Ausbildung handele. Deshalb sei die Berufsbezeichnung KJPen in § 24 lit b) Satz 3 BPlRL einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Der ausdrücklichen Erwähnung der KJPen in § 5 Abs 6a BPlRL könne entnommen werden, dass auch seitens des GBA dieser Personenkreis zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen als besonders geeignet angesehen werde. Das BSG habe die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter Hinweis auf § 24 lit c) BPlRL als besonderen Versorgungsbereich bewertet. Er - der Beklagte - übe sein Auswahlermessen daher dahingehend aus, dass die zu besetzenden Sitze zunächst an KJPen gingen, wobei diese in eine weitere Rangfolge nach Approbationsalter, Dauer der ärztlichen (psychotherapeutischen) Tätigkeit und Wartelisteneintrag zu unterteilen seien. Dann noch übrige Sitze seien an andere Bewerber zu vergeben, und zwar wiederum unter Berücksichtigung der genannten weiteren Kriterien. Die Berufserfahrung der PPen im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unterfalle nicht dem Kriterium berufliche Eignung, sondern dem als nachrangig eingestuften Kriterium der Dauer der ärztlichen Tätigkeit.

5

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und zunächst die vollständige Aufhebung des Bescheides des Beklagten und die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Widerspruchs begehrt; nachfolgend hat er die Klage dahingehend beschränkt, dass er die Aufhebung nur hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sowie hinsichtlich der Ablehnung seines eigenen Antrags begehrt. Mit Urteil vom 21.3.2012 hat das SG den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Zulassung des Klägers abgelehnt worden war, und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Klage in zulässiger Weise beschränkt. Der angefochtene Bescheid sei jedoch nur insoweit rechtswidrig, als die Entsperrung im Umfang von 82 anstatt von 81 Sitzen hätte erfolgen müssen. Der Beklagte sei hingegen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass KJPen im Hinblick auf die zu vergebenden Sitze beruflich besser geeignet seien als PPen mit Zusatzqualifikation.

6

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.10.2013). Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bleibe die Berufung jedenfalls deshalb ohne Erfolg, weil der Senat aus rechtlichen Gründen gehindert sei, isoliert die Zulassungen nur der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Bei dem angefochtenen Bescheid des Beklagten handele es sich nicht um die Zusammenfassung der Entscheidungen über eine Vielzahl von Vertragsarztsitzen, sondern um eine einheitliche Auswahlentscheidung. Die Auswahlentscheidung sei insoweit unteilbar, als die Entscheidung für einen von mehreren Bewerbern notwendig auch die Ablehnung der anderen Bewerber beinhalte. Entschieden die Zulassungsgremien über mehrere ausgeschriebene Stellen gleichzeitig und hätten sich alle Bewerber auf alle Stellen beworben, liege der Auswahlentscheidung typischerweise - so auch hier - eine anhand bestimmter Auswahlkriterien gebildete Rangliste zugrunde, und die Besetzung der Stellen werde dann anhand der Rangliste vorgenommen, indem entsprechend des Rangs so viele Bewerber zugelassen würden, wie Stellen zu vergeben seien. Hierbei stünden alle Bewerber um die ausgeschriebenen Vertragsarztsitze in einem Wettbewerb. Die Entscheidung über jeden einzelnen Vertragsarztsitz werde in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes inhaltlich konkretisiert; jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirke sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus.

7

Eine Teilanfechtung verkürze zudem in nicht zu rechtfertigender Weise den Rechtsschutz der Beigeladenen zu 1. und 2., deren "Auswahl" durch den Kläger auf Zufall oder auf sachfremden Gründen beruhen könne, wenn ihnen aufgrund der Bestandskraft der anderen Zulassungen der Einwand verwehrt wäre, ein besser positionierter Bewerber sei wesentlich ungeeigneter. Zur Vermeidung verfassungs-​, insbesondere gleichheitswidriger Ergebnisse müssten auch sie die rechtliche Möglichkeit haben, ihre bessere Eignung im Verhältnis zu anderen, (noch) nicht am Rechtsstreit beteiligten Zugelassenen geltend zu machen. Auch Gründe der Praktikabilität geböten eine Teilbarkeit solcher Auswahlentscheidungen nicht. Zwar erscheine es auf den ersten Blick schon allein wegen des Kostenrisikos unzumutbar, von einem unterlegenen Bewerber die Anfechtung aller Zulassungen zu verlangen. Eine durch Kostenrisiken ausgelöste Gefährdung der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes iS von Art 19 Abs 4 GG sei jedoch ggf durch eine Modifizierung der nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffenden Kosten- bzw Streitwertentscheidung zu entschärfen.

8

Der Senat könne daher offenlassen, ob das SG zu Recht die Auswahlentscheidung des Beklagten bestätigt habe. Auch wenn in Massenzulassungsverfahren ein gröberes Entscheidungsraster zulässig sein dürfte, bestünden aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel, dass der Beklagte bei der Prüfung der beruflichen Eignung den KJPen pauschal den Vorzug vor den sonstigen psychotherapeutischen Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuen, habe geben dürfen. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung sei ein Anhalt hierfür zu entnehmen. Der Verweis auf die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte für die Approbation zum KJPen einerseits und die Zusatzqualifikation für PPen nach § 6 Abs 4 Psych-​Vb andererseits begegne erheblichen Bedenken. Zwar mögen die Leistungserbringer, die - ohne die Berufsbezeichnung "KJP" zu führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, möglicherweise keine ebenso intensive weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben wie KJPen, doch stehe dem die höherwertige Grundqualifikation der PPen gegenüber.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe zu Unrecht die Teilbarkeit des Verwaltungsakts (VAs) verneint. Bei den in einem Sammelbeschluss zusammengefassten Entscheidungen handele es sich in der Sache bezogen auf jede Zulassungsvergabe um einen einzelnen Streitgegenstand und damit um Einzel-VAe. Insbesondere sei für jede einzelne zu vergebende Rechtsposition aus einer Vielzahl von Neuzulassungsmöglichkeiten eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Jede Zulassung könne unabhängig von den anderen 80 Zulassungen erteilt werden bzw bei Aufhebung einer dieser anderen Zulassungen selbstständig und unabhängig fortbestehen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern anhand von unterschiedlich gewichteten Auswahlkriterien sei lediglich Bestandteil der Prüfung, ob die tatbestandlich geforderten Zulassungsvoraussetzungen vorlägen und von wem sie vorrangig erfüllt würden. Diese Auswahlprüfung sei Inhalt der Begründung der getroffenen Entscheidung, nicht aber Inhalt der Verwaltungsregelung selbst. Jede dieser einzelnen Zulassungen sei daher getrennt überprüfbar. In der Sache sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil kein Vorrang der KJPen bestehe. Beim Auswahlkriterium "berufliche Eignung" komme es nicht allein auf den Ausbildungsweg und dessen Inhalte an, denn die berufliche Eignung speise sich insbesondere auch durch den Nachweis praktischer Tätigkeiten, ihre Zeitdauer und weitere Berufserfahrungen. Die Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V zeige die Wertung des Gesetzgebers, PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation den KJPen gleichzustellen.

10

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2013 aufzuheben und das Urteil des SG Berlin vom 21.3.2012 zu ändern und den Beschluss des Beklagten vom 27.10.2010 auch insoweit aufzuheben, als die Beigeladenen zu 1. und 2. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, und den Beklagten zu verpflichten, über den Zulassungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Seine Entscheidung habe sich in 81 einzelnen Zulassungsentscheidungen niedergeschlagen, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. In einem gröberen Raster sei durchaus anzunehmen, dass gerade KJPen für die erforderliche "schnelle" Besetzung der Praxissitze zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet seien. Bei ihnen bestehe eine besondere Beziehung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, aufgrund derer er - der Beklagte - es für möglich habe halten dürfen, dass bei ihnen der Auftrag zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen umfassend erfüllt werde. Demgegenüber sei bei PPen mit Zusatzausbildung nicht auszuschließen, dass sie auch Erwachsene behandelten. Klarzustellen sei, dass er ein gröberes Raster nur für den hier gegebenen Ausnahmefall eines "Massenverfahrens" für anwendbar halte.

13

Die zu 3. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - den Ausführungen des Beklagten an.

14

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
 die Revision zurückzuweisen, soweit sie auf die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen zu 2. gerichtet ist.

15

Die Zulassungen seien nicht teilbar, da die Entscheidung nur einheitlich ergehen könne; es liege ein umfassendes, einheitliches Gesamtzulassungsverfahren vor. Die Bewerber stünden in einem Wettbewerb zueinander über die Vergabe der zur Zulassung führenden Ranglistenplätze; die Rangliste bestimme das Verhältnis der einzelnen Bewerber untereinander. Welcher Ranglistenplatz einem Bewerber zugeteilt werde, hänge somit nicht allein von Tatsachen ab, die in seiner Person begründet seien, sondern ergebe sich erst im Vergleich zu den restlichen Bewerbern. Aufgrund der nach oben hin monoton steigenden und nach unten hin monoton fallenden Wertigkeit der Bewerbungen innerhalb der Rangliste würden durch die Auswahl des Anfechtenden gleichzeitig die Bewerbungen geprüft, die unterhalb der angefochtenen lägen und dennoch eine Zulassung erhielten. Auch sei denkbar, dass ein und dieselbe Zulassung isoliert von mehreren nicht berücksichtigten Bewerbern angefochten werde; würden diese sämtlich obsiegen und an die Stelle der angefochtenen Zulassung rücken, käme es letztlich zu einem neuen Zulassungsverfahren. Darüber hinaus erkenne der Anfechtende mit dem "Herauspicken" einer Zulassung die Auswahlentscheidung des Beklagten hinsichtlich der Kriterien für die Erstellung der Rangliste an; diese anzugreifen scheide damit aus. Zudem käme es zu einer unzumutbaren Verkürzung des Rechtsschutzes, wenn sich bei einer erfolgreichen Teilanfechtung ein beigeladener Bewerber mit der Bestandskraft der übrigen Zulassungen abfinden müsste. Die Beseitigung der Rechtswidrigkeit bezüglich des Anfechtenden geschähe auf Kosten einer anderweitigen Rechtswidrigkeit desselben Verfahrens. Kostenrisiken lägen auf beiden Seiten vor (Anwaltskosten ./. Investitionskosten).

16

Auch die Auswahlentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. § 23 Abs 3 Satz 1 BPlRL eröffne ihm Ermessen, sodass seine Entscheidung lediglich auf Ermessensfehler hin zu überprüfen sei. Die Einordnung der "beruflichen Eignung" als maßgebliches Kriterium sei ermessensfehlerfrei, weil dies dem der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Zweck - der Sicherstellung der bestmöglichen Versorgung - entspreche. Im Rahmen der "beruflichen Eignung" bestehe ein Beurteilungsspielraum insoweit, als es dem Beklagten unbenommen sei zu entscheiden, wer "beruflich besser geeignet" sei. Dies habe der Beklagte durch die Bevorzugung der Berufsgruppe der KJPen getan. Damit habe er die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Ob die Zusatzqualifikation der PPen gleichrangig sei, sei dem Beurteilungsspielraum des Beklagten überlassen. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V bestätigt.

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Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Kläger berechtigt, (lediglich) einzelne der Zulassungsentscheidungen anzufechten, die der Beklagte in einem Bescheid zusammengefasst hat; das LSG hätte daher die Berufung nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen dürfen (1.). Dem LSG ist allerdings - inhaltlich - insoweit zu folgen, als es (obiter dictum) die Bevorzugung der KJPen beanstandet hat; insoweit hätte es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG stattgeben und seinem Antrag entsprechend entscheiden müssen (2.). Der beklagte Berufungsausschuss muss daher neu über den Zulassungsantrag des Klägers entscheiden.

19

1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht gehindert gesehen, isoliert nur die Zulassungen der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Der Kläger war nicht aus Rechtsgründen gehindert, seine Anfechtungsklage darauf zu beschränken, den Bescheid des Beklagten allein insoweit anzugreifen, als der von ihm gestellte Zulassungsantrag abgelehnt und den Beigeladenen zu 1. und 2. Zulassungen erteilt wurden. Bei dem Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 handelt es sich um einen teilbaren VA, der einer entsprechenden Teilanfechtung zugänglich ist.

20

a. Eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf abtrennbare Teile eines VAs ist grundsätzlich zulässig (vgl BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15; BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15). Sie erlaubt es Klägern als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen (BSGE 116, 64 = SozR, aaO, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen). Die Beschränkung kann bereits bei Klageerhebung erklärt, aber auch im Verlauf des Prozesses entweder durch eine entsprechende Klarstellung des zunächst nicht näher bestimmten Streitgegenstandes oder durch eine teilweise Klagerücknahme (§ 102 SGG) herbeigeführt werden (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7). So liegt es hier. Der Kläger hat seine Klage "insoweit" beschränkt, als die von ihm erhobene offensive Konkurrentenklage nur die den Beigeladenen zu 1. und zu 2. erteilten Zulassungen betreffen soll. Die Beschränkung des Klagegegenstandes führt dazu, dass die nicht (mehr) angegriffenen Teilregelungen in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG), sodass eine später hierauf erneut erstreckte Klage unzulässig ist (BSG aaO mwN).

21

b. Voraussetzung einer Beschränkung des Rechtsbehelfs ist damit, dass sie auf abtrennbare Teile des VAs bezogen ist; die Teilanfechtung eines VAs setzt dessen Teilbarkeit voraus.

22

Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Teilanfechtung zulässig ist; vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit des VAs an (stRspr, vgl BSGE 59, 137, 143, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 31; BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 25-26). Allerdings enthält auch das materielle Recht regelmäßig keine eindeutigen Vorgaben dazu, wann von einer Teilbarkeit des VAs bzw von einer Abtrennbarkeit einzelner Regelungen desselben ausgegangen werden kann, sondern dies muss durch Auslegung ermittelt werden.

23

Abtrennbar - und damit teilweise anfechtbar - sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen; jeweils mwN). Inhaltlich wird eine Teilbarkeit des VAs dann angenommen, wenn die abzutrennenden Teile nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen stehen (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15). Die abgetrennten Teile müssen als selbstständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72 = DÖV 1974, 380)bzw die Rechtswidrigkeit des einen Teils darf sich nicht auf den Rest des VAs auswirken (BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 59, 148, 156 = SozR 2200 § 368a Nr 14; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN). Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Definitionen regelmäßig auf die Frage der Teilbarkeit eines gegen ein und denselben Adressaten gerichteten VAs beziehen, also Situationen betreffen, in denen von vornherein eine höhere wechselseitige Abhängigkeit der einzelnen Regelungen anzunehmen ist; teilweise betreffen sie zudem nur die Frage, inwiefern Nebenbestimmungen gesondert anfechtbar sind (etwa BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72). Dies ist bei der Prüfung, ob die - einschränkenden - Anforderungen vorliegen, zu berücksichtigen.

24

c. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 teilbar.

25

aa. Die den übrigen Bewerbern erteilten Zulassungen können auch - unabhängig vom Schicksal der angefochtenen Zulassungen - selbstständig bestehen bleiben, da es sich jeweils um abgrenzbare Entscheidungen handelt. Jeder erfolgreiche Bewerber erhält eine Zulassung, deren Bestand von den anderen Zulassungen unabhängig ist und die lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass sie - bis zum Eintritt der Bestandskraft - von Dritten angefochten werden könnte. Die Aufhebung der angefochtenen Zulassungen würde den Bestand der übrigen Zulassungen nicht berühren; sie würden hierdurch auch keinen anderen Inhalt erlangen.

26

Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, anstelle des aus verwaltungsökonomischen Gründen erlassenen Sammelbescheides (zur Zulässigkeit eines an mehrere Adressaten gerichteten Sammel-VAs s Luthe in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, § 31 RdNr 60, unter Verweis auf das Senatsurteil - B 6 KA 18/08 R - vom 17.06.2009 zum Kollektivverzicht = SozR 4-1500 § 54 Nr 15) eine Vielzahl von Einzel-VAe zu erlassen. Zwar ist zutreffend, dass dann, wenn die Zulassungsgremien zwischen mehreren - grundsätzlich geeigneten - Bewerbern eine Auswahl zu treffen haben, eine derartige Auswahlentscheidung zugunsten oder zulasten eines Bewerbers nicht isoliert neben den übrigen Entscheidungen steht, sondern alle Entscheidungen das Ergebnis eines einheitlichen Auswahlprozesses sind. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dass die Bestimmung der Auswahlkriterien nur für alle Bewerber einheitlich erfolgen konnte. Das Resultat dieser anhand der Kriterien getroffenen Auswahl schlägt sich jedoch in jeweils getrennten einzelnen Entscheidungen nieder, nämlich jeweils im Sinne einer Zulassung bzw einer Ablehnung des Antrags. Da der Beklagte nach einem klaren Prüfungsschema vorgegangen ist, ergibt sich die jeweilige Entscheidung zwangsläufig anhand dieser Kriterien, ohne dass insoweit zwingende "Wechselbeziehungen" zwischen den einzelnen Bewerbern bestehen.

27

Dem entspricht die Rechtsprechung des BVerwG zur Aufnahme in den Krankenhausplan. Dort wird die Auswahlentscheidung nach den Feststellungen des BVerwG (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 20) nicht in einem einzigen VA "verlautbart"; vielmehr ergehen auf ihrer Grundlage separate (positive oder negative) Feststellungsbescheide, die jeweils Angriffspunkt für den gebotenen Rechtsschutz sein können. Das BVerwG hat hierzu entschieden, dass die Auswahlentscheidung den "Feststellungsbescheiden" lediglich als Begründungselement zugrunde liegt, nicht aber als solche zu ihrem Regelungsausspruch gehört (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 21). Soweit das BVerwG in Bezug auf die Besetzung eines Dienstpostens im öffentlichen Dienst ausgeführt hat, dass die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen darstellten, sondern die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekanntgäben (BVerwG Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102 ff - Juris RdNr 25), steht dies der Annahme einer Teilbarkeit in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Bewirbt sich - wie vorliegend - eine Vielzahl von Bewerbern auf eine Vielzahl von Stellen, beinhaltet zwar jede einzelne - jeweils eine der zu besetzenden Vertragsarzt- bzw Therapeutensitze betreffende - positive Entscheidung zugleich zwingend die negative Entscheidung für alle übrigen Bewerber, doch gilt dies ausschließlich in Bezug auf die jeweils zu treffende (Einzel-)Entscheidung. Ablehnung und Zuerkennung stehen allein in Bezug auf ein und dieselbe Stelle in einem untrennbaren Zusammenhang.

28

Einer Teilanfechtung bzw der Teilbarkeit des VAs steht es auch nicht entgegen, wenn ein Kläger zugleich die Auswahlkriterien dem Grunde nach in Frage stellt. Zwar wäre dann, wenn die Beanstandung zuträfe, jede einzelne der vom Beklagten getroffenen Entscheidungen dem Grunde nach "falsch"; dies ist jedoch, sofern Bestandskraft eingetreten ist, hinzunehmen. Zudem könnte der unterlegene Bewerber - selbst bei noch nicht eingetretener Bestandskraft - auch in einer derartigen Konstellation nicht damit rechnen, gegenüber allen Mitbewerbern zu obsiegen; vielmehr könnte er auch bei Zugrundelegung anderer Auswahlkriterien abermals unterliegen. Entfiele zB vorliegend die Bevorzugung der KJPen, wäre ein Kläger dennoch schlecht beraten, wenn er auch die Zulassungsentscheidungen anfechten würde, die Bewerber betreffen, die ihm nach den übrigen Kriterien (zB Berufserfahrung, Approbationszeitpunkt, Wartezeit usw) eindeutig überlegen sind.

29

bb. Auch Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG stehen einer Teilanfechtung der Zulassungsentscheidungen nicht entgegen.

30

(1) Dass sich ein Kläger einen bestimmten Konkurrenten aussucht und allein dessen Zulassung angreift, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht seiner Dispositionsmaxime. Ein nicht berücksichtigter Bewerber kann und muss prüfen, inwieweit die zugunsten anderer Bewerber ergangene Entscheidung fehlerhaft ist und nach den Maßstäben, die für die gerichtliche Kontrolle von Auswahlentscheidungen gelten, erfolgreich angefochten werden kann. Der nicht berücksichtigte Bewerber kann im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht gehalten sein, Auswahlentscheidungen anzugreifen, die er selbst für richtig oder zumindest vertretbar hält, nur um die Überprüfung solcher Entscheidungen zu erreichen, die er für verfehlt hält (vgl schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 15).

31

Die Auswahl der von einer Teilanfechtung betroffenen Mitbewerber erfolgt regelmäßig nicht willkürlich, sondern unter Sachgesichtspunkten; sie richtet sich insbesondere nach der erwarteten Erfolgsaussicht. Wenn sich die Zulassungsgremien für einen Bewerber entschieden haben, müssen die konkurrierenden Bewerber prüfen, ob sie diese Entscheidung mit Rechtsmitteln angreifen wollen; sie werden sich dabei von der Erwägung leiten lassen, ob ihre Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben können oder nicht (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 14). Mit Blick auf das Profil des ausgewählten Bewerbers können die konkurrierenden Bewerber abschätzen, ob sie die Entscheidung erfolgreich würden angreifen können oder nicht (BSG aaO). Diese Erwägungen gelten nicht allein bei einem Wettbewerb um eine einmal zu vergebende Rechtsposition, sondern gleichermaßen auch dann, wenn eine Vielzahl von Bewerbern um eine Vielzahl von Positionen streitet. Dabei trägt der klagende Konkurrent das Risiko, gerade den "falschen Mitbewerber" anzugreifen (wie dies etwa in dem vom Senat entschiedenen Verfahren B 6 KA 31/14 R aufgrund des von der dortigen Mitbewerberin erklärten Zulassungsverzichts der Fall ist). Dies gilt ebenfalls in der Situation, dass mehrere unterlegene Bewerber ein und dieselbe Zulassung angreifen; dann haben sie das Risiko zu tragen, dass nur einer von ihnen (ggf) obsiegen kann.

32

Die Situation, dass nicht alle, sondern nur ausgewählte Zulassungen angefochten werden, ist im Übrigen keineswegs auf die vorliegende Konstellation beschränkt, sondern kann sich überall dort ergeben, wo die Zulassungsgremien zeitgleich oder zumindest zeitnah mehrere gleichgerichtete Entscheidungen zu treffen haben. So kann eine vergleichbare Situation etwa auch bei Sonderbedarfszulassungen oder bei Belegarzt-Sonderzulassungen auftreten, wenn die Zulassungsgremien mehrere dieser Rechtspositionen im zeitlichen Zusammenhang vergeben (zu einer solchen Fallgestaltung vgl BSG Beschluss vom 1.4.2015 - B 6 KA 48/13 R - Juris NZS 2015, 478). Auch dort steht es dem unterlegenen Konkurrenten frei, nur eine von mehreren Zulassungen anzugreifen, etwa weil er sich gegenüber anderen zugelassenen Bewerbern ohnehin keine Chancen ausrechnet.

33

(2) Der bloß teilweisen Anfechtung der Zulassungsentscheidungen stehen auch nicht die Konsequenzen entgegen, die sich hieraus unter Umständen für die betroffenen Mitbewerber ergeben. Die praktischen Schwierigkeiten der Annahme der Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten in zahlreiche Einzelzulassungen sind zwar insoweit deutlich; sie können indessen nach geltendem Recht nicht vermieden werden. Der von der Teilanfechtung betroffene Mitbewerber mag zwar einwenden, dass andere Mitbewerber, die ebenfalls eine Zulassung erhalten haben, noch weniger geeignet wären und er deren Zulassung seinerseits hätte angreifen können, hieran aber nunmehr wegen eingetretener Bestandskraft gehindert wäre. Dieser Gesichtspunkt steht jedoch der Annahme einer Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen.

34

Zum einen steht einem Arzt oder Therapeuten, der eine von mehreren zu vergebenden Zulassungen erhalten hat, durchaus die Möglichkeit offen, vorsorglich die einem - aus seiner Sicht schlechter geeigneten - Mitbewerber erteilte Zulassung anzugreifen, um sich für den Fall abzusichern, dass seine eigene Zulassung mit Erfolg angegriffen wird. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass er im Zulassungsverfahren bereits "obsiegt" hat, denn nach der Rechtsprechung des Senats steht der Beantragung einer weiteren Zulassung allein eine Zulassung entgegen, die - sowohl im Verhältnis zu den Zulassungsgremien als auch gegenüber Dritten - Bestandskraft erlangt hat. So hat der Senat entschieden, dass einem Antrag auf Wiederzulassung (wie auch einer diesbezüglichen Entscheidung) nicht entgegensteht, dass die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, da ein Anspruch auf eine bestandssichere Zulassung besteht (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53). Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall einer noch nicht bestandskräftig gewordenen Zulassung gelten. Der erfolgreiche Bewerber steht insofern vor der gleichen Entscheidung wie ein unterlegener Mitbewerber, der sich überlegen muss, ob er eine oder mehrere der seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen will. Sieht der Zulassungsinhaber hiervon ab, weil er sich sicher fühlt oder weil er das Kostenrisiko scheut, muss er es hinnehmen, dass die Konkurrenten erteilten Zulassungen ihm gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die Situation stellt sich nicht anders dar, als wenn er im Vertrauen auf die ihm erteilte Zulassung weitere Zulassungsanträge, die er vorsorglich auch in anderen Zulassungsbezirken gestellt hat, zurückgenommen hätte.

35

Zum anderen muss es ein Bewerber letztlich hinnehmen, wenn er seinerseits infolge eingetretener Bestandskraft nicht mehr die seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen kann. Ein Vertrauen auf den "Bestand" der erteilten Zulassung kann sich allein im Verhältnis zu den Zulassungsgremien entwickeln, nicht aber in Bezug auf das Verhalten etwaiger Mitbewerber. Dies gilt nicht allein in Zulassungsverfahren, in dem die Zahl der Bewerber höher ist als die Zahl der zu vergebenden Arzt- bzw Therapeutensitze, sondern überall dort, wo zulässigerweise Konkurrentenklagen von unterlegenen Mitbewerbern erhoben werden können. Soweit und solange eine Überprüfbarkeit von VAen mit Drittwirkung in Betracht kommt, kann sich ein Vertrauen auf den Bestand der erhaltenen Zulassung nicht einstellen. Muss schon in einer "Zweierkonstellation" - also dann, wenn zwei Bewerber um eine einmal zu vergebende Rechtsposition streiten - der obsiegende Bewerber damit rechnen, dass der unterlegene Mitbewerber die Entscheidung angreift, gilt dies gleichermaßen - wenn nicht gar erst recht -, wenn es eine Vielzahl unterlegener Mitbewerber gibt und die Auswahl nach einem vergleichsweise groben Raster erfolgt ist.

36

Im Übrigen ist es reine Spekulation, dass der erfolgreiche Zulassungsbewerber, dessen Auswahl der Kläger in Frage stellt, im Falle seines Unterliegens tatsächlich in der Lage wäre, die Zulassungen anderer - namentlich "besser positionierte" - Mitbewerber mit Erfolg anzugreifen: So sind in der vorliegenden Konstellation ausschließlich KJPen berücksichtigt worden, wobei sich - innerhalb dieses Bewerberfeldes - die eigentliche Rangfolge aus den weiteren Kriterien Approbationsalter, Dauer der Tätigkeit und Wartelisteneintrag ergeben hat. Entfällt nun die Ausbildung zum KJPen als maßgebliches Auswahlkriterium, ändert dies nichts daran, dass jedenfalls die Mehrzahl der vorrangig berücksichtigten Mitbewerber voraussichtlich auch bei Anlegung anderer Maßstäbe ihrem Konkurrenten vorzuziehen wären. Dies relativiert die Argumentation, dass es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führe, wenn Zulassungen einzelner Mitbewerber isoliert angegriffen werden könnten, sich ihrerseits aber im Falle ihres Unterliegens die Bestandskraft der den übrigen Konkurrenten erteilten Zulassungen entgegenhalten lassen müssten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sie im Falle einer zwingenden Anfechtung sämtlicher Zulassungsentscheidungen sogar noch schlechter dastehen würden: Käme es zu einer vollständigen Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Einbeziehung der PPen, würde sich die Situation der - bereits jetzt in der Rangfolge weit hinten plazierten - KJPen im Bewerberfeld weiter verschlechtern.

37

cc. Das SG hat demgegenüber zutreffend auf das Kostenrisiko hingewiesen, welches im Falle einer Anfechtung sämtlicher im Bescheid des Beklagten zusammengefasster Zulassungsentscheidungen aus einer Vielzahl - regelmäßig anwaltlich vertretener - Prozessgegner resultieren würde. Das Berufungsgericht hat das Problem ebenfalls gesehen; die von ihm als Ausweg angedeuteten Möglichkeiten der Minderung des Risikos über die "richtige" Kostenentscheidung oder die Korrektur des Streitwertes stehen jedoch nicht zur Verfügung. Ein PP oder KJP, der vom Berufungsausschuss zugelassen worden ist, darf sich in einem (auch) gegen seine Zulassung gerichteten Verfahren eines Dritten, zu dem er beizuladen ist, anwaltlicher Unterstützung bedienen; er ist auch nicht gehalten, sich hinsichtlich des auszuwählenden Anwalts mit anderen PPen in gleicher Lage abzustimmen. Die Vergütung des Anwalts richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und der Streitwert für Zulassungssachen richtet sich nach den dazu seit Jahrzehnten vom Senat entwickelten Grundsätzen. Dass dies - speziell in Verfahren der Massenzulassung - auch anders geregelt werden könnte, ist ohne Bedeutung. Für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten ist vom derzeit geltenden Recht auszugehen und danach ist das (prohibitive) Kostenrisiko eines übergangenen Bewerbers nur dadurch begrenzbar, dass er sich entscheiden darf, welche einzelne Zulassung er angreifen will, mit der Folge, dass er insoweit - aber auch nur insoweit - das Kostenrisiko tragen muss.

38

dd. Schließlich ist es auch unter Versorgungsaspekten sinnvoller, die Anfechtung einzelner Zulassungsentscheidungen zu ermöglichen, statt eine Anfechtung aller Entscheidungen zu verlangen. Da auch die offensive Konkurrentenklage aufschiebende Wirkung hat (stRspr, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 12), würde dies - ohne Anordnung des Sofortvollzugs - im Falle der Anfechtung aller Zulassungsentscheidungen dazu führen, dass die Versorgungslücke, die Veranlassung für die Zulassungsentscheidungen gegeben hat, auf längere Zeit unverändert bestehen bliebe.

39

2. Die Entscheidung des Beklagten, eine abgeschlossene Ausbildung zum KJPen als vorrangiges Auswahlkriterium für die Vergabe der 82 Zulassungen zur psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu bestimmen und damit anders qualifizierte Therapeuten - insbesondere PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - faktisch von einer Zulassung auszuschließen, macht eine hierauf gestützte Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

40

a. Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen bzw zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BPlRL. Maßgeblich ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Soweit sich die Sach- und Rechtslage für die zugelassenen Bewerber - hier die Beigeladenen zu 1. und 2. - seit der letzten Verwaltungsentscheidung nachteilig verändert hat, ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (stRspr des BSG, vgl BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN).

41

Nach § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V, der gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auf Psychotherapeuten entsprechend anzuwenden ist, kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt bzw Vertragspsychotherapeut jeder Arzt oder Psychotherapeut bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Nähere Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien die Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn die Zahl der Bewerber die Zahl der - im Rahmen der lediglich teilweisen Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen entsprechend begrenzten - Arzt- bzw Therapeutensitze übersteigt, macht das Gesetz - anders als im Fall der Praxisnachfolge (s § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) - nicht. Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Auswahlermessen zu, das sie pflichtgemäß auszuüben haben. Allerdings liegt eine Heranziehung der für die Nachbesetzung von Praxissitzen durch das Gesetz in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Kriterien nahe. Ob und inwieweit der Beklagte an die vom Landesausschuss in seinem Beschluss vom 10.2.2010 aufgeführten Auswahlkriterien gebunden ist, kann dahingestellt bleiben, weil er diese jedenfalls berücksichtigt hat.

42

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45 - zur Praxisnachfolge; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45; LSG Baden-Württemberg - Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

43

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, vorrangig KJPen zuzulassen, fehlerhaft. Das Gesetz und die dieses konkretisierenden untergesetzlichen Vorschriften schreiben eine Bevorzugung der KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen zur ausschließlichen psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen weder vor noch lassen sie eine solche zu. Vielmehr können beide Gruppen von Behandlern - KJPen wie auch PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - nach den Vorgaben des Gesetzgebers sowie der untergesetzlichen Normgeber Kinder und Jugendliche qualitativ angemessen versorgen.

44

aa. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung. Danach ist in den BPlRL sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1 (dh den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten), die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. § 22 Abs 1 Nr 3 BPlRL in der hier maßgeblichen Fassung vom 18.3.2010 regelt dementsprechend, dass anhand der Psychotherapeutenzahl ein zwanzig​prozentiger Anteil für die Leistungserbringer festzustellen ist, die gemäß § 5 Abs 6a der BPlRL ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln.

45

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 15.8.2012 (B 6 KA 48/11 R - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 - zur Sonderbedarfszulassung)der Neufassung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V die Wertung des Gesetzgebers entnommen, dass auch ein PP, der ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie "geeignet ist"(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 22 f): "Grund für diese Wertung ist der Befund, dass dringlicher Bedarf für die Zulassung einer größeren Zahl an ausgewiesenen Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen besteht. Damit dieser Bedarf möglichst effektiv gedeckt werden kann, erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit privilegierter Zulassung im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V; er erstreckte sie über die KJPen hinaus auf weitere psychotherapeutische Leistungserbringer, die er als Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ansieht: auf alle diejenigen - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen -, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Damit wollte er dem dringlichen Versorgungsbedarf gerade auch in Regionen, die eher als weniger attraktiv für Niederlassungen angesehen werden - zB im ländlichen Raum -, abhelfen."

46

Auch wenn die Beurteilung einer Gruppe von Behandlern als "geeignet" es nicht per se ausschließt, eine andere Gruppe dennoch als "geeigneter" anzusehen, ist der erkennende Senat ausdrücklich von einer vom Gesetzgeber in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgenommenen Gleichstellung der Leistungserbringer ausgegangen(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 27). Zudem hat er darauf verwiesen, dass zwar einerseits KJPen möglicherweise eine intensivere weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben, andererseits PPen aufgrund ihres Psychologiestudiums über eine "höherwertige Grundqualifikation" verfügen (BSG aaO).

47

Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest und stellt zugleich klar, dass die Gleichstellung der KJPen und PPen nicht auf die (dem Urteil vom 15.8.2012 zugrunde liegende) Konstellation einer Sonderbedarfszulassung beschränkt ist, sondern auch für andere Zulassungskonstellationen Geltung beansprucht; dies gilt erst recht in einer Konstellation, in der - wie vorliegend - die Zulassung, um die es geht, auf der Regelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V beruht:

48

Nach dem klaren Wortlaut des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V soll sich die privilegierende Regelung auf alle Ärzte bzw Psychotherapeuten beziehen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch "betreuen". Schon die Formulierung "betreuen" (bzw nach der Diktion der BPlRL: "behandeln") verdeutlicht, dass es für die Zugehörigkeit zu dem von § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V erfassten Personenkreis allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit - für deren Ausübung natürlich eine entsprechende Qualifikation, entweder als KJP oder als PP mit zusätzlicher Fachkundeausbildung, Voraussetzung ist - ankommen soll. Hätte stattdessen (allein) die durchlaufene Ausbildung maßgeblich sein sollen, wäre zu erwarten gewesen, dass dies bereits im Gesetzeswortlaut - etwa durch die alleinige Nennung der KJPen (neben den Ärzten) - zum Ausdruck gekommen wäre. Auch der Beschränkung des Personenkreises auf solche, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, hätte es allein in Bezug auf Ärzte bedurft, weil KJPen ohnehin auf die Behandlung dieses Personenkreises beschränkt sind.

49

Die Annahme, dass die aufgrund einer spezifischen Berufstätigkeit erworbene Erfahrung ausschlaggebend sein soll, stützt auch die Gesetzesbegründung: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen für die Behandlung ernster psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen "Spezialisten zur Verfügung stehen, um eine bestmögliche Versorgung zu ermöglichen" (RegE des GKV-OrgWG, BT-Drucks 16/9559 S 18 zu § 101 SGB V). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass neben KJPen "noch viele andere Leistungserbringergruppen an der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen beteiligt sind" (s BT-Drucks 16/9559 S 18). Zudem hat er darauf hingewiesen, dass ein Therapeut, der ausschließlich Kinder und Jugendliche betreut, in aller Regel besser auf diese Patientengruppe eingehen kann als ein Therapeut, der "hiermit weniger Erfahrung" hat (aaO).

50

Dass die KJPen über eine andere, nach der Wertung des Gesetzgebers aber nicht über eine qualitativ höherwertigere Ausbildung als PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb verfügen, wird auch daran deutlich, dass PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation auf freie Therapeutensitze zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen uneingeschränkt und unbefristet zugelassen werden können und müssen: Für die Vorstellung, ein PP könne nur mit der Maßgabe zugelassen werden, dass die Zulassung ende, wenn ein KJP im jeweiligen Planungsbereich zugelassen werden wolle, besteht keine Grundlage.

51

Nach alledem lässt sich feststellen, dass die vom Gesetzgeber gesehene Versorgungslücke, der - auf der Ebene des Zulassungsrechts - durch Einführung der Mindestquote nach § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V entgegengewirkt werden soll, nicht ausschließlich durch KJPen, sondern durch alle Psychotherapeuten mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung geschlossen werden kann und soll. Damit ist eine pauschale Bevorzugung der KJPen nicht vereinbar.

52

bb. Ein Recht zur pauschalen Bevorzugung von KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen, die zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestimmt sind, ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten:

53

Dass die Berufsbezeichnung KJP gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BPlRL aF(jetzt § 37 Abs 2 Satz 4 BPlRL nF)einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist, ist für die Feststellung qualifikationsbezogener Sonderbedarfe relevant, nicht jedoch für die Frage einer möglichen Bevorzugung dieses Personenkreises: Infolge der Gleichstellung mit einer Schwerpunktbezeichnung stellt der Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden (BSG aaO). Zu derartigen speziellen Versorgungsangeboten gehören zweifelsfrei auch solche, die von PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung angeboten werden. Demgegenüber könnte die Auffassung des Beklagten von einem qualifikationsbezogenen Vorrang der KJPen in letzter Konsequenz sogar zur Annahme eines ungedeckten qualitativen Versorgungsbedarfs führen, wenn lediglich PPen mit Zusatzausbildung in diesem Bereich tätig wären.

54

Auch der Umstand, dass die KJPen in der die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandelnde Leistungserbringer definierenden Norm (§ 5 Abs 6a BPlRL aF, jetzt § 12 Abs 2 Nr 8 Satz 7 BPlRL idF ab 1.1.2013) ausdrücklich erwähnt sind, begründet entgegen der Auffassung des Beklagten keine herausgehobene Eignung dieses Personenkreises, sondern drückt eine Selbstverständlichkeit aus: Ersichtlich gehören KJPen zu den Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Ihnen werden jedoch - und dies kehrt die Argumentation in ihr Gegenteil um - ausdrücklich Leistungserbringer gleichgestellt, deren an Kindern und Jugendlichen erbrachten psychotherapeutische Leistungen den Anteil von 90 Prozent an ihren Gesamtleistungen überschreiten. Auch insoweit werden normativ formale Ausbildungsinhalte mit praktischen Erfahrungen gleichgestellt.

55

Sind - wie dargestellt - KJPen und PPen mit Zusatzausbildung unter Versorgungsgesichtspunkten als gleichwertig anzusehen, kann eine Bevorzugung der KJPen auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass PPen auch Erwachsene behandeln könnten und somit nicht für die Versorgung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stünden. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass dann, wenn eine Zulassung auf einen Therapeutensitz erfolgt, der zur ausschließlich psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ausgeschrieben worden ist, diese Zulassung auch allein zur psychotherapeutischen Behandlung dieses Personenkreises berechtigt. Auch ein PP mit Zusatzqualifikation, der auf einen entsprechenden Therapeutensitz zugelassen wird, hat dies zu beachten, sodass nicht zu besorgen ist, er werde - anders als ein KJP - tatsächlich vorrangig Erwachsene versorgen, wofür in B. kein Bedarf besteht.

