Bundessozialgericht Urteil, 28. Juni 2017 - B 6 KA 28/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:280617UB6KA2816R0
bei uns veröffentlicht am28.06.2017

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7., die sie selbst tragen.

Tatbestand

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Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich B.

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Der Kläger ist psychologischer Psychotherapeut. Er arbeitet seit 2009 ohne eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung freiberuflich in eigener Praxis im B. Bezirk F.-K. (Ortsteil F.). Gesetzlich versicherte Patienten behandelt er dort im Kostenerstattungsverfahren. Der Planungsbereich B. ist für die Gruppe der Psychotherapeuten wegen Überversorgung gesperrt.

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Im Mai 2011 beantragte der Kläger, der psychotherapeutische Leistungen im Bereich der Verhaltenstherapie anbietet, eine Sonderbedarfszulassung als psychologischer Psychotherapeut. Die Bewilligung von Psychotherapien im Kostenerstattungsverfahren durch die Krankenkassen belege eine generelle wohnortnahe Unterversorgung mit Psychotherapie und eine b. weite Unterversorgung mit speziellen psychotherapeutischen Angeboten. Es bestehe sowohl ein lokaler wie ein qualitativer Versorgungsbedarf. Zwar sei B. unter Berücksichtigung der Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Bedarfsplanungs-RL) überversorgt. Dem liege jedoch der Umstand zugrunde, dass sich die Bedarfsplanung auf die Zahl der gegen Anfang der 1990er zugelassenen Psychotherapeuten beziehe und den damaligen Status festschreibe, damit jedoch in keiner Weise den realen Versorgungsbedarf in der Stadt widerspiegele. Ein besonderes Problem stelle die sexualtherapeutische Versorgung dar, die er im Schwerpunkt durchführe. Forschungsergebnisse bestätigten hier die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Behandlungskonzepte. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt sei die psychotherapeutische Behandlung onkologischer Patienten, die einen besonderen Kenntnisstand bezogen auf onkologische Erkrankungen voraussetze. Zur weiteren Begründung bezog sich der Kläger ua auf zahlreiche Bescheide, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung durch die Krankenkassen bewilligt worden waren. Ferner verwies der Kläger auf die Schreiben von Patienten, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren dem Antrag Stellungnahmen ua von Kollegen beigefügt, in denen lange Wartezeiten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

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Mit Beschluss vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.10.2011 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten (ZA) den Antrag des Klägers ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch einschließlich eines Antrags auf reguläre Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung wies der Beklagte mit Beschluss vom 22.2.2012/Bescheid vom 16.4.2012 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung werde abgelehnt, weil für psychologische Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet seien. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Psychotherapeutensitzes (Sonderbedarfszulassung) seien ebenfalls nicht gegeben. Für einen lokalen Bedarf im Bezirk F.-K. sei auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nichts ersichtlich. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass es zu längeren Wartezeiten für die Aufnahme psychotherapeutischer Behandlungen gekommen sei, ergebe sich daraus kein lokaler Sonderbedarf, denn ein solcher folge nicht aus Anfragen an bestimmte Behandler, sondern aus objektiven Gegebenheiten. Angesichts einer Überversorgung von 158 % im Bezirk F.-K. spreche nichts für einen lokalen Sonderbedarf. Die bloße Behauptung eines Sonderbedarfs ohne konkrete entsprechende Anhaltspunkte gebe keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.

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Ein besonderer Versorgungsbedarf iS des § 24 Buchst b Bedarfsplan-RL-Ärzte scheide bereits deshalb aus, weil kein durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschriebener besonderer Versorgungsbedarf vorliege. Als Gründe für einen besonderen Versorgungsbedarf kämen allenfalls innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der Verhaltenstherapie in Frage. Dass ein solches Defizit im Bereich der verhaltenstherapeutischen Behandlung bestehe, habe der Kläger nicht behauptet und auch nicht belegt. Die Behandlung des von ihm beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz könnte zwar ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstellen; sie sei aber nicht Gegenstand einer besonderen Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinien-Verfahren beschrieben werde. Auch die Voraussetzungen einer Ermächtigung nach § 31 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) seien nicht erfüllt, weil weder eine Unterversorgung bestehe oder drohe noch ein zu deckender zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf feststellbar sei.

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Das SG hat den Beschluss des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Sonderbedarfszulassung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu entscheiden (SG-Urteil vom 23.4.2014). Zwar bestehe ein lokaler Sonderbedarf nicht. Bei der Prüfung des besonderen Versorgungsbedarfs nach § 24 Abs 1 Buchst b Bedarfsplanungs-RL sei der Beschluss des Beklagten jedoch beurteilungsfehlerhaft, weil der Sachverhalt bezogen auf die Versorgungssituation bezüglich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie in B. hätte ermittelt werden müssen. Insbesondere hätte eine repräsentative Befragung von Vertragspsychotherapeuten mit diesem Richtlinienverfahren erfolgen müssen.

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Die dagegen eingelegte Berufung der zu 1. beigeladenen Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat das LSG Berlin (Urteil vom 27.4.2016) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen habe. Streitgegenstand sei nur noch ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung im Hinblick auf einen möglichen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf. Soweit das SG einen lokalen Sonderbedarf ausgeschlossen habe, habe der hierdurch belastete Kläger kein Rechtsmittel eingelegt. Insoweit sei das Urteil des SG rechtskräftig. Der Beschluss des Beklagten entspreche nicht den in der Rechtsprechung zur Prüfung eines Sonderbedarfs entwickelten Vorgaben. Danach müssten die Zulassungsgremien ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gründen. Ihnen obliege es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und ihre Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, zu verifizieren. Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe, stünden den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie könnten die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen. So könne eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe. Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte könnten auch auf die bei den Ärzten bestehende Wartezeiten ausgerichtet sein. Wenn die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis kämen, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben sei, so bedürfe es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheine sowie, ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs erstrecke und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreiche. Diesen Vorgaben werde der angefochtene Beschluss des Beklagten nicht gerecht. Ein besonderer Versorgungsbedarf im Bereich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie lasse sich für den Zulassungsbezirk und Planungsbereich B. nach dem derzeitigen Sachstand nicht ausschließen. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass es wegen des hohen Versorgungsgrades in B. keiner weiteren Ermittlungen zur Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs im Bereich der Verhaltenstherapie bedürfe. Der zum Teil außerordentlich hohe Anteil von psychotherapeutischen Praxen in B. mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, wie er sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 17.4.2012 ergebe (BT-Drucks 17/9329 S 12 ff), belege den vom Senat aus einer Reihe von Verfahren gewonnenen Eindruck, dass gerade in dieser Fachgruppe zahlreiche zugelassene Leistungserbringer ihrem Versorgungsauftrag nicht in vollem Umfang entsprächen. Anlass zu weiteren Ermittlungen des Beklagten gebe auch die hohe Zahl der in Form von Kostenerstattungsverfahren bewilligten, vom Kläger zu erbringenden Verhaltenstherapien.

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Dagegen wendet sich die zu 1. beigeladene KÄV mit ihrer Revision. Das LSG verkenne, dass auch die Sachverhaltsermittlung unter die ausschließliche Beurteilungsprärogative der handelnden Behörde falle. Der Beklagte verfüge auf der Basis vorangegangener Verfahren und der bekannten Versorgungsgrade über eine hinreichende Kenntnis der ambulanten Versorgungssituation. Angesichts eines eklatant hohen Versorgungsgrades im Planungsbereich B. von rechnerisch mehr als 180 % habe keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden. Eine ergänzende Amtsermittlung wäre unter diesen Umständen reine Förmelei. Das LSG habe auch die Bedeutung der Antragsbegründung für den Umfang der Amtsermittlung verkannt. Aufgabe der Zulassungsgremien sei es, den behaupteten Sachverhalt zu überprüfen. Der Antragsteller habe den ungedeckten Bedarf an Psychotherapieleistungen im Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie schlicht behauptet, ohne dies hinreichend zu begründen. Im Übrigen habe der Gesetzgeber zuletzt mit der Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass ab einem Versorgungsgrad von mehr als 140 % ein Abbau der Versorgung zu erfolgen habe. Deshalb solle ein Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei Überschreitung eines Versorgungsgrades von 140 % grundsätzlich abgelehnt werden. Die Zulassungsgremien dürften darauf vertrauen, dass die Bedarfsplanung mit den ihr zugrundeliegenden Grundsätzen und Verhältniszahlen hinreichend Auskunft über die Versorgungslage gebe. Es sei nicht Aufgabe der Zulassungsgremien, losgelöst von der tatsächlichen Versorgungssituation und losgelöst von der Begründung des jeweiligen Antrags in Sonderbedarfszulassungsverfahren nach potentiellen Versorgungslücken zu forschen.

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Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 und des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

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Der Beklagte trägt - ohne einen Antrag zu stellen - vor, dass mit der Auffassung der Beigeladenen zu 1. davon auszugehen sei, dass aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen der regulären Zulassung und der Sonderbedarfszulassung aus dem entsprechenden Zulassungsantrag hervorgehen müsse, weshalb und wo eine Versorgungslücke bestehe, die durch Zulassung des Antragstellers geschlossen werden könne. Ein ohne nähere Begründung gestellter Antrag ziele letztlich darauf ab, den Zulassungsgremien die Prüfung zu übertragen, ob die in der Bedarfspl-RL vorgegebenen Verhältniszahlen zutreffend seien. Eine derartige Prüfung sei den Zulassungsgremien jedoch weder zugewiesen noch möglich. Die Richtlinien-Verfahren zur Behandlung von psychischen Störungen seien grundsätzlich als gleichwertig anzusehen. Ein Psychotherapeut mit dem Richtlinien-Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie könne die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln. Deshalb könnten dem Zulassungsantrag keine konkreten Anhaltspunkte zur Ermittlung des Versorgungsbedarfs entnommen werden. Angesichts des hohen Grades der Überversorgung habe sich dem Beklagten auch nicht "aufgedrängt", dass es einen Personenkreis gebe, der gerade und ausschließlich durch Verhaltenstherapie therapiert werden möchte und der keinen entsprechenden Therapieplatz erhalte. Feststellungen zum Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen im Sinne der verschiedenen Richtlinie-Verfahren ließen sich kaum treffen, weil die Unterschiede regelmäßig auf der Anbieterseite, weniger aber auf der Nachfrageseite bestünden. Patienten suchten eher therapeutische Hilfe und weniger ein bestimmtes Verfahren. Der Behandlung sexueller Präferenzstörungen entspreche keine spezifischen Qualifikation, wie sie in § 37 Bedarfspl-RL beschrieben sei. Es sei grundsätzlich Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bzw der entsprechenden Landesgremien, die Versorgungsnotwendigkeiten allgemein zu definieren und insbesondere auf Landesebene in den einzelnen Zulassungsbezirken zu beschreiben. Eine allgemeine Kontrolle der dabei erzielten Ergebnisse stehe den Zulassungsgremien nicht zu. Ihre Aufgabe sei es lediglich, im Einzelfall auf der Grundlage von §§ 36, 37 BedarfsplRL von diesen Planungen nicht erfasste einzelne Versorgungslücken zu schließen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Dem Gesetz sei kein statistischer Versorgungsgrad zu entnehmen, bei dessen Überschreitung Sonderbedarfszulassungen nicht mehr möglich wären. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz habe der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Sonderbedarfszulassung gestärkt. Ausschlaggebend für die Entscheidung über den Antrag auf Sonderbedarfszulassung sei nicht der generelle Versorgungsgrad, sondern das Ergebnis der Ermittlungen zur tatsächlichen Versorgungslage. Angaben über die Zahl der im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte könne unter diesen Umständen allenfalls indizielle Bedeutung zukommen. Ausschlaggebend könne nicht ein potenzielles, sondern nur ein reales Versorgungsangebot sein. Der Beklagte habe seine Entscheidung letztlich ausschließlich auf den statistischen Versorgungsgrad in B. gestützt und keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen, anhand derer er sich ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betreffenden Planungsbereich hätte machen können. Die Auffassung des Beklagten, dass er keinen hinreichend substantiierten Antrag gestellt habe, sei unzutreffend. Der Beklagte überspanne die Begründungsanforderungen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der beigeladenen KÄV hat keinen Erfolg. Das LSG hat den beklagten Berufungsausschuss zu Recht zur Neubescheidung verurteilt. Der Bescheid des Beklagten, mit dem der Antrag des klagenden Psychotherapeuten auf Sonderbedarfszulassung abgelehnt worden ist, ist rechtswidrig. Der beklagte Berufungsausschuss hätte vor seiner Entscheidung Ermittlungen zu der Frage durchführen müssen, ob in B. (Planungsbereich) ein Versorgungsdefizit bezogen auf das vom Antragsteller angebotene Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie besteht.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine qualifikationsbezogene (Sonderbedarfs-)Zulassung nach § 37 BedarfsplRL(entsprechend § 24 Buchst b BedarfsplRL aF). Das SG hat die Entscheidung des Beklagten mit der Maßgabe aufgehoben, dass ein lokaler Sonderbedarf nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(§ 24 Buchst a BedarfsplRL aF)nicht bestehe und dass der Beklagte deshalb allein über das Bestehen eines besonderen Versorgungsbedarfs bezogen auf Therapieangebote im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie neu zu entscheiden habe. Dies hat der Kläger hingenommen. Das LSG hat diese Maßgabe aus dem Urteil des SG auch nicht geändert. Diese ist damit bindend geworden (vgl BSG Urteil vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 15; BSG Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R - SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 f, jeweils mwN; allgemein zur Bindungswirkung bei Bescheidungsurteilen vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 141 RdNr 11a).

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2. Gesetzliche Grundlage für die vom Kläger begehrte ausnahmsweise Zulassung von Ärzten in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V in der seit dem 1.1.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Danach beschließt der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Die Ausnahmeregelung gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren die Berufsausübung nicht unverhältnismäßig beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99, Juris RdNr 10).

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Die konkreten Voraussetzungen für eine solche ausnahmsweise Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze hat gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V der GBA festzulegen. Gegen diese Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19; BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 19 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen).

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a) Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die BedarfsplRL nachgekommen. Maßgebend sind hier die §§ 36, 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Neufassung (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz AT 3.7.2013 B5) und nicht mehr § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welcher - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 Buchst a und b BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalt.

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Die Anwendung der genannten Neufassung der BedarfsplRL folgt daraus, dass für das Zulassungsbegehren des Klägers die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden sind. Danach sind grundsätzlich alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Der Senat geht dabei - abweichend vom LSG - davon aus, dass die mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7) eingeführte Übergangsregelung nach § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL hier keine Anwendung findet. § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL bestimmt, dass für entsprechend der Ärzte-ZV ordnungsgemäß und vollständig gestellte Zulassungsanträge der Arztgruppen nach §§ 11, 12 und 13 Abs 1 Nr 1, 2 und 4, die vor den Beschlüssen des Landesausschusses nach § 63 Abs 2 und 3 BedarfsplRL gestellt worden sind, die BedarfsplRL 2007 weiter gilt. Die in Bezug genommenen Abs 2 und 3 des § 63 BedarfsplRL betreffen Beschlüsse, die der Landesausschuss nach § 103 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V zur Frage des Vorliegens von Überversorgung im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der durch das GKV-VStG geänderten Vorschriften zur Bedarfsplanung(geänderte Vorgaben zur Bildung von Planungsbereichen, Einführung eines Demographiefaktors, ua; vgl dazu auch die Tragenden Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013, S 26) erlässt. Sonderbedarfszulassungen sind nicht Gegenstand dieser Beschlüsse der Landesausschüsse. Die Voraussetzungen für Sonderbedarfszulassungen waren mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 auch noch nicht neu geregelt worden, sondern zunächst inhaltlich unverändert geblieben, sodass es einer Übergangsregelung nicht bedurfte. Dass die in § 63 Abs 5 BedarfsplRL getroffene Übergangsregelung zur Fortgeltung der BedarfsplRL 2007 nicht auf die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung bezogen werden kann, sondern dass insoweit die zum Zeitpunkt der Entscheidung jeweils geltende Fassung der BedarfsplRL maßgebend ist, wird schließlich durch die Präambel zum 8. Abschnitt der BedarfsplRL (vor § 36) aus dem Beschluss des GBA vom 20.12.2012 bestätigt. Danach gelten die hier (§§ 36 ff) eingefügten mit der BedarfsplRL 2007 inhaltsgleichen Regelungen zur Sonderbedarfszulassung "bis zur Neuregelung". Daraus kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass nach der Neuregelung zur Sonderbedarfszulassung, die erst mit Beschluss des GBA vom 16.5.2013 erfolgt ist, die neuen Vorschriften anzuwenden sind. Eine die Vorschriften zur Sonderbedarfszulassung betreffende Übergangsregelung ist auch in dem Beschluss vom 16.5.2013 nicht enthalten und eine solche war auch nicht erforderlich, weil damit keine Änderungen zum Nachteil der Antragsteller bezogen auf Sonderbedarfszulassungen eingetreten sind. Die Neuregelung mit Beschluss des GBA diente schließlich einer Umsetzung der Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch das GKV-VStG, mit der die Regelungen zur Sonderbedarfszulassungen sprachlich präziser gefasst und erweitert werden sollten(BT-Drucks 17/6906 S 73 f; zu der Frage, ob damit überhaupt eine inhaltliche Änderung verbunden war vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 33; kritisch dazu Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68; vgl auch ders, KrV 2014, 229, 239).

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b) Nach § 37 Abs 1, Abs 2 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

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Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes bzw Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Wie der Senat bereits zu § 24 Buchst b BedarfsplRL 2007 entschieden hat, handelt es sich bei den psychoanalytisch begründeten Verfahren einerseits und der Verhaltenstherapie andererseits um unterschiedliche Versorgungsbereiche, für die im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist(BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Daran hat sich durch die Neufassung mit der Bedarfsplanungsrichtlinie nichts geändert. § 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Fassung des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013 richtet die besondere Qualifikation (nicht anders als § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL 2007) eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren aus. Von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V hat der GBA damit sachgerechten Gebrauch gemacht(BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 24).

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c) Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19). Ausschlaggebend für die Zuerkennung dieses Beurteilungsspielraums ist der Umstand, dass es sich bei den Zulassungs- und Berufungsausschüssen um sachverständige, gruppenplural zusammengesetzte Gremien handelt, die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen haben (vgl BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, 18).

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d) Auch bei Beachtung der nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Entscheidungen über Anträge auf Sonderbedarfszulassung kann der angefochtene Bescheid des Beklagten keinen Bestand haben, weil die erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat. Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (§ 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL, vgl BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 19; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

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Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich die Zulassungsgremien bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen und ermitteln, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärzten aber nicht angeboten werden(BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18; BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38, jeweils mwN). Danach trifft die Zulassungsgremien die Pflicht zur umfassenden Ermittlung aller entscheidungserheblichen Tatsachen (§ 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL). Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist es nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig geboten, die bereits niedergelassenen Ärzte nach ihrem Leistungsangebot und der Aufnahmekapazität ihrer Praxen zu befragen (vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6). Diese Befragung hat sich mit Rücksicht auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V entsprechend der Zielrichtung von Sonderbedarfszulassungen grundsätzlich auf die gesamte Breite eines medizinischen Versorgungsbereichs (hier: Psychotherapie im Bereich Verhaltenstherapie) und nicht nur auf einzelne spezielle Leistungen zu erstrecken(vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6).

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Dabei dürfen sich die Sachverhaltsermittlungen typischerweise nicht in Befragungen der im Einzugsbereich tätigen Vertragsärzte erschöpfen, weil die Gefahr besteht, dass die Äußerungen der befragten Ärzte in starkem Maße auf deren subjektiven Einschätzungen beruhen und von deren individueller Interessenlage beeinflusst sein können (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19). Daher fordert der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die Zulassungsgremien die Antworten kritisch würdigen und sie objektivieren und verifizieren (vgl BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19, 22, 28; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15, 31; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 28 mwN); auf jeden Fall sind die Aussagen der befragten Ärzte nicht ohne Weiteres als Entscheidungsgrundlage ausreichend (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19).

25

Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; für Ermächtigungen vgl: BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7 f; BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 und 18)oder tatsächlich nicht in der Lage sind (vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38 mwN).

26

e) Der Beklagte hat das Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs in dem angefochtenen Bescheid mit der Begründung verneint, dass der Kläger ein Defizit bezogen auf das Versorgungsangebot im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nicht behauptet und auch nicht belegt habe. Es werde nicht in Zweifel gezogen, dass die Behandlung des vom Kläger beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstelle. Bei der Qualifikation des Klägers in diesem Betätigungsfeld handele es sich aber nicht um eine besondere Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinienverfahren beschrieben sei. Richtig an dieser Argumentation der Beklagten ist, dass sich § 37 Abs 2 BedarfsplRL bei der Definition der besonderen Qualifikation an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und bei entsprechender Anwendung auf Psychotherapeuten(vgl § 1 Abs 3 BedarfsplRL) an den drei Richtlinienverfahren ausrichtet. Daraus folgt, dass besondere Qualifikationen, die nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, außer Betracht bleiben (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16; kritisch dazu: Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68). Das hat der im gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger auch nicht mehr in Zweifel gezogen. Im Verwaltungsverfahren hat er zwar den nach seiner Auffassung bestehenden besonderen Bedarf im Bereich der Behandlung sexueller Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz sowie der psychoonkologischen Versorgung in den Vordergrund gestellt. Er hat jedoch bereits dort einen Bezug zu dem von ihm angebotenen Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie hergestellt, und geltend gemacht, dass dieses besonders geeignet zur Behandlung der genannten Störungen sei. Einen ungedeckten Bedarf hat der Kläger ausdrücklich nicht nur im Bereich seiner Spezialisierung, sondern auch darüber hinaus insbesondere bezogen auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie geltend gemacht und zum Beleg auf zahlreiche Bescheide verschiedener Krankenkassen verwiesen, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung bewilligt worden waren. Ferner hat er auf Schreiben von Patienten verwiesen, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren seinem Antrag Stellungnahmen anderer Leistungserbringer beigefügt, in denen lange Wartezeiten von teilweise mehr als 6 Monaten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

27

Zwar trifft die Auffassung des Beklagten grundsätzlich zu, dass der Umfang der Ermittlungen auch durch die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung beeinflusst werden kann, weil der Antragsteller nach § 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X an der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken soll, insbesondere indem er ihm bekannte Tatsachen angibt. Die Zulassungsgremien sind also nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Sonderbedarf "ins Blaue" zu ermitteln. Hier überspannt der Beklagte die an die Antragsbegründung zu stellenden Anforderungen jedoch erheblich. Die eingehende Antragsbegründung des Klägers bietet ausreichend Ansatzpunkte für Ermittlungen zum Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs. Allein der Umstand, dass der im Verwaltungsverfahren noch nicht anwaltlich vertretene Kläger die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung erkennbar in der Annahme formuliert hat, dass ein Sonderbedarf auch mit einem ungedeckten Bedarf speziell im Bereich sexualtherapeutischer und psychoonkologischer Behandlungsangebote begründet werden könne, entbindet den Beklagten nicht von seiner Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen.

28

f) Soweit die Beigeladene zu 1. in der Revisionsbegründung geltend macht, dass angesichts eines "eklatant hohen Versorgungsgrades" im Planungsbereich B. von rechnerisch "mehr als 180 %" bzw "nahezu 200 %" keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden habe, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte seine Entscheidung bezogen auf den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf nicht unter Hinweis auf den hohen Versorgungsgrad, sondern allein unter Hinweis auf die aus seiner Sicht unzureichende Antragsbegründung abgelehnt hat. Auf den Versorgungsgrad ist der Beklagte in der Begründung des angefochtenen Bescheides allein im Zusammenhang mit der Frage eines "lokalen Versorgungsbedarfs" - und hier auch nur bezogen auf den Bezirk F.-K. eingegangen. Der Versorgungsgrad im Planungsbereich B. wird in der Begründung des Bescheides nicht genannt, sodass jedenfalls nicht erkennbar wird, ob und ggfs mit welcher Gewichtung der Beklagte diesen Gesichtspunkt bezogen auf die Frage des Vorliegens eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs berücksichtigt hat. Außerdem könnte aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht ohne Weiteres auf das Fehlen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs geschlossen werden. Das gilt auch bei Überschreitung der - für die Frage der Ausschreibung von Arztsitzen im Wege der Praxisnachfolge bedeutsame (§ 103 Abs 3a Satz 7 iVm Abs 1 Satz 3 SGB V) - Grenze von 140 %. Im Übrigen geht die zu 1. beigeladene KÄV nach dem Inhalt einer vom Kläger vorgelegten Mitteilung in Bezirken, in denen der regionale Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des Planungsbereichs B. liegt, auch bei einem Versorgungsgrad von über 140 % von einer zu geringen Arztdichte aus und führt dementsprechend Nachbesetzungsverfahren durch. Das wird auch von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Im Bezirk F.-K., für den der Kläger die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung begehrt, liegt der Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des gesamten Planungsbereichs.

29

Schließlich ist das Vorliegen von Überversorgung Voraussetzung dafür, dass die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung überhaupt zur Anwendung kommen. Ausschlaggebend ist die Versorgung speziell im Bereich der besonderen Qualifikation (hier: Verhaltenstherapie), über die der Antragsteller verfügt. Deshalb kann allein aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht unmittelbar auf das Fehlen eines Sonderbedarfs geschlossen werden (so ausdrücklich auch Wahrendorf, KrV 2014, 241, 244). Zu der hier maßgebenden Versorgung im Bereich der Verhaltenstherapie hat der Beklagte nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides keine Ermittlungen durchgeführt und keine Feststellungen getroffen.

30

g) Ermittlungen zum Bedarf bezogen gerade auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie sind entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb verzichtbar, weil die Richtlinienverfahren zur Behandlung psychischer Störungen grundsätzlich als gleichwertig anzusehen seien und weil ein Psychotherapeut mit dem Richtlinienverfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln könne wie ein Verhaltenstherapeut. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 23.6.2010 (B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 29 ff) im Einzelnen dargelegt, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und dem verhaltenstherapeutischen Verfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Daran hält der Senat fest. Das schließt nicht aus, dass für dieselbe Art von Erkrankungen oder Störungen unterschiedliche Behandlungsansätze denkbar sind und dass in der Praxis für den gewählten Behandlungsansatz neben der Art der Erkrankung auch die Qualifikation des Behandlers Bedeutung gewinnt. Dies gilt indes nicht allein für unterschiedliche Behandlungsangebote im Bereich der Psychotherapie, sondern auch für die Behandlung somatischer Erkrankungen durch Ärzte mit unterschiedlicher Qualifikation. Daraus folgt jedoch nicht, dass Feststellungen zum Bedarf nicht getroffen werden könnten, weil die Unterschiede - wie der Beklagte meint - auf der "Anbieterseite" und nicht auf der "Nachfrageseite" bestünden. Hinweise zum Bedarf können insbesondere Wartezeiten für die Behandlung bei Ärzten oder Psychotherapeuten mit der entsprechenden Qualifikation entnommen werden (vgl zB BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 20; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 26/10 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 41; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 17). Gerade im Bereich der psychotherapeutischen Behandlungen kann zudem - wovon auch das LSG zutreffend ausgegangen ist - die Zahl bzw der Anteil der bewilligten Kostenerstattungen von Krankenkassen für bestimmte Richtlinienverfahren Hinweise auf einen ungedeckten Bedarf geben.

31

h) Danach wird der Beklagte zur Umsetzung der og Vorgaben die niedergelassenen Psychotherapeuten im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region, die vom beantragten Ort der Niederlassung aus versorgt werden soll (vgl § 36 Abs 3 Nr 1 BedarfsplRL), vor einer erneuten Entscheidung unter Mithilfe der beigeladenen KÄV zu den bei ihnen für eine Verhaltenstherapie bestehenden Wartezeiten befragen müssen. Ferner wird die KÄV mitzuteilen haben, in welchem Umfang die niedergelassenen Psychotherapeuten ihren vollen oder (nach Maßgabe des § 19a Ärzte-ZV) hälftigen Versorgungsauftrag wahrnehmen, weil nur auf diese Weise das tatsächlich bestehende Versorgungsangebot im Bereich der Verhaltenstherapie ermittelt werden kann. Nur soweit die Psychotherapeuten auch tatsächlich psychotherapeutische Leistungen im Bereich des entsprechenden Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) im Umfang ihres (vollen oder halben) Zulassungsstatus anbieten, können aus dem Versorgungsgrad zuverlässige Hinweise auf die für den Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung maßgebende tatsächliche Versorgungslage abgeleitet werden.

32

Weil auch die Zahl bzw der Anteil der im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V von den Krankenkassen übernommenen Psychotherapien wichtige Hinweise auf die tatsächliche Versorgungslage gibt, werden die beigeladenen Krankenkassenverbände dem Beklagten mitzuteilen haben, in welchem Umfang sie gegenüber Psychotherapeuten mit Sitz im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region Kosten für Behandlungen im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nach § 13 Abs 3 SGB V erstatten.

33

Maßgebend für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung erfüllt werden, ist die Versorgungslage im Bereich gerade des Richtlinienverfahrens, das der Kläger anbietet und damit hier der Verhaltenstherapie. Den Regelungen zur Sonderbedarfszulassung liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, dass der Bedarf in einem überversorgten Planungsbereich bezogen auf die jeweilige Arztgruppe iS des § 6 BedarfsplRL gedeckt ist und dass deshalb ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf nur bezogen auf einzelne besondere Qualifikationen bestehen kann, die ihren Niederschlag in einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung gefunden haben. Das Instrument der Sonderbedarfszulassung zielt also nicht auf die Lösung systematischer Defizite in der Versorgung einer Region (so auch ausdrücklich die im Internet veröffentlichten Tragenden Gründe zum Beschluss des GBA über eine Änderung der BedarfsplRL vom 16.5.2013 S 8). Dem entsprechend geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei der Prüfung der Frage, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung stehen, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen sind (bezogen auf die Erteilung einer Ermächtigung vgl BSG Urteil vom 19.7.2006 - B 6 KA 14/05 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 6 f mwN). Deshalb kann einem Antrag auf Sonderbedarfszulassung in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich nicht mit der Begründung entsprochen werden, dass die Versorgung - hier bezogen auf Psychotherapien - generell und bezogen auf die gesamte Arztgruppe in quantitativ-allgemeiner Hinsicht nicht gedeckt sei.

34

Andererseits kann der Anspruch auf die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung - auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an Einschränkungen der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG zu stellen sind - nicht von vornherein ausgeschlossen sein, wenn die vom Landesausschuss festgestellte Überversorgung die aktuelle Versorgungsrealität bezogen auf die für die Bedarfsplanung maßgebende Arztgruppe nicht in jeder Hinsicht zutreffend widerspiegeln sollte. Deshalb ist unerheblich, ob der ungedeckte Versorgungsbedarf auf den Bereich einer speziellen Qualifikation begrenzt werden kann. Schließlich sind die Regelungen zu Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung vom BVerfG auch deshalb als verhältnismäßig beurteilt worden, weil in gesperrten Planungsbereichen bei Vorliegen eines Sonderbedarfs ausnahmsweise Zulassungen erteilt werden können (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639, Juris RdNr 10). Bezogen auf die Gruppe der Psychotherapeuten ist dabei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass dem GBA mit der Einfügung eines § 101 Abs 1 Satz 7 SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz aufgegeben worden ist, "mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4" (Gruppe der Psychotherapeuten) zu treffen. Dieser Auftrag des Gesetzgebers ist bisher nicht umgesetzt worden. Zudem gibt es nach den Darlegungen des Klägers in der Begründung seines Antrags auf Sonderbedarfszulassung konkrete Hinweise nicht nur auf längere Wartezeiten, sondern auch auf die Übernahme psychotherapeutischer Behandlungen durch Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung in einer nicht geringen Zahl von Fällen. Wenn sich diese Angaben als Ergebnis der durchzuführenden Ermittlungen bestätigen sollten, würde dies darauf hinweisen, dass der Bedarf in der gesetzlich vorgesehenen Form als Sachleistung nicht mehr vollständig gedeckt werden kann und dass deshalb eine teilweise Verlagerung hin zu einem System der Kostenerstattung stattfindet. Unter diesen besonderen Umständen wäre - unter Berücksichtigung des Vorrangs der Sachleistung vor der Kostenerstattung - die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung im Bereich eines Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) auch dann nicht ausgeschlossen, wenn im Bereich anderer Richtlinienverfahren ein vergleichbarer ungedeckter Bedarf bestünde.

35

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Kostenpflicht des Beigeladenen zu 1. als erfolglosem Rechtsmittelführer beruht auf § 154 Abs 2 VwGO. Diese Regelung ist im Falle eines erfolglosen Rechtsmittels die allein maßgebliche Kostenvorschrift; § 154 Abs 1 VwGO findet daneben keine Anwendung(vgl BSG Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 2/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 24). Daher ist in einem solchen Fall kein Raum für eine Kostenpflicht auch des Beklagten, der selbst kein Rechtsmittel eingelegt hat.

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(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

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(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei

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(1) Die Zulassungsausschüsse können über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitati

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 19a


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(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Zulassungsausschüsse können über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus weitere Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder in besonderen Fällen Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, ermächtigen, sofern dies notwendig ist, um

1.
eine bestehende oder unmittelbar drohende Unterversorgung nach § 100 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch abzuwenden oder einen nach § 100 Absatz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgestellten zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf zu decken oder
2.
einen begrenzten Personenkreis zu versorgen, beispielsweise Rehabilitanden in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation oder Beschäftigte eines abgelegenen oder vorübergehenden Betriebes.
Ärzte mit einer für die Behandlung erforderlichen abgeschlossenen Weiterbildung sowie psychosoziale Einrichtungen mit einer fachlich-medizinischen ständigen ärztlichen Leitung sind vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, zu ermächtigen.

(2) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des Absatzes 1 hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen.

(3) Die Kassenärztlichen Vereinigungen können unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch Ärzte, die eine Approbation nach deutschen Rechtsvorschriften nicht besitzen, zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen, soweit ihnen von der zuständigen deutschen Behörde eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs erteilt worden ist.

(4) (weggefallen)

(5) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben im Bundesmantelvertrag Regelungen über die Ermächtigung von Ärzten zu treffen, die als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, den ärztlichen Beruf im Inland zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder des Artikels 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausüben dürfen.

(6) Der Antrag auf Ermächtigung ist schriftlich an den Zulassungsausschuß zu richten. Ihm sind die Approbationsurkunde sowie die in § 18 Absatz 2 Nummer 5 und 6 genannten Erklärungen und Bescheinigungen beizufügen. § 18 Abs. 3 gilt entsprechend.

(7) Die Ermächtigung ist zeitlich, räumlich und ihrem Umfang nach zu bestimmen. In dem Ermächtigungsbeschluß ist auch auszusprechen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Ermächtigungen nach § 119b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(8) Ein Arzt darf nicht ermächtigt werden, wenn die in § 21 genannten Gründe ihn für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ungeeignet erscheinen lassen. Die Ermächtigung ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Versagungsgründe im Sinne des Satzes 1 vorgelegen haben. Sie ist zu widerrufen, wenn nachträglich durch einen in der Person des Arztes liegenden Grund der mit der Ermächtigung verfolgte Zweck nicht erreicht wird oder die Voraussetzungen des § 95e Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn Einrichtungen ermächtigt werden.

(9) (weggefallen)

(10) Über die Ermächtigungen führt die Kassenärztliche Vereinigung (Registerstelle) ein besonderes Verzeichnis.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 28. Januar 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen der Verordnung von Sprechstundenbedarf.

2

Der als Praktischer Arzt im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Kläger bezog im Jahr 2001 in erheblichem Umfang "Hydroxyäthylstärke (HAES) steril 6 %" im Wege der Verordnung von Sprechstundenbedarf (SSB). HAES-Infusionslösungen werden zB bei Hörsturz und Tinnitus eingesetzt.

3

Die zu 2. beigeladene Krankenkasse (KK, hier: AOK) beantragte, nachdem sie am 24.7.2002 die Kostenstatistiken für das letzte Quartal des Jahres 2001 erhalten hatte, beim Prüfungsausschuss (PA), dass dieser gegen den Kläger wegen Überschreitung des durchschnittlichen Aufwands der Fachgruppe beim SSB um mehr als das Doppelte einen Regress festsetze (Antrag vom 24.9.2002; Begründung vom 16.12.2002). Antrag und Begründung wurden dem Kläger zugeleitet mit dem Hinweis, dass die beantragte Prüfung nach Durchschnittswerten nur durchgeführt werde, wenn für den Prüfzeitraum keine Prüfung nach Richtgrößen stattfinde. Nachdem diese nicht stattgefunden hatte, nahm der PA eine Überprüfung anhand von Durchschnittswerten vor mit dem Ergebnis, dass eine Maßnahme gegen den Kläger nicht veranlasst sei (Bescheid vom 22.12.2005): Zwar lägen seine Aufwendungen für den SSB, die durch die HAES-Infusionen im Umfang von 3975 DM verursacht seien, deutlich über dem Durchschnitt der Fachgruppe. Ihm seien aber Einsparungen durch den Bezug der Infusionen in Großgebinden und bei den allgemeinen Arzneikosten zugute zu halten.

4

Die Beigeladene zu 2. legte Widerspruch ein. Sowohl dieser als auch die nachgereichte Widerspruchsbegründung wurden dem Kläger zugeleitet. Der beklagte Beschwerdeausschuss setzte - unter Aufhebung des Bescheids des PA - einen Regress von 3799,75 Euro fest (Bescheid vom 27.11.2006): Dem Kläger sei im SSB-Bereich eine Überschreitung des durchschnittlichen Verordnungsaufwandes der Fachgruppe um 211,6 % anzulasten. Dabei werde eine Berechnung über das gesamte Jahr zugrunde gelegt, weil nur dies sachgerecht sei, da in den vier Quartalen eines Jahres sehr unterschiedliche Materialanforderungen festzustellen seien. Eine Rechtfertigung der Überschreitungen durch medizinische Besonderheiten sei nicht ersichtlich. SSB-Verordnungen seien nur für die Akutbehandlungen von Hörsturz und Tinnitus gerechtfertigt, für die weiteren Infusionen müsse der Arzt Einzelverordnungen für den konkreten Patienten ausstellen. Teilweise habe der Kläger HAES-Infusionslösungen auch bei anderen Krankheiten verordnet, bei denen dies nicht indiziert sei. Die Überschreitung der Durchschnittsverordnungskosten liege eindeutig im Bereich des sog offensichtlichen Missverhältnisses. Minderkosten bei den Verordnungen von Arznei- und Verbandmitteln könnten mangels kausalen Zusammenhangs mit den Mehrkosten beim SSB nicht als kompensierende Einsparungen anerkannt werden. Von den HAES-Verordnungen sei nur ein Anteil von 14 % = ca 1291 DM für Akutbehandlungen von Hörsturz und Tinnitus gerechtfertigt. Demnach belaufe sich der unwirtschaftliche Anteil auf ca 7931 DM. Ausgehend von dem SSB-Gesamtverordnungsvolumen des Klägers von 14 677,06 DM, das den Fachgruppendurchschnitt pro Fall um mehr als das Doppelte überschreite, ergebe sich - bei Zubilligung einer Überschreitung um 45 % und nach Abzug des Apothekenrabatts von 5 % - ein Regress in Höhe von 7431,66 DM = 3799,75 Euro.