56

Soweit der Entscheidung des Beklagten die - für sich genommen plausible - Erwägung zugrunde liegt, KJPen seien als Gruppe wegen fehlender beruflicher Alternativen dringender auf einen Sitz in B. angewiesen als PPen mit Zusatzqualifikation, kann das die Entscheidung nicht beeinflussen. Auswahlentscheidungen müssen auf der Grundlage klarer normativer Vorgaben erfolgen; Belange, die dort nicht angesprochen sind, müssen außen vor bleiben. Das gilt hier nicht anders als im Bereich des Art 33 Abs 2 GG.

57

cc. Soweit der Beklagte schließlich für sich das Recht in Anspruch nimmt, jedenfalls in einem "Massenverfahren" die Auswahlentscheidung anhand eines gröberen Rasters zu treffen und in diesem Rahmen pauschal von einer größeren Eignung der KJPen auszugehen, vermag auch dies seine Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Zwar steht außer Zweifel, dass die Zulassungsgremien vor einer Herausforderung stehen, wenn sie "auf einen Schlag" und innerhalb einer angemessenen Zeit darüber zu entscheiden haben, welche der 118 Bewerber eine von 81 offenen Zulassungen erhalten sollen. Zweifellos erfordern Massenverfahren - von einem solchen kann in Anlehnung an § 75 Abs 2a SGG ausgegangen werden, wenn sich mehr als 20 Interessenten auf die offenen Arzt- bzw Therapeutensitze bewerben - ein Vorgehen nach einheitlichen Kriterien. Das berechtigt sie jedoch nicht dazu, eine pauschale Auswahl zu treffen, die zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigten Benachteiligung einzelner Bewerber oder gar - wie hier - einer Bewerbergruppe führt. Dies ist jedoch der Fall, wenn man KJPen pauschal - insbesondere unabhängig von ihrer Berufserfahrung - den PPen mit Zusatzausbildung vorzöge. Wie bereits dargelegt, sind KJPen und PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung grundsätzlich als gleichwertig qualifiziert anzusehen.

58

Einheitliche Auswahlkriterien dürften daher nicht allein theoretische Kenntnisse und formale Qualifikationsvoraussetzungen - den Ausbildungsgang - in den Blick nehmen, sondern müssten auch die Berufserfahrung der Bewerber im Bereich der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen angemessen berücksichtigen. Das vom Beklagten gewählte "grobe Raster" hat hingegen zur Folge, dass dann, wenn ein KJP und ein PP um eine Zulassung konkurrieren, die Zulassungsgremien den KJPen selbst dann auszuwählen haben, wenn dieser gerade erst seine Approbation erhalten hat, während der konkurrierende PP über langjährige praktische Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügt. Ein solches Ergebnis entspricht nicht der vom Gesetzgeber mit der Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V getroffenen Wertung.

59

dd. Wenn der Gesetzgeber Ausnahmen zulassen will, die zu einer Privilegierung der einen gegenüber einer anderen Gruppe von Behandlern führen, muss er das ausdrücklich vorgeben; das ist etwa im Hinblick auf schwerbehinderte Menschen bei Auswahlentscheidungen erfolgt (vgl § 129 SGB IX sowie schon BSGE 6, 95 zu § 36 SchwBG 1953). Deshalb lässt der Senat offen, ob im Gesetz der Vorrang von KJPen gegenüber PPen bei Auswahlentscheidungen normiert werden könnte. Solange das nicht geschehen ist, dürfen die Zulassungsgremien einen solchen generellen Vorrang ihrer Entscheidungspraxis nicht zugrunde legen.

60

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Von Juli 1976 bis Ende März 2004 war er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1.4.2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis Pl gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn. Von April 2004 bis September 2006 war der Kläger in der Gemeinschaftspraxis "F H" und ab Oktober 2006 (bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sommer 2012) in der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft "A und Partner" in K als angestellter Arzt tätig. Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W in K; auf die ihm zum 1.4.2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1.4.2007 und brachte die Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

3

Im April 2009 bewarb sich der Kläger abermals um eine Praxisnachfolge, diesmal des - zu 8. beigeladenen - Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L in dem K. benachbarten Ort P, Kreis Pl. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. P - die Beigeladene zu 7. -, sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch. In dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. aufschiebend bedingt geschlossenen Praxisübergabevertrag wurde ua vereinbart, dass der Kläger beabsichtige, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen, und sich hierzu mit der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner zusammenschließen werde. Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Beigeladenen zu 8. erteilte Zulassung ggf verzichten wolle, um diese in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P als angestellter Arzt tätig zu werden. Mit Bescheid vom 4.8.2009 (aus der Sitzung vom 17.6.2009) wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7. als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung; zugleich lehnte er die Anträge des Klägers sowie des Dr. Sch (insoweit wegen Fehlens der Bereitschaft, den Verkehrswert für die Praxis zu zahlen) ab.

4

Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 1.12.2009 , Urteil des SG vom 12.5.2010). Der Berufungsausschuss begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung verbundene Entscheidung damit, dass - obwohl Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit eindeutig für den Kläger sprächen - er mit Blick auf den Charakter der Regelungen über die Zulassung von Ärzten dennoch den Widerspruch habe zurückweisen müssen. Die Bestimmungen des § 103 Abs 4 SGB V beträfen einen staatlich regulierten Markt und seien Berufsausübungsregelungen. § 103 Abs 4 SGB V regele, wie der Zugang zum Beruf in einem gesperrten Bereich ausnahmsweise möglich sei. Diesen Zugang habe der Kläger - anders als die Beigeladene zu 7. - bereits inne. In diesem Verhältnis werde Art 12 GG nur dann hinreichend beachtet, wenn der bereits bestehende Zugang als Ausschlusskriterium zu Lasten des bereits Tätigen gewertet werde; dieser sei deshalb zwingend nachrangig. Dieser Nachrang bestehe unabhängig von besonderen Qualifikationen oder den in § 103 Abs 4 SGB V erwähnten Ermessenskriterien. Das SG hat sich im Wesentlichen der Argumentation des Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger strebe tatsächlich keine eigene vertragsärztliche Zulassung an und sei deshalb auch nicht in grundrechtlich relevanter Weise betroffen. Die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien seien nur unzureichend an die mit der Einführung medizinischer Versorgungszentren und dem Wegfall der Altersgrenzen geänderte Rechtslage angepasst worden.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes nicht. Da auch Dr. Sch für die Praxisnachfolge nicht in Betracht komme, weil er sich ausdrücklich nicht bereit erklärt habe, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts zu zahlen, bleibe als Nachfolgerin allein die Beigeladene zu 7. übrig. Ein Ermessensspielraum des Beklagten habe somit tatsächlich nicht bestanden, sodass es auf Fehler bei der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht ankomme. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 SGB V, dass die Praxis "von einem Nachfolger fortgeführt werden solle", folge, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollten oder könnten, auch nicht als Nachfolger in Betracht kämen. Dem erforderlichen Willen des Klägers stehe entgegen, dass er beabsichtige, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in die Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen und dort weiterhin als angestellter Arzt - allerdings am Standort P - für diese tätig zu sein. Damit stehe fest, dass der Kläger nicht - wie gesetzlich gefordert - die Nachfolge des Beigeladenen zu 8. antreten möchte.

6

Dass die geplante Einbringung der Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung durch den Kläger entgegenstehe, folge auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V. Im Ergebnis hätten nicht der Kläger, sondern die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft den Willen zur Fortführung der Praxis; diese seien jedoch von der Nachfolge ausgeschlossen, weil sie sich nicht beworben hätten. Bewerber um die Praxisnachfolge könne auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig sei und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG erfülle er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Das LSG beleuchte die einschlägigen Vorschriften maßgeblich im zivilrechtlichen Sinne; diese zivilrechtliche Interpretation finde jedoch im Gesetz keine Stütze. Indem es in den Fortführungswillen hineininterpretiere, dass dieser voraussetze, dass der Bewerber die Praxis im eigenen Namen und mit eigenem zivilrechtlichen Eigentum an der Praxis fortführen wolle, verkenne es, dass es im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ausschließlich auf die tatsächliche Fortführung der Praxis und einen faktischen Fortführungswillen ankomme. Der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verhalte sich nicht zu der Frage, in welcher Form die Fortführung durch den Nachfolger zu erfolgen hat; daher sei es unbeachtlich, ob die Fortführung im eigenen oder fremden Namen, mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben werden solle. Der Fortführungswille schließe den "Eigentumserwerbswillen" nicht ein.

8

Das LSG verkenne den eigentlichen Sinngehalt des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V, wenn es dieser Norm entnehme, dass die geplante Einbringung der Zulassung in eine Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung der Praxis entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe lediglich sicherstellen wollen, dass der in das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung mitnehme, diese also nicht im Wege der Nachbesetzung bzw Praxisnachfolge erneut auf einen weiteren Arzt übergehen könne, da andernfalls trotz Zulassungsbeschränkungen weitere Ärzte zugelassen werden könnten. Im Übrigen ergebe sich auch aus § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V, dass ein angestellter Arzt die Praxis faktisch weiter fortführen könne. Dabei stütze insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), auf dessen Vorschlag die Regelung zurückgehe, die Auffassung, dass auch nach bisherigem Recht einem Arzt, der sich mit dem Ziel bewerbe, die Zulassung sofort an einen anderen Arzt weiterzugeben, eine Zulassung als Praxisnachfolger habe erteilt werden können. Die vom LSG vertretene Auffassung fördere die Manipulation von Zulassungsverfahren, indem schlicht die wahren Beweggründe für die Bewerbung nicht offengelegt würden. Die Unzulänglichkeit der Argumentation des LSG zeige sich auch an den Fragen, wie lange ein Bewerber selbstständig tätig sein müsse, damit eine Praxisnachfolge vorliege, sowie wie zu verfahren sei, wenn der ausgewählte Bewerber die erhofften Kredite zur Finanzierung der Übernahme nicht erhalte und sich deshalb anstellen lassen müsse.

9

Da er - der Kläger - somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung erfülle, sei von zentraler Bedeutung, ob die Zulassungsgremien ihre Auswahlentscheidung an den gesetzlich normierten Auswahlkriterien vorbei auf eigene neu erdachte Kriterien stützen könnten. Der Gesetzgeber habe die Auswahlkriterien trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen - Aufhebung der Altersgrenzen, Möglichkeit, auf die Zulassung zugunsten einer Anstellung zu verzichten, Einführung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften - keiner grundsätzlichen Änderung unterzogen, sondern vielmehr an den bisherigen Auswahlkriterien festgehalten. Folglich halte der Gesetzgeber die bestehenden Auswahlkriterien für sachgerecht und zeitgemäß. Das Kriterium des "Nachrangs" stelle kein Auswahlkriterium, sondern ein "Ausschlusskriterium" dar. Während es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, unter mehreren Bewerbern eine Bestenauslese vorzunehmen, sei das "Ausschlusskriterium" allein gesundheitspolitisch motiviert und diene im Wesentlichen dazu, die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Ein Vorrang der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit bestehe jedoch gerade nicht. Der Gesetzgeber habe das Ermessen der Zulassungsgremien durch gesetzlich fixierte Auswahlkriterien eingeschränkt, indem er klare Entscheidungskriterien vorgegeben habe, die bei der Auswahlentscheidung zwingend zu berücksichtigen seien. Dort nicht vorgesehene Auswahlkriterien dürften die Zulassungsgremien nicht aufstellen. Etwas anderes gelte nur bei Gleichwertigkeit der Bewerber.

10

Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 103 Abs 4 SGB V sei kein Raum, da die Norm trotz der zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. § 103 Abs 4 SGB V diene vorrangig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Praxis; nur daneben betreffe die Bestimmung auch die Berufsfreiheit der sich um die Zulassung als Praxisnachfolger bewerbenden Ärzte. Die Beigeladene zu 7. könne jederzeit als angestellte Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Vertragsarztsitze in größere Berufsausübungsgemeinschaften zu integrieren, werde jüngeren Ärzten der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung gerade nicht verwehrt. Vielmehr sei zunehmend erforderlich, diesen Ärzten eine wirtschaftliche Absicherung durch eine entsprechend gut dotierte nichtselbstständige Tätigkeit zu bieten. Eine Ermessensentscheidung setze nach der gesetzlichen Regelung einen "Gleichstand" der Bewerber nach den gesetzlichen Kriterien voraus. Dieser Fall sei aber gerade nicht gegeben, sodass der Beklagte gar keine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt habe. Er - der Kläger - habe weiterhin die Absicht, noch langfristig an der Versorgung teilzunehmen, wenn auch nur im Angestelltenstatus.

11

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012 und des Sozialgerichts Kiel vom 12.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Praxisnachfolger für den Beigeladenen zu 8. zuzulassen.

12

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 7. beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.

13

Der Beklagte führt aus, der Kläger scheide als möglicher Nachfolger aus, weil er nach seinen offengelegten Absichten die Praxis nicht fortführen werde. Bereits der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V verdeutliche, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausschließlich sei. Vielmehr flössen alle Umstände des Einzelfalls in die Auswahlentscheidung ein; dazu gehöre auch der Gesichtspunkt, dass § 103 Abs 4 SGB V den Zugang zu einem "staatlich regulierten Markt" sowohl ermögliche als auch begrenze. Der dort ausgesprochene Nachrang des bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Bewerbers stehe nicht im Widerspruch zu der anerkannten Möglichkeit, dass sich ein zugelassener Arzt auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit der erklärten Absicht bewerbe, auf eine bereits für ihn bestehende Zulassung zu verzichten. Die Bewerbung des Klägers diene allein der Mehrung der Vertragsarztsitze in der Hand der Partnergesellschaft; diese Möglichkeit sei bisher nur den MVZ eingeräumt.

14

Die Beigeladene zu 7. führt aus, das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mangels Fortführung der Praxis kein geeigneter Bewerber sei. Die Praxis des Beigeladenen zu 8. solle gerade nicht durch den Kläger, sondern durch die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner fortgeführt werden. Es sei nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger überhaupt in P tätig werde. Die Entscheidung des Beklagten sei auch nicht ermessensfehlerhaft. § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V schreibe - als Ermessensgrenze - lediglich vor, dass die Zulassungsgremien die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigen müssten. Es werde nicht festgelegt, in welcher Weise das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien. Die Gewichtung der vom Gesetz vorgegebenen Kriterien sei genuiner Bestandteil der Ausübung des Ermessens und damit der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

15

Ein höheres Alter begründe nur in einem zeitlich begrenzten Umfang einen qualitativen Vorrang, weil es ab einem bestimmten Zeitpunkt unter Eignungsgesichtspunkten in das Gegenteil umschlagen könne, sei es durch eine eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, eine durch Zeitablauf immer größer werdende Entfernung von dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dessen Fortschritt oder durch den Gesichtspunkt, dass ein sehr alter Arzt aus physischen Gründen der Krankenversorgung nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehe und deswegen für eine "kontinuierliche" Versorgung der Patienten gerade nicht in besserer Weise zur Verfügung stehe als ein jüngerer Arzt. Eine Auslegung des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V in dem Sinne, dass immer der nach Approbationsalter ältere und Dauer der ärztlichen Tätigkeit länger aktivere Bewerber gegenüber anderen Bewerbern zu bevorzugen sei, würde allein an das Alter anknüpfen und damit eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Auf die Qualifikation des Klägers komme es letztlich deswegen nicht an, weil dieser die Praxis gar nicht übernehmen, sondern seine Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel einbringen wolle, den Vertragsarztsitz in einen Angestelltensitz umzuwandeln. Sein Antrag würde dazu führen, dass einer oder mehrere - bisher nicht bekannte - angestellte Ärzte neu in das GKV-System aufgenommen würden, über deren Qualifikation überhaupt nichts bekannt sei. Ein Eignungsvergleich sei daher überhaupt nicht möglich.

16

Der Kläger, der bereits als angestellter Arzt am GKV-Versorgungssystem beteiligt sei, begehre mit seinem Antrag keine Veränderungen seines verfassungsrechtlichen Status. Sein Ziel sei lediglich darauf gerichtet, der Berufsausübungsgemeinschaft seiner Söhne einen weiteren Vertragsarztsitz zu verschaffen, also das "Betriebsvermögen" der Berufsausübungsgemeinschaft zu mehren. Sie - die Beigeladene zu 7. - begehre hingegen mit ihrem Zulassungsantrag die erstmalige Zulassung zur Versorgung von GKV-Patienten. Auch eine verfassungskonforme Anwendung des § 103 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V zwinge daher dazu, ihre Bewerbung gegenüber dem Antrag des Klägers als vorrangig anzusehen.

17

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten, im Wege der Nachfolgezulassung die zu 7. beigeladene Ärztin zuzulassen, nicht in seinen Rechten verletzt ist. Er selbst kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, da er nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine Nachfolgebewerbung erfüllt. Im Übrigen ist - im Ergebnis - auch die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

19

1. Die Revision ist als offensive Konkurrentenklage zulässig, da der Kläger als übergangener Bewerber geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu seinen Lasten fehlerhaft ist (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff). Streitgegenstand des Verfahrens ist damit die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V, unter mehreren Bewerbern "den Nachfolger auszuwählen"(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 12).

20

2. In der Sache ist die Revision unbegründet. Einer Berücksichtigung des Klägers im Nachbesetzungsverfahren steht - unabhängig von der konkreten Bewerberauswahl - bereits entgegen, dass er schon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes nicht erfüllt, weil es ihm an dem für eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V erforderlichen Fortführungswillen fehlt.

21

a) Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem gesperrten Planungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten, ist § 103 Abs 4 SGB V.

22

aa) Das Klagebegehren ist dabei zunächst nach den ab dem 1.1.2013 geltenden Vorschriften des SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zu beurteilen; gegebenenfalls sind aber diese Vorschriften in ihrer im Jahre 2009 gültigen Fassung (des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) ergänzend heranzuziehen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 f; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29). Dies gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern diesem Vornahmebegehren - wie vorliegend - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung der Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5 ).

23

bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und somit für das in 2009 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

24

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V (alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

25

b) Gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V ist neben der Erfüllung der allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen ua, dass der Bewerber den Willen hat, die zu übernehmende Praxis fortzuführen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

aa) Bereits der Ausnahmecharakter der mit einer Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs 4 SGB V verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen rechtfertigt es, an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt.

27

In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 95 Abs 2 Satz 9 iVm § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen unerwünscht (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Das Ausscheiden eines Arztes aus der vertragsärztlichen Versorgung in einem für Neuzulassungen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich führt grundsätzlich dazu, dass der Vertragsarztsitz dieses Arztes entfällt, weil dieser nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird. Das vermindert entweder die Zahl der zugelassenen Ärzte oder führt - auf kürzere oder längere Sicht - dazu, dass der Planungsbereich entsperrt wird. Damit ist er dann auch wieder für solche Ärztinnen und Ärzte offen, die sich niederlassen wollen, ohne eine Praxis zu übernehmen und die damit verbundenen Lasten auf sich zu nehmen.

28

Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs 4 SGB V getroffenen Regelung demgegenüber zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit dieser Ausnahme berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will, besteht kein Grund für eine Nachfolgezulassung. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (s hierzu etwa BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff).

29

bb) § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V setzt nicht allein voraus, dass noch eine fortführungsfähige Praxis besteht, sondern erfordert - als subjektives Moment - von dem sich auf eine Praxisnachfolge bewerbenden Arzt auch einen "Fortführungswillen".

30

(1) Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist § 103 Abs 4 SGB V (aF) schon gemäß seinem Einleitungssatz ausdrücklich darauf ausgerichtet, dass eine Praxis "fortgeführt" werden soll(BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21); eine gleichlautende Formulierung findet sich nach der Umgestaltung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG nunmehr in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF. Ziel der Ausschreibung wie auch der Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19); dies setzt voraus, dass überhaupt noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN) bzw dass es noch eine fortführungsfähige Praxis gibt (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Nur so kann dem bereits (unter 2.b aa) dargelegten Ausnahmecharakter der Praxisnachfolge in übersorgten Planungsbereichen Rechnung getragen werden (s insbesondere BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f).

31

Dies hat nicht allein zur Konsequenz, dass sich ein Vertragsarztsitz nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21 mwN), sondern impliziert auch eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs (BSG aaO). Gerade im Vergleich mit einer "Nach"besetzung einer frei gewordenen Arztstelle in einem MVZ wird deutlich, dass eine Praxis"fortführung" begrifflich dem vorherigen Praxisbetrieb eng verbunden ist (BSG aaO). Dass eine Praxisfortführung in diesem Sinne auch einen entsprechenden Willen des Nachfolgers voraussetzt, liegt damit auf der Hand, wird aber zusätzlich noch durch die in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V verwendete Formulierung "Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen" betont.

32

Mithin muss ein Bewerber die in Rede stehende Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (zur Notwendigkeit eines Praxisfortführungswillens s Schleswig-Holsteinisches LSG - Beschluss vom 15.5.2008 - L 4 B 369/08 KA ER - Juris RdNr 28, 33 f = GesR 2008, 432 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 8.3.2011 - L 1 KA 22/11 B ER - Juris RdNr 11 = MedR 2011, 825 ff; in diesem Sinne schon LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 59, 60 = MedR 2006, 616 ff; ebenso Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 350; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 37; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012 § 103 RdNr 77: keine hohen Anforderungen; ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 69).

33

(2) Eine Praxis wird nur dann im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V "fortgeführt", wenn der sich um eine Praxisnachfolge bewerbende Arzt am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt - ggf auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft - tätig werden will bzw tätig wird. Es reicht nicht aus, wenn der Nachfolger lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ dort tätig werden will.

34

Eine Praxisfortführung beinhaltet sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. In räumlicher Hinsicht setzt sie - grundsätzlich - voraus, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Andererseits verlangt eine Praxisfortführung im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht notwendig, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb in der dargestellten Art und Weise auf Dauer fortführt(BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Auch mag es im Einzelfall sachliche Gründe dafür geben, die Praxis zumindest nicht am bisherigen Ort oder nicht mit dem bisherigen Personal fortzuführen, etwa weil sich die Praxis im Einfamilienhaus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidenden Arztes befindet oder dessen Ehefrau als Arzthelferin beschäftigt war.

35

Unabhängig von der Standortkontinuität reicht es für eine "Fortführung" der Arztpraxis im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt wird. In "personeller" Hinsicht ist vielmehr erforderlich, dass der Nachfolger die Praxis in eigener Person weiter betreibt. Dabei genügt es nicht, dass dieser dort eine ärztliche Tätigkeit entfaltet, sondern der Begriff "Fortführung" beinhaltet auch, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb als Inhaber - zumindest als Mitinhaber - der Praxis fortsetzt. Denn nur so hat dieser auch die rechtliche Möglichkeit, seinen Fortführungswillen umzusetzen. Es genügt daher nicht, wenn ein Bewerber beabsichtigt, den Praxisbetrieb zwar am bisherigen Standort, jedoch lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ fortzusetzen, weil dann die Fortführung der Praxis tatsächlich ganz maßgeblich nicht von seinem Willen, sondern aufgrund des Direktionsrechts seines Arbeitgebers von dessen Willen abhängt (zum unterschiedlichen Status von zugelassenen und angestellten Ärzten vgl schon BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 21). Damit wäre nicht gewährleistet, dass der "Nachfolger" tatsächlich für längere Zeit - oder überhaupt - am bisherigen Standort der Praxis tätig werden kann.

36

Nicht außer Betracht bleiben kann auch, dass die Tätigkeit in einer am bisherigen Standort betriebenen Zweigpraxis im allgemeinen auch deswegen keine "Fortführung" der übernommenen Praxis garantiert, weil die Zweigpraxisgenehmigung durch eine andere Institution - die KÄV - erteilt wird, und die Genehmigung versagt werden kann, wenn hierdurch die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes (der Berufsausübungsgemeinschaft) mehr als geringfügig beeinträchtigt wird. Die Chance, eine solche Genehmigung zu erhalten, ist kein im Rahmen der Entscheidung über die Nachfolgezulassung relevanter Gesichtspunkt.

37

Für die Erforderlichkeit eines Fortführungswillens im dargestellten Sinne spricht schließlich auch der Gesichtspunkt, dass die Bewerberauswahl durch die Zulassungsgremien konterkariert würde, wenn es der ausgewählte Bewerber in der Hand hätte, seine im Wege der Nachfolgebesetzung erhaltene Zulassung im Wege des sofortigen Verzichts in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen. Denn es wäre nicht sichergestellt, dass der von den Zulassungsgremien ausgewählte Bewerber in dem nachbesetzten Vertragsarztsitz tätig wird, sondern es bestünde die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Tätigkeit tatsächlich durch einen den Zulassungsgremien unbekannten, von der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewählten angestellten Arzt ausgeübt wird.

38

(3) Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Betrachtung. Der Erforderlichkeit eines Fortführungswillens steht insbesondere nicht entgegen, dass nach § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF die Praxis von einem Praxisnachfolger auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis fortführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Unabhängig davon, ob diese zum 1.1.2013 in Kraft getretene Neuregelung überhaupt zu Lasten der Beigeladenen zu 7. Berücksichtigung finden könnte (siehe hierzu unter 2.a aa), folgt hieraus nichts zugunsten des Klägers, weil die Regelung voraussetzt, dass sich derjenige um die Praxisnachfolge bewirbt, der weiterhin als Vertragsarzt tätig sein will. Die vorliegend maßgebliche Konstellation, dass sich der zukünftig anzustellende Arzt (formal) um die Praxisnachfolge bewirbt, wird hiervon nicht erfasst.

39

Soweit der Kläger auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser von ihm initiierten Regelung verweist, wonach einem Arzt wie dem Kläger eine Zulassung als Praxisnachfolger bereits nach bisherigem Recht erteilt werden könne (BR-Drucks 456/11 S 49: "Will ein Vertragsarzt einen weiteren Sitz übernehmen und mit einem Angestellten besetzen, müsste sich der anzustellende Arzt bewerben, den Praxisübernahmevertrag schließen und die Zulassung für eine juristische Sekunde innehaben, bevor er zugunsten einer Anstellung verzichten kann."), greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn es handelt sich dabei lediglich um die Äußerung einer - nach den vorstehenden Ausführungen des Senats unzutreffenden - Rechtsauffassung, die sich der Gesetzgeber des GKV-VStG allein durch die Übernahme des Regelungsvorschlags des Bundesrates nicht zu eigen gemacht hat. Im Gegenteil wird in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) betont, dass § 103 Abs 4b SGB V eine entsprechende Regelung für die Übernahme einer Praxis durch einen Vertragsarzt bislang nicht vorsehe und es mit der Änderung "künftig" auch Vertragsärzten möglich sein solle, ausgeschriebene Sitze zu übernehmen und mit angestellten Ärzten in der eigenen Praxis fortzuführen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF eine - teilweise - Durchbrechung der vorstehend dargestellten Grundsätze beinhaltet, weil die Vorschrift es Vertragsärzten - namentlich überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften - ermöglicht, eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis "in der eigenen Praxis"(Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) - also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort - fortzuführen. Eine weitergehende Flexibilisierung des Nachfolgerechts kann jedoch aus dieser Regelung nicht abgeleitet werden. Es ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, die Bindung von Vertragsarztsitz und fortzuführender Praxis - wenn das gewünscht wird - zu lockern.

41

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Berücksichtigung eines Fortführungswillens die Manipulation von Zulassungsverfahren fördere, indem die Beweggründe der Zulassung nicht mehr offengelegt würden, so ist dem nicht weiter nachzugehen. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen.

42

cc) Im Sinne der dargestellten gesetzlichen Anforderungen fehlt dem Kläger der Wille, die Praxis des zu 8. beigeladenen Arztes fortzuführen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob seinem Fortführungswillen bereits die erklärte Absicht entgegensteht, den Praxisbetrieb zwar weiterhin in P, jedoch in anderen Räumen - nämlich in den zur Zweigpraxis der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner gehörenden Räumlichkeiten - fortzuführen. Denn jedenfalls steht seinem Fortführungswillen entgegen, dass er dort erklärtermaßen nicht als zugelassener Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt tätig werden will. Dass es dem Kläger letztlich nicht darauf ankommt, die übernommene Praxis fortzuführen, sondern der Zweck seiner Nachfolgebewerbung allein darin besteht, der Berufungsausübungsgemeinschaft A und Partner einen weiteren Vertragsarztsitz zuzuführen, wird im Übrigen daraus deutlich, dass er die von ihm angestrebte Tätigkeit als angestellter Arzt auch ohne die begehrte Nachfolgezulassung in der bereits vorhandenen Zweigpraxis von A und Partner in P hätte ausüben können.

43

3. Unabhängig davon, dass damit der Kläger, der die Arztpraxis des Beigeladenen zu 8. erklärtermaßen nicht in dem dargestellten Sinne als Vertragsarzt fortführen will, ohnehin für die Nachfolgezulassung ausscheidet, ist die Entscheidung des Beklagten für die Beigeladene zu 7. als Praxisnachfolgerin auch in der Sache - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

44

a) Die Bewerberauswahl ist keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben die Zulassungsgremien stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien - die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingeschränkt ist. Dafür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Regelung, wonach der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat, den "Auswahlkriterien" vorangestellt ist. Zudem sind die in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V aufgeführten "Kriterien" nicht "zu beachten", sondern lediglich "zu berücksichtigen". Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben (vgl hierzu etwa die Relativierung des Vorrangs der Beitragssatzstabilität in vertragszahnärztlichen Vergütungsverhandlungen durch die Änderung in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V - "berücksichtigen" statt "beachten" - durch das GKV-VStG; vgl dazu BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3, RdNr 64 aE mwN). Der Begriff "berücksichtigen" beinhaltet allein, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen.

45

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (s LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

46

b) Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Hierbei geltende folgende Maßstäbe:

47

aa) Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97- Juris RdNr 21; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 102; vgl auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 118) noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc aE). Somit ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu § 103 Abs 4; Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97 - Juris RdNr 21); dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 23).

48

bb) Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien bedürfen ggf der Konkretisierung. Dies gilt insbesondere für die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Der Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 8.12.2010 (BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39)darauf hingewiesen, dass diese Kriterien darauf abzielten, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründeten. Hieran hält der Senat fest. Die zeitliche Begrenzung des Umfangs der Berücksichtigung dieser Kriterien rechtfertigt sich dadurch, dass es keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass sich die Fähigkeiten eines Arztes ad infinitum mit zunehmender Approbations- und Tätigkeitsdauer verbessern. Vielmehr kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der weiterhin zunehmenden beruflichen Erfahrung auf der einen Seite eine mit fortschreitendem Alter des Arztes generell eher abnehmende Leistungsfähigkeit gegenübersteht.

49

Der Senat sieht sich im Hinblick auf die Unklarheiten, die seine Rechtsprechung zum Stellenwert der beruflichen Erfahrung der Bewerber um eine Nachfolgezulassung (auch) bei dem Berufungsgericht hervorgerufen hat, jedoch zu einer Klarstellung veranlasst. Die Ausführungen des Senats sind verschiedentlich so verstanden worden, dass der Fünfjahreszeitraum mit der Approbation beginnen sollte (so etwa das Berufungsgericht; ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 105 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R); das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr kommt es für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (wie auch für das Approbationsalter) auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an. Eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher - im Regelfall - keinen (weiteren) Vorzug eines Bewerbers.

50

cc) Das Gesetz enthält keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien, sondern es dürfen daneben auch nicht im Gesetz aufgeführte Gesichtspunkte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden (so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 58 = GesR 2006, 456 ff = MedR 2006, 616 ff = Breithaupt 2006, 904 ff, unter Bezugnahme auf LSG Berlin, MedR 1997, 518 ff; bestätigt durch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.6.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - Juris RdNr 36 = GesR 2010, 259 ff; ebenso SG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2006 - S 1 KA 240/06 - Juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 143; SG Berlin Urteil vom 28.7.2010 - S 79 KA 514/09 - Juris RdNr 22 = GesR 2011, 19 f; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 57; aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff; differenzierend Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 - Juris RdNr 73 = Breithaupt 2008, 947 ff = MedR 2009, 491 ff: nur dann, wenn die gesetzlichen Kriterien eine Auswahlentscheidung nicht möglich machen; in diesem Sinne auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 115; Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 391).

51

Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Wortlaut der Norm, weil die hierauf hindeutende Formulierung - die Einleitung der Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" - fehlt. Der Annahme, dass die Aufzählung der zu berücksichtigenden Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V abschließend gemeint ist, steht jedoch insbesondere das den Zulassungsgremien eingeräumte - ansonsten uneingeschränkte - Ermessen entgegen. Dessen hätte es nicht - jedenfalls nicht in dieser Form - bedurft, wenn diesen Gremien keine Spielräume für eigene Erwägungen verblieben, sondern sie auf die abwägende Gewichtung der gesetzlich vorgegebenen Kriterien beschränkt wären. Für darüber hinausgehende Spielräume der Zulassungsgremien spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber diesen nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber nur sicherstellen wollte, dass - jedenfalls - die genannten Kriterien in die Ermessenserwägungen einbezogen werden, er diese aber nicht abschließend verstanden wissen will. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes häufig auch allein anhand der im Gesetz aufgeführten Kriterien getroffen werden können.

52

Auch ansonsten gibt es keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Kriterien abschließend sein sollen. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Strukturgesetz (, FraktE GSG, BT-Drucks 12/3608 S 99 zu § 103 Abs 4 und 5), mit dem die Vorgaben zur Bewerberauswahl konkretisiert wurden, lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung weiterer Kriterien zwingend ausschließen wollte. Dort heißt es lediglich, der Zulassungsausschuss habe durch eine Bewertung der genannten Auswahlkriterien eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen; er müsse alle maßgebenden Kriterien im Einzelfall gegeneinander abwägen. Auch die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc) lassen nichts für die Auffassung herleiten, die Zulassungsgremien seien strikt auf die Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien beschränkt.

53

Schließlich gebieten auch die verfassungsrechtlichen Erwägungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff), dass im Hinblick auf die Grundrechtsbetroffenheit der beteiligten Ärzte die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen seien und dies auch für die Festlegung von Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen gelte, keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat die für eine Entscheidung wesentlichen Vorgaben in § 103 Abs 3 ff SGB V selbst festgelegt und nicht zuletzt mit den in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Auswahlkriterien den - wenn auch nicht abschließenden - Rahmen für die Auswahlentscheidung vorgegeben.

54

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers bzw der Nachfolgerin auch den Umstand berücksichtigen, ob ein bestimmter Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche Patientenversorgung ("Versorgungskontinuität") bietet als andere (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 107 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28)darauf hingewiesen, dass bei einer Bewerberkonkurrenz der (dort) vorliegenden Art - nämlich zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber - Anlass zu der Prüfung bestanden hätte, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wolle (zur Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Kontinuität in Bezug auf die Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis s schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

55

Allein ausschlaggebend darf dieser Aspekt allerdings nicht sein, weil das auf eine - unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematische - strukturelle Bevorzugung des jüngeren vor dem älteren Bewerber hinauslaufen könnte und weil auch der an sich für eine Kontinuität einstehende Bewerber rechtlich nicht gehindert ist, nach kürzerer oder längerer Zeit die übernommene Praxis zu verlegen.

56

dd) Demgegenüber stellt der vom Beklagten angenommene zwingende Nachrang eines bereits - in welcher Form auch immer - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Bewerbers kein zulässiges zusätzliches "Auswahlkriterium" dar. Ein derartiger Nachrang ist rechtlich nicht zu begründen. Es steht grundsätzlich jedem (fachlich geeigneten) Arzt frei, sich auf eine Praxisnachfolge zu bewerben; eine Beschränkung auf Bewerber, die erstmals den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung anstreben, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch eine Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Aufhebung der früher geltenden Altersgrenzen von 55 Jahren für eine Zulassung bzw von 68 Jahren für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verstärkt Bewerberkonkurrenzen zwischen "mittelalten" und "alten" Ärzten auftreten, kommt nicht in Betracht. Da es der Gesetzgeber trotz nachfolgender Änderungen des § 103 SGB V - zuletzt durch das GKV-VStG mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - nicht für erforderlich gehalten hat, die seit dem 1.1.1993 geltenden Auswahlkriterien neu zu fassen, sondern diese lediglich ergänzt hat (s RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc), fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme einer - durch die Gerichte zu schließenden - "Gesetzeslücke". Im Übrigen können die Zulassungsgremien - wie dargestellt - den Interessen jüngerer, erstmals den Zugang zum System der GKV begehrender Bewerber unter dem Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität Rechnung tragen.

57

Im Regelfall dürften einer Bewerbung bereits an der Versorgung beteiligter Ärzte auch anerkennenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen, sei es, dass ein bislang lediglich angestellter Arzt den Weg in die Selbstständigkeit gehen will oder dass ein zugelassener Vertragsarzt in einen aus seiner Sicht attraktiveren Versorgungsbereich wechseln möchte. Auch Verfassungsrecht gebietet eine Bevorzugung bislang noch nicht an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligter Ärzte nicht; etwas anderes würde allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Praxisnachfolge der einzige Weg wäre, um Zugang zu einem ansonsten geschlossenen System zu erhalten. Dies ist jedoch - außerhalb besonders attraktiver Versorgungsregionen - nicht der Fall.

58

c) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die zu 7. beigeladene Ärztin als Nachfolgerin des Beigeladenen zu 8. auszuwählen, auch - im Ergebnis - als sachgerecht. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit sind vorliegend durch eine Begrenzung der maximal zu berücksichtigenden Zeit neutralisiert, weil auch die Beigeladene zu 7. ihre Weiterbildung vor mehr als fünf Jahren (1988) abgeschlossen hat. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass das Kriterium der beruflichen Eignung bzw Qualifikation für ihn spräche, wäre in einer solchen Konstellation nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien dem zusätzlichen Gesichtspunkt der "Versorgungskontinuität" ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es steht außer Zweifel, dass eine 1961 geborene Bewerberin prospektiv einen weitaus längeren Zeitraum für die kontinuierliche Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen wird als ein 1944 geborener - also 17 Jahre älterer und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits im regulären Rentenalter stehender - Bewerber.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie zu 8. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Von Juli 1976 bis Ende März 2004 war er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1.4.2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis Pl gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn. Von April 2004 bis September 2006 war der Kläger in der Gemeinschaftspraxis "F H" und ab Oktober 2006 (bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sommer 2012) in der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft "A und Partner" in K als angestellter Arzt tätig. Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W in K; auf die ihm zum 1.4.2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1.4.2007 und brachte die Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

3

Im April 2009 bewarb sich der Kläger abermals um eine Praxisnachfolge, diesmal des - zu 8. beigeladenen - Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L in dem K. benachbarten Ort P, Kreis Pl. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. P - die Beigeladene zu 7. -, sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch. In dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. aufschiebend bedingt geschlossenen Praxisübergabevertrag wurde ua vereinbart, dass der Kläger beabsichtige, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen, und sich hierzu mit der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner zusammenschließen werde. Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Beigeladenen zu 8. erteilte Zulassung ggf verzichten wolle, um diese in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P als angestellter Arzt tätig zu werden. Mit Bescheid vom 4.8.2009 (aus der Sitzung vom 17.6.2009) wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7. als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung; zugleich lehnte er die Anträge des Klägers sowie des Dr. Sch (insoweit wegen Fehlens der Bereitschaft, den Verkehrswert für die Praxis zu zahlen) ab.

4

Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 1.12.2009 , Urteil des SG vom 12.5.2010). Der Berufungsausschuss begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung verbundene Entscheidung damit, dass - obwohl Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit eindeutig für den Kläger sprächen - er mit Blick auf den Charakter der Regelungen über die Zulassung von Ärzten dennoch den Widerspruch habe zurückweisen müssen. Die Bestimmungen des § 103 Abs 4 SGB V beträfen einen staatlich regulierten Markt und seien Berufsausübungsregelungen. § 103 Abs 4 SGB V regele, wie der Zugang zum Beruf in einem gesperrten Bereich ausnahmsweise möglich sei. Diesen Zugang habe der Kläger - anders als die Beigeladene zu 7. - bereits inne. In diesem Verhältnis werde Art 12 GG nur dann hinreichend beachtet, wenn der bereits bestehende Zugang als Ausschlusskriterium zu Lasten des bereits Tätigen gewertet werde; dieser sei deshalb zwingend nachrangig. Dieser Nachrang bestehe unabhängig von besonderen Qualifikationen oder den in § 103 Abs 4 SGB V erwähnten Ermessenskriterien. Das SG hat sich im Wesentlichen der Argumentation des Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger strebe tatsächlich keine eigene vertragsärztliche Zulassung an und sei deshalb auch nicht in grundrechtlich relevanter Weise betroffen. Die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien seien nur unzureichend an die mit der Einführung medizinischer Versorgungszentren und dem Wegfall der Altersgrenzen geänderte Rechtslage angepasst worden.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes nicht. Da auch Dr. Sch für die Praxisnachfolge nicht in Betracht komme, weil er sich ausdrücklich nicht bereit erklärt habe, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts zu zahlen, bleibe als Nachfolgerin allein die Beigeladene zu 7. übrig. Ein Ermessensspielraum des Beklagten habe somit tatsächlich nicht bestanden, sodass es auf Fehler bei der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht ankomme. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 SGB V, dass die Praxis "von einem Nachfolger fortgeführt werden solle", folge, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollten oder könnten, auch nicht als Nachfolger in Betracht kämen. Dem erforderlichen Willen des Klägers stehe entgegen, dass er beabsichtige, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in die Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen und dort weiterhin als angestellter Arzt - allerdings am Standort P - für diese tätig zu sein. Damit stehe fest, dass der Kläger nicht - wie gesetzlich gefordert - die Nachfolge des Beigeladenen zu 8. antreten möchte.

6

Dass die geplante Einbringung der Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung durch den Kläger entgegenstehe, folge auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V. Im Ergebnis hätten nicht der Kläger, sondern die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft den Willen zur Fortführung der Praxis; diese seien jedoch von der Nachfolge ausgeschlossen, weil sie sich nicht beworben hätten. Bewerber um die Praxisnachfolge könne auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig sei und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG erfülle er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Das LSG beleuchte die einschlägigen Vorschriften maßgeblich im zivilrechtlichen Sinne; diese zivilrechtliche Interpretation finde jedoch im Gesetz keine Stütze. Indem es in den Fortführungswillen hineininterpretiere, dass dieser voraussetze, dass der Bewerber die Praxis im eigenen Namen und mit eigenem zivilrechtlichen Eigentum an der Praxis fortführen wolle, verkenne es, dass es im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ausschließlich auf die tatsächliche Fortführung der Praxis und einen faktischen Fortführungswillen ankomme. Der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verhalte sich nicht zu der Frage, in welcher Form die Fortführung durch den Nachfolger zu erfolgen hat; daher sei es unbeachtlich, ob die Fortführung im eigenen oder fremden Namen, mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben werden solle. Der Fortführungswille schließe den "Eigentumserwerbswillen" nicht ein.

8

Das LSG verkenne den eigentlichen Sinngehalt des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V, wenn es dieser Norm entnehme, dass die geplante Einbringung der Zulassung in eine Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung der Praxis entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe lediglich sicherstellen wollen, dass der in das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung mitnehme, diese also nicht im Wege der Nachbesetzung bzw Praxisnachfolge erneut auf einen weiteren Arzt übergehen könne, da andernfalls trotz Zulassungsbeschränkungen weitere Ärzte zugelassen werden könnten. Im Übrigen ergebe sich auch aus § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V, dass ein angestellter Arzt die Praxis faktisch weiter fortführen könne. Dabei stütze insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), auf dessen Vorschlag die Regelung zurückgehe, die Auffassung, dass auch nach bisherigem Recht einem Arzt, der sich mit dem Ziel bewerbe, die Zulassung sofort an einen anderen Arzt weiterzugeben, eine Zulassung als Praxisnachfolger habe erteilt werden können. Die vom LSG vertretene Auffassung fördere die Manipulation von Zulassungsverfahren, indem schlicht die wahren Beweggründe für die Bewerbung nicht offengelegt würden. Die Unzulänglichkeit der Argumentation des LSG zeige sich auch an den Fragen, wie lange ein Bewerber selbstständig tätig sein müsse, damit eine Praxisnachfolge vorliege, sowie wie zu verfahren sei, wenn der ausgewählte Bewerber die erhofften Kredite zur Finanzierung der Übernahme nicht erhalte und sich deshalb anstellen lassen müsse.

9

Da er - der Kläger - somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung erfülle, sei von zentraler Bedeutung, ob die Zulassungsgremien ihre Auswahlentscheidung an den gesetzlich normierten Auswahlkriterien vorbei auf eigene neu erdachte Kriterien stützen könnten. Der Gesetzgeber habe die Auswahlkriterien trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen - Aufhebung der Altersgrenzen, Möglichkeit, auf die Zulassung zugunsten einer Anstellung zu verzichten, Einführung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften - keiner grundsätzlichen Änderung unterzogen, sondern vielmehr an den bisherigen Auswahlkriterien festgehalten. Folglich halte der Gesetzgeber die bestehenden Auswahlkriterien für sachgerecht und zeitgemäß. Das Kriterium des "Nachrangs" stelle kein Auswahlkriterium, sondern ein "Ausschlusskriterium" dar. Während es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, unter mehreren Bewerbern eine Bestenauslese vorzunehmen, sei das "Ausschlusskriterium" allein gesundheitspolitisch motiviert und diene im Wesentlichen dazu, die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Ein Vorrang der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit bestehe jedoch gerade nicht. Der Gesetzgeber habe das Ermessen der Zulassungsgremien durch gesetzlich fixierte Auswahlkriterien eingeschränkt, indem er klare Entscheidungskriterien vorgegeben habe, die bei der Auswahlentscheidung zwingend zu berücksichtigen seien. Dort nicht vorgesehene Auswahlkriterien dürften die Zulassungsgremien nicht aufstellen. Etwas anderes gelte nur bei Gleichwertigkeit der Bewerber.

10

Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 103 Abs 4 SGB V sei kein Raum, da die Norm trotz der zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. § 103 Abs 4 SGB V diene vorrangig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Praxis; nur daneben betreffe die Bestimmung auch die Berufsfreiheit der sich um die Zulassung als Praxisnachfolger bewerbenden Ärzte. Die Beigeladene zu 7. könne jederzeit als angestellte Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Vertragsarztsitze in größere Berufsausübungsgemeinschaften zu integrieren, werde jüngeren Ärzten der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung gerade nicht verwehrt. Vielmehr sei zunehmend erforderlich, diesen Ärzten eine wirtschaftliche Absicherung durch eine entsprechend gut dotierte nichtselbstständige Tätigkeit zu bieten. Eine Ermessensentscheidung setze nach der gesetzlichen Regelung einen "Gleichstand" der Bewerber nach den gesetzlichen Kriterien voraus. Dieser Fall sei aber gerade nicht gegeben, sodass der Beklagte gar keine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt habe. Er - der Kläger - habe weiterhin die Absicht, noch langfristig an der Versorgung teilzunehmen, wenn auch nur im Angestelltenstatus.

11

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012 und des Sozialgerichts Kiel vom 12.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Praxisnachfolger für den Beigeladenen zu 8. zuzulassen.

12

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 7. beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.

13

Der Beklagte führt aus, der Kläger scheide als möglicher Nachfolger aus, weil er nach seinen offengelegten Absichten die Praxis nicht fortführen werde. Bereits der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V verdeutliche, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausschließlich sei. Vielmehr flössen alle Umstände des Einzelfalls in die Auswahlentscheidung ein; dazu gehöre auch der Gesichtspunkt, dass § 103 Abs 4 SGB V den Zugang zu einem "staatlich regulierten Markt" sowohl ermögliche als auch begrenze. Der dort ausgesprochene Nachrang des bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Bewerbers stehe nicht im Widerspruch zu der anerkannten Möglichkeit, dass sich ein zugelassener Arzt auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit der erklärten Absicht bewerbe, auf eine bereits für ihn bestehende Zulassung zu verzichten. Die Bewerbung des Klägers diene allein der Mehrung der Vertragsarztsitze in der Hand der Partnergesellschaft; diese Möglichkeit sei bisher nur den MVZ eingeräumt.

14

Die Beigeladene zu 7. führt aus, das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mangels Fortführung der Praxis kein geeigneter Bewerber sei. Die Praxis des Beigeladenen zu 8. solle gerade nicht durch den Kläger, sondern durch die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner fortgeführt werden. Es sei nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger überhaupt in P tätig werde. Die Entscheidung des Beklagten sei auch nicht ermessensfehlerhaft. § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V schreibe - als Ermessensgrenze - lediglich vor, dass die Zulassungsgremien die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigen müssten. Es werde nicht festgelegt, in welcher Weise das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien. Die Gewichtung der vom Gesetz vorgegebenen Kriterien sei genuiner Bestandteil der Ausübung des Ermessens und damit der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

15

Ein höheres Alter begründe nur in einem zeitlich begrenzten Umfang einen qualitativen Vorrang, weil es ab einem bestimmten Zeitpunkt unter Eignungsgesichtspunkten in das Gegenteil umschlagen könne, sei es durch eine eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, eine durch Zeitablauf immer größer werdende Entfernung von dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dessen Fortschritt oder durch den Gesichtspunkt, dass ein sehr alter Arzt aus physischen Gründen der Krankenversorgung nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehe und deswegen für eine "kontinuierliche" Versorgung der Patienten gerade nicht in besserer Weise zur Verfügung stehe als ein jüngerer Arzt. Eine Auslegung des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V in dem Sinne, dass immer der nach Approbationsalter ältere und Dauer der ärztlichen Tätigkeit länger aktivere Bewerber gegenüber anderen Bewerbern zu bevorzugen sei, würde allein an das Alter anknüpfen und damit eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Auf die Qualifikation des Klägers komme es letztlich deswegen nicht an, weil dieser die Praxis gar nicht übernehmen, sondern seine Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel einbringen wolle, den Vertragsarztsitz in einen Angestelltensitz umzuwandeln. Sein Antrag würde dazu führen, dass einer oder mehrere - bisher nicht bekannte - angestellte Ärzte neu in das GKV-System aufgenommen würden, über deren Qualifikation überhaupt nichts bekannt sei. Ein Eignungsvergleich sei daher überhaupt nicht möglich.

16

Der Kläger, der bereits als angestellter Arzt am GKV-Versorgungssystem beteiligt sei, begehre mit seinem Antrag keine Veränderungen seines verfassungsrechtlichen Status. Sein Ziel sei lediglich darauf gerichtet, der Berufsausübungsgemeinschaft seiner Söhne einen weiteren Vertragsarztsitz zu verschaffen, also das "Betriebsvermögen" der Berufsausübungsgemeinschaft zu mehren. Sie - die Beigeladene zu 7. - begehre hingegen mit ihrem Zulassungsantrag die erstmalige Zulassung zur Versorgung von GKV-Patienten. Auch eine verfassungskonforme Anwendung des § 103 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V zwinge daher dazu, ihre Bewerbung gegenüber dem Antrag des Klägers als vorrangig anzusehen.

17

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten, im Wege der Nachfolgezulassung die zu 7. beigeladene Ärztin zuzulassen, nicht in seinen Rechten verletzt ist. Er selbst kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, da er nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine Nachfolgebewerbung erfüllt. Im Übrigen ist - im Ergebnis - auch die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

19

1. Die Revision ist als offensive Konkurrentenklage zulässig, da der Kläger als übergangener Bewerber geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu seinen Lasten fehlerhaft ist (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff). Streitgegenstand des Verfahrens ist damit die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V, unter mehreren Bewerbern "den Nachfolger auszuwählen"(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 12).

20

2. In der Sache ist die Revision unbegründet. Einer Berücksichtigung des Klägers im Nachbesetzungsverfahren steht - unabhängig von der konkreten Bewerberauswahl - bereits entgegen, dass er schon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes nicht erfüllt, weil es ihm an dem für eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V erforderlichen Fortführungswillen fehlt.

21

a) Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem gesperrten Planungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten, ist § 103 Abs 4 SGB V.

22

aa) Das Klagebegehren ist dabei zunächst nach den ab dem 1.1.2013 geltenden Vorschriften des SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zu beurteilen; gegebenenfalls sind aber diese Vorschriften in ihrer im Jahre 2009 gültigen Fassung (des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) ergänzend heranzuziehen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 f; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29). Dies gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern diesem Vornahmebegehren - wie vorliegend - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung der Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5 ).

23

bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und somit für das in 2009 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

24

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V (alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

25

b) Gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V ist neben der Erfüllung der allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen ua, dass der Bewerber den Willen hat, die zu übernehmende Praxis fortzuführen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

aa) Bereits der Ausnahmecharakter der mit einer Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs 4 SGB V verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen rechtfertigt es, an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt.

27

In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 95 Abs 2 Satz 9 iVm § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen unerwünscht (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Das Ausscheiden eines Arztes aus der vertragsärztlichen Versorgung in einem für Neuzulassungen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich führt grundsätzlich dazu, dass der Vertragsarztsitz dieses Arztes entfällt, weil dieser nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird. Das vermindert entweder die Zahl der zugelassenen Ärzte oder führt - auf kürzere oder längere Sicht - dazu, dass der Planungsbereich entsperrt wird. Damit ist er dann auch wieder für solche Ärztinnen und Ärzte offen, die sich niederlassen wollen, ohne eine Praxis zu übernehmen und die damit verbundenen Lasten auf sich zu nehmen.

28

Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs 4 SGB V getroffenen Regelung demgegenüber zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit dieser Ausnahme berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will, besteht kein Grund für eine Nachfolgezulassung. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (s hierzu etwa BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff).

29

bb) § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V setzt nicht allein voraus, dass noch eine fortführungsfähige Praxis besteht, sondern erfordert - als subjektives Moment - von dem sich auf eine Praxisnachfolge bewerbenden Arzt auch einen "Fortführungswillen".

30

(1) Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist § 103 Abs 4 SGB V (aF) schon gemäß seinem Einleitungssatz ausdrücklich darauf ausgerichtet, dass eine Praxis "fortgeführt" werden soll(BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21); eine gleichlautende Formulierung findet sich nach der Umgestaltung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG nunmehr in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF. Ziel der Ausschreibung wie auch der Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19); dies setzt voraus, dass überhaupt noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN) bzw dass es noch eine fortführungsfähige Praxis gibt (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Nur so kann dem bereits (unter 2.b aa) dargelegten Ausnahmecharakter der Praxisnachfolge in übersorgten Planungsbereichen Rechnung getragen werden (s insbesondere BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f).

31

Dies hat nicht allein zur Konsequenz, dass sich ein Vertragsarztsitz nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21 mwN), sondern impliziert auch eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs (BSG aaO). Gerade im Vergleich mit einer "Nach"besetzung einer frei gewordenen Arztstelle in einem MVZ wird deutlich, dass eine Praxis"fortführung" begrifflich dem vorherigen Praxisbetrieb eng verbunden ist (BSG aaO). Dass eine Praxisfortführung in diesem Sinne auch einen entsprechenden Willen des Nachfolgers voraussetzt, liegt damit auf der Hand, wird aber zusätzlich noch durch die in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V verwendete Formulierung "Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen" betont.

32

Mithin muss ein Bewerber die in Rede stehende Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (zur Notwendigkeit eines Praxisfortführungswillens s Schleswig-Holsteinisches LSG - Beschluss vom 15.5.2008 - L 4 B 369/08 KA ER - Juris RdNr 28, 33 f = GesR 2008, 432 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 8.3.2011 - L 1 KA 22/11 B ER - Juris RdNr 11 = MedR 2011, 825 ff; in diesem Sinne schon LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 59, 60 = MedR 2006, 616 ff; ebenso Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 350; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 37; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012 § 103 RdNr 77: keine hohen Anforderungen; ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 69).

33

(2) Eine Praxis wird nur dann im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V "fortgeführt", wenn der sich um eine Praxisnachfolge bewerbende Arzt am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt - ggf auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft - tätig werden will bzw tätig wird. Es reicht nicht aus, wenn der Nachfolger lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ dort tätig werden will.

34

Eine Praxisfortführung beinhaltet sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. In räumlicher Hinsicht setzt sie - grundsätzlich - voraus, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Andererseits verlangt eine Praxisfortführung im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht notwendig, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb in der dargestellten Art und Weise auf Dauer fortführt(BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Auch mag es im Einzelfall sachliche Gründe dafür geben, die Praxis zumindest nicht am bisherigen Ort oder nicht mit dem bisherigen Personal fortzuführen, etwa weil sich die Praxis im Einfamilienhaus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidenden Arztes befindet oder dessen Ehefrau als Arzthelferin beschäftigt war.

35

Unabhängig von der Standortkontinuität reicht es für eine "Fortführung" der Arztpraxis im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt wird. In "personeller" Hinsicht ist vielmehr erforderlich, dass der Nachfolger die Praxis in eigener Person weiter betreibt. Dabei genügt es nicht, dass dieser dort eine ärztliche Tätigkeit entfaltet, sondern der Begriff "Fortführung" beinhaltet auch, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb als Inhaber - zumindest als Mitinhaber - der Praxis fortsetzt. Denn nur so hat dieser auch die rechtliche Möglichkeit, seinen Fortführungswillen umzusetzen. Es genügt daher nicht, wenn ein Bewerber beabsichtigt, den Praxisbetrieb zwar am bisherigen Standort, jedoch lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ fortzusetzen, weil dann die Fortführung der Praxis tatsächlich ganz maßgeblich nicht von seinem Willen, sondern aufgrund des Direktionsrechts seines Arbeitgebers von dessen Willen abhängt (zum unterschiedlichen Status von zugelassenen und angestellten Ärzten vgl schon BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 21). Damit wäre nicht gewährleistet, dass der "Nachfolger" tatsächlich für längere Zeit - oder überhaupt - am bisherigen Standort der Praxis tätig werden kann.

36

Nicht außer Betracht bleiben kann auch, dass die Tätigkeit in einer am bisherigen Standort betriebenen Zweigpraxis im allgemeinen auch deswegen keine "Fortführung" der übernommenen Praxis garantiert, weil die Zweigpraxisgenehmigung durch eine andere Institution - die KÄV - erteilt wird, und die Genehmigung versagt werden kann, wenn hierdurch die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes (der Berufsausübungsgemeinschaft) mehr als geringfügig beeinträchtigt wird. Die Chance, eine solche Genehmigung zu erhalten, ist kein im Rahmen der Entscheidung über die Nachfolgezulassung relevanter Gesichtspunkt.

37

Für die Erforderlichkeit eines Fortführungswillens im dargestellten Sinne spricht schließlich auch der Gesichtspunkt, dass die Bewerberauswahl durch die Zulassungsgremien konterkariert würde, wenn es der ausgewählte Bewerber in der Hand hätte, seine im Wege der Nachfolgebesetzung erhaltene Zulassung im Wege des sofortigen Verzichts in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen. Denn es wäre nicht sichergestellt, dass der von den Zulassungsgremien ausgewählte Bewerber in dem nachbesetzten Vertragsarztsitz tätig wird, sondern es bestünde die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Tätigkeit tatsächlich durch einen den Zulassungsgremien unbekannten, von der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewählten angestellten Arzt ausgeübt wird.

38

(3) Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Betrachtung. Der Erforderlichkeit eines Fortführungswillens steht insbesondere nicht entgegen, dass nach § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF die Praxis von einem Praxisnachfolger auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis fortführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Unabhängig davon, ob diese zum 1.1.2013 in Kraft getretene Neuregelung überhaupt zu Lasten der Beigeladenen zu 7. Berücksichtigung finden könnte (siehe hierzu unter 2.a aa), folgt hieraus nichts zugunsten des Klägers, weil die Regelung voraussetzt, dass sich derjenige um die Praxisnachfolge bewirbt, der weiterhin als Vertragsarzt tätig sein will. Die vorliegend maßgebliche Konstellation, dass sich der zukünftig anzustellende Arzt (formal) um die Praxisnachfolge bewirbt, wird hiervon nicht erfasst.

39

Soweit der Kläger auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser von ihm initiierten Regelung verweist, wonach einem Arzt wie dem Kläger eine Zulassung als Praxisnachfolger bereits nach bisherigem Recht erteilt werden könne (BR-Drucks 456/11 S 49: "Will ein Vertragsarzt einen weiteren Sitz übernehmen und mit einem Angestellten besetzen, müsste sich der anzustellende Arzt bewerben, den Praxisübernahmevertrag schließen und die Zulassung für eine juristische Sekunde innehaben, bevor er zugunsten einer Anstellung verzichten kann."), greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn es handelt sich dabei lediglich um die Äußerung einer - nach den vorstehenden Ausführungen des Senats unzutreffenden - Rechtsauffassung, die sich der Gesetzgeber des GKV-VStG allein durch die Übernahme des Regelungsvorschlags des Bundesrates nicht zu eigen gemacht hat. Im Gegenteil wird in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) betont, dass § 103 Abs 4b SGB V eine entsprechende Regelung für die Übernahme einer Praxis durch einen Vertragsarzt bislang nicht vorsehe und es mit der Änderung "künftig" auch Vertragsärzten möglich sein solle, ausgeschriebene Sitze zu übernehmen und mit angestellten Ärzten in der eigenen Praxis fortzuführen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF eine - teilweise - Durchbrechung der vorstehend dargestellten Grundsätze beinhaltet, weil die Vorschrift es Vertragsärzten - namentlich überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften - ermöglicht, eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis "in der eigenen Praxis"(Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) - also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort - fortzuführen. Eine weitergehende Flexibilisierung des Nachfolgerechts kann jedoch aus dieser Regelung nicht abgeleitet werden. Es ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, die Bindung von Vertragsarztsitz und fortzuführender Praxis - wenn das gewünscht wird - zu lockern.

41

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Berücksichtigung eines Fortführungswillens die Manipulation von Zulassungsverfahren fördere, indem die Beweggründe der Zulassung nicht mehr offengelegt würden, so ist dem nicht weiter nachzugehen. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen.

42

cc) Im Sinne der dargestellten gesetzlichen Anforderungen fehlt dem Kläger der Wille, die Praxis des zu 8. beigeladenen Arztes fortzuführen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob seinem Fortführungswillen bereits die erklärte Absicht entgegensteht, den Praxisbetrieb zwar weiterhin in P, jedoch in anderen Räumen - nämlich in den zur Zweigpraxis der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner gehörenden Räumlichkeiten - fortzuführen. Denn jedenfalls steht seinem Fortführungswillen entgegen, dass er dort erklärtermaßen nicht als zugelassener Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt tätig werden will. Dass es dem Kläger letztlich nicht darauf ankommt, die übernommene Praxis fortzuführen, sondern der Zweck seiner Nachfolgebewerbung allein darin besteht, der Berufungsausübungsgemeinschaft A und Partner einen weiteren Vertragsarztsitz zuzuführen, wird im Übrigen daraus deutlich, dass er die von ihm angestrebte Tätigkeit als angestellter Arzt auch ohne die begehrte Nachfolgezulassung in der bereits vorhandenen Zweigpraxis von A und Partner in P hätte ausüben können.

43

3. Unabhängig davon, dass damit der Kläger, der die Arztpraxis des Beigeladenen zu 8. erklärtermaßen nicht in dem dargestellten Sinne als Vertragsarzt fortführen will, ohnehin für die Nachfolgezulassung ausscheidet, ist die Entscheidung des Beklagten für die Beigeladene zu 7. als Praxisnachfolgerin auch in der Sache - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

44

a) Die Bewerberauswahl ist keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben die Zulassungsgremien stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien - die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingeschränkt ist. Dafür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Regelung, wonach der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat, den "Auswahlkriterien" vorangestellt ist. Zudem sind die in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V aufgeführten "Kriterien" nicht "zu beachten", sondern lediglich "zu berücksichtigen". Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben (vgl hierzu etwa die Relativierung des Vorrangs der Beitragssatzstabilität in vertragszahnärztlichen Vergütungsverhandlungen durch die Änderung in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V - "berücksichtigen" statt "beachten" - durch das GKV-VStG; vgl dazu BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3, RdNr 64 aE mwN). Der Begriff "berücksichtigen" beinhaltet allein, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen.

45

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (s LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

46

b) Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Hierbei geltende folgende Maßstäbe:

47

aa) Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97- Juris RdNr 21; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 102; vgl auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 118) noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc aE). Somit ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu § 103 Abs 4; Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97 - Juris RdNr 21); dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 23).

48

bb) Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien bedürfen ggf der Konkretisierung. Dies gilt insbesondere für die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Der Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 8.12.2010 (BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39)darauf hingewiesen, dass diese Kriterien darauf abzielten, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründeten. Hieran hält der Senat fest. Die zeitliche Begrenzung des Umfangs der Berücksichtigung dieser Kriterien rechtfertigt sich dadurch, dass es keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass sich die Fähigkeiten eines Arztes ad infinitum mit zunehmender Approbations- und Tätigkeitsdauer verbessern. Vielmehr kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der weiterhin zunehmenden beruflichen Erfahrung auf der einen Seite eine mit fortschreitendem Alter des Arztes generell eher abnehmende Leistungsfähigkeit gegenübersteht.

49

Der Senat sieht sich im Hinblick auf die Unklarheiten, die seine Rechtsprechung zum Stellenwert der beruflichen Erfahrung der Bewerber um eine Nachfolgezulassung (auch) bei dem Berufungsgericht hervorgerufen hat, jedoch zu einer Klarstellung veranlasst. Die Ausführungen des Senats sind verschiedentlich so verstanden worden, dass der Fünfjahreszeitraum mit der Approbation beginnen sollte (so etwa das Berufungsgericht; ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 105 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R); das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr kommt es für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (wie auch für das Approbationsalter) auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an. Eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher - im Regelfall - keinen (weiteren) Vorzug eines Bewerbers.

50

cc) Das Gesetz enthält keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien, sondern es dürfen daneben auch nicht im Gesetz aufgeführte Gesichtspunkte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden (so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 58 = GesR 2006, 456 ff = MedR 2006, 616 ff = Breithaupt 2006, 904 ff, unter Bezugnahme auf LSG Berlin, MedR 1997, 518 ff; bestätigt durch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.6.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - Juris RdNr 36 = GesR 2010, 259 ff; ebenso SG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2006 - S 1 KA 240/06 - Juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 143; SG Berlin Urteil vom 28.7.2010 - S 79 KA 514/09 - Juris RdNr 22 = GesR 2011, 19 f; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 57; aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff; differenzierend Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 - Juris RdNr 73 = Breithaupt 2008, 947 ff = MedR 2009, 491 ff: nur dann, wenn die gesetzlichen Kriterien eine Auswahlentscheidung nicht möglich machen; in diesem Sinne auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 115; Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 391).

51

Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Wortlaut der Norm, weil die hierauf hindeutende Formulierung - die Einleitung der Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" - fehlt. Der Annahme, dass die Aufzählung der zu berücksichtigenden Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V abschließend gemeint ist, steht jedoch insbesondere das den Zulassungsgremien eingeräumte - ansonsten uneingeschränkte - Ermessen entgegen. Dessen hätte es nicht - jedenfalls nicht in dieser Form - bedurft, wenn diesen Gremien keine Spielräume für eigene Erwägungen verblieben, sondern sie auf die abwägende Gewichtung der gesetzlich vorgegebenen Kriterien beschränkt wären. Für darüber hinausgehende Spielräume der Zulassungsgremien spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber diesen nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber nur sicherstellen wollte, dass - jedenfalls - die genannten Kriterien in die Ermessenserwägungen einbezogen werden, er diese aber nicht abschließend verstanden wissen will. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes häufig auch allein anhand der im Gesetz aufgeführten Kriterien getroffen werden können.

52

Auch ansonsten gibt es keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Kriterien abschließend sein sollen. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Strukturgesetz (, FraktE GSG, BT-Drucks 12/3608 S 99 zu § 103 Abs 4 und 5), mit dem die Vorgaben zur Bewerberauswahl konkretisiert wurden, lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung weiterer Kriterien zwingend ausschließen wollte. Dort heißt es lediglich, der Zulassungsausschuss habe durch eine Bewertung der genannten Auswahlkriterien eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen; er müsse alle maßgebenden Kriterien im Einzelfall gegeneinander abwägen. Auch die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc) lassen nichts für die Auffassung herleiten, die Zulassungsgremien seien strikt auf die Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien beschränkt.

53

Schließlich gebieten auch die verfassungsrechtlichen Erwägungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff), dass im Hinblick auf die Grundrechtsbetroffenheit der beteiligten Ärzte die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen seien und dies auch für die Festlegung von Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen gelte, keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat die für eine Entscheidung wesentlichen Vorgaben in § 103 Abs 3 ff SGB V selbst festgelegt und nicht zuletzt mit den in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Auswahlkriterien den - wenn auch nicht abschließenden - Rahmen für die Auswahlentscheidung vorgegeben.

54

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers bzw der Nachfolgerin auch den Umstand berücksichtigen, ob ein bestimmter Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche Patientenversorgung ("Versorgungskontinuität") bietet als andere (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 107 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28)darauf hingewiesen, dass bei einer Bewerberkonkurrenz der (dort) vorliegenden Art - nämlich zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber - Anlass zu der Prüfung bestanden hätte, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wolle (zur Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Kontinuität in Bezug auf die Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis s schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

55

Allein ausschlaggebend darf dieser Aspekt allerdings nicht sein, weil das auf eine - unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematische - strukturelle Bevorzugung des jüngeren vor dem älteren Bewerber hinauslaufen könnte und weil auch der an sich für eine Kontinuität einstehende Bewerber rechtlich nicht gehindert ist, nach kürzerer oder längerer Zeit die übernommene Praxis zu verlegen.

56

dd) Demgegenüber stellt der vom Beklagten angenommene zwingende Nachrang eines bereits - in welcher Form auch immer - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Bewerbers kein zulässiges zusätzliches "Auswahlkriterium" dar. Ein derartiger Nachrang ist rechtlich nicht zu begründen. Es steht grundsätzlich jedem (fachlich geeigneten) Arzt frei, sich auf eine Praxisnachfolge zu bewerben; eine Beschränkung auf Bewerber, die erstmals den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung anstreben, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch eine Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Aufhebung der früher geltenden Altersgrenzen von 55 Jahren für eine Zulassung bzw von 68 Jahren für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verstärkt Bewerberkonkurrenzen zwischen "mittelalten" und "alten" Ärzten auftreten, kommt nicht in Betracht. Da es der Gesetzgeber trotz nachfolgender Änderungen des § 103 SGB V - zuletzt durch das GKV-VStG mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - nicht für erforderlich gehalten hat, die seit dem 1.1.1993 geltenden Auswahlkriterien neu zu fassen, sondern diese lediglich ergänzt hat (s RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc), fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme einer - durch die Gerichte zu schließenden - "Gesetzeslücke". Im Übrigen können die Zulassungsgremien - wie dargestellt - den Interessen jüngerer, erstmals den Zugang zum System der GKV begehrender Bewerber unter dem Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität Rechnung tragen.

57

Im Regelfall dürften einer Bewerbung bereits an der Versorgung beteiligter Ärzte auch anerkennenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen, sei es, dass ein bislang lediglich angestellter Arzt den Weg in die Selbstständigkeit gehen will oder dass ein zugelassener Vertragsarzt in einen aus seiner Sicht attraktiveren Versorgungsbereich wechseln möchte. Auch Verfassungsrecht gebietet eine Bevorzugung bislang noch nicht an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligter Ärzte nicht; etwas anderes würde allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Praxisnachfolge der einzige Weg wäre, um Zugang zu einem ansonsten geschlossenen System zu erhalten. Dies ist jedoch - außerhalb besonders attraktiver Versorgungsregionen - nicht der Fall.

58

c) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die zu 7. beigeladene Ärztin als Nachfolgerin des Beigeladenen zu 8. auszuwählen, auch - im Ergebnis - als sachgerecht. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit sind vorliegend durch eine Begrenzung der maximal zu berücksichtigenden Zeit neutralisiert, weil auch die Beigeladene zu 7. ihre Weiterbildung vor mehr als fünf Jahren (1988) abgeschlossen hat. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass das Kriterium der beruflichen Eignung bzw Qualifikation für ihn spräche, wäre in einer solchen Konstellation nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien dem zusätzlichen Gesichtspunkt der "Versorgungskontinuität" ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es steht außer Zweifel, dass eine 1961 geborene Bewerberin prospektiv einen weitaus längeren Zeitraum für die kontinuierliche Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen wird als ein 1944 geborener - also 17 Jahre älterer und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits im regulären Rentenalter stehender - Bewerber.

59

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie zu 8. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. November 2016 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 123 675 Euro festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten um die Zulassung im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrags nach partieller Entsperrung eines Planungsbereichs für die Gruppe der Ärzte für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde.

2

Mit Beschluss vom 15.11.2012 änderte der zuständige Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen ua für die Gruppe der Ärzte für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde bezogen auf den Planungsbereich, in dem der Kläger seinen Sitz hat, die bestehenden Zulassungsbeschränkungen mit der Maßgabe ab, dass ein weiterer Facharzt dieser Gruppe zugelassen werden kann. Daraufhin beantragte am 9.1.2013 der Kläger bei der zu 1. beigeladenen KÄV die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Neben dem Kläger beantragten fünf weitere Ärzte ihre Zulassung, darunter der Beigeladene zu 8. sowie der Beigeladene zu 9., der bereits mit einem halben Versorgungsauftrag zugelassen war.

3

Auf einen weiteren Antrag des Klägers vom 29.1.2013 ließ der Zulassungsausschuss diesen mit Beschluss vom 19.3.2013 mit Wirkung vom 1.4.2013 nach § 101 Abs 1 Nr 4 SGB V mit einem hälftigen Versorgungsauftrag (sog Job-Sharing) zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit mit Dr. T. zu.

4

Den im Hinblick auf die partielle Entsperrung des Planungsbereichs gestellten Anträgen des Klägers sowie des Beigeladenen zu 9. gab der Zulassungsausschuss jeweils im Umfang eines halben Versorgungsauftrags statt, sodass beide Ärzte nach dem Inhalt dieser Entscheidung jeweils über eine volle Zulassung verfügten. Dagegen legte der Beigeladene zu 8. - nicht jedoch der Kläger - Widerspruch ein. Der beklagte Berufungsausschuss gab dem Widerspruch insoweit statt, als er dem Beigeladenen zu 8. anstelle des Klägers eine halbe Zulassung erteilte. Bezogen auf den Beigeladenen zu 9. änderte der Beklagte die Entscheidung des Zulassungsausschusses nicht.

5

Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Das LSG ist davon ausgegangen, dass die Entscheidung des Beklagten bezogen auf die Auswahl des Beigeladenen zu 9. bereits bestandskräftig geworden sei, weil nur der Beigeladene zu 8., nicht jedoch der Kläger Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses eingelegt habe. Deshalb sei nur noch darüber zu entscheiden gewesen, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses bezogen auf die Auswahl zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. zu beanstanden sei. Insofern habe der Beklagte sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Der Kläger sei auch nicht als Job-Sharer gegenüber dem Beigeladenen zu 8. vorzuziehen, weil das Job-Sharing zum Zeitpunkt der Entsperrung des Planungsbereichs noch nicht bestanden habe.

6

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sowie Rechtsprechungsabweichungen (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend.

II

7

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg; soweit sie zulässig ist, ist sie nicht begründet.

8

1. Mit seiner Beschwerde zielt der Kläger auf drei tragende Annahmen des Berufungsurteils, nämlich die (teilweise) Bestandskraft der Entscheidung des Beklagten (nachfolgend a und b), die fehlerhafte Auswahl im Hinblick auf die Privilegierung des Klägers als Job-Sharer (c) und eine (unterstellt) fehlerhafte Vorab-Auswahl eines Bewerbers unabhängig von den normierten Auswahlkriterien (d). Zur ersten Frage sind sowohl die Grundsatzrüge (a) als auch die Divergenzrüge (b) unzulässig, im Übrigen sind die Grundsatzrügen unbegründet.

9

Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG Beschluss vom 16.11.1987 - 5b BJ 118/87 - SozR 1500 § 160a Nr 60; BSG Beschluss vom 22.7.1988 - 7 BAr 104/87 - SozR 1500 § 160a Nr 65; BSG Beschluss vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93 - SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN). Zur Darlegung der Klärungsfähigkeit ist deshalb auch darzustellen, dass das BSG im angestrebten Revisionsverfahren überhaupt über die aufgeworfene Frage entscheiden müsste (vgl BSG Beschluss vom 13.1.2017 - B 12 R 23/16 B - Juris RdNr 20 mwN).

10

a) Der Kläger macht geltend, dass die Entscheidung des LSG auf der Rechtsfrage beruhe,

ob bei einem Bescheid der Zulassungsgremien, in dem mehrere Vertragsarztsitze gleichzeitig besetzt werden und eine einheitliche Entscheidung ergeht, ein gegen diesen Bescheid eingelegter Widerspruch als Teilanfechtung ausgelegt werden kann, so dass im Ergebnis auch der positiv beschiedene Bewerber stets vorsorglich Widerspruch gegen einen positiven Bescheid einlegen müsste, um die Bestandskraft einzelner Entscheidungen des Bescheids zu verhindern.

11

Insoweit ist die Beschwerde bereits unzulässig, weil der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage nicht darlegt. Allerdings weist der Kläger in der Beschwerdebegründung im Grundsatz zutreffend darauf hin, dass das in der Entscheidung des LSG in Bezug genommene Urteil des Senats vom 15.7.2015 (B 6 KA 32/14 R - BSGE 119, 190 = SozR 4-2500 § 101 Nr 17) eine Fallgestaltung zum Gegenstand hatte, die von der vorliegenden, in einem wichtigen Punkt abweicht: Maßgebend für die og Entscheidung des Senats war der Umstand, dass das Rechtsmittel gegen den Bescheid des Berufungsausschusses auf einzelne Konkurrenten beschränkt worden war. Diese Beschränkung hat der Senat als zulässig angesehen, mit der Folge, dass die nicht mit Rechtsmitteln angegriffenen Zulassungsentscheidungen in Bestandskraft erwachsen sind. Eine entsprechende Beschränkung des Widerspruchs des Beigeladenen zu 8., die den Beigeladenen zu 9. ausgenommen hätte, steht im vorliegenden Verfahren dagegen nicht in Frage. Das LSG begründet die Bestandskraft deshalb auch nicht unter Hinweis auf eine Teilanfechtung und eine daraus folgende Bestandskraft der nicht angegriffenen Zulassungsentscheidungen, sondern allein mit dem Umstand, dass nur der Beigeladene zu 8., nicht jedoch der Kläger Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses eingelegt habe. Der allein vom Beigeladenen zu 8. angegriffene Bescheid des Zulassungsausschusses sei deshalb - bezogen auf die Auswahl des Beigeladenen zu 9. - gegenüber dem Kläger bestandskräftig geworden. Dies lässt sich aber jedenfalls aus dem og Urteil des Senats vom 15.7.2015 nicht ohne Weiteres herleiten.

12

Ob der Auffassung des LSG, nach der die Entscheidung zugunsten des Beigeladenen zu 9. dem Kläger gegenüber bestandskräftig geworden sein soll, dennoch gefolgt werden kann, braucht hier nicht entschieden zu werden. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass es darauf für die Entscheidung ankommt. Voraussetzung wäre, dass das BSG in der angestrebten Revisionsentscheidung unter der Annahme, dass die Entscheidung des Zulassungsausschusses zugunsten des Beigeladenen zu 9. nicht in Bestandskraft erwachsen ist, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Dazu trägt der Kläger nichts vor. Entsprechende Darlegungen zur Entscheidungserheblichkeit können auch nicht unter dem Gesichtspunkt als verzichtbar angesehen werden, dass die fehlende Bestandskraft zugunsten des Beigeladenen zu 9. selbstverständlich Einfluss auf die Entscheidung haben müsste. Das Gegenteil ist der Fall: Naheliegend erscheint eher, dass die Beurteilung der genannten Frage keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung hat, weil der Beklagte nach dem Inhalt der Begründung des Bescheides und auch nach seinem Vorbringen im vorliegenden Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (ebenso wie das SG) ausdrücklich nicht von der Bestandskraft des Bescheides des Zulassungsausschusses zu Gunsten des Beigeladenen zu 9. ausgegangen ist. Vielmehr hat der Beklagte sowohl den Kläger als auch die Beigeladenen zu 8. und zu 9. in die Auswahlentscheidung einbezogen und auf dieser Grundlage und auf der Basis der in § 26 Abs 4 Nr 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) genannten Kriterien eine Entscheidung zugunsten der Beigeladenen zu 8. und zu 9. (jeweils mit einer halben Zulassung) getroffen. Das SG hat diese Auswahlentscheidung nicht beanstandet. Der Umstand, dass das LSG bezogen auf die Bestandskraft der Entscheidung zugunsten des Beigeladenen zu 9. eine von der Entscheidung des Beklagten und auch des SG abweichende - nach Überzeugung des Klägers unrichtige - Auffassung vertreten hat, hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Beklagten, die der Senat in dem angestrebten Revisionsverfahren zu beurteilen hätte. Daher hätte der Kläger angeben müssen, aus welchem Grund der Senat ohne die Annahme einer Bestandskraft und abweichend von der Auffassung des SG zu Gunsten des Beigeladenen zu 9. zu einer anderen Beurteilung bezogen auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Beklagten hätte kommen können. Daran fehlt es. Damit legt der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der formulierten Rechtsfrage nicht in einer den Erfordernissen entsprechenden Weise dar.