5

Das vom Kläger angerufene SG hat den Regressbescheid aufgehoben und den Beklagten verurteilt, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 2. erneut zu entscheiden. Der angefochtene Bescheid sei teilweise rechtswidrig. Allerdings habe der Beklagte die Bestimmung der Prüfvereinbarung eingehalten, wonach die Prüfung längstens für die letzten vier zurückliegenden Quartale, für die statistische Unterlagen vorlägen, beantragt werden könne (§ 14 Abs 3 Prüfvereinbarung). Diese Frist sei durch den Prüfantrag vom 25.9.2002 gewahrt worden; der KK hätten die Kostenstatistiken für das Quartal IV/2001 erst am 24.7.2002 vorgelegen. Die Vier-Jahres-Frist für den Erlass des Prüfbescheids sei dagegen nur teilweise eingehalten worden. Diese beginne im Falle von Verordnung(sregress)en mit Erlass des Honorarbescheids für dasjenige Quartal, in dem der Arzt die Verordnung ausgestellt habe. Hiernach sei diese Frist durch den Bescheid vom 22.12.2005 bezogen auf die Quartale III und IV/2001 gewahrt worden, allerdings nicht hinsichtlich der Quartale I und II/2001, weil der Erlass der Honorarbescheide für diese bereits mehr als vier Jahre zurückgelegen habe. Der gesonderten Betrachtung jedes einzelnen Quartals stehe nicht entgegen, dass bei SSB-Verordnungen alle vier Quartale eines Jahres zusammen überprüft würden; denn auch in diesem Fall bleibe der Zusammenhang jeder Verordnung mit dem konkreten Quartal ihrer Ausstellung bestehen. Deshalb sei für einen Regress hinsichtlich der Quartale I und II/2001 kein Raum mehr, sodass der Beklagte zur Neubescheidung, beschränkt auf die Quartale III und IV/2001, verpflichtet sei.

6

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, das SG habe zu Unrecht angenommen, die Vier-Jahres-Frist beginne für jedes einzelne Quartal gesondert. Die Frist habe vielmehr auch für die Quartale I und II/2001 erst nach dem Quartal IV/2001 zu laufen begonnen, sodass der Prüfbescheid vom 22.12.2005 sie noch gewahrt habe. Dies folge daraus, dass gemäß der SSB-Vereinbarung die Wirtschaftlichkeit von SSB-Verordnungen nur insgesamt für vier aufeinanderfolgende Quartale geprüft werde. Offenbleiben könne, ob die Vier-Jahres-Frist schon sogleich nach Ablauf des vierten Quartals oder erst ab dem Erlass des Honorarbescheids für dieses Quartal oder gar erst ab Eingang der Kostenstatistiken für dieses Quartal beginne; denn in jedem dieser Fälle sei sie durch den Prüfbescheid vom 22.12.2005 gewahrt worden. Dieser habe nicht früher erlassen werden können, weil zunächst habe abgewartet werden müssen, ob Richtgrößenprüfungen durchgeführt würden, was die Möglichkeit einer Prüfung anhand von Durchschnittswerten gehindert hätte.

7

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 28. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt das Urteil des SG. Es habe mit der Annahme, die Vier-Jahres-Frist sei, bezogen auf die Quartale I und II/2001, abgelaufen, die Rechtsprechung des BSG konsequent fortgeführt. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Prüfung von SSB die Frist wegen der Gesamtüberprüfung mehrerer Quartale erst nach Ablauf des letzten Quartals beginne, seien nicht normativ vorgegeben und auch nicht durch die Rechtsprechung des BSG vorgezeichnet. Diese Auffassung laufe auch der Intention der SSB-Vereinbarung zuwider, die mit der Vorgabe jahresbezogener Prüfungen die Ärzte begünstigen wolle. Im Übrigen habe die Regelung über die jahresbezogene Prüfung nur den Rang von Landesrecht, was den aus Bundesrecht abzuleitenden, für jedes Quartal gesonderten Fristbeginn nicht ändern könne.

10

Die Beigeladene zu 2. schließt sich, ohne selbst einen Antrag zu stellen, den Ausführungen des Beklagten an. Sie führt ergänzend aus, nach ihrer Ansicht sei für die Vier-Jahres-Frist im Verordnungsbereich die Verjährungsregelung des § 45 Abs 1 SGB I maßgebend. Die Frist beginne erst ab Zugang der Verordnungsstatistiken und bei jahresbezogenen Prüfungen auch nur einheitlich für alle Quartale mit Vorliegen der Statistiken für das letzte Quartal des Jahres. Daher habe der Bescheid des Prüfungsausschusses die Frist noch gewahrt.

11

Die übrigen Beigeladenen äußern sich im Revisionsverfahren nicht.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Beklagten hat im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das SG Erfolg. Die Revision ist ungeachtet der Mängel der Entscheidung des SG über die Zulassung der Sprungrevision zulässig (unten 1.). Sie betrifft vom Streitgegenstand her nur die Quartale I und II/2001, denn nur insoweit hat das SG einen Ablauf der Vier-Jahres-Frist angenommen und nur insoweit ist dessen Urteil mit der Revision angefochten worden (unten 2.). Die Revision des Beklagten ist erfolgreich, denn das angefochtene Urteil ist fehlerhaft. Das SG hat zu Recht die Rechtsgrundlage für den Bescheid in § 106 SGB V gesehen(unten 3.), aber zu Unrecht angenommen, die für Verordnungsregresse geltende vierjährige Ausschlussfrist sei im Zeitpunkt des Erlasses des Prüfbescheids vom 22.12.2005, bezogen auf die Quartale I und II/2001, bereits verstrichen gewesen (unten 4.). Für die abschließende Beurteilung, ob der Bescheid rechtmäßig oder rechtswidrig ist, bedarf es allerdings noch weiterer Klärungen durch das SG, an das der Rechtsstreit deshalb zurückverwiesen wird (unten 5.).

13

1. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass das SG allein durch seinen Berufsrichter - ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter - die Revision unmittelbar gegen sein Urteil zugelassen hat. Dies ist zwar fehlerhaft; ungeachtet dieses Mangels ist der Zulassungsbeschluss aber wirksam und das Revisionsgericht an die Zulassung der Sprungrevision gebunden (vgl BSG BSGE 51, 23, 26 ff = SozR 1500 § 161 Nr 27 S 54 ff; BSGE 64, 296, 297 f = SozR 1500 § 161 Nr 33 S 69 f; BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 13/06 R - Juris RdNr 9).

14

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 27.11.2006, der gegen den Kläger einen Regress in Höhe von 3799,75 Euro festsetzte und den Prüfbescheid des Zulassungsausschusses vom 22.12.2005 aufhob, der von Maßnahmen gegen den Kläger abgesehen hatte (zur Anfechtung nur des Widerspruchsbescheids des Beschwerdeausschusses vgl zB BSG vom 3.2.2010 - B 6 KA 37/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN). Allerdings ist der Bescheid des Beklagten vom 27.11.2006 nur insoweit Gegenstand, als die im Urteil des SG enthaltene Verpflichtung zur Neubescheidung Vorgaben enthält, die für den Beklagten nachteilig sind. Denn das Urteil des SG ist nur unter diesem Aspekt angefochten worden; nur der Beklagte hat Revision eingelegt.

15

Soweit die Vorgaben nachteilig für den Kläger sind, sind diese mangels Revisionseinlegung durch ihn nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Sie sind vielmehr bestandskräftig und damit bindend geworden (zu Differenzierungen hinsichtlich der Bestandskraft und Überprüfbarkeit von Neubescheidungsurteilen siehe eingehend BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 mwN; vgl auch zB BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, RdNr 7 f; BSGE 92, 87 = SozR 4-2500 § 85 Nr 8, RdNr 4; BSG vom 23.6.2010 - B 6 KA 4/09 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 85 vorgesehen). Dementsprechend ist Gegenstand des hier anhängigen Revisionsverfahrens die Rechtmäßigkeit des Bescheids des Beklagten vom 27.11.2006 ausschließlich unter dem Gesichtspunkt, ob mit ihm ein Regress wegen SSB-Verordnungen auch noch bezogen auf die Quartale I und II/2001 festgesetzt werden durfte oder ob dem die Vier-Jahres-Ausschlussfrist entgegenstand.

16

3. Rechtsgrundlage des Arzneikostenregresses ist § 106 Abs 2 SGB V(hier zugrunde zu legen in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999, BGBl I 2626, die im Jahr 2001 galt; zur Maßgeblichkeit des § 106 Abs 2 SGB V vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 und MedR 2010, 276, jeweils RdNr 14 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 17 und BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 14 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina (aaO Satz 1 Nr 1) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Über diese Prüfungsarten hinaus können die Landesverbände der KKn mit den KÄVen gemäß § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren(vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 f mwN; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 14). Diese PrüfVen ermächtigen regelmäßig auch zu Einzelfallprüfungen (vgl BSG vom 5.5.2010 aaO RdNr 14 mwN).

17

Die PrüfVen enthalten regelmäßig auch Bestimmungen zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von SSB. Auch in der hier einschlägigen PrüfV von 1993 (die bis Oktober 2005 weitergalt) waren Regelungen speziell für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von SSB-Verordnungen getroffen worden (siehe zB § 10, § 14 Abs 3, § 15 Abs 3 PrüfV; vgl dazu § 162 SGG betr Nicht-Revisibilität der Feststellung und Auslegung des Inhalts von Landesrecht, hierzu zB - betr PrüfV - BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 6/09 R - RdNr 30 f, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zur Frage, welche Arzneimittel im Wege der Verordnung als SSB bezogen werden dürfen, enthalten die SSB-Vereinbarungen nähere Regelungen; auch dies sind landesrechtliche Vorschriften, deren Anwendung und Auslegung den LSGen vorbehalten ist (§ 162 SGG, vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 13).

18

4. Die Fristen, die für den Erlass eines Regressbescheids wegen unzulässiger oder unwirtschaftlicher Verordnung von SSB gelten, sind gewahrt worden. Dem Regress kann weder der Ablauf der (a) Frist für die Stellung des Prüfantrags noch der Ablauf der (b) Frist für den Erlass des Prüfbescheids entgegengehalten werden.

19

a) Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, scheitert die Regressfestsetzung nicht daran, dass die zu 2. beigeladene KK die Überprüfung der SSB-Verordnungen des Klägers zu spät beantragt hätte.

20

Zum einen ist die Frist, die in der PrüfV für Prüfanträge bei SSB-Verordnungen normiert ist, eingehalten worden: Anträge auf Überprüfung von SSB-Verordnungen können gemäß § 14 Abs 3 PrüfV "längstens für die letzten vier zurückliegenden Quartale, für die statistische Unterlagen vorliegen, gestellt werden". Der zu 2. beigeladenen KK haben die Kostenstatistiken für das Quartal IV/2001 erst am 24.7.2002 vorgelegen, wie im Urteil des SG zugrunde gelegt und von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 163 SGG; vgl vorliegend auch § 161 Abs 4 SGG). Im Urteil des SG ist dazu festgestellt, dass es sich im Zeitpunkt des Antrags der Beigeladenen zu 2. - am 24./25.9.2002 - bei den Quartalen I bis IV/2001 um die letzten vier handelte, für die statistische Unterlagen vorlagen. Auf dieser Grundlage hat das SG folgerichtig den Schluss gezogen, dass die in § 14 Abs 3 PrüfV für die Prüfung normierte Frist eingehalten war.

21

Zum anderen kommt es auf die Einhaltung der Frist des § 14 Abs 3 PrüfV ohnehin nicht an. Wie der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 19 bis 22) klargestellt hat, dient die Prüfantragsfrist (nur) dem Interesse der Verfahrensbeschleunigung, aus deren Versäumnis nicht ein Hindernis, das Verfahren überhaupt durchzuführen, abgeleitet werden kann. Dem Interesse des Vertragsarztes, nicht damit rechnen zu müssen, dass noch nach Jahr und Tag ein Prüf- und Regressverfahren gegen ihn durchgeführt wird, dient eine andere Frist, nämlich die Vier-Jahres-Frist (hierzu siehe unten b; - diese Rspr fortsetzend BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 20/09 R - Juris RdNr 29 bis 31). Hat mithin die Nichteinhaltung der Frist für die Stellung des Prüfantrags nicht die Wirkung eines Verfahrenshindernisses, so kommt dieser - hier ohnehin eingehaltenen - Frist im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung zu.

22

b) Dem Regressbescheid kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die für Regressfestsetzungen geltende Vier-Jahres-Frist sei nicht gewahrt worden.

23

Das SG vertritt die Auffassung, der Prüfbescheid vom 22.12.2005 habe die Vier-Jahres-Frist lediglich bezogen auf die Quartale III und IV/2001 gewahrt, nicht aber hinsichtlich der Quartale I und II/2001, weil seit deren Ende - bzw seit dem Erlass der Honorarbescheide für diese Quartale - bereits mehr als vier Jahre verstrichen waren, als der Prüfungsausschuss seinen Bescheid vom 22.12.2005 erließ. Die Frist habe für diese Quartale nicht etwa deshalb erst später begonnen, weil die Überprüfung von SSB-Verordnungen in Frage stehe und diese sich grundsätzlich auf alle vier Quartale eines Jahres zusammen erstrecke. Auch bei SSB-Verordnungen bleibe der Zusammenhang der Verordnungen mit jeweils einem konkreten Quartal bestehen, sodass die Vier-Jahres-Frist gesondert für jedes Quartal beginne.

24

Diesen Ausführungen des SG kann nur teilweise gefolgt werden. Die Auffassung des SG, dass für den hier streitbefangenen SSB-Regress eine Ausschlussfrist von vier Jahren gilt, trifft zu (unten aa und bb). Unzutreffend ist hingegen dessen Ansicht, die Frist beginne gesondert für jedes einzelne Quartal mit Erlass des Quartalshonorarbescheids und sei deshalb für die Quartale I und II/2001 bereits abgelaufen. Bei SSB-Verordnungen sind grundsätzlich vier aufeinander folgende Quartale zusammen zu überprüfen, und die Vier-Jahres-Frist beginnt einheitlich nach Ablauf des letzten dieser Quartale (unten cc). Der Fristlauf war im Übrigen auch schon gehemmt (unten dd).

25

aa) Wie der Senat in seinem Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - klargestellt hat, unterliegt die Festsetzung von Regressen wegen der Verordnung von Arzneimitteln, die der Arzt nicht verordnen durfte, keiner Verjährung, sondern einer Ausschlussfrist (BSG aaO RdNr 18 ff - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - mit Zusammenfassung seiner Rspr). Eine Verjährung gilt nur für Festsetzungen eines sog sonstigen Schadens, dem nur solche Regresse wegen Fehlverordnungen zuzuordnen sind, bei denen Fehler in Frage stehen, die nicht speziell der Verordnung selbst anhaften, sondern sich aus der Art und Weise der Verordnung ergeben (Urteil aaO RdNr 22 bis 26). Handelt es sich dagegen um Fehler, die sich speziell aus der Verordnung selbst ergeben, wie zB bei Verordnungen unter Verstoß gegen die Arzneimittel-Richtlinie bzw bei Verordnungen nicht verordnungsfähiger Arzneimittel, so liegen Fälle des § 106 SGB V vor, für die keine Verjährungs-, sondern nur eine Ausschlussfrist in Betracht kommt(aaO RdNr 22 f, 26, 27 ff).

26

Für die Verordnung von Arzneimitteln, die nicht patienten-, sondern praxisbezogen als SSB erfolgt, gilt nichts anderes. In der Rechtsprechung des Senats ist seit langem geklärt, dass den Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowohl die Kontrolle der Zulässigkeit von SSB-Verordnungen - im Sinne der Vereinbarkeit mit der jeweiligen SSB-Vereinbarung - wie auch die ihrer Wirtschaftlichkeit im engeren Sinne - im Sinne einer Einzelfallprüfung der medizinischen Notwendigkeit oder im Vergleich mit den durchschnittlichen Kosten der Arztgruppe - übertragen werden kann (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 8; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 6; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 24 RdNr 14). Auch der Umstand, dass Regresse wegen vereinbarungswidriger oder unwirtschaftlicher SSB-Verordnungen kein Verschulden des Vertragsarztes voraussetzen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 12), weist auf die Zuordnung der gesamten SSB-Prüfung zur allgemeinen Wirtschaftlichkeitsprüfung iS des § 106 SGB V und nicht zur Sonderkonstellation der Verantwortung des Vertragsarztes für die Verursachung eines "sonstigen Schadens" bei den KKn hin(so jüngst auch BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 26, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, mit Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 7 RdNr 5 ff betr fehlerhafte Aufteilung des SSB zwischen Primär- und Ersatzkassen).

27

bb) Die Ausschlussfrist für Regressbescheide auf der Grundlage des § 106 SGB V beträgt nach der Rechtsprechung des BSG - in Anlehnung an die sonstigen ebenfalls vierjährigen Fristen zB in den Büchern des SGB und auch bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen - vier Jahre. Mit dieser Festlegung hat das BSG der Notwendigkeit zeitlicher Begrenzung von Prüfverfahren aufgrund des rechtsstaatlichen Gebots der Rechtssicherheit Rechnung getragen (vgl oben RdNr 21 und zusammenfassend BSG vom 5.5.2010 aaO RdNr 28 mwN).

28

cc) Die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Vier-Jahres-Frist beginnt, ist dahin zu beantworten, dass diese Frist für Verordnungsregresse im Regelfall unmittelbar nach Ablauf des Quartals beginnt, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist. Die kostenmäßige Zuordnung von Verordnungen kann unterschiedlich gestaltet sein. Erfolgt die Zuordnung zu dem Quartal, in dem der Arzt die Verordnung ausstellte, so ist der Ablauf dieses Quartals auch für den Beginn der Vier-Jahres-Frist maßgebend. Erfolgt die kostenmäßige Zuordnung der Verordnung danach, in welchem Quartal die Verordnung eingelöst wurde - dh danach, wann die Kosten entstanden -, so ist der Ablauf dieses Quartals maßgebend. Welche dieser beiden Varianten bei Auseinanderfallen des Verordnungs- und des Einlösezeitpunkts einschlägig ist, kann in einer allgemein-abstrakten normativen Regelung, zB in der PrüfV, bestimmt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 23; zu insoweit differenzierenden Regelungen vgl BSG vom 6.2.2008 - B 6 KA 57/07 B - RdNr 2, 3, 8; vgl auch unten RdNr 35). Besteht keine normative Festlegung, kann die Zuordnung sich aus der Verwaltungspraxis der Prüfgremien ergeben.

29

Das Ergebnis ist durch die Regelung des § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V gesetzlich vorgezeichnet. Zwar betrifft diese Bestimmung als solche nur die Richtgrößenprüfung - und normiert insoweit eine kürzere, zweijährige Frist -, hat aber mit dem Kriterium "Ende des geprüften Verordnungszeitraums" generelle Bedeutung. Bei dem "Verordnungszeitraum" kann es sich - so der Regelfall - um ein Quartal handeln, sodass die Vier-Jahres-Frist nach Ablauf dieses Quartals beginnt (unten RdNr 33 und 37), oder - in besonderen Fällen eines sachlich-veranlasst längeren Prüfzeitraums - um einen Zeitraum mehrerer Quartale, sodass die Vier-Jahres-Frist nach Ablauf des letzten dazugehörenden Quartals beginnt (unten RdNr 34). Im Fall von SSB-Verordnungen liegt in aller Regel eine solche besondere Konstellation vor (unten RdNr 35 iVm 38).

30

Für die Zuordnung einer Verordnung zu einem bestimmten Quartal ist der Zeitpunkt, in dem der Honorarbescheid erlassen wird, ohne Bedeutung. Der Honorarbescheid markiert den maßgebenden Zeitpunkt für den Beginn der Vier-Jahres-Frist nur insoweit, als die Versagung oder Kürzung von Honorar in Rede steht, dh in Fällen sachlich-rechnerischer Prüfung, degressionsbedingter Honorarminderung und der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise (siehe zusammenfassend BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 31 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - mit umfangreichen Rspr-Nachweisen). In gleicher Weise im Verordnungsbereich für den Beginn der Vier-Jahres-Frist auf den Erlass des Honorarbescheids abzustellen, wäre verfehlt. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise und die Überprüfung der Behandlungsweise betreffen zwei unterschiedliche Bereiche; eine "Gesamtprüfung" findet nicht statt. Ein Sachgrund, durch Abstellen auf den Erlass des Honorarbescheids einen "Gleichklang" des Fristlaufs im Honorar- und im Verordnungsbereich zu erreichen, besteht nicht. Dafür reicht nicht aus, dass in seltenen Fällen Anlass zur Prüfung bestehen kann, ob ein Verordnungsmehraufwand durch einen Minderaufwand im Honorarbereich kompensiert wird, was erst ab Erlass des Honorarbescheids fundiert beurteilt werden kann (zu dieser abweichenden Ansicht vgl Clemens in jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 106 RdNr 153, und in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 36 RdNr 105; ebenso im Ergebnis: Peikert in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 2. Aufl 2006, § 20 RdNr 17 aE; - zur Rechtsfigur kompensierender Einsparun gen vgl Clemens in Laufs/Kern aaO § 36 RdNr 71 bis 73 mwN; siehe auch RdNr 100 und RdNr 122 f). Zudem gibt es Fälle, in denen das Abstellen auf den Erlass eines Honorarbescheids nicht möglich ist. Denn für das Quartal, dem die Verordnung zugeordnet wird, ergeht nicht stets auch ein Honorarbescheid: Wenn zB ein Arzt eine Verordnung am 20.6. ausstellt, diese aber erst am 2.7. in der Apotheke eingelöst wird, wird die Verordnung in der Regel kostenmäßig diesem dritten Quartal zugeordnet. In diesem sucht aber möglicherweise der Patient den Arzt nicht wieder auf, oder der Arzt führt seine vertragsärztliche Tätigkeit jetzt nicht mehr weiter. Dann ergeht für dieses Quartal, jedenfalls bezogen auf Leistungen des Arztes gegenüber diesem Patienten, kein Honorarbescheid.

31

Überzeugend ist auch nicht die Ansicht, bei Verordnungsregressen sei für den Beginn der Vier-Jahres-Frist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem den KKn alle Unterlagen und Daten vorliegen, die für die fundierte Beurteilung erforderlich sind, ob ein Regressantrag sinnvoll ist. Hiernach begänne die Vier-Jahres-Frist erst mit Eingang der Arzneikostenstatistiken. Bei diesem Ausgangspunkt würde der Arzt, der durch den Lauf der Vier-Jahres-Frist geschützt werden und Rechtssicherheit erhalten soll (hierzu vgl oben RdNr 21, 27), mit Risiken belastet, die dem Verantwortungsbereich der vertragsärztlichen Institutionen zuzurechnen sind. Zu deren Aufgaben gehört die Organisation und die Bewältigung der verwaltungstechnischen Abläufe und damit auch die kürzere oder längere Dauer der Unterlagen- und Datenbeschaffung (vgl dazu Clemens in jurisPraxisKommentar aaO RdNr 154). Durchgreifend ist auch nicht der Gesichtspunkt, dass Richtgrößenprüfungen grundsätzlich vorrangig sind und deshalb erst nach Klärung von deren Durchführbarkeit - was uU schwierige Fragen wie zB diejenige der Wirksamkeit der Richtgrößenvereinbarung implizieren kann - die Durchschnittsprüfung in Angriff genommen werden kann. Auch bei kumulativer Berücksichtigung aller denkbaren Schwierigkeiten bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass bei einer Gesamtfrist von vier Jahren in einer erheblichen Zahl der Fälle die verbleibende Zeit zu knapp sein könnte für eine fundierte, dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung tragende Prüfung und dass deshalb die Vier-Jahres-Frist erst mit Eingang der maßgeblichen Unterlagen und Daten bei den KKn beginnen dürfe.

32

Abzulehnen ist auch die Erwägung, die Vier-Jahres-Frist beginne für die einzelnen Quartale eines Jahres jeweils erst mit dem Anfang des nächstfolgenden Kalenderjahrs, so wie dies im Zivilrecht in weitem Umfang geregelt ist (vgl § 199 Abs 1 BGB). Die Heranziehung von Verjährungsgrundsätzen, wie die Beigeladene zu 2. dies befürwortet, ist damit nicht vereinbar, dass es sich bei der Vier-Jahres-Frist gerade um eine Ausschluss- und nicht um eine Verjährungsfrist handelt (vgl oben RdNr 25). Das BSG hat es auch in anderen Fällen abgelehnt, für den Beginn von Ausschlussfristen auf den Ablauf des Kalenderjahres abzustellen (vgl - aus dem Honorarbereich - BSG MedR 2008, 100, RdNr 21 und 23, sowie BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 21 und 23).

33

Nach alledem beginnt die Vier-Jahres-Frist für Verordnungsregresse stets am "Ende des geprüften Verordnungszeitraums" (vgl § 106 Abs 2 Satz 7 Halbsatz 2 SGB V), dh in dem (Normal-)Fall, dass die Arzneimittelverordnungen eines Quartals auf ihre Sachgerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft werden, unmittelbar nach Ablauf des Quartals, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet ist. Dies entspricht einer schon bisher in Rechtsprechung und Schrifttum verbreiteten Ansicht (so zB SG Berlin vom 27.8.2008 - S 83 KA 74/07 - Juris RdNr 18 ff = GesR 2009, 255 f; Hartmannsgruber, ZMGR 2008, 124, 128; Dahm/Hofmayer in Rieger/Dahm/Steinhilper , Heidelberger Kommentar Arztrecht, Krankenhausrecht, Medizinrecht, Beitrag Nr 5560 "Wirtschaftlichkeitsprüfung", RdNr 231, Stand Einzelkommentierung August 2010; Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl 2010, § 106 RdNr 26).

34

Liegen indessen besondere Umstände vor, die Anlass geben, mehrere aufeinander folgende Quartale zusammen zu überprüfen, so bilden diese den "geprüften Verordnungszeitraum". Der Beginn der Vier-Jahres-Frist "nach Ende des geprüften Verordnungszeitraums" bedeutet in einer solchen Konstellation, dass die Vier-Jahres-Frist erst nach Ablauf des Gesamtzeitraums beginnt, also erst nach dem Ablauf des letzten dazugehörenden Quartals.

35

Die Voraussetzung, dass besondere Sachgründe Veranlassung zur Gesamtprüfung mehrerer aufeinander folgender Quartale geben, ist in aller Regel bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit von SSB-Verordnungen erfüllt. Denn bei SSB-Verordnungen sind erhebliche Schwankungen von Quartal zu Quartal typisch; diese Verordnungen erfolgen en bloc für einen Vorrat von ca einem Quartal. Hat der Arzt in einem Quartal den dafür angelegten Vorrat nicht verbraucht, so werden seine SSB-Verordnungen im nachfolgenden Quartal geringer ausfallen. Ist sein Vorrat vorzeitig aufgebraucht, so muss er ggf ein weiteres Mal im selben Quartal SSB-Verordnungen vornehmen. Durch solche Schwankungen sind uU in einzelnen Quartalen besonders hohe, in anderen Quartalen dagegen besonders geringe oder gar keine SSB-Verordnungen zu verzeichnen, ohne dass dies als sachwidrig angesehen werden kann. In solchen Fällen wäre eine auf nur einzelne Quartale beschränkte Prüfung problematisch. Solchen Besonderheiten wird nur eine Prüfung gerecht, die mehrere Quartale zusammenfasst, und zwar im Falle des SSB möglichst vier aufeinanderfolgende Quartale (so schon BSG vom 6.2.2008 - B 6 KA 57/07 B - RdNr 2, 3, 8 - hier mit Hinweis auf teilweise normierte weitere Differenzierungen für die Zuordnung der Fälle bei Auseinanderfallen von Verordnungs- und Einlösequartal; - vgl dazu Clemens in Laufs/Kern, aaO, § 36 RdNr 133). Eine Gesamtprüfung von vier aufeinander folgenden Quartalen ist im Übrigen auch ausdrücklich in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen SSB-Vereinbarung vorgeschrieben (siehe deren Abschnitt V).

36

Der Senat hat bereits zu anderen Prüfungsbereichen ausgeführt, dass es notwendig sein kann, vier aufeinander folgende Quartale zu einer Einheit zusammenzufassen und dass dann die Vier-Jahres-Frist erst ab Ablauf des letzten zu dieser Einheit gehörenden Quartals beginnt. So hat er - im Honorarbereich - für degressionsbedingte Honorarminderungen (§ 85 Abs 4b ff SGB V), die jahresbezogen zu berechnen sind (§ 85 Abs 4b ff SGB V), in seinen Urteilen vom 28.3.2007 entschieden, dass ein Regressbescheid die vierjährige Ausschlussfrist noch "wahrt …, wenn er innerhalb von vier Jahren nach Erlass des letzten Honorarbescheids für den Degressionszeitraum bekannt gegeben worden ist" (BSG MedR 2008, 100 RdNr 18 aE; ebenso - zur Änderung eines Degressionsbescheids - BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35 RdNr 18 aE).

37

Kein in dieser Weise besonderer Fall, in dem die Vier-Jahres-Frist erst nach Ablauf des letzten von mehreren Quartalen beginnt, ist dagegen dann gegeben, wenn die Rechtmäßigkeit von Verordnungen zB bei umstrittenem Off-Label-Use zusammengefasst für mehrere Quartale überprüft wird. In diesem Fall die gleichliegende Problematik mehrerer Quartale in einem Verfahren zusammenzufassen, mag der Verwaltungsvereinfachung dienen und auch im Interesse des betroffenen Arztes liegen. In einer derartigen Konstellation ist aber im Regelfall die Voraussetzung, dass nur bei Zusammenfassung mehrerer Quartale die Verordnungsweise sachgerecht beurteilt werden kann, nicht erfüllt. Deshalb beginnt in solchen Fällen, ungeachtet der zusammenfassenden Prüfung, die Vier-Jahres-Frist gesondert für jedes Quartal nach dessen Ablauf, so wie dies dem Normalfall entspricht (hierzu vgl oben RdNr 33).

38

Da vorliegend Gegenstand der Verordnungsprüfung die vom Kläger vorgenommenen Verordnungen von SSB waren und die SSB-Überprüfung hier, wie es sachlich veranlasst ist (vgl oben RdNr 35) und auch der Sollvorgabe in der SSB-Vereinbarung entsprach (Abschnitt V Satz 2), auf alle vier Quartale des Jahres 2001 erstreckt wurde (vgl oben RdNr 35), war das Ende des "geprüften Verordnungszeitraums" der 31.12.2001. Mithin begann die Vier-Jahres-Frist für alle vier Quartale des Jahres 2001 am 1.1.2002, sodass der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 22.12.2005 die Frist wahrte.

39

dd) Die Vier-Jahres-Frist wurde im Fall des Klägers für den gesamten Verordnungszeitraum der Quartale I bis IV/2001 aber nicht nur dadurch gewahrt, dass der Prüfbescheid vom 22.12.2005 noch vor Ablauf von vier Jahren seit dem Ablauf des letzten dazugehörenden Quartals erlassen wurde, sondern der Lauf der Frist war zudem durch den Antrag der KK vom 24.9.2002 an den Prüfungsausschuss auf Festsetzung eines Regresses gehemmt worden (siehe den Prüfantrag der Beigeladenen zu 2. vom 24.9.2002): Der Senat erkennt in ständiger Rechtsprechung an, dass die Ausschlussfristen für sachlich-rechnerische Richtigstellungen und Wirtschaftlichkeitsprüfungen durch einen Prüfantrag der KKn gehemmt werden, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt (vgl zusammenfassend BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R -, RdNr 33-35 iVm 40, 46, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das war hier der Fall.

40

Unschädlich ist, dass nach dem Prüfantrag, dessen Begründung und der Stellungnahme des Klägers vom 13.1.2003 zunächst während zweieinhalb Jahren das Verwaltungsverfahren nicht erkennbar weiter betrieben wurde (der Prüfungsausschuss trat erst am 30.11.2005 zu seiner Sitzung zusammen). Ein Erfordernis derart, dass die hemmende Wirkung entfällt, wenn das Verfahren mehr als sechs Monate lang nicht weiterbetrieben wird, besteht in Angelegenheiten des Vertragsarztrechts nicht, wie der Senat ausgeführt hat (BSG aaO RdNr 49 ff). Im Übrigen hatte der Prüfungsausschuss den Kläger bei der Zuleitung sowohl des Prüfantrags der KK als auch der Antragsbegründung jeweils darauf hingewiesen, dass die Durchführung des Prüfverfahrens zurückgestellt werde bis zur Klärung, ob nicht eine Richtgrößenprüfung, die vorrangig wäre, durchgeführt werde. Das hierdurch eingetretene faktische Ruhen des Verfahrens war auch nicht unangemessen lang.

41

ee) Nach alledem wurde zum einen durch den Prüfantrag der KK vom 24.9.2002 der Lauf der Vier-Jahres-Frist gehemmt, und zum anderen erließ der Prüfungsausschuss seinen Bescheid vom 22.12.2005 innerhalb der ursprünglichen Vier-Jahres-Frist: Aus beiden Gründen durfte das Verfahren auf Festsetzung eines Regresses gegen den Kläger wegen nicht sachgerechter bzw unwirtschaftlicher SSB-Verordnungen weiterhin durchgeführt werden. Dies galt einheitlich für alle vier Quartale I bis IV/2001; für eine getrennte Beurteilung einerseits der Quartale I und II/2001 und andererseits der Quartale III und IV/2001, wie das SG sie vorgenommen hat, ist - da es sich um eine einheitliche SSB-Gesamtüberprüfung handelte - kein Raum.

42

Der rechtlichen Wertung, dass der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 22.12.2005 die Vier-Jahres-Frist wahrte, steht nicht entgegen, dass seine Entscheidung "negativ" dahin lautete, gegen den Kläger seien keine Maßnahmen veranlasst. Für die Fristwahrung kommt es allein darauf an, dass die erste behördliche Entscheidung - mithin diejenige des Prüfungsausschusses - fristgerecht erging. Unerheblich ist, ob sie einen den Arzt belastenden oder ihn "freisprechenden" Inhalt hatte. Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt, dass eine einmal eingetretene Fristenhemmung in dem Sinne fortwirkt, dass damit zugleich die Kompetenz zu weiteren Entscheidungen nachfolgender Instanzen gewahrt bleibt, die - sofern der Gegner einen Rechtsbehelf einlegt - auch "verbösernde" Entscheidungen treffen dürfen (vgl BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 62 mwN; vgl auch zB BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12 am Ende; BSG vom 5.5.2010 - B 6 KA 21/09 R - RdNr 44 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung konnte der weitere Bescheid des Beklagten vom 27.11.2006 noch Wirksamkeit entfalten. Er durfte auch die Entscheidung des Prüfungsausschusses vom 22.12.2005 "verbösern"; das Verbot der reformatio in peius stand dem nicht entgegen, weil der Beschwerdeausschuss im selben Verwaltungsverfahren als weitere Instanz entschied, nachdem die KK den ihr als Antragstellerin zustehenden Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt hatte.

43

5. Waren mithin die Vier-Jahres-Frist gewahrt und der Bescheid des Beklagten vom 27.11.2006 zulässigerweise ergangen, so ist zu überprüfen, ob der Bescheid auch in sonstiger - formeller und materieller - Hinsicht rechtmäßig ist. Diese Beurteilung kann revisionsgerichtlich allerdings nur teilweise erfolgen (unten a und b). Für die abschließende Entscheidung, ob der Bescheid in materieller Hinsicht rechtmäßig oder rechtswidrig ist, bedarf es noch weiterer Klärungen durch das SG, an das der Rechtsstreit deshalb zurückzuverweisen ist (unten b).

44

a) Der Regressbescheid vom 27.11.2006 ist formell rechtmäßig. Die vom Kläger erhobene Beanstandung, gegen den Grundsatz "Beratung vor Regress" sei verstoßen worden, greift nicht durch. Die Ansicht des Klägers, es hätte kein Regress, sondern - jedenfalls zunächst - nur eine Beratung erfolgen dürfen, trifft nicht zu.

45

Wie der Senat bereits wiederholt ausgeführt hat, ist für Prüfungen der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise eine vorgängige Beratung gemäß § 106 Abs 5 Satz 2 SGB V dann nicht erforderlich, wenn dem Arzt ein Mehraufwand im Ausmaß eines sog offensichtlichen Missverhältnisses anzulasten ist(vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 23 mwN). Noch weniger ist eine vorgängige Beratung dann geboten, wenn nicht Unwirtschaftlichkeiten durch einen zu hohen Aufwand, sondern Fälle gänzlich unzulässiger Verordnungen in Rede stehen, wenn zB dem Arzt das Fehlen der Arzneimittelzulassung des verordneten Medikaments, ein unzulässiger Off-Label-Use, eine Verordnung entgegen einem Verordnungsausschluss in der Arzneimittel-Richtlinie oder die Unvereinbarkeit einer Verordnung mit den Vorgaben des § 135 Abs 1 SGB V angelastet wird. Zu solchen Fällen, die durch einen sogenannten Basismangel gekennzeichnet sind (vgl BSG aaO RdNr 23), gehört auch die Konstellation, dass ein Regress festgesetzt wird, weil ein verordnetes Arzneimittel nicht in der SSB-Vereinbarung zur Verordnung als SSB vorgesehen ist. Deshalb war im vorliegenden Fall - unabhängig davon, ob es sich um einen Regress aufgrund einer Vergleichsprüfung wegen gravierender Überschreitung des durchschnittlichen Aufwandes der Fachgruppe, und/oder, ob es sich um einen Regress wegen Verstoßes gegen die SSB-Vereinbarung handelte - keine vorgängige Beratung erforderlich.

46

Daran ändert der Hinweis auf § 22 Abs 2 bis 4 PrüfV nichts. Gemäß Abs 2 aaO "soll" zwar vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 "in der Regel" eine Beratung vorausgehen. Aber zum einen handelt es sich nur um eine "Soll"-Vorschrift, und zum anderen enthält Abs 4 ausdrücklich eine Ausnahme dahingehend, dass bei "Unwirtschaftlichkeit in besonders gravierendem Ausmaß" von einer vorrangigen Beratung abgesehen werden kann. Entweder war ein solcher Fall gegeben oder - was dem wertungsmäßig gleich steht (vgl RdNr 45) - ein Verstoß gegen die SSB-Vereinbarung.

47

b) Ob der Regressbescheid auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtmäßig ist, vermag der Senat indessen nicht abschließend zu beurteilen.