13

b) Soweit der Kläger Rechtssprechungsabweichungen geltend macht (Punkt 2 der Beschwerdebegründung), ist die Beschwerde ebenfalls bereits unzulässig. Um eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügender Weise zu bezeichnen, muss die Beschwerdebegründung ua einen Widerspruch tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzeigen(BSG Beschluss vom 29.11.1989 - 7 BAr 130/88 - SozR 1500 § 160a Nr 67). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger bezeichnet lediglich einen Rechtssatz, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen soll. Einen dem entgegenstehenden abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG bezeichnet der Kläger jedoch nicht. Vielmehr macht er nur geltend, dass sich das LSG zur Begründung seiner Entscheidung nicht auf das Urteil des 6. Senats des BSG vom 15.7.2015 (B 6 KA 32/14 R - BSGE 119, 190 = SozR 4-2500 § 101 Nr 17) hätte stützen dürfen, weil diesem ein Sachverhalt zugrunde gelegen habe, der in einem entscheidenden Punkt von dem vorliegenden Sachverhalt abweiche.

14

c) Der Kläger macht ferner geltend, das LSG habe verkannt, dass vorliegend § 26 Abs 5 BedarfsplRL Anwendung finde und dass er als Job-Sharing-Partner nach dieser Vorschrift vorrangig bei der Auswahlentscheidung hätte berücksichtigt werden müssen. Auch insoweit gilt, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde mit der Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG nicht begründet werden kann. Nach dem Inhalt der weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung geht der Senat davon aus, dass der Kläger insoweit nicht - wie oben bei 2. - Rechtsprechungsabweichungen, sondern die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen möchte. Insoweit ist die Beschwerde nicht begründet.

15

Der Kläger macht geltend, die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage,

ob § 26 Abs 5 BedarfsplRL, anders als § 26 Abs 2 und 3 BedarfsplRL, wonach die Jobsharing-Beschränkungen im Zeitpunkt des Aufhebungsbeschlusses des Landesausschusses bereits bestanden haben muss, eine gesetzgeberische Regelung jener Fälle darstellt, in denen im Zeitpunkt des Zustandekommens des Aufhebungsbeschlusses durch den Landesausschuss noch kein Job-Sharing angeordnet ist, jedoch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses ein solches Job-Sharing besteht.

16

Die formulierte Rechtsfrage, die bezogen auf die grundsätzliche Bedeutung offenbar geltend gemacht werden soll, lässt sich klar beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei § 26 Abs 5 BedarfsplRL um keine von § 26 Abs 2 und 3 BedarfsplRL unabhängige, eigenständige Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer Zulassung und erst Recht bildet § 26 Abs 5 BedarfsplRL keine Grundlage für einen Vorrang von Ärzten, die erst nach der Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss im Wege des Job-Sharings in eine Praxis eingetreten sind. Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Regelung zum Zulassungsverfahren nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in § 26 BedarfsplRL sind nach Auffassung des Senats keine Gesichtspunkte zu entnehmen, die die davon abweichende Auffassung des Klägers stützen könnten:

§ 26 Abs 5 BedarfsplRL hat folgenden Wortlaut:

"Über die Beendigung von Zulassungs- und Leistungsbegrenzungen gemäß § 101 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 und 5 SGB V ist vorrangig vor Anträgen auf (Neu-)Zulassung, und zwar in der Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung oder der Anstellung zu entscheiden."

17

Die Vorschrift regelt damit den Vorrang der Aufhebung von Zulassungs- und Leistungsbeschränkungen nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V (sog Job-Sharing) vor Neuzulassungen. § 26 Abs 5 BedarfsplRL bezieht sich damit erkennbar auf die Regelungen in den vorangehenden Absätzen: Die Aufhebung von Zulassungs- und Leistungsbeschränkungen nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V ist Gegenstand des § 26 Abs 2 und 3 BedarfsplRL und die Neuzulassung Gegenstand des § 26 Abs 4 BedarfsplRL. § 26 Abs 5 BedarfsplRL bestimmt die Reihenfolge, in der diese Regelungen zur Anwendung kommen.

18

Soweit der Kläger darauf hinweist, dass § 26 Abs 5 BedarfsplRL mit der Formulierung "… und zwar in der Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung oder der Anstellung …" eine Regelung wiederholt, die sich bereits in Abs 2 und 3 findet, so trifft dies zu. Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Senat diesem Umstand aber keinen Hinweis darauf entnehmen, dass in Abs 5 gerade der Fall eines "Jobsharing erst nach Beschluss des Landesausschusses aber vor ZA-Sitzung" geregelt werden soll. Der Wortlaut der Regelung enthält dafür keine Anknüpfungspunkte. Entsprechendes gilt für die Verwendung des Wortes "entscheiden" in § 26 Abs 5 BedarfsplRL. Diese Formulierung könnte darauf hinweisen, dass die Wirkungen des Abs 2 und 3 nicht kraft Gesetzes eintreten, sondern eine entsprechende Entscheidung der Zulassungsgremien voraussetzen. Ob dies der Fall ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Auf den vom Kläger angenommenen Regelungsgehalt des § 26 Abs 5 BedarfsplRL gibt jedenfalls auch die Verwendung des Wortes "entscheiden" keinen Hinweis.

19

Dass § 26 Abs 5 BedarfsplRL keine eigenständige Anspruchsgrundlage enthält, sondern lediglich die Reihenfolge bestimmt, in der die in den vorangegangenen Absätzen geregelten Zulassungstatbestände zur Anwendung kommen, wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt: Nachdem die Regelungen zum sog Job-Sharing in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V mit dem 2. GKV-Neuordnungsgesetz vom 23.6.1997 (BGBl I 1520) eingeführt worden war, fügte der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (heute: Gemeinsamer Bundesausschuss - GBA) mit Beschluss vom 22.10.2001 der bis dahin aus nur zwei Sätzen bestehenden Nr 23 der damals geltenden BedarfsplRL, die allein die (Neu-)Zulassung nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen zum Gegenstand hatte, folgende 4 Sätze an:

"3Für Ärzte oder Psychotherapeuten, die gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V in beschränkter Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung zugelassen sind, und die nach Nummern 23 g oder 23 h dieser Richtlinien in gesperrten Planungsbereichen nicht auf den Versorgungsgrad angerechnet werden, bewirkt die Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Satz 1 im Fachgebiet, dass für solche Ärzte oder Psychotherapeuten nur nach Maßgabe der Bestimmung zum Umfang des Aufhebungsbeschlusses die Beschränkung der Zulassung und der Leistungsbegrenzung für die Gemeinschaftspraxis enden. 4Die Beendigung der Beschränkung der Zulassung auf die gemeinsame Berufsausübung und der Leistungsbegrenzung nach zehnjähriger gemeinsamer Berufsausübung bleibt unberührt (§ 101 Abs. 3 Satz 2 SGB V). 5Satz 2 gilt entsprechend; maßgeblich ist die Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung.

6Liegen auch Anträge auf (Neu-)Zulassung gemäß Satz 1 vor, so gilt Satz 2 mit der Maßgabe, dass vorrangig vor diesen Anträgen die Zulassungs- und Leistungsbegrenzungen enden, und zwar in der Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung."

20

Die ersten drei Sätze dieser Neuregelung (Nr 23 Satz 3 bis 5 BedarfsplR aF) entsprechen inhaltlich im Wesentlichen dem heutigen § 26 Abs 2 BedarfsplRL(Aufhebung der Zulassungs- und Leistungsbeschränkungen bei Job-Sharing nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V), der nachfolgende Satz 6 enthält die Regelung, die sich heute in § 26 Abs 5 BedarfsplRL findet. Dass sich Satz 6 auf die drei gleichzeitig eingeführten vorangehenden Sätze bezog, unterliegt keinem Zweifel. Grundlegende inhaltliche Änderungen, die die Annahme des Klägers stützen könnten, dass § 26 Abs 5 BedarfsplRL ein von Abs 2 losgelöst zu betrachtender eigenständiger Tatbestand für die Erteilung einer Zulassung sein könnte, sind in der Folge nicht vorgenommen worden:

Der in Nr 23 Satz 5 BedarfsplR aF in Bezug genommene Satz 2 wurde - offenbar als Reaktion auf das Urteil des Senats vom 23.2.2005 (B 6 KA 81/03 R - BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, zur Unzulässigkeit einer Auswahl nach dem sog Windhundprinzip) - gestrichen. Mit Beschluss vom 20.12.2005 strich der GBA deshalb auch den ersten Satzteil des Satzes 5 in Nr 23 BedarfsplRL mit der Verweisung auf Satz 2 und formulierte Satz 6 wie folgt neu:

"Über die Beendigung von Zulassungs- und Leistungsbegrenzungen gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V ist vorrangig vor Anträgen auf (Neu-)Zulassung und zwar in der Reihenfolge der jeweils längsten Dauer der gemeinsamen Berufsausübung, zu entscheiden."

21

Die Formulierung entsprach damit (abgesehen von der Beschränkung auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V, also ohne die Angestelltenverhältnisse nach Nr 5) bereits vollständig dem heute geltenden § 26 Abs 5 BedarfsplRL. Eine inhaltliche Änderung war mit der Neufassung durch Beschluss des GBA vom 20.12.2005 insoweit erkennbar nicht verbunden und auch ausdrücklich nicht beabsichtigt. Das wird durch die im Internet veröffentlichten tragenden Gründe zu dem Beschluss bestätigt, in denen es bezogen auf den neu gefassten Nr 23 Satz 6 BedarfsplRL heißt:

"Die Neufassung ist notwendig, weil die bisherige Regelung noch auf den gestrichenen Satz 2 Bezug nimmt. Der Grundsatz, wonach die Umwandlung von Job-sharing-Zulassungen in Vollzulassungen Vorrang vor der Bescheidung von Anträgen auf (Neu-)Zulassungen hat, gilt unverändert fort."

22

Der Umstand, dass die Vorrang-Nachrang-Regelung mit der Neufassung der BedarfsplRL vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7), verbunden mit einer geänderten Paragraphenfolge, in einem eigenen Absatz geregelt wurde, weist nicht auf eine inhaltliche Änderung hin. Auch die im Internet veröffentlichten tragenden Gründe zum Beschluss vom 20.12.2012 geben keinen Hinweis darauf, dass mit der Neubezeichnung insoweit eine Änderung beabsichtigt gewesen sein könnte.

23

Im Ergebnis entspricht der heutige § 26 Abs 5 BedarfsplRL damit der bereits mit Beschluss des Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen vom 22.10.2001 eingeführten Vorschrift (Nr 23 Satz 6 BedarfsplRL aF), bei der es sich zweifellos nicht um eine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern um eine Regelung gehandelt hat, die lediglich das Verhältnis der damals neu eingeführten Aufhebung von Zulassungs- und Leistungsbeschränkungen beim Job-Sharing zu der bereits zuvor in Nr 23 BedarfsplRL geregelten Neuzulassung nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen zum Gegenstand hatte.

24

d) Der Kläger macht ferner geltend, die Entscheidung des LSG beruhe auf der Rechtsfrage,

ob entgegen des eindeutigen Wortlauts des § 26 Abs 4 Ziffer 3 BedarfsplRL der Zulassungsausschuss im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen berechtigt ist, bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern vorab einen Bewerber zu priorisieren, ohne diesen anhand der in § 26 Abs 4 Ziffer 3 BedarfsplRL normierten Auswahlkriterien mit den anderen Bewerbern zu vergleichen und sodann lediglich die restlichen Bewerber anhand der Auswahlkriterien miteinander vergleicht.

25

Auch insoweit geht der Senat davon aus, dass der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend machen möchte. Auf die Beantwortung dieser Frage kommt es für die Entscheidung des angestrebten Revisionsverfahrens indes nicht an, sodass die Beschwerde insoweit nicht begründet ist: Ausweislich der Begründung des angefochtenen Bescheides hat der Beklagte den Kläger, den Beigeladenen zu 8. und den Beigeladenen zu 9. anhand der in § 26 Abs 4 Nr 3 BedarfsplRL genannten Auswahlkriterien miteinander verglichen und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass bezogen auf die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der Wartezeit "keine sehr signifikanten Unterschiede"(vgl S 11 und 12 des Bescheides des Beklagten vom 2.10.2013) zwischen den Bewerbern bestünden. Vor diesem Hintergrund hat er Versorgungsgesichtspunkten besonderes Gewicht beigemessen und den Beigeladenen zu 9. auf dieser Grundlage - wie er auch in seinem Schriftsatz vom 30.3.2017 nachvollziehbar erläutert hat - "im Vergleichsranking … auf Platz 1 gesetzt". Ein solches Vorgehen ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Bei den Versorgungsgesichtspunkten handelt es sich um eines der in § 26 Abs 4 Nr 3 BedarfsplRL vorgegebenen Auswahlkriterien. Die vom Kläger in der formulierten Rechtsfrage unterstellte "Vorab-Priorisierung" eines Bewerbers liegt der Entscheidung des Beklagten erkennbar nicht zu Grunde. Damit ist die formulierte Rechtsfrage nicht entscheidungserheblich.

26

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger auch die Kosten des von ihm ohne Erfolg durchgeführten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO).

27

3. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Diese entspricht der Festsetzung durch das LSG, die von keinem der Beteiligten infrage gestellt worden ist.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Von Juli 1976 bis Ende März 2004 war er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1.4.2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis Pl gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn. Von April 2004 bis September 2006 war der Kläger in der Gemeinschaftspraxis "F H" und ab Oktober 2006 (bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sommer 2012) in der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft "A und Partner" in K als angestellter Arzt tätig. Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W in K; auf die ihm zum 1.4.2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1.4.2007 und brachte die Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

3

Im April 2009 bewarb sich der Kläger abermals um eine Praxisnachfolge, diesmal des - zu 8. beigeladenen - Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L in dem K. benachbarten Ort P, Kreis Pl. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. P - die Beigeladene zu 7. -, sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch. In dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. aufschiebend bedingt geschlossenen Praxisübergabevertrag wurde ua vereinbart, dass der Kläger beabsichtige, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen, und sich hierzu mit der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner zusammenschließen werde. Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Beigeladenen zu 8. erteilte Zulassung ggf verzichten wolle, um diese in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P als angestellter Arzt tätig zu werden. Mit Bescheid vom 4.8.2009 (aus der Sitzung vom 17.6.2009) wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7. als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung; zugleich lehnte er die Anträge des Klägers sowie des Dr. Sch (insoweit wegen Fehlens der Bereitschaft, den Verkehrswert für die Praxis zu zahlen) ab.

4

Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 1.12.2009 , Urteil des SG vom 12.5.2010). Der Berufungsausschuss begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung verbundene Entscheidung damit, dass - obwohl Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit eindeutig für den Kläger sprächen - er mit Blick auf den Charakter der Regelungen über die Zulassung von Ärzten dennoch den Widerspruch habe zurückweisen müssen. Die Bestimmungen des § 103 Abs 4 SGB V beträfen einen staatlich regulierten Markt und seien Berufsausübungsregelungen. § 103 Abs 4 SGB V regele, wie der Zugang zum Beruf in einem gesperrten Bereich ausnahmsweise möglich sei. Diesen Zugang habe der Kläger - anders als die Beigeladene zu 7. - bereits inne. In diesem Verhältnis werde Art 12 GG nur dann hinreichend beachtet, wenn der bereits bestehende Zugang als Ausschlusskriterium zu Lasten des bereits Tätigen gewertet werde; dieser sei deshalb zwingend nachrangig. Dieser Nachrang bestehe unabhängig von besonderen Qualifikationen oder den in § 103 Abs 4 SGB V erwähnten Ermessenskriterien. Das SG hat sich im Wesentlichen der Argumentation des Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger strebe tatsächlich keine eigene vertragsärztliche Zulassung an und sei deshalb auch nicht in grundrechtlich relevanter Weise betroffen. Die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien seien nur unzureichend an die mit der Einführung medizinischer Versorgungszentren und dem Wegfall der Altersgrenzen geänderte Rechtslage angepasst worden.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes nicht. Da auch Dr. Sch für die Praxisnachfolge nicht in Betracht komme, weil er sich ausdrücklich nicht bereit erklärt habe, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts zu zahlen, bleibe als Nachfolgerin allein die Beigeladene zu 7. übrig. Ein Ermessensspielraum des Beklagten habe somit tatsächlich nicht bestanden, sodass es auf Fehler bei der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht ankomme. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 SGB V, dass die Praxis "von einem Nachfolger fortgeführt werden solle", folge, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollten oder könnten, auch nicht als Nachfolger in Betracht kämen. Dem erforderlichen Willen des Klägers stehe entgegen, dass er beabsichtige, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in die Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen und dort weiterhin als angestellter Arzt - allerdings am Standort P - für diese tätig zu sein. Damit stehe fest, dass der Kläger nicht - wie gesetzlich gefordert - die Nachfolge des Beigeladenen zu 8. antreten möchte.

6

Dass die geplante Einbringung der Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung durch den Kläger entgegenstehe, folge auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V. Im Ergebnis hätten nicht der Kläger, sondern die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft den Willen zur Fortführung der Praxis; diese seien jedoch von der Nachfolge ausgeschlossen, weil sie sich nicht beworben hätten. Bewerber um die Praxisnachfolge könne auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig sei und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG erfülle er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Das LSG beleuchte die einschlägigen Vorschriften maßgeblich im zivilrechtlichen Sinne; diese zivilrechtliche Interpretation finde jedoch im Gesetz keine Stütze. Indem es in den Fortführungswillen hineininterpretiere, dass dieser voraussetze, dass der Bewerber die Praxis im eigenen Namen und mit eigenem zivilrechtlichen Eigentum an der Praxis fortführen wolle, verkenne es, dass es im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ausschließlich auf die tatsächliche Fortführung der Praxis und einen faktischen Fortführungswillen ankomme. Der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verhalte sich nicht zu der Frage, in welcher Form die Fortführung durch den Nachfolger zu erfolgen hat; daher sei es unbeachtlich, ob die Fortführung im eigenen oder fremden Namen, mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben werden solle. Der Fortführungswille schließe den "Eigentumserwerbswillen" nicht ein.

8

Das LSG verkenne den eigentlichen Sinngehalt des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V, wenn es dieser Norm entnehme, dass die geplante Einbringung der Zulassung in eine Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung der Praxis entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe lediglich sicherstellen wollen, dass der in das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung mitnehme, diese also nicht im Wege der Nachbesetzung bzw Praxisnachfolge erneut auf einen weiteren Arzt übergehen könne, da andernfalls trotz Zulassungsbeschränkungen weitere Ärzte zugelassen werden könnten. Im Übrigen ergebe sich auch aus § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V, dass ein angestellter Arzt die Praxis faktisch weiter fortführen könne. Dabei stütze insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), auf dessen Vorschlag die Regelung zurückgehe, die Auffassung, dass auch nach bisherigem Recht einem Arzt, der sich mit dem Ziel bewerbe, die Zulassung sofort an einen anderen Arzt weiterzugeben, eine Zulassung als Praxisnachfolger habe erteilt werden können. Die vom LSG vertretene Auffassung fördere die Manipulation von Zulassungsverfahren, indem schlicht die wahren Beweggründe für die Bewerbung nicht offengelegt würden. Die Unzulänglichkeit der Argumentation des LSG zeige sich auch an den Fragen, wie lange ein Bewerber selbstständig tätig sein müsse, damit eine Praxisnachfolge vorliege, sowie wie zu verfahren sei, wenn der ausgewählte Bewerber die erhofften Kredite zur Finanzierung der Übernahme nicht erhalte und sich deshalb anstellen lassen müsse.

9

Da er - der Kläger - somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung erfülle, sei von zentraler Bedeutung, ob die Zulassungsgremien ihre Auswahlentscheidung an den gesetzlich normierten Auswahlkriterien vorbei auf eigene neu erdachte Kriterien stützen könnten. Der Gesetzgeber habe die Auswahlkriterien trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen - Aufhebung der Altersgrenzen, Möglichkeit, auf die Zulassung zugunsten einer Anstellung zu verzichten, Einführung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften - keiner grundsätzlichen Änderung unterzogen, sondern vielmehr an den bisherigen Auswahlkriterien festgehalten. Folglich halte der Gesetzgeber die bestehenden Auswahlkriterien für sachgerecht und zeitgemäß. Das Kriterium des "Nachrangs" stelle kein Auswahlkriterium, sondern ein "Ausschlusskriterium" dar. Während es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, unter mehreren Bewerbern eine Bestenauslese vorzunehmen, sei das "Ausschlusskriterium" allein gesundheitspolitisch motiviert und diene im Wesentlichen dazu, die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Ein Vorrang der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit bestehe jedoch gerade nicht. Der Gesetzgeber habe das Ermessen der Zulassungsgremien durch gesetzlich fixierte Auswahlkriterien eingeschränkt, indem er klare Entscheidungskriterien vorgegeben habe, die bei der Auswahlentscheidung zwingend zu berücksichtigen seien. Dort nicht vorgesehene Auswahlkriterien dürften die Zulassungsgremien nicht aufstellen. Etwas anderes gelte nur bei Gleichwertigkeit der Bewerber.

10

Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 103 Abs 4 SGB V sei kein Raum, da die Norm trotz der zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. § 103 Abs 4 SGB V diene vorrangig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Praxis; nur daneben betreffe die Bestimmung auch die Berufsfreiheit der sich um die Zulassung als Praxisnachfolger bewerbenden Ärzte. Die Beigeladene zu 7. könne jederzeit als angestellte Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Vertragsarztsitze in größere Berufsausübungsgemeinschaften zu integrieren, werde jüngeren Ärzten der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung gerade nicht verwehrt. Vielmehr sei zunehmend erforderlich, diesen Ärzten eine wirtschaftliche Absicherung durch eine entsprechend gut dotierte nichtselbstständige Tätigkeit zu bieten. Eine Ermessensentscheidung setze nach der gesetzlichen Regelung einen "Gleichstand" der Bewerber nach den gesetzlichen Kriterien voraus. Dieser Fall sei aber gerade nicht gegeben, sodass der Beklagte gar keine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt habe. Er - der Kläger - habe weiterhin die Absicht, noch langfristig an der Versorgung teilzunehmen, wenn auch nur im Angestelltenstatus.

11

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012 und des Sozialgerichts Kiel vom 12.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Praxisnachfolger für den Beigeladenen zu 8. zuzulassen.

12

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 7. beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.

13

Der Beklagte führt aus, der Kläger scheide als möglicher Nachfolger aus, weil er nach seinen offengelegten Absichten die Praxis nicht fortführen werde. Bereits der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V verdeutliche, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausschließlich sei. Vielmehr flössen alle Umstände des Einzelfalls in die Auswahlentscheidung ein; dazu gehöre auch der Gesichtspunkt, dass § 103 Abs 4 SGB V den Zugang zu einem "staatlich regulierten Markt" sowohl ermögliche als auch begrenze. Der dort ausgesprochene Nachrang des bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Bewerbers stehe nicht im Widerspruch zu der anerkannten Möglichkeit, dass sich ein zugelassener Arzt auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit der erklärten Absicht bewerbe, auf eine bereits für ihn bestehende Zulassung zu verzichten. Die Bewerbung des Klägers diene allein der Mehrung der Vertragsarztsitze in der Hand der Partnergesellschaft; diese Möglichkeit sei bisher nur den MVZ eingeräumt.

14

Die Beigeladene zu 7. führt aus, das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mangels Fortführung der Praxis kein geeigneter Bewerber sei. Die Praxis des Beigeladenen zu 8. solle gerade nicht durch den Kläger, sondern durch die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner fortgeführt werden. Es sei nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger überhaupt in P tätig werde. Die Entscheidung des Beklagten sei auch nicht ermessensfehlerhaft. § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V schreibe - als Ermessensgrenze - lediglich vor, dass die Zulassungsgremien die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigen müssten. Es werde nicht festgelegt, in welcher Weise das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien. Die Gewichtung der vom Gesetz vorgegebenen Kriterien sei genuiner Bestandteil der Ausübung des Ermessens und damit der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

15

Ein höheres Alter begründe nur in einem zeitlich begrenzten Umfang einen qualitativen Vorrang, weil es ab einem bestimmten Zeitpunkt unter Eignungsgesichtspunkten in das Gegenteil umschlagen könne, sei es durch eine eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, eine durch Zeitablauf immer größer werdende Entfernung von dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dessen Fortschritt oder durch den Gesichtspunkt, dass ein sehr alter Arzt aus physischen Gründen der Krankenversorgung nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehe und deswegen für eine "kontinuierliche" Versorgung der Patienten gerade nicht in besserer Weise zur Verfügung stehe als ein jüngerer Arzt. Eine Auslegung des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V in dem Sinne, dass immer der nach Approbationsalter ältere und Dauer der ärztlichen Tätigkeit länger aktivere Bewerber gegenüber anderen Bewerbern zu bevorzugen sei, würde allein an das Alter anknüpfen und damit eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Auf die Qualifikation des Klägers komme es letztlich deswegen nicht an, weil dieser die Praxis gar nicht übernehmen, sondern seine Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel einbringen wolle, den Vertragsarztsitz in einen Angestelltensitz umzuwandeln. Sein Antrag würde dazu führen, dass einer oder mehrere - bisher nicht bekannte - angestellte Ärzte neu in das GKV-System aufgenommen würden, über deren Qualifikation überhaupt nichts bekannt sei. Ein Eignungsvergleich sei daher überhaupt nicht möglich.

16

Der Kläger, der bereits als angestellter Arzt am GKV-Versorgungssystem beteiligt sei, begehre mit seinem Antrag keine Veränderungen seines verfassungsrechtlichen Status. Sein Ziel sei lediglich darauf gerichtet, der Berufsausübungsgemeinschaft seiner Söhne einen weiteren Vertragsarztsitz zu verschaffen, also das "Betriebsvermögen" der Berufsausübungsgemeinschaft zu mehren. Sie - die Beigeladene zu 7. - begehre hingegen mit ihrem Zulassungsantrag die erstmalige Zulassung zur Versorgung von GKV-Patienten. Auch eine verfassungskonforme Anwendung des § 103 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V zwinge daher dazu, ihre Bewerbung gegenüber dem Antrag des Klägers als vorrangig anzusehen.

17

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten, im Wege der Nachfolgezulassung die zu 7. beigeladene Ärztin zuzulassen, nicht in seinen Rechten verletzt ist. Er selbst kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, da er nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine Nachfolgebewerbung erfüllt. Im Übrigen ist - im Ergebnis - auch die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

19

1. Die Revision ist als offensive Konkurrentenklage zulässig, da der Kläger als übergangener Bewerber geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu seinen Lasten fehlerhaft ist (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff). Streitgegenstand des Verfahrens ist damit die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V, unter mehreren Bewerbern "den Nachfolger auszuwählen"(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 12).

20

2. In der Sache ist die Revision unbegründet. Einer Berücksichtigung des Klägers im Nachbesetzungsverfahren steht - unabhängig von der konkreten Bewerberauswahl - bereits entgegen, dass er schon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes nicht erfüllt, weil es ihm an dem für eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V erforderlichen Fortführungswillen fehlt.

21

a) Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem gesperrten Planungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten, ist § 103 Abs 4 SGB V.

22

aa) Das Klagebegehren ist dabei zunächst nach den ab dem 1.1.2013 geltenden Vorschriften des SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zu beurteilen; gegebenenfalls sind aber diese Vorschriften in ihrer im Jahre 2009 gültigen Fassung (des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) ergänzend heranzuziehen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 f; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29). Dies gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern diesem Vornahmebegehren - wie vorliegend - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung der Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5 ).

23

bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und somit für das in 2009 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

24

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V (alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

25

b) Gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V ist neben der Erfüllung der allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen ua, dass der Bewerber den Willen hat, die zu übernehmende Praxis fortzuführen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

aa) Bereits der Ausnahmecharakter der mit einer Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs 4 SGB V verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen rechtfertigt es, an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt.

27

In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 95 Abs 2 Satz 9 iVm § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen unerwünscht (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Das Ausscheiden eines Arztes aus der vertragsärztlichen Versorgung in einem für Neuzulassungen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich führt grundsätzlich dazu, dass der Vertragsarztsitz dieses Arztes entfällt, weil dieser nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird. Das vermindert entweder die Zahl der zugelassenen Ärzte oder führt - auf kürzere oder längere Sicht - dazu, dass der Planungsbereich entsperrt wird. Damit ist er dann auch wieder für solche Ärztinnen und Ärzte offen, die sich niederlassen wollen, ohne eine Praxis zu übernehmen und die damit verbundenen Lasten auf sich zu nehmen.

28

Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs 4 SGB V getroffenen Regelung demgegenüber zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit dieser Ausnahme berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will, besteht kein Grund für eine Nachfolgezulassung. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (s hierzu etwa BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff).

29

bb) § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V setzt nicht allein voraus, dass noch eine fortführungsfähige Praxis besteht, sondern erfordert - als subjektives Moment - von dem sich auf eine Praxisnachfolge bewerbenden Arzt auch einen "Fortführungswillen".

30

(1) Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist § 103 Abs 4 SGB V (aF) schon gemäß seinem Einleitungssatz ausdrücklich darauf ausgerichtet, dass eine Praxis "fortgeführt" werden soll(BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21); eine gleichlautende Formulierung findet sich nach der Umgestaltung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG nunmehr in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF. Ziel der Ausschreibung wie auch der Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19); dies setzt voraus, dass überhaupt noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN) bzw dass es noch eine fortführungsfähige Praxis gibt (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Nur so kann dem bereits (unter 2.b aa) dargelegten Ausnahmecharakter der Praxisnachfolge in übersorgten Planungsbereichen Rechnung getragen werden (s insbesondere BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f).

31

Dies hat nicht allein zur Konsequenz, dass sich ein Vertragsarztsitz nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21 mwN), sondern impliziert auch eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs (BSG aaO). Gerade im Vergleich mit einer "Nach"besetzung einer frei gewordenen Arztstelle in einem MVZ wird deutlich, dass eine Praxis"fortführung" begrifflich dem vorherigen Praxisbetrieb eng verbunden ist (BSG aaO). Dass eine Praxisfortführung in diesem Sinne auch einen entsprechenden Willen des Nachfolgers voraussetzt, liegt damit auf der Hand, wird aber zusätzlich noch durch die in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V verwendete Formulierung "Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen" betont.

32

Mithin muss ein Bewerber die in Rede stehende Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (zur Notwendigkeit eines Praxisfortführungswillens s Schleswig-Holsteinisches LSG - Beschluss vom 15.5.2008 - L 4 B 369/08 KA ER - Juris RdNr 28, 33 f = GesR 2008, 432 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 8.3.2011 - L 1 KA 22/11 B ER - Juris RdNr 11 = MedR 2011, 825 ff; in diesem Sinne schon LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 59, 60 = MedR 2006, 616 ff; ebenso Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 350; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 37; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012 § 103 RdNr 77: keine hohen Anforderungen; ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 69).

33

(2) Eine Praxis wird nur dann im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V "fortgeführt", wenn der sich um eine Praxisnachfolge bewerbende Arzt am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt - ggf auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft - tätig werden will bzw tätig wird. Es reicht nicht aus, wenn der Nachfolger lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ dort tätig werden will.

34

Eine Praxisfortführung beinhaltet sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. In räumlicher Hinsicht setzt sie - grundsätzlich - voraus, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Andererseits verlangt eine Praxisfortführung im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht notwendig, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb in der dargestellten Art und Weise auf Dauer fortführt(BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Auch mag es im Einzelfall sachliche Gründe dafür geben, die Praxis zumindest nicht am bisherigen Ort oder nicht mit dem bisherigen Personal fortzuführen, etwa weil sich die Praxis im Einfamilienhaus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidenden Arztes befindet oder dessen Ehefrau als Arzthelferin beschäftigt war.

35

Unabhängig von der Standortkontinuität reicht es für eine "Fortführung" der Arztpraxis im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt wird. In "personeller" Hinsicht ist vielmehr erforderlich, dass der Nachfolger die Praxis in eigener Person weiter betreibt. Dabei genügt es nicht, dass dieser dort eine ärztliche Tätigkeit entfaltet, sondern der Begriff "Fortführung" beinhaltet auch, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb als Inhaber - zumindest als Mitinhaber - der Praxis fortsetzt. Denn nur so hat dieser auch die rechtliche Möglichkeit, seinen Fortführungswillen umzusetzen. Es genügt daher nicht, wenn ein Bewerber beabsichtigt, den Praxisbetrieb zwar am bisherigen Standort, jedoch lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ fortzusetzen, weil dann die Fortführung der Praxis tatsächlich ganz maßgeblich nicht von seinem Willen, sondern aufgrund des Direktionsrechts seines Arbeitgebers von dessen Willen abhängt (zum unterschiedlichen Status von zugelassenen und angestellten Ärzten vgl schon BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 21). Damit wäre nicht gewährleistet, dass der "Nachfolger" tatsächlich für längere Zeit - oder überhaupt - am bisherigen Standort der Praxis tätig werden kann.

36

Nicht außer Betracht bleiben kann auch, dass die Tätigkeit in einer am bisherigen Standort betriebenen Zweigpraxis im allgemeinen auch deswegen keine "Fortführung" der übernommenen Praxis garantiert, weil die Zweigpraxisgenehmigung durch eine andere Institution - die KÄV - erteilt wird, und die Genehmigung versagt werden kann, wenn hierdurch die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes (der Berufsausübungsgemeinschaft) mehr als geringfügig beeinträchtigt wird. Die Chance, eine solche Genehmigung zu erhalten, ist kein im Rahmen der Entscheidung über die Nachfolgezulassung relevanter Gesichtspunkt.

37

Für die Erforderlichkeit eines Fortführungswillens im dargestellten Sinne spricht schließlich auch der Gesichtspunkt, dass die Bewerberauswahl durch die Zulassungsgremien konterkariert würde, wenn es der ausgewählte Bewerber in der Hand hätte, seine im Wege der Nachfolgebesetzung erhaltene Zulassung im Wege des sofortigen Verzichts in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen. Denn es wäre nicht sichergestellt, dass der von den Zulassungsgremien ausgewählte Bewerber in dem nachbesetzten Vertragsarztsitz tätig wird, sondern es bestünde die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Tätigkeit tatsächlich durch einen den Zulassungsgremien unbekannten, von der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewählten angestellten Arzt ausgeübt wird.

38

(3) Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Betrachtung. Der Erforderlichkeit eines Fortführungswillens steht insbesondere nicht entgegen, dass nach § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF die Praxis von einem Praxisnachfolger auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis fortführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Unabhängig davon, ob diese zum 1.1.2013 in Kraft getretene Neuregelung überhaupt zu Lasten der Beigeladenen zu 7. Berücksichtigung finden könnte (siehe hierzu unter 2.a aa), folgt hieraus nichts zugunsten des Klägers, weil die Regelung voraussetzt, dass sich derjenige um die Praxisnachfolge bewirbt, der weiterhin als Vertragsarzt tätig sein will. Die vorliegend maßgebliche Konstellation, dass sich der zukünftig anzustellende Arzt (formal) um die Praxisnachfolge bewirbt, wird hiervon nicht erfasst.

39

Soweit der Kläger auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser von ihm initiierten Regelung verweist, wonach einem Arzt wie dem Kläger eine Zulassung als Praxisnachfolger bereits nach bisherigem Recht erteilt werden könne (BR-Drucks 456/11 S 49: "Will ein Vertragsarzt einen weiteren Sitz übernehmen und mit einem Angestellten besetzen, müsste sich der anzustellende Arzt bewerben, den Praxisübernahmevertrag schließen und die Zulassung für eine juristische Sekunde innehaben, bevor er zugunsten einer Anstellung verzichten kann."), greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn es handelt sich dabei lediglich um die Äußerung einer - nach den vorstehenden Ausführungen des Senats unzutreffenden - Rechtsauffassung, die sich der Gesetzgeber des GKV-VStG allein durch die Übernahme des Regelungsvorschlags des Bundesrates nicht zu eigen gemacht hat. Im Gegenteil wird in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) betont, dass § 103 Abs 4b SGB V eine entsprechende Regelung für die Übernahme einer Praxis durch einen Vertragsarzt bislang nicht vorsehe und es mit der Änderung "künftig" auch Vertragsärzten möglich sein solle, ausgeschriebene Sitze zu übernehmen und mit angestellten Ärzten in der eigenen Praxis fortzuführen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF eine - teilweise - Durchbrechung der vorstehend dargestellten Grundsätze beinhaltet, weil die Vorschrift es Vertragsärzten - namentlich überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften - ermöglicht, eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis "in der eigenen Praxis"(Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) - also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort - fortzuführen. Eine weitergehende Flexibilisierung des Nachfolgerechts kann jedoch aus dieser Regelung nicht abgeleitet werden. Es ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, die Bindung von Vertragsarztsitz und fortzuführender Praxis - wenn das gewünscht wird - zu lockern.

41

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Berücksichtigung eines Fortführungswillens die Manipulation von Zulassungsverfahren fördere, indem die Beweggründe der Zulassung nicht mehr offengelegt würden, so ist dem nicht weiter nachzugehen. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen.

42

cc) Im Sinne der dargestellten gesetzlichen Anforderungen fehlt dem Kläger der Wille, die Praxis des zu 8. beigeladenen Arztes fortzuführen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob seinem Fortführungswillen bereits die erklärte Absicht entgegensteht, den Praxisbetrieb zwar weiterhin in P, jedoch in anderen Räumen - nämlich in den zur Zweigpraxis der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner gehörenden Räumlichkeiten - fortzuführen. Denn jedenfalls steht seinem Fortführungswillen entgegen, dass er dort erklärtermaßen nicht als zugelassener Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt tätig werden will. Dass es dem Kläger letztlich nicht darauf ankommt, die übernommene Praxis fortzuführen, sondern der Zweck seiner Nachfolgebewerbung allein darin besteht, der Berufungsausübungsgemeinschaft A und Partner einen weiteren Vertragsarztsitz zuzuführen, wird im Übrigen daraus deutlich, dass er die von ihm angestrebte Tätigkeit als angestellter Arzt auch ohne die begehrte Nachfolgezulassung in der bereits vorhandenen Zweigpraxis von A und Partner in P hätte ausüben können.

43

3. Unabhängig davon, dass damit der Kläger, der die Arztpraxis des Beigeladenen zu 8. erklärtermaßen nicht in dem dargestellten Sinne als Vertragsarzt fortführen will, ohnehin für die Nachfolgezulassung ausscheidet, ist die Entscheidung des Beklagten für die Beigeladene zu 7. als Praxisnachfolgerin auch in der Sache - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

44

a) Die Bewerberauswahl ist keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben die Zulassungsgremien stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien - die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingeschränkt ist. Dafür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Regelung, wonach der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat, den "Auswahlkriterien" vorangestellt ist. Zudem sind die in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V aufgeführten "Kriterien" nicht "zu beachten", sondern lediglich "zu berücksichtigen". Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben (vgl hierzu etwa die Relativierung des Vorrangs der Beitragssatzstabilität in vertragszahnärztlichen Vergütungsverhandlungen durch die Änderung in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V - "berücksichtigen" statt "beachten" - durch das GKV-VStG; vgl dazu BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3, RdNr 64 aE mwN). Der Begriff "berücksichtigen" beinhaltet allein, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen.

45

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (s LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

46

b) Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Hierbei geltende folgende Maßstäbe:

47

aa) Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97- Juris RdNr 21; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 102; vgl auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 118) noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc aE). Somit ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu § 103 Abs 4; Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97 - Juris RdNr 21); dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 23).

48

bb) Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien bedürfen ggf der Konkretisierung. Dies gilt insbesondere für die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Der Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 8.12.2010 (BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39)darauf hingewiesen, dass diese Kriterien darauf abzielten, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründeten. Hieran hält der Senat fest. Die zeitliche Begrenzung des Umfangs der Berücksichtigung dieser Kriterien rechtfertigt sich dadurch, dass es keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass sich die Fähigkeiten eines Arztes ad infinitum mit zunehmender Approbations- und Tätigkeitsdauer verbessern. Vielmehr kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der weiterhin zunehmenden beruflichen Erfahrung auf der einen Seite eine mit fortschreitendem Alter des Arztes generell eher abnehmende Leistungsfähigkeit gegenübersteht.

49

Der Senat sieht sich im Hinblick auf die Unklarheiten, die seine Rechtsprechung zum Stellenwert der beruflichen Erfahrung der Bewerber um eine Nachfolgezulassung (auch) bei dem Berufungsgericht hervorgerufen hat, jedoch zu einer Klarstellung veranlasst. Die Ausführungen des Senats sind verschiedentlich so verstanden worden, dass der Fünfjahreszeitraum mit der Approbation beginnen sollte (so etwa das Berufungsgericht; ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 105 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R); das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr kommt es für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (wie auch für das Approbationsalter) auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an. Eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher - im Regelfall - keinen (weiteren) Vorzug eines Bewerbers.

50

cc) Das Gesetz enthält keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien, sondern es dürfen daneben auch nicht im Gesetz aufgeführte Gesichtspunkte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden (so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 58 = GesR 2006, 456 ff = MedR 2006, 616 ff = Breithaupt 2006, 904 ff, unter Bezugnahme auf LSG Berlin, MedR 1997, 518 ff; bestätigt durch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.6.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - Juris RdNr 36 = GesR 2010, 259 ff; ebenso SG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2006 - S 1 KA 240/06 - Juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 143; SG Berlin Urteil vom 28.7.2010 - S 79 KA 514/09 - Juris RdNr 22 = GesR 2011, 19 f; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 57; aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff; differenzierend Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 - Juris RdNr 73 = Breithaupt 2008, 947 ff = MedR 2009, 491 ff: nur dann, wenn die gesetzlichen Kriterien eine Auswahlentscheidung nicht möglich machen; in diesem Sinne auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 115; Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 391).

51

Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Wortlaut der Norm, weil die hierauf hindeutende Formulierung - die Einleitung der Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" - fehlt. Der Annahme, dass die Aufzählung der zu berücksichtigenden Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V abschließend gemeint ist, steht jedoch insbesondere das den Zulassungsgremien eingeräumte - ansonsten uneingeschränkte - Ermessen entgegen. Dessen hätte es nicht - jedenfalls nicht in dieser Form - bedurft, wenn diesen Gremien keine Spielräume für eigene Erwägungen verblieben, sondern sie auf die abwägende Gewichtung der gesetzlich vorgegebenen Kriterien beschränkt wären. Für darüber hinausgehende Spielräume der Zulassungsgremien spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber diesen nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber nur sicherstellen wollte, dass - jedenfalls - die genannten Kriterien in die Ermessenserwägungen einbezogen werden, er diese aber nicht abschließend verstanden wissen will. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes häufig auch allein anhand der im Gesetz aufgeführten Kriterien getroffen werden können.

52

Auch ansonsten gibt es keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Kriterien abschließend sein sollen. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Strukturgesetz (, FraktE GSG, BT-Drucks 12/3608 S 99 zu § 103 Abs 4 und 5), mit dem die Vorgaben zur Bewerberauswahl konkretisiert wurden, lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung weiterer Kriterien zwingend ausschließen wollte. Dort heißt es lediglich, der Zulassungsausschuss habe durch eine Bewertung der genannten Auswahlkriterien eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen; er müsse alle maßgebenden Kriterien im Einzelfall gegeneinander abwägen. Auch die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc) lassen nichts für die Auffassung herleiten, die Zulassungsgremien seien strikt auf die Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien beschränkt.

53

Schließlich gebieten auch die verfassungsrechtlichen Erwägungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff), dass im Hinblick auf die Grundrechtsbetroffenheit der beteiligten Ärzte die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen seien und dies auch für die Festlegung von Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen gelte, keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat die für eine Entscheidung wesentlichen Vorgaben in § 103 Abs 3 ff SGB V selbst festgelegt und nicht zuletzt mit den in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Auswahlkriterien den - wenn auch nicht abschließenden - Rahmen für die Auswahlentscheidung vorgegeben.

54

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers bzw der Nachfolgerin auch den Umstand berücksichtigen, ob ein bestimmter Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche Patientenversorgung ("Versorgungskontinuität") bietet als andere (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 107 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28)darauf hingewiesen, dass bei einer Bewerberkonkurrenz der (dort) vorliegenden Art - nämlich zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber - Anlass zu der Prüfung bestanden hätte, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wolle (zur Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Kontinuität in Bezug auf die Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis s schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

55

Allein ausschlaggebend darf dieser Aspekt allerdings nicht sein, weil das auf eine - unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematische - strukturelle Bevorzugung des jüngeren vor dem älteren Bewerber hinauslaufen könnte und weil auch der an sich für eine Kontinuität einstehende Bewerber rechtlich nicht gehindert ist, nach kürzerer oder längerer Zeit die übernommene Praxis zu verlegen.

56

dd) Demgegenüber stellt der vom Beklagten angenommene zwingende Nachrang eines bereits - in welcher Form auch immer - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Bewerbers kein zulässiges zusätzliches "Auswahlkriterium" dar. Ein derartiger Nachrang ist rechtlich nicht zu begründen. Es steht grundsätzlich jedem (fachlich geeigneten) Arzt frei, sich auf eine Praxisnachfolge zu bewerben; eine Beschränkung auf Bewerber, die erstmals den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung anstreben, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch eine Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Aufhebung der früher geltenden Altersgrenzen von 55 Jahren für eine Zulassung bzw von 68 Jahren für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verstärkt Bewerberkonkurrenzen zwischen "mittelalten" und "alten" Ärzten auftreten, kommt nicht in Betracht. Da es der Gesetzgeber trotz nachfolgender Änderungen des § 103 SGB V - zuletzt durch das GKV-VStG mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - nicht für erforderlich gehalten hat, die seit dem 1.1.1993 geltenden Auswahlkriterien neu zu fassen, sondern diese lediglich ergänzt hat (s RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc), fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme einer - durch die Gerichte zu schließenden - "Gesetzeslücke". Im Übrigen können die Zulassungsgremien - wie dargestellt - den Interessen jüngerer, erstmals den Zugang zum System der GKV begehrender Bewerber unter dem Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität Rechnung tragen.

57

Im Regelfall dürften einer Bewerbung bereits an der Versorgung beteiligter Ärzte auch anerkennenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen, sei es, dass ein bislang lediglich angestellter Arzt den Weg in die Selbstständigkeit gehen will oder dass ein zugelassener Vertragsarzt in einen aus seiner Sicht attraktiveren Versorgungsbereich wechseln möchte. Auch Verfassungsrecht gebietet eine Bevorzugung bislang noch nicht an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligter Ärzte nicht; etwas anderes würde allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Praxisnachfolge der einzige Weg wäre, um Zugang zu einem ansonsten geschlossenen System zu erhalten. Dies ist jedoch - außerhalb besonders attraktiver Versorgungsregionen - nicht der Fall.

58

c) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die zu 7. beigeladene Ärztin als Nachfolgerin des Beigeladenen zu 8. auszuwählen, auch - im Ergebnis - als sachgerecht. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit sind vorliegend durch eine Begrenzung der maximal zu berücksichtigenden Zeit neutralisiert, weil auch die Beigeladene zu 7. ihre Weiterbildung vor mehr als fünf Jahren (1988) abgeschlossen hat. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass das Kriterium der beruflichen Eignung bzw Qualifikation für ihn spräche, wäre in einer solchen Konstellation nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien dem zusätzlichen Gesichtspunkt der "Versorgungskontinuität" ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es steht außer Zweifel, dass eine 1961 geborene Bewerberin prospektiv einen weitaus längeren Zeitraum für die kontinuierliche Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen wird als ein 1944 geborener - also 17 Jahre älterer und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits im regulären Rentenalter stehender - Bewerber.

59

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie zu 8. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21. Februar 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. und 8.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Nachfolge bei der Besetzung eines Vertragsarztsitzes.

2

Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Von Juli 1976 bis Ende März 2004 war er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Wirkung zum 1.4.2004 verzichtete er auf seine Zulassung und übertrug seine im Kreis Pl gelegene Arztpraxis im Wege der Nachfolge auf seinen Sohn. Von April 2004 bis September 2006 war der Kläger in der Gemeinschaftspraxis "F H" und ab Oktober 2006 (bis zur Aufgabe der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sommer 2012) in der Gemeinschaftspraxis bzw Berufsausübungsgemeinschaft "A und Partner" in K als angestellter Arzt tätig. Im Jahr 2007 bewarb sich der Kläger erfolgreich um die Praxisnachfolge der Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. W in K; auf die ihm zum 1.4.2007 erteilte Zulassung verzichtete er mit Wirkung ebenfalls zum 1.4.2007 und brachte die Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner ein, um dort weiterhin als angestellter Arzt tätig zu sein.

3

Im April 2009 bewarb sich der Kläger abermals um eine Praxisnachfolge, diesmal des - zu 8. beigeladenen - Arztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. L in dem K. benachbarten Ort P, Kreis Pl. Neben dem Kläger bewarben sich die 1961 geborene Ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. P - die Beigeladene zu 7. -, sowie der Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Sch. In dem zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 8. aufschiebend bedingt geschlossenen Praxisübergabevertrag wurde ua vereinbart, dass der Kläger beabsichtige, die Praxis nach Übernahme in anderen Räumen fortzuführen, und sich hierzu mit der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner zusammenschließen werde. Gegenüber dem Zulassungsausschuss erklärte der Kläger, dass er auf die ihm als Nachfolger des Beigeladenen zu 8. erteilte Zulassung ggf verzichten wolle, um diese in die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner einzubringen und anschließend an deren Standort in P als angestellter Arzt tätig zu werden. Mit Bescheid vom 4.8.2009 (aus der Sitzung vom 17.6.2009) wählte der Zulassungsausschuss die Beigeladene zu 7. als Nachfolgerin aus und erteilte ihr die Zulassung; zugleich lehnte er die Anträge des Klägers sowie des Dr. Sch (insoweit wegen Fehlens der Bereitschaft, den Verkehrswert für die Praxis zu zahlen) ab.

4

Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 1.12.2009 , Urteil des SG vom 12.5.2010). Der Berufungsausschuss begründete seine mit einer Vollziehungsanordnung verbundene Entscheidung damit, dass - obwohl Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit eindeutig für den Kläger sprächen - er mit Blick auf den Charakter der Regelungen über die Zulassung von Ärzten dennoch den Widerspruch habe zurückweisen müssen. Die Bestimmungen des § 103 Abs 4 SGB V beträfen einen staatlich regulierten Markt und seien Berufsausübungsregelungen. § 103 Abs 4 SGB V regele, wie der Zugang zum Beruf in einem gesperrten Bereich ausnahmsweise möglich sei. Diesen Zugang habe der Kläger - anders als die Beigeladene zu 7. - bereits inne. In diesem Verhältnis werde Art 12 GG nur dann hinreichend beachtet, wenn der bereits bestehende Zugang als Ausschlusskriterium zu Lasten des bereits Tätigen gewertet werde; dieser sei deshalb zwingend nachrangig. Dieser Nachrang bestehe unabhängig von besonderen Qualifikationen oder den in § 103 Abs 4 SGB V erwähnten Ermessenskriterien. Das SG hat sich im Wesentlichen der Argumentation des Beklagten angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger strebe tatsächlich keine eigene vertragsärztliche Zulassung an und sei deshalb auch nicht in grundrechtlich relevanter Weise betroffen. Die in § 103 Abs 4 SGB V genannten Kriterien seien nur unzureichend an die mit der Einführung medizinischer Versorgungszentren und dem Wegfall der Altersgrenzen geänderte Rechtslage angepasst worden.

5

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2012). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erfülle bereits die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes nicht. Da auch Dr. Sch für die Praxisnachfolge nicht in Betracht komme, weil er sich ausdrücklich nicht bereit erklärt habe, einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts zu zahlen, bleibe als Nachfolgerin allein die Beigeladene zu 7. übrig. Ein Ermessensspielraum des Beklagten habe somit tatsächlich nicht bestanden, sodass es auf Fehler bei der Ermessensausübung durch den Beklagten nicht ankomme. Aus der gesetzlichen Regelung in § 103 Abs 4 SGB V, dass die Praxis "von einem Nachfolger fortgeführt werden solle", folge, dass Ärzte, die die Praxis nicht fortführen wollten oder könnten, auch nicht als Nachfolger in Betracht kämen. Dem erforderlichen Willen des Klägers stehe entgegen, dass er beabsichtige, auf die ihm im Wege der Praxisnachfolge erteilte Zulassung sofort wieder zu verzichten, um diese in die Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen und dort weiterhin als angestellter Arzt - allerdings am Standort P - für diese tätig zu sein. Damit stehe fest, dass der Kläger nicht - wie gesetzlich gefordert - die Nachfolge des Beigeladenen zu 8. antreten möchte.

6

Dass die geplante Einbringung der Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung durch den Kläger entgegenstehe, folge auch aus dem Wortlaut des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V. Im Ergebnis hätten nicht der Kläger, sondern die Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft den Willen zur Fortführung der Praxis; diese seien jedoch von der Nachfolge ausgeschlossen, weil sie sich nicht beworben hätten. Bewerber um die Praxisnachfolge könne auch nach dem seit dem 1.1.2012 geltenden Recht nur der Arzt sein, der als Vertragsarzt tätig sei und auch bleiben möchte und der einen anderen Arzt anstellen möchte, nicht jedoch der künftig anzustellende Arzt.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG erfülle er die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes. Das LSG beleuchte die einschlägigen Vorschriften maßgeblich im zivilrechtlichen Sinne; diese zivilrechtliche Interpretation finde jedoch im Gesetz keine Stütze. Indem es in den Fortführungswillen hineininterpretiere, dass dieser voraussetze, dass der Bewerber die Praxis im eigenen Namen und mit eigenem zivilrechtlichen Eigentum an der Praxis fortführen wolle, verkenne es, dass es im Rahmen der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes ausschließlich auf die tatsächliche Fortführung der Praxis und einen faktischen Fortführungswillen ankomme. Der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 1 SGB V verhalte sich nicht zu der Frage, in welcher Form die Fortführung durch den Nachfolger zu erfolgen hat; daher sei es unbeachtlich, ob die Fortführung im eigenen oder fremden Namen, mit eigenen oder fremden Mitteln betrieben werden solle. Der Fortführungswille schließe den "Eigentumserwerbswillen" nicht ein.

8

Das LSG verkenne den eigentlichen Sinngehalt des § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V, wenn es dieser Norm entnehme, dass die geplante Einbringung der Zulassung in eine Berufsausübungsgemeinschaft einer Fortführung der Praxis entgegenstehe. Der Gesetzgeber habe lediglich sicherstellen wollen, dass der in das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung mitnehme, diese also nicht im Wege der Nachbesetzung bzw Praxisnachfolge erneut auf einen weiteren Arzt übergehen könne, da andernfalls trotz Zulassungsbeschränkungen weitere Ärzte zugelassen werden könnten. Im Übrigen ergebe sich auch aus § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V, dass ein angestellter Arzt die Praxis faktisch weiter fortführen könne. Dabei stütze insbesondere auch die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG), auf dessen Vorschlag die Regelung zurückgehe, die Auffassung, dass auch nach bisherigem Recht einem Arzt, der sich mit dem Ziel bewerbe, die Zulassung sofort an einen anderen Arzt weiterzugeben, eine Zulassung als Praxisnachfolger habe erteilt werden können. Die vom LSG vertretene Auffassung fördere die Manipulation von Zulassungsverfahren, indem schlicht die wahren Beweggründe für die Bewerbung nicht offengelegt würden. Die Unzulänglichkeit der Argumentation des LSG zeige sich auch an den Fragen, wie lange ein Bewerber selbstständig tätig sein müsse, damit eine Praxisnachfolge vorliege, sowie wie zu verfahren sei, wenn der ausgewählte Bewerber die erhofften Kredite zur Finanzierung der Übernahme nicht erhalte und sich deshalb anstellen lassen müsse.

9

Da er - der Kläger - somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung erfülle, sei von zentraler Bedeutung, ob die Zulassungsgremien ihre Auswahlentscheidung an den gesetzlich normierten Auswahlkriterien vorbei auf eigene neu erdachte Kriterien stützen könnten. Der Gesetzgeber habe die Auswahlkriterien trotz zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen - Aufhebung der Altersgrenzen, Möglichkeit, auf die Zulassung zugunsten einer Anstellung zu verzichten, Einführung überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaften - keiner grundsätzlichen Änderung unterzogen, sondern vielmehr an den bisherigen Auswahlkriterien festgehalten. Folglich halte der Gesetzgeber die bestehenden Auswahlkriterien für sachgerecht und zeitgemäß. Das Kriterium des "Nachrangs" stelle kein Auswahlkriterium, sondern ein "Ausschlusskriterium" dar. Während es dem Gesetzgeber darum gegangen sei, unter mehreren Bewerbern eine Bestenauslese vorzunehmen, sei das "Ausschlusskriterium" allein gesundheitspolitisch motiviert und diene im Wesentlichen dazu, die freiberufliche ärztliche Tätigkeit in den Vordergrund zu stellen. Ein Vorrang der freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit bestehe jedoch gerade nicht. Der Gesetzgeber habe das Ermessen der Zulassungsgremien durch gesetzlich fixierte Auswahlkriterien eingeschränkt, indem er klare Entscheidungskriterien vorgegeben habe, die bei der Auswahlentscheidung zwingend zu berücksichtigen seien. Dort nicht vorgesehene Auswahlkriterien dürften die Zulassungsgremien nicht aufstellen. Etwas anderes gelte nur bei Gleichwertigkeit der Bewerber.

10

Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 103 Abs 4 SGB V sei kein Raum, da die Norm trotz der zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehe. § 103 Abs 4 SGB V diene vorrangig der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Praxis; nur daneben betreffe die Bestimmung auch die Berufsfreiheit der sich um die Zulassung als Praxisnachfolger bewerbenden Ärzte. Die Beigeladene zu 7. könne jederzeit als angestellte Ärztin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Durch die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit, Vertragsarztsitze in größere Berufsausübungsgemeinschaften zu integrieren, werde jüngeren Ärzten der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung gerade nicht verwehrt. Vielmehr sei zunehmend erforderlich, diesen Ärzten eine wirtschaftliche Absicherung durch eine entsprechend gut dotierte nichtselbstständige Tätigkeit zu bieten. Eine Ermessensentscheidung setze nach der gesetzlichen Regelung einen "Gleichstand" der Bewerber nach den gesetzlichen Kriterien voraus. Dieser Fall sei aber gerade nicht gegeben, sodass der Beklagte gar keine Ermessensentscheidung zu treffen gehabt habe. Er - der Kläger - habe weiterhin die Absicht, noch langfristig an der Versorgung teilzunehmen, wenn auch nur im Angestelltenstatus.

11

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 21.2.2012 und des Sozialgerichts Kiel vom 12.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1.12.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihn als Praxisnachfolger für den Beigeladenen zu 8. zuzulassen.

12

Der Beklagte sowie die Beigeladene zu 7. beantragen übereinstimmend,
die Revision zurückzuweisen.

13

Der Beklagte führt aus, der Kläger scheide als möglicher Nachfolger aus, weil er nach seinen offengelegten Absichten die Praxis nicht fortführen werde. Bereits der Wortlaut des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V verdeutliche, dass der Katalog der zu berücksichtigenden Kriterien nicht ausschließlich sei. Vielmehr flössen alle Umstände des Einzelfalls in die Auswahlentscheidung ein; dazu gehöre auch der Gesichtspunkt, dass § 103 Abs 4 SGB V den Zugang zu einem "staatlich regulierten Markt" sowohl ermögliche als auch begrenze. Der dort ausgesprochene Nachrang des bereits an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Bewerbers stehe nicht im Widerspruch zu der anerkannten Möglichkeit, dass sich ein zugelassener Arzt auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz mit der erklärten Absicht bewerbe, auf eine bereits für ihn bestehende Zulassung zu verzichten. Die Bewerbung des Klägers diene allein der Mehrung der Vertragsarztsitze in der Hand der Partnergesellschaft; diese Möglichkeit sei bisher nur den MVZ eingeräumt.

14

Die Beigeladene zu 7. führt aus, das LSG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger mangels Fortführung der Praxis kein geeigneter Bewerber sei. Die Praxis des Beigeladenen zu 8. solle gerade nicht durch den Kläger, sondern durch die Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner fortgeführt werden. Es sei nicht einmal sichergestellt, dass der Kläger überhaupt in P tätig werde. Die Entscheidung des Beklagten sei auch nicht ermessensfehlerhaft. § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V schreibe - als Ermessensgrenze - lediglich vor, dass die Zulassungsgremien die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit berücksichtigen müssten. Es werde nicht festgelegt, in welcher Weise das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen seien. Die Gewichtung der vom Gesetz vorgegebenen Kriterien sei genuiner Bestandteil der Ausübung des Ermessens und damit der gerichtlichen Überprüfung entzogen.

15

Ein höheres Alter begründe nur in einem zeitlich begrenzten Umfang einen qualitativen Vorrang, weil es ab einem bestimmten Zeitpunkt unter Eignungsgesichtspunkten in das Gegenteil umschlagen könne, sei es durch eine eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, eine durch Zeitablauf immer größer werdende Entfernung von dem Stand der medizinischen Wissenschaft und dessen Fortschritt oder durch den Gesichtspunkt, dass ein sehr alter Arzt aus physischen Gründen der Krankenversorgung nur noch eine begrenzte Zeit zur Verfügung stehe und deswegen für eine "kontinuierliche" Versorgung der Patienten gerade nicht in besserer Weise zur Verfügung stehe als ein jüngerer Arzt. Eine Auslegung des § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V in dem Sinne, dass immer der nach Approbationsalter ältere und Dauer der ärztlichen Tätigkeit länger aktivere Bewerber gegenüber anderen Bewerbern zu bevorzugen sei, würde allein an das Alter anknüpfen und damit eine altersbedingte Diskriminierung darstellen. Auf die Qualifikation des Klägers komme es letztlich deswegen nicht an, weil dieser die Praxis gar nicht übernehmen, sondern seine Zulassung in die Berufsausübungsgemeinschaft mit dem Ziel einbringen wolle, den Vertragsarztsitz in einen Angestelltensitz umzuwandeln. Sein Antrag würde dazu führen, dass einer oder mehrere - bisher nicht bekannte - angestellte Ärzte neu in das GKV-System aufgenommen würden, über deren Qualifikation überhaupt nichts bekannt sei. Ein Eignungsvergleich sei daher überhaupt nicht möglich.

16

Der Kläger, der bereits als angestellter Arzt am GKV-Versorgungssystem beteiligt sei, begehre mit seinem Antrag keine Veränderungen seines verfassungsrechtlichen Status. Sein Ziel sei lediglich darauf gerichtet, der Berufsausübungsgemeinschaft seiner Söhne einen weiteren Vertragsarztsitz zu verschaffen, also das "Betriebsvermögen" der Berufsausübungsgemeinschaft zu mehren. Sie - die Beigeladene zu 7. - begehre hingegen mit ihrem Zulassungsantrag die erstmalige Zulassung zur Versorgung von GKV-Patienten. Auch eine verfassungskonforme Anwendung des § 103 Abs 4 Satz 4 und 5 SGB V zwinge daher dazu, ihre Bewerbung gegenüber dem Antrag des Klägers als vorrangig anzusehen.

17

Die übrigen Beigeladenen haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger durch den Beschluss des Beklagten, im Wege der Nachfolgezulassung die zu 7. beigeladene Ärztin zuzulassen, nicht in seinen Rechten verletzt ist. Er selbst kommt für die Nachfolgezulassung nicht in Betracht, da er nicht die gesetzlichen Anforderungen für eine Nachfolgebewerbung erfüllt. Im Übrigen ist - im Ergebnis - auch die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.

19

1. Die Revision ist als offensive Konkurrentenklage zulässig, da der Kläger als übergangener Bewerber geltend machen kann und geltend macht, dass die Auswahlentscheidung zu seinen Lasten fehlerhaft ist (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff). Streitgegenstand des Verfahrens ist damit die Entscheidung der Zulassungsgremien nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V, unter mehreren Bewerbern "den Nachfolger auszuwählen"(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 12).

20

2. In der Sache ist die Revision unbegründet. Einer Berücksichtigung des Klägers im Nachbesetzungsverfahren steht - unabhängig von der konkreten Bewerberauswahl - bereits entgegen, dass er schon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Nachbesetzung des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes nicht erfüllt, weil es ihm an dem für eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V erforderlichen Fortführungswillen fehlt.

21

a) Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge, in einem gesperrten Planungsbereich im Wege der Nachbesetzung eines ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten, ist § 103 Abs 4 SGB V.

22

aa) Das Klagebegehren ist dabei zunächst nach den ab dem 1.1.2013 geltenden Vorschriften des SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zu beurteilen; gegebenenfalls sind aber diese Vorschriften in ihrer im Jahre 2009 gültigen Fassung (des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der GKV vom 15.12.2008, BGBl I 2426) ergänzend heranzuziehen:
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind für das auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichtete Vornahmebegehren grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 2 RdNr 12; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 f; BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 29). Dies gilt auch für eine Zulassung im Wege der Praxisnachfolge nach § 103 Abs 4 SGB V. Eine Ausnahme gilt aber, sofern diesem Vornahmebegehren - wie vorliegend - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung der Beigeladenen zu 7. vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (BSG SozR 4-2500 § 117 Nr 2 RdNr 8; BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5 ).

23

bb) Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2012 geltenden und somit für das in 2009 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

24

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V (alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist.

25

b) Gesetzliche Voraussetzung für die Zulassung auf einen ausgeschriebenen Vertragsarztsitz im Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs 4 SGB V ist neben der Erfüllung der allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen ua, dass der Bewerber den Willen hat, die zu übernehmende Praxis fortzuführen. Dies ergibt sich aus Folgendem:

26

aa) Bereits der Ausnahmecharakter der mit einer Nachfolgebesetzung nach § 103 Abs 4 SGB V verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen rechtfertigt es, an die "Fortführung" einer Praxis strenge Anforderungen zu stellen, um zu verhindern, dass es zu gesetzlich nicht gewollten Käufen von Praxissitzen kommt.

27

In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl § 95 Abs 2 Satz 9 iVm § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V). Nach der gesetzlichen Konzeption ist in diesen Planungsbereichen auch die Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen unerwünscht (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; vgl auch BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 23). Das Ausscheiden eines Arztes aus der vertragsärztlichen Versorgung in einem für Neuzulassungen wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich führt grundsätzlich dazu, dass der Vertragsarztsitz dieses Arztes entfällt, weil dieser nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird. Das vermindert entweder die Zahl der zugelassenen Ärzte oder führt - auf kürzere oder längere Sicht - dazu, dass der Planungsbereich entsperrt wird. Damit ist er dann auch wieder für solche Ärztinnen und Ärzte offen, die sich niederlassen wollen, ohne eine Praxis zu übernehmen und die damit verbundenen Lasten auf sich zu nehmen.

28

Der Gesetzgeber lässt es mit der in § 103 Abs 4 SGB V getroffenen Regelung demgegenüber zu, dass ein bestehender - für die Versorgung nicht erforderlicher - Vertragsarztsitz nachbesetzt werden kann. Mit dieser Ausnahme berücksichtigt der Gesetzgeber die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (s hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN). Weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber den mit ihr verbundenen Sitz nicht erhält, bedarf es der Zulassung des Erwerbers. Nicht der Vertragsarztsitz, sondern die Arztpraxis ist veräußerbar. Wo die Praxis in Wirklichkeit gar nicht veräußert werden soll, weil jedenfalls der neu zuzulassende Arzt sie nicht fortführen kann oder will, besteht kein Grund für eine Nachfolgezulassung. Diese dient dann lediglich der Kommerzialisierung des Vertragsarztsitzes, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats vom Gesetzgeber nicht gewollt ist (s hierzu etwa BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 28; vgl auch BSGE 86, 121, 122 ff = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15 ff).

29

bb) § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V setzt nicht allein voraus, dass noch eine fortführungsfähige Praxis besteht, sondern erfordert - als subjektives Moment - von dem sich auf eine Praxisnachfolge bewerbenden Arzt auch einen "Fortführungswillen".

30

(1) Wie der Senat bereits dargelegt hat, ist § 103 Abs 4 SGB V (aF) schon gemäß seinem Einleitungssatz ausdrücklich darauf ausgerichtet, dass eine Praxis "fortgeführt" werden soll(BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21); eine gleichlautende Formulierung findet sich nach der Umgestaltung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG nunmehr in § 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF. Ziel der Ausschreibung wie auch der Nachbesetzung ist die "Fortführung" der Praxis (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19); dies setzt voraus, dass überhaupt noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 19 mwN) bzw dass es noch eine fortführungsfähige Praxis gibt (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Nur so kann dem bereits (unter 2.b aa) dargelegten Ausnahmecharakter der Praxisnachfolge in übersorgten Planungsbereichen Rechnung getragen werden (s insbesondere BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f).

31

Dies hat nicht allein zur Konsequenz, dass sich ein Vertragsarztsitz nur so lange für eine Praxisnachfolge eignet, als noch ein Praxissubstrat vorhanden ist (BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 21 mwN), sondern impliziert auch eine weitestmögliche Kontinuität des Praxisbetriebs (BSG aaO). Gerade im Vergleich mit einer "Nach"besetzung einer frei gewordenen Arztstelle in einem MVZ wird deutlich, dass eine Praxis"fortführung" begrifflich dem vorherigen Praxisbetrieb eng verbunden ist (BSG aaO). Dass eine Praxisfortführung in diesem Sinne auch einen entsprechenden Willen des Nachfolgers voraussetzt, liegt damit auf der Hand, wird aber zusätzlich noch durch die in § 103 Abs 4 Satz 4 SGB V verwendete Formulierung "Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen" betont.

32

Mithin muss ein Bewerber die in Rede stehende Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (zur Notwendigkeit eines Praxisfortführungswillens s Schleswig-Holsteinisches LSG - Beschluss vom 15.5.2008 - L 4 B 369/08 KA ER - Juris RdNr 28, 33 f = GesR 2008, 432 ff; LSG Hamburg Beschluss vom 8.3.2011 - L 1 KA 22/11 B ER - Juris RdNr 11 = MedR 2011, 825 ff; in diesem Sinne schon LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 59, 60 = MedR 2006, 616 ff; ebenso Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 350; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 37; aA Pawlita in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012 § 103 RdNr 77: keine hohen Anforderungen; ebenso Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 69).

33

(2) Eine Praxis wird nur dann im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V "fortgeführt", wenn der sich um eine Praxisnachfolge bewerbende Arzt am bisherigen Praxisort als Vertragsarzt - ggf auch als Mitglied einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft - tätig werden will bzw tätig wird. Es reicht nicht aus, wenn der Nachfolger lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ dort tätig werden will.

34

Eine Praxisfortführung beinhaltet sowohl eine "räumliche" als auch eine "personelle" Komponente. In räumlicher Hinsicht setzt sie - grundsätzlich - voraus, dass der Nachfolger eines ausscheidenden Vertragsarztes auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will (BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (BSGE 85, 1, 4 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 30). Andererseits verlangt eine Praxisfortführung im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht notwendig, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb in der dargestellten Art und Weise auf Dauer fortführt(BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31). Auch mag es im Einzelfall sachliche Gründe dafür geben, die Praxis zumindest nicht am bisherigen Ort oder nicht mit dem bisherigen Personal fortzuführen, etwa weil sich die Praxis im Einfamilienhaus des aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidenden Arztes befindet oder dessen Ehefrau als Arzthelferin beschäftigt war.

35

Unabhängig von der Standortkontinuität reicht es für eine "Fortführung" der Arztpraxis im Sinne des § 103 Abs 4 SGB V nicht aus, dass der bisher an die Praxis gebundene Vertragsarztsitz in irgendeiner Variante zur Grundlage der vertragsärztlichen Tätigkeit im jeweiligen Planungsbereich genutzt wird. In "personeller" Hinsicht ist vielmehr erforderlich, dass der Nachfolger die Praxis in eigener Person weiter betreibt. Dabei genügt es nicht, dass dieser dort eine ärztliche Tätigkeit entfaltet, sondern der Begriff "Fortführung" beinhaltet auch, dass der Nachfolger den Praxisbetrieb als Inhaber - zumindest als Mitinhaber - der Praxis fortsetzt. Denn nur so hat dieser auch die rechtliche Möglichkeit, seinen Fortführungswillen umzusetzen. Es genügt daher nicht, wenn ein Bewerber beabsichtigt, den Praxisbetrieb zwar am bisherigen Standort, jedoch lediglich als angestellter Arzt in der Zweigpraxis einer Berufsausübungsgemeinschaft oder eines MVZ fortzusetzen, weil dann die Fortführung der Praxis tatsächlich ganz maßgeblich nicht von seinem Willen, sondern aufgrund des Direktionsrechts seines Arbeitgebers von dessen Willen abhängt (zum unterschiedlichen Status von zugelassenen und angestellten Ärzten vgl schon BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, RdNr 21). Damit wäre nicht gewährleistet, dass der "Nachfolger" tatsächlich für längere Zeit - oder überhaupt - am bisherigen Standort der Praxis tätig werden kann.

36

Nicht außer Betracht bleiben kann auch, dass die Tätigkeit in einer am bisherigen Standort betriebenen Zweigpraxis im allgemeinen auch deswegen keine "Fortführung" der übernommenen Praxis garantiert, weil die Zweigpraxisgenehmigung durch eine andere Institution - die KÄV - erteilt wird, und die Genehmigung versagt werden kann, wenn hierdurch die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes (der Berufsausübungsgemeinschaft) mehr als geringfügig beeinträchtigt wird. Die Chance, eine solche Genehmigung zu erhalten, ist kein im Rahmen der Entscheidung über die Nachfolgezulassung relevanter Gesichtspunkt.

37

Für die Erforderlichkeit eines Fortführungswillens im dargestellten Sinne spricht schließlich auch der Gesichtspunkt, dass die Bewerberauswahl durch die Zulassungsgremien konterkariert würde, wenn es der ausgewählte Bewerber in der Hand hätte, seine im Wege der Nachfolgebesetzung erhaltene Zulassung im Wege des sofortigen Verzichts in eine Berufsausübungsgemeinschaft einzubringen. Denn es wäre nicht sichergestellt, dass der von den Zulassungsgremien ausgewählte Bewerber in dem nachbesetzten Vertragsarztsitz tätig wird, sondern es bestünde die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Tätigkeit tatsächlich durch einen den Zulassungsgremien unbekannten, von der Berufsausübungsgemeinschaft ausgewählten angestellten Arzt ausgeübt wird.

38

(3) Die vom Kläger angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Betrachtung. Der Erforderlichkeit eines Fortführungswillens steht insbesondere nicht entgegen, dass nach § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF die Praxis von einem Praxisnachfolger auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis fortführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Unabhängig davon, ob diese zum 1.1.2013 in Kraft getretene Neuregelung überhaupt zu Lasten der Beigeladenen zu 7. Berücksichtigung finden könnte (siehe hierzu unter 2.a aa), folgt hieraus nichts zugunsten des Klägers, weil die Regelung voraussetzt, dass sich derjenige um die Praxisnachfolge bewirbt, der weiterhin als Vertragsarzt tätig sein will. Die vorliegend maßgebliche Konstellation, dass sich der zukünftig anzustellende Arzt (formal) um die Praxisnachfolge bewirbt, wird hiervon nicht erfasst.

39

Soweit der Kläger auf die Stellungnahme des Bundesrates zu dieser von ihm initiierten Regelung verweist, wonach einem Arzt wie dem Kläger eine Zulassung als Praxisnachfolger bereits nach bisherigem Recht erteilt werden könne (BR-Drucks 456/11 S 49: "Will ein Vertragsarzt einen weiteren Sitz übernehmen und mit einem Angestellten besetzen, müsste sich der anzustellende Arzt bewerben, den Praxisübernahmevertrag schließen und die Zulassung für eine juristische Sekunde innehaben, bevor er zugunsten einer Anstellung verzichten kann."), greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn es handelt sich dabei lediglich um die Äußerung einer - nach den vorstehenden Ausführungen des Senats unzutreffenden - Rechtsauffassung, die sich der Gesetzgeber des GKV-VStG allein durch die Übernahme des Regelungsvorschlags des Bundesrates nicht zu eigen gemacht hat. Im Gegenteil wird in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) betont, dass § 103 Abs 4b SGB V eine entsprechende Regelung für die Übernahme einer Praxis durch einen Vertragsarzt bislang nicht vorsehe und es mit der Änderung "künftig" auch Vertragsärzten möglich sein solle, ausgeschriebene Sitze zu übernehmen und mit angestellten Ärzten in der eigenen Praxis fortzuführen.

40

Der Senat verkennt nicht, dass § 103 Abs 4b Satz 2 SGB V nF eine - teilweise - Durchbrechung der vorstehend dargestellten Grundsätze beinhaltet, weil die Vorschrift es Vertragsärzten - namentlich überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften - ermöglicht, eine im Wege der Nachbesetzung übernommene Praxis "in der eigenen Praxis"(Ausschussbericht zum GKV-VStG, BT-Drucks 17/8005 S 113 zu Nr 36 Buchst d Doppelbuchst bb) - also unabhängig vom bisherigen Praxisbetrieb und -standort - fortzuführen. Eine weitergehende Flexibilisierung des Nachfolgerechts kann jedoch aus dieser Regelung nicht abgeleitet werden. Es ist Sache des Gesetzgebers und nicht der Rechtsprechung, die Bindung von Vertragsarztsitz und fortzuführender Praxis - wenn das gewünscht wird - zu lockern.

41

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Berücksichtigung eines Fortführungswillens die Manipulation von Zulassungsverfahren fördere, indem die Beweggründe der Zulassung nicht mehr offengelegt würden, so ist dem nicht weiter nachzugehen. Es ist Aufgabe der Zulassungsgremien aufzuklären, ob die Bewerber die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Praxisnachfolge erfüllen; ggf ist die Einhaltung der Voraussetzungen durch entsprechende Nebenbestimmungen zum Zulassungsbescheid sicherzustellen.

42

cc) Im Sinne der dargestellten gesetzlichen Anforderungen fehlt dem Kläger der Wille, die Praxis des zu 8. beigeladenen Arztes fortzuführen. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob seinem Fortführungswillen bereits die erklärte Absicht entgegensteht, den Praxisbetrieb zwar weiterhin in P, jedoch in anderen Räumen - nämlich in den zur Zweigpraxis der Berufsausübungsgemeinschaft A und Partner gehörenden Räumlichkeiten - fortzuführen. Denn jedenfalls steht seinem Fortführungswillen entgegen, dass er dort erklärtermaßen nicht als zugelassener Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt tätig werden will. Dass es dem Kläger letztlich nicht darauf ankommt, die übernommene Praxis fortzuführen, sondern der Zweck seiner Nachfolgebewerbung allein darin besteht, der Berufungsausübungsgemeinschaft A und Partner einen weiteren Vertragsarztsitz zuzuführen, wird im Übrigen daraus deutlich, dass er die von ihm angestrebte Tätigkeit als angestellter Arzt auch ohne die begehrte Nachfolgezulassung in der bereits vorhandenen Zweigpraxis von A und Partner in P hätte ausüben können.

43

3. Unabhängig davon, dass damit der Kläger, der die Arztpraxis des Beigeladenen zu 8. erklärtermaßen nicht in dem dargestellten Sinne als Vertragsarzt fortführen will, ohnehin für die Nachfolgezulassung ausscheidet, ist die Entscheidung des Beklagten für die Beigeladene zu 7. als Praxisnachfolgerin auch in der Sache - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

44

a) Die Bewerberauswahl ist keine gebundene Entscheidung, sondern eine Ermessensentscheidung (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Der Beklagte hat das ihm eingeräumte Ermessen entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur dann auszuüben, wenn sich gleich geeignete Bewerber gegenüberstehen. Vielmehr haben die Zulassungsgremien stets eine Ermessensentscheidung zu treffen, die - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kriterien - die Bewerberlage wertend beurteilt, im Übrigen aber nur durch die der Ermessensausübung innewohnenden Schranken eingeschränkt ist. Dafür spricht bereits der Gesichtspunkt, dass die Regelung, wonach der Zulassungsausschuss nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat, den "Auswahlkriterien" vorangestellt ist. Zudem sind die in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V aufgeführten "Kriterien" nicht "zu beachten", sondern lediglich "zu berücksichtigen". Damit wird keine strikte Verbindlichkeit vorgegeben (vgl hierzu etwa die Relativierung des Vorrangs der Beitragssatzstabilität in vertragszahnärztlichen Vergütungsverhandlungen durch die Änderung in § 85 Abs 3 Satz 2 SGB V - "berücksichtigen" statt "beachten" - durch das GKV-VStG; vgl dazu BSGE 110, 222 = SozR 4-2500 § 116b Nr 3, RdNr 64 aE mwN). Der Begriff "berücksichtigen" beinhaltet allein, dass die Zulassungsgremien die gesetzlich vorgegebenen Kriterien nicht gänzlich außer Betracht lassen dürfen, sondern sie in ihre Überlegungen mit einbeziehen - in Erwägung ziehen - müssen; es steht ihnen aber frei, hiervon aus Sachgründen abzuweichen.