48

Die vom Beklagten getroffene Wahl der sog statistischen Vergleichsprüfung anhand der Durchschnittswerte der Fachgruppe ist nicht zu beanstanden. Die Wahl dieser Prüfmethode (zur insoweit bestehenden Auswahlfreiheit vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 13 mwN) hat der Beklagte in seinem Bescheid mit ausreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht (siehe die Formulierung "Grundlage der statistischen Vergleichsprüfung …" und die am Schluss des Bescheids befindliche "Vergleichsberechnung"). Nur der ergänzenden Erläuterung - um die Berechtigung der Regresshöhe von 7432 DM = 3800 Euro zu verdeutlichen - dienen seine Ausführungen zu SSB-Verordnungen außerhalb von Akutbehandlungen und deren Summierung auf 7931 DM.

49

Eine abschließende revisionsgerichtliche Würdigung ist allerdings nicht möglich. Dem Regress liegt die Annahme zugrunde, Anlässe, HAES-Infusionslösungen im Wege von SSB-Verordnungen zur Akut- und Notfallbehandlung zu beziehen (vgl Abschnitt I Nr 1 iVm Anlage 1 Nr 6 der SSB-Vereinbarung), hätten beim Kläger in keinem weitergehenden Umfang bestanden als beim Durchschnitt der Fachgruppe bzw als im Umfang von ca 14 % der HAES-Verordnungen (so sinngemäß der Bescheid S 4 f). Der Kläger hat hierzu allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, die Quote der ihm zugebilligten HAES-Akutbehandlungen sei zu gering; bei seiner Patientenschaft habe es Indikationen für HAES-Akutbehandlungen über die Fälle von Hörsturz und Tinnitus hinaus noch in weiteren Krankheitsfällen gegeben (vgl auch seine Klagebegründung vom 27.10.2008 S 7). Der Beklagte ist dem entgegengetreten und hat insbesondere hervorgehoben, dass die Anerkennung einer Praxisbesonderheit nicht in Betracht komme, weil keine greifbaren Anhaltspunkte für einen speziellen Zuschnitt der Patientenschaft des Klägers erkennbar seien. Das SG hat - von seinem Rechtsstandpunkt her folgerichtig - zu diesem Fragenkreis keine näheren Feststellungen getroffen, sodass der Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen ist.

50

Für die weitere Würdigung durch das SG weist der Senat auf Folgendes hin:

51
o
Erfolglos ist der Einwand des Klägers, bei einem Regress wegen unzulässiger SSB-Verordnungen von HAES-Infusionslösungen müsse im Wege der Gegenrechnung berücksichtigt werden, in welcher Höhe im Falle des Verzichts auf SSB-Verordnungen stattdessen Kosten bei Einzelverordnungen für bestimmte Patienten angefallen wären. Diese Argumentation greift nicht durch. Die Zuerkennung der Kosten, die bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, hätte zur Folge, dass es auf die Beachtung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme (vgl dazu zuletzt BSG vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - RdNr 67 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Eine Gegenrechnung der Kosten, die im Falle rechtmäßiger Einzelverordnungen angefallen wären, ist zudem deshalb ausgeschlossen, weil SSB-Verordnungen und Einzelverordnungen wegen der zwischen ihnen bestehenden Unterschiede nicht austauschbar sind: SSB-Verordnungen erfolgen zu Lasten aller KKn, während Einzelverordnungen allein die KK belasten, bei der der Patient versichert ist. Bei SSB-Verordnungen entstehen Kosten in voller Höhe des Arzneimittels, während bei Einzelverordnungen die Patientenzuzahlungen kostenmindernd wirken (zur Nicht-Austauschbarkeit vgl zB BSG vom 8.5.1985, SozR 2200 § 368n Nr 36 S 117; BSG vom 31.5.2006 - B 6 KA 10/06 B - Juris RdNr 11; BSG vom 23.6.2010 - B 6 KA 6/10 B - RdNr 7 aE). Dementsprechend können insoweit auch keine sog kompensierenden Einsparungen anerkannt werden (zu dieser Rechtsfigur vgl Clemens in Laufs/Kern, aaO, § 36 RdNr 71 bis 73, 100).
52
o
Zurückzuweisen ist der von Seiten der KKn erhobene Einwand, die Kosten für die Verordnung von HAES-Infusionslösungen bei akutem Hörsturz und Tinnitus seien deshalb nicht akzeptabel, weil ein Nutzen solcher Behandlungsmaßnahmen nicht durch Studien wissenschaftlich belegt sei; solchen Behandlungen liege nur die vermeintliche Erfahrung zugrunde, sie trügen zur Linderung bzw Heilung bei (vgl Widerspruchsbegründung der AOK vom 12.6.2006). Dieser Argumentation steht das Wesen der Prüfmethodik des Vergleichs mit dem durchschnittlichen Aufwand der Fachgruppe entgegen: Eine Behandlungs- bzw Verordnungsweise, die - wie die Durchführung von Infusionen zB bei Hörsturz - in der Fachgruppe grundsätzlich akzeptiert und tatsächlich Verbreitung gefunden hatte, darf bei dem Vergleich mit dem Aufwand der Fachgruppe nicht bei dem geprüften Arzt - also nur auf einer Seite - als unzulässig beanstandet werden. Dies kann auch nicht unter Rückgriff auf die sog Randzuständigkeit der Prüfgremien (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 10 RdNr 13; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15 RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 3 RdNr 12) gerechtfertigt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Senats dürfen sachlich-rechnerische Richtigstellungen bei medizinisch umstrittenen Behandlungen nur erfolgen, wenn deren Erbringung durch normative Vorschriften ausdrücklich ausgeschlossen ist - zB Fehlen einer gemäß § 135 SGB V erforderlichen Methodenanerkennung oder einer gemäß dem Arzneimittelgesetz erforderlichen Arzneimittelzulassung -, und sonst nur dann, wenn die Leistungserbringung in offenkundigem Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft steht oder ohne Weiteres erkennbar keinerlei Nutzen hat(BSG SozR 3-5533 Nr 3512 Nr 1 S 3 ff; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 1 RdNr 11, 13-15; BSG SozR 4-5533 Nr 653 Nr 1 RdNr 7 aE). Die hier in Rede stehende Behandlungsweise, die Durchführung von Infusionen bei Hörsturz uÄ, hat indessen Verbreitung gefunden und kann nicht als offenkundig im Widerspruch zum Stand der medizinischen Wissenschaft angesehen werden.
53

6. Das SG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich B

2

Der in den USA geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe; er ist als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut approbiert und in das Arztregister eingetragen. Seit 1.2.2011 ist der Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in C zu- und niedergelassen; er hat erklärt, auf diese Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung im Land Berlin erhalten habe. Seinen Antrag, ihm dort eine Sonderbedarfszulassung für die Behandlung von Patienten zu erteilen, die nicht sprechen können bzw eine massive Sprachstörung haben, lehnte der Zulassungsausschuss wegen nicht gegebener Unterversorgung ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 25.3.2009, Urteil des SG vom 5.5.2010, Urteil des LSG vom 12.9.2012).

3

Das LSG hat ausgeführt, es bestehe weder ein lokaler Versorgungsbedarf noch ein qualitätsbezogener Sonderbedarf. Defizite bei der lokalen Versorgung bestünden in B nicht, weil die Stadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr verfüge und der Kläger seine Praxis im Zentrum der Stadt führe. An einem qualitätsbezogenen Sonderbedarf fehle es bereits deswegen, weil dies einen besonderen Versorgungsbedarf voraussetze, wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe lediglich innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage.

4

Auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehöre die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit dieser Fallgruppe sei das Begehren des Klägers unmittelbar vergleichbar: Ihm gehe es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung" mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der Kommunikationsmethode der "Augmentative and Alternative Communication" (; die deutsche Bezeichnung lautet "unterstützte Kommunikation"). Begehrt werde nicht die Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode. Behauptete qualitative Unterschiede bei der Leistungserbringung begründeten keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Aus den zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG), mit denen die gesetzliche Regelungsermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) modifiziert worden sei, ergebe sich insoweit keine wesentliche Änderung.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Nichtberücksichtigung bzw -würdigung der spezifischen Lebensumstände lautsprachlich behinderter bzw nicht sprechender Versicherter durch das LSG. Insbesondere habe dieses die Bescheinigung des Behindertenbeauftragten der B Psychotherapeutenkammer vollkommen ignoriert sowie irrig angenommen, er - der Kläger - habe die AAC selbst entwickelt. In der Sache habe das LSG § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V deswegen verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber des GKV-VStG bezüglich dieser Norm lediglich eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen habe. Das habe der GBA selbst anders gesehen, da er die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung mit Beschluss vom 16.5.2013 umfassend neu geregelt und dabei die beiden Tatbestände der Sonderbedarfszulassung deutlich - sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Verfahrens - ausdifferenziert habe. Selbst dann, wenn das LSG die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) in der Übergangszeit als lückenhaft hätte ansehen wollen, hätte es diese Lücke im Wege gesetzeskonformer Auslegung schließen können.

6

Bezüglich des lokalen Sonderbedarfs habe sich das LSG mit denklogisch abwegigen Erwägungen allein zur Ausstattung B mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur begnügt. Zudem setzten beide Tatbestände eines Sonderbedarfs voraus, dass aufgrund von Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Eine Besonderheit in diesem Sinne könne auch die hohe Zahl nicht versorgter Versicherter sein.

7

Soweit es den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf betreffe, habe das LSG verkannt, dass dieser nicht allein auf Versorgungskonstellationen beschränkt sei, in denen zu wenige Therapeuten eines der derzeit drei Richtlinienverfahren anbieten. Denn nach § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V sei der GBA verpflichtet, den besonderen Erfordernissen behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Daher müssten im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen solche Qualifikationen berücksichtigt werden, die - wie die AAC - für die Behandlung dieser Personengruppe unerlässlich seien. Außerdem bemesse sich die Erbringung und Verordnung von Leistungen und Maßnahmen nach § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V allein nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, wozu Möglichkeit und Umfang der Verständigung mittels universeller Kommunikationshilfen von vornherein nicht gehören könnten. Selbst dann also, wenn man dem GBA einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich dieser universellen Kommunikationshilfen zubilligte, könnte seine Beschlussfassung nicht deren Ausschluss als Ergebnis haben. Indes scheide ein solcher Genehmigungsvorbehalt schon wegen der hohen Suizidalität in der Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten einerseits und der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) andererseits aus. Aus diesen Gründen sei auch unschädlich, dass die Neuregelung der BedarfsplRL nach wie vor keinen einschlägigen Tatbestand benenne, unter den seine Qualifikation für die AAC subsumiert werden könne, weil selbst bei Annahme einer Lücke die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Auslegung bestünde. Die Auffassung des LSG, dass in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprächen, werde den besonderen Gegebenheiten der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten nicht gerecht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.9.2012 und das Urteil des SG Berlin vom 5.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.3.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung Versicherter mit den in der Widerspruchsbegründung des Klägers beschriebenen Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein lokaler Versorgungsbedarf erfordere, dass es innerhalb eines Zulassungsbezirks einen abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich geben müsse, für den eine Versorgungslücke bestehe; der Kläger mache den lokalen Sonderbedarf jedoch für den gesamten Zulassungsbezirk B geltend. Auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf liege nicht vor, da es insoweit um die ärztliche bzw psychotherapeutische Qualifikation gehe, nicht aber um außerhalb dieser Qualifikation erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Von daher unterscheide sich die Kommunikationsform AAC nicht von besonderen Fremdsprachenkenntnissen eines Therapeuten, denn auch ein nicht deutschsprachiger Patient bedürfe zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Therapie eines Sprachmittlers.

11

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an; nicht jede Erleichterung des Zugangs zur Behandlung begründe einen Sonderbedarf.

12

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hat, weil er die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt.

14

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)ist nicht gegeben. Ein Verstoß hiergegen läge nur dann vor, wenn das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hätte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 10). Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG im Tatbestand seines Urteils dargestellt hat, der Kläger habe in seinem an den Zulassungsausschuss gerichteten Antrag angegeben, die AAC-Therapie "entwickelt" zu haben, gibt das LSG lediglich wieder, was der Kläger auf Seite 2 seiner Antragsschrift vom 24.6.2008 selbst ausgeführt hat: "Im Rahmen meiner Ausbildung … sowie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort habe ich unter Anleitung von Prof. Dr. S eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode, die AAC-Therapie, entwickelt." Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe die "Bescheinigung" des Behindertenbeauftragten der Psychotherapeutenkammer B vollkommen ignoriert, ist zwar zutreffend, dass das Berufungsgericht dessen Stellungnahme weder im Tatbestand noch in den (knappen) Entscheidungsgründen erwähnt. Nach der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung war die Stellungnahme des Behindertenbeauftragten jedoch ohne Bedeutung für die Entscheidungsfindung, denn am Fehlen einer rechtlichen Grundlage für eine auf die Kenntnis der AAC-Methode gestützte Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ändert die Einschätzung, dass im Tatsächlichen ein dringender Bedarf für die Zulassung entsprechend qualifizierter Behandler bestehe, nichts.

15

Versteht man das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG)rügen will, ergibt sich nichts anderes. Das Recht auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass wesentlicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen worden ist (BVerfG Beschluss vom 27.5.2009 - 1 BvR 512/09 - Juris RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 96, 206, 216; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das LSG hat lediglich Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen, die es nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung zur Auslegung des Bedarfsplanungsrechts als unbeachtlich unberücksichtigt lassen durfte.

16

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

17

a. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm der BedarfsplRL Ärzte. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aF)bzw soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nF).

18

Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die ab 4.7.2013 geltenden (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 BedarfsplRL nF nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welche - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalten.

19

b. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen - wie vorliegend - die Zulassung von Ärzten bzw Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt(BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 32 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15 ). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18).

20

Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Mithin sind die durch das GKV-VStG (vom 22.12.2011, BGBl I 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 erfolgten Änderungen des § 101 SGB V wie auch die nachfolgenden Änderungen der BedarfsplRL zu berücksichtigen.

21

c. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs liegen nicht vor.

22

aa. Nach § 37 Abs 1 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs 2 aaO und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

23

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes oder Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Diese auf den Leistungserbringer ausgerichteten Voraussetzungen des Sonderbedarfs sind in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V angelegt, in dem von einem "qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe" die Rede ist. Schon der Sachzusammenhang spricht insoweit dafür, dass sich dies auf die ärztliche - dh die medizinische - Qualifikation bezieht. Ohne die Bezugnahme auf feststellbare und nachweisbare Qualifikationen des Arztes ließe sich das Instrument der Sonderbedarfszulassung nicht handhaben, weil nicht ermittelbar wäre, wo qualitative Versorgungslücken bestehen.

24

Indem der GBA in § 37 BedarfsplRL(nicht anders als bislang in § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL bzw § 36 Abs 1 Buchst b BedarfsplRL) die besondere Qualifikation ganz eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren ausgerichtet hat, hat er von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V sachgerechten Gebrauch gemacht. Besondere Qualifikationen, denen sich ein Arzt berühmt, die aber nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bleiben damit außer Betracht. Das gilt für fachliche Kompetenzen wie - selbstverständlich - auch für Kenntnisse, die sich außerhalb der Fachkunde bewegen, aber für die Ausübung der Heilkunde von Bedeutung oder zumindest hilfreich sein können. Solche Fähigkeiten sind etwa Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Gebärdensprache und auch - was hier von Bedeutung ist - Kenntnisse der AAC für kommunikationsgestörte Patienten.

25

bb. Ein weitergehendes Verständnis des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist im Hinblick auf besondere sprachliche und/oder kommunikative Kompetenzen des Arztes auch nicht deshalb geboten, weil andernfalls der Heilbehandlungsanspruch der Versicherten nach § 27 Abs 1 SGB V, der in der Wendung "Versorgungsbedarf" in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V mittelbar angesprochen ist, nicht erfüllt werden könnte.

26

(1) Als Methode der Kommunikation verstanden, die sprachbehinderten Menschen den Austausch mit einem Therapeuten im Rahmen der Behandlung in einem der Richtlinienverfahren ermöglichen soll, ist die AAC der Gebärdensprache vergleichbar: Denn lautsprachlich behinderte bzw nicht sprechende Versicherte müssen - nicht anders als hörbehinderte Menschen - einen entsprechend qualifizierten Sprachmittler hinzuziehen, um sich mit einem Arzt oder Therapeuten verständigen zu können.

27

Wann die Krankenkassen die Kosten für solche Kommunikationsmittler übernehmen müssen, ist gesetzlich vorgegeben. Dies kommt hinsichtlich der Gebärdensprache exemplarisch in § 17 Abs 2 SGB I zum Ausdruck. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden (Satz 1 aaO); die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Eine vergleichbare Regelung enthält § 19 Abs 1 Satz 2 SGB X für das Verwaltungsverfahren. Es liegt - nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung hörbehinderter Menschen und behinderten Menschen mit besonderer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit in § 57 SGB IX - nahe, dass diese Regelungen in Bezug auf andere geeignete Kommunikationsmethoden entsprechende Anwendung finden. Der rechtliche Gehalt des § 17 Abs 2 SGB I ist jedoch auf ein Recht zur Verwendung bzw Benutzung der Gebärdensprache als Kommunikationsmethode(vgl auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 17 RdNr 24)und zur Übernahme von Dolmetscherkosten beschränkt. Darüber hinausgehende Folgerungen, wie etwa eine besondere Qualifikation von Leistungserbringern oder gar die Schaffung eines speziell auf Gehörlose ausgerichteten Versorgungsangebots lassen sich hieraus nicht entnehmen.

28

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Ansprüche kommunikationsgeminderter Patienten auf das Recht zur Benutzung spezieller Kommunikationsmethoden bzw zur Einschaltung von Kommunikationsmittlern und die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten beschränkt hat, ist abzuleiten, dass Krankenkassen und KÄVen nicht verpflichtet sind, ein speziell auf sprach- und kommunikationsbehinderte Menschen ausgerichtetes flächendeckendes Versorgungsangebot in jedem Fachgebiet zur Verfügung zu stellen. Dass es der Gesetzgeber in Bezug auf Gehörlose (oder vergleichbare Personengruppen) nicht für möglich und erforderlich gehalten hat, zugleich die Schaffung spezieller Leistungsangebote vorzuschreiben, lässt sich indiziell auch auf die psychotherapeutische Behandlung von lautsprachlich Behinderten übertragen. Der Gesetzgeber sah das Problem ganz offensichtlich in der Kommunikation an sich, nicht hingegen in der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringer. Nichts anderes gilt für die AAC: Unterstellt, diese Kommunikationsmethode entspräche in ihrer Funktion der Gebärdensprache bei Gehörlosen, ergäbe sich daraus die Konsequenz, dass - auf Kosten der Krankenkassen - entsprechende Dolmetscher zum Einsatz kommen müssten, nicht aber, dass die Leistungserbringer selbst Kenntnisse dieser Kommunikationsmethode haben müssten oder aus dieser Kenntnis Ansprüche auf eine Sonderbedarfszulassung herleiten könnten.

29

Dem steht nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zusteht (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 28). Der Gesichtspunkt, dass die Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten ohne die Anwendung der AAC besondere Hürden überwinden muss, um ihren Leistungsanspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung wahrzunehmen, gilt gleichermaßen für andere in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Patientengruppen, zB für Gehörlose, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es für die betroffenen Patienten günstig sein kann, von Ärzten bzw Therapeuten behandelt zu werden, die jenseits ihrer medizinisch-fachlichen Qualifikation etwa über zusätzliche Sprachkenntnisse oder Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Ein Anspruch darauf, dass jedem Versicherten an jedem Ort solche Therapeuten tatsächlich zur Verfügung stehen, besteht aber nicht. Deshalb kann auf die Fähigkeit eines Arztes oder Psychotherapeuten, mit einem Patienten in der Gebärdensprache oder - die Eignung der Methode unterstellt - mittels der AAC zu kommunizieren, keine Sonderbedarfszulassung gestützt werden.

30

Soweit sich der Kläger auf § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V beruft, wonach der GBA bei Erlass seiner Richtlinien "den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker" Rechnung zu tragen hat, folgt auch hieraus kein Anspruch auf Berücksichtigung besonderer Kommunikationsmethoden im Rahmen des Sonderbedarfs. Unmittelbare Auswirkungen auf das Leistungsrecht hat diese Vorschrift nicht, da die leistungsrechtlichen Vorschriften zur Krankenbehandlung aus finanziellen Erwägungen heraus nicht erweitert wurden (Roters in Kasseler Komm, § 92 SGB V RdNr 17 unter Hinweis auf den Ausschussbericht zum Gesundheits-Refomgesetz, BT-Drucks 11/3480 S 37). Nichts anderes gilt für § 2a SGB V, welcher bestimmt, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Auch dieser allgemeinen Verpflichtung ist innerhalb des geltenden Rechts Rechnung zu tragen. Besteht aber im Hinblick auf bestimmte Formen der Behinderung kein spezifischer Leistungsanspruch, kann dies auch keinen Sonderbedarf begründen, dem durch entsprechende Zulassungen Rechnung zu tragen wäre. Es wäre Sache des Gesetzgebers, weitergehende Leistungsansprüche (und ggf ihre Auswirkungen auf das Leistungserbringungsrecht) ausdrücklich zu normieren.

31

Auch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)lässt sich kein Anspruch auf eine von den gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorgaben abweichende Sonderbedarfszulassung herleiten. Zwar gehört danach die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung - unter den dort genannten Voraussetzungen - zum Kernbereich der Leistungspflicht der GKV. Jedoch ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der lautsprachlich Behinderten zutreffen.

32

(2) Sähe man - was eher fernliegt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht wird - in der AAC eine besondere Behandlungsmethode, die speziell für eine psychotherapeutische Behandlung von sprachgestörten Patienten geeignet ist, würde schon der Methodenvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V und - bezogen auf die Psychotherapie - die Begrenzung des Versorgungsanspruchs der Versicherten auf die drei Richtlinienverfahren einer entsprechenden Ausweitung des Begriffs "Versorgungsbedarf" entgegenstehen. Für eine Anerkennung als eigenständige Behandlungsmethode fehlte es bereits an der Einleitung eines entsprechenden Prüfverfahrens, erst recht am Vorliegen entsprechender Empfehlungen.

33

cc. Durch die zum 1.1.2012 erfolgte Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist - anders als der Kläger meint - keine grundlegende Änderung der an eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung zu stellenden Anforderungen eingetreten; insbesondere ergeben sich hieraus keine Auswirkungen auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Für die - die Gesetzesänderung nachvollziehende - Änderung der BedarfsplRL gilt nichts anderes. Zwar dient die Änderung des § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V nach der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG(BT-Drucks 17/6906 S 43 unter Allgemeiner Teil sowie S 73 f zu Nr 35 Buchst a Doppelbuchst aa) auch einer Erweiterung der Möglichkeit zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen, insbesondere aber der Präzisierung der Vorgaben: Anlass hierfür sieht der Gesetzgeber (aaO S 74) darin, dass die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht hätten und die Umsetzung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben der Praxis offenbar Probleme bereite. Namentlich an der grundlegenden Orientierung am ärztlichen Weiterbildungsrecht hat sich durch die Neuregelung indessen nichts geändert.

34

d. Erst recht kommt keine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs in Betracht. Der lokale Sonderbedarf ist darauf ausgerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 35). Nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung, vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) setzt ein lokaler Sonderbedarf voraus, dass "aufgrund von … Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen". Selbst wenn man unterstellte, dass ohne die Kommunikationsmethode AAC in Bezug auf den Personenkreis der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten Versorgungsdefizite bestünden, beruhte dies jedenfalls nicht auf den "Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs" iS des § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL nF; entsprechender Bedarf bestünde dann vielmehr in allen Planungsbereichen.

35

3. Auch eine Ermächtigung des Klägers kommt nicht in Betracht, denn nach der Rechtsprechung des Senats können Leistungen, die nicht Gegenstand des Leistungsumfangs der GKV sind, von vornherein weder Grundlage einer Sonderbedarfszulassung noch einer Ermächtigung sein (BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 27 = USK 2007-95). Wie dargelegt, ist die Gewährleistung einer unmittelbaren Verständigungsmöglichkeit von sprachbehinderten Patienten mit ihren Ärzten und Therapeuten nicht in dem Sinne von der Krankenkasse geschuldet, dass sie jedem Patienten ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen müsste.

36

4. Ob es Konstellationen gibt, in denen Patienten trotz ihrer fehlenden sprachlichen Artikulationsfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges von einer Verhaltenstherapie oder einer Psychoanalyse profitieren können, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu klären wie die Frage, ob es - bei Bejahung der vorangestellten Frage - darunter wiederum Konstellationen gibt, in denen der Behandlungserfolg nicht gewährleistet wäre, wenn ein Kommunikationsmittler eingeschaltet wird, sondern nur dann, wenn der Therapeut selbst neben dem Richtlinienverfahren auch die AAC-Methode beherrscht. Sollte beides in ganz besonders gelagerten Fällen gegeben sein, hätte das nicht zur Folge, dass einem Therapeuten eine Sonderbedarfszulassung (oder eine Ermächtigung) zu erteilen wäre, sondern es käme insoweit - wie dies der Senat im Fall der Angewiesenheit eines Patienten auf Leistungen der Gesprächstherapie angenommen hat (s BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 37 ff)- nur eine Versorgung auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Genehmigung zur Anstellung eines Strahlentherapeuten im Zusammenhang mit der Einbeziehung dieser Arztgruppe in die Bedarfsplanung.

2

Am 20.12.2012 beantragte der Kläger, der Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist, bei dem Zulassungsausschuss (ZA), ihm die Anstellung des zu 8. beigeladenen Strahlentherapeuten zu genehmigen. Daraufhin teilte der ZA dem Kläger mit, dass künftig auch die Arztgruppe der Strahlentherapeuten der Bedarfsplanung unterliegen würden. Aufgrund eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) vom 6.9.2012 könne über den Antrag erst entschieden werden, nachdem der Landesausschuss erstmalig über den Versorgungsgrad befunden habe (sog Moratorium). Nachdem der Landesausschuss in seiner Sitzung am 15.2.2013 für Bayern eine Zulassungsbeschränkung für Strahlentherapeuten wegen Überversorgung angeordnet hatte, lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers auf Genehmigung der Anstellung des Beigeladenen zu 8. ab.

3

Der beklagte Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 14.11.2013 (Beschluss vom 26.9.2013) zurück. Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Das LSG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nur einen Anspruch auf Genehmigung der Anstellung habe, sofern für die Arztgruppe der Strahlentherapeuten keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet seien. Zwar hätten zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine Zulassungsbeschränkungen bestanden. Aufgrund des am 6.9.2012 vom GBA beschlossenen Entscheidungsmoratoriums sei der Antrag jedoch auch dann abzulehnen, wenn die Zulassungsbeschränkungen erst nach der Antragstellung angeordnet würden. Sowohl das Entscheidungsmoratorium als auch die Regelungen des GBA zur Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung stünden mit höherrangigem Recht im Einklang und seien deshalb wirksam. Auch eine unzulässige Rückwirkung liege nicht vor, weil der Kläger seinen Antrag auf Genehmigung der Anstellung erst nach der Veröffentlichung des Beschlusses des GBA im Bundesanzeiger gestellt habe.

4

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, dass er Anspruch auf die beantragte Anstellungsgenehmigung habe, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung im Dezember 2012 keine Zulassungsbeschränkungen bestanden hätten und solche Beschränkungen auch nicht nachträglich wirksam angeordnet werden könnten. Grundsätzlich werde die Legitimation des GBA nicht in Frage gestellt. Mit der Anordnung eines Entscheidungsmoratoriums für Anträge auf Zulassung und auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung bis zur Entscheidung des Landesausschusses über den Versorgungsgrad habe der GBA seine Regelungskompetenz jedoch überschritten. Sowohl § 19 Abs 1 S 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) als auch § 95 Abs 2 S 9 SGB V regelten explizit, dass Zulassungsanträge wegen Zulassungsbeschränkungen nur abgelehnt werden dürften, wenn diese bereits im Zeitpunkt der Antragstellung angeordnet waren. Gemäß § 95 Abs 9 S 1 SGB V gelte das sinngemäß auch für Anstellungsgenehmigungen. Die einschränkende Auslegung des § 19 Abs 1 S 2 Ärzte-ZV aus Urteilen des Senats vom 17.10.2007 (B 6 KA 31/07 R - USK 2007-95 sowie BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4), in denen es um ein Entscheidungsmoratorium im Zusammenhang mit der Neuordnung der Planungsbereiche im Land Berlin gegangen sei, seien auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Anders als dort diene das Entscheidungsmoratorium hier nicht der Vermeidung eines vorübergehenden Regelungsvakuums für bereits beplante Arztgruppen. Vielmehr beziehe sich das Moratorium auf Arztgruppen, die erst später - durch die ab dem 1.1.2013 geltenden "Richtlinien über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung" (Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte ) - in die Bedarfsplanung einbezogen worden seien. Darüber hinaus sei die Einbeziehung von kleinen Arztgruppen mit bundesweit weniger als 1000 Ärzten und damit auch für Strahlentherapeuten gemäß § 101 Abs 2 Nr 2 SGB V unzulässig. Die Einbeziehung kleiner Arztgruppen in die Bedarfsplanung sei auch nicht Teil des gesetzgeberischen Auftrags zur Neuordnung der Bedarfsplanung zum 1.1.2013 gewesen. Ferner macht der Kläger unter Bezugnahme auf Stellungnahmen der Bundesärztekammer geltend, dass die Grenze zur Überversorgung für die zum 1.1.2013 neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen undifferenziert und ohne ausreichende Sachverhaltsermittlungen auf der Basis der im Jahr 2010 bestehenden Einwohner-Arzt-Relation festgelegt worden sei. So sei bezogen auf die strahlentherapeutische Versorgung nicht berücksichtigt worden, dass diese vor 10 bis 15 Jahren überwiegend durch ermächtigte Krankenhausärzte abgedeckt worden sei. Darüber hinaus seien die Grenzen einer verfassungsrechtlich zulässigen Rückwirkung hier überschritten. Die Kriterien für die Einbeziehung von Strahlentherapeuten seien durch den GBA erst mit Wirkung zum 1.1.2013 festgelegt worden. Die mit Wirkung vom 1.1.2013 neu gefasste Bedarfsplanungs-Richtlinie vom 20.12.2012 sei erst am 31.12.2012 veröffentlicht worden. Aufgrund des Moratoriumsbeschlusses wirke diese Änderung auf einen davor liegenden Zeitraum zurück. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für einen so weitgehenden Eingriff in grundrechtsrelevante Rechtspositionen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen LSG vom 14.1.2015, das Urteil des SG Nürnberg vom 20.3.2014 und den Bescheid des Beklagten vom 14.11.2013 (Beschluss vom 26.9.2013) aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger eine Genehmigung zur Anstellung des Beigeladenen zu 8. als Facharzt für Strahlentherapie am Vertragsarztsitz des Klägers mit einem Beschäftigungsumfang von 45 Stunden pro Woche zu erteilen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Bei der Einbeziehung neuer Arztgruppen in die Bedarfsplanung komme dem GBA ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der auch die Regelung einer Entscheidungssperre für die Zeit bis zur Entscheidung des Landesausschusses über das Vorliegen von Überversorgung umfasse. Die gesetzlichen Vorgaben im SGB V genügten den an die Bestimmtheit zu stellenden Anforderungen.

8

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), die keinen Antrag stellt, hält das Urteil des LSG ebenfalls für zutreffend. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten habe der Versorgungsgrad für die Arztgruppe der Strahlentherapeuten im maßgeblichen Planungsbereich (KÄV Bezirk Bayern) 161,8 % betragen. Daran habe sich bis heute nichts Wesentliches geändert. Weder die Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung noch die am 6.9.2012 durch den GBA beschlossene Entscheidungssperre (Moratorium) seien zu beanstanden.

9

Die Anstellungsgenehmigung sei zu Recht von dem Kläger und nicht von der BAG beantragt worden, deren Mitglied er sei. Sowohl das SGB V als auch die Ärzte-ZV regelten allein die Genehmigung der Anstellung bei einem Arzt und nicht die Anstellung bei einer BAG. Die Personenbezogenheit der Anstellungsgenehmigung ergebe sich auch aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung. Ferner sei der Vertragsarzt verpflichtet, seine Praxis persönlich zu leiten und den angestellten Arzt zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten. Verstöße könnten nur gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt und nicht gegenüber einer BAG disziplinarisch geahndet werden. Die Erteilung der Anstellungsgenehmigung gegenüber der BAG führe zudem im Falle der Auflösung einer aus zwei Vertragsärzten bestehenden BAG zu rechtlich schwer lösbaren Problemen. Auch der Umstand, dass der Arzt zivilrechtlich in der Regel durch die BAG und nicht durch eines ihrer Mitglieder angestellt werde, stehe dem nicht entgegen, weil die zulassungsrechtlichen Anforderungen nicht von zivilrechtlichen Vereinbarungen abhingen.

10

Der GBA, dem der Senat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, teilt bezogen auf die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung von Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung im Wesentlichen die Auffassung der zu 1. beigeladenen KÄV und trägt außerdem vor, dass die Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V mit dem Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) auf eine wesentliche Änderung der Grundlagen der Bedarfsplanung abgezielt habe. In diesem Zusammenhang seien die sog unbeplanten Arztgruppen auf der Grundlage des § 101 Abs 2 Nr 1 SGB V einbezogen worden und es sei - im Vorgriff auf noch zu beschließende Änderungen - eine Entscheidungssperre geregelt worden. Die Einbeziehung der Strahlentherapeuten und weiterer Arztgruppen sei aufgrund der bereits mehr als ausreichenden Versorgung und des ungebrochenen Wachstums bei überproportionalem Ressourcenverbrauch erforderlich gewesen. Es habe Anlass zu der Befürchtung bestanden, dass es mit dem Bekanntwerden der Absicht zur Einbeziehung in die Bedarfsplanung zu einer weiteren Zunahme von Zulassungsanträgen von Ärzten der betroffenen Arztgruppen kommen werde. Von Übergangsregelungen, die das BSG in seiner Rechtsprechung bereits als rechtmäßig angesehen habe, unterscheide sich das hier zu beurteilende Moratorium allein dadurch, dass sie nicht nur den Zeitraum seit der Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie bis zur Entscheidung des Landesausschusses über Zulassungsbeschränkungen, sondern bereits einen Zeitraum vor der Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie umfasse. Dies stehe der Rechtmäßigkeit des Moratoriums aber nicht entgegen. Auch sei die Bestimmung der Verhältniszahlen nicht zu beanstanden. Der GBA habe das Versorgungsniveau zum Stichtag 2010 zutreffend mit 110 % bewertet. Es treffe auch nicht zu, dass die demografische Entwicklung bei der Bestimmung der Verhältniszahlen unberücksichtigt geblieben sei. Bei den neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen hänge die Leistungsmengenentwicklung weniger stark mit der allgemeinen demografischen Entwicklung zusammen, als in anderen Leistungsbereichen. Als Korrektiv habe der GBA sich zudem verpflichtet, seine Entscheidung zur Nichtanwendung des Demografiefaktors zu überprüfen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die Genehmigung der Anstellung des Beigeladenen zu 8. zu versagen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

12

1. Dem Anspruch des Klägers auf Erteilung der Genehmigung steht nicht entgegen, dass er zunächst die Anstellungsgenehmigung nur für sich selbst und nicht für die BAG geltend gemacht hat, deren Mitglied er ist. Allerdings geht der Senat davon aus, dass der Anspruch auf eine Anstellungsgenehmigung nach § 95 Abs 9 Satz 1 SGB V, § 32b Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV im Grundsatz nur der BAG und nicht dem einzelnen Vertragsarzt als Mitglied der BAG zustehen kann. Ausgeschlossen ist jedenfalls die Erteilung einer Anstellungsgenehmigung ohne die Zustimmung der anderen Mitglieder der BAG, der der Arzt angehört.

13

Die Frage, ob die Genehmigung für die Anstellung eines Arztes in einer BAG einem der Mitglieder der BAG oder aber der BAG selbst zu erteilen ist, ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Die ganz überwiegende Auffassung in der Literatur (vgl zB Bedei/Zalewski in Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand der Nachlief 1/2011, § 33 Ärzte-ZV RdNr E 33-2b; Michels/Möller, Ärztliche Kooperationen, 3. Aufl 2014, S 100, Rompf/Schröder/Willaschek, Kommentar zum Bundesmantelvertrag-Ärzte, 2014, § 14a RdNr 17; Schallen, Zulassungsverordnung, 8. Aufl 2012, § 32b RdNr 63; Bonvie, GesR 2008, 505, 506; Steinhilper in Halbe/Schirmer, Kooperation im Gesundheitswesen, A 1300, Stand November 2015, RdNr 53; aA Bäune in Bäune/Meschke/Rothfuß, Kommentar zur Zulassungsverordnung für Vertragsärzte und Vertragszahnärzte, 2008, § 32b RdNr 35) geht bisher davon aus, dass die Genehmigung nur dem einzelnen Arzt erteilt werden kann. § 95 Abs 9 Satz 1 SGB V bestimmt ebenso wie § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV, dass "der Vertragsarzt" unter bestimmten Voraussetzungen Ärzte anstellen kann und § 103 Abs 4b Satz 1 SGB V regelte den Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung mit dem Ziel, "bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs 9 Satz 1 angestellter Arzt" tätig zu werden. Daraus kann jedoch entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. nicht der Schluss gezogen werden, dass die Genehmigung auch für die Anstellung in einer BAG dem einzelnen Arzt zu erteilen wäre. Eine Zuordnung von Rechten und Pflichten entweder zum einzelnen Arzt oder zur BAG nimmt das SGB V nicht vor. Die Begriffe "Arzt" oder "Vertragsarzt" werden im SGB V an verschiedenen Stellen verwendet, ohne dass zwischen den in Einzelpraxis tätigen Ärzten und den in einer BAG zusammenarbeitenden Ärzten unterschieden würde. Im Übrigen enthält das SGB V auch keine Definition der BAG (vgl dazu § 1a Nr 12 Bundesmantelvertrag - Ärzte).