45

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (s LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, an Stelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

46

b) Die Zulassungsgremien haben das ihr bei der Auswahlentscheidung zustehende Ermessen allerdings nicht nur "pflichtgemäß", sondern auch unter Berücksichtigung der in § 103 Abs 4 SGB V normierten gesetzlichen Vorgaben auszuüben. Hierbei geltende folgende Maßstäbe:

47

aa) Ein Vorrang einzelner der zu berücksichtigenden Kriterien lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut herleiten (so schon Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97- Juris RdNr 21; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 16b RdNr 102; vgl auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 118) noch entspräche dies dem Willen des Gesetzgebers. Dieser hat im Zusammenhang mit den durch das GKV-VStG vorgenommenen Änderungen in § 103 Abs 4 SGB V ausdrücklich betont, dass § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V "wie bisher keine Rangfolge der im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu berücksichtigenden Faktoren" enthält, sondern deren Gewichtung im pflichtgemäßen Ermessen des Zulassungsausschusses liegt(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc aE). Somit ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu § 103 Abs 4; Thüringer LSG Beschluss vom 13.6.2000 - L 4 KA 29/97 - Juris RdNr 21); dies ermöglicht eine an den besonderen Umständen jedes Einzelfalls orientierte Beurteilung (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 23).

48

bb) Die gesetzlich vorgegebenen Kriterien bedürfen ggf der Konkretisierung. Dies gilt insbesondere für die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit. Der Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 8.12.2010 (BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 39)darauf hingewiesen, dass diese Kriterien darauf abzielten, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründeten. Hieran hält der Senat fest. Die zeitliche Begrenzung des Umfangs der Berücksichtigung dieser Kriterien rechtfertigt sich dadurch, dass es keine belastbaren Hinweise dafür gibt, dass sich die Fähigkeiten eines Arztes ad infinitum mit zunehmender Approbations- und Tätigkeitsdauer verbessern. Vielmehr kann bei typisierender Betrachtung davon ausgegangen werden, dass der weiterhin zunehmenden beruflichen Erfahrung auf der einen Seite eine mit fortschreitendem Alter des Arztes generell eher abnehmende Leistungsfähigkeit gegenübersteht.

49

Der Senat sieht sich im Hinblick auf die Unklarheiten, die seine Rechtsprechung zum Stellenwert der beruflichen Erfahrung der Bewerber um eine Nachfolgezulassung (auch) bei dem Berufungsgericht hervorgerufen hat, jedoch zu einer Klarstellung veranlasst. Die Ausführungen des Senats sind verschiedentlich so verstanden worden, dass der Fünfjahreszeitraum mit der Approbation beginnen sollte (so etwa das Berufungsgericht; ebenso LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 105 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R); das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr kommt es für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (wie auch für das Approbationsalter) auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an. Eine mehr als fünfjährige ärztliche Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung begründet daher - im Regelfall - keinen (weiteren) Vorzug eines Bewerbers.

50

cc) Das Gesetz enthält keine abschließende Aufzählung der Auswahlkriterien, sondern es dürfen daneben auch nicht im Gesetz aufgeführte Gesichtspunkte bei der Auswahlentscheidung Berücksichtigung finden (so im Ergebnis bereits BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 30.11.2005 - L 10 KA 29/05 - Juris RdNr 58 = GesR 2006, 456 ff = MedR 2006, 616 ff = Breithaupt 2006, 904 ff, unter Bezugnahme auf LSG Berlin, MedR 1997, 518 ff; bestätigt durch LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 17.6.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - Juris RdNr 36 = GesR 2010, 259 ff; ebenso SG Karlsruhe Urteil vom 27.10.2006 - S 1 KA 240/06 - Juris RdNr 24 unter Bezugnahme auf LSG Baden-Württemberg, MedR 1997, 143; SG Berlin Urteil vom 28.7.2010 - S 79 KA 514/09 - Juris RdNr 22 = GesR 2011, 19 f; Flint in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Februar 2013, § 103 RdNr 57; aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff; differenzierend Bayerisches LSG Urteil vom 23.4.2008 - L 12 KA 443/07 - Juris RdNr 73 = Breithaupt 2008, 947 ff = MedR 2009, 491 ff: nur dann, wenn die gesetzlichen Kriterien eine Auswahlentscheidung nicht möglich machen; in diesem Sinne auch Meschke in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 16b RdNr 115; Hesral in Ehlers, Fortführung von Arztpraxen, 3. Aufl 2009, RdNr 391).

51

Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der Wortlaut der Norm, weil die hierauf hindeutende Formulierung - die Einleitung der Aufzählung mit dem Wort "insbesondere" - fehlt. Der Annahme, dass die Aufzählung der zu berücksichtigenden Kriterien in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V abschließend gemeint ist, steht jedoch insbesondere das den Zulassungsgremien eingeräumte - ansonsten uneingeschränkte - Ermessen entgegen. Dessen hätte es nicht - jedenfalls nicht in dieser Form - bedurft, wenn diesen Gremien keine Spielräume für eigene Erwägungen verblieben, sondern sie auf die abwägende Gewichtung der gesetzlich vorgegebenen Kriterien beschränkt wären. Für darüber hinausgehende Spielräume der Zulassungsgremien spricht auch der bereits erwähnte Umstand, dass der Gesetzgeber diesen nicht die "Beachtung", sondern lediglich die "Berücksichtigung" der aufgeführten Kriterien vorgegeben hat. Dies legt die Annahme nahe, dass der Gesetzgeber nur sicherstellen wollte, dass - jedenfalls - die genannten Kriterien in die Ermessenserwägungen einbezogen werden, er diese aber nicht abschließend verstanden wissen will. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass Entscheidungen über die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes häufig auch allein anhand der im Gesetz aufgeführten Kriterien getroffen werden können.

52

Auch ansonsten gibt es keine zwingenden Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Kriterien abschließend sein sollen. Die Gesetzesbegründung zum Gesundheits-Strukturgesetz (, FraktE GSG, BT-Drucks 12/3608 S 99 zu § 103 Abs 4 und 5), mit dem die Vorgaben zur Bewerberauswahl konkretisiert wurden, lässt nicht erkennen, dass der Gesetzgeber die Berücksichtigung weiterer Kriterien zwingend ausschließen wollte. Dort heißt es lediglich, der Zulassungsausschuss habe durch eine Bewertung der genannten Auswahlkriterien eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall vorzunehmen; er müsse alle maßgebenden Kriterien im Einzelfall gegeneinander abwägen. Auch die Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-VStG(RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc) lassen nichts für die Auffassung herleiten, die Zulassungsgremien seien strikt auf die Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien beschränkt.

53

Schließlich gebieten auch die verfassungsrechtlichen Erwägungen des LSG Baden-Württemberg (Beschluss vom 5.5.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - Juris RdNr 36 = ZMGR 2009, 214 ff), dass im Hinblick auf die Grundrechtsbetroffenheit der beteiligten Ärzte die wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber zu treffen seien und dies auch für die Festlegung von Ausnahmen von Zulassungsbeschränkungen gelte, keine andere Beurteilung. Denn der Gesetzgeber hat die für eine Entscheidung wesentlichen Vorgaben in § 103 Abs 3 ff SGB V selbst festgelegt und nicht zuletzt mit den in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Auswahlkriterien den - wenn auch nicht abschließenden - Rahmen für die Auswahlentscheidung vorgegeben.

54

Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien bei der Auswahl des Nachfolgers bzw der Nachfolgerin auch den Umstand berücksichtigen, ob ein bestimmter Bewerber deutlich mehr die (prognostische) Gewähr für eine länger andauernde kontinuierliche Patientenversorgung ("Versorgungskontinuität") bietet als andere (vgl hierzu auch LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.9.2012 - L 7 KA 70/11 - Juris RdNr 107 - anhängig unter B 6 KA 49/12 R). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 19.10.2011 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 10 RdNr 28)darauf hingewiesen, dass bei einer Bewerberkonkurrenz der (dort) vorliegenden Art - nämlich zwischen einem 65-jährigen und einem zehn Jahre jüngeren Bewerber - Anlass zu der Prüfung bestanden hätte, ob ein schon 65 Jahre alter Arzt tatsächlich noch langfristig an der Versorgung der Versicherten teilnehmen wolle (zur Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Kontinuität in Bezug auf die Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis s schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

55

Allein ausschlaggebend darf dieser Aspekt allerdings nicht sein, weil das auf eine - unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematische - strukturelle Bevorzugung des jüngeren vor dem älteren Bewerber hinauslaufen könnte und weil auch der an sich für eine Kontinuität einstehende Bewerber rechtlich nicht gehindert ist, nach kürzerer oder längerer Zeit die übernommene Praxis zu verlegen.

56

dd) Demgegenüber stellt der vom Beklagten angenommene zwingende Nachrang eines bereits - in welcher Form auch immer - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Bewerbers kein zulässiges zusätzliches "Auswahlkriterium" dar. Ein derartiger Nachrang ist rechtlich nicht zu begründen. Es steht grundsätzlich jedem (fachlich geeigneten) Arzt frei, sich auf eine Praxisnachfolge zu bewerben; eine Beschränkung auf Bewerber, die erstmals den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung anstreben, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Auch eine Rechtsfortbildung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Aufhebung der früher geltenden Altersgrenzen von 55 Jahren für eine Zulassung bzw von 68 Jahren für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit verstärkt Bewerberkonkurrenzen zwischen "mittelalten" und "alten" Ärzten auftreten, kommt nicht in Betracht. Da es der Gesetzgeber trotz nachfolgender Änderungen des § 103 SGB V - zuletzt durch das GKV-VStG mit Wirkung ab dem 1.1.2013 - nicht für erforderlich gehalten hat, die seit dem 1.1.1993 geltenden Auswahlkriterien neu zu fassen, sondern diese lediglich ergänzt hat (s RegE GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 75 zu Nr 36 Buchst a Doppelbuchst cc), fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme einer - durch die Gerichte zu schließenden - "Gesetzeslücke". Im Übrigen können die Zulassungsgremien - wie dargestellt - den Interessen jüngerer, erstmals den Zugang zum System der GKV begehrender Bewerber unter dem Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität Rechnung tragen.

57

Im Regelfall dürften einer Bewerbung bereits an der Versorgung beteiligter Ärzte auch anerkennenswerte Gesichtspunkte zugrunde liegen, sei es, dass ein bislang lediglich angestellter Arzt den Weg in die Selbstständigkeit gehen will oder dass ein zugelassener Vertragsarzt in einen aus seiner Sicht attraktiveren Versorgungsbereich wechseln möchte. Auch Verfassungsrecht gebietet eine Bevorzugung bislang noch nicht an der Versorgung der GKV-Versicherten beteiligter Ärzte nicht; etwas anderes würde allenfalls dann in Erwägung gezogen werden, wenn die Praxisnachfolge der einzige Weg wäre, um Zugang zu einem ansonsten geschlossenen System zu erhalten. Dies ist jedoch - außerhalb besonders attraktiver Versorgungsregionen - nicht der Fall.

58

c) Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben erweist sich die Entscheidung des Beklagten, die zu 7. beigeladene Ärztin als Nachfolgerin des Beigeladenen zu 8. auszuwählen, auch - im Ergebnis - als sachgerecht. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit sind vorliegend durch eine Begrenzung der maximal zu berücksichtigenden Zeit neutralisiert, weil auch die Beigeladene zu 7. ihre Weiterbildung vor mehr als fünf Jahren (1988) abgeschlossen hat. Auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass das Kriterium der beruflichen Eignung bzw Qualifikation für ihn spräche, wäre in einer solchen Konstellation nicht zu beanstanden, wenn die Zulassungsgremien dem zusätzlichen Gesichtspunkt der "Versorgungskontinuität" ausschlaggebende Bedeutung beimessen. Es steht außer Zweifel, dass eine 1961 geborene Bewerberin prospektiv einen weitaus längeren Zeitraum für die kontinuierliche Versorgung der Patienten zur Verfügung stehen wird als ein 1944 geborener - also 17 Jahre älterer und zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits im regulären Rentenalter stehender - Bewerber.

59

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie zu 8. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 6. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr im Wege der Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie eine Anstellungsgenehmigung für einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ohne Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten zu erteilen war.

2

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Berlin, das überwiegend Ärzte der Fachgebiete Orthopädie und Chirurgie beschäftigt. Von Juli 2006 bis August 2011 sowie von April 2012 bis November 2012 war der Facharzt für Chirurgie Dr. S. bei der Klägerin angestellt. Dr. S. führt keine Schwerpunktbezeichnung für Unfallchirurgie, war aber nach den Angaben der Klägerin ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw unfallchirurgisch tätig.

3

Die erste Beschäftigung des Dr. S. bei der Klägerin endete, weil er seine Anstellung in eine Zulassung umwandelte. Die frei werdende Stelle besetzte die Klägerin mit einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie nach. Nach Beendigung der zweiten Beschäftigung von Dr. S. beantragte die Klägerin zur Nachbesetzung die Genehmigung der Anstellung von Herrn P., einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Zulassungsausschuss genehmigte die Anstellung mit Wirkung zum 15.12.2012, jedoch zur ausschließlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie.

4

Der beklagte Berufungsausschuss hat mit Beschluss vom 27.3.2013 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Für die Nachbesetzung der Stelle eines angestellten Arztes sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen dem ausscheidenden und dem an seiner Stelle anzustellenden Leistungserbringer erforderlich, die hier nicht vorliege. Die angegriffene Einschränkung auf eine unfallchirurgische Tätigkeit ermögliche daher überhaupt erst die Genehmigung der Nachbesetzung.

5

Die hiergegen erhobene Klage hat das SG Berlin abgewiesen. Es könne offenbleiben, ob die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der erteilten Anstellungsgenehmigung isoliert anfechtbar sei oder nicht, denn die Klägerin habe jedenfalls keinen Anspruch auf eine unbeschränkte Nachbesetzung der frei gewordenen Arztstelle des Facharztes für Chirurgie Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Eine Arztstelle in einem MVZ könne nur mit einem Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung nachbesetzt werden. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift auf Nachbesetzungen anwendbar sei, könne eine Nachbesetzung auch nicht auf § 16 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) gestützt werden. Dr. S. verfüge schon nicht über die erforderliche Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, um die von der Regelung vorgesehene bedarfsplanungsrechtlich neutrale Nachbesetzung durch einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu ermöglichen. Das Vorhandensein der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie als Bindeglied zwischen dem Facharzt für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) sei aber zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber habe mit der Nachbesetzungsmöglichkeit der MVZ nur das "Ausbluten" von MVZ verhindern, aber keine Ausweitung des Tätigkeitsbereichs ermöglichen wollen. Auch wenn Dr. S.
 ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates tätig gewesen wäre, könnte dies die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung nicht rechtfertigen. Neben der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit müsse auch ein Bezug zwischen dem Fachgebiet nach altem Weiterbildungsrecht und dem Fachgebiet nach neuem Weiterbildungsrecht gegeben sein. Eine Nachbesetzung von chirurgischen Arztstellen bei unfallchirurgischer Tätigkeit mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie hätte eine Verlagerung des chirurgischen Versorgungsbereichs zur Orthopädie zur Folge, die zu bedarfsplanungsrechtlichen Verwerfungen führen und chirurgische Sonderbedarfszulassungen auslösen könne.

6

Die Klägerin hat gegen das Urteil die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Zwischenzeitlich wurde das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und Herrn P. beendet. Eine Genehmigung der Nachbesetzung der Arztstelle mit der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. hat der Zulassungsausschuss erneut mit der Beschränkung auf den Bereich der Unfallchirurgie erteilt. Über den Widerspruch der Klägerin hat der Beklagte noch nicht entschieden.

7

Die Klägerin macht geltend, sie habe Anspruch auf eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung. Zwar sei auch bei der Nachbesetzung darauf abzustellen, ob Vorgänger und Nachfolger derselben Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne angehörten. Die Zuordnung zu den Arztgruppen erfolge nicht allein nach dem Weiterbildungsrecht, sondern auch tätigkeitsbezogen. Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie zur Arztgruppe der Orthopäden und nicht der Chirurgen erkläre sich daraus, dass das Weiterbildungsrecht die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie überhaupt nicht mehr vorsehe. Dr. S. sei ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates und unfallchirurgisch tätig gewesen, sodass es durch die Nachbesetzung seiner Stelle mit einem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht zu einer Verschlechterung in der Versorgung mit chirurgischen Leistungen komme. Das SG habe aufgrund einer nur beispielhaften Aussage in einem Urteil des BSG, wonach die Arztstelle eines Chirurgen mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie mit einem Orthopäden und Unfallchirurgen nachbesetzt werden könne, irrigerweise das Erfordernis der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie abgeleitet. Darüber hinaus würden Chirurgen mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie nicht mehr ausgebildet. Die Klägerin wäre also gezwungen, die Arztstelle mit einem Chirurgen ohne unfallchirurgische Qualifikation nachzubesetzen, der den unfallchirurgisch zu versorgenden Patientenstamm nicht behandeln könnte.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6.5.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 27.3.2013, soweit er den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet war, der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit zu erteilen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Es könne nicht im Belieben der Klägerin stehen, eine bisher chirurgische Arztstelle in eine orthopädische Arztstelle umzuwandeln. Das vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V beabsichtigte Verhindern des "Ausblutens" von MVZ ändere nichts daran, dass bei einer Nachbesetzung auf die Arztgruppe des bisherigen Arztes abzustellen sei. § 16 BedarfsplRL beziehe sich auf die Praxisnachfolge und könne jedenfalls nicht bei der Nachbesetzung von Arztstellen im MVZ zu verringerten Anforderungen führen. Der notwendige Fachgebietsbezug könne auch nicht durch einen Tätigkeitsbezug ersetzt werden.

11

Die beigeladene KÄV hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

13

1. Die Klägerin konnte zunächst im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung geltend machen und durfte ihren Klageantrag auch noch im Revisionsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen.

14

a. Den Anspruch auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung des Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit konnte die Klägerin allein im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend machen und nicht im Rahmen der isolierten Anfechtung der Beschränkung. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Senats Nebenbestimmungen von Zulassungsentscheidungen, die nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen erlassen werden, isoliert angefochten werden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 6/15 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 42, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 89, 134, 136 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 20; SozR 4-5520 § 24 Nr 1 RdNr 6). Die Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten ist jedoch eine Inhaltsbestimmung der Anstellungsgenehmigung und keine Nebenbestimmung. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Auflage, die der Klägerin neben der Anstellungsgenehmigung ein Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegt (vgl zum Begriff der "Auflage" Mutschler in Kasseler Komm, SGB X, Stand 1.6.2016, § 32 RdNr 19 ff; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 23 ff). Die Annahme einer "Auflage" kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil nicht lediglich eine noch fehlende geringfügige tatbestandliche Voraussetzung sichergestellt werden sollte (vgl dazu BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 21; BSGE 89, 62, 64 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 344). Die beantragte Anstellungsgenehmigung ist vielmehr von vorneherein im Umfang auf die unfallchirurgische Tätigkeit beschränkt erteilt worden (vgl zur Inhaltsbestimmung Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, § 32 RdNr 4). Die inhaltlich beschränkte Anstellungsgenehmigung entspricht damit einer Teilgenehmigung und einer Ablehnung im Übrigen. Die Klägerin konnte ihr Begehren somit im Wege der Anfechtung der sie beschwerenden Teilablehnung kombiniert mit der Verpflichtungsklage auf eine weitergehende Genehmigung geltend machen.

15

b. Die Klägerin durfte ihren Klageantrag auch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG umstellen. Da das Anstellungsverhältnis mit Herrn P. beendet ist, ist die begehrte Anstellungsgenehmigung gegenstandslos geworden und Erledigung eingetreten. In dieser Konstellation kann die Klägerin - auch noch im Revisionsverfahren (vgl SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 41 mwN) - ihr Begehren von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides hat. Das gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Der Zulassungsausschuss hat der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Dr. R. im Wege der Nachbesetzung der Arztstelle des Herrn P. wiederum nur "begrenzt auf das Gebiet der Unfallchirurgie" (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 5.8.2015), also mit einer Beschränkung auf unfallchirurgische Leistungen erteilt.

16

2. Die Revision ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die begehrte unbeschränkte Anstellungsgenehmigung für Herrn P.

17

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ war hier § 95 Abs 2 Satz 5, 7, 8 und 9 iVm § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V(idF des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes - VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach bedarf die Anstellung eines Arztes in einem MVZ der Genehmigung des Zulassungsausschusses, die zu erteilen ist, wenn der Arzt in das Arztregister eingetragen ist. Diese Voraussetzung erfüllt Herr P. Gemäß § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sind Anträge auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ jedoch abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung gemäß § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet sind. Das war hier der Fall. Der Zulassungsbezirk B. war zum Zeitpunkt der Antragstellung sowohl für die Arztgruppe der Chirurgen als auch die Arztgruppe der Orthopäden gesperrt. Auch beim Bestehen von Zulassungsbeschränkungen erlaubt § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ. Die Voraussetzungen hierfür lagen indes nicht vor.

18

a) Die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in überversorgten Bereichen nach § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V setzt voraus, dass der ausscheidende Arzt und der prospektive neue Stelleninhaber derselben Arztgruppe im Sinne der Regelungen zur Bedarfsplanung angehören.

19

Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die Möglichkeit zur Nachbesetzung der Arztstelle gemäß § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V als Sonderregelung zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung nach § 103 Abs 1 bis 3 SGB V ausgestaltet ist(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10, RdNr 19 f; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 149). In der Bedarfsplanung werden der Versorgungsgrad sowie die hieran anknüpfenden Zulassungsbeschränkungen arztgruppenbezogen ermittelt, §§ 101, 103 Abs 2 Satz 3 SGB V. Bei dieser Berechnung werden die in einem MVZ angestellten Ärzte nach § 101 Abs 1 Satz 8 SGB V und § 51 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung(BedarfsplRL - idF vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012 B 7 S 1; zuvor: § 38) entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksichtigt. § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V bezieht sich ebenfalls auf die bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppen. Besteht in Bezug auf eine Arztgruppe eine Überversorgung iS des § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V, § 16b Abs 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), sind gemäß § 103 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB V Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Der Gesetzgeber hat ausnahmsweise eine "Nachbesetzung" ermöglicht, damit das MVZ durch das Ausscheiden angestellter Ärzte nicht in seinem Bestand gefährdet wird. Ziel der Regelungen ist es, zu verhindern, dass MVZ "ausbluten" (vgl BT-Drucks 15/1525 S 112). Wie auch aus der Verwendung des Begriffs der "Nachbesetzung" deutlich wird, geht es ausschließlich darum, - unter Inkaufnahme der fortbestehenden Überversorgung - die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Dem Ziel wird umfassend dadurch Rechnung getragen, dass auf der Stelle des Arztes, der aus dem MVZ ausscheidet, ein Arzt beschäftigt werden kann, der bedarfsplanungsrechtlich derselben Arztgruppe zuzuordnen ist (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 18). Dies war hier nicht der Fall. Der Chirurg Dr. S. und der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie P. gehören nicht derselben Arztgruppe an.

20

aa) Die bedarfsplanungsrechtlich relevanten Arztgruppen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der BedarfsplRL normiert. Nach § 6 BedarfsplRL(§ 3 BedarfsplRL aF) bestimmt sich die Zusammensetzung der Arztgruppen nach der Versorgungsausrichtung oder erfolgt in Anlehnung an die (Muster-)Weiterbildungsordnung. In §§ 11 - 14 BedarfsplRL(§ 4 BedarfsplRL aF) hat der GBA hierzu Fachgebiete und Tätigkeitsbereiche den verschiedenen Arztgruppen zugeordnet. Die Definition der Arztgruppen im Sinne der Bedarfsplanung beruht weitgehend auf den nach den geltenden Weiterbildungsordnungen erworbenen Facharztbezeichnungen (vgl auch die Tragenden Gründe des GBA zum Beschluss vom 20.12.2012 S 8, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung entspricht aber nicht vollständig der weiterbildungsrechtlichen Gliederung. Vielmehr werden teilweise verschiedene Fachgebiete mit übereinstimmender Versorgungsausrichtung bedarfsplanungsrechtlich zu einer Arztgruppe zusammengefasst (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 20; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 16 f). Neben der Bestimmung nach Fachgebieten hat der GBA vereinzelt auch auf weitere Kriterien abgestellt wie in § 11 Abs 2 Nr 2 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 1 BedarfsplRL aF) bei Internisten ohne Schwerpunkt auf die Entscheidung zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung (§ 73 Abs 1a Satz 1 Nr 3 SGB V) und bei der Bestimmung der Arztgruppe der Psychotherapeuten in § 12 Abs 2 Nr 8 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 4 BedarfsplRL aF) auf Tätigkeitsbereiche und iVm § 18 BedarfsplRL(§ 11 BedarfsplRL aF) auf bestimmte Leistungen. Somit muss für die erforderliche Zuordnung zu derselben Arztgruppe nicht notwendig die Fachgebietsbezeichnung des Nachfolgers mit derjenigen des ausscheidenden Arztes übereinstimmen (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 31). Vorausgesetzt wird aber, dass der nachfolgende Arzt sich aufgrund der normierten Qualifikationen bzw Kriterien in der BedarfsplRL der Arztgruppe des bisherigen Stelleninhabers zuordnen lässt (vgl auch Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 RdNr 147).

21

Daran fehlte es hier. Die maßgeblichen Arztgruppen der Chirurgen und der Orthopäden hat der GBA durch bestimmte Facharztqualifikationen definiert. Zur Arztgruppe der Chirurgen gehören die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Gefäßchirurgie sowie Visceralchirurgie, § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 6 BedarfsplRL aF). Nicht zu dieser Arztgruppe gehören die Fachärzte für Herzchirurgie, die Fachärzte für Thoraxchirurgie und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (§ 12 Abs 2 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL). Damit folgt das Bedarfsplanungsrecht hier nicht dem Weiterbildungsrecht, das die "Orthopädie und Unfallchirurgie" als eine von acht Facharztkompetenzen innerhalb des Gebiets der Chirurgie normiert (vgl die Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2003 idF vom 23.10.2015). Mit der Neufassung der Musterweiterbildungsordnung gemäß dem Beschluss des 106. Deutschen Ärztetages 2003 entfiel die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie für das Gebiet der Chirurgie. Das Gebiet der Orthopädie war nicht mehr gesondert aufgeführt. Die Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bildet seitdem eine Facharztkompetenz im Gebiet der Chirurgie ab. Bedarfsplanungsrechtlich ist Herrn P. nach § 12 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL aF) jedoch der Arztgruppe der Orthopäden zugeordnet. Danach gehören zur Arztgruppe der Orthopäden die Fachärzte für Orthopädie (nach altem Weiterbildungsrecht) und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht). Nach den Regelungen der BedarfsplRL waren der ausscheidende Dr. S. und der nachfolgende Arzt P. damit verschiedenen Arztgruppen zugerechnet.

22

bb) § 16 Satz 1 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung bzw die nahezu wortgleiche Regelung des zuvor geltenden § 4 Abs 7 BedarfsplRL idF des Beschlusses des GBA vom 15.2.2007 (BAnz Nr 64 S 3491), wonach im Fall der Praxisnachfolge die Praxis auch für Ärzte ausgeschrieben werden kann, welche ganz oder teilweise in einem Fachgebiet tätig sind, das mit dem alten Fachgebiet übereinstimmt, verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg.

23

(1) § 16 bzw § 4 BedarfsplRL ist auch auf die Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ anwendbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Zwar ist dort ausdrücklich nur von "Praxisnachfolge" und nicht von der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ die Rede. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift gilt sie aber auch für diesen Fall entsprechend. Die Regelung sollte ausweislich der dazu veröffentlichten tragenden Gründe (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung) Änderungen in der Weiterbildungsordnung mit Auswirkung auf die Zuordnung zur Arztgruppe Rechnung tragen. Sie dient mithin dem Zweck, bei Änderungen des Weiterbildungsrechts eine Praxisnachfolge desjenigen Arztes zu ermöglichen, dessen nach neuem Weiterbildungsrecht erworbene Gebietsbezeichnung derjenigen des Praxisabgebers entspricht. Ausdrücklich genannt wird in den tragenden Gründen das Beispiel, dass ein Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie nach altem Recht die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht weitergeben könne. Damit, so der GBA in den tragenden Gründen, erfolge die Weitergabe der Praxis entsprechend der Versorgungsausrichtung der Praxis. Das Bedürfnis, Änderungen im Weiterbildungsrecht bedarfsplanerisch nachzuvollziehen, besteht bei der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in gleichem Maße. Soweit der Beklagte in seinem Bescheid einen wesentlichen Unterschied zwischen Praxisnachfolge und Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ darin gesehen hat, dass die Praxisnachfolge der Wahrung der Eigentumsrechte des abgebenden Vertragsarztes auch bei Überversorgung diene, hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Gesetzgeber auch mit der gesetzlichen Regelung zur Nachbesetzung das Fortbestehen einer Überversorgung bezogen auf den Planungsbereich und die jeweilige Arztgruppe in Kauf nimmt, um die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Die Zielsetzung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V ist insofern mit der des § 103 Abs 4 SGB V vergleichbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Deshalb bestehen für das MVZ bei der Nachbesetzung einer Arztstelle die gleichen Bindungen an die Arztgruppe wie bei der Nachfolgezulassung, gleichzeitig aber auch die gleichen Ausnahmeregelungen. Dass der GBA die Regelung allein für die Praxisnachfolge und bewusst nicht für die Nachbesetzung treffen wollte, ist nicht ersichtlich (aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.8.2015 - L 5 KA 5076/14 ER-B - Juris RdNr 31 ff).

24

(2) § 16 Satz 1 BedarfsplRL ermöglicht die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht.

25

Die Regelung des § 16 Satz 1 bzw § 4 Abs 7 BedarfsplRL ist vom GBA vor dem Hintergrund von Änderungen des Weiterbildungsrechts in die damalige BedarfsplRL(Neufassung vom 15.2.2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007 S 3491, in Kraft getreten am 1.4.2007, in die die bereits am 18.1.2007 als Nr 7b beschlossene Regelung als § 4 Abs 7 übernommen wurde) aufgenommen worden. Weiterbildungsrechtliche Übergangsregelungen sahen im Zusammenhang mit den Änderungen vor, dass Ärzte mit Schwerpunktbezeichnungen, die zukünftig nicht mehr erworben werden konnten, die Berechtigung zum Führen der entsprechenden neuen Bezeichnungen beantragen konnten. So war es auch im Bereich der Unfallchirurgie: Chirurgen, die im Besitz der Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" waren, konnten nach der Musterweiterbildungsordnung die neue Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" innerhalb einer Frist von drei Jahren beantragen, wenn sie mindestens zwei Jahre Weiterbildung im Gebiet Orthopädie nachwiesen. Da die bedarfsplanungsrechtlichen Vorschriften weitgehend an die weiterbildungsrechtlichen Bezeichnungen anknüpfen, hat der GBA Regelungsbedarf gesehen (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die Vorschrift des § 16 Satz 1 BedarfsplRL nF, § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF bezweckt allein, den Auswirkungen der weiterbildungsrechtlichen Änderungen auf die Bedarfsplanung entgegenzuwirken(vgl hierzu auch BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). In den Regelungen des Weiterbildungsrechts findet sich aber keine Möglichkeit für Chirurgen ohne Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" - auch wenn sie tatsächlich überwiegend unfallchirurgisch tätig waren -, ihre Facharztbezeichnung zu "Orthopädie und Unfallchirurgie" zu ändern. Dies stand allein den Chirurgen mit dem Schwerpunkt "Unfallchirurgie" zu (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 52, Abs 6 und 7). Dementsprechend ist in den Tragenden Gründen zu § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF ausdrücklich als Beispiel aufgeführt, dass ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" nach altem Weiterbildungsrecht, welcher der Arztgruppe der Chirurgen zugeordnet sei, die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht übergeben könne, der der Arztgruppe der Orthopäden zuzuordnen sei(Tragende Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung).

26

Ob es sinnvoll oder in Anbetracht der tatsächlich bestehenden Schwierigkeiten bei der Praxisnachfolge für chirurgisch tätige Vertragsärzte und der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen in MVZ angezeigt wäre, den Änderungen im Weiterbildungsrecht noch stärker bedarfsplanungsrechtlich Rechnung zu tragen, kann hier offenbleiben. Sowohl der GBA als auch die Zulassungsgremien werden indessen die weitere Entwicklung im Weiterbildungsrecht beobachten und gegebenenfalls auf Verwerfungen reagieren müssen. Im Rahmen der Fortentwicklung der Bedarfsplanung wird ua der Zuschnitt der bisherigen Arztgruppen "Chirurgie" und "Orthopädie" sowie die Zuordnung der Unfallchirurgie zur Orthopädie zu überprüfen und ggf den Verhältnissen anzupassen sein. Dabei kann vor allem von Bedeutung sein, ob künftig hinreichend Ärzte mit den für die Arztgruppe der Chirurgen in § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL genannten Qualifikationen an einer Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung interessiert sind.

27

Offenbleiben kann auch, wie die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes oder einer Arztstelle im MVZ durch einen Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu beurteilen ist, wenn der ausscheidende Arzt für Chirurgie zwar nicht die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" geführt hat, aber als sog Durchgangsarzt nach § 34 Abs 2 SGB VII tätig war. Da die Berufsgenossenschaften die Anerkennung eines chirurgisch tätigen Arztes als Durchgangsarzt davon abhängig machen, dass dieser (auch) die Bezeichnung "Unfallchirurgie" führt, könnte der Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität der vertragsärztlichen und berufsgenossenschaftlichen Tätigkeit in einer Praxis oder einem MVZ dafür sprechen, in einem solchen Fall § 16 BedarfsplRL entsprechend anzuwenden. Das Anerkennungsverfahren der Berufsgenossenschaften nach § 34 Abs 2 SGB VII hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf vertragsärztliche Zulassungen. Die ambulante Heilbehandlung nach § 27 SGB VII ist aber eng mit der vertragsärztlichen Versorgung verbunden, wie sich schon aus der nach § 34 Abs 4 SGB VII bestehenden Gewährleistungsverpflichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch für die gesetzeskonforme Durchführung der ambulanten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung ergibt.

28

b) Es kann auch dahinstehen, ob Dr. S. und Herr P., wie die Klägerin vorträgt, identische Leistungen erbracht haben. Dass der Rahmen der bisherigen ärztlichen Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen eingehalten wird, ist neben der Übereinstimmung bezogen auf die Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung sowie den Umfang der Anstellung Voraussetzung für die Nachbesetzung (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 23; BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 20). Eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen der Tätigkeit des ausscheidenden Arztes und dem für die Nachbesetzung vorgesehenen Arzt ist aber nicht geeignet, das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe zu ersetzen.

29

Bezogen auf die Facharztkompetenzen "Chirurgie" einerseits und "Orthopädie und Unfallchirurgie" andererseits bestehen zwar Schnittstellen hinsichtlich der Ausbildungsinhalte und abrechenbaren Leistungen, sie weisen aber auch Unterschiede auf: Für alle chirurgischen Fächer ist eine gemeinsame Basisausbildung vorgesehen und eine weitergehende Ausbildung zur Erlangung der jeweiligen Facharztkompetenz wie der Allgemeinchirurgie oder der Orthopädie und Unfallchirurgie (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, Abschnitt B, Nr 7). Bei den Weiterbildungsinhalten für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie steht an erster Stelle die Behandlung von Verletzungen und deren Folgezuständen sowie von angeborenen und erworbenen Formveränderungen, Fehlbildungen, Funktionsstörungen und Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 44 f). Als Weiterbildungsinhalt der Allgemeinchirurgie ist zuerst die operative und nicht operative Grund- und Notfallversorgung bei gefäß-, thorax-, unfall- und visceralchirurgischen einschließlich der koloproktologischen Erkrankungen, Verletzungen, Fehlbildungen und Infektionen genannt (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 36 f). Die Behandlung von Schwer- und Mehrfachverletzten einschließlich des Traumamanagements ist nur für die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie zwingend vorgegeben, operative Eingriffe an Kopf/Hals sowie Brust- und Bauchwand sind wiederum allein bei der Allgemeinchirurgie aufgeführt. Im Hinblick auf die vertragsärztlich erbringbaren und abrechenbaren Leistungen finden sich im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ebenfalls einerseits zahlreiche Überschneidungen, wie aus den Verweisen in den Präambeln zu den spezifischen Gebührenordnungspositionen (GOP) deutlich wird (Kapitel 7 Chirurgische, kinderchirurgische und plastisch-chirurgische Gebührenordnungspositionen, 7.1 Präambel Nr 5 und 6; Kapitel 18 Orthopädische Gebührenordnungspositionen 18.1 Präambel Nr 2 und 3). Andererseits finden sich spezielle Regelungen für die Fachärzte für Chirurgie. So können beispielsweise nur Chirurgen die Leistungen nach dem Kapitel 30.5 (Phlebologie) und 30.6 (Proktologie) EBM-Ä sowie internistische Leistungen nach den GOP 13310, 13400 EBM-Ä abrechnen (Kapitel 7, 7.1 Präambel Ziffer 3 EBM-Ä). Bei den allgemeinen diagnostischen und therapeutischen GOP bestehen ebenfalls Übereinstimmungen, daneben aber auch zahlreiche Unterschiede. Spezifisch für die Chirurgie ist etwa die Behandlung und/oder Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung (Ziffer 07345 EBM-Ä) und für die Orthopädie die Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, seronegativer Spondylarthritis, Kollagenose oder Myositis (Ziffer 18700 EBM-Ä) sowie die orthopädisch-rheumatologische Funktionsdiagnostik (Ziffer 18320 EBM-Ä).

30

Auch bei einer (zunächst) gleichen (unfallchirurgischen) Tätigkeit von bisherigem und prospektivem Stelleninhaber kann auf das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe nicht verzichtet werden. Die Bedarfsplanung dient dazu, eine ausreichende und gleichmäßige Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Soweit dabei typisierend Arztgruppen gebildet werden, ist zu beachten, dass jeder Facharzt Leistungen grundsätzlich nur innerhalb seines Fachgebietes erbringen darf und eine systematische Leistungserbringung außerhalb des Fachgebietes ausgeschlossen ist (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 19). Andererseits kann ein Vertragsarzt über sein Leistungsgeschehen innerhalb seines Fachgebietes nur in einem begrenzten Umfang bestimmen und jedenfalls keine kontinuierliche und stabile Tätigkeit allein bestimmter (hier unfallchirurgischer) Behandlungen vorhersagen. In die vertragsärztliche Versorgung eingebundene Ärzte sind zur umfassenden Behandlung der Versicherten im Rahmen ihrer Zulassung bzw Anstellung berechtigt und verpflichtet (vgl BSGE 88, 20, 24 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 70). Sofern sich die ärztliche Tätigkeit aufgrund eines veränderten Versorgungsbedarfs verschiebt, ist das jeweilige Fachgebiet ausschlaggebend und ggf begrenzend. Durch Anstellungsgenehmigungen für Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie im Wege der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen könnte es zu unerwünschten Veränderungen in der Versorgung zu Lasten der chirurgischen Facharztkompetenzen kommen. Die Sicherstellung des Angebots an ausreichenden Leistungserbringern für chirurgische Leistungen außerhalb der Unfallchirurgie würde gefährdet, wenn generell chirurgische Arztsitze mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt werden könnten.

31

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Oktober 2013 aufgehoben und auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. März 2012 geändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, bei seiner erneuten Entscheidung über den Zulassungsantrag des Klägers die Rechtsauffassung des Senats zu beachten.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

2

Der 1969 geborene Kläger verfügt über ein abgeschlossenes Lehramtsstudium und ist seit 2000 Diplom-​Psychologe mit dem Schwerpunkt pädagogische Psychologie; er ist als Psychologischer Psychotherapeut (PP) approbiert. Im Januar 2010 schloss der Kläger eine zusätzliche Fachkundeausbildung für die psychotherapeutische Behandlung von Kindern und Jugendlichen gemäß § 6 Abs 4 der Psychotherapie-​Vereinbarung (Psych-​Vb) ab. Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. sind ist Diplom-Pädagoginnen und als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen (KJP) approbiert.

3

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-​OrgWG) wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V nF bestimmt, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten vorbehalten ist, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Im Anschluss an diese Neuregelung und die sie umsetzenden Bestimmungen in der Bedarfsplanungs-​Richtlinie (BPlRL) des zu 5. beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) entsperrte der zu 4. beigeladene Landesausschuss mit Beschluss vom 10.2.2010 den Planungsbereich Psychotherapie in B. für weitere Zulassungen im Umfang von insgesamt 81 vollen Versorgungsaufträgen zur psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Daraufhin bewarben sich insgesamt 118 Therapeuten, darunter 87 KJPen, 30 PPen sowie eine Fachärztin für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Mit Bescheid vom 22. bis 24.6.2010 ließ der Zulassungsausschuss 82 KJPen zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zu, darunter die Beigeladenen zu 1. und zu 2. Die Zulassungsanträge der übrigen KJPen sowie sämtlicher PPen - auch den des Klägers - lehnte der Zulassungsausschuss mit der Begründung ab, dass KJPen vorrangig vor den PPen zu berücksichtigen gewesen seien. Gegen diesen Beschluss erhoben 18 unterlegene Bewerber, darunter auch der Kläger, Widerspruch.

4

Mit Bescheid vom 9.12.2010 (aus der Sitzung vom 27.10.2010) wies der beklagte Berufungsausschuss (ua) den Widerspruch des Klägers zurück (der Beigeladenen zu 1. erteilte der Beklagte anders als der Zulassungsausschuss eine Zulassung lediglich im Umfang eines halben Versorgungsauftrages) und ordnete die sofortige Vollziehung des Beschlusses an. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte ua aus, er habe im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens dem Kriterium der beruflichen Eignung maßgebliche Bedeutung beigemessen. Angesichts der Vielzahl der Bewerber sei eine individuelle Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Auswahlkriterien bei jedem Einzelbewerber nicht möglich gewesen und hätte zu willkürlichen Entscheidungen geführt. Von daher sei ein Raster geboten, an welchem die Bewerber zu messen seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen gewesen, dass die PPen auch zur Behandlung von Erwachsenen berechtigt seien, während die KJPen ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln dürften, und die Verweigerung einer Zulassung sie erheblich stärker treffe als die PPen. Für eine Bevorzugung der KJPen spreche ferner, dass hierdurch die Nachhaltigkeit der Versorgungslage besser gewährleistet sei, weil den KJPen ein Wechsel in einen anderen Versorgungsbereich nicht möglich sei. Die KJPen seien zudem aufgrund ihrer Ausbildung besonders geeignet, Kinder und Jugendliche zu behandeln, da es sich dabei um eine speziell auf die Behandlung dieses Personenkreises ausgerichtete Ausbildung handele. Deshalb sei die Berufsbezeichnung KJPen in § 24 lit b) Satz 3 BPlRL einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt. Der ausdrücklichen Erwähnung der KJPen in § 5 Abs 6a BPlRL könne entnommen werden, dass auch seitens des GBA dieser Personenkreis zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen als besonders geeignet angesehen werde. Das BSG habe die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unter Hinweis auf § 24 lit c) BPlRL als besonderen Versorgungsbereich bewertet. Er - der Beklagte - übe sein Auswahlermessen daher dahingehend aus, dass die zu besetzenden Sitze zunächst an KJPen gingen, wobei diese in eine weitere Rangfolge nach Approbationsalter, Dauer der ärztlichen (psychotherapeutischen) Tätigkeit und Wartelisteneintrag zu unterteilen seien. Dann noch übrige Sitze seien an andere Bewerber zu vergeben, und zwar wiederum unter Berücksichtigung der genannten weiteren Kriterien. Die Berufserfahrung der PPen im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen unterfalle nicht dem Kriterium berufliche Eignung, sondern dem als nachrangig eingestuften Kriterium der Dauer der ärztlichen Tätigkeit.

5

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und zunächst die vollständige Aufhebung des Bescheides des Beklagten und die Verpflichtung zur Neubescheidung seines Widerspruchs begehrt; nachfolgend hat er die Klage dahingehend beschränkt, dass er die Aufhebung nur hinsichtlich der Zulassung der Beigeladenen zu 1. und zu 2. sowie hinsichtlich der Ablehnung seines eigenen Antrags begehrt. Mit Urteil vom 21.3.2012 hat das SG den Bescheid des Beklagten aufgehoben, soweit die Zulassung des Klägers abgelehnt worden war, und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Klage in zulässiger Weise beschränkt. Der angefochtene Bescheid sei jedoch nur insoweit rechtswidrig, als die Entsperrung im Umfang von 82 anstatt von 81 Sitzen hätte erfolgen müssen. Der Beklagte sei hingegen in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass KJPen im Hinblick auf die zu vergebenden Sitze beruflich besser geeignet seien als PPen mit Zusatzqualifikation.

6

Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 23.10.2013). Zur Begründung hat es ausgeführt, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bleibe die Berufung jedenfalls deshalb ohne Erfolg, weil der Senat aus rechtlichen Gründen gehindert sei, isoliert die Zulassungen nur der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Bei dem angefochtenen Bescheid des Beklagten handele es sich nicht um die Zusammenfassung der Entscheidungen über eine Vielzahl von Vertragsarztsitzen, sondern um eine einheitliche Auswahlentscheidung. Die Auswahlentscheidung sei insoweit unteilbar, als die Entscheidung für einen von mehreren Bewerbern notwendig auch die Ablehnung der anderen Bewerber beinhalte. Entschieden die Zulassungsgremien über mehrere ausgeschriebene Stellen gleichzeitig und hätten sich alle Bewerber auf alle Stellen beworben, liege der Auswahlentscheidung typischerweise - so auch hier - eine anhand bestimmter Auswahlkriterien gebildete Rangliste zugrunde, und die Besetzung der Stellen werde dann anhand der Rangliste vorgenommen, indem entsprechend des Rangs so viele Bewerber zugelassen würden, wie Stellen zu vergeben seien. Hierbei stünden alle Bewerber um die ausgeschriebenen Vertragsarztsitze in einem Wettbewerb. Die Entscheidung über jeden einzelnen Vertragsarztsitz werde in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes inhaltlich konkretisiert; jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirke sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus.

7

Eine Teilanfechtung verkürze zudem in nicht zu rechtfertigender Weise den Rechtsschutz der Beigeladenen zu 1. und 2., deren "Auswahl" durch den Kläger auf Zufall oder auf sachfremden Gründen beruhen könne, wenn ihnen aufgrund der Bestandskraft der anderen Zulassungen der Einwand verwehrt wäre, ein besser positionierter Bewerber sei wesentlich ungeeigneter. Zur Vermeidung verfassungs-​, insbesondere gleichheitswidriger Ergebnisse müssten auch sie die rechtliche Möglichkeit haben, ihre bessere Eignung im Verhältnis zu anderen, (noch) nicht am Rechtsstreit beteiligten Zugelassenen geltend zu machen. Auch Gründe der Praktikabilität geböten eine Teilbarkeit solcher Auswahlentscheidungen nicht. Zwar erscheine es auf den ersten Blick schon allein wegen des Kostenrisikos unzumutbar, von einem unterlegenen Bewerber die Anfechtung aller Zulassungen zu verlangen. Eine durch Kostenrisiken ausgelöste Gefährdung der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes iS von Art 19 Abs 4 GG sei jedoch ggf durch eine Modifizierung der nach Billigkeitsgesichtspunkten zu treffenden Kosten- bzw Streitwertentscheidung zu entschärfen.

8

Der Senat könne daher offenlassen, ob das SG zu Recht die Auswahlentscheidung des Beklagten bestätigt habe. Auch wenn in Massenzulassungsverfahren ein gröberes Entscheidungsraster zulässig sein dürfte, bestünden aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel, dass der Beklagte bei der Prüfung der beruflichen Eignung den KJPen pauschal den Vorzug vor den sonstigen psychotherapeutischen Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche betreuen, habe geben dürfen. Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung sei ein Anhalt hierfür zu entnehmen. Der Verweis auf die unterschiedlichen Ausbildungsinhalte für die Approbation zum KJPen einerseits und die Zusatzqualifikation für PPen nach § 6 Abs 4 Psych-​Vb andererseits begegne erheblichen Bedenken. Zwar mögen die Leistungserbringer, die - ohne die Berufsbezeichnung "KJP" zu führen - ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, möglicherweise keine ebenso intensive weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben wie KJPen, doch stehe dem die höherwertige Grundqualifikation der PPen gegenüber.

9

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das LSG habe zu Unrecht die Teilbarkeit des Verwaltungsakts (VAs) verneint. Bei den in einem Sammelbeschluss zusammengefassten Entscheidungen handele es sich in der Sache bezogen auf jede Zulassungsvergabe um einen einzelnen Streitgegenstand und damit um Einzel-VAe. Insbesondere sei für jede einzelne zu vergebende Rechtsposition aus einer Vielzahl von Neuzulassungsmöglichkeiten eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung zu treffen. Jede Zulassung könne unabhängig von den anderen 80 Zulassungen erteilt werden bzw bei Aufhebung einer dieser anderen Zulassungen selbstständig und unabhängig fortbestehen. Die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern anhand von unterschiedlich gewichteten Auswahlkriterien sei lediglich Bestandteil der Prüfung, ob die tatbestandlich geforderten Zulassungsvoraussetzungen vorlägen und von wem sie vorrangig erfüllt würden. Diese Auswahlprüfung sei Inhalt der Begründung der getroffenen Entscheidung, nicht aber Inhalt der Verwaltungsregelung selbst. Jede dieser einzelnen Zulassungen sei daher getrennt überprüfbar. In der Sache sei die Auswahlentscheidung fehlerhaft, weil kein Vorrang der KJPen bestehe. Beim Auswahlkriterium "berufliche Eignung" komme es nicht allein auf den Ausbildungsweg und dessen Inhalte an, denn die berufliche Eignung speise sich insbesondere auch durch den Nachweis praktischer Tätigkeiten, ihre Zeitdauer und weitere Berufserfahrungen. Die Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V zeige die Wertung des Gesetzgebers, PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation den KJPen gleichzustellen.

10

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 23.10.2013 aufzuheben und das Urteil des SG Berlin vom 21.3.2012 zu ändern und den Beschluss des Beklagten vom 27.10.2010 auch insoweit aufzuheben, als die Beigeladenen zu 1. und 2. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, und den Beklagten zu verpflichten, über den Zulassungsantrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

11

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Seine Entscheidung habe sich in 81 einzelnen Zulassungsentscheidungen niedergeschlagen, die lediglich in einem Bescheid zusammengefasst worden seien. In einem gröberen Raster sei durchaus anzunehmen, dass gerade KJPen für die erforderliche "schnelle" Besetzung der Praxissitze zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen geeignet seien. Bei ihnen bestehe eine besondere Beziehung zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen, aufgrund derer er - der Beklagte - es für möglich habe halten dürfen, dass bei ihnen der Auftrag zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen umfassend erfüllt werde. Demgegenüber sei bei PPen mit Zusatzausbildung nicht auszuschließen, dass sie auch Erwachsene behandelten. Klarzustellen sei, dass er ein gröberes Raster nur für den hier gegebenen Ausnahmefall eines "Massenverfahrens" für anwendbar halte.

13

Die zu 3. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - den Ausführungen des Beklagten an.

14

Die Beigeladene zu 2. beantragt,
 die Revision zurückzuweisen, soweit sie auf die Aufhebung der Zulassung der Beigeladenen zu 2. gerichtet ist.

15

Die Zulassungen seien nicht teilbar, da die Entscheidung nur einheitlich ergehen könne; es liege ein umfassendes, einheitliches Gesamtzulassungsverfahren vor. Die Bewerber stünden in einem Wettbewerb zueinander über die Vergabe der zur Zulassung führenden Ranglistenplätze; die Rangliste bestimme das Verhältnis der einzelnen Bewerber untereinander. Welcher Ranglistenplatz einem Bewerber zugeteilt werde, hänge somit nicht allein von Tatsachen ab, die in seiner Person begründet seien, sondern ergebe sich erst im Vergleich zu den restlichen Bewerbern. Aufgrund der nach oben hin monoton steigenden und nach unten hin monoton fallenden Wertigkeit der Bewerbungen innerhalb der Rangliste würden durch die Auswahl des Anfechtenden gleichzeitig die Bewerbungen geprüft, die unterhalb der angefochtenen lägen und dennoch eine Zulassung erhielten. Auch sei denkbar, dass ein und dieselbe Zulassung isoliert von mehreren nicht berücksichtigten Bewerbern angefochten werde; würden diese sämtlich obsiegen und an die Stelle der angefochtenen Zulassung rücken, käme es letztlich zu einem neuen Zulassungsverfahren. Darüber hinaus erkenne der Anfechtende mit dem "Herauspicken" einer Zulassung die Auswahlentscheidung des Beklagten hinsichtlich der Kriterien für die Erstellung der Rangliste an; diese anzugreifen scheide damit aus. Zudem käme es zu einer unzumutbaren Verkürzung des Rechtsschutzes, wenn sich bei einer erfolgreichen Teilanfechtung ein beigeladener Bewerber mit der Bestandskraft der übrigen Zulassungen abfinden müsste. Die Beseitigung der Rechtswidrigkeit bezüglich des Anfechtenden geschähe auf Kosten einer anderweitigen Rechtswidrigkeit desselben Verfahrens. Kostenrisiken lägen auf beiden Seiten vor (Anwaltskosten ./. Investitionskosten).

16

Auch die Auswahlentscheidung des Beklagten sei nicht zu beanstanden. § 23 Abs 3 Satz 1 BPlRL eröffne ihm Ermessen, sodass seine Entscheidung lediglich auf Ermessensfehler hin zu überprüfen sei. Die Einordnung der "beruflichen Eignung" als maßgebliches Kriterium sei ermessensfehlerfrei, weil dies dem der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Zweck - der Sicherstellung der bestmöglichen Versorgung - entspreche. Im Rahmen der "beruflichen Eignung" bestehe ein Beurteilungsspielraum insoweit, als es dem Beklagten unbenommen sei zu entscheiden, wer "beruflich besser geeignet" sei. Dies habe der Beklagte durch die Bevorzugung der Berufsgruppe der KJPen getan. Damit habe er die Grenzen seines Beurteilungsspielraums nicht überschritten. Ob die Zusatzqualifikation der PPen gleichrangig sei, sei dem Beurteilungsspielraum des Beklagten überlassen. Diese Auffassung werde durch die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V bestätigt.

17

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision des Klägers ist begründet. Entgegen der Auffassung des LSG ist der Kläger berechtigt, (lediglich) einzelne der Zulassungsentscheidungen anzufechten, die der Beklagte in einem Bescheid zusammengefasst hat; das LSG hätte daher die Berufung nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen dürfen (1.). Dem LSG ist allerdings - inhaltlich - insoweit zu folgen, als es (obiter dictum) die Bevorzugung der KJPen beanstandet hat; insoweit hätte es der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG stattgeben und seinem Antrag entsprechend entscheiden müssen (2.). Der beklagte Berufungsausschuss muss daher neu über den Zulassungsantrag des Klägers entscheiden.

19

1. Das Berufungsgericht hat sich zu Unrecht gehindert gesehen, isoliert nur die Zulassungen der Beigeladenen zu 1. und 2. aufzuheben. Der Kläger war nicht aus Rechtsgründen gehindert, seine Anfechtungsklage darauf zu beschränken, den Bescheid des Beklagten allein insoweit anzugreifen, als der von ihm gestellte Zulassungsantrag abgelehnt und den Beigeladenen zu 1. und 2. Zulassungen erteilt wurden. Bei dem Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 handelt es sich um einen teilbaren VA, der einer entsprechenden Teilanfechtung zugänglich ist.

20

a. Eine Beschränkung des Rechtsbehelfs auf abtrennbare Teile eines VAs ist grundsätzlich zulässig (vgl BSGE 59, 137, 143 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15; BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15). Sie erlaubt es Klägern als Ausdruck der Dispositionsmaxime, den Prüfungsumfang des Gerichts von sich aus zu begrenzen (BSGE 116, 64 = SozR, aaO, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen). Die Beschränkung kann bereits bei Klageerhebung erklärt, aber auch im Verlauf des Prozesses entweder durch eine entsprechende Klarstellung des zunächst nicht näher bestimmten Streitgegenstandes oder durch eine teilweise Klagerücknahme (§ 102 SGG) herbeigeführt werden (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 2 RdNr 7). So liegt es hier. Der Kläger hat seine Klage "insoweit" beschränkt, als die von ihm erhobene offensive Konkurrentenklage nur die den Beigeladenen zu 1. und zu 2. erteilten Zulassungen betreffen soll. Die Beschränkung des Klagegegenstandes führt dazu, dass die nicht (mehr) angegriffenen Teilregelungen in Bestandskraft erwachsen (§ 77 SGG), sodass eine später hierauf erneut erstreckte Klage unzulässig ist (BSG aaO mwN).

21

b. Voraussetzung einer Beschränkung des Rechtsbehelfs ist damit, dass sie auf abtrennbare Teile des VAs bezogen ist; die Teilanfechtung eines VAs setzt dessen Teilbarkeit voraus.

22

Das SGG gibt selbst nicht vor, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Teilanfechtung zulässig ist; vielmehr knüpft es an die nach materiell-rechtlichen Vorschriften zu beurteilende Teilbarkeit des VAs an (stRspr, vgl BSGE 59, 137, 143, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 17; BSGE 108, 251 = SozR 4-2500 § 137g Nr 1, RdNr 31; BSGE 112, 170 = SozR 4-1500 § 54 Nr 27, RdNr 25-26). Allerdings enthält auch das materielle Recht regelmäßig keine eindeutigen Vorgaben dazu, wann von einer Teilbarkeit des VAs bzw von einer Abtrennbarkeit einzelner Regelungen desselben ausgegangen werden kann, sondern dies muss durch Auslegung ermittelt werden.

23

Abtrennbar - und damit teilweise anfechtbar - sind in der Regel zahlenmäßig, zeitlich, örtlich, gegenständlich oder personell abgrenzbare Teile einer Entscheidung (BSGE 116, 64 = SozR 4-2600 § 97 Nr 2, RdNr 15; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung im SozR 4-2600 § 165 Nr 1 vorgesehen; jeweils mwN). Inhaltlich wird eine Teilbarkeit des VAs dann angenommen, wenn die abzutrennenden Teile nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen stehen (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15). Die abgetrennten Teile müssen als selbstständige Regelung weiter existieren können, ohne ihren ursprünglichen Bedeutungsgehalt zu verändern (vgl BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN; in diesem Sinne auch BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72 = DÖV 1974, 380)bzw die Rechtswidrigkeit des einen Teils darf sich nicht auf den Rest des VAs auswirken (BSGE 59, 137, 147 = SozR 2200 § 368a Nr 13; BSGE 59, 148, 156 = SozR 2200 § 368a Nr 14; BSGE 103, 8 = SozR 4-2500 § 229 Nr 8, RdNr 15 mwN). Zu beachten ist allerdings, dass sich diese Definitionen regelmäßig auf die Frage der Teilbarkeit eines gegen ein und denselben Adressaten gerichteten VAs beziehen, also Situationen betreffen, in denen von vornherein eine höhere wechselseitige Abhängigkeit der einzelnen Regelungen anzunehmen ist; teilweise betreffen sie zudem nur die Frage, inwiefern Nebenbestimmungen gesondert anfechtbar sind (etwa BVerwG Urteil vom 8.2.1974 - IV C 73.72 - Juris = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 72). Dies ist bei der Prüfung, ob die - einschränkenden - Anforderungen vorliegen, zu berücksichtigen.

24

c. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid des Beklagten vom 27.10./9.12.2010 teilbar.

25

aa. Die den übrigen Bewerbern erteilten Zulassungen können auch - unabhängig vom Schicksal der angefochtenen Zulassungen - selbstständig bestehen bleiben, da es sich jeweils um abgrenzbare Entscheidungen handelt. Jeder erfolgreiche Bewerber erhält eine Zulassung, deren Bestand von den anderen Zulassungen unabhängig ist und die lediglich unter dem Vorbehalt steht, dass sie - bis zum Eintritt der Bestandskraft - von Dritten angefochten werden könnte. Die Aufhebung der angefochtenen Zulassungen würde den Bestand der übrigen Zulassungen nicht berühren; sie würden hierdurch auch keinen anderen Inhalt erlangen.

26

Der Beklagte wäre berechtigt gewesen, anstelle des aus verwaltungsökonomischen Gründen erlassenen Sammelbescheides (zur Zulässigkeit eines an mehrere Adressaten gerichteten Sammel-VAs s Luthe in Mutschler/Palsherm, jurisPK-SGB X, § 31 RdNr 60, unter Verweis auf das Senatsurteil - B 6 KA 18/08 R - vom 17.06.2009 zum Kollektivverzicht = SozR 4-1500 § 54 Nr 15) eine Vielzahl von Einzel-VAe zu erlassen. Zwar ist zutreffend, dass dann, wenn die Zulassungsgremien zwischen mehreren - grundsätzlich geeigneten - Bewerbern eine Auswahl zu treffen haben, eine derartige Auswahlentscheidung zugunsten oder zulasten eines Bewerbers nicht isoliert neben den übrigen Entscheidungen steht, sondern alle Entscheidungen das Ergebnis eines einheitlichen Auswahlprozesses sind. Dies gilt jedoch nur insoweit, als dass die Bestimmung der Auswahlkriterien nur für alle Bewerber einheitlich erfolgen konnte. Das Resultat dieser anhand der Kriterien getroffenen Auswahl schlägt sich jedoch in jeweils getrennten einzelnen Entscheidungen nieder, nämlich jeweils im Sinne einer Zulassung bzw einer Ablehnung des Antrags. Da der Beklagte nach einem klaren Prüfungsschema vorgegangen ist, ergibt sich die jeweilige Entscheidung zwangsläufig anhand dieser Kriterien, ohne dass insoweit zwingende "Wechselbeziehungen" zwischen den einzelnen Bewerbern bestehen.

27

Dem entspricht die Rechtsprechung des BVerwG zur Aufnahme in den Krankenhausplan. Dort wird die Auswahlentscheidung nach den Feststellungen des BVerwG (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 20) nicht in einem einzigen VA "verlautbart"; vielmehr ergehen auf ihrer Grundlage separate (positive oder negative) Feststellungsbescheide, die jeweils Angriffspunkt für den gebotenen Rechtsschutz sein können. Das BVerwG hat hierzu entschieden, dass die Auswahlentscheidung den "Feststellungsbescheiden" lediglich als Begründungselement zugrunde liegt, nicht aber als solche zu ihrem Regelungsausspruch gehört (BVerwGE 132, 64 ff - Juris RdNr 21). Soweit das BVerwG in Bezug auf die Besetzung eines Dienstpostens im öffentlichen Dienst ausgeführt hat, dass die gesonderten Mitteilungen der Auswahlentscheidung an jeden Bewerber, einmal positiven, ansonsten negativen Inhalts, keine inhaltlich eigenständigen Entscheidungen darstellten, sondern die einheitliche, rechtlich untrennbare Auswahlentscheidung bekanntgäben (BVerwG Urteil vom 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102 ff - Juris RdNr 25), steht dies der Annahme einer Teilbarkeit in der vorliegenden Konstellation nicht entgegen. Bewirbt sich - wie vorliegend - eine Vielzahl von Bewerbern auf eine Vielzahl von Stellen, beinhaltet zwar jede einzelne - jeweils eine der zu besetzenden Vertragsarzt- bzw Therapeutensitze betreffende - positive Entscheidung zugleich zwingend die negative Entscheidung für alle übrigen Bewerber, doch gilt dies ausschließlich in Bezug auf die jeweils zu treffende (Einzel-)Entscheidung. Ablehnung und Zuerkennung stehen allein in Bezug auf ein und dieselbe Stelle in einem untrennbaren Zusammenhang.

28

Einer Teilanfechtung bzw der Teilbarkeit des VAs steht es auch nicht entgegen, wenn ein Kläger zugleich die Auswahlkriterien dem Grunde nach in Frage stellt. Zwar wäre dann, wenn die Beanstandung zuträfe, jede einzelne der vom Beklagten getroffenen Entscheidungen dem Grunde nach "falsch"; dies ist jedoch, sofern Bestandskraft eingetreten ist, hinzunehmen. Zudem könnte der unterlegene Bewerber - selbst bei noch nicht eingetretener Bestandskraft - auch in einer derartigen Konstellation nicht damit rechnen, gegenüber allen Mitbewerbern zu obsiegen; vielmehr könnte er auch bei Zugrundelegung anderer Auswahlkriterien abermals unterliegen. Entfiele zB vorliegend die Bevorzugung der KJPen, wäre ein Kläger dennoch schlecht beraten, wenn er auch die Zulassungsentscheidungen anfechten würde, die Bewerber betreffen, die ihm nach den übrigen Kriterien (zB Berufserfahrung, Approbationszeitpunkt, Wartezeit usw) eindeutig überlegen sind.

29

bb. Auch Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 GG stehen einer Teilanfechtung der Zulassungsentscheidungen nicht entgegen.

30

(1) Dass sich ein Kläger einen bestimmten Konkurrenten aussucht und allein dessen Zulassung angreift, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken, sondern entspricht seiner Dispositionsmaxime. Ein nicht berücksichtigter Bewerber kann und muss prüfen, inwieweit die zugunsten anderer Bewerber ergangene Entscheidung fehlerhaft ist und nach den Maßstäben, die für die gerichtliche Kontrolle von Auswahlentscheidungen gelten, erfolgreich angefochten werden kann. Der nicht berücksichtigte Bewerber kann im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht gehalten sein, Auswahlentscheidungen anzugreifen, die er selbst für richtig oder zumindest vertretbar hält, nur um die Überprüfung solcher Entscheidungen zu erreichen, die er für verfehlt hält (vgl schon BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 15).

31

Die Auswahl der von einer Teilanfechtung betroffenen Mitbewerber erfolgt regelmäßig nicht willkürlich, sondern unter Sachgesichtspunkten; sie richtet sich insbesondere nach der erwarteten Erfolgsaussicht. Wenn sich die Zulassungsgremien für einen Bewerber entschieden haben, müssen die konkurrierenden Bewerber prüfen, ob sie diese Entscheidung mit Rechtsmitteln angreifen wollen; sie werden sich dabei von der Erwägung leiten lassen, ob ihre Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben können oder nicht (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 14). Mit Blick auf das Profil des ausgewählten Bewerbers können die konkurrierenden Bewerber abschätzen, ob sie die Entscheidung erfolgreich würden angreifen können oder nicht (BSG aaO). Diese Erwägungen gelten nicht allein bei einem Wettbewerb um eine einmal zu vergebende Rechtsposition, sondern gleichermaßen auch dann, wenn eine Vielzahl von Bewerbern um eine Vielzahl von Positionen streitet. Dabei trägt der klagende Konkurrent das Risiko, gerade den "falschen Mitbewerber" anzugreifen (wie dies etwa in dem vom Senat entschiedenen Verfahren B 6 KA 31/14 R aufgrund des von der dortigen Mitbewerberin erklärten Zulassungsverzichts der Fall ist). Dies gilt ebenfalls in der Situation, dass mehrere unterlegene Bewerber ein und dieselbe Zulassung angreifen; dann haben sie das Risiko zu tragen, dass nur einer von ihnen (ggf) obsiegen kann.

32

Die Situation, dass nicht alle, sondern nur ausgewählte Zulassungen angefochten werden, ist im Übrigen keineswegs auf die vorliegende Konstellation beschränkt, sondern kann sich überall dort ergeben, wo die Zulassungsgremien zeitgleich oder zumindest zeitnah mehrere gleichgerichtete Entscheidungen zu treffen haben. So kann eine vergleichbare Situation etwa auch bei Sonderbedarfszulassungen oder bei Belegarzt-Sonderzulassungen auftreten, wenn die Zulassungsgremien mehrere dieser Rechtspositionen im zeitlichen Zusammenhang vergeben (zu einer solchen Fallgestaltung vgl BSG Beschluss vom 1.4.2015 - B 6 KA 48/13 R - Juris NZS 2015, 478). Auch dort steht es dem unterlegenen Konkurrenten frei, nur eine von mehreren Zulassungen anzugreifen, etwa weil er sich gegenüber anderen zugelassenen Bewerbern ohnehin keine Chancen ausrechnet.

33

(2) Der bloß teilweisen Anfechtung der Zulassungsentscheidungen stehen auch nicht die Konsequenzen entgegen, die sich hieraus unter Umständen für die betroffenen Mitbewerber ergeben. Die praktischen Schwierigkeiten der Annahme der Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten in zahlreiche Einzelzulassungen sind zwar insoweit deutlich; sie können indessen nach geltendem Recht nicht vermieden werden. Der von der Teilanfechtung betroffene Mitbewerber mag zwar einwenden, dass andere Mitbewerber, die ebenfalls eine Zulassung erhalten haben, noch weniger geeignet wären und er deren Zulassung seinerseits hätte angreifen können, hieran aber nunmehr wegen eingetretener Bestandskraft gehindert wäre. Dieser Gesichtspunkt steht jedoch der Annahme einer Teilbarkeit der Entscheidung des Beklagten nicht entgegen.

34

Zum einen steht einem Arzt oder Therapeuten, der eine von mehreren zu vergebenden Zulassungen erhalten hat, durchaus die Möglichkeit offen, vorsorglich die einem - aus seiner Sicht schlechter geeigneten - Mitbewerber erteilte Zulassung anzugreifen, um sich für den Fall abzusichern, dass seine eigene Zulassung mit Erfolg angegriffen wird. Er ist hieran nicht dadurch gehindert, dass er im Zulassungsverfahren bereits "obsiegt" hat, denn nach der Rechtsprechung des Senats steht der Beantragung einer weiteren Zulassung allein eine Zulassung entgegen, die - sowohl im Verhältnis zu den Zulassungsgremien als auch gegenüber Dritten - Bestandskraft erlangt hat. So hat der Senat entschieden, dass einem Antrag auf Wiederzulassung (wie auch einer diesbezüglichen Entscheidung) nicht entgegensteht, dass die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist, da ein Anspruch auf eine bestandssichere Zulassung besteht (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53). Nichts anderes kann für den umgekehrten Fall einer noch nicht bestandskräftig gewordenen Zulassung gelten. Der erfolgreiche Bewerber steht insofern vor der gleichen Entscheidung wie ein unterlegener Mitbewerber, der sich überlegen muss, ob er eine oder mehrere der seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen will. Sieht der Zulassungsinhaber hiervon ab, weil er sich sicher fühlt oder weil er das Kostenrisiko scheut, muss er es hinnehmen, dass die Konkurrenten erteilten Zulassungen ihm gegenüber in Bestandskraft erwachsen. Die Situation stellt sich nicht anders dar, als wenn er im Vertrauen auf die ihm erteilte Zulassung weitere Zulassungsanträge, die er vorsorglich auch in anderen Zulassungsbezirken gestellt hat, zurückgenommen hätte.

35

Zum anderen muss es ein Bewerber letztlich hinnehmen, wenn er seinerseits infolge eingetretener Bestandskraft nicht mehr die seinen Mitbewerbern erteilten Zulassungen angreifen kann. Ein Vertrauen auf den "Bestand" der erteilten Zulassung kann sich allein im Verhältnis zu den Zulassungsgremien entwickeln, nicht aber in Bezug auf das Verhalten etwaiger Mitbewerber. Dies gilt nicht allein in Zulassungsverfahren, in dem die Zahl der Bewerber höher ist als die Zahl der zu vergebenden Arzt- bzw Therapeutensitze, sondern überall dort, wo zulässigerweise Konkurrentenklagen von unterlegenen Mitbewerbern erhoben werden können. Soweit und solange eine Überprüfbarkeit von VAen mit Drittwirkung in Betracht kommt, kann sich ein Vertrauen auf den Bestand der erhaltenen Zulassung nicht einstellen. Muss schon in einer "Zweierkonstellation" - also dann, wenn zwei Bewerber um eine einmal zu vergebende Rechtsposition streiten - der obsiegende Bewerber damit rechnen, dass der unterlegene Mitbewerber die Entscheidung angreift, gilt dies gleichermaßen - wenn nicht gar erst recht -, wenn es eine Vielzahl unterlegener Mitbewerber gibt und die Auswahl nach einem vergleichsweise groben Raster erfolgt ist.

36

Im Übrigen ist es reine Spekulation, dass der erfolgreiche Zulassungsbewerber, dessen Auswahl der Kläger in Frage stellt, im Falle seines Unterliegens tatsächlich in der Lage wäre, die Zulassungen anderer - namentlich "besser positionierte" - Mitbewerber mit Erfolg anzugreifen: So sind in der vorliegenden Konstellation ausschließlich KJPen berücksichtigt worden, wobei sich - innerhalb dieses Bewerberfeldes - die eigentliche Rangfolge aus den weiteren Kriterien Approbationsalter, Dauer der Tätigkeit und Wartelisteneintrag ergeben hat. Entfällt nun die Ausbildung zum KJPen als maßgebliches Auswahlkriterium, ändert dies nichts daran, dass jedenfalls die Mehrzahl der vorrangig berücksichtigten Mitbewerber voraussichtlich auch bei Anlegung anderer Maßstäbe ihrem Konkurrenten vorzuziehen wären. Dies relativiert die Argumentation, dass es zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen führe, wenn Zulassungen einzelner Mitbewerber isoliert angegriffen werden könnten, sich ihrerseits aber im Falle ihres Unterliegens die Bestandskraft der den übrigen Konkurrenten erteilten Zulassungen entgegenhalten lassen müssten. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sie im Falle einer zwingenden Anfechtung sämtlicher Zulassungsentscheidungen sogar noch schlechter dastehen würden: Käme es zu einer vollständigen Wiederholung des Auswahlverfahrens unter Einbeziehung der PPen, würde sich die Situation der - bereits jetzt in der Rangfolge weit hinten plazierten - KJPen im Bewerberfeld weiter verschlechtern.

37

cc. Das SG hat demgegenüber zutreffend auf das Kostenrisiko hingewiesen, welches im Falle einer Anfechtung sämtlicher im Bescheid des Beklagten zusammengefasster Zulassungsentscheidungen aus einer Vielzahl - regelmäßig anwaltlich vertretener - Prozessgegner resultieren würde. Das Berufungsgericht hat das Problem ebenfalls gesehen; die von ihm als Ausweg angedeuteten Möglichkeiten der Minderung des Risikos über die "richtige" Kostenentscheidung oder die Korrektur des Streitwertes stehen jedoch nicht zur Verfügung. Ein PP oder KJP, der vom Berufungsausschuss zugelassen worden ist, darf sich in einem (auch) gegen seine Zulassung gerichteten Verfahren eines Dritten, zu dem er beizuladen ist, anwaltlicher Unterstützung bedienen; er ist auch nicht gehalten, sich hinsichtlich des auszuwählenden Anwalts mit anderen PPen in gleicher Lage abzustimmen. Die Vergütung des Anwalts richtet sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und der Streitwert für Zulassungssachen richtet sich nach den dazu seit Jahrzehnten vom Senat entwickelten Grundsätzen. Dass dies - speziell in Verfahren der Massenzulassung - auch anders geregelt werden könnte, ist ohne Bedeutung. Für die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten ist vom derzeit geltenden Recht auszugehen und danach ist das (prohibitive) Kostenrisiko eines übergangenen Bewerbers nur dadurch begrenzbar, dass er sich entscheiden darf, welche einzelne Zulassung er angreifen will, mit der Folge, dass er insoweit - aber auch nur insoweit - das Kostenrisiko tragen muss.

38

dd. Schließlich ist es auch unter Versorgungsaspekten sinnvoller, die Anfechtung einzelner Zulassungsentscheidungen zu ermöglichen, statt eine Anfechtung aller Entscheidungen zu verlangen. Da auch die offensive Konkurrentenklage aufschiebende Wirkung hat (stRspr, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 12), würde dies - ohne Anordnung des Sofortvollzugs - im Falle der Anfechtung aller Zulassungsentscheidungen dazu führen, dass die Versorgungslücke, die Veranlassung für die Zulassungsentscheidungen gegeben hat, auf längere Zeit unverändert bestehen bliebe.

39

2. Die Entscheidung des Beklagten, eine abgeschlossene Ausbildung zum KJPen als vorrangiges Auswahlkriterium für die Vergabe der 82 Zulassungen zur psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen zu bestimmen und damit anders qualifizierte Therapeuten - insbesondere PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - faktisch von einer Zulassung auszuschließen, macht eine hierauf gestützte Auswahlentscheidung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig.

40

a. Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen bzw zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich sind § 95 Abs 2 iVm § 103 Abs 3 SGB V sowie die konkretisierenden Bestimmungen des § 16b Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und des § 23 BPlRL. Maßgeblich ist insoweit grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz. Soweit sich die Sach- und Rechtslage für die zugelassenen Bewerber - hier die Beigeladenen zu 1. und 2. - seit der letzten Verwaltungsentscheidung nachteilig verändert hat, ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (stRspr des BSG, vgl BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN).

41

Nach § 95 Abs 2 Satz 1 SGB V, der gemäß § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V auf Psychotherapeuten entsprechend anzuwenden ist, kann sich um die Zulassung als Vertragsarzt bzw Vertragspsychotherapeut jeder Arzt oder Psychotherapeut bewerben, der seine Eintragung in ein Arztregister nachweist. Nähere Vorgaben dazu, anhand welcher Kriterien die Auswahlentscheidung zu treffen ist, wenn die Zahl der Bewerber die Zahl der - im Rahmen der lediglich teilweisen Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen entsprechend begrenzten - Arzt- bzw Therapeutensitze übersteigt, macht das Gesetz - anders als im Fall der Praxisnachfolge (s § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) - nicht. Den Zulassungsgremien steht insoweit ein Auswahlermessen zu, das sie pflichtgemäß auszuüben haben. Allerdings liegt eine Heranziehung der für die Nachbesetzung von Praxissitzen durch das Gesetz in § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgegebenen Kriterien nahe. Ob und inwieweit der Beklagte an die vom Landesausschuss in seinem Beschluss vom 10.2.2010 aufgeführten Auswahlkriterien gebunden ist, kann dahingestellt bleiben, weil er diese jedenfalls berücksichtigt hat.

42

Aus dem Charakter der Auswahlentscheidung als Ermessensentscheidung folgt, dass die gerichtliche Überprüfung darauf beschränkt ist, ob das Ermessen fehlerhaft ausgeübt wurde und der Kläger durch den Ermessensfehler beschwert ist (vgl BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45 - zur Praxisnachfolge; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 28). Den Zulassungsgremien ist ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den die Gerichte zu respektieren haben (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 45; LSG Baden-Württemberg - Beschluss vom 20.7.2006 - L 5 KA 3384/06 ER-B - Juris RdNr 51). Die gerichtliche Rechtskontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Behörde von einem vollständigen und richtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die rechtlichen Grenzen ihres Ermessensspielraums eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine danach rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung muss das Gericht hinnehmen; es ist nicht befugt, anstelle der Zulassungsinstanzen eine eigene Auswahlentscheidung zu treffen.

43

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, vorrangig KJPen zuzulassen, fehlerhaft. Das Gesetz und die dieses konkretisierenden untergesetzlichen Vorschriften schreiben eine Bevorzugung der KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen zur ausschließlichen psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen weder vor noch lassen sie eine solche zu. Vielmehr können beide Gruppen von Behandlern - KJPen wie auch PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb - nach den Vorgaben des Gesetzgebers sowie der untergesetzlichen Normgeber Kinder und Jugendliche qualitativ angemessen versorgen.

44

aa. Gegenteiliges ergibt sich insbesondere nicht aus § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung. Danach ist in den BPlRL sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der allgemeinen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1 (dh den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychotherapeuten), die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. § 22 Abs 1 Nr 3 BPlRL in der hier maßgeblichen Fassung vom 18.3.2010 regelt dementsprechend, dass anhand der Psychotherapeutenzahl ein zwanzig​prozentiger Anteil für die Leistungserbringer festzustellen ist, die gemäß § 5 Abs 6a der BPlRL ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch behandeln.

45

Der Senat hat bereits mit Urteil vom 15.8.2012 (B 6 KA 48/11 R - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 - zur Sonderbedarfszulassung)der Neufassung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V die Wertung des Gesetzgebers entnommen, dass auch ein PP, der ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreut, für eine Deckung des Versorgungsbedarfs im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie "geeignet ist"(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 22 f): "Grund für diese Wertung ist der Befund, dass dringlicher Bedarf für die Zulassung einer größeren Zahl an ausgewiesenen Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen besteht. Damit dieser Bedarf möglichst effektiv gedeckt werden kann, erweiterte der Gesetzgeber die Möglichkeit privilegierter Zulassung im Rahmen der Quotenregelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V; er erstreckte sie über die KJPen hinaus auf weitere psychotherapeutische Leistungserbringer, die er als Spezialisten in der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ansieht: auf alle diejenigen - unabhängig davon, ob sie die Berufsbezeichnung KJP führen -, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen. Damit wollte er dem dringlichen Versorgungsbedarf gerade auch in Regionen, die eher als weniger attraktiv für Niederlassungen angesehen werden - zB im ländlichen Raum -, abhelfen."