14

Mit den Vertragsärzten sind regelmäßig auch die in einer BAG verbundenen Vertragsärzte gemeint, ohne dass eine Aussage dazu getroffen wird, ob ein Anspruch der BAG oder dem einzelnen Arzt als deren Mitglied zusteht. So betreffen die Vorschriften zur Honorarverteilung - wie bereits in der Überschrift zu § 87b SGB V (Vergütung der Ärzte) zum Ausdruck kommt - grundsätzlich die Vergütung "der Ärzte". Gleichwohl ist in ständiger Rechtsprechung geklärt, dass Adressat des Honorarbescheides im Falle der gemeinschaftlichen Ausübung der ärztlichen Tätigkeit die BAG und nicht der einzelne Arzt ist, der der BAG angehört (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 65 RdNr 12). Die BAG tritt der KÄV wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Dementsprechend ist sie rechtlich gesehen eine Praxis (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 65 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 6 RdNr 21; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 38/09 R - MedR 2011, 823, RdNr 23; BSG SozR 4-1930 § 6 Nr 1 RdNr 14; Engelmann in von Wulffen/Krasney, Festschrift 50 Jahre BSG, S 429, 435). Sie erwirbt gegenüber der KÄV Honoraransprüche und sie ist ggf zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 23). Daran ändert sich auch durch den Wechsel ihrer Mitglieder oder durch das Ausscheiden eines Mitglieds aus einer mehr als zweigliedrigen Gemeinschaftspraxis im Grundsatz nichts (vgl BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 2 RdNr 27; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 17; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - RdNr 19; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 18; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - RdNr 17; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 14; zum Fortbestand der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vgl zB BGH vom 2.12.2010 - V ZB 84/10 - BGHZ 187, 344 = NJW 2011, 615, RdNr 13).

15

Die Beigeladene zu 1. weist zwar zutreffend darauf hin, dass bei der BAG der einzelne Arzt Träger der Zulassung bleibt. Insofern unterscheidet sich die BAG von dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Deshalb verbleibt das Recht, zB das Ruhen der Zulassung zu verlangen oder sich im Urlaubsfall vertreten zu lassen, bei dem einzelnen in der BAG tätigen Vertragsarzt. Bezogen auf die Anstellungsgenehmigung nach § 32b Ärzte-ZV, die deutlich weitergehende Wirkung hat, ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Genehmigung der BAG ein besonderer vertragsarztrechtlicher Status vermittelt wird(vgl BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 78 RdNr 26; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 17, BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 17, jeweils mwN). Ausschlaggebend dafür, dass die Anstellungsgenehmigung nicht dem einzelnen Vertragsarzt als Mitglied einer BAG, sondern der BAG zu erteilen ist, ist indes, dass der anzustellende Arzt nicht nur vorübergehend unter der Abrechnungsnummer der BAG tätig wird und mit seiner Tätigkeit Rechte und Pflichten der in der Rechtsform einer GbR gemäß §§ 705 ff BGB oder einer Partnerschaftsgesellschaft nach dem Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (PartGG) verbundenen Mitglieder der BAG gegenüber der KÄV begründen kann. Beim Abschluss von Behandlungsverträgen verpflichten sich die Mitglieder einer fachgleichen BAG, die nach außen gemeinschaftlich auftreten, grundsätzlich gemeinschaftlich gegenüber dem Patienten (vgl BGHZ 142, 126, 137; BGHZ 165, 36, 39 f) und auch Arbeitsverträge mit nichtärztlichem Personal werden regelmäßig mit der hinter der BAG stehenden Gesellschaft geschlossen. Für den Anstellungsvertrag mit einem Arzt gilt - wie die Beigeladene zu 1. ausdrücklich einräumt - in der Regel nichts anderes (vgl Rompf/Schröder/Willaschek, Kommentar zum Bundesmantelvertrag-Ärzte, 2014, § 14a RdNr 17). Wenn die Anstellungsgenehmigung der BAG und nicht deren Mitglied erteilt wird, werden Konflikte aufgrund voneinander abweichender Gestaltung der vertragsarztrechtlichen und der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen und daraus folgende Konflikte zB im Falle des Ausscheidens eines Arztes aus einer mehr als zweigliedrigen BAG soweit wie möglich vermieden. Wenn die Anstellungsgenehmigung einem einzelnen Mitglied der BAG erteilt würde, würde deren Verbleib in der Arztpraxis durch sein Ausscheiden in Frage gestellt.

16

Dem kann die Beigeladene zu 1. auch nicht mit Erfolg die ua aus § 14a Abs 1 Satz 1 BMV-Ä folgende Verpflichtung des anstellenden Arztes zur persönlichen Leitung der Arztpraxis entgegenhalten. In einer Gesellschaft iS des § 705 BGB (Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR) oder einer Partnerschaftsgesellschaft iS des PartGG wird die nach § 14a Abs 1 Satz 1 BMV-Ä sicherzustellende Leitung der Arztpraxis regelmäßig nicht nur von einem der in der BAG zusammengeschlossenen Vertragsärzte wahrgenommen und auch die vertragliche Haftung bei Behandlungsfehlern trifft im Regelfall die Mitglieder der BAG gemeinsam(zur gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder einer BAG mit gleicher Gebietsbezeichnung, die gegenüber Kassenpatienten gemeinschaftlich auftreten vgl BGHZ 142, 126, 136 f). Zudem spricht der Wortlaut des § 14a Abs 1 Satz 2 BMV-Ä, der die Zahl der in einer BAG angestellten Ärzte auf drei "je Vertragsarzt" begrenzt, eher für die Erteilung der Genehmigung gegenüber der BAG; die einzelnen Vertragsärzte sind nach der Formulierung der Regelung insofern nur Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Zahl der Ärzte, die in der BAG höchstens angestellt werden dürfen. Dass die Leitung der Praxis nicht durch die Gesellschaft, sondern nur durch die in ihr zusammengeschlossenen natürlichen Personen - und damit die einzelnen Vertragsärzte - wahrgenommen werden kann, steht dem nicht entgegen. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch § 58 Abs 4 Satz 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie ("Beantragt eine BAG eine Genehmigung zur Tätigkeit eines angestellten Arztes …") von der Erteilung der Anstellungsgenehmigung gegenüber der BAG ausgeht.

17

Der Senat verkennt nicht, dass durch die Erteilung der Anstellungsgenehmigung an die BAG anstelle des einzelnen Vertragsarztes auch bezogen auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages neuer Regelungsbedarf für den Fall der Auflösung der BAG - etwa beim Ausscheiden eines Arztes aus einer zweigliedrigen BAG (vgl BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 45 mwN)- begründet werden kann, geht aber davon aus, dass die daraus resultierenden Probleme jedenfalls nicht schwieriger zu überwinden sind als diejenigen, die sich ergeben, wenn die Genehmigung einem einzelnen Arzt erteilt worden ist, der aus der Praxis ausscheidet (vgl dazu zB Michels/Möller, Ärztliche Kooperationen, 3. Aufl 2014, S 100). Anders als die Beigeladene zu 1. neigt der Senat auch nicht zu der Auffassung, dass sich die einer zweigliedrigen BAG erteilte Anstellungsgenehmigung mit dem Ausscheiden eines der beiden Mitglieder gemäß § 39 Abs 2 SGB X auf andere Weise erledigt und dass nach Eintritt eines Nachfolgers eine neue Anstellungsgenehmigung nur erteilt werden könnte, wenn Zulassungsbeschränkungen dem nicht entgegenstehen. Dass sich die vertragsarztrechtliche von der zivilrechtlichen Beurteilung unterscheiden kann und dass deshalb eine BAG auch nach Auflösung der GbR vertragsarztrechtlich als fortbestehend anzusehen ist, solange sie noch Pflichten aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen, hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang entschieden (vgl BSGE 98, 89 = SozR 4-2500 § 85 Nr 31, RdNr 11; zur umgekehrten Situation der Beendigung der Gemeinschaftspraxis unabhängig von einem möglichen Fortbestehen der GbR vgl BSG SozR 3-2200 § 368c Nr 1 S 6 f).

18

Der Umstand, dass der Kläger und nicht die BAG, deren Mitglied er ist, die Anstellungsgenehmigung beantragt und nach deren Ablehnung das Klageverfahren geführt hat, kann ihm im vorliegenden Verfahren jedoch bereits aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht entgegengehalten werden. Nach den Angaben der Beigeladenen zu 1., deren Richtigkeit der Senat nicht in Zweifel zieht, entsprach die Erteilung der Anstellungsgenehmigung an den einzelnen Arzt der Praxis der Zulassungsgremien jedenfalls in ihrem Bezirk. Zudem hat der Kläger im Revisionsverfahren die Zustimmung der anderen Mitglieder der BAG zur Erteilung der Anstellungsgenehmigung mitgeteilt.

19

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil Zulassungsbeschränkungen der Erteilung der Anstellungsgenehmigung entgegengestanden haben und der Beklagte den Antrag des Klägers deshalb zu Recht abgelehnt hat.

20

Gemäß § 95 Abs 9 Satz 1 SGB V kann ein Vertragsarzt mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Trotz Zulassungsbeschränkungen kann eine Anstellungsgenehmigung nach § 95 Abs 9 Satz 2 SGB V nur unter den - hier nicht vorliegenden - Voraussetzungen erteilt werden, dass sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuss zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet(sog Job-Sharing, § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V) oder zugunsten der Anstellung auf seine Zulassung verzichtet (§ 103 Abs 4b Satz 1 SGB V) sowie in Fällen der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4b Satz 2 SGB V).

21

Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien hatte der zuständige Landesausschuss für die Arztgruppe, der der Kläger angehört, im maßgebenden Planungsbereich Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet, nachdem die Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung einbezogen worden waren. Nach den Angaben der zu 1. beigeladenen KÄV, deren Richtigkeit von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen wird, betrug der Versorgungsgrad der Strahlentherapeuten zum Zeitpunkt der Entscheidung des Zulassungsausschusses über den Antrag des Klägers 161,6 %. Daran hat sich in der Folgezeit nichts Wesentliches geändert. Überversorgung ist nach § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V bereits bei einem Versorgungsgrad von 110 % anzunehmen.

22

a) Die Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung durch die geänderte Bedarfsplanungs-Richtlinie ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden.

23

aa) Die Strahlentherapeuten sind in einem ersten Schritt durch die Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie mit Beschluss des GBA vom 6.9.2012 (BAnz AT 06.09.2012 B6; BAnz AT 21.9.2012 B4) in die Bedarfsplanung einbezogen worden. § 48 Abs 1 Nr 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie bestimmte in der damals geänderten Fassung, dass Strahlentherapeuten ab dem 1.1.2013 in die Bedarfsplanung einbezogen werden (zu der damit verbundenen Übergangregelung vgl unten). Die näheren Regelungen, insbesondere zu Planungsbereichen und Verhältniszahlen blieben einer weiteren Beschlussfassung vorbehalten, die am 20.12.2012 erfolgte (BAnz AT 31.12.2012 B7). Danach wurden die Strahlentherapeuten der gesonderten fachärztlichen Versorgung zugeordnet (§ 14 Abs 1 Nr 7, Abs 2 Nr 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Planungsbereich für die gesonderte fachärztliche Versorgung ist nach § 14 Abs 3 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie der Bezirk der KÄV. Die Verhältniszahl (Einwohnerzahl pro Arzt) wurde nach § 14 Abs 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie auf der Basis des im Jahr 2010 erreichten Versorgungsgrades(vgl 2.2 § 8 der im Internet veröffentlichten Tragende Gründe), der speziell für die neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen mit 110 % bewertet wurde (vgl 2.4 § 14 der Tragenden Gründe), auf 173.576 festgesetzt.

24

bb) Die hier maßgebenden Regelungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie finden ihre gesetzliche Grundlage in § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9, § 101 Abs 1 Nr 1 SGB V. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben zur Bedarfsplanung, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10 RdNr 17 mwN), beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad. Die Befugnis des GBA zur Normkonkretisierung - auch gerade im Bereich der Bedarfsplanung - hat das BSG in ständiger Rechtsprechung anerkannt (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10 RdNr 25 mwN). Eine funktionelle Zuständigkeit des GBA ist jedenfalls begründet, soweit es sich um Regelungen handelt, die bundeseinheitlich getroffen werden müssen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10 RdNr 25 mwN). Diese umfasst auch die Bestimmung der Arztgruppen, für die Verhältniszahlen festgelegt werden (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 10 RdNr 25; aA Heun, VSSR 2015, 215, 221 ff) sowie deren Zusammensetzung (BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 15 ff).

25

cc) Die durch den GBA auf der Rechtsgrundlage des § 92 SGB V erlassenen Richtlinien sind nach der Rechtsprechung der mit dieser Frage befassten Senate des BSG untergesetzliche Rechtsnormen(BSGE 78, 70, 75 = SozR 3-2500 § 92 Nr 6 S 30; BSGE 82, 41, 47 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 17<6. Senat>; BSGE 81, 73, 81 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 56<1. Senat>; BSG SozR 4-2500 § 37 Nr 7 RdNr 20<3. Senat>). Das BSG zieht die Verfassungsmäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel (dazu und insbesondere zur hinreichenden demokratischen Legitimation des GBA vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 57 ff mit ausführlicher Darstellung der Rechtsprechung des BVerfG; BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). Nach einer Entscheidung vom 10.11.2015 (1 BvR 2056/12), in der das BVerfG anlässlich der Verwerfung einer Verfassungsbeschwerde als unzulässig die Frage der demokratischen Legitimation des GBA angesprochen hat, haben die beiden für Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung zuständigen Senate des BSG daran ausdrücklich festgehalten (BSG Urteil vom 15.12.2015 - B 1 KR 30/15 R - SozR 4-2500 § 34 Nr 18, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen, RdNr 42 ff; BSG Urteil vom 19.4.2016 - B 1 KR 28/15 R - RdNr 28; BSG Urteil vom 20.4.2016 - B 3 KR 18/15 R - zur Veröffentlichung für SozR vorgesehen). Dem schließt sich der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG an. Die in dem genannten Beschluss des BVerfG aufgeworfene Frage der demokratischen Legitimation des GBA für den Erlass von Normen, wenn sie mit hoher Intensität Angelegenheiten von an der Normsetzung unbeteiligten Dritten regeln (aaO RdNr 23), stellt sich im Übrigen in der vorliegenden Fallkonstellation nicht. Es geht nicht um Eingriffe in Grundrechte von Leistungserbringern, die nicht im GBA vertreten sind oder von Patienten, deren Vertreter im GBA nicht stimmberechtigt sind. Der Kläger ist von der angefochtenen Entscheidung des Beklagten zur Erteilung einer Anstellungsgenehmigung in seiner Rolle als Vertragsarzt betroffen. Die Gruppe der Vertrags(-zahn)ärzte wird im GBA durch die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen vertreten, die gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 SGB V gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen den GBA bilden und gemäß § 91 Abs 2 Satz 1 SGB V Mitglieder des Beschlussgremiums benennen.

26

dd) Die Entscheidung des GBA zur Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung kann gerichtlich nur nach den Maßstäben überprüft werden, die die Rechtsprechung zur gerichtlichen Kontrolle der Richtlinien des GBA entwickelt hat (stRspr vgl dazu BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 68; BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 46; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 17, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen, RdNr 53). Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich regelmäßig darauf, ob die äußersten Grenzen der Rechtsetzungsbefugnis durch den Normgeber eingehalten wurden (BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 46); dies ist der Fall, wenn sich die getroffene Regelung auf eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage stützen kann und die maßgeblichen Verfahrensvorschriften sowie die Grenzen des dem Normgeber ggf zukommenden Gestaltungsspielraums beachtet worden sind (BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42, RdNr 17; BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 46; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 65; BSG SozR 4-2500 § 34 Nr 17, zur Veröffentlichung auch für BSGE vorgesehen, RdNr 53).

27

ee) Der Einbeziehung der Gruppe der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung steht nicht der Umstand entgegen, dass die Zahl der Ärzte dieser Arztgruppe bundesweit 1000 unterschreitet und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten noch unterschritten hat. Nach den von der KÄBV veröffentlichten Statistischen Informationen aus dem Bundesarztregister nahmen 949 Strahlentherapeuten (nach Köpfen; entsprechend 744 nach "Bedarfsplanungsgewicht") am 31.12.2015 an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Ein Ausschluss sog kleiner Arztgruppen mit weniger als 1000 teilnehmenden Ärzten aus der Bedarfsplanung folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus § 101 Abs 2 Nr 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift hat der GBA die auf der Grundlage des § 101 Abs 1 Sätze 4 und 5 SGB V ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzusetzen, wenn dies erforderlich ist, weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit 1000 übersteigt. Wie das LSG bereits zutreffend ausgeführt hat, kann dem Wortlaut des § 101 Abs 2 Nr 2 SGB V lediglich die Verpflichtung entnommen werden, Verhältniszahlen für Arztgruppen mit mehr als 1000 Ärzten festzusetzen, nicht jedoch ein Verbot der Festsetzung für kleinere Arztgruppen abzusehen(ebenso: Hess, Kasseler Kommentar, Stand der Nachlief März 2013, § 101 SGB V RdNr 14).

28

Dass § 101 Abs 2 Nr 2 SGB V keine Beschränkung der Bedarfsplanung auf Arztgruppen mit mehr als 1000 Ärzten zu entnehmen ist, wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt. Die Regelung ist mit dem Zweiten Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-Neuordnungsgesetz) vom 23.6.1997 (BGBl I 1520) mit Wirkung vom 1.7.1997 eingeführt worden. Hintergrund war die bereits in Nr 7 S 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie vom 9.3.1993 (DÄBl 1993 S A 1 -2014) enthaltene Regelung nach der "für Arztgruppen, bei denen nach dem Stand vom 31.12.1990 bundesweit eine Zahl von weniger als 1000 Vertragsärzten an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen hat […], allgemeine Verhältniszahlen nicht bestimmt" werden (vgl BT-Drucks 13/7264 S 66). Eine Einschränkung der Befugnisse des GBA war damit auch nach der Begründung zu der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses, auf den die Änderung zurückgeht, nicht beabsichtigt. Vielmehr sollte der GBA "über die bereits jetzt in § 101 geregelten Kompetenzen hinaus" beauftragt werden, die Verhältniszahlen in bestimmten Fällen anzupassen oder neu festzulegen(BT-Drucks 13/7264 S 66). Eine gesetzliche Einschränkung der Kompetenzen des GBA zur Festlegung von Verhältniszahlen für kleine Arztgruppen existierte jedenfalls bis dahin nicht, sondern folgte lediglich aus der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Bedarfsplanungs-Richtlinie. Dass der Gesetzgeber die Einschränkungen bezogen auf kleine Arztgruppen, die damals in der Bedarfsplanungs-Richtlinie enthalten waren, nicht in eine entsprechende gesetzliche Regelung überführen wollte, wird auch daran deutlich, dass er nicht die Formulierung aus Nr 7 S 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie vom 9.5.1993 ("Für Arztgruppen, bei denen […] bundesweit eine Zahl von weniger als 1000 Vertragsärzten an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen hat, werden allgemeine Verhältniszahlen nicht bestimmt.") in das Gesetz übernommen hat, sondern eine abweichende Formulierung gewählt hat, die auf eine Verpflichtung zur Einführung von Verhältniszahlen ua bei Überschreitung der Grenze von 1000 Vertragsärzten abzielt.

29

ff) Der Kläger kann gegen die Einbeziehung der sog kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung nicht mit Erfolg einwenden, dass der Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V mit dem GKV-VStG kein Auftrag zur Einbeziehung auch der bisher davon ausgenommenen Arztgruppen in die Bedarfsplanung zu entnehmen sei. Es trifft zu, dass dem GBA nur allgemein aufgegeben wurde, die regionalen Planungsbereiche mit Wirkung zum 1.1.2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Ausschlaggebend ist jedoch, dass der GBA den ihm als Normgeber zukommenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat. Mit der Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V wurde die bis dahin geltende Vorgabe aufgehoben, nach der die Planungsbereiche den Stadt- und Landkreisen entsprechen sollen. Durch die Möglichkeit zur Bildung auch größerer Planungsbereiche wurde der Gestaltungsspielraum des GBA erweitert und die Einbeziehung auch kleiner Arztgruppen in die Bedarfsplanung erleichtert. Wenn der GBA im Zusammenhang mit der Umsetzung der durch das GKV-VStG geänderten Vorgaben zur Bedarfsplanung und der dazu erforderlichen Auswertung von Daten zu der begründeten Einschätzung gelangt, dass die Einbeziehung weiterer Arztgruppen in die Bedarfsplanung sinnvoll und erforderlich ist, ist das grundsätzlich nicht zu beanstanden.

30

Nach dem Inhalt der dazu vom GBA im Internet veröffentlichten Tragenden Gründe zum Beschluss vom 6.9.2012 (S 2), kann das Bedürfnis zur Einbeziehung ohne Weiteres nachvollzogen werden. Danach ging aus den vom GBA ausgewerteten Daten der KBV hervor, dass die Zahl der Ärzte aus den bisher nicht beplanten Arztgruppen in den vorangegangenen fünf Jahren stetig angestiegen war. Dabei war das Wachstum bei einigen Arztgruppen, zu denen auch die Strahlentherapeuten gehörten (+ 277 %), besonders stark ausgeprägt. Im zeitlichen Zusammenhang mit den Diskussionen um die Änderung der Regelungen zur Bedarfsplanung zum 1.1.2013 verstärkte sich im Quartal I/2012 der Trend zum Anstieg der Zulassungsanträge bei den nicht beplanten Arztgruppen noch einmal um 35 % gegenüber dem durchschnittlichen Wachstum der fünf Vorquartale, wobei je nach Arztgruppe ein Anstieg zwischen 15 % und 258 % zu verzeichnen war. Soweit der Kläger dagegen einwendet, dass die strahlentherapeutische Versorgung lange Zeit weit überwiegend von persönlich ermächtigten Krankenhausärzten sichergestellt wurde, die bedarfsplanungsrechtlich nicht berücksichtigt wurden, und dass die strahlentherapeutische Versorgung teilweise durch Radiologen erfolgte, die nach ihrem Ausscheiden in den letzten 10 Jahren durch Strahlentherapeuten ersetzt wurden, so kann das zwar im Grundsatz nachvollzogen werden. Allerdings hat der GBA nach dem Inhalt der Tragenden Gründe auf die Zuwachsraten lediglich der letzten fünf Jahre und dabei besonders auf die im Quartal I/2012 noch einmal angestiegenen Zuwachsraten abgestellt. Durch die vom Kläger geltend gemachten längerfristigen Entwicklungen können diese Zuwachsraten nicht erklärt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung kleiner Arztgruppen in die Bedarfsplanung auch nicht davon abhängig, dass der GBA die Gründe für den Anstieg der Arztzahlen in diesem Bereich vollständig aufklärt. Ausreichend ist, dass der GBA auf der Grundlage der verfügbaren Daten nachvollziehbar zu der Auffassung gelangen konnte, dass die Arztzahlen bei den bis dahin nicht in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen stetig anstiegen, obwohl eine jedenfalls bedarfsdeckende Versorgung in diesem Bereich bereits gewährleistet ist.

31

Die Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung dient unter diesen Umständen dem Erhalt der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit dieser Zielsetzung wurden die im Grundsatz bis heute geltenden Regelungen zur Bedarfsplanung durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GSG) vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) eingeführt (vgl dazu BVerfGE 103, 172, 188 = SozR 3-5520 § 25 Nr 4 S 29 f; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639). Der Gesetzgeber durfte sich besondere wirtschaftliche Einsparungen davon versprechen, Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung vorzusehen und konnte sich dabei auf plausible Annahmen stützen. Unter Hinweis auf eine Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen hat er in der Begründung zum GSG auf das "Phänomen der angebotsinduzierten Nachfrage" (BT-Drucks 12/3608 S 97 ff) hingewiesen, wonach Ärzte in überversorgten Gebieten sich veranlasst sehen könnten, die infolge geringerer Patientenzahlen je Arzt drohenden Einkommenseinbußen durch eine Ausweitung ihres Leistungsvolumens je Patient auszugleichen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99; BSGE 82, 41, 45 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 14; BSGE 73, 223, 227 ff = SozR 3-5520 § 25 Nr 1 S 5 ff). Dieser gesetzgeberischen Intention entsprechend durfte der GBA auf den zu beobachtenden, mit medizinischen Notwendigkeiten nicht erklärbaren dynamischen Anstieg der Arztzahlen im Bereich sog kleiner Arztgruppen (vgl RdNr 30) mit deren Einbeziehung in die Bedarfsplanung reagieren, ohne damit seinen Gestaltungsspielraum zu überschreiten. Regelungen, die wie die Zulassungsbeschränkungen zur finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit beitragen sollen, dienen einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung, der selbst Eingriffe in die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsfreiheit rechtfertigt, die Beschränkungen der Berufswahl nahekommen (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 23-24 mwN; BSGE 82, 41, 44 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 13 ff; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 71; BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99, MedR 2001, 639; zur Einbeziehung der Psychotherapeuten in die Bedarfsplanung vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 7 mwN).

32

gg) Ferner ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass der GBA den Grad der bedarfsgerechten Versorgung bezogen auf die neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen - und damit auch die Gruppe der Strahlentherapeuten - auf der Grundlage eines Stichtags ermittelt hat, der gesetzlich nicht vorgegeben war. Zwar hat der GBA seinen Gestaltungsspielraum überschritten, indem er den zum Stichtag bestehenden Versorgungsgrad nicht als bedarfsgerechten Versorgungsgrad (100 %), sondern an der Grenze zur Überversorgung (110 %) festgelegt hat. Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kommt es darauf indes nicht an.

33

(1) § 101 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V verpflichtet den GBA unter bestimmten Voraussetzungen, Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen. Eine Verpflichtung zur Festlegung von Verhältniszahlen besteht ua nach § 101 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V, wenn die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit 1000 übersteigt. Konkrete Vorgaben, wie diese Verhältniszahlen zu bestimmen sind, enthält das Gesetz nicht, sodass es Teil der dem GBA übertragenen Aufgabe ist, die für die Umsetzung erforderlichen Festlegungen zu treffen.

34

Auch für Fälle, in denen der GBA - wie hier bezogen auf die sog kleinen Arztgruppen - zu einer Einbeziehung in die Bedarfsplanung zwar nicht verpflichtet, aber berechtigt ist (vgl RdNr 27 ff), enthält das Gesetz keine spezifischen Vorgaben für die Bildung der Verhältniszahlen. Unter diesen Umständen ist es nahliegend und nicht zu beanstanden, dass sich der GBA an den Regelungen orientiert, die der Gesetzgeber bei der Einführung der in der Grundstruktur bis heute geltenden vertragsärztlichen Bedarfsplanung durch das GSG festgelegt hat. Nach § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V idF des GSG(heute im Übrigen unverändert als § 101 Abs 1 Satz 4 SGB V) iVm der Bedarfsplanungs-Richtlinie mit Stand vom 9.3.1993 war der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad auf der Grundlage des tatsächlich erreichten Versorgungsgrades an einem Stichtag, dem 31.12.1990, zu ermitteln. Im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung bestimmt § 101 Abs 4 Satz 2 SGB V, dass der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad erstmals zum Stand vom 1.1.1999 zu ermitteln ist. Nach der Gesetzesbegründung sollte die zu diesem Stichtag ermittelte Verhältniszahl den allgemeinen Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen "möglichst zielgenau" abbilden (BT-Drucks 13/8035 S 22, zu § 101 Abs 4; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 15).

35

(2) Es ist nicht zu beanstanden, dass der GBA den Versorgungsgrad bezogen auf die in die Bedarfsplanung einzubeziehenden sog kleinen Arztgruppen nicht auf der Grundlage von Erhebungen und wissenschaftlichen Untersuchungen festgelegt hat. Jedenfalls eine zeitnahe Einbeziehung der Strahlentherapeuten auf der Grundlage einer im Vorwege durchzuführenden Erhebung zum Bedarf wäre kaum möglich gewesen. Die Schwierigkeiten, denen eine auf Erhebungen zum Versorgungsgrad beruhende Bedarfsermittlung begegnet, werden an den letztlich nicht umgesetzten Vorgaben zur Einführung einer Bedarfszulassung deutlich. § 102 SGB V idF des GSG hatte zunächst die Einführung gesetzlich festgelegter Verhältniszahlen zum 1.1.1999 vorgesehen. Die Vorschrift ist dann mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) insoweit geändert worden, als der Zeitpunkt der Einführung auf den 1.1.2003 verschoben wurde. Außerdem wurde in einem neuen § 102 Abs 2 SGB V bestimmt, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bis zum 31.12.2001 durch Beauftragung eines geeigneten wissenschaftlichen Instituts die erforderliche Datengrundlage für die Bedarfszulassung nach gesetzlich festzulegenden Verhältniszahlen nach Absatz 1 erstellen zu lassen hat. Mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz wurde die Vorschrift schließlich mit der Begründung, dass der bei Einführung der Regelung im Jahr 1992 befürchtete Anstieg der Überversorgung zum Stillstand gekommen sei (vgl BT-Drucks 16/2474 S 25), ersatzlos gestrichen, sodass die Vorgabe im Ergebnis nicht umgesetzt wurde. Der Senat geht auch unter Berücksichtigung dieser Entwicklung davon aus, dass es bisher keine wissenschaftlich anerkannte und allgemein akzeptierte Methode zur Festlegung des Bedarfs an Ärzten in einem Planungsbereich gibt (vgl Hess in Kasseler Kommentar, Stand der Nachlief März 2013, § 99 SGB V RdNr 6).

36

(3) Auch die Festlegung auf den 31.12.2010 als Stichtag für Bestimmung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades ist nicht zu beanstanden. Wie der GBA in den "Tragenden Gründen zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG" vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013 S 9, zu § 8 und auch in seiner gegenüber dem Senat abgegebenen Stellungnahme ausgeführt hat, lagen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Einbeziehung der kleinen Arztgruppen die erforderlichen bundesweiten, durch das Statistische Bundesamt veröffentlichten Bevölkerungsdaten für 2010 vor. In den Tragenden Gründen (S 32, zu Anlage 5) hat der GBA ferner dargelegt, dass "zu keinen Zeitpunkt … Defizite in der Versorgung dieser Arztgruppen deutlich geworden" seien, dass bereits zum Stichtag von einer "überdurchschnittlichen Versorgungslage" auszugehen sei und dass sich das Wachstum der letzten Jahre nicht allein durch gestiegene Erfordernisse in der Versorgung der Bevölkerung begründen lasse.

37

Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Beschluss des GBA vom 20.12.2012 aufgrund der Verfügung des BMG über die Nichtbeanstandung vom 21.12.2012 (224 - 21432 - 09; veröffentlicht auf der Internetseite des GBA) mit der Auflage in Kraft getreten ist, dass der GBA dem BMG mit Stand zum 30.6.2014 über die konkreten Auswirkungen der Einbeziehung bisher nicht beplanter Arztgruppen in die Bedarfsplanung zu berichten hat. Der GBA war also verpflichtet, die weitere Entwicklung zu beobachten. Der Bericht vom 5.11.2014 (abrufbar auf der Internetseite des GBA), den der GBA dem BMG nach Durchführung einer schriftlichen Befragung zahlreicher Institutionen (Landesausschüsse, KÄVen, Krankenkassen, Koordinierungskreise für Patientenvertreter in den Ländern, Berufsverbände der betreffenden Arztgruppen, ua) und der Auswertung von Bedarfsplänen und von Daten aus dem Bundesarztregister über die Auswirkungen der Einbeziehung bislang nicht beplanter Arztgruppen in die Bedarfsplanung vorgelegt hat, hat ergeben, dass die Möglichkeit zur Niederlassung durch einen Antrag auf Sonderbedarf von Angehörigen aller neu in die Planung einbezogenen Arztgruppen nur sehr vereinzelt genutzt wurde (bundesweit 30 Anträge seit März 2013, davon 5 erfolgreich), was nachvollziehbar als Indiz gegen einen grundsätzlichen Bedarf für zusätzliche Ärzte dieser Arztgruppen gewertet wurde. Als Ergebnis der Befragung wurden keine Auswirkungen der Zulassungsbeschränkung auf die Versorgung festgestellt. Die überwiegende Mehrzahl der Befragten hat angegeben, keine oder keine negativen Konsequenzen in der Versorgung beobachtet zu haben. Im Übrigen hat der GBA in seinem Bericht mit Blick auf den kurzen Zeitraum, auf den sich die erste Auswertung nur beziehen konnte, bereits angekündigt, auch in Zukunft im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags die Entwicklung der Versorgungslage bei den bislang nicht beplanten Arztgruppen zu beobachten und im Jahr 2017 eine erneute Überprüfung der Auswirkungen vorzunehmen.

38

(4) Gleichwohl hat der GBA seinen Gestaltungsspielraum bei der Einbeziehung kleiner Arztgruppen insoweit überschritten, als er den tatsächlich zum Stichtag bestehenden Versorgungsgrad nicht als allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad (100 %), sondern - ohne dass dieser Prozentsatz mit entsprechenden Daten hinterlegt wäre - auf 110 % und damit an der Grenze zur Überversorgung festgelegt.

39

Wenn sich der GBA an der Verfahrensweise orientiert, die der Gesetzgeber sowohl bei der Neuregelung der Bedarfsplanung durch das GSG im Jahr 1993 (vgl § 101 Abs 1 Satz 4 SGB V) als auch bei der Einbeziehung der Psychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung im Jahr 1999 (vgl § 101 Abs 4 Satz 2 SGB V) gewählt hat und zur Festlegung der bedarfsgerechten Versorgung auf den zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich bestehenden Versorgungsgrad abstellt, genügt zur Begründung dieser Festlegung der Rückgriff auf gewonnene praktische Erfahrungen. Wenn sich gezeigt hat, dass in einem Bereich tatsächlich keine Versorgungsengpässe bestehen, dann kann damit die Annahme begründet werden, dass der erreichte Versorgungsgrad eine wenigstens bedarfsgerechte Versorgung widerspiegelt.

40

Der GBA ist zwar nicht darauf festgelegt, den allgemeinen Grad der bedarfsgerechten Versorgung auf der Grundlage des tatsächlichen Versorgungsgrades zu einem bestimmten Stichtag festzulegen. Vielmehr ist vom Gestaltungsspielraum des GBA als Normgeber auch die Festlegung des Grades der bedarfsgerechten Versorgung nach einer anderen Methode umfasst. Allerdings genügt dann nicht mehr der allgemeine Verweis auf gewonnene Erfahrungen mit der bestehenden Versorgungslage und auf allgemeine Beobachtungen zB zur Frage von Wartezeiten, sondern die Festlegung muss realitätsgerecht in einem transparenten und sachgerechten Verfahren erfolgen (zu den entsprechenden Anforderungen bei der Bemessung der existenznotwendigen Aufwendungen nach dem SGB II vgl BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12 RdNr 139 mwN; BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 13 mwN). Als Normgeber ist der GBA grundsätzlich nicht verpflichtet, die Normsetzung zu begründen (stRspr, vgl nur BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 63, mwN; BSGE 112, 257 = SozR 4-2500 § 137 Nr 2, RdNr 23; BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 24; BSGE 115, 131 = SozR 4-2500 § 135 Nr 20, RdNr 39; vgl auch Steiner, GesR 2013, 193 ff). Abweichend davon fordert § 94 Abs 2 Satz 1 SGB V die Veröffentlichung der "Tragenden Gründe" im Internet. Erforderlich ist danach jedoch keine vollumfängliche Begründung mit wissenschaftlichen Belegen, sondern nur eine Mitteilung der aus Sicht des GBA maßgeblichen Gesichtspunkte (vgl BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 23). Da der gerichtlichen Prüfung unterliegt, ob die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 65, mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; BSGE 110, 183 = SozR 4-2500 § 34 Nr 9, RdNr 25), kann eine unzureichende Begründung indes Auswirkungen auf die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung und damit auch auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit haben (vgl BSGE 115, 131 = SozR 4-2500 § 135 Nr 20, RdNr 39; BSGE 112, 15 = SozR 4-2500 § 137 Nr 1, RdNr 64 ff).

41

Der GBA hat die Festlegung dahin, dass der am 31.12.2010 bestehende Versorgungsgrad nicht mit 100 %, sondern mit 110 % - und damit an der Grenze zur Überversorgung - zu bewerten ist, mit der Angabe begründet, dass zu diesem Stichtag bereits eine überdurchschnittliche Versorgungslage vorgelegen habe (vgl die im Internet veröffentlichten "Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG" vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013, S 13 zu § 14). Defizite in der Versorgungslage seien zu keinem Zeitpunkt deutlich geworden. Stattdessen sei bereits in den vergangenen Jahren ein dynamisches Wachstum dieser Arztgruppen zu beobachten, dass sich nicht alleine durch gestiegene Erfordernisse in der Versorgung der Bevölkerung begründen lasse (vgl "Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG" vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013, S 32, zu Anlage 5). Weder aus dieser Begründung noch aus anderen Umständen sind Tatsachengrundlagen ersichtlich, die die Festlegung nicht nur mit 100 %, sondern gerade mit 110 % tragen würden. Soweit der konkrete Prozentsatz unter Berücksichtigung des Umstands bestimmt worden sein sollte, dass bei diesem Versorgungsgrad nach § 101 Abs 1 Satz 3 iVm § 103 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V Zulassungsbeschränkungen angeordnet werden, so würde es sich dabei nicht um ein sachgerechtes Kriterium für die Festlegung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades handeln. Nach § 101 Abs 1 Satz 3 SGB V liegt Überversorgung noch nicht bei jeder Überschreitung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades vor, sondern erst bei einer Überschreitung um mindestens 10 %. Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass ein gewisser Grad der Überschreitung der bedarfsgerechten Versorgung zu tolerieren ist und noch nicht zu Zulassungsbeschränkungen führt. Diese gesetzgeberische Entscheidung darf der GBA nicht dadurch umgehen, dass er den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad zu einem Stichtag auf genau 110 % festsetzt, ohne sich damit auf das Ergebnis von Bedarfsermittlungen beziehen zu können. Die allgemeine nicht mit konkreten Daten unterlegte Annahme, dass die Versorgungslage aufgrund einer dynamischen Entwicklung in den vorangegangenen Jahren bereits zum Stichtag überdurchschnittlich gewesen sei, genügt den an die Sachverhaltsermittlung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn es darum geht, einen Prozentsatz festzulegen, mit dem der Grad der bedarfsgerechten Versorgung zu einem bestimmten Zeitpunkt überschritten worden ist.

42

hh) Im Wesentlichen zutreffend ist auch der Einwand des Klägers, dass eine Bedarfsplanung, die das gesamte Bundesland als Planungseinheit definiert, bezogen auf die Arztgruppe der Strahlentherapeuten eine wohnortnahe Versorgung nicht zuverlässig gewährleisten dürfte. Indes ist zu berücksichtigen, dass die Bedarfsplanung - neben der Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung - auch der Sicherung der finanziellen Stabilität und damit der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung dient (vgl RdNr 31). Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn kleinere Arztgruppen in einem ersten Schritt auf der Grundlage einer großflächigen Bedarfsplanung einbezogen werden, gerade wenn sie - wie die Strahlentherapeuten - verhältnismäßig kostenintensive Leistungen erbringen.