46

Auch wenn die Beurteilung einer Gruppe von Behandlern als "geeignet" es nicht per se ausschließt, eine andere Gruppe dennoch als "geeigneter" anzusehen, ist der erkennende Senat ausdrücklich von einer vom Gesetzgeber in § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V vorgenommenen Gleichstellung der Leistungserbringer ausgegangen(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 27). Zudem hat er darauf verwiesen, dass zwar einerseits KJPen möglicherweise eine intensivere weitere Ausbildung speziell in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen absolviert haben, andererseits PPen aufgrund ihres Psychologiestudiums über eine "höherwertige Grundqualifikation" verfügen (BSG aaO).

47

Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung fest und stellt zugleich klar, dass die Gleichstellung der KJPen und PPen nicht auf die (dem Urteil vom 15.8.2012 zugrunde liegende) Konstellation einer Sonderbedarfszulassung beschränkt ist, sondern auch für andere Zulassungskonstellationen Geltung beansprucht; dies gilt erst recht in einer Konstellation, in der - wie vorliegend - die Zulassung, um die es geht, auf der Regelung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V beruht:

48

Nach dem klaren Wortlaut des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V soll sich die privilegierende Regelung auf alle Ärzte bzw Psychotherapeuten beziehen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch "betreuen". Schon die Formulierung "betreuen" (bzw nach der Diktion der BPlRL: "behandeln") verdeutlicht, dass es für die Zugehörigkeit zu dem von § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V erfassten Personenkreis allein auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit - für deren Ausübung natürlich eine entsprechende Qualifikation, entweder als KJP oder als PP mit zusätzlicher Fachkundeausbildung, Voraussetzung ist - ankommen soll. Hätte stattdessen (allein) die durchlaufene Ausbildung maßgeblich sein sollen, wäre zu erwarten gewesen, dass dies bereits im Gesetzeswortlaut - etwa durch die alleinige Nennung der KJPen (neben den Ärzten) - zum Ausdruck gekommen wäre. Auch der Beschränkung des Personenkreises auf solche, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, hätte es allein in Bezug auf Ärzte bedurft, weil KJPen ohnehin auf die Behandlung dieses Personenkreises beschränkt sind.

49

Die Annahme, dass die aufgrund einer spezifischen Berufstätigkeit erworbene Erfahrung ausschlaggebend sein soll, stützt auch die Gesetzesbegründung: Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen für die Behandlung ernster psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen "Spezialisten zur Verfügung stehen, um eine bestmögliche Versorgung zu ermöglichen" (RegE des GKV-OrgWG, BT-Drucks 16/9559 S 18 zu § 101 SGB V). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass neben KJPen "noch viele andere Leistungserbringergruppen an der psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen beteiligt sind" (s BT-Drucks 16/9559 S 18). Zudem hat er darauf hingewiesen, dass ein Therapeut, der ausschließlich Kinder und Jugendliche betreut, in aller Regel besser auf diese Patientengruppe eingehen kann als ein Therapeut, der "hiermit weniger Erfahrung" hat (aaO).

50

Dass die KJPen über eine andere, nach der Wertung des Gesetzgebers aber nicht über eine qualitativ höherwertigere Ausbildung als PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung nach § 6 Abs 4 Psych-Vb verfügen, wird auch daran deutlich, dass PPen mit entsprechender Zusatzqualifikation auf freie Therapeutensitze zur ausschließlichen Behandlung von Kindern und Jugendlichen uneingeschränkt und unbefristet zugelassen werden können und müssen: Für die Vorstellung, ein PP könne nur mit der Maßgabe zugelassen werden, dass die Zulassung ende, wenn ein KJP im jeweiligen Planungsbereich zugelassen werden wolle, besteht keine Grundlage.

51

Nach alledem lässt sich feststellen, dass die vom Gesetzgeber gesehene Versorgungslücke, der - auf der Ebene des Zulassungsrechts - durch Einführung der Mindestquote nach § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V entgegengewirkt werden soll, nicht ausschließlich durch KJPen, sondern durch alle Psychotherapeuten mit entsprechender Qualifikation und Erfahrung geschlossen werden kann und soll. Damit ist eine pauschale Bevorzugung der KJPen nicht vereinbar.

52

bb. Ein Recht zur pauschalen Bevorzugung von KJPen bei der Besetzung von Therapeutensitzen, die zur ausschließlich psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen bestimmt sind, ergibt sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten:

53

Dass die Berufsbezeichnung KJP gemäß § 24 Buchst b Satz 4 BPlRL aF(jetzt § 37 Abs 2 Satz 4 BPlRL nF)einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist, ist für die Feststellung qualifikationsbezogener Sonderbedarfe relevant, nicht jedoch für die Frage einer möglichen Bevorzugung dieses Personenkreises: Infolge der Gleichstellung mit einer Schwerpunktbezeichnung stellt der Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden (BSG aaO). Zu derartigen speziellen Versorgungsangeboten gehören zweifelsfrei auch solche, die von PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung angeboten werden. Demgegenüber könnte die Auffassung des Beklagten von einem qualifikationsbezogenen Vorrang der KJPen in letzter Konsequenz sogar zur Annahme eines ungedeckten qualitativen Versorgungsbedarfs führen, wenn lediglich PPen mit Zusatzausbildung in diesem Bereich tätig wären.

54

Auch der Umstand, dass die KJPen in der die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandelnde Leistungserbringer definierenden Norm (§ 5 Abs 6a BPlRL aF, jetzt § 12 Abs 2 Nr 8 Satz 7 BPlRL idF ab 1.1.2013) ausdrücklich erwähnt sind, begründet entgegen der Auffassung des Beklagten keine herausgehobene Eignung dieses Personenkreises, sondern drückt eine Selbstverständlichkeit aus: Ersichtlich gehören KJPen zu den Leistungserbringern, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Ihnen werden jedoch - und dies kehrt die Argumentation in ihr Gegenteil um - ausdrücklich Leistungserbringer gleichgestellt, deren an Kindern und Jugendlichen erbrachten psychotherapeutische Leistungen den Anteil von 90 Prozent an ihren Gesamtleistungen überschreiten. Auch insoweit werden normativ formale Ausbildungsinhalte mit praktischen Erfahrungen gleichgestellt.

55

Sind - wie dargestellt - KJPen und PPen mit Zusatzausbildung unter Versorgungsgesichtspunkten als gleichwertig anzusehen, kann eine Bevorzugung der KJPen auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass PPen auch Erwachsene behandeln könnten und somit nicht für die Versorgung der Kinder und Jugendlichen zur Verfügung stünden. Der Senat stellt ausdrücklich klar, dass dann, wenn eine Zulassung auf einen Therapeutensitz erfolgt, der zur ausschließlich psychotherapeutischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen ausgeschrieben worden ist, diese Zulassung auch allein zur psychotherapeutischen Behandlung dieses Personenkreises berechtigt. Auch ein PP mit Zusatzqualifikation, der auf einen entsprechenden Therapeutensitz zugelassen wird, hat dies zu beachten, sodass nicht zu besorgen ist, er werde - anders als ein KJP - tatsächlich vorrangig Erwachsene versorgen, wofür in B. kein Bedarf besteht.

56

Soweit der Entscheidung des Beklagten die - für sich genommen plausible - Erwägung zugrunde liegt, KJPen seien als Gruppe wegen fehlender beruflicher Alternativen dringender auf einen Sitz in B. angewiesen als PPen mit Zusatzqualifikation, kann das die Entscheidung nicht beeinflussen. Auswahlentscheidungen müssen auf der Grundlage klarer normativer Vorgaben erfolgen; Belange, die dort nicht angesprochen sind, müssen außen vor bleiben. Das gilt hier nicht anders als im Bereich des Art 33 Abs 2 GG.

57

cc. Soweit der Beklagte schließlich für sich das Recht in Anspruch nimmt, jedenfalls in einem "Massenverfahren" die Auswahlentscheidung anhand eines gröberen Rasters zu treffen und in diesem Rahmen pauschal von einer größeren Eignung der KJPen auszugehen, vermag auch dies seine Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Zwar steht außer Zweifel, dass die Zulassungsgremien vor einer Herausforderung stehen, wenn sie "auf einen Schlag" und innerhalb einer angemessenen Zeit darüber zu entscheiden haben, welche der 118 Bewerber eine von 81 offenen Zulassungen erhalten sollen. Zweifellos erfordern Massenverfahren - von einem solchen kann in Anlehnung an § 75 Abs 2a SGG ausgegangen werden, wenn sich mehr als 20 Interessenten auf die offenen Arzt- bzw Therapeutensitze bewerben - ein Vorgehen nach einheitlichen Kriterien. Das berechtigt sie jedoch nicht dazu, eine pauschale Auswahl zu treffen, die zu einer nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigten Benachteiligung einzelner Bewerber oder gar - wie hier - einer Bewerbergruppe führt. Dies ist jedoch der Fall, wenn man KJPen pauschal - insbesondere unabhängig von ihrer Berufserfahrung - den PPen mit Zusatzausbildung vorzöge. Wie bereits dargelegt, sind KJPen und PPen mit zusätzlicher Fachkundeausbildung grundsätzlich als gleichwertig qualifiziert anzusehen.

58

Einheitliche Auswahlkriterien dürften daher nicht allein theoretische Kenntnisse und formale Qualifikationsvoraussetzungen - den Ausbildungsgang - in den Blick nehmen, sondern müssten auch die Berufserfahrung der Bewerber im Bereich der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen angemessen berücksichtigen. Das vom Beklagten gewählte "grobe Raster" hat hingegen zur Folge, dass dann, wenn ein KJP und ein PP um eine Zulassung konkurrieren, die Zulassungsgremien den KJPen selbst dann auszuwählen haben, wenn dieser gerade erst seine Approbation erhalten hat, während der konkurrierende PP über langjährige praktische Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen verfügt. Ein solches Ergebnis entspricht nicht der vom Gesetzgeber mit der Änderung des § 101 Abs 4 Satz 5 SGB V getroffenen Wertung.

59

dd. Wenn der Gesetzgeber Ausnahmen zulassen will, die zu einer Privilegierung der einen gegenüber einer anderen Gruppe von Behandlern führen, muss er das ausdrücklich vorgeben; das ist etwa im Hinblick auf schwerbehinderte Menschen bei Auswahlentscheidungen erfolgt (vgl § 129 SGB IX sowie schon BSGE 6, 95 zu § 36 SchwBG 1953). Deshalb lässt der Senat offen, ob im Gesetz der Vorrang von KJPen gegenüber PPen bei Auswahlentscheidungen normiert werden könnte. Solange das nicht geschehen ist, dürfen die Zulassungsgremien einen solchen generellen Vorrang ihrer Entscheidungspraxis nicht zugrunde legen.

60

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 6. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr im Wege der Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie eine Anstellungsgenehmigung für einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ohne Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten zu erteilen war.

2

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Berlin, das überwiegend Ärzte der Fachgebiete Orthopädie und Chirurgie beschäftigt. Von Juli 2006 bis August 2011 sowie von April 2012 bis November 2012 war der Facharzt für Chirurgie Dr. S. bei der Klägerin angestellt. Dr. S. führt keine Schwerpunktbezeichnung für Unfallchirurgie, war aber nach den Angaben der Klägerin ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw unfallchirurgisch tätig.

3

Die erste Beschäftigung des Dr. S. bei der Klägerin endete, weil er seine Anstellung in eine Zulassung umwandelte. Die frei werdende Stelle besetzte die Klägerin mit einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie nach. Nach Beendigung der zweiten Beschäftigung von Dr. S. beantragte die Klägerin zur Nachbesetzung die Genehmigung der Anstellung von Herrn P., einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Der Zulassungsausschuss genehmigte die Anstellung mit Wirkung zum 15.12.2012, jedoch zur ausschließlichen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie.

4

Der beklagte Berufungsausschuss hat mit Beschluss vom 27.3.2013 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Für die Nachbesetzung der Stelle eines angestellten Arztes sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen dem ausscheidenden und dem an seiner Stelle anzustellenden Leistungserbringer erforderlich, die hier nicht vorliege. Die angegriffene Einschränkung auf eine unfallchirurgische Tätigkeit ermögliche daher überhaupt erst die Genehmigung der Nachbesetzung.

5

Die hiergegen erhobene Klage hat das SG Berlin abgewiesen. Es könne offenbleiben, ob die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der erteilten Anstellungsgenehmigung isoliert anfechtbar sei oder nicht, denn die Klägerin habe jedenfalls keinen Anspruch auf eine unbeschränkte Nachbesetzung der frei gewordenen Arztstelle des Facharztes für Chirurgie Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Eine Arztstelle in einem MVZ könne nur mit einem Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung nachbesetzt werden. Unabhängig davon, ob diese Vorschrift auf Nachbesetzungen anwendbar sei, könne eine Nachbesetzung auch nicht auf § 16 Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) gestützt werden. Dr. S. verfüge schon nicht über die erforderliche Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, um die von der Regelung vorgesehene bedarfsplanungsrechtlich neutrale Nachbesetzung durch einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu ermöglichen. Das Vorhandensein der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie als Bindeglied zwischen dem Facharzt für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) sei aber zwingend erforderlich. Der Gesetzgeber habe mit der Nachbesetzungsmöglichkeit der MVZ nur das "Ausbluten" von MVZ verhindern, aber keine Ausweitung des Tätigkeitsbereichs ermöglichen wollen. Auch wenn Dr. S.
 ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates tätig gewesen wäre, könnte dies die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung nicht rechtfertigen. Neben der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit müsse auch ein Bezug zwischen dem Fachgebiet nach altem Weiterbildungsrecht und dem Fachgebiet nach neuem Weiterbildungsrecht gegeben sein. Eine Nachbesetzung von chirurgischen Arztstellen bei unfallchirurgischer Tätigkeit mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie hätte eine Verlagerung des chirurgischen Versorgungsbereichs zur Orthopädie zur Folge, die zu bedarfsplanungsrechtlichen Verwerfungen führen und chirurgische Sonderbedarfszulassungen auslösen könne.

6

Die Klägerin hat gegen das Urteil die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Zwischenzeitlich wurde das Anstellungsverhältnis zwischen der Klägerin und Herrn P. beendet. Eine Genehmigung der Nachbesetzung der Arztstelle mit der Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R. hat der Zulassungsausschuss erneut mit der Beschränkung auf den Bereich der Unfallchirurgie erteilt. Über den Widerspruch der Klägerin hat der Beklagte noch nicht entschieden.

7

Die Klägerin macht geltend, sie habe Anspruch auf eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung. Zwar sei auch bei der Nachbesetzung darauf abzustellen, ob Vorgänger und Nachfolger derselben Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne angehörten. Die Zuordnung zu den Arztgruppen erfolge nicht allein nach dem Weiterbildungsrecht, sondern auch tätigkeitsbezogen. Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie zur Arztgruppe der Orthopäden und nicht der Chirurgen erkläre sich daraus, dass das Weiterbildungsrecht die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie überhaupt nicht mehr vorsehe. Dr. S. sei ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates und unfallchirurgisch tätig gewesen, sodass es durch die Nachbesetzung seiner Stelle mit einem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht zu einer Verschlechterung in der Versorgung mit chirurgischen Leistungen komme. Das SG habe aufgrund einer nur beispielhaften Aussage in einem Urteil des BSG, wonach die Arztstelle eines Chirurgen mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie mit einem Orthopäden und Unfallchirurgen nachbesetzt werden könne, irrigerweise das Erfordernis der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie abgeleitet. Darüber hinaus würden Chirurgen mit dem Schwerpunkt Unfallchirurgie nicht mehr ausgebildet. Die Klägerin wäre also gezwungen, die Arztstelle mit einem Chirurgen ohne unfallchirurgische Qualifikation nachzubesetzen, der den unfallchirurgisch zu versorgenden Patientenstamm nicht behandeln könnte.

8

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6.5.2015 aufzuheben und festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten vom 27.3.2013, soweit er den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, rechtswidrig und der Beklagte verpflichtet war, der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit zu erteilen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Es könne nicht im Belieben der Klägerin stehen, eine bisher chirurgische Arztstelle in eine orthopädische Arztstelle umzuwandeln. Das vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V beabsichtigte Verhindern des "Ausblutens" von MVZ ändere nichts daran, dass bei einer Nachbesetzung auf die Arztgruppe des bisherigen Arztes abzustellen sei. § 16 BedarfsplRL beziehe sich auf die Praxisnachfolge und könne jedenfalls nicht bei der Nachbesetzung von Arztstellen im MVZ zu verringerten Anforderungen führen. Der notwendige Fachgebietsbezug könne auch nicht durch einen Tätigkeitsbezug ersetzt werden.

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Die beigeladene KÄV hält das angefochtene Urteil ebenfalls für zutreffend. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

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1. Die Klägerin konnte zunächst im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eine unbeschränkte Anstellungsgenehmigung geltend machen und durfte ihren Klageantrag auch noch im Revisionsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen.

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a. Den Anspruch auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung des Herrn P. ohne Beschränkung auf die unfallchirurgische Tätigkeit konnte die Klägerin allein im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage geltend machen und nicht im Rahmen der isolierten Anfechtung der Beschränkung. Zwar können nach ständiger Rechtsprechung des Senats Nebenbestimmungen von Zulassungsentscheidungen, die nach Maßgabe gesetzlicher Regelungen erlassen werden, isoliert angefochten werden (vgl zuletzt BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 6/15 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 42, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 89, 134, 136 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 20; SozR 4-5520 § 24 Nr 1 RdNr 6). Die Beschränkung auf unfallchirurgische Tätigkeiten ist jedoch eine Inhaltsbestimmung der Anstellungsgenehmigung und keine Nebenbestimmung. Insbesondere handelt es sich nicht um eine Auflage, die der Klägerin neben der Anstellungsgenehmigung ein Tun, Dulden oder Unterlassen auferlegt (vgl zum Begriff der "Auflage" Mutschler in Kasseler Komm, SGB X, Stand 1.6.2016, § 32 RdNr 19 ff; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 23 ff). Die Annahme einer "Auflage" kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil nicht lediglich eine noch fehlende geringfügige tatbestandliche Voraussetzung sichergestellt werden sollte (vgl dazu BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 21; BSGE 89, 62, 64 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 344). Die beantragte Anstellungsgenehmigung ist vielmehr von vorneherein im Umfang auf die unfallchirurgische Tätigkeit beschränkt erteilt worden (vgl zur Inhaltsbestimmung Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, § 32 RdNr 4). Die inhaltlich beschränkte Anstellungsgenehmigung entspricht damit einer Teilgenehmigung und einer Ablehnung im Übrigen. Die Klägerin konnte ihr Begehren somit im Wege der Anfechtung der sie beschwerenden Teilablehnung kombiniert mit der Verpflichtungsklage auf eine weitergehende Genehmigung geltend machen.

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b. Die Klägerin durfte ihren Klageantrag auch auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG umstellen. Da das Anstellungsverhältnis mit Herrn P. beendet ist, ist die begehrte Anstellungsgenehmigung gegenstandslos geworden und Erledigung eingetreten. In dieser Konstellation kann die Klägerin - auch noch im Revisionsverfahren (vgl SozR 4-2500 § 119 Nr 2 RdNr 41 mwN) - ihr Begehren von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides hat. Das gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr gegeben. Der Zulassungsausschuss hat der Klägerin eine Anstellungsgenehmigung für Dr. R. im Wege der Nachbesetzung der Arztstelle des Herrn P. wiederum nur "begrenzt auf das Gebiet der Unfallchirurgie" (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 5.8.2015), also mit einer Beschränkung auf unfallchirurgische Leistungen erteilt.

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2. Die Revision ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die begehrte unbeschränkte Anstellungsgenehmigung für Herrn P.

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Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ war hier § 95 Abs 2 Satz 5, 7, 8 und 9 iVm § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V(idF des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes - VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach bedarf die Anstellung eines Arztes in einem MVZ der Genehmigung des Zulassungsausschusses, die zu erteilen ist, wenn der Arzt in das Arztregister eingetragen ist. Diese Voraussetzung erfüllt Herr P. Gemäß § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sind Anträge auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ jedoch abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung gemäß § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet sind. Das war hier der Fall. Der Zulassungsbezirk B. war zum Zeitpunkt der Antragstellung sowohl für die Arztgruppe der Chirurgen als auch die Arztgruppe der Orthopäden gesperrt. Auch beim Bestehen von Zulassungsbeschränkungen erlaubt § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ. Die Voraussetzungen hierfür lagen indes nicht vor.

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a) Die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in überversorgten Bereichen nach § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V setzt voraus, dass der ausscheidende Arzt und der prospektive neue Stelleninhaber derselben Arztgruppe im Sinne der Regelungen zur Bedarfsplanung angehören.

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Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die Möglichkeit zur Nachbesetzung der Arztstelle gemäß § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V als Sonderregelung zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung nach § 103 Abs 1 bis 3 SGB V ausgestaltet ist(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10, RdNr 19 f; Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 103 RdNr 149). In der Bedarfsplanung werden der Versorgungsgrad sowie die hieran anknüpfenden Zulassungsbeschränkungen arztgruppenbezogen ermittelt, §§ 101, 103 Abs 2 Satz 3 SGB V. Bei dieser Berechnung werden die in einem MVZ angestellten Ärzte nach § 101 Abs 1 Satz 8 SGB V und § 51 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung(BedarfsplRL - idF vom 20.12.2012, BAnz vom 31.12.2012 B 7 S 1; zuvor: § 38) entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksichtigt. § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V bezieht sich ebenfalls auf die bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppen. Besteht in Bezug auf eine Arztgruppe eine Überversorgung iS des § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V, § 16b Abs 1 Satz 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), sind gemäß § 103 Abs 2 Satz 1 und 3 SGB V Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Der Gesetzgeber hat ausnahmsweise eine "Nachbesetzung" ermöglicht, damit das MVZ durch das Ausscheiden angestellter Ärzte nicht in seinem Bestand gefährdet wird. Ziel der Regelungen ist es, zu verhindern, dass MVZ "ausbluten" (vgl BT-Drucks 15/1525 S 112). Wie auch aus der Verwendung des Begriffs der "Nachbesetzung" deutlich wird, geht es ausschließlich darum, - unter Inkaufnahme der fortbestehenden Überversorgung - die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Dem Ziel wird umfassend dadurch Rechnung getragen, dass auf der Stelle des Arztes, der aus dem MVZ ausscheidet, ein Arzt beschäftigt werden kann, der bedarfsplanungsrechtlich derselben Arztgruppe zuzuordnen ist (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 18). Dies war hier nicht der Fall. Der Chirurg Dr. S. und der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie P. gehören nicht derselben Arztgruppe an.

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aa) Die bedarfsplanungsrechtlich relevanten Arztgruppen hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in der BedarfsplRL normiert. Nach § 6 BedarfsplRL(§ 3 BedarfsplRL aF) bestimmt sich die Zusammensetzung der Arztgruppen nach der Versorgungsausrichtung oder erfolgt in Anlehnung an die (Muster-)Weiterbildungsordnung. In §§ 11 - 14 BedarfsplRL(§ 4 BedarfsplRL aF) hat der GBA hierzu Fachgebiete und Tätigkeitsbereiche den verschiedenen Arztgruppen zugeordnet. Die Definition der Arztgruppen im Sinne der Bedarfsplanung beruht weitgehend auf den nach den geltenden Weiterbildungsordnungen erworbenen Facharztbezeichnungen (vgl auch die Tragenden Gründe des GBA zum Beschluss vom 20.12.2012 S 8, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die bedarfsplanungsrechtliche Zuordnung entspricht aber nicht vollständig der weiterbildungsrechtlichen Gliederung. Vielmehr werden teilweise verschiedene Fachgebiete mit übereinstimmender Versorgungsausrichtung bedarfsplanungsrechtlich zu einer Arztgruppe zusammengefasst (vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 20; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 16 f). Neben der Bestimmung nach Fachgebieten hat der GBA vereinzelt auch auf weitere Kriterien abgestellt wie in § 11 Abs 2 Nr 2 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 1 BedarfsplRL aF) bei Internisten ohne Schwerpunkt auf die Entscheidung zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung (§ 73 Abs 1a Satz 1 Nr 3 SGB V) und bei der Bestimmung der Arztgruppe der Psychotherapeuten in § 12 Abs 2 Nr 8 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 4 BedarfsplRL aF) auf Tätigkeitsbereiche und iVm § 18 BedarfsplRL(§ 11 BedarfsplRL aF) auf bestimmte Leistungen. Somit muss für die erforderliche Zuordnung zu derselben Arztgruppe nicht notwendig die Fachgebietsbezeichnung des Nachfolgers mit derjenigen des ausscheidenden Arztes übereinstimmen (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 31). Vorausgesetzt wird aber, dass der nachfolgende Arzt sich aufgrund der normierten Qualifikationen bzw Kriterien in der BedarfsplRL der Arztgruppe des bisherigen Stelleninhabers zuordnen lässt (vgl auch Pawlita in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, § 103 RdNr 147).

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Daran fehlte es hier. Die maßgeblichen Arztgruppen der Chirurgen und der Orthopäden hat der GBA durch bestimmte Facharztqualifikationen definiert. Zur Arztgruppe der Chirurgen gehören die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, Kinderchirurgie, Plastische Chirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Gefäßchirurgie sowie Visceralchirurgie, § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 6 BedarfsplRL aF). Nicht zu dieser Arztgruppe gehören die Fachärzte für Herzchirurgie, die Fachärzte für Thoraxchirurgie und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (§ 12 Abs 2 Nr 2 Satz 2 BedarfsplRL). Damit folgt das Bedarfsplanungsrecht hier nicht dem Weiterbildungsrecht, das die "Orthopädie und Unfallchirurgie" als eine von acht Facharztkompetenzen innerhalb des Gebiets der Chirurgie normiert (vgl die Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer 2003 idF vom 23.10.2015). Mit der Neufassung der Musterweiterbildungsordnung gemäß dem Beschluss des 106. Deutschen Ärztetages 2003 entfiel die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie für das Gebiet der Chirurgie. Das Gebiet der Orthopädie war nicht mehr gesondert aufgeführt. Die Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bildet seitdem eine Facharztkompetenz im Gebiet der Chirurgie ab. Bedarfsplanungsrechtlich ist Herrn P. nach § 12 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL(§ 4 Abs 2 Nr 7 BedarfsplRL aF) jedoch der Arztgruppe der Orthopäden zugeordnet. Danach gehören zur Arztgruppe der Orthopäden die Fachärzte für Orthopädie (nach altem Weiterbildungsrecht) und die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht). Nach den Regelungen der BedarfsplRL waren der ausscheidende Dr. S. und der nachfolgende Arzt P. damit verschiedenen Arztgruppen zugerechnet.

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bb) § 16 Satz 1 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung bzw die nahezu wortgleiche Regelung des zuvor geltenden § 4 Abs 7 BedarfsplRL idF des Beschlusses des GBA vom 15.2.2007 (BAnz Nr 64 S 3491), wonach im Fall der Praxisnachfolge die Praxis auch für Ärzte ausgeschrieben werden kann, welche ganz oder teilweise in einem Fachgebiet tätig sind, das mit dem alten Fachgebiet übereinstimmt, verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg.

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(1) § 16 bzw § 4 BedarfsplRL ist auch auf die Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ anwendbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Zwar ist dort ausdrücklich nur von "Praxisnachfolge" und nicht von der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ die Rede. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift gilt sie aber auch für diesen Fall entsprechend. Die Regelung sollte ausweislich der dazu veröffentlichten tragenden Gründe (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung) Änderungen in der Weiterbildungsordnung mit Auswirkung auf die Zuordnung zur Arztgruppe Rechnung tragen. Sie dient mithin dem Zweck, bei Änderungen des Weiterbildungsrechts eine Praxisnachfolge desjenigen Arztes zu ermöglichen, dessen nach neuem Weiterbildungsrecht erworbene Gebietsbezeichnung derjenigen des Praxisabgebers entspricht. Ausdrücklich genannt wird in den tragenden Gründen das Beispiel, dass ein Facharzt für Chirurgie mit der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie nach altem Recht die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht weitergeben könne. Damit, so der GBA in den tragenden Gründen, erfolge die Weitergabe der Praxis entsprechend der Versorgungsausrichtung der Praxis. Das Bedürfnis, Änderungen im Weiterbildungsrecht bedarfsplanerisch nachzuvollziehen, besteht bei der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ in gleichem Maße. Soweit der Beklagte in seinem Bescheid einen wesentlichen Unterschied zwischen Praxisnachfolge und Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ darin gesehen hat, dass die Praxisnachfolge der Wahrung der Eigentumsrechte des abgebenden Vertragsarztes auch bei Überversorgung diene, hat er nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Gesetzgeber auch mit der gesetzlichen Regelung zur Nachbesetzung das Fortbestehen einer Überversorgung bezogen auf den Planungsbereich und die jeweilige Arztgruppe in Kauf nimmt, um die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Die Zielsetzung des § 103 Abs 4a Satz 3 SGB V ist insofern mit der des § 103 Abs 4 SGB V vergleichbar(vgl BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). Deshalb bestehen für das MVZ bei der Nachbesetzung einer Arztstelle die gleichen Bindungen an die Arztgruppe wie bei der Nachfolgezulassung, gleichzeitig aber auch die gleichen Ausnahmeregelungen. Dass der GBA die Regelung allein für die Praxisnachfolge und bewusst nicht für die Nachbesetzung treffen wollte, ist nicht ersichtlich (aA LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.8.2015 - L 5 KA 5076/14 ER-B - Juris RdNr 31 ff).

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(2) § 16 Satz 1 BedarfsplRL ermöglicht die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung der Stelle eines Facharztes für Chirurgie mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht.

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Die Regelung des § 16 Satz 1 bzw § 4 Abs 7 BedarfsplRL ist vom GBA vor dem Hintergrund von Änderungen des Weiterbildungsrechts in die damalige BedarfsplRL(Neufassung vom 15.2.2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2007 S 3491, in Kraft getreten am 1.4.2007, in die die bereits am 18.1.2007 als Nr 7b beschlossene Regelung als § 4 Abs 7 übernommen wurde) aufgenommen worden. Weiterbildungsrechtliche Übergangsregelungen sahen im Zusammenhang mit den Änderungen vor, dass Ärzte mit Schwerpunktbezeichnungen, die zukünftig nicht mehr erworben werden konnten, die Berechtigung zum Führen der entsprechenden neuen Bezeichnungen beantragen konnten. So war es auch im Bereich der Unfallchirurgie: Chirurgen, die im Besitz der Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" waren, konnten nach der Musterweiterbildungsordnung die neue Facharztbezeichnung "Orthopädie und Unfallchirurgie" innerhalb einer Frist von drei Jahren beantragen, wenn sie mindestens zwei Jahre Weiterbildung im Gebiet Orthopädie nachwiesen. Da die bedarfsplanungsrechtlichen Vorschriften weitgehend an die weiterbildungsrechtlichen Bezeichnungen anknüpfen, hat der GBA Regelungsbedarf gesehen (vgl die Tragenden Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung). Die Vorschrift des § 16 Satz 1 BedarfsplRL nF, § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF bezweckt allein, den Auswirkungen der weiterbildungsrechtlichen Änderungen auf die Bedarfsplanung entgegenzuwirken(vgl hierzu auch BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 19). In den Regelungen des Weiterbildungsrechts findet sich aber keine Möglichkeit für Chirurgen ohne Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" - auch wenn sie tatsächlich überwiegend unfallchirurgisch tätig waren -, ihre Facharztbezeichnung zu "Orthopädie und Unfallchirurgie" zu ändern. Dies stand allein den Chirurgen mit dem Schwerpunkt "Unfallchirurgie" zu (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 52, Abs 6 und 7). Dementsprechend ist in den Tragenden Gründen zu § 4 Abs 7 BedarfsplRL aF ausdrücklich als Beispiel aufgeführt, dass ein Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" nach altem Weiterbildungsrecht, welcher der Arztgruppe der Chirurgen zugeordnet sei, die Praxis an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nach neuem Weiterbildungsrecht übergeben könne, der der Arztgruppe der Orthopäden zuzuordnen sei(Tragende Gründe vom 18.1.2007, abrufbar unter www.g-ba.de, Beschlüsse, Bedarfsplanung).

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Ob es sinnvoll oder in Anbetracht der tatsächlich bestehenden Schwierigkeiten bei der Praxisnachfolge für chirurgisch tätige Vertragsärzte und der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen in MVZ angezeigt wäre, den Änderungen im Weiterbildungsrecht noch stärker bedarfsplanungsrechtlich Rechnung zu tragen, kann hier offenbleiben. Sowohl der GBA als auch die Zulassungsgremien werden indessen die weitere Entwicklung im Weiterbildungsrecht beobachten und gegebenenfalls auf Verwerfungen reagieren müssen. Im Rahmen der Fortentwicklung der Bedarfsplanung wird ua der Zuschnitt der bisherigen Arztgruppen "Chirurgie" und "Orthopädie" sowie die Zuordnung der Unfallchirurgie zur Orthopädie zu überprüfen und ggf den Verhältnissen anzupassen sein. Dabei kann vor allem von Bedeutung sein, ob künftig hinreichend Ärzte mit den für die Arztgruppe der Chirurgen in § 12 Abs 2 Nr 2 Satz 1 BedarfsplRL genannten Qualifikationen an einer Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung interessiert sind.

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Offenbleiben kann auch, wie die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes oder einer Arztstelle im MVZ durch einen Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zu beurteilen ist, wenn der ausscheidende Arzt für Chirurgie zwar nicht die Schwerpunktbezeichnung "Unfallchirurgie" geführt hat, aber als sog Durchgangsarzt nach § 34 Abs 2 SGB VII tätig war. Da die Berufsgenossenschaften die Anerkennung eines chirurgisch tätigen Arztes als Durchgangsarzt davon abhängig machen, dass dieser (auch) die Bezeichnung "Unfallchirurgie" führt, könnte der Gesichtspunkt der Versorgungskontinuität der vertragsärztlichen und berufsgenossenschaftlichen Tätigkeit in einer Praxis oder einem MVZ dafür sprechen, in einem solchen Fall § 16 BedarfsplRL entsprechend anzuwenden. Das Anerkennungsverfahren der Berufsgenossenschaften nach § 34 Abs 2 SGB VII hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf vertragsärztliche Zulassungen. Die ambulante Heilbehandlung nach § 27 SGB VII ist aber eng mit der vertragsärztlichen Versorgung verbunden, wie sich schon aus der nach § 34 Abs 4 SGB VII bestehenden Gewährleistungsverpflichtung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch für die gesetzeskonforme Durchführung der ambulanten berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung ergibt.

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b) Es kann auch dahinstehen, ob Dr. S. und Herr P., wie die Klägerin vorträgt, identische Leistungen erbracht haben. Dass der Rahmen der bisherigen ärztlichen Tätigkeit in inhaltlicher Hinsicht im Wesentlichen eingehalten wird, ist neben der Übereinstimmung bezogen auf die Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung sowie den Umfang der Anstellung Voraussetzung für die Nachbesetzung (BSGE 116, 173 = SozR 4-2500 § 103 Nr 14, RdNr 23; BSGE 109, 182 = SozR 4-2500 § 103 Nr 8, RdNr 20). Eine inhaltliche Übereinstimmung zwischen der Tätigkeit des ausscheidenden Arztes und dem für die Nachbesetzung vorgesehenen Arzt ist aber nicht geeignet, das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe zu ersetzen.

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Bezogen auf die Facharztkompetenzen "Chirurgie" einerseits und "Orthopädie und Unfallchirurgie" andererseits bestehen zwar Schnittstellen hinsichtlich der Ausbildungsinhalte und abrechenbaren Leistungen, sie weisen aber auch Unterschiede auf: Für alle chirurgischen Fächer ist eine gemeinsame Basisausbildung vorgesehen und eine weitergehende Ausbildung zur Erlangung der jeweiligen Facharztkompetenz wie der Allgemeinchirurgie oder der Orthopädie und Unfallchirurgie (vgl die Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, Abschnitt B, Nr 7). Bei den Weiterbildungsinhalten für den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie steht an erster Stelle die Behandlung von Verletzungen und deren Folgezuständen sowie von angeborenen und erworbenen Formveränderungen, Fehlbildungen, Funktionsstörungen und Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 44 f). Als Weiterbildungsinhalt der Allgemeinchirurgie ist zuerst die operative und nicht operative Grund- und Notfallversorgung bei gefäß-, thorax-, unfall- und visceralchirurgischen einschließlich der koloproktologischen Erkrankungen, Verletzungen, Fehlbildungen und Infektionen genannt (vgl Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 23.10.2015, S 36 f). Die Behandlung von Schwer- und Mehrfachverletzten einschließlich des Traumamanagements ist nur für die Ausbildung von Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie zwingend vorgegeben, operative Eingriffe an Kopf/Hals sowie Brust- und Bauchwand sind wiederum allein bei der Allgemeinchirurgie aufgeführt. Im Hinblick auf die vertragsärztlich erbringbaren und abrechenbaren Leistungen finden sich im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) ebenfalls einerseits zahlreiche Überschneidungen, wie aus den Verweisen in den Präambeln zu den spezifischen Gebührenordnungspositionen (GOP) deutlich wird (Kapitel 7 Chirurgische, kinderchirurgische und plastisch-chirurgische Gebührenordnungspositionen, 7.1 Präambel Nr 5 und 6; Kapitel 18 Orthopädische Gebührenordnungspositionen 18.1 Präambel Nr 2 und 3). Andererseits finden sich spezielle Regelungen für die Fachärzte für Chirurgie. So können beispielsweise nur Chirurgen die Leistungen nach dem Kapitel 30.5 (Phlebologie) und 30.6 (Proktologie) EBM-Ä sowie internistische Leistungen nach den GOP 13310, 13400 EBM-Ä abrechnen (Kapitel 7, 7.1 Präambel Ziffer 3 EBM-Ä). Bei den allgemeinen diagnostischen und therapeutischen GOP bestehen ebenfalls Übereinstimmungen, daneben aber auch zahlreiche Unterschiede. Spezifisch für die Chirurgie ist etwa die Behandlung und/oder Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung (Ziffer 07345 EBM-Ä) und für die Orthopädie die Behandlung von Patienten mit rheumatoider Arthritis, seronegativer Spondylarthritis, Kollagenose oder Myositis (Ziffer 18700 EBM-Ä) sowie die orthopädisch-rheumatologische Funktionsdiagnostik (Ziffer 18320 EBM-Ä).

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Auch bei einer (zunächst) gleichen (unfallchirurgischen) Tätigkeit von bisherigem und prospektivem Stelleninhaber kann auf das Erfordernis der Übereinstimmung in der bedarfsplanungsrechtlichen Arztgruppe nicht verzichtet werden. Die Bedarfsplanung dient dazu, eine ausreichende und gleichmäßige Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Soweit dabei typisierend Arztgruppen gebildet werden, ist zu beachten, dass jeder Facharzt Leistungen grundsätzlich nur innerhalb seines Fachgebietes erbringen darf und eine systematische Leistungserbringung außerhalb des Fachgebietes ausgeschlossen ist (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 135 Nr 25 RdNr 19). Andererseits kann ein Vertragsarzt über sein Leistungsgeschehen innerhalb seines Fachgebietes nur in einem begrenzten Umfang bestimmen und jedenfalls keine kontinuierliche und stabile Tätigkeit allein bestimmter (hier unfallchirurgischer) Behandlungen vorhersagen. In die vertragsärztliche Versorgung eingebundene Ärzte sind zur umfassenden Behandlung der Versicherten im Rahmen ihrer Zulassung bzw Anstellung berechtigt und verpflichtet (vgl BSGE 88, 20, 24 = SozR 3-2500 § 75 Nr 12 S 70). Sofern sich die ärztliche Tätigkeit aufgrund eines veränderten Versorgungsbedarfs verschiebt, ist das jeweilige Fachgebiet ausschlaggebend und ggf begrenzend. Durch Anstellungsgenehmigungen für Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie im Wege der Nachbesetzung chirurgischer Arztstellen könnte es zu unerwünschten Veränderungen in der Versorgung zu Lasten der chirurgischen Facharztkompetenzen kommen. Die Sicherstellung des Angebots an ausreichenden Leistungserbringern für chirurgische Leistungen außerhalb der Unfallchirurgie würde gefährdet, wenn generell chirurgische Arztsitze mit Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt werden könnten.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.