43

Allerdings trifft der Einwand des Klägers insofern zu, als § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V dem GBA aufgibt, die regionalen Planungsbereiche so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Die Größe der Planungsbereiche muss danach - neben der Größe der Arztgruppe - auch davon abhängen, ob es sich um Arztgruppen mit unmittelbarem Patientenkontakt handelt und ob den Patienten, die Ärzte dieser Arztgruppe aufsuchen, aufgrund der Art der zu behandelnden Erkrankung lange Anfahrtswege zugemutet werden können. Den zum 1.1.2013 in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen, die der GBA der gesonderten fachärztlichen Versorgung zugeordnet hat, ist gemeinsam, dass ihnen bundesweit weniger als 1000 Ärzte angehören; im Übrigen bestehen bezogen auf die Anforderungen, die an die Erreichbarkeit zu stellen sind, erkennbar erhebliche Unterschiede. Während Laborärzte und Pathologen in der Regel ohne unmittelbaren Patientenkontakt vertragsärztlich tätig sind, werden Strahlentherapeuten von Patienten aufgesucht, die nicht selten an einer schweren Erkrankung leiden und die lange Anfahrtswege deshalb nur mit erheblichen Schwierigkeiten zurücklegen können. Aus Sicht des Senats erscheint fraglich, ob die Festlegung des gesamten Bezirks der KÄV als Planungsbereich gerade in großen Flächenländern wie Bayern damit vereinbar ist. Die Gründe für diese Zuordnung sind für den Senat jedenfalls anhand der Tragenden Gründe auch unter Berücksichtigung der im vorliegenden Verfahren vorgelegten Stellungnahme des GBA nicht vollständig nachvollziehbar. Allein die in § 99 Abs 1 Satz 3 SGB V vorgesehene Möglichkeit, von den Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie abzuweichen, sowie der Umstand, dass Defizite im Einzelfall durch die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ausgeglichen werden können, ändert nichts an der Vorgabe des § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V, nach der die regionalen Planungsbereiche so festzulegen sind, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der GBA wird deshalb anknüpfend an die ohnehin erforderliche Weiterentwicklung der Bedarfsplanung (vgl § 101 Abs 1 Satz 7 SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16.7.2015, BGBl I 1211) und die im Bericht des GBA vom 5.11.2014 angekündigte erneute Überprüfung der Auswirkungen der Einbeziehung kleiner Arztgruppen in die Bedarfsplanung (vgl RdNr 37) bis Ende des Jahres 2017 zu prüfen haben, ob zB in Raumordnungsregionen oder anderen abgrenzbaren Regionen, in denen rechnerisch mehrere Strahlentherapeuten zugelassen werden können, eine Bedarfsplanung auf der Ebene dieser Regionen zu erfolgen hat.

44

Auf den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Anspruch des Klägers kann sich diese bis zum Ende des Jahres 2017 umzusetzende Verpflichtung des GBA zur Überprüfung der Planungsbereiche für die Gruppe der Strahlentherapeuten noch nicht auswirken. Im Übrigen könnte eine künftige Änderung in Richtung auf eine kleinräumigere Planung von vornherein Möglichkeiten zur Erteilung einer Zulassung oder einer Anstellungsgenehmigung nur in Regionen mit einem bisher niedrigen Versorgungsgrad eröffnen. Dafür sind gerade bezogen auf die größte Stadt des Regierungsbezirks Mittelfranken, für die der Kläger die Erteilung der Anstellungsgenehmigung begehrt, angesichts einer Einwohnerzahl von etwa 1,7152 Mio im Regierungsbezirk (Stand 2014) und 17 vertragsärztlich tätigen Strahlentherapeuten (Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, Stand Februar 2016, S 20) bei einer Verhältniszahl nach § 14 Abs 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie von 173 576 (entsprechend einem Versorgungsgrad von rund 172 %) keine Anhaltspunkte ersichtlich und dies wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht.

45

ii) Der Kläger macht ferner im Grundsatz zutreffend geltend, dass nicht nachvollzogen werden kann, aus welchem Grunde der GBA für alle neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen auf die in § 9 des Beschlusses des GBA vom 20.12.2012 vorgesehene Modifikation der Verhältniszahlen durch einen Demografiefaktor verzichtet, während dieser Berechnungsfaktor für alle anderen nicht auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen ausgerichteten Arztgruppen zur Anwendung kommen soll.

46

Nach § 101 Abs 2 Nr 3 SGB V idF des GKV-VStG soll der GBA die Verhältniszahlen zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung anpassen; dabei ist insbesondere die demografische Entwicklung zu berücksichtigen. Diese gesetzliche Vorgabe verlangt nicht, dass die demografische Entwicklung bei allen Arztgruppen in gleicher Weise in Ansatz zu bringen wäre. So kann der Anteil älterer Menschen keine unmittelbare Bedeutung für die Festlegung der Verhältniszahlen bei Arztgruppen haben, die typischerweise keine älteren Menschen behandeln. Insofern ist auch unter Berücksichtigung der aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) abzuleitenden Vorgaben nicht zu beanstanden, dass der GBA von einer Modifikation der Verhältniszahlen bei Arztgruppen abgesehen hat, die auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet sind. Das Erfordernis einer ungleichen Behandlung ist insoweit offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung. Etwas anderes gilt indes für die die zum 1.1.2013 neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen (Humangenetiker, Laborärzte, Neurochirurgen, Nuklearmediziner, Pathologen, Physikalische- und Rehabilitations-Mediziner, Strahlentherapeuten, Transfusionsmediziner), die der gesonderten fachärztlichen Versorgung zugeordnet worden sind und für die § 9 Abs 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie generell bestimmt, dass der Demografiefaktor nicht zur Anwendung kommt. Die wesentliche Gemeinsamkeit der genannten Arztgruppen besteht darin, dass ihnen bundesweit weniger als 1000 Ärzte angehören und dass sie deshalb erst zum 1.1.2013 in die Bedarfsplanung einbezogen worden sind. Zwischen der Größe einer Arztgruppe und der Bedeutung demografischer Faktoren für die Bedarfsermittlung besteht jedoch kein unmittelbarer Zusammenhang. Auch aus den Tragenden Gründen zum Beschluss des GBA vom 20.12.2012 (S 10) wird ein solcher Zusammenhang nicht deutlich. Dem dort angeführten Umstand, dass die Versorgung bei den betreffenden Arztgruppen grundsätzlich als ausreichend und bedarfsgerecht zu bewerten sei, kann nur bei der Festlegung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades Bedeutung zukommen, nicht aber für die Frage, ob und in welchem Maße diese Festlegung aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen in unterschiedlichen Regionen durch einen Demografiefaktor zu modifizieren ist. Die Angabe in den Tragenden Gründen, dass die Leistungsmengenentwicklung hier nach Einschätzung des GBA deutlich weniger stark mit der allgemeinen demografischen Entwicklung zusammenhängen soll als in anderen Leistungsbereichen, wird nicht näher begründet und kann in dieser Allgemeinheit nicht ohne Weiteres nachvollzogen werden.

47

Allerdings kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren auch auf die Rechtmäßigkeit des Verzichts auf die Modifikation der Verhältniszahlen durch einen Demografiefaktor ua für die Gruppe der Strahlentherapeuten angesichts eines Versorgungsgrades, der die Schwelle zur Überversorgung im gesamten Planungsbereich (Bezirk der KÄV) um etwa 50 Prozentpunkte und im Bezirk Mittelfranken sogar um etwa 60 Prozentpunkte überschreitet, offensichtlich nicht an. Die Anwendung des Demografiefaktors kann in dem hier maßgebenden Zeitraum seit 2013 Veränderungen nur im Umfang einzelner Prozentpunkte bewirken (vgl dazu die Beispielsrechnung für Hausärzte in der Anlage 4 des Beschlusses des GBA vom 20.12.2012, BAnz AT 31.12.2012 B7 S 58 f).

48

b) Der Kläger kann einen Anspruch auf Genehmigung der Anstellung des Beigeladenen zu 8. nicht aus dem Umstand herleiten, dass er den Antrag auf Erteilung der Genehmigung am 20.12.2012 und damit noch vor dem Inkrafttreten des Beschlusses des GBA vom 20.12.2012 über die Einbeziehung der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung zum 1.1.2013 gestellt hat. Die Entscheidungssperre für Anträge, die nach dem 6.9.2012 gestellt worden sind (sog Moratorium), ist nicht zu beanstanden.

49

aa) Der mit Beschluss des GBA vom 6.9.2012 eingeführte § 48 Abs 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie bestimmt, dass der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge ua der Arztgruppe der Strahlentherapeuten, die nach dem 6.9.2012 gestellt werden, erst dann entscheidet, wenn der Landesausschuss die Feststellung nach § 103 Abs 1 Satz 1 SGB V getroffen hat(§ 48 Abs 2 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Der Landesausschuss soll bis zum 15.2.2013 über die Versorgungssituation im Planungsbereich für die neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen entscheiden (§ 48 Abs 2 Satz 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Zulassungsanträge sind auch dann wegen Zulassungsbeschränkungen abzulehnen, wenn diese noch nicht bei Antragstellung angeordnet waren (§ 48 Abs 2 Satz 3 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Nach § 48 Abs 2 Satz 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie gelten die Sätze 1 bis 3 auch für die Genehmigung von Anstellungen in Medizinischen Versorgungszentren oder bei Vertragsärzten. Mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 wurde § 48 Abs 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie mit Wirkung vom 1.1.2013 ohne eine im vorliegenden Zusammenhang maßgebende inhaltliche Änderung in § 63 Abs 4, Abs 6 Bedarfsplanungs-Richtlinie überführt.

50

bb) Die genannten Bestimmungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie stehen mit höherrangigem Recht im Einklang. Mit § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB V hat der Gesetzgeber dem GBA die Befugnis zur Normkonkretisierung im Bereich der ärztlichen Bedarfsplanung übertragen und dazu spezifische Vorgaben in § 101 SGB V geregelt(BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 Juris RdNr 15 mwN). Darauf Bezug nehmend bestimmt § 104 Abs 2 SGB V, dass das Nähere über das Verfahren bei der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen in der Zulassungsverordnung zu regeln ist. Wie der Senat bereits in zwei Entscheidungen vom 17.10.2007 (B 6 KA 31/07 R - USK 2007-95 sowie BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4) unter Bezugnahme auf ein Urteil vom 23.2.2005 (B 6 KA 81/03 R - BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 11) dargelegt hat, wird hierdurch eine abgestufte Form der Normsetzungsdelegation sowohl an den Verordnungsgeber der Ärzte-ZV als auch an den Gemeinsamen Bundesausschuss vorgenommen. Daraus folgt, dass auch die Verfahrensweise im Zusammenhang mit der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen in den Richtlinien des GBA näher ausgestaltet werden kann, soweit die Ärzte-ZV entsprechende Regelungen nicht selbst trifft.

51

§ 48 Abs 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie in der Fassung des Beschlusses vom 6.9.2012 und § 63 Abs 4, Abs 6 Bedarfsplanungs-Richtlinie in der Fassung des Beschlusses des GBA vom 20.12.2012 enthalten solche Verfahrensregelungen. Entgegen der Auffassung des Klägers verstoßen diese nicht gegen § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sowie § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV. Nach § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V sind Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines MVZ sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen MVZ abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet sind. § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV bestimmt, dass ein Antrag auf Zulassung wegen Zulassungsbeschränkungen nur dann abgelehnt werden kann, wenn diese bereits bei Antragstellung angeordnet waren.

52

Bezogen auf die hier streitgegenständliche Anstellungsgenehmigung stehen diese Vorschriften nach ihrem Wortlaut der in der Bedarfsplanungs-Richtlinie geregelten Entscheidungssperre bereits deshalb nicht unmittelbar entgegen, weil sich diese allein auf die Zulassung eines Arztes, die Zulassung eines MVZ sowie die Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem MVZ und nicht auf die vorliegend allein streitige Anstellung eines Arztes bei einem Vertragsarzt beziehen. Für ein solches Anstellungsverhältnis bestimmt § 95 Abs 9 Satz 1 SGB V nur allgemein, dass die Genehmigung zu erteilen ist, wenn der anzustellende Arzt in das Arztregister eingetragen ist, "sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind". Dass dabei auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, wird für die bei einem Vertragsarzt anzustellenden Ärzte auch nicht in der Ärzte-ZV geregelt. Nach § 32b Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV bedarf die Anstellung der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Nach § 32b Abs 2 Satz 2 Ärzte-ZV gelten für den Antrag § 4 Abs 2 bis 4 und § 18 Abs 2 bis 4 Ärzte-ZV entsprechend. Die entsprechende Geltung des § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV wird hingegen nicht angeordnet. Allerdings trifft der Einwand des Klägers zu, dass es unter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes kaum zu rechtfertigen wäre, wenn bei der Erteilung einer Zulassung und auch bei Anträgen auf Anstellung in einem MVZ für die Frage, ob Zulassungsbeschränkungen der Erteilung der Genehmigung entgegenstehen, auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen wäre, während bei der Anstellungsgenehmigung, die sich auf die Anstellung bei einem Vertragsarzt bezieht, in Richtlinien des GBA ein späterer Zeitpunkt vorgegeben werden könnte. Gegen eine unterschiedliche Behandlung der Genehmigung einer Anstellung und der Zulassung in dieser Frage spricht auch der Umstand, dass die genehmigte Anstellung nach § 95 Abs 9b SGB V auf Antrag des anzustellenden Arztes in eine Zulassung umgewandelt werden kann, sodass eine allein für die Zulassung geltende einschränkende Voraussetzung leicht umgangen werden könnte.

53

Indes kommt es darauf für die Entscheidung im vorliegenden Fall nicht an. Nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 Juris RdNr 18; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - USK 2007-95, Juris RdNr 18) werden die besonderen Fallgestaltungen, welche aus Anlass von Rechtsänderungen bei den Grundlagen der Bedarfsplanung entstehen, vom Anwendungsbereich des § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV von vornherein nicht erfasst. Im Hinblick auf ihren anders gelagerten Anwendungsbereich führt die Vorschrift des § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV nicht dazu, dass dem Normgeber der Bedarfsplanungs-Richtlinie die Kompetenz fehlt, Regelungen für die Übergangsprobleme anlässlich von Rechtsänderungen in den Grundlagen der Bedarfsplanung zu treffen. Vielmehr greift insoweit der in § 104 Abs 2 SGB V enthaltene Vorbehalt ("nach Maßgabe des § 101") zugunsten des Bundesausschusses ein. Aus demselben Grund widerspricht die vom Bundesausschuss getroffene Regelung auch nicht den Vorgaben des höherrangigen Verordnungsrechts. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Aus § 95 Abs 2 Satz 9 SGB V, der mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14.11.2003 (BGBl I 2190) als § 95 Abs 2 Satz 8 SGB V mit dem Ziel eingeführt worden war, für Vertragsärzte geltende Bestimmungen auf MVZ zu übertragen(vgl BT-Drucks 15/1525 S 108 zu Buchst b) und der sich im Übrigen erkennbar an dem Wortlaut des bereits existierenden § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV orientiert, folgt nichts Anderes.

54

cc) Die Auffassung des Klägers, nach der die zu § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV ergangene Rechtsprechung des Senats(BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4; BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - USK 2007-95) nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden könne, weil die Sachverhalte in entscheidungserheblicher Weise voneinander abweichen, trifft nicht zu.

55

(1) Richtig ist, dass sich die Übergangsregelung, auf die sich die beiden og Urteile des Senats vom 17.10.2007 bezogen, von dem Beschluss des GBA, der vorliegend zu beurteilen ist, insofern unterscheidet, als damals zunächst die materielle Neuregelung (dort: Beschluss des damaligen Ausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Zusammenfassung der Planungsbereiche in Berlin vom 24.3.2003) mit Wirkung für die Zukunft (ab 1.6.2003) getroffen wurde. Gleichzeitig (ebenfalls als Bestandteil des Beschlusses vom 24.3.2003) wurde das Entscheidungsmoratorium beschlossen, das dementsprechend den Zeitraum vom 1.6.2003 bis zur Entscheidung des Landesausschusses umfasste. Im vorliegenden Fall trat das Entscheidungsmoratorium dagegen sofort mit der Beschlussfassung und Bekanntmachung (am 6.9.2012) in Kraft. Gleichzeitig wurde darüber entschieden, welche Arztgruppen in die Bedarfsplanung einbezogen werden. Allerdings enthält der Beschluss vom 6.9.2012 noch keine Festlegung zu den Verhältniszahlen (Einwohner pro Arzt), die für die neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen gelten sollten. Damit standen die Grundlagen für die Entscheidung des Landesausschusses über die Feststellung einer Überversorgung und die Anordnung von Zulassungssperren bei Wirksamwerden der Entscheidungssperre noch nicht vollständig fest. Das ändert aber nichts daran, dass es auch hier um die Einführung von Zulassungsbeschränkungen aufgrund von Rechtsänderungen geht, die die Grundlage der Bedarfsplanung beeinflussen und die nach der og Rechtsprechung des Senats nicht vom Anwendungsbereich des § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV erfasst werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Einbeziehung der sog kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung erst durch § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V idF des GKV-VStG und die damit bewirkte Erweiterung des Gestaltungsspielraums des GBA beim Zuschnitt der Planungsbereiche ermöglicht worden ist(zu den vor der Änderung durch das GKV-VStG im Regelfall geltenden Festlegung auf die Stadt- oder Landkreise vgl BSGE 81, 207, 209 ff = SozR 3-2500 § 101 Nr 2 S 9 ff). Ein konkreter Auftrag zu einer entsprechenden Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie kann dem Gesetz jedenfalls nicht entnommen werden (vgl RdNr 29). Ausschlaggebend ist indes, dass die hier in Rede stehenden Zulassungsbeschränkungen nicht unmittelbar aus einem Anstieg der Arztzahlen und einer daraus folgenden Feststellung einer Überversorgung nach § 103 Abs 1 Satz 1 SGB V resultieren, sondern aus der Entscheidung des GBA, auch die sog kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung einzubeziehen. Der geänderten Konzeption entsprechend hat der GBA die Bedarfsplanungs-Richtlinie und damit Rechtsnormen geändert. Auf dieser Rechtsänderung beruht die hier maßgebende Anordnung von Zulassungsbeschränkungen ua für die Arztgruppe der Strahlentherapeuten. Insofern unterscheidet sich die vorliegende Fallkonstellation entgegen der Auffassung des Klägers nicht von derjenigen, die den og Entscheidungen des Senats vom 17.10.2007 zugrunde lag und in der die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen auf einer Änderung des Zuschnitts von Planungsbereichen durch den damaligen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beruhte (ebenso Pawlita, JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 29 mwN; Tiedemann, VSSR 2015, 229, 231, Fn 7; aA: Wigge/Remmert, MedR 2013, 228, 233).

56

(2) Auch der Einwand des Klägers, dass das ab 6.9.2012 geltende Moratorium gegen die Vorgabe aus § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V idF des GKV-VStG verstoße, nach der der GBA die Planungsbereiche nicht schon zum 6.9.2012, sondern erst "mit Wirkung zum 1. Januar 2013" neu festzulegen habe, greift nicht durch. Zwar trifft es zu, dass Strahlentherapeuten im Zuständigkeitsbereich der zu 1. Beigeladenen bereits ab dem Inkrafttreten des Moratoriums und nicht erst ab dem Inkrafttreten des Beschlusses vom 20.12.2012 mit Wirkung vom 1.1.2013 grundsätzlich eine Anstellungsgenehmigung nur noch in Abhängigkeit vom Bedarf erteilt werden konnte. Da die Einbeziehung der kleinen Arztgruppen und damit auch der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung ihre Grundlage nicht unmittelbar in dem erst mit Wirkung vom 1.1.2013 eingefügten § 101 Abs 1 Satz 6 SGB V hat(vgl RdNr 29), folgen daraus aber keine rechtlichen Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Regelung mit höherrangigem Recht.

57

(3) Ein weiterer Unterschied zwischen dem hier zu beurteilenden Sachverhalt und dem Sachverhalt, der den Entscheidungen des Senats vom 17.10.2007 (B 6 KA 45/06 R - BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 und B 6 KA 31/07 R - USK 2007-95 ) zugrunde lag, besteht nach den Darlegungen des Klägers darin, dass es hier nicht darum geht, ein vorübergehendes Regelungsvakuum für eine bereits in die Bedarfsplanung einbezogene Arztgruppe zu vermeiden, sondern um die erstmalige Einbeziehung einer Arztgruppe in die Bedarfsplanung. Allerdings ist dem Kläger aus dem am 17.10.2007 entschiedenen Verfahren zum Az B 6 KA 45/06 R (SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 22), ebenfalls erst durch die Zusammenfassung der Planungsbereiche die Möglichkeit versperrt worden, eine Zulassung zu erhalten, weil für den Planungsbereich, in dem er sich niederlassen wollte, bis dahin keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet worden waren. Die durch die Zusammenfassung der Planungsbereiche und den darauf aufbauenden Beschluss des Landesausschusses vom 20.8.2003 (Überversorgung bezogen auf das entsprechende Fachgebiet des Klägers für den Planungsbereich "Gesamtberlin") eingetretene Sperrwirkung war deshalb auch in dem damaligen Verfahren durch das ab dem 1.6.2003 geltende Entscheidungsmoratorium faktisch vorverlegt worden.

58

Richtig ist, dass es hier nicht um die Vermeidung eines vorübergehenden Regelungsvakuums ging. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass im vorliegenden Fall keine oder nur weniger gewichtige Gründe für die Regelung einer Entscheidungssperre vorgelegen hätten, als in den Verfahren, die die Zusammenfassung der Planungsbereiche für Berlin zum Gegenstand hatten. Mit der Entscheidungssperre aus dem Beschluss vom 6.9.2012 wollte der GBA vermeiden, dass die mit Einbeziehung der kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung angestrebte Begrenzung der Zahl der Ärzte aufgrund einer hohen Zahl von Zulassungsanträgen, die noch kurz vor dem Wirksamwerden der Begrenzung gestellt werden, umgangen wird und dass alle zulassungswilligen Ärzte ohne Rücksicht auf die dadurch entstehende (weitere) Überversorgung zugelassen werden müssen. In den Tragenden Gründen zum Beschluss vom 6.9.2012 (S 2 f) wird nachvollziehbar unter Hinweis auf die bereits erheblich gestiegene Zahl der Zulassungsanträge und auf die Erfahrungen bei der Einführung der "verschärften" Bedarfsplanung mit dem Gesundheitsstrukturgesetz 1993 ("Seehoferbauch"; zur Vermeidung eines entsprechenden Effekts bei der Einbeziehung der Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung vgl BSGE 87, 158, 180 f = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 128 f)dargelegt, dass Ärzte dieser Arztgruppen voraussichtlich in erheblicher Zahl von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, vor dem Wirksamwerden der Zulassungsbeschränkungen die Erteilung einer Zulassung oder eine Anstellungsgenehmigung zu beantragen. Diese Gründe sind nicht weniger gewichtig als die bei der Neuordnung der Planungsbereiche für Berlin angestrebte Vermeidung eines "Regelungsvakuums".

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(4) Entgegen der Auffassung des Klägers können rechtlich relevante Unterschiede zwischen der Fallgestaltung, die den og Entscheidungen des Senats vom 17.10.2007 (aaO) zugrunde lagen und dem hier zu beurteilenden Sachverhalt auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass das Moratorium im Zusammenhang mit der Neuordnung der Planungsbereiche für Berlin mit Wirkung für einen künftigen Zeitraum angeordnet worden war, während das Moratorium hier bereits unmittelbar ab dem Tag der Beschlussfassung durch den GBA eingreift. In beiden Fällen sind die Regelungen getroffen worden, die erforderlich waren, um die Bedarfsplanung wirksam werden zu lassen und eine unkontrollierte Zunahme der Zahl von Vertragsärzten in bereits überversorgten Regionen entgegenzuwirken. Bezogen auf die Neuordnung der Planungsbereiche, die Gegenstand der Urteile vom 17.10.2007 waren, konnte der damalige Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen den Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Änderung der Planungsbereiche und damit auch den Zeitpunkt, zu dem die Entscheidungssperre zur Vermeidung eines "Regelungsvakuums" erforderlich wird, selbst bestimmen. Dagegen ging es dem GBA bei dem am 6.9.2012 beschlossenen Moratorium darum, unverzüglich einer bereits einsetzenden und nicht mehr steuerbaren Entwicklung entgegenzuwirken. Für den GBA bestand Anlass zu sofortigem Handeln, als sich abzeichnete, dass Überlegungen zur Einbeziehung auch der sog kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung in den Kreisen der davon betroffenen Ärzte bekannt wurden und zu einem Anstieg der Zahl von Zulassungsanträgen führten, die erkennbar mit dem Ziel gestellt wurden, der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen zuvorzukommen.

60

c) Die vom GBA in seinem Beschluss vom 6.9.2012 getroffene Übergangsregelung verstößt nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) abgeleitete Rückwirkungsverbot. Wie der Senat bereits in den beiden genannten Urteilen vom 17.10.2007 (B 6 KA 45/06 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 20 und B 6 KA 31/07 - Juris RdNr 20; vgl auch BSGE 73, 131 = SozR 4-2500 § 85 Nr 4 RdNr 10 mwN) dargelegt hat, gelten die vom BVerfG zur Rückwirkung von Normen entwickelten Grundsätze auch für untergesetzliche Rechtsnormen wie die Bedarfsplanungs-Richtlinie. Für die Unterscheidung zwischen der nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen zulässigen echten Rückwirkung, die vorliegt, wenn eine Norm nachträglich in abgewickelte der Vergangenheit angehörende Sachverhalte ändernd eingreift (BVerfGE 114, 258, 300; BVerfGE 132, 302 = NJW 2013, 145, RdNr 42) von der unter erleichterten Voraussetzungen zulässigen unechten Rückwirkung, die vorliegt, wenn eine Rechtnorm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt, indem sie Rechtspositionen nachträglich entwertet, ist der Zeitpunkt der Bekanntmachung der Norm maßgebend (BVerfGE 126, 369, 391; BVerfGE 97, 67, 78; BVerfGE 127, 1, 16 f; BVerfGE 132, 302 = NJW 2013, 145, RdNr 42).

61

Den vom GBA beschlossenen Regelungen zur Einbeziehung ua der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung kommt danach keine echte, sondern unechte Rückwirkung zu. Der Beschluss des GBA vom 6.9.2012 ist vorab (vor der erforderlichen Genehmigung durch das BMG) am 6.9.2012 und endgültig am 21.9.2012 veröffentlicht worden. Der Kläger hat seinen Antrag auf Erteilung der Anstellungsgenehmigung erst danach - am 20.12.2012 - gestellt. Allein der Umstand, dass die Kriterien für die Bildung von Planungsbereichen und Verhältniszahlen in dem Beschluss vom 6.9.2013 noch nicht enthalten waren, sondern erst in dem am 31.12.2012 im Bundesanzeiger veröffentlichten Beschluss des GBA vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7 S 61), kann ein über den 6.9.2012 hinausgehendes schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der Regelungen aus den Bedarfsplanungs-Richtlinien zum Ausschluss der sog kleinen Arztgruppen von der Bedarfsplanung nicht begründen. Entscheidend ist, dass die Einbeziehung ua der Arztgruppe der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung bereits in § 48 Abs 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie idF des "Moratoriumsbeschlusses" des GBA vom 6.9.2012 normiert war und dass damit zum Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers feststand, dass die Anstellungsgenehmigung nicht mehr unabhängig von der Bedarfslage erteilt werden würde. Insofern stimmt die Übergangsregelung in Art 48 Abs 2 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie aF, nach der über Zulassungsanträge der neu in die Bedarfsplanung einbezogenen Arztgruppen erst zu entscheiden ist, wenn der Landesausschuss die Feststellung zum Vorliegen einer Überversorgung (§ 103 Abs 1 Satz 1 SGB V) getroffen hat, mit der Regelung überein, die der Gesetzgeber anlässlich der Verschärfung der Regelungen zur Bedarfsplanung in Art 33 § 3 Abs 2 Satz 1 GSG getroffen hat(zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung vgl bereits BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 9; BSGE 79, 152, 156 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 6; BSGE 81, 207, 212 = SozR 3-2500 § 101 Nr 2 S 12).

62

Anders als die "echte Rückwirkung" ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen") ist die "unechte" Rückwirkung ("tatbestandliche Rückanknüpfung") nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zugunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Normgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen (vgl BVerfGE 76, 256, 348; BVerfGE 105, 17, 40; BVerfGE 114, 258, 301). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung seiner Erwartungen in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu bewahren (vgl BVerfGE 63, 312, 331; BVerfGE 67, 1, 15; BVerfGE 76, 256, 349 f mwN). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl BVerfGE 38, 61, 83; BVerfGE 105, 17, 40; BVerfGE 109, 133, 180 f; BVerfGE 125, 104, 135; BVerfGE 131, 20 RdNr 73). Der Normgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage abzuwägen (vgl BVerfGE 30, 392, 404; BVerfGE 75, 246, 280; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 22 und BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 22) und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl BVerfGE 95, 64, 86; BVerfGE 122, 374, 394). Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt (vgl BVerfGE 127, 1, 18; BVerfGE 131, 20 RdNr 73).

63

Wie bereits dargelegt war das sog Moratorium erforderlich, nachdem im zeitlichen Zusammenhang mit Überlegungen zur Einbeziehung der sog kleinen Arztgruppen in die Bedarfsplanung bereits ein deutlicher Anstieg der Zulassungsanträge zu verzeichnen war. Der GBA musste mit einem weiteren Anstieg von Anträgen rechnen, die nicht mit Blick auf medizinische Erfordernisse, sondern mit dem Ziel gestellt werden, der Einbeziehung ua der Strahlentherapeuten in die Bedarfsplanung und der absehbar damit verbundenen Anordnung von Zulassungsbeschränkungen zuvorzukommen. Nach der nicht zu beanstandenden Beurteilung des Gesetzgebers sind die Regelungen zur Bedarfsplanung und zu Zulassungsbeschränkungen zur Sicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung und damit einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (vgl BVerfGE 114, 196, 244, 248 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 131, 139; BVerfGE 103, 172, 184 f = SozR 3-5520 § 25 Nr 4; BVerfG NZS 2008, 34 RdNr 12; BSGE 82, 41, 45 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15; BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 71) weiterhin erforderlich.

64

Mit der Entscheidung, die in der Bedarfsplanungs-Richtlinie enthaltene Ausnahmeregelung für die sog kleinen Arztgruppen auslaufen zu lassen, hat der GBA seinen Entscheidungsspielraum nicht überschritten. Die Erreichung der mit dieser Entscheidung angestrebten Ziele wäre zumindest gefährdet gewesen, wenn weitere Angehörige dieser Arztgruppen trotz mindestens ausreichender Versorgung ungesteuert zur vertragsärztlichen Versorgung hätten zugelassen werden müssen, bevor Regelungen zur Bedarfsplanung eingreifen. Dem konnte der GBA nur durch das angeordnete Entscheidungsmoratorium effektiv entgegenwirken. Schutzwürdiges Vertrauen von Zulassungsbewerbern, die ihren Wunsch sich niederzulassen bis zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Beschlusses des GBA vom 6.9.2012 noch nicht durch einen Zulassungsantrag dokumentiert haben, wird dadurch nicht beeinträchtigt (vgl bereits die Urteile des Senats vom 17.10.2007 - B 6 KA 45/06 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 4 und B 6 KA 31/07 R- jeweils Juris RdNr 23). Nach dem Inhalt und der veröffentlichten Begründung zum Beschluss des GBA vom 6.9.2012 war für die betroffenen Personen (Ärzte für Strahlenheilkunde) und Institutionen (KÄVen) klar, dass es zumindest in den attraktiven Ballungsräumen Deutschlands absehbar keine Zulassungsmöglichkeiten mehr geben würde. Im Hinblick auf die im September 2012 veröffentlichten statistischen Angaben zum Anstieg der Zahl der Strahlentherapeuten und zur - vom GBA so gesehenen - Notwendigkeit einer Begrenzung ist die Beendigung der freien Zulassung bereits mit dem Tag der Veröffentlichung der Beschlussfassung zum Moratorium festgeschrieben worden. Ein Vertrauen von Strahlentherapeuten in den Fortbestand der zuvor bestehenden Rechtslage war damit zerstört. Über das Eingreifen der Beschränkungen konnte es bei den Betroffenen keine Zweifel mehr geben.

65

Im Übrigen geht das BVerfG selbst bei einer echten Rückwirkung davon aus, dass schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung nicht erst mit der Verkündung der Änderung im Bundesgesetzblatt, sondern grundsätzlich schon durch den Gesetzesbeschluss des Bundestages (BVerfGE 127, 31 RdNr 58 f; BVerfGE 132, 302 RdNr 57) beseitigt wird. Ein Vertrauen des Betroffenen, bis zur Verkündung der Norm könne sich noch etwas ändern, ist nicht geschützt (BVerfGE 95, 64, 87). Der Zweck, Ankündigungs- und Mitnahmeeffekte auszuschließen, kann es sogar rechtfertigen, den Schutz des Vertrauens auf eine unveränderte Rechtslage schon vor dem Wirksamwerden einer Neuregelung enden zu lassen (BVerfGE 97, 67, 81 f).

66

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich B

2

Der in den USA geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe; er ist als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut approbiert und in das Arztregister eingetragen. Seit 1.2.2011 ist der Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in C zu- und niedergelassen; er hat erklärt, auf diese Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung im Land Berlin erhalten habe. Seinen Antrag, ihm dort eine Sonderbedarfszulassung für die Behandlung von Patienten zu erteilen, die nicht sprechen können bzw eine massive Sprachstörung haben, lehnte der Zulassungsausschuss wegen nicht gegebener Unterversorgung ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 25.3.2009, Urteil des SG vom 5.5.2010, Urteil des LSG vom 12.9.2012).

3

Das LSG hat ausgeführt, es bestehe weder ein lokaler Versorgungsbedarf noch ein qualitätsbezogener Sonderbedarf. Defizite bei der lokalen Versorgung bestünden in B nicht, weil die Stadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr verfüge und der Kläger seine Praxis im Zentrum der Stadt führe. An einem qualitätsbezogenen Sonderbedarf fehle es bereits deswegen, weil dies einen besonderen Versorgungsbedarf voraussetze, wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe lediglich innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage.

4

Auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehöre die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit dieser Fallgruppe sei das Begehren des Klägers unmittelbar vergleichbar: Ihm gehe es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung" mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der Kommunikationsmethode der "Augmentative and Alternative Communication" (; die deutsche Bezeichnung lautet "unterstützte Kommunikation"). Begehrt werde nicht die Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode. Behauptete qualitative Unterschiede bei der Leistungserbringung begründeten keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Aus den zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG), mit denen die gesetzliche Regelungsermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) modifiziert worden sei, ergebe sich insoweit keine wesentliche Änderung.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Nichtberücksichtigung bzw -würdigung der spezifischen Lebensumstände lautsprachlich behinderter bzw nicht sprechender Versicherter durch das LSG. Insbesondere habe dieses die Bescheinigung des Behindertenbeauftragten der B Psychotherapeutenkammer vollkommen ignoriert sowie irrig angenommen, er - der Kläger - habe die AAC selbst entwickelt. In der Sache habe das LSG § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V deswegen verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber des GKV-VStG bezüglich dieser Norm lediglich eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen habe. Das habe der GBA selbst anders gesehen, da er die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung mit Beschluss vom 16.5.2013 umfassend neu geregelt und dabei die beiden Tatbestände der Sonderbedarfszulassung deutlich - sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Verfahrens - ausdifferenziert habe. Selbst dann, wenn das LSG die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) in der Übergangszeit als lückenhaft hätte ansehen wollen, hätte es diese Lücke im Wege gesetzeskonformer Auslegung schließen können.

6

Bezüglich des lokalen Sonderbedarfs habe sich das LSG mit denklogisch abwegigen Erwägungen allein zur Ausstattung B mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur begnügt. Zudem setzten beide Tatbestände eines Sonderbedarfs voraus, dass aufgrund von Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Eine Besonderheit in diesem Sinne könne auch die hohe Zahl nicht versorgter Versicherter sein.

7

Soweit es den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf betreffe, habe das LSG verkannt, dass dieser nicht allein auf Versorgungskonstellationen beschränkt sei, in denen zu wenige Therapeuten eines der derzeit drei Richtlinienverfahren anbieten. Denn nach § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V sei der GBA verpflichtet, den besonderen Erfordernissen behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Daher müssten im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen solche Qualifikationen berücksichtigt werden, die - wie die AAC - für die Behandlung dieser Personengruppe unerlässlich seien. Außerdem bemesse sich die Erbringung und Verordnung von Leistungen und Maßnahmen nach § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V allein nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, wozu Möglichkeit und Umfang der Verständigung mittels universeller Kommunikationshilfen von vornherein nicht gehören könnten. Selbst dann also, wenn man dem GBA einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich dieser universellen Kommunikationshilfen zubilligte, könnte seine Beschlussfassung nicht deren Ausschluss als Ergebnis haben. Indes scheide ein solcher Genehmigungsvorbehalt schon wegen der hohen Suizidalität in der Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten einerseits und der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) andererseits aus. Aus diesen Gründen sei auch unschädlich, dass die Neuregelung der BedarfsplRL nach wie vor keinen einschlägigen Tatbestand benenne, unter den seine Qualifikation für die AAC subsumiert werden könne, weil selbst bei Annahme einer Lücke die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Auslegung bestünde. Die Auffassung des LSG, dass in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprächen, werde den besonderen Gegebenheiten der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten nicht gerecht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.9.2012 und das Urteil des SG Berlin vom 5.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.3.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung Versicherter mit den in der Widerspruchsbegründung des Klägers beschriebenen Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein lokaler Versorgungsbedarf erfordere, dass es innerhalb eines Zulassungsbezirks einen abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich geben müsse, für den eine Versorgungslücke bestehe; der Kläger mache den lokalen Sonderbedarf jedoch für den gesamten Zulassungsbezirk B geltend. Auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf liege nicht vor, da es insoweit um die ärztliche bzw psychotherapeutische Qualifikation gehe, nicht aber um außerhalb dieser Qualifikation erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Von daher unterscheide sich die Kommunikationsform AAC nicht von besonderen Fremdsprachenkenntnissen eines Therapeuten, denn auch ein nicht deutschsprachiger Patient bedürfe zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Therapie eines Sprachmittlers.

11

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an; nicht jede Erleichterung des Zugangs zur Behandlung begründe einen Sonderbedarf.

12

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hat, weil er die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt.

14

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)ist nicht gegeben. Ein Verstoß hiergegen läge nur dann vor, wenn das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hätte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 10). Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG im Tatbestand seines Urteils dargestellt hat, der Kläger habe in seinem an den Zulassungsausschuss gerichteten Antrag angegeben, die AAC-Therapie "entwickelt" zu haben, gibt das LSG lediglich wieder, was der Kläger auf Seite 2 seiner Antragsschrift vom 24.6.2008 selbst ausgeführt hat: "Im Rahmen meiner Ausbildung … sowie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort habe ich unter Anleitung von Prof. Dr. S eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode, die AAC-Therapie, entwickelt." Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe die "Bescheinigung" des Behindertenbeauftragten der Psychotherapeutenkammer B vollkommen ignoriert, ist zwar zutreffend, dass das Berufungsgericht dessen Stellungnahme weder im Tatbestand noch in den (knappen) Entscheidungsgründen erwähnt. Nach der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung war die Stellungnahme des Behindertenbeauftragten jedoch ohne Bedeutung für die Entscheidungsfindung, denn am Fehlen einer rechtlichen Grundlage für eine auf die Kenntnis der AAC-Methode gestützte Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ändert die Einschätzung, dass im Tatsächlichen ein dringender Bedarf für die Zulassung entsprechend qualifizierter Behandler bestehe, nichts.

15

Versteht man das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG)rügen will, ergibt sich nichts anderes. Das Recht auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass wesentlicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen worden ist (BVerfG Beschluss vom 27.5.2009 - 1 BvR 512/09 - Juris RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 96, 206, 216; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das LSG hat lediglich Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen, die es nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung zur Auslegung des Bedarfsplanungsrechts als unbeachtlich unberücksichtigt lassen durfte.

16

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

17

a. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm der BedarfsplRL Ärzte. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aF)bzw soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nF).

18

Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die ab 4.7.2013 geltenden (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 BedarfsplRL nF nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welche - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalten.

19

b. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen - wie vorliegend - die Zulassung von Ärzten bzw Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt(BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 32 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15 ). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18).

20

Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Mithin sind die durch das GKV-VStG (vom 22.12.2011, BGBl I 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 erfolgten Änderungen des § 101 SGB V wie auch die nachfolgenden Änderungen der BedarfsplRL zu berücksichtigen.

21

c. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs liegen nicht vor.

22

aa. Nach § 37 Abs 1 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs 2 aaO und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

23

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes oder Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Diese auf den Leistungserbringer ausgerichteten Voraussetzungen des Sonderbedarfs sind in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V angelegt, in dem von einem "qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe" die Rede ist. Schon der Sachzusammenhang spricht insoweit dafür, dass sich dies auf die ärztliche - dh die medizinische - Qualifikation bezieht. Ohne die Bezugnahme auf feststellbare und nachweisbare Qualifikationen des Arztes ließe sich das Instrument der Sonderbedarfszulassung nicht handhaben, weil nicht ermittelbar wäre, wo qualitative Versorgungslücken bestehen.

24

Indem der GBA in § 37 BedarfsplRL(nicht anders als bislang in § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL bzw § 36 Abs 1 Buchst b BedarfsplRL) die besondere Qualifikation ganz eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren ausgerichtet hat, hat er von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V sachgerechten Gebrauch gemacht. Besondere Qualifikationen, denen sich ein Arzt berühmt, die aber nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bleiben damit außer Betracht. Das gilt für fachliche Kompetenzen wie - selbstverständlich - auch für Kenntnisse, die sich außerhalb der Fachkunde bewegen, aber für die Ausübung der Heilkunde von Bedeutung oder zumindest hilfreich sein können. Solche Fähigkeiten sind etwa Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Gebärdensprache und auch - was hier von Bedeutung ist - Kenntnisse der AAC für kommunikationsgestörte Patienten.

25

bb. Ein weitergehendes Verständnis des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist im Hinblick auf besondere sprachliche und/oder kommunikative Kompetenzen des Arztes auch nicht deshalb geboten, weil andernfalls der Heilbehandlungsanspruch der Versicherten nach § 27 Abs 1 SGB V, der in der Wendung "Versorgungsbedarf" in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V mittelbar angesprochen ist, nicht erfüllt werden könnte.

26

(1) Als Methode der Kommunikation verstanden, die sprachbehinderten Menschen den Austausch mit einem Therapeuten im Rahmen der Behandlung in einem der Richtlinienverfahren ermöglichen soll, ist die AAC der Gebärdensprache vergleichbar: Denn lautsprachlich behinderte bzw nicht sprechende Versicherte müssen - nicht anders als hörbehinderte Menschen - einen entsprechend qualifizierten Sprachmittler hinzuziehen, um sich mit einem Arzt oder Therapeuten verständigen zu können.

27

Wann die Krankenkassen die Kosten für solche Kommunikationsmittler übernehmen müssen, ist gesetzlich vorgegeben. Dies kommt hinsichtlich der Gebärdensprache exemplarisch in § 17 Abs 2 SGB I zum Ausdruck. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden (Satz 1 aaO); die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Eine vergleichbare Regelung enthält § 19 Abs 1 Satz 2 SGB X für das Verwaltungsverfahren. Es liegt - nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung hörbehinderter Menschen und behinderten Menschen mit besonderer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit in § 57 SGB IX - nahe, dass diese Regelungen in Bezug auf andere geeignete Kommunikationsmethoden entsprechende Anwendung finden. Der rechtliche Gehalt des § 17 Abs 2 SGB I ist jedoch auf ein Recht zur Verwendung bzw Benutzung der Gebärdensprache als Kommunikationsmethode(vgl auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 17 RdNr 24)und zur Übernahme von Dolmetscherkosten beschränkt. Darüber hinausgehende Folgerungen, wie etwa eine besondere Qualifikation von Leistungserbringern oder gar die Schaffung eines speziell auf Gehörlose ausgerichteten Versorgungsangebots lassen sich hieraus nicht entnehmen.

28

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Ansprüche kommunikationsgeminderter Patienten auf das Recht zur Benutzung spezieller Kommunikationsmethoden bzw zur Einschaltung von Kommunikationsmittlern und die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten beschränkt hat, ist abzuleiten, dass Krankenkassen und KÄVen nicht verpflichtet sind, ein speziell auf sprach- und kommunikationsbehinderte Menschen ausgerichtetes flächendeckendes Versorgungsangebot in jedem Fachgebiet zur Verfügung zu stellen. Dass es der Gesetzgeber in Bezug auf Gehörlose (oder vergleichbare Personengruppen) nicht für möglich und erforderlich gehalten hat, zugleich die Schaffung spezieller Leistungsangebote vorzuschreiben, lässt sich indiziell auch auf die psychotherapeutische Behandlung von lautsprachlich Behinderten übertragen. Der Gesetzgeber sah das Problem ganz offensichtlich in der Kommunikation an sich, nicht hingegen in der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringer. Nichts anderes gilt für die AAC: Unterstellt, diese Kommunikationsmethode entspräche in ihrer Funktion der Gebärdensprache bei Gehörlosen, ergäbe sich daraus die Konsequenz, dass - auf Kosten der Krankenkassen - entsprechende Dolmetscher zum Einsatz kommen müssten, nicht aber, dass die Leistungserbringer selbst Kenntnisse dieser Kommunikationsmethode haben müssten oder aus dieser Kenntnis Ansprüche auf eine Sonderbedarfszulassung herleiten könnten.

29

Dem steht nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zusteht (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 28). Der Gesichtspunkt, dass die Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten ohne die Anwendung der AAC besondere Hürden überwinden muss, um ihren Leistungsanspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung wahrzunehmen, gilt gleichermaßen für andere in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Patientengruppen, zB für Gehörlose, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es für die betroffenen Patienten günstig sein kann, von Ärzten bzw Therapeuten behandelt zu werden, die jenseits ihrer medizinisch-fachlichen Qualifikation etwa über zusätzliche Sprachkenntnisse oder Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Ein Anspruch darauf, dass jedem Versicherten an jedem Ort solche Therapeuten tatsächlich zur Verfügung stehen, besteht aber nicht. Deshalb kann auf die Fähigkeit eines Arztes oder Psychotherapeuten, mit einem Patienten in der Gebärdensprache oder - die Eignung der Methode unterstellt - mittels der AAC zu kommunizieren, keine Sonderbedarfszulassung gestützt werden.

30

Soweit sich der Kläger auf § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V beruft, wonach der GBA bei Erlass seiner Richtlinien "den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker" Rechnung zu tragen hat, folgt auch hieraus kein Anspruch auf Berücksichtigung besonderer Kommunikationsmethoden im Rahmen des Sonderbedarfs. Unmittelbare Auswirkungen auf das Leistungsrecht hat diese Vorschrift nicht, da die leistungsrechtlichen Vorschriften zur Krankenbehandlung aus finanziellen Erwägungen heraus nicht erweitert wurden (Roters in Kasseler Komm, § 92 SGB V RdNr 17 unter Hinweis auf den Ausschussbericht zum Gesundheits-Refomgesetz, BT-Drucks 11/3480 S 37). Nichts anderes gilt für § 2a SGB V, welcher bestimmt, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Auch dieser allgemeinen Verpflichtung ist innerhalb des geltenden Rechts Rechnung zu tragen. Besteht aber im Hinblick auf bestimmte Formen der Behinderung kein spezifischer Leistungsanspruch, kann dies auch keinen Sonderbedarf begründen, dem durch entsprechende Zulassungen Rechnung zu tragen wäre. Es wäre Sache des Gesetzgebers, weitergehende Leistungsansprüche (und ggf ihre Auswirkungen auf das Leistungserbringungsrecht) ausdrücklich zu normieren.

31

Auch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)lässt sich kein Anspruch auf eine von den gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorgaben abweichende Sonderbedarfszulassung herleiten. Zwar gehört danach die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung - unter den dort genannten Voraussetzungen - zum Kernbereich der Leistungspflicht der GKV. Jedoch ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der lautsprachlich Behinderten zutreffen.

32

(2) Sähe man - was eher fernliegt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht wird - in der AAC eine besondere Behandlungsmethode, die speziell für eine psychotherapeutische Behandlung von sprachgestörten Patienten geeignet ist, würde schon der Methodenvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V und - bezogen auf die Psychotherapie - die Begrenzung des Versorgungsanspruchs der Versicherten auf die drei Richtlinienverfahren einer entsprechenden Ausweitung des Begriffs "Versorgungsbedarf" entgegenstehen. Für eine Anerkennung als eigenständige Behandlungsmethode fehlte es bereits an der Einleitung eines entsprechenden Prüfverfahrens, erst recht am Vorliegen entsprechender Empfehlungen.

33

cc. Durch die zum 1.1.2012 erfolgte Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist - anders als der Kläger meint - keine grundlegende Änderung der an eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung zu stellenden Anforderungen eingetreten; insbesondere ergeben sich hieraus keine Auswirkungen auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Für die - die Gesetzesänderung nachvollziehende - Änderung der BedarfsplRL gilt nichts anderes. Zwar dient die Änderung des § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V nach der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG(BT-Drucks 17/6906 S 43 unter Allgemeiner Teil sowie S 73 f zu Nr 35 Buchst a Doppelbuchst aa) auch einer Erweiterung der Möglichkeit zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen, insbesondere aber der Präzisierung der Vorgaben: Anlass hierfür sieht der Gesetzgeber (aaO S 74) darin, dass die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht hätten und die Umsetzung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben der Praxis offenbar Probleme bereite. Namentlich an der grundlegenden Orientierung am ärztlichen Weiterbildungsrecht hat sich durch die Neuregelung indessen nichts geändert.

34

d. Erst recht kommt keine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs in Betracht. Der lokale Sonderbedarf ist darauf ausgerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 35). Nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung, vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) setzt ein lokaler Sonderbedarf voraus, dass "aufgrund von … Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen". Selbst wenn man unterstellte, dass ohne die Kommunikationsmethode AAC in Bezug auf den Personenkreis der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten Versorgungsdefizite bestünden, beruhte dies jedenfalls nicht auf den "Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs" iS des § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL nF; entsprechender Bedarf bestünde dann vielmehr in allen Planungsbereichen.

35

3. Auch eine Ermächtigung des Klägers kommt nicht in Betracht, denn nach der Rechtsprechung des Senats können Leistungen, die nicht Gegenstand des Leistungsumfangs der GKV sind, von vornherein weder Grundlage einer Sonderbedarfszulassung noch einer Ermächtigung sein (BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 27 = USK 2007-95). Wie dargelegt, ist die Gewährleistung einer unmittelbaren Verständigungsmöglichkeit von sprachbehinderten Patienten mit ihren Ärzten und Therapeuten nicht in dem Sinne von der Krankenkasse geschuldet, dass sie jedem Patienten ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen müsste.

36

4. Ob es Konstellationen gibt, in denen Patienten trotz ihrer fehlenden sprachlichen Artikulationsfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges von einer Verhaltenstherapie oder einer Psychoanalyse profitieren können, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu klären wie die Frage, ob es - bei Bejahung der vorangestellten Frage - darunter wiederum Konstellationen gibt, in denen der Behandlungserfolg nicht gewährleistet wäre, wenn ein Kommunikationsmittler eingeschaltet wird, sondern nur dann, wenn der Therapeut selbst neben dem Richtlinienverfahren auch die AAC-Methode beherrscht. Sollte beides in ganz besonders gelagerten Fällen gegeben sein, hätte das nicht zur Folge, dass einem Therapeuten eine Sonderbedarfszulassung (oder eine Ermächtigung) zu erteilen wäre, sondern es käme insoweit - wie dies der Senat im Fall der Angewiesenheit eines Patienten auf Leistungen der Gesprächstherapie angenommen hat (s BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 37 ff)- nur eine Versorgung auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

27

Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich B

2

Der in den USA geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe; er ist als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut approbiert und in das Arztregister eingetragen. Seit 1.2.2011 ist der Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in C zu- und niedergelassen; er hat erklärt, auf diese Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung im Land Berlin erhalten habe. Seinen Antrag, ihm dort eine Sonderbedarfszulassung für die Behandlung von Patienten zu erteilen, die nicht sprechen können bzw eine massive Sprachstörung haben, lehnte der Zulassungsausschuss wegen nicht gegebener Unterversorgung ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 25.3.2009, Urteil des SG vom 5.5.2010, Urteil des LSG vom 12.9.2012).

3

Das LSG hat ausgeführt, es bestehe weder ein lokaler Versorgungsbedarf noch ein qualitätsbezogener Sonderbedarf. Defizite bei der lokalen Versorgung bestünden in B nicht, weil die Stadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr verfüge und der Kläger seine Praxis im Zentrum der Stadt führe. An einem qualitätsbezogenen Sonderbedarf fehle es bereits deswegen, weil dies einen besonderen Versorgungsbedarf voraussetze, wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe lediglich innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage.

4

Auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehöre die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit dieser Fallgruppe sei das Begehren des Klägers unmittelbar vergleichbar: Ihm gehe es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung" mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der Kommunikationsmethode der "Augmentative and Alternative Communication" (; die deutsche Bezeichnung lautet "unterstützte Kommunikation"). Begehrt werde nicht die Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode. Behauptete qualitative Unterschiede bei der Leistungserbringung begründeten keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Aus den zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG), mit denen die gesetzliche Regelungsermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) modifiziert worden sei, ergebe sich insoweit keine wesentliche Änderung.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Nichtberücksichtigung bzw -würdigung der spezifischen Lebensumstände lautsprachlich behinderter bzw nicht sprechender Versicherter durch das LSG. Insbesondere habe dieses die Bescheinigung des Behindertenbeauftragten der B Psychotherapeutenkammer vollkommen ignoriert sowie irrig angenommen, er - der Kläger - habe die AAC selbst entwickelt. In der Sache habe das LSG § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V deswegen verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber des GKV-VStG bezüglich dieser Norm lediglich eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen habe. Das habe der GBA selbst anders gesehen, da er die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung mit Beschluss vom 16.5.2013 umfassend neu geregelt und dabei die beiden Tatbestände der Sonderbedarfszulassung deutlich - sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Verfahrens - ausdifferenziert habe. Selbst dann, wenn das LSG die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) in der Übergangszeit als lückenhaft hätte ansehen wollen, hätte es diese Lücke im Wege gesetzeskonformer Auslegung schließen können.

6

Bezüglich des lokalen Sonderbedarfs habe sich das LSG mit denklogisch abwegigen Erwägungen allein zur Ausstattung B mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur begnügt. Zudem setzten beide Tatbestände eines Sonderbedarfs voraus, dass aufgrund von Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Eine Besonderheit in diesem Sinne könne auch die hohe Zahl nicht versorgter Versicherter sein.

7

Soweit es den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf betreffe, habe das LSG verkannt, dass dieser nicht allein auf Versorgungskonstellationen beschränkt sei, in denen zu wenige Therapeuten eines der derzeit drei Richtlinienverfahren anbieten. Denn nach § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V sei der GBA verpflichtet, den besonderen Erfordernissen behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Daher müssten im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen solche Qualifikationen berücksichtigt werden, die - wie die AAC - für die Behandlung dieser Personengruppe unerlässlich seien. Außerdem bemesse sich die Erbringung und Verordnung von Leistungen und Maßnahmen nach § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V allein nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, wozu Möglichkeit und Umfang der Verständigung mittels universeller Kommunikationshilfen von vornherein nicht gehören könnten. Selbst dann also, wenn man dem GBA einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich dieser universellen Kommunikationshilfen zubilligte, könnte seine Beschlussfassung nicht deren Ausschluss als Ergebnis haben. Indes scheide ein solcher Genehmigungsvorbehalt schon wegen der hohen Suizidalität in der Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten einerseits und der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) andererseits aus. Aus diesen Gründen sei auch unschädlich, dass die Neuregelung der BedarfsplRL nach wie vor keinen einschlägigen Tatbestand benenne, unter den seine Qualifikation für die AAC subsumiert werden könne, weil selbst bei Annahme einer Lücke die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Auslegung bestünde. Die Auffassung des LSG, dass in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprächen, werde den besonderen Gegebenheiten der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten nicht gerecht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.9.2012 und das Urteil des SG Berlin vom 5.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.3.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung Versicherter mit den in der Widerspruchsbegründung des Klägers beschriebenen Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein lokaler Versorgungsbedarf erfordere, dass es innerhalb eines Zulassungsbezirks einen abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich geben müsse, für den eine Versorgungslücke bestehe; der Kläger mache den lokalen Sonderbedarf jedoch für den gesamten Zulassungsbezirk B geltend. Auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf liege nicht vor, da es insoweit um die ärztliche bzw psychotherapeutische Qualifikation gehe, nicht aber um außerhalb dieser Qualifikation erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Von daher unterscheide sich die Kommunikationsform AAC nicht von besonderen Fremdsprachenkenntnissen eines Therapeuten, denn auch ein nicht deutschsprachiger Patient bedürfe zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Therapie eines Sprachmittlers.

11

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an; nicht jede Erleichterung des Zugangs zur Behandlung begründe einen Sonderbedarf.

12

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hat, weil er die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt.

14

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)ist nicht gegeben. Ein Verstoß hiergegen läge nur dann vor, wenn das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hätte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 10). Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG im Tatbestand seines Urteils dargestellt hat, der Kläger habe in seinem an den Zulassungsausschuss gerichteten Antrag angegeben, die AAC-Therapie "entwickelt" zu haben, gibt das LSG lediglich wieder, was der Kläger auf Seite 2 seiner Antragsschrift vom 24.6.2008 selbst ausgeführt hat: "Im Rahmen meiner Ausbildung … sowie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort habe ich unter Anleitung von Prof. Dr. S eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode, die AAC-Therapie, entwickelt." Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe die "Bescheinigung" des Behindertenbeauftragten der Psychotherapeutenkammer B vollkommen ignoriert, ist zwar zutreffend, dass das Berufungsgericht dessen Stellungnahme weder im Tatbestand noch in den (knappen) Entscheidungsgründen erwähnt. Nach der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung war die Stellungnahme des Behindertenbeauftragten jedoch ohne Bedeutung für die Entscheidungsfindung, denn am Fehlen einer rechtlichen Grundlage für eine auf die Kenntnis der AAC-Methode gestützte Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ändert die Einschätzung, dass im Tatsächlichen ein dringender Bedarf für die Zulassung entsprechend qualifizierter Behandler bestehe, nichts.

15

Versteht man das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG)rügen will, ergibt sich nichts anderes. Das Recht auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass wesentlicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen worden ist (BVerfG Beschluss vom 27.5.2009 - 1 BvR 512/09 - Juris RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 96, 206, 216; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das LSG hat lediglich Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen, die es nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung zur Auslegung des Bedarfsplanungsrechts als unbeachtlich unberücksichtigt lassen durfte.

16

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

17

a. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm der BedarfsplRL Ärzte. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aF)bzw soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nF).

18

Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die ab 4.7.2013 geltenden (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 BedarfsplRL nF nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welche - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalten.

19

b. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen - wie vorliegend - die Zulassung von Ärzten bzw Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt(BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 32 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15 ). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18).

20

Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Mithin sind die durch das GKV-VStG (vom 22.12.2011, BGBl I 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 erfolgten Änderungen des § 101 SGB V wie auch die nachfolgenden Änderungen der BedarfsplRL zu berücksichtigen.

21

c. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs liegen nicht vor.

22

aa. Nach § 37 Abs 1 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs 2 aaO und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

23

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes oder Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Diese auf den Leistungserbringer ausgerichteten Voraussetzungen des Sonderbedarfs sind in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V angelegt, in dem von einem "qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe" die Rede ist. Schon der Sachzusammenhang spricht insoweit dafür, dass sich dies auf die ärztliche - dh die medizinische - Qualifikation bezieht. Ohne die Bezugnahme auf feststellbare und nachweisbare Qualifikationen des Arztes ließe sich das Instrument der Sonderbedarfszulassung nicht handhaben, weil nicht ermittelbar wäre, wo qualitative Versorgungslücken bestehen.

24

Indem der GBA in § 37 BedarfsplRL(nicht anders als bislang in § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL bzw § 36 Abs 1 Buchst b BedarfsplRL) die besondere Qualifikation ganz eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren ausgerichtet hat, hat er von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V sachgerechten Gebrauch gemacht. Besondere Qualifikationen, denen sich ein Arzt berühmt, die aber nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bleiben damit außer Betracht. Das gilt für fachliche Kompetenzen wie - selbstverständlich - auch für Kenntnisse, die sich außerhalb der Fachkunde bewegen, aber für die Ausübung der Heilkunde von Bedeutung oder zumindest hilfreich sein können. Solche Fähigkeiten sind etwa Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Gebärdensprache und auch - was hier von Bedeutung ist - Kenntnisse der AAC für kommunikationsgestörte Patienten.

25

bb. Ein weitergehendes Verständnis des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist im Hinblick auf besondere sprachliche und/oder kommunikative Kompetenzen des Arztes auch nicht deshalb geboten, weil andernfalls der Heilbehandlungsanspruch der Versicherten nach § 27 Abs 1 SGB V, der in der Wendung "Versorgungsbedarf" in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V mittelbar angesprochen ist, nicht erfüllt werden könnte.

26

(1) Als Methode der Kommunikation verstanden, die sprachbehinderten Menschen den Austausch mit einem Therapeuten im Rahmen der Behandlung in einem der Richtlinienverfahren ermöglichen soll, ist die AAC der Gebärdensprache vergleichbar: Denn lautsprachlich behinderte bzw nicht sprechende Versicherte müssen - nicht anders als hörbehinderte Menschen - einen entsprechend qualifizierten Sprachmittler hinzuziehen, um sich mit einem Arzt oder Therapeuten verständigen zu können.

27

Wann die Krankenkassen die Kosten für solche Kommunikationsmittler übernehmen müssen, ist gesetzlich vorgegeben. Dies kommt hinsichtlich der Gebärdensprache exemplarisch in § 17 Abs 2 SGB I zum Ausdruck. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden (Satz 1 aaO); die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Eine vergleichbare Regelung enthält § 19 Abs 1 Satz 2 SGB X für das Verwaltungsverfahren. Es liegt - nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung hörbehinderter Menschen und behinderten Menschen mit besonderer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit in § 57 SGB IX - nahe, dass diese Regelungen in Bezug auf andere geeignete Kommunikationsmethoden entsprechende Anwendung finden. Der rechtliche Gehalt des § 17 Abs 2 SGB I ist jedoch auf ein Recht zur Verwendung bzw Benutzung der Gebärdensprache als Kommunikationsmethode(vgl auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 17 RdNr 24)und zur Übernahme von Dolmetscherkosten beschränkt. Darüber hinausgehende Folgerungen, wie etwa eine besondere Qualifikation von Leistungserbringern oder gar die Schaffung eines speziell auf Gehörlose ausgerichteten Versorgungsangebots lassen sich hieraus nicht entnehmen.

28

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Ansprüche kommunikationsgeminderter Patienten auf das Recht zur Benutzung spezieller Kommunikationsmethoden bzw zur Einschaltung von Kommunikationsmittlern und die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten beschränkt hat, ist abzuleiten, dass Krankenkassen und KÄVen nicht verpflichtet sind, ein speziell auf sprach- und kommunikationsbehinderte Menschen ausgerichtetes flächendeckendes Versorgungsangebot in jedem Fachgebiet zur Verfügung zu stellen. Dass es der Gesetzgeber in Bezug auf Gehörlose (oder vergleichbare Personengruppen) nicht für möglich und erforderlich gehalten hat, zugleich die Schaffung spezieller Leistungsangebote vorzuschreiben, lässt sich indiziell auch auf die psychotherapeutische Behandlung von lautsprachlich Behinderten übertragen. Der Gesetzgeber sah das Problem ganz offensichtlich in der Kommunikation an sich, nicht hingegen in der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringer. Nichts anderes gilt für die AAC: Unterstellt, diese Kommunikationsmethode entspräche in ihrer Funktion der Gebärdensprache bei Gehörlosen, ergäbe sich daraus die Konsequenz, dass - auf Kosten der Krankenkassen - entsprechende Dolmetscher zum Einsatz kommen müssten, nicht aber, dass die Leistungserbringer selbst Kenntnisse dieser Kommunikationsmethode haben müssten oder aus dieser Kenntnis Ansprüche auf eine Sonderbedarfszulassung herleiten könnten.

29

Dem steht nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zusteht (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 28). Der Gesichtspunkt, dass die Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten ohne die Anwendung der AAC besondere Hürden überwinden muss, um ihren Leistungsanspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung wahrzunehmen, gilt gleichermaßen für andere in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Patientengruppen, zB für Gehörlose, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es für die betroffenen Patienten günstig sein kann, von Ärzten bzw Therapeuten behandelt zu werden, die jenseits ihrer medizinisch-fachlichen Qualifikation etwa über zusätzliche Sprachkenntnisse oder Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Ein Anspruch darauf, dass jedem Versicherten an jedem Ort solche Therapeuten tatsächlich zur Verfügung stehen, besteht aber nicht. Deshalb kann auf die Fähigkeit eines Arztes oder Psychotherapeuten, mit einem Patienten in der Gebärdensprache oder - die Eignung der Methode unterstellt - mittels der AAC zu kommunizieren, keine Sonderbedarfszulassung gestützt werden.

30

Soweit sich der Kläger auf § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V beruft, wonach der GBA bei Erlass seiner Richtlinien "den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker" Rechnung zu tragen hat, folgt auch hieraus kein Anspruch auf Berücksichtigung besonderer Kommunikationsmethoden im Rahmen des Sonderbedarfs. Unmittelbare Auswirkungen auf das Leistungsrecht hat diese Vorschrift nicht, da die leistungsrechtlichen Vorschriften zur Krankenbehandlung aus finanziellen Erwägungen heraus nicht erweitert wurden (Roters in Kasseler Komm, § 92 SGB V RdNr 17 unter Hinweis auf den Ausschussbericht zum Gesundheits-Refomgesetz, BT-Drucks 11/3480 S 37). Nichts anderes gilt für § 2a SGB V, welcher bestimmt, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Auch dieser allgemeinen Verpflichtung ist innerhalb des geltenden Rechts Rechnung zu tragen. Besteht aber im Hinblick auf bestimmte Formen der Behinderung kein spezifischer Leistungsanspruch, kann dies auch keinen Sonderbedarf begründen, dem durch entsprechende Zulassungen Rechnung zu tragen wäre. Es wäre Sache des Gesetzgebers, weitergehende Leistungsansprüche (und ggf ihre Auswirkungen auf das Leistungserbringungsrecht) ausdrücklich zu normieren.

31

Auch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)lässt sich kein Anspruch auf eine von den gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorgaben abweichende Sonderbedarfszulassung herleiten. Zwar gehört danach die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung - unter den dort genannten Voraussetzungen - zum Kernbereich der Leistungspflicht der GKV. Jedoch ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der lautsprachlich Behinderten zutreffen.

32

(2) Sähe man - was eher fernliegt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht wird - in der AAC eine besondere Behandlungsmethode, die speziell für eine psychotherapeutische Behandlung von sprachgestörten Patienten geeignet ist, würde schon der Methodenvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V und - bezogen auf die Psychotherapie - die Begrenzung des Versorgungsanspruchs der Versicherten auf die drei Richtlinienverfahren einer entsprechenden Ausweitung des Begriffs "Versorgungsbedarf" entgegenstehen. Für eine Anerkennung als eigenständige Behandlungsmethode fehlte es bereits an der Einleitung eines entsprechenden Prüfverfahrens, erst recht am Vorliegen entsprechender Empfehlungen.

33

cc. Durch die zum 1.1.2012 erfolgte Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist - anders als der Kläger meint - keine grundlegende Änderung der an eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung zu stellenden Anforderungen eingetreten; insbesondere ergeben sich hieraus keine Auswirkungen auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Für die - die Gesetzesänderung nachvollziehende - Änderung der BedarfsplRL gilt nichts anderes. Zwar dient die Änderung des § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V nach der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG(BT-Drucks 17/6906 S 43 unter Allgemeiner Teil sowie S 73 f zu Nr 35 Buchst a Doppelbuchst aa) auch einer Erweiterung der Möglichkeit zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen, insbesondere aber der Präzisierung der Vorgaben: Anlass hierfür sieht der Gesetzgeber (aaO S 74) darin, dass die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht hätten und die Umsetzung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben der Praxis offenbar Probleme bereite. Namentlich an der grundlegenden Orientierung am ärztlichen Weiterbildungsrecht hat sich durch die Neuregelung indessen nichts geändert.

34

d. Erst recht kommt keine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs in Betracht. Der lokale Sonderbedarf ist darauf ausgerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 35). Nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung, vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) setzt ein lokaler Sonderbedarf voraus, dass "aufgrund von … Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen". Selbst wenn man unterstellte, dass ohne die Kommunikationsmethode AAC in Bezug auf den Personenkreis der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten Versorgungsdefizite bestünden, beruhte dies jedenfalls nicht auf den "Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs" iS des § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL nF; entsprechender Bedarf bestünde dann vielmehr in allen Planungsbereichen.

35

3. Auch eine Ermächtigung des Klägers kommt nicht in Betracht, denn nach der Rechtsprechung des Senats können Leistungen, die nicht Gegenstand des Leistungsumfangs der GKV sind, von vornherein weder Grundlage einer Sonderbedarfszulassung noch einer Ermächtigung sein (BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 27 = USK 2007-95). Wie dargelegt, ist die Gewährleistung einer unmittelbaren Verständigungsmöglichkeit von sprachbehinderten Patienten mit ihren Ärzten und Therapeuten nicht in dem Sinne von der Krankenkasse geschuldet, dass sie jedem Patienten ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen müsste.

36

4. Ob es Konstellationen gibt, in denen Patienten trotz ihrer fehlenden sprachlichen Artikulationsfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges von einer Verhaltenstherapie oder einer Psychoanalyse profitieren können, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu klären wie die Frage, ob es - bei Bejahung der vorangestellten Frage - darunter wiederum Konstellationen gibt, in denen der Behandlungserfolg nicht gewährleistet wäre, wenn ein Kommunikationsmittler eingeschaltet wird, sondern nur dann, wenn der Therapeut selbst neben dem Richtlinienverfahren auch die AAC-Methode beherrscht. Sollte beides in ganz besonders gelagerten Fällen gegeben sein, hätte das nicht zur Folge, dass einem Therapeuten eine Sonderbedarfszulassung (oder eine Ermächtigung) zu erteilen wäre, sondern es käme insoweit - wie dies der Senat im Fall der Angewiesenheit eines Patienten auf Leistungen der Gesprächstherapie angenommen hat (s BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 37 ff)- nur eine Versorgung auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

27

Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich B

2

Der in den USA geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe; er ist als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut approbiert und in das Arztregister eingetragen. Seit 1.2.2011 ist der Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in C zu- und niedergelassen; er hat erklärt, auf diese Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung im Land Berlin erhalten habe. Seinen Antrag, ihm dort eine Sonderbedarfszulassung für die Behandlung von Patienten zu erteilen, die nicht sprechen können bzw eine massive Sprachstörung haben, lehnte der Zulassungsausschuss wegen nicht gegebener Unterversorgung ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 25.3.2009, Urteil des SG vom 5.5.2010, Urteil des LSG vom 12.9.2012).

3

Das LSG hat ausgeführt, es bestehe weder ein lokaler Versorgungsbedarf noch ein qualitätsbezogener Sonderbedarf. Defizite bei der lokalen Versorgung bestünden in B nicht, weil die Stadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr verfüge und der Kläger seine Praxis im Zentrum der Stadt führe. An einem qualitätsbezogenen Sonderbedarf fehle es bereits deswegen, weil dies einen besonderen Versorgungsbedarf voraussetze, wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe lediglich innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage.

4

Auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehöre die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit dieser Fallgruppe sei das Begehren des Klägers unmittelbar vergleichbar: Ihm gehe es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung" mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der Kommunikationsmethode der "Augmentative and Alternative Communication" (; die deutsche Bezeichnung lautet "unterstützte Kommunikation"). Begehrt werde nicht die Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode. Behauptete qualitative Unterschiede bei der Leistungserbringung begründeten keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Aus den zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG), mit denen die gesetzliche Regelungsermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) modifiziert worden sei, ergebe sich insoweit keine wesentliche Änderung.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Nichtberücksichtigung bzw -würdigung der spezifischen Lebensumstände lautsprachlich behinderter bzw nicht sprechender Versicherter durch das LSG. Insbesondere habe dieses die Bescheinigung des Behindertenbeauftragten der B Psychotherapeutenkammer vollkommen ignoriert sowie irrig angenommen, er - der Kläger - habe die AAC selbst entwickelt. In der Sache habe das LSG § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V deswegen verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber des GKV-VStG bezüglich dieser Norm lediglich eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen habe. Das habe der GBA selbst anders gesehen, da er die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung mit Beschluss vom 16.5.2013 umfassend neu geregelt und dabei die beiden Tatbestände der Sonderbedarfszulassung deutlich - sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Verfahrens - ausdifferenziert habe. Selbst dann, wenn das LSG die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) in der Übergangszeit als lückenhaft hätte ansehen wollen, hätte es diese Lücke im Wege gesetzeskonformer Auslegung schließen können.

6

Bezüglich des lokalen Sonderbedarfs habe sich das LSG mit denklogisch abwegigen Erwägungen allein zur Ausstattung B mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur begnügt. Zudem setzten beide Tatbestände eines Sonderbedarfs voraus, dass aufgrund von Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Eine Besonderheit in diesem Sinne könne auch die hohe Zahl nicht versorgter Versicherter sein.

7

Soweit es den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf betreffe, habe das LSG verkannt, dass dieser nicht allein auf Versorgungskonstellationen beschränkt sei, in denen zu wenige Therapeuten eines der derzeit drei Richtlinienverfahren anbieten. Denn nach § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V sei der GBA verpflichtet, den besonderen Erfordernissen behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Daher müssten im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen solche Qualifikationen berücksichtigt werden, die - wie die AAC - für die Behandlung dieser Personengruppe unerlässlich seien. Außerdem bemesse sich die Erbringung und Verordnung von Leistungen und Maßnahmen nach § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V allein nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, wozu Möglichkeit und Umfang der Verständigung mittels universeller Kommunikationshilfen von vornherein nicht gehören könnten. Selbst dann also, wenn man dem GBA einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich dieser universellen Kommunikationshilfen zubilligte, könnte seine Beschlussfassung nicht deren Ausschluss als Ergebnis haben. Indes scheide ein solcher Genehmigungsvorbehalt schon wegen der hohen Suizidalität in der Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten einerseits und der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) andererseits aus. Aus diesen Gründen sei auch unschädlich, dass die Neuregelung der BedarfsplRL nach wie vor keinen einschlägigen Tatbestand benenne, unter den seine Qualifikation für die AAC subsumiert werden könne, weil selbst bei Annahme einer Lücke die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Auslegung bestünde. Die Auffassung des LSG, dass in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprächen, werde den besonderen Gegebenheiten der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten nicht gerecht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.9.2012 und das Urteil des SG Berlin vom 5.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.3.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung Versicherter mit den in der Widerspruchsbegründung des Klägers beschriebenen Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein lokaler Versorgungsbedarf erfordere, dass es innerhalb eines Zulassungsbezirks einen abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich geben müsse, für den eine Versorgungslücke bestehe; der Kläger mache den lokalen Sonderbedarf jedoch für den gesamten Zulassungsbezirk B geltend. Auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf liege nicht vor, da es insoweit um die ärztliche bzw psychotherapeutische Qualifikation gehe, nicht aber um außerhalb dieser Qualifikation erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Von daher unterscheide sich die Kommunikationsform AAC nicht von besonderen Fremdsprachenkenntnissen eines Therapeuten, denn auch ein nicht deutschsprachiger Patient bedürfe zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Therapie eines Sprachmittlers.

11

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an; nicht jede Erleichterung des Zugangs zur Behandlung begründe einen Sonderbedarf.

12

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hat, weil er die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt.

14

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)ist nicht gegeben. Ein Verstoß hiergegen läge nur dann vor, wenn das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hätte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 10). Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG im Tatbestand seines Urteils dargestellt hat, der Kläger habe in seinem an den Zulassungsausschuss gerichteten Antrag angegeben, die AAC-Therapie "entwickelt" zu haben, gibt das LSG lediglich wieder, was der Kläger auf Seite 2 seiner Antragsschrift vom 24.6.2008 selbst ausgeführt hat: "Im Rahmen meiner Ausbildung … sowie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort habe ich unter Anleitung von Prof. Dr. S eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode, die AAC-Therapie, entwickelt." Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe die "Bescheinigung" des Behindertenbeauftragten der Psychotherapeutenkammer B vollkommen ignoriert, ist zwar zutreffend, dass das Berufungsgericht dessen Stellungnahme weder im Tatbestand noch in den (knappen) Entscheidungsgründen erwähnt. Nach der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung war die Stellungnahme des Behindertenbeauftragten jedoch ohne Bedeutung für die Entscheidungsfindung, denn am Fehlen einer rechtlichen Grundlage für eine auf die Kenntnis der AAC-Methode gestützte Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ändert die Einschätzung, dass im Tatsächlichen ein dringender Bedarf für die Zulassung entsprechend qualifizierter Behandler bestehe, nichts.

15

Versteht man das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG)rügen will, ergibt sich nichts anderes. Das Recht auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass wesentlicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen worden ist (BVerfG Beschluss vom 27.5.2009 - 1 BvR 512/09 - Juris RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 96, 206, 216; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das LSG hat lediglich Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen, die es nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung zur Auslegung des Bedarfsplanungsrechts als unbeachtlich unberücksichtigt lassen durfte.

16

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

17

a. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm der BedarfsplRL Ärzte. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aF)bzw soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nF).

18

Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die ab 4.7.2013 geltenden (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 BedarfsplRL nF nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welche - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalten.

19

b. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen - wie vorliegend - die Zulassung von Ärzten bzw Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt(BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 32 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15 ). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18).

20

Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Mithin sind die durch das GKV-VStG (vom 22.12.2011, BGBl I 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 erfolgten Änderungen des § 101 SGB V wie auch die nachfolgenden Änderungen der BedarfsplRL zu berücksichtigen.

21

c. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs liegen nicht vor.

22

aa. Nach § 37 Abs 1 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs 2 aaO und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

23

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes oder Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Diese auf den Leistungserbringer ausgerichteten Voraussetzungen des Sonderbedarfs sind in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V angelegt, in dem von einem "qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe" die Rede ist. Schon der Sachzusammenhang spricht insoweit dafür, dass sich dies auf die ärztliche - dh die medizinische - Qualifikation bezieht. Ohne die Bezugnahme auf feststellbare und nachweisbare Qualifikationen des Arztes ließe sich das Instrument der Sonderbedarfszulassung nicht handhaben, weil nicht ermittelbar wäre, wo qualitative Versorgungslücken bestehen.

24

Indem der GBA in § 37 BedarfsplRL(nicht anders als bislang in § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL bzw § 36 Abs 1 Buchst b BedarfsplRL) die besondere Qualifikation ganz eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren ausgerichtet hat, hat er von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V sachgerechten Gebrauch gemacht. Besondere Qualifikationen, denen sich ein Arzt berühmt, die aber nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bleiben damit außer Betracht. Das gilt für fachliche Kompetenzen wie - selbstverständlich - auch für Kenntnisse, die sich außerhalb der Fachkunde bewegen, aber für die Ausübung der Heilkunde von Bedeutung oder zumindest hilfreich sein können. Solche Fähigkeiten sind etwa Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Gebärdensprache und auch - was hier von Bedeutung ist - Kenntnisse der AAC für kommunikationsgestörte Patienten.

25

bb. Ein weitergehendes Verständnis des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist im Hinblick auf besondere sprachliche und/oder kommunikative Kompetenzen des Arztes auch nicht deshalb geboten, weil andernfalls der Heilbehandlungsanspruch der Versicherten nach § 27 Abs 1 SGB V, der in der Wendung "Versorgungsbedarf" in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V mittelbar angesprochen ist, nicht erfüllt werden könnte.

26

(1) Als Methode der Kommunikation verstanden, die sprachbehinderten Menschen den Austausch mit einem Therapeuten im Rahmen der Behandlung in einem der Richtlinienverfahren ermöglichen soll, ist die AAC der Gebärdensprache vergleichbar: Denn lautsprachlich behinderte bzw nicht sprechende Versicherte müssen - nicht anders als hörbehinderte Menschen - einen entsprechend qualifizierten Sprachmittler hinzuziehen, um sich mit einem Arzt oder Therapeuten verständigen zu können.

27

Wann die Krankenkassen die Kosten für solche Kommunikationsmittler übernehmen müssen, ist gesetzlich vorgegeben. Dies kommt hinsichtlich der Gebärdensprache exemplarisch in § 17 Abs 2 SGB I zum Ausdruck. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden (Satz 1 aaO); die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Eine vergleichbare Regelung enthält § 19 Abs 1 Satz 2 SGB X für das Verwaltungsverfahren. Es liegt - nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung hörbehinderter Menschen und behinderten Menschen mit besonderer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit in § 57 SGB IX - nahe, dass diese Regelungen in Bezug auf andere geeignete Kommunikationsmethoden entsprechende Anwendung finden. Der rechtliche Gehalt des § 17 Abs 2 SGB I ist jedoch auf ein Recht zur Verwendung bzw Benutzung der Gebärdensprache als Kommunikationsmethode(vgl auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 17 RdNr 24)und zur Übernahme von Dolmetscherkosten beschränkt. Darüber hinausgehende Folgerungen, wie etwa eine besondere Qualifikation von Leistungserbringern oder gar die Schaffung eines speziell auf Gehörlose ausgerichteten Versorgungsangebots lassen sich hieraus nicht entnehmen.

28

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Ansprüche kommunikationsgeminderter Patienten auf das Recht zur Benutzung spezieller Kommunikationsmethoden bzw zur Einschaltung von Kommunikationsmittlern und die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten beschränkt hat, ist abzuleiten, dass Krankenkassen und KÄVen nicht verpflichtet sind, ein speziell auf sprach- und kommunikationsbehinderte Menschen ausgerichtetes flächendeckendes Versorgungsangebot in jedem Fachgebiet zur Verfügung zu stellen. Dass es der Gesetzgeber in Bezug auf Gehörlose (oder vergleichbare Personengruppen) nicht für möglich und erforderlich gehalten hat, zugleich die Schaffung spezieller Leistungsangebote vorzuschreiben, lässt sich indiziell auch auf die psychotherapeutische Behandlung von lautsprachlich Behinderten übertragen. Der Gesetzgeber sah das Problem ganz offensichtlich in der Kommunikation an sich, nicht hingegen in der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringer. Nichts anderes gilt für die AAC: Unterstellt, diese Kommunikationsmethode entspräche in ihrer Funktion der Gebärdensprache bei Gehörlosen, ergäbe sich daraus die Konsequenz, dass - auf Kosten der Krankenkassen - entsprechende Dolmetscher zum Einsatz kommen müssten, nicht aber, dass die Leistungserbringer selbst Kenntnisse dieser Kommunikationsmethode haben müssten oder aus dieser Kenntnis Ansprüche auf eine Sonderbedarfszulassung herleiten könnten.

29

Dem steht nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zusteht (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 28). Der Gesichtspunkt, dass die Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten ohne die Anwendung der AAC besondere Hürden überwinden muss, um ihren Leistungsanspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung wahrzunehmen, gilt gleichermaßen für andere in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Patientengruppen, zB für Gehörlose, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es für die betroffenen Patienten günstig sein kann, von Ärzten bzw Therapeuten behandelt zu werden, die jenseits ihrer medizinisch-fachlichen Qualifikation etwa über zusätzliche Sprachkenntnisse oder Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Ein Anspruch darauf, dass jedem Versicherten an jedem Ort solche Therapeuten tatsächlich zur Verfügung stehen, besteht aber nicht. Deshalb kann auf die Fähigkeit eines Arztes oder Psychotherapeuten, mit einem Patienten in der Gebärdensprache oder - die Eignung der Methode unterstellt - mittels der AAC zu kommunizieren, keine Sonderbedarfszulassung gestützt werden.

30

Soweit sich der Kläger auf § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V beruft, wonach der GBA bei Erlass seiner Richtlinien "den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker" Rechnung zu tragen hat, folgt auch hieraus kein Anspruch auf Berücksichtigung besonderer Kommunikationsmethoden im Rahmen des Sonderbedarfs. Unmittelbare Auswirkungen auf das Leistungsrecht hat diese Vorschrift nicht, da die leistungsrechtlichen Vorschriften zur Krankenbehandlung aus finanziellen Erwägungen heraus nicht erweitert wurden (Roters in Kasseler Komm, § 92 SGB V RdNr 17 unter Hinweis auf den Ausschussbericht zum Gesundheits-Refomgesetz, BT-Drucks 11/3480 S 37). Nichts anderes gilt für § 2a SGB V, welcher bestimmt, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Auch dieser allgemeinen Verpflichtung ist innerhalb des geltenden Rechts Rechnung zu tragen. Besteht aber im Hinblick auf bestimmte Formen der Behinderung kein spezifischer Leistungsanspruch, kann dies auch keinen Sonderbedarf begründen, dem durch entsprechende Zulassungen Rechnung zu tragen wäre. Es wäre Sache des Gesetzgebers, weitergehende Leistungsansprüche (und ggf ihre Auswirkungen auf das Leistungserbringungsrecht) ausdrücklich zu normieren.

31

Auch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)lässt sich kein Anspruch auf eine von den gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorgaben abweichende Sonderbedarfszulassung herleiten. Zwar gehört danach die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung - unter den dort genannten Voraussetzungen - zum Kernbereich der Leistungspflicht der GKV. Jedoch ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der lautsprachlich Behinderten zutreffen.

32

(2) Sähe man - was eher fernliegt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht wird - in der AAC eine besondere Behandlungsmethode, die speziell für eine psychotherapeutische Behandlung von sprachgestörten Patienten geeignet ist, würde schon der Methodenvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V und - bezogen auf die Psychotherapie - die Begrenzung des Versorgungsanspruchs der Versicherten auf die drei Richtlinienverfahren einer entsprechenden Ausweitung des Begriffs "Versorgungsbedarf" entgegenstehen. Für eine Anerkennung als eigenständige Behandlungsmethode fehlte es bereits an der Einleitung eines entsprechenden Prüfverfahrens, erst recht am Vorliegen entsprechender Empfehlungen.

33

cc. Durch die zum 1.1.2012 erfolgte Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist - anders als der Kläger meint - keine grundlegende Änderung der an eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung zu stellenden Anforderungen eingetreten; insbesondere ergeben sich hieraus keine Auswirkungen auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Für die - die Gesetzesänderung nachvollziehende - Änderung der BedarfsplRL gilt nichts anderes. Zwar dient die Änderung des § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V nach der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG(BT-Drucks 17/6906 S 43 unter Allgemeiner Teil sowie S 73 f zu Nr 35 Buchst a Doppelbuchst aa) auch einer Erweiterung der Möglichkeit zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen, insbesondere aber der Präzisierung der Vorgaben: Anlass hierfür sieht der Gesetzgeber (aaO S 74) darin, dass die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht hätten und die Umsetzung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben der Praxis offenbar Probleme bereite. Namentlich an der grundlegenden Orientierung am ärztlichen Weiterbildungsrecht hat sich durch die Neuregelung indessen nichts geändert.

34

d. Erst recht kommt keine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs in Betracht. Der lokale Sonderbedarf ist darauf ausgerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 35). Nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung, vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) setzt ein lokaler Sonderbedarf voraus, dass "aufgrund von … Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen". Selbst wenn man unterstellte, dass ohne die Kommunikationsmethode AAC in Bezug auf den Personenkreis der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten Versorgungsdefizite bestünden, beruhte dies jedenfalls nicht auf den "Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs" iS des § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL nF; entsprechender Bedarf bestünde dann vielmehr in allen Planungsbereichen.

35

3. Auch eine Ermächtigung des Klägers kommt nicht in Betracht, denn nach der Rechtsprechung des Senats können Leistungen, die nicht Gegenstand des Leistungsumfangs der GKV sind, von vornherein weder Grundlage einer Sonderbedarfszulassung noch einer Ermächtigung sein (BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 27 = USK 2007-95). Wie dargelegt, ist die Gewährleistung einer unmittelbaren Verständigungsmöglichkeit von sprachbehinderten Patienten mit ihren Ärzten und Therapeuten nicht in dem Sinne von der Krankenkasse geschuldet, dass sie jedem Patienten ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen müsste.

36

4. Ob es Konstellationen gibt, in denen Patienten trotz ihrer fehlenden sprachlichen Artikulationsfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges von einer Verhaltenstherapie oder einer Psychoanalyse profitieren können, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu klären wie die Frage, ob es - bei Bejahung der vorangestellten Frage - darunter wiederum Konstellationen gibt, in denen der Behandlungserfolg nicht gewährleistet wäre, wenn ein Kommunikationsmittler eingeschaltet wird, sondern nur dann, wenn der Therapeut selbst neben dem Richtlinienverfahren auch die AAC-Methode beherrscht. Sollte beides in ganz besonders gelagerten Fällen gegeben sein, hätte das nicht zur Folge, dass einem Therapeuten eine Sonderbedarfszulassung (oder eine Ermächtigung) zu erteilen wäre, sondern es käme insoweit - wie dies der Senat im Fall der Angewiesenheit eines Patienten auf Leistungen der Gesprächstherapie angenommen hat (s BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 37 ff)- nur eine Versorgung auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

27

Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juli 2014 geändert. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse erneut zu bescheiden hat. Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass ihre Wirkungen mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2016 eintreten. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Beigeladene zu 1. und die Klägerin tragen jeweils ein Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse.

2

Klägerin ist eine aus ursprünglich drei Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Sie betreibt ein Dialysezentrum in P. mit der Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten.

3

Der Beigeladene zu 1. war zunächst eines der fachärztlichen Mitglieder der BAG. Mit Schreiben vom 30.12.2009 beantragte er zeitgleich beim Zulassungsausschuss und bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb von P. unter Mitnahme seines anteiligen Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Die Beklagte stellte daraufhin das erforderliche Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen her, erteilte dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1.4.2010 für seine neugegründete Einzelpraxis in P. eine zusätzliche Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten (im Folgenden: Dialysegenehmigung) und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1. habe bisher 37 der knapp über 100 Dialysepatienten der Klägerin betreut. Dadurch sei ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden, sodass für eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten aus Sicherstellungsgründen eine zusätzliche Facharztpraxis in P. erforderlich sei. Widerspruch und Klage der Klägerin wurden mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese bezogen auf die erteilte Dialysegenehmigung nicht anfechtungsberechtigt sei. Auch der Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG vom 14.5.2010 - S 65 KA 232/10 ER -, Beschluss des LSG vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER).

4

Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei gegenüber der angefochtenen Dialysegenehmigung (dritt-)anfechtungsberechtigt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. würden in einem eng umgrenzten Fachgebiet (hier: der kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten) im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen. Das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses liege unter diesen Umständen auf der Hand. Die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitere auch nicht daran, dass die angefochtene Dialysegenehmigung keinen eigenen vertragsarztrechtlichen Status vermittle. Das BSG habe bereits entschieden, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) durchzuführende besondere Bedarfsprüfung (im Hinblick auf die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur) auch dem Schutz der bereits in dem betroffenen Versorgungsbereich tätigen Leistungserbringer diene und daher Drittschutz für diejenigen vermittele, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen seien. Eine damit vergleichbare Konstellation sei bei der hier maßgeblichen Erteilung einer Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gegeben. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Genehmigung sei, dass unter Berücksichtigung der vor Ort erforderlichen Dialyseformen und -verfahren keine ausreichende wohnortnahe Versorgung der Versicherten bestehe. Dies erfordere regelmäßig die Feststellung eines Versorgungsdefizits durch eine Bedarfsermittlung im zu versorgenden Bereich. Insoweit diene die Regelung ebenfalls dem (Dritt-)Schutz der bereits tätigen Leistungserbringer. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin ihre Anfechtungsberechtigung auch nicht verwirkt.

5

Die angefochtene Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine zusätzliche Dialysegenehmigung zu erteilen, sei rechtswidrig. Die dafür in den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä normierten Voraussetzungen lägen nicht vor. Nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä setze die Erteilung einer Dialysegenehmigung grundsätzlich ua voraus, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die angestrebte Dialysepraxis gewährleistet sei. Hiervon könne ausnahmsweise abgesehen werden, "wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Dies sei der Fall, "wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss" (§ 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä). Erkennbarer Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung sei es, aus Sicherstellungsgründen einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit in der Dialysebehandlung entgegenwirken zu können, das auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen in benachbarten Planungsbereichen (vgl § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä) abgedeckt werden könne. Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe die Beklagte nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Bei einer aus Sicherstellungsgründen zu erteilenden Dialysegenehmigung dürfe nicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen Dialysearzt und Patient abgestellt werden. Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung, nach der die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Präventionsgründen erforderlich gewesen sei, weil die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin (wegen übermäßigen Alkoholkonsums, einer Privatinsolvenz, teilweise gestörter Arzt-Patienten-Beziehungen) eine wohnortnahe Dialyseversorgung nicht mehr zuverlässig hätten sicherstellen können, greife nicht durch, weil die KÄVen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt seien, präventiv - also "auf Vorrat" - zusätzliche Dialysegenehmigungen losgelöst von konkreten Bedarfsermittlungen zu erteilen. Der aus § 136 Abs 2 SGB V resultierenden Verpflichtung der KÄVen zur Durchführung regelmäßiger Qualitätskontrollen in der vertragsärztlichen Versorgung sei die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen, obwohl ihr aufgrund der Ermittlungen des Niedersächsischen Zweckverbands zur Approbationserteilung (NiZzA) sowie aufgrund zahlreicher Patientenbeschwerden Hinweise dafür vorgelegen hätten, dass fachärztliche Mitglieder der Klägerin bereits 2009 in stark alkoholisiertem Zustand Dialysebehandlungen durchgeführt haben sollen. Diesen Hinweisen hätte die Beklagte nachgehen und - soweit sie sich als zutreffend herausgestellt hätten - unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Auswahlermessens unverzüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung - ggf durch einen Widerruf der Dialysegenehmigung - ergreifen müssen. Die Erteilung einer zusätzlichen (präventiven) Dialysegenehmigung für nur 30 Patienten könne auch nicht als ein geeignetes Mittel angesehen werden, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung bei der Versorgung niereninsuffizienter Patienten in P. entgegenzuwirken.

6

Dagegen wenden sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. mit der Revision. Die Beklagte macht zur Begründung geltend, das Urteil des LSG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Aufgrund eines Verwaltungsversehens sei dem LSG der Bescheid vom 14.6.2011, mit dem die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Behandlung von 30 Dialysepatienten auf 100 Dialysepatienten erhöht worden sei, nicht mitgeteilt worden. Der Umstand, dass dieser Bescheid dem Urteil des LSG nicht zugrunde gelegen habe, habe sich auf das Urteil ausgewirkt. Aufgrund der unzutreffenden Annahme, dass dem Beigeladenen zu 1. eine Genehmigung für die Betreuung von lediglich 30 Dialysepatienten erteilt worden sei, sei das LSG davon ausgegangen, dass die Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten kein geeignetes Mittel sein könne, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung der Versorgung niereninsuffizienter Patienten entgegenzuwirken. Das LSG habe ferner seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG verletzt, indem es davon abgesehen habe, die vom Beigeladenen zu 1. beigebrachten Stellungnahmen der Patienten zu würdigen, die angebotenen Zeugen zu hören sowie die Akten des NiZzA beizuziehen. Anhand der Akte des NiZzA hätte das LSG erkennen können, dass eine kontinuierliche wohnortnahe Versorgung durch die Klägerin nicht gewährleistet sei.

7

Ferner rügt die Beklagte, das LSG sei zu Unrecht vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ausgegangen. Ein Konkurrenzverhältnis liege nicht vor, wenn eine der beiden Praxen das Vertrauen ihrer Patienten verspielt habe. Die bei der Klägerin tätigen Ärzte seien durch negative Pressemeldungen, erhebliche hygienische und qualitative Mängel, unangemessenes Verhalten gegenüber Patienten sowie dem Verdacht auf Alkoholabusus und ein Insolvenzverfahren aufgefallen. Patienten würden weite Wege zur Dialyse in B. und S. auf sich nehmen, um nicht bei der Klägerin behandelt zu werden. Die Klägerin habe selbst eine "Patientenflucht" herbeigeführt.

8

Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe sie in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen. Entgegen der Auffassung des LSG könnten die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs im Rahmen der Sonderbedarfszulassung nicht auf die hier maßgebende Frage übertragen werden, ob Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Im vorliegenden Zusammenhang sei der Beurteilungsspielraum weiter als bei der Frage, ob ein lokaler Sonderbedarf bestehe. Sie habe berücksichtigen dürfen, dass aufgrund mehrerer Vorfälle ernsthaft zu befürchten sei, dass allein die Existenz der Klägerin keine Gewähr für eine wohnortnahe Versorgung biete. Da Dialysepraxen gewöhnlich vollständig ausgelastet seien, könne das unvermittelte Schließen einer Dialysepraxis zu einem Versorgungsnotstand mit Gefährdung für Leib und Leben der Patienten führen. Daher müsse bei der Versorgung mit Dialyseleistungen die Möglichkeit bestehen, präventive Maßnahmen zu treffen, sofern die Schließung einer Praxis nach den Umständen hinreichend wahrscheinlich sei. Ohne die Erteilung der Genehmigung an den Beigeladenen zu 1. würden außerdem höhere Fahrtkosten entstehen, die die Krankenkassen zu tragen hätten, wenn die Weigerung der Patienten, sich durch die Klägerin behandeln zu lassen, begründet sei. Selbst wenn die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen würden, würde daraus nichts anderes folgen. Da sich ein ganzer Patientenstamm begründet weigere, die Dialysebehandlung bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen, sei eine wohnortnahe Versorgung nicht gewährleistet.

9

Der Beigeladene zu 1. macht ebenfalls geltend, dass das Urteil des LSG fehlerhaft sei, weil der Bescheid vom 14.6.2011, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, unberücksichtigt geblieben sei. Ebenso wie die Beklagte vertritt er ferner die Auffassung, dass sich die Bedarfsprüfung im Bereich der Dialyseversorgung grundlegend von der Bedarfsprüfung unterscheide, die bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung vorzunehmen sei. Für den speziellen Bereich der Dialyseversorgung würden besondere Vorgaben gelten. § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä stelle einen Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen dar. In Verkennung der geltenden Maßstäbe habe das LSG die tatsächlichen Versorgungsgegebenheiten als unmaßgeblich angesehen und seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.

10

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.7.2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 7.3.2012 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

12

Das LSG habe die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Erteilung der Dialysegenehmigung nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zutreffend erfasst und ebenso zutreffend dargelegt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Ebenso wie bei der Sonderbedarfszulassung könne weder ein kurzfristig bestehender Bedarf noch ein möglicherweise in der Zukunft eintretender Bedarf die Erteilung einer Dialysegenehmigung begründen, weil anderenfalls eine dauerhafte Überversorgung eintreten könnte. Bei § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, nach der eine Genehmigung nur bei einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit erteilt werden dürfe. Wann ein qualitativ-lokales Versorgungsdefizit bestehe, werde abschließend durch § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä vorgegeben. Dies sei der Fall, wenn einzelne Dialyseformen und -verfahren nicht wohnortnah gewährleistet werden können. Was unter Dialyseformen und -verfahren zu verstehen sei, werde in § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä definiert. Der Wortlaut der Regelung sei klar und lasse keine Auslegung im Sinne des Beigeladenen zu 1. zu. Überdies sei die Norm als Ausnahmevorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Der Normgeber der Anl 9.1 BMV-Ä habe sich für den Fall des Ausscheidens eines Arztes bewusst gegen die Mitnahme eines Teils der Dialysegenehmigung entschieden. Das Ausscheiden eines Praxispartners erlaube nicht die Erteilung einer weiteren Dialysegenehmigung. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Beigeladenen zu 1. zu einzelnen Patienten sei kein Dialyseverfahren und keine Dialyseform iS des § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä, weshalb eine Genehmigung zugunsten des Beigeladenen zu 1. nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht in Betracht komme. Auch ein unterstellter Alkoholabusus eines Partners der Klägerin führe nicht zu einer Gefährdung einzelner Dialyseverfahren oder -formen. Selbst wenn § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä als Auffangvorschrift mit offenem Tatbestand zu verstehen wäre, hätte die Beklagte gemäß § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä die Versorgung in den benachbarten Planungsbereichen berücksichtigen müssen. Sie habe jedoch keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.

13

Dass das LSG den Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 nicht berücksichtigt habe, begründe keinen Verfahrensfehler, weil die Beklagte gegenüber dem LSG die Existenz dieses Bescheides nie offenbart habe. Nach § 96 SGG sei es Aufgabe der Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Beklagten gewesen, den neuen Bescheid in das Klageverfahren einzuführen. Der Beigeladene zu 1. und die Beklagte verhielten sich jedenfalls treuwidrig, wenn sie aus ihrem eigenen Pflichtverstoß einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ableiten würden.

Entscheidungsgründe

14

Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind teilweise begründet. Das LSG hat das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffenden Gründen aufgehoben. Abweichend von der Entscheidung des LSG waren die Bescheide jedoch mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Beklagte erneut über den Genehmigungsantrag des Beigeladenen zu 1. zu entscheiden hat.

15

1. Entgegen der Auffassung der beiden Revisionsführer leidet das Urteil des LSG nicht an einem im Revisionsverfahren zu beachtenden Verfahrensfehler.

16

a) Die beiden Revisionsführer rügen, dass das LSG über einen Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 unter Verstoß gegen § 96 SGG nicht entschieden habe.

17

Grundsätzlich ist ein Verstoß gegen § 96 SGG auf entsprechende Rüge im Revisionsverfahren zu beachten(vgl BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 4; BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 7 mwN; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 12a mwN). Eine Berücksichtigung des Fehlers von Amts wegen im Revisionsverfahren erfolgt nur im umgekehrten Fall, dass das LSG einen Bescheid zu Unrecht einbezogen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 96 SGG nicht vorlagen (vgl BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 15). Die Revisionskläger haben die entsprechende Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist und damit fristgemäß erhoben. Es trifft auch zu, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nach § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden ist(nachfolgend aa). Soweit in der fehlenden Einbeziehung des Bescheides durch das LSG ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann dieser von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. aber jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (bb). Auf die Bestandskraft des nicht einbezogenen Bescheides vom 14.6.2011 können sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. nicht berufen (cc).

18

aa) Mit Bescheid vom 11.3.2010 und Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 hat die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a Anl 9.1 BMV-Ä beschränkt auf die kontinuierliche Behandlung von bis zu 30 Patienten erteilt. Im Verlauf des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hatte, hat die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1. den Bescheid vom 14.6.2011 erlassen, mit dem die Zahl der zu behandelnden Patienten unter Einbeziehung des Arztes Sch. von höchstens 30 auf höchstens 100 angehoben wurde. Nach § 96 Abs 1 SGG in der seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Bescheid vom 14.6.2011 ist danach Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 11.3.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 geändert hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14.6.2011 keine gesonderte Genehmigung zugunsten des Arztes Sch. erteilt worden ist. Die Dialysegenehmigung wird nach § 4 Abs 1a Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt. Dementsprechend bleibt die Genehmigung nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis in der Dialysepraxis (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Der Bescheid vom 14.6.2011 ist daher - ebenso wie der Bescheid vom 11.3.2010 - nicht gegenüber dem Arzt Sch., sondern gegenüber dem Beigeladenen zu 1. als (bis dahin) einzigem Mitglied der Arztpraxis ergangen. Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, dass der Bescheid vom 14.6.2011 den Bescheid vom 11.3.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 iS des § 96 SGG geändert hat(ebenso bei der Ersetzung der einer Arztpraxis erteilten Zusicherung durch die entsprechende Genehmigung und dem anschließenden Übergang dieser Genehmigung auf ein Medizinisches Versorgungszentrum : BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 23 f; anders aber zB bezogen auf die einem MVZ erteilte Anstellungsgenehmigung, die an die Stelle einer dem anzustellenden Arzt zuvor erteilten Sonderbedarfszulassung tritt: BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22).

19

bb) Das SG hat den Bescheid vom 14.6.2011 nicht in das Verfahren einbezogen, weil die Beklagte ihrer Pflicht aus § 96 Abs 2 SGG, dem Gericht eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts mitzuteilen, nicht nachgekommen ist und weil auch der Beigeladene zu 1. den Bescheid nicht in das Verfahren eingeführt hat, mit der Folge, dass das Gericht vom Erlass des Bescheides keine Kenntnis erlangt hat. Ferner hat die Beklagte davon abgesehen, den Bescheid gegenüber der Klägerin bekannt zu geben. Da der Bescheid vom 14.6.2011 im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (Klage am 19.7.2010, SG Urteil vom 7.3.2012) ergangen ist, betrifft die fehlerhaft unterlassene Einbeziehung zunächst nur das Verfahren vor dem SG (zur Erforderlichkeit des Fortwirkens in der Berufungsinstanz vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Kap VI, RdNr 87). Zwar kann ein vom SG nicht behandelter Bescheid von den Beteiligten in das Berufungsverfahren einbezogen werden, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht, entweder durch rügelose Einlassung auf entsprechenden Antrag des anderen Beteiligten (BSGE 27, 146, 148 f = SozR Nr 21 zu § 96 SGG; BSGE 45, 49, 50 = SozR 1500 § 96 Nr 6; ähnlich, auf ein entsprechendes "Begehren" des Klägers im Berufungsverfahren abstellend: BSGE 74, 117, 119; noch weitergehend auch unabhängig von einem solchen Begehren: BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21) oder durch übereinstimmende Anträge (BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5; BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 S 53). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend indes nicht gestellt worden.

20

Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen Bescheid unabhängig von entsprechenden Anträgen in das Berufungsverfahren hätte einbeziehen dürfen (zur Frage, ob in der Einbeziehung eines Bescheides durch das LSG, der während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen ist, ein Verfahrensfehler liegt, wenn sich das LSG nicht vergewissert hat, dass dies dem Willen der Beteiligten entspricht, vgl BSG Beschluss vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B - Juris RdNr 8) und ob hier in der fehlenden Einbeziehung überhaupt ein Verfahrensfehler bezogen auf das Verfahren vor dem LSG zu sehen ist. Jedenfalls folgt aus dem auch für das Verfahrensrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl zB Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, Einl RdNr 56 mwN; für das sozialgerichtliche Verfahren vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f), dass die Beklagte und der Beigeladene zu 1. eine Verletzung des § 96 SGG im Revisionsverfahren nicht mehr rügen können. Eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra faktum proprium"). Bezogen auf das gerichtliche Verfahren bewirkt dieser Grundsatz, dass die in einem unlösbaren Widerspruch zu seinem früheren Verhalten stehende Prozesshandlung eines Beteiligten unbeachtlich ist. Daraus kann auch der Ausschluss einer Revisionsrüge folgen (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f). Vorliegend hat die Beklagte die fehlende Einbeziehung des Bescheides vom 14.6.2011 durch ihren Verstoß gegen die aus § 96 Abs 2 SGG folgende Vorlagepflicht gegenüber dem Gericht selbst herbeigeführt. Der bereits in dem Verfahren vor dem LSG anwaltlich vertretene Beilgeladene zu 1. hat diesen Verstoß bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG hingenommen. Der Klägerin ist der Bescheid erst im Laufe des Revisionsverfahrens zur Kenntnis gelangt, sodass sie keine Möglichkeit hatte, auf die Einbeziehung des Bescheides hinzuwirken. Unter diesen Umständen verstößt die Rüge eines daraus folgenden Verfahrensfehlers des LSG durch Beklagte und Beigeladenen zu 1. gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

21

cc) Der Umstand, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, hat nicht zur Folge, dass sich die Revisionsführer gegenüber der Klägerin auf dessen Bestandskraft (§ 77 SGG; zu dieser Folge einer unterlassenen Einbeziehung eines Bescheides nach § 96 SGG vgl BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - FEVS 63, 442, 443 f) berufen könnte. Zwar kann eine erteilte Zulassung - mit Blick auf die Besonderheiten der Statusentscheidung im Vertragsarztrecht - nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff)nur innerhalb eines Jahres von dem Dritten angefochten werden, selbst wenn ihm der Bescheid nicht bekannt gegeben worden ist. Dies gilt nicht nur bezogen auf den statusbegründenden Verwaltungsakt (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff), sondern auch bezogen auf eine Dialysegenehmigung (BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 24 ff) und auf deren Zusicherung (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 25). Bereits der Umstand, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Vorlage des Bescheides nach § 96 Abs 2 SGG verletzt hat und dass der Bescheid nur deshalb nicht in das Verfahren einbezogen worden ist, spricht jedoch dagegen, dass sie aus diesem Fehler Rechte für sich herleiten kann(in dieser Richtung bereits BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32 am Ende, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10). Ausschlaggebend ist indes, dass die Entscheidung über die Genehmigung für einen weiteren Arzt nach § 7 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä unabhängig von einer Bedarfsprüfung ergeht, wenn die Zahl der dialysierten Patienten eine bestimmte Grenze überschritten hat. Anders als bei der Genehmigung eines dritten oder vierten Arztes kommt es für die Genehmigung eines zweiten Arztes nicht darauf an, ob die Patienten auch durch andere bereits bestehende Dialysepraxen versorgt werden könnten. Die Genehmigung eines zweiten Arztes ist zudem Annex der Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach und kann von einem Konkurrenten ungeachtet einer eventuell bestehenden Anfechtungsberechtigung nicht unter dem Aspekt des Bedarfs für einen weiteren Arzt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 33 ff). Fällt der Versorgungsauftrag dem Grunde nach weg, entfallen damit automatisch auch die Rechtsfolgen der Genehmigung für einen zweiten Arzt. Da die Beklagte hier über die Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach neu entscheiden muss, muss sie auch darüber entscheiden, ob eine Erweiterung unter Einbeziehung eines zweiten Arztes zu genehmigen ist. Einer isolierten Aufhebung des vom LSG nicht in das Verfahren einbezogenen Bescheides bedarf es nicht mehr. Dementsprechend haben die Revisionsführer in der Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass sie nicht von einer gegenüber der Klägerin eingetretenen Bestandskraft des Bescheides vom 14.6.2011 ausgehen.

22

b) Der von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. geltend gemachte Verstoß des LSG gegen die in § 103 SGG normierte Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nicht vor. In der Ablehnung des Antrags der Beklagten, die vorgelegten Patientenbeschwerden zu berücksichtigen, Akten des NiZzA beizuziehen und Zeugen zu vernehmen, die in der Lage sein sollen, Auskunft ua zum Alkoholkonsum der Mitglieder der klägerischen Praxis zu geben, liegt kein Verfahrensfehler des LSG. Eine Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nur vor, wenn sich das Gericht auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12a, § 103 RdNr 20 mwN). Da das LSG davon ausgegangen ist, dass Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis generell kein Grund dafür sein könnten, einer anderen Dialysepraxis auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine weitere Genehmigung zu erteilen, sondern dass auf Qualitätsmängel ggf mit dem Widerruf der Genehmigung zu reagieren ist, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, kam es unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts weder auf die Auswertung der von der Beklagten vorgelegten Patientenbeschwerden noch auf den vollständigen Inhalt der Akten des NiZzA oder auf Angaben von Zeugen zum Alkoholkonsum der Praxispartner an. Der Umstand, dass der zugrunde liegenden Rechtsauffassung des LSG nicht vollständig zu folgen ist (vgl im Einzelnen nachfolgend 2 c bb RdNr 42 ff), ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen.

23

2. Das LSG hat die Klägerin zutreffend für berechtigt gehalten, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse anzufechten. Auch hat das LSG die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Allerdings hatte die Aufhebung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erneut zu bescheiden hat.

24

a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

25

b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff; siehe zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 23 mwN). Danach ist zunächst zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das der Fall, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

26

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24).

27

aa) Die Voraussetzung, dass die Klägerin und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, ist hier erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 25). Davon ist der Senat ausgegangen, wenn die Zahl der von dem Konkurrenten mit den gleichen Leistungen behandelten Patienten 5 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl einer Praxis überschreitet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Vorliegen eines solchen faktischen Konkurrenzverhältnisses ist hier angesichts des Umstands ohne Weiteres plausibel, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1. innerhalb desselben Planungsbereichs und derselben Stadt in geringer räumlicher Entfernung (ca 3,5 km) dieselben speziellen und eng umgrenzten Leistungen (Dialyse) erbringen. Genau auf die Erbringung dieser Leistung bezieht sich die streitgegenständliche Genehmigung. Ins Einzelne gehender Darlegungen des Anfechtenden zum Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses bedarf es unter solchen Umständen nicht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29).

28

Die genannten tatsächlichen Verhältnisse werden auch von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte macht allerdings geltend, dass ein Konkurrenzverhältnis nur entstehen könne, wenn beide Anbieter über ein Leistungsangebot in gleichwertiger fachlicher und qualitativer Hinsicht verfügten. Daran würde es hier fehlen, weil die Klägerin das Vertrauensverhältnis zu den Patienten durch eine negative Presse, Hygienemängel, die Insolvenz eines Praxispartners sowie den Verdacht auf Alkoholabhängigkeit verspielt habe. Damit verkennt die Beklagte jedoch den Begriff der Konkurrenz. Wenn sich ein Konkurrent gegenüber anderen nicht behaupten kann, ändert das nichts am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses, selbst wenn er dies selbst verschuldet haben sollte. Qualitätsmängel bei der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen können - und müssen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - Anlass für die Entziehung von Approbation, Zulassung bzw speziellen Versorgungsaufträgen sein. Solange aber die gleichen Leistungen im selben räumlichen Bereich tatsächlich angeboten werden, ist vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses auszugehen. Für die Frage der Anfechtungsbefugnis kommt es deshalb auf die Qualität der angebotenen Leistungen ebenso wenig an, wie auf die Gründe für bestehende Qualitätsunterschiede.

29

Am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses hat sich hier durch die noch nicht bestandskräftige Anordnung des Ruhens der Approbation eines der beiden Praxispartner der Klägerin, des Herrn S., nichts geändert, weil die sofortige Vollziehung insoweit nicht angeordnet worden ist. Zwar ist dem Praxispartner S. nach Angaben der Beklagten im Laufe des Revisionsverfahrens auch die Zulassung entzogen worden. Insoweit wurde nach dem Inhalt des vorliegenden (mit Rechtsmitteln angegriffenen, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht bestandskräftigen) Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 25.2.2015 die sofortige Vollziehung angeordnet. Das ändert indes nichts daran, dass die Klägerin als Arztpraxis, der die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse erteilt worden ist, weiterhin existiert und dass diese jedenfalls durch den Praxispartner Dr. L. und ggf einen Nachfolger des Herrn S. weiterhin Dialyseleistungen anbieten und erbringen kann.

30

bb) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die streitgegenständliche Genehmigung keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und dass der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren vom 16.6.1997 entschieden, dass bloße Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Status betreffen. Der damals entschiedene Fall hatte einen bereits zugelassenen Arzt betroffen, dem die Dialysegenehmigung einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnete. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war nach dem damals geltenden Recht (Anl 9.1 BMV-Ä in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung) allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Eine solche Konstellation hat der Senat aber für die Erteilung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach dem seit 1.7.2002 geltenden neuen Recht nicht mehr angenommen. Der Senat hat für den Fall der Bedarfsabhängigkeit der Genehmigung vielmehr eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung des Konkurrenten nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie(BedarfsplRL aF, entsprechend § 37 Abs 4 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung) und damit untrennbar mit der Statusentscheidung verbunden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 31). Ferner hat der Senat bereits im Zusammenhang mit der Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V entschieden, dass die Berechtigung, die die Genehmigung vermittelt, unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits besteht oder erst erstrebt wird, geeignet ist, die Wettbewerbsposition des bereits im entsprechenden Bereich tätigen Arztes zu beeinträchtigen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands, der mit der Spezialisierung auf reproduktionsmedizinische Leistungen verbunden ist und der daraus folgenden grundlegenden Unterscheidung von anderen gynäkologischen Praxen ohne diesen Schwerpunkt, kommt die Genehmigung in ihren tatsächlichen Auswirkungen einer Statusentscheidung nahe, auch wenn eine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung nicht besteht. Diese Maßstäbe hat der Senat auch seiner Entscheidung vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 31) zugrunde gelegt, in der es um die Anfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen und damit ebenfalls nicht um die Entscheidung über den vertragsarztrechtlichen Status ging. Ausschlaggebend war dabei, dass die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung geeignet ist, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbsposition des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Genehmigung zur Erbringung von Dialyse auf der Grundlage von § 6 Abs 3 der seit dem 1.7.2002 geltenden Anl 9.1 BMV(DÄ 2002, A 972) sowie der Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren) gilt insofern nichts anderes.

31

cc) Der Klägerin kommt als Genehmigungsinhaberin auch Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist relevant, ob die Erteilung der Genehmigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 22; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22). Ausschlaggebend ist, ob der Norm, auf die sich die zu erteilende Zulassung oder Genehmigung stützt, drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukommt. Zum Dialyse-Versorgungsauftrag nach dem seit dem 1.7.2002 geltenden Recht hat der Senat bereits wiederholt ausgeführt, dass die dort vorgesehene spezielle Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 23). Deutlich wird dies bereits darin, dass nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis" gewährleistet sein muss, die wiederum am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen gemessen wird. Damit werden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Es entspricht sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet wird (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

32

Die Genehmigung, die die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. erteilt hat, hat ihre Grundlage zwar nicht in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä, sondern in § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä, der die Möglichkeit vorsieht, eine Genehmigung gerade unabhängig von den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu erteilen. Deshalb kommt es hier für die Erteilung der Genehmigung nicht darauf an, ob zB der in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä geregelte Auslastungsgrad der Dialysepraxen in der Versorgungsregion erreicht wird oder ob sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis schneiden. Gleichwohl wird die Genehmigung auch nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä bedarfsabhängig erteilt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung nach dieser Vorschrift nur erteilt werden darf, wenn "Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Die Sicherstellungsgründe, die hier zu berücksichtigen sind, werden in § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä, näher dahin definiert, dass die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Bedarfsabhängigkeit auch der Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä wird durch § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä bestätigt, der bestimmt, dass bei der Beurteilung der Versorgungssituation "im Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3" - und damit auch für die Genehmigung nach Abs 3 - sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind.

33

c) Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte die auf § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gestützte Genehmigung auf der Grundlage unzutreffender Beurteilungsmaßstäbe und ohne die gebotene Bedarfsprüfung unter Einbeziehung auch benachbarter Planungsbereiche erteilt hat.

34

aa) Bezogen auf die vorzunehmende Bedarfsprüfung steht der dafür zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der nur darauf zu überprüfen ist, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (zur Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis: BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 40; zur Bedarfsgerechtigkeit bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V: vgl BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 20; BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 6 KA 43/14 B - Juris RdNr 10). Bei der gerichtlichen Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt werden, kommt der durch § 35 Abs 1 SGB X vorgeschriebenen Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zu. Die Begründungspflicht dient als Korrektiv der in Anbetracht des weitgehenden Beurteilungsspielraums der Behörde eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58) und damit dem Interesse des effektiven Rechtsschutzes (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG: vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

35

Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung mit der Begründung erteilt, dass es sich bei Dialysepatienten um eine besondere Patientengruppe handele, die aufgrund der wöchentlich regelhaft dreimaligen Dialyse sowie der zumeist lebenslangen Dialysepflicht ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbaue. Der Beigeladene zu 1. habe bis zu seinem Ausscheiden bei der Klägerin etwa 37 Dialysepatienten versorgt. Diese seien mit Blick auf die kontinuierliche Patientenversorgung am Standort in P. und damit zur Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung weiterhin von dem Beigeladenen zu 1. - an seinem neuen Praxissitz - zu versorgen.

36

Mit dem Ziel einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten durch einen aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt kann die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä - in Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG - nicht sachgerecht begründet werden, weil es sich dabei nicht um ein in diesem Zusammenhang zulässiges Entscheidungskriterium handelt (ebenso mit Bezug auf den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: Krafczyk, MedR 2012, 277 f). Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse nach § 4 Abs 1a Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt wird und dass der Versorgungsauftrag nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä in der seit dem 1.7.2009 geltenden Fassung in der Dialysepraxis verbleibt, wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Die Erteilung eines Versorgungsauftrags nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt verstößt jedenfalls im Grundsatz gegen die ausdrücklich geregelte Bindung des Versorgungsauftrags an die Arztpraxis. Die Erteilung der Genehmigung an den ausscheidenden Arzt kann auch nicht mit dem Ziel der wohnortnahen Versorgung begründet werden, wenn dieser seine Praxis - wie hier - in unmittelbarer Nähe zu der Gemeinschaftspraxis eröffnet, aus der er ausgeschieden ist und wirft im Übrigen die Frage auf, ob die in der Gemeinschaftspraxis verbleibende Genehmigung weiter genutzt werden kann. Nach § 7 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä hängt die Zahl der Ärzte, für die einer Gemeinschaftspraxis eine Genehmigung erteilt wird, von einem bestimmten "Arzt-Patienten-Schlüssel" ab, der nach der Erteilung der weiteren Genehmigung an den aus der Arztpraxis ausscheidenden Arzt unter Umständen nicht mehr zu erreichen sein wird. Auch dies zeigt, dass die Erteilung einer Genehmigung an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt und damit die Mitnahme des Versorgungsauftrags dem der Anl 9.1 BMV-Ä zugrunde liegenden Konzept widerspricht.

37

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1. kann § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä auch nicht als allgemeiner Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen verstanden werden. Zwar lässt § 6 Abs 3 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä die Erteilung von Genehmigungen auch unter Zurückstellung des mit den Vorgaben nach § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä angestrebten Ziels der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist nach § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Dass ggf das Ziel einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur in gewissem Maße zurückstehen muss, wird durch eine anlässlich der Neuordnung der Dialyseversorgung im Jahr 2002 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlichte Mitteilung bestätigt, in der zu den neu geschaffenen Regelungen der Anl 9.1 BMV-Ä ausgeführt wird: "Vorrang vor den Forderungen der Wirtschaftlichkeit wird der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung gegeben. Demnach können auch dann Genehmigungen von Versorgungsaufträgen für neue Dialysepraxen erteilt werden, wenn die Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung dies erfordert" (DÄ 2002, A 970; vgl auch Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Damit wird § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä jedoch nicht zu einer allgemeinen Härteregelung. Vielmehr gelten die Ausnahmen vom Gebot der wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen nur unter der Voraussetzung, dass anderenfalls die wohnortnahe Dialyseversorgung nicht sichergestellt wäre. Der bloße - von der Beklagten angenommene und in den angefochtenen Bescheiden nicht näher begründete - Wunsch von Patienten, weiterhin von dem Arzt betreut zu werden, der die Gemeinschaftspraxis verlässt, ist von vornherein nicht geeignet, ein Sicherstellungserfordernis iS des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu begründen. Anderenfalls müsste auf Antrag jede Aufspaltung von Dialysepraxen mit zusätzlichen Versorgungsaufträgen flankiert werden. Eine so weitgehende Einschränkung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Dialyseversorgung ist § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht zu entnehmen. Da eine Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden darf, wenn Gründe der Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern und weil dabei nach § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind, hätte die Beklagte die Genehmigung nur auf der Grundlage entsprechender Ermittlungen zum Bedarf erteilen dürfen.

38

Insofern gilt für die bedarfsabhängige Erteilung eines Versorgungsauftags zur Erbringung von Dialyseleistungen nichts anderes als für bedarfsbezogene Zulassungsentscheidungen. Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die entscheidenden Stellen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage machen und ermitteln müssen, welche Leistungen in welchem Umfang erforderlich sind, von den bereits zugelassenen Ärzten aber nicht oder nicht ausreichend erbracht werden (vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä kommt es darauf an, ob die zusätzliche Praxis zur wohnortnahen Versorgung mit Dialyseleistungen nicht nur allgemein, sondern auch bezogen auf die einzelnen Dialyseformen (Zentrumsdialyse, Heimdialyse, zentralisierte Heimdialyse) und Dialyseverfahren (Peritonealdialyse, Hämodialyse einschließlich Hämofiltration und Hämodiafiltration) iS des § 3 Abs 1 Satz 3 Spiegelstrich 3 Anl 9.1 BMV-Ä benötigt wird. Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist regelmäßig die Befragung der für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Die Angaben der befragten Ärzte müssen sorgfältig ausgewertet, durch weitere Ermittlungen ergänzt und objektiviert werden (vgl im Einzelnen BSG, aaO, RdNr 19). Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 101 RdNr 112, 115) oder tatsächlich nicht in der Lage sind. Weil die dazu erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage von der Beklagten nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat, ist der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid rechtswidrig.

39

bb) Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Entscheidung, dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zu erteilen, auf neue, in der Begründung des Bescheides nicht genannte Gründe gestützt. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob diese erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten angeführten Gründe Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides haben können, weil auch diese nicht geeignet sind, die Entscheidung zu tragen:

40

Im Verfahren vor dem LSG und auch in der Revisionsbegründung hat die Beklagte geltend gemacht, dass in der Praxis der Klägerin unhaltbare Zustände geherrscht hätten, die zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu den Patienten geführt hätten, sodass deren wohnortnahe Versorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In der klägerischen Praxis würden ua Patienten von Ärzten unter Alkoholeinfluss behandelt; der Praxispartner S. sei alkoholabhängig. Dazu verweist die Beklagte insbesondere auf Beschwerden von Patienten und Schilderungen von Angestellten der Arztpraxis sowie auf das Ergebnis der Ermittlungen des NiZzA einschließlich eines bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Veranlassung des NiZzA durch die Polizei in der klägerischen Praxis durchgeführten Alkoholtests, der bei Herrn S. einen Atemalkoholwert von 2,02 ‰ ergeben habe. Ferner wird auf die Privatinsolvenz eines der Praxispartner hingewiesen. Die Frage, ob diese Angaben zutreffen, hat das LSG in seiner Entscheidung mit der Begründung offengelassen, dass es darauf für die Entscheidung nicht ankomme und darauf hingewiesen, dass Instrumente wie der Widerruf der erteilten Dialysegenehmigung nach § 10 Abs 2 Satz 2 Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse(, vom 18.4.2006 BAnz Nr 115a vom 23.6.2006) zur Verfügung stünden, um auf Qualitätsmängel zu reagieren.

41

Der Senat stimmt der Auffassung des LSG insoweit zu, als die Beklagte auf Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis und eine dadurch bedingte Gefährdung des Patientenwohls in erster Linie mit den im SGB V vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und - soweit erforderlich - mit Zulassungsentziehungen bzw dem Widerruf von Dialysegenehmigungen und nicht mit der Eröffnung von Behandlungsalternativen durch die Erteilung weiterer Genehmigungen zu reagieren hat. Damit werden im Übrigen auch Anreize für Ärzte vermieden, sich nach Trennung von ihrer bisherigen BAG über Kritik an den ehemaligen Kollegen und Unterstützungsschreiben von Patienten die Grundlage für einen zusätzlichen Versorgungsauftrag zu verschaffen. Gegen die Erteilung weiterer Genehmigungen als Reaktion auf Qualitätsmängel in den bestehenden Angeboten spricht aber vor allem, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Dialyseversorgung eine Qualitätsentwicklung durch Wettbewerb nicht vorsehen (zu den Zielen der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderungen der Anl 9.1 BMV-Ä: vgl Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Ebenso wenig wie qualitative Unterschiede in der Leistungserbringung nach ständiger Rechtsprechung des Senats einen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung oder auf eine Ermächtigung begründen können (vgl BSGE 86, 242, 253 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 37; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 30), können bloße Qualitätsunterschiede die Genehmigung einer weiteren Dialysepraxis rechtfertigen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eine typisierende Betrachtung zugrunde zu legen, die davon ausgeht, dass die niedergelassenen Gebietsärzte aufgrund ihres gleichwertigen Ausbildungs- und Weiterbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprechen. Für die Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Versorgung ist insbesondere die KÄV verantwortlich. Gemäß § 136 Abs 2 Satz 1 SGB V hat diese die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen einschließlich belegärztlicher Leistungen durch Stichproben zu prüfen; in Ausnahmefällen sind auch Vollerhebungen zulässig. Für den Bereich der Dialyse-Behandlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit der QSD-RL auf der Grundlage der §§ 136 und 137 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V Qualitätsvorgaben festgelegt und in § 10 Abs 2 dieser Richtlinie auch die Folgen von Qualitätsmängeln bis hin zum Widerruf der Dialysegenehmigung geregelt. Die KÄV ist verpflichtet, eine Qualitätssicherungs-Kommission "Dialyse" einzurichten, die die Stichprobenprüfungen nach einem näher geregelten Verfahren durchführt.

42

Gleichwohl vermag der Senat die Entscheidung des LSG, dass die Beklagte unter den gegebenen Umständen dem Antrag des beigeladenen Arztes auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä keinesfalls stattgeben durfte, nicht zu bestätigen. Wenn die Informationen, die die KÄV über die bisherige Praxis erreichen, bei unvoreingenommener Beurteilung zu dem Schluss zwingen, dass die Zustände dort einer regelkonformen Versorgung der Patienten diametral entgegenstehen und wenn sich der KÄV aufdrängen muss, dass es sich nicht um - stets denkbare - vereinzelte Beschwerden unzufriedener Patienten, sondern um ein - auf der Basis einer Vielzahl von Stellungnahmen konzis erscheinendes - Gesamtbild einer chaotischen, unzumutbaren Versorgungssituation handelt, muss die KÄV im Interesse der Patienten, die regelmäßig auf eine Dialyse angewiesen sind, auch mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags reagieren dürfen. Für das Bestehen solcher Verhältnisse haben hier nach den im Urteil des LSG getroffenen Feststellungen und dem Inhalt der in Bezug genommenen Akten jedenfalls konkrete Hinweise insbesondere in Gestalt von Ermittlungsergebnissen des NiZzA sowie zahlreicher Beschwerden von Patienten vorgelegen. Diesen Hinweisen hätte - entgegen der Auffassung des LSG - nicht allein im Zusammenhang mit einer Entscheidung über die Entziehung der Dialysegenehmigung der Klägerin, sondern auch im vorliegenden Zusammenhang nachgegangen werden müssen.

43

Es kann Situationen geben, in denen es für die Patienten unzumutbar ist, ihre Behandlung bei ihrem bisherigen Arzt fortzusetzen und in denen eine Zulassungsentziehung oder ein Widerruf der Genehmigung gerade angesichts der hohen Anforderungen, die das BVerfG zur Gewährleistung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sowie mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) an die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 40 mwN; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 95 RdNr 544, § 97 RdNr 72 mwN), jedenfalls nicht zeitnah durchsetzbar sind. Wenn eine nicht gezielt provozierte, objektiv fundierte, besonders schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arzt nur einen einzelnen Versicherten - etwa im Kontext von mutmaßlichen Behandlungsfehlern - betrifft, muss die Krankenkasse diesem Versicherten unter den im Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.9.2015 (B 1 KR 27/14 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4) genannten Voraussetzungen die Fahrtkosten zu einem weiter entfernt niedergelassenen Arzt erstatten. Wenn dies nicht nur einzelne Patienten, sondern eine Vielzahl von krankheitsbedingt nur eingeschränkt mobilen Patienten betrifft, kommt jedoch auch die Eröffnung einer zumutbaren Versorgungsalternative in Betracht.

44

Allerdings muss die KÄV in solchen Fällen die Erteilung der Genehmigung für den aus der Dialysepraxis ausscheidenden Arzt im Regelfall - was der Senat hiermit allerdings erst für die Zeit nach der Veröffentlichung dieses Urteils klarstellt - grundsätzlich mit dem Widerruf des oder der bisherigen Versorgungsaufträge oder einem Antrag auf Entziehung der Zulassungen verbinden. Die prinzipiell gebotene Verzahnung des Widerrufs des erteilten Versorgungsauftrags aus Gründen der Qualitätssicherung oder der Entziehung der Zulassungen mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags für einen anderen Standort stellt so weit wie möglich sicher, dass Unzuträglichkeiten in einer Praxis nicht zu einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Vermehrung von Versorgungsaufträgen führen. Es kann jedenfalls im Grundsatz nicht angenommen werden, dass zwar im Hinblick auf eine angenommene Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Dialyse am bisherigen Standort die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrags aus Sicherstellungsgründen unerlässlich ist, gleichwohl aber die Voraussetzungen eines Widerrufs des Auftrags für die Praxis, in der unzumutbare Zustände herrschen (sollen), nicht gegeben sind.

45

Hat die KÄV den Widerruf der Genehmigung ausgesprochen, ist der Versorgungsauftrag nicht mehr bestandssicher, auch wenn die Entscheidung wegen der Einlegung von Rechtsmitteln noch nicht vollzogen werden kann. Genauso wie nach der Rechtsprechung des Senats eine (noch nicht vollziehbar) widerrufene Approbation nicht Grundlage einer vertragsärztlichen Zulassung sein kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 14 ff) oder ein Arzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, einen Antrag auf Wiederzulassung stellen kann, auch wenn die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, Juris RdNr 34) kann ein - wenn auch noch nicht vollziehbar - widerrufener Versorgungsauftrag die Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags nicht hindern. Das Risiko, dass dann, wenn der Widerruf am Ende nicht bestandskräftig wird, ein unter bedarfsplanerischen Gesichtspunkten nicht erforderlicher (zusätzlicher) Versorgungsauftrag erteilt worden ist, der nicht ohne Weiteres wieder beseitigt werden kann, muss im Interesse der Gewährleistung einer kontinuierlichen und von Vertrauen getragenen Versorgung der Versicherten hingenommen werden.

46

Allerdings muss die KÄV, die die Verhältnisse in einer Praxis für unzumutbar hält, vor Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags klären, ob für die Patienten in der für sie in Betracht kommenden Versorgungsregion Alternativen in bereits bestehenden Praxen oder anderen Einrichtungen der ambulanten Dialyseversorgung bestehen. Da die beklagte KÄV bisher nicht geprüft hat, ob zumindest einer der der Klägerin für drei Ärzte zugeteilten Versorgungsaufträge zu widerrufen ist, und auch nicht geprüft hat, ob zumutbare Versorgungsalternativen für die Patienten außerhalb der Praxis des Beigeladenen zu 1. bestehen, muss sie neu über den Antrag dieses Arztes auf Erteilung der Genehmigung entscheiden. Eine Zurückverweisung an das LSG scheidet wegen des der Beklagten nach Durchführung der entsprechenden Ermittlungen zustehenden Beurteilungsspielraums zum Vorliegen eines ungedeckten Versorgungsbedarfs aus (vgl BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 17).

47

3. Der Senat hat die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe aufgehoben, dass ihre Wirkung erst mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30.6.2016 eintritt. Mit dieser vorläufigen Regelung wird vermieden, dass die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Ermächtigung mit dem vorliegenden Urteil entfällt, noch bevor die Beklagte die Möglichkeit zur Neubescheidung hat. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird die Versorgung der Versicherten im Bereich der Dialyse in P. derzeit zu einem erheblichen Teil durch den Beigeladenen zu 1. gewährleistet. Der Senat geht davon aus, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfällt. Gleichzeitig würden dem Beigeladenen zu 1. erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, die auch durch eine später ergehende, für ihn positive Genehmigungsentscheidung nicht mehr vollständig zu beseitigen wären. Auf der Grundlage dieser Folgenabwägung hat der Senat seine Entscheidung mit der genannten Übergangsregelung verbunden.

48

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Ermächtigung eines sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ).

2

Die klagende Klinikum GmbH betreibt das Klinikum der Stadt H., zu dem eine Klinik für Kinder- und Jugendmedizin gehört. Die Klägerin beantragte beim Zulassungsausschuss, diese Klinik gemäß § 119 SGB V zum Betreiben eines SPZ zu ermächtigen. Nach Ablehnung ihres Antrags erhob sie Widerspruch. Diesen wies der beklagte Berufungsausschuss zurück (Beschluss/Bescheid vom 30.5./9.8.2007): Das SPZ sei nicht gemäß § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V notwendig, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen. Auch SPZ, die sich außerhalb des Planungsbereichs befänden, in dem das Klinikum der Klägerin gelegen sei, seien bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen, soweit sie mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln in zumutbarer Weise erreichbar seien. Der Versorgungsbedarf werde hier durch drei SPZ in O., in F. und in F. gedeckt. Diese hätten insgesamt noch freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle; dasjenige in O. habe unstreitig noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle, es versorge schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis. Die Entfernung zwischen H. und O. betrage 18 km; sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestünden gute Verbindungen.

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 30.4.2008 und des LSG vom 29.9.2010). Das LSG hat ausgeführt, die Zulassungsgremien verfügten bei der Bewertung der Versorgungssituation über einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Bei der Frage, ob ein Versorgungsbedarf bestehe, könnten auch SPZ in benachbarten Planungsbereichen berücksichtigt werden; für SPZ sehe das Gesetz keine Bedarfsplanung vor. Der Beklagte habe darauf abstellen dürfen, dass sich im Großraum F. mit seinen guten Verkehrsanbindungen mehrere SPZ auf engem Raum befänden; ein striktes Abstellen nur auf den M.-Kreis würde der tatsächlichen Situation nicht gerecht. Die Äußerungen der niedergelassenen Kinderärzte und der Frühförderstellen, die einen Versorgungsbedarf sähen, würden durch die Aussagen der SPZ nicht bestätigt, die vielmehr - über die im SPZ in O. bereits behandelten Patienten aus dem M.-Kreis hinaus - noch freie Kapazitäten für 150 und 125 Behandlungsfälle hätten. Später - im Widerspruchsverfahren - habe die Beigeladene zu 1. noch höhere freie Kapazitäten - für insgesamt bis zu 370 Behandlungsfälle - ermittelt (150-200 im SPZ in O., 100 im SPZ in F. und 70 in dem in neue Räumlichkeiten umgezogenen SPZ in F.). Greifbare Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der von der Beigeladenen zu 1. erhobenen Angaben über freie Behandlungskapazitäten oder Wartezeiten bestünden nicht. Es sei auch kein hinreichend substantiierter Vortrag durch die Klägerin zur Unrichtigkeit der Ermittlungsergebnisse der Beigeladenen zu 1. erfolgt. Eine Sachlage, wonach die Angaben durch weitere Ermittlungen objektiviert werden müssten, habe hier nicht vorgelegen. Es ergebe sich nachvollziehbar, dass in akuten Fällen eine kurzfristige sozialpädiatrische Behandlung möglich sei und keine unüblichen Wartezeiten bestünden. Dies in Verbindung mit den guten Verkehrsanbindungen ergebe, dass den Versicherten das Aufsuchen der SPZ in den benachbarten Planungsbereichen zumutbar sei. Das angestrebte SPZ in H. läge kaum näher als die bestehenden SPZ.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, dem Urteil des LSG und dem ihm zugrunde liegenden Bescheid des Beklagten lägen ein fehlerhafter Rechtsmaßstab und unzureichende Sachverhaltsermittlungen zugrunde. Versorgungsangebote in anderen Planungsbereichen könnten nach der Rechtsprechung des BSG in Ermächtigungsfällen gemäß § 116 SGB V nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Auch die Ausrichtung des § 119 SGB V auf die Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten und den Frühförderstellen sowie weiteren örtlichen Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Ämtern ergebe, dass grundsätzlich auf den betroffenen Planungsbereich abzustellen und die sozialpädiatrische Versorgung wohnortnah zu gewährleisten sei. Die Frage laute nicht dahin, ob es noch zumutbar sei, ein schon bestehendes anderes SPZ aufzusuchen, sondern maßgebend müsse sein, was wünschenswert sei und was der gesetzgeberischen Intention entspreche. Die Verweisung auf die SPZ in den benachbarten Planungsbereichen könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass - wie es der Beklagte in seinem Bescheid formuliert habe - die Versicherten bei so speziellen Leistungen "nach der Verkehrssitte" und im Hinblick auf finanzielle Erwägungen eine wohnortnahe Versorgung nicht erwarten könnten. Der Bescheid weise weiterhin insofern einen Widerspruch auf, als er einerseits zugrunde lege, dass in allen drei SPZ in den benachbarten Planungsbereichen noch freie Kapazitäten bestünden, andererseits bezogen auf das SPZ F. davon ausgehe, dass dieses über keine freien Kapazitäten verfüge. Zu beanstanden sei ferner - auch gegenüber dem LSG -, dass das Ergebnis noch freier Kapazitäten auf Befragungen gestützt werde, die die Beigeladene zu 1. bei den SPZ durchgeführt habe. Zum einen habe es sich um Angaben der potentiellen Konkurrenten gehandelt. Zum anderen erscheine die Steigerung der freien Kapazitäten um ca 100 Behandlungsfälle problematisch, die sich nach der Befragung von Anfang 2007 - freie Kapazitäten für bis zu 275 weitere Fälle - bei der Befragung von Anfang 2008 - freie Kapazitäten für bis zu 370 weitere Fälle - ergeben habe. Das sei nur bei starkem Rückgang der Behandlungszahlen plausibel; hiergegen sprächen die genannten Wartezeiten, die zumindest gleichgeblieben, zum Teil sogar gestiegen seien. Die bestehenden SPZ müssten die Zahl ihrer Behandlungsteams erhöht haben. Die Angaben über freie Versorgungsangebote hätte das LSG näher überprüfen müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die von der Beigeladenen zu 1. zunächst durchgeführte Befragung niedergelassener Kinderärzte und der Frühförderstellen eine dringende Nachfrage nach einem SPZ in H. ergeben habe. Das LSG lege nicht ausreichend dar, warum es den Angaben der SPZ Glauben schenke, nicht aber den von der Beigeladenen zu 1. eingeholten anderen Auskünften. Es wäre seinerseits zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet gewesen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 29. September 2010 und des SG Marburg vom 30. April 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 9. August 2007 zu verpflichten, über ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 4. Oktober 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt seinen Bescheid und das Urteil des LSG gegen die Einwendungen der Klägerin. Würde der Bedarf begrenzt auf den Planungsbereich geprüft, so würde das dazu führen, dass für jeden Planungsbereich der Bedarf für ein SPZ anerkannt werden müsste. Hier habe insbesondere das SPZ in O . berücksichtigt werden können, das unstreitig über freie Kapazitäten für 150 Behandlungsfälle verfügt habe und verfüge. Dies sei auch plausibel, denn die Stadt O. habe ca 120 000 Einwohner, ein SPZ sei aber typischerweise auf 400 000 Einwohner ausgelegt, wie auch die Klägerin selbst vortrage. Die drei SPZ in O. und F. deckten insgesamt den Versorgungsbedarf für die weniger als 1,2 Mio Einwohner in den Städten F. und O. sowie im M.-Kreis. Die SPZ in O., in F. und in F. lägen auch so nahe an H., dass auf die dortigen Versorgungsmöglichkeiten verwiesen werden könne.

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Die Beigeladenen zu 1., 2. bis 6. und 8. schließen sich den Ausführungen des Beklagten vollumfänglich an, ohne selbst Anträge zu stellen. Sie fassen ihre Ansicht dahin zusammen, dass die erforderliche sozialpädiatrische Versorgung durch die SPZ in O. und F. sichergestellt werde; diese hätten noch ausreichend freie Kapazitäten für weitere Behandlungsfälle; dies erfasse auch die Versicherten im M.-Kreis; die längeren Wegstrecken zum SPZ in O. seien sowohl mit öffentlichen als auch mit privaten Verkehrsmitteln zumutbar.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Beklagte sowie das SG und das LSG sind von zutreffenden Rechtsmaßstäben ausgegangen; der Beklagte hat den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten (unten 1. bis 3.), und die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung des Versorgungsbedarfs kann auch nicht wegen unzureichender Ermittlungen beanstandet werden (unten 4.).

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1. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist die Regelung des § 119 Abs 1 SGB V, wonach SPZ, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, vom Zulassungsausschuss zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden können(Satz 1 aaO). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen (Satz 2 aaO). Diese Bestimmung wird durch § 43a SGB V ergänzt; dieser statuiert den Behandlungsanspruch der Versicherten und stellt klar - auch für das von § 119 SGB V nicht erfasste Verhältnis zu Vertragsärzten und Frühförderstellen -, dass die nicht-ärztlichen Leistungen, insbesondere psychologischer, heilpädagogischer und psychosozialer Art, im Rahmen der Diagnostik und der Aufstellung eines Behandlungsplans mitumfasst sind, sofern sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden(vgl dazu BT-Drucks 12/1154 S 6 und 12/1526 S 2). Für die Vergütung der sozialpädiatrischen Leistungen, die von Vertragsärzten und Frühförderstellen verantwortet werden, gilt § 85 Abs 2 Satz 4 SGB V, während für die ärztlichen und nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen der SPZ bei Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie die Regelungen des § 120 Abs 2 ff SGB V maßgebend sind(vgl Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2011, K § 85 RdNr 106a).

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Nach den Regelungen des § 119 SGB V setzt der Anspruch auf eine Ermächtigung für ein SPZ voraus, dass dort eine ständige ärztliche Leitung besteht und eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Versorgung von Kindern gewährleistet ist. Dafür werden dementsprechende Fachkräfte benötigt und der Einzugsbereich muss eine ausreichende Zahl an Patienten erwarten lassen (vgl dazu zB LSG Nordrhein-Westfalen vom 2.4.2009 - L 11 KA 2/09 ER - MedR 2009, 625, 627 ; ausführlicher im Einzelnen: LSG Baden-Württemberg vom 15.9.1993 - L 5 Ka 2058/92 - MedR 1994, 119, 120 f, und vom 12.7.1995 - L 5 Ka 644/94 - MedR 1996, 89, 90 f unter 1. und 2.; zu den - rechtlich unverbindlichen - "Gemeinsamen Empfehlungen" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesverbände der Krankenkassen von 1989 und ebenso zu dem "Altöttinger Papier" von 2002 vgl auch zB Köhler-Hohmann in Schlegel/Voelzke/ Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 119 RdNr 3 und 4; s ferner Clemens in Orlowski/ Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand April 2011, § 120 RdNr 37). Der Ermächtigungsanspruch ist aber ausgeschlossen, wenn eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung anderweitig sichergestellt ist (vgl § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V). Bei der Prüfung, ob die Versorgung anderweitig sichergestellt ist, kommt es auf eine gleichwertige Versorgung an, dh darauf, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten. Deshalb ergibt sich kein Ausschluss allein schon durch Angebote allgemein-kinderärztlicher Versorgung und durch das Bestehen von Frühförderstellen; nach der Bestimmung des § 119 Abs 2 SGB V soll die Versorgung derjenigen Kinder sichergestellt werden, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können und deshalb auf die Leistungen gerade eines SPZ angewiesen sind (sog dreistufiges Versorgungssystem Kinderärzte - Frühförderstellen - SPZ). Die SPZ sind spezialisiert auf Kinder, die in der genannten Weise erkrankt oder von Krankheit bedroht sind; ihre spezifische Aufgabe und Versorgungsfunktion liegt in der gleichzeitigen integrierten multidisziplinären Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften; dies betrifft die gesamte Behandlung, also Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie, wobei der Erstellung der Diagnose und der Aufstellung eines Behandlungsplanes ein besonderer Stellenwert zukommt (vgl auch LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 91 unter 3 a mit näheren Ausführungen).

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2. Die Prüfung, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten, hat umfassend zu erfolgen. Diese Prüfung ist nicht auf den Planungsbereich, in dem das SPZ eingerichtet werden soll, zu beschränken.

13

Dies wird bereits daran deutlich, dass für SPZ keine Regelungen über eine auf Planungsbereiche bezogene Bedarfsfeststellung bestehen; weder im SGB V noch in der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist eine regionale Bedarfsplanung für SPZ vorgesehen. Insofern können die Ausführungen im Senatsurteil vom 19.7.2006 (SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 ff; vgl auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 21) zur Ausrichtung auf den Planungsbereich und zur ausnahmsweisen Möglichkeit einer planungsbereichsübergreifenden Beurteilung nicht für die Entscheidung über die Ermächtigung von SPZ herangezogen werden (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen vom 9.12.2009 - L 3 KA 29/08 - Juris RdNr 38; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 628 ).

14

Für das Hinausgreifen über den Planungsbereich hinaus spricht weiterhin, dass den Versicherten auch sonst bei sogenannten spezialisierten Leistungen größere Entfernungen zugemutet werden können (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Als allgemeine Leistungen hat der Senat MRT-Untersuchungen und psychotherapeutische Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19 und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f), als spezialisierte Leistungen dagegen kieferorthopädische Leistungen angesehen (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Diese Zuordnungen weiterführend sind sozialpädiatrische Leistungen als spezialisierte Leistungen anzusehen.

15

Im Übrigen geht der Senat ohnehin davon aus, dass nicht alle Grundsätze, die er zu § 116 SGB V entwickelt hat, auf Institutsermächtigungen übertragen werden können: So passt zB der Grundsatz einer im Regelfall zweijährigen Befristung nicht für Ermächtigungen größerer Einrichtungen, die aufgrund hoher Investitionskosten und größerer Mitarbeiterstäbe auf Planungssicherheit für längere Zeiträume angewiesen sind(zur Befristungsdauer bei SPZ vgl zB LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; zuvor ebenso LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 90 ; zu einer Zehn-Jahres-Befristung bei Dialyseermächtigungen s § 9 Abs 6 Satz 1 und 2 der Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte und zum Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; zur Unzulässigkeit jeglicher Befristung bei Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vgl BSG SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 20 ff, 23).

16

3. Die Überprüfung des Versorgungsbedarfs unterliegt allerdings im Falle des § 119 SGB V - ebenso wie in sonstigen Fällen der Überprüfung einer Versorgungslücke - insofern einer regionalen Beschränkung, als die Annahme, eine ausreichende Versorgung sei bereits anderweitig sichergestellt, nur insoweit gerechtfertigt sein kann, als zumutbar erreichbare Versorgungsangebote bestehen.

17

Nach der insoweit heranzuziehenden Rechtsprechung des Senats zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen ist zu prüfen, ob die betroffenen Leistungen anderweitig angeboten werden und ob die Entfernungen dorthin zumutbar sind sowie ob keine unzumutbaren Wartezeiten bestehen (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f, 27; vgl auch BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 20, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Welche Entfernungen zumutbar sind, hängt davon ab, ob es sich um allgemeine Leistungen oder um spezialisierte Leistungen handelt; je spezieller die Leistungen sind, desto größere Entfernungen können den Betroffenen zugemutet werden (vgl BSG SozR aaO Nr 8 RdNr 23 f). Da bei der sozialpädiatrischen Versorgung spezialisierte Leistungen in Frage stehen (vgl oben RdNr 14), besteht kein Anspruch darauf, eine solche Versorgung binnen 25 km erreichen zu können (s dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Vielmehr können für spezialisierte Leistungen auch größere Entfernungen zumutbar sein, wie der Senat bereits am Beispiel kieferorthopädischer Leistungen ausgeführt hat (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

18

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Entfernungen haben die Zulassungs- und Berufungsausschüsse als fachkundig-sachverständige Gremien, die die konkreten Gegebenheiten zu bewerten haben, einen Beurteilungsspielraum, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 18, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; im Anschluss an BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15-18). Ihnen obliegt bis an die Grenzen der Vertretbarkeit die Beurteilung, welche Entfernungen im konkreten Fall noch zuzumuten sind (zu weitgehend die Ableitung konkreter Höchstentfernungen unter Heranziehung des SGB IX - so indessen LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; anders BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 25 RdNr 25-27). Solange den Versicherten keine unzumutbaren Entfernungen angesonnen werden, ist ihr Anspruch gewahrt; Anspruch auf eine an ihren Wünschen ausgerichtete - optimale - Versorgung haben sie nicht (stRspr, vgl dazu zB BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27 mwN; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35 am Ende; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 28; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 21, 41; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 24 RdNr 27; BSG vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 33 RdNr 29).

19

Diesen Rahmen hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eingehalten.

20

a) Die Annahme des Beklagten, den Versicherten des M.-Kreis sei es zuzumuten, für die Erlangung sozialpädiatrischer Versorgung statt nur bis H. weiter zu fahren zum SPZ in O. oder nötigenfalls auch bis zu einem der beiden SPZ in F. (F. bzw F.), ist nicht zu beanstanden. Die Entfernung von H. zum SPZ in O. beträgt nur 18 km; somit würde das angestrebte SPZ in H. für die Einwohner des von O. weiter entfernt gelegenen Teils des M.-Kreis nur wenig näher liegen. Nach O. bestehen, wie im Bescheid des Beklagten und auch im Urteil des LSG festgestellt worden ist, sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gute Verbindungen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass erkrankte und von Krankheit bedrohte Kinder und Jugendliche betroffen sind - und mit ihnen auch Familien, die sich durch die organisatorischen Anforderungen des täglichen Lebens stark belastet fühlen -, hält sich die Bewertung als zumutbar im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums.

21

b) Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum auch nicht mit seiner Bewertung, es bestünden keine unzumutbaren Wartezeiten, überschritten (zur Problematik von Wartezeiten vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Nach den Ermittlungen der Beigeladenen zu 1., die diese in das Verfahren eingebracht hat, bestehen für akute Fälle sozialpädiatrischen Versorgungsbedarfs überhaupt keine Wartezeiten. Die Wartezeiten sind - wie sich aus den Angaben weiter ergibt - im Übrigen flexibel, sie werden an dem Alter des Patienten und der Indikation ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund besteht keine ausreichende Grundlage für den Vorhalt der Klägerin, der Beklagte hätte wegen unzumutbarer Wartezeiten die sozialpädiatrische Versorgung durch die bestehenden SPZ als unzureichend ansehen müssen.

22

c) Der Beklagte ist auch unter dem Aspekt des Umfanges noch freier Kapazitäten der anderen SPZ beurteilungsfehlerfrei von einer Bedarfsdeckung ausgegangen. Dabei können die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt werden, dass der M.-Kreis ca 400 000 Einwohner und jährlich ca 3500 Geburten habe und sich schon hieraus - auf der Grundlage einer Quote von ca 15 % - ca 500 SPZ-Behandlungsfälle ergäben. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass deren Versorgung unzureichend, dh durch die vorhandenen SPZ nicht sichergestellt, sein könnte. Im angefochtenen Bescheid wird als unstreitig angeführt, dass das SPZ in O. schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis versorgt und noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle hat. Der Beklagte hat noch weitere freie Kapazitäten für ca 125 Behandlungsfälle festgestellt; diese Zahl könnte nach der im sozialgerichtlichen Verfahren von der Beigeladenen zu 1. durchgeführten weiteren Umfrage sogar noch höher liegen (insgesamt freie Kapazitäten für nicht mehr nur ca 275, sondern nunmehr ca 370 Behandlungsfälle). Diese Zahlen bieten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Beklagten, eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sei bereits durch die vorhandenen SPZ sichergestellt, fehlerhaft sein könnte.

23

Nichts anderes ergibt sich bei Berücksichtigung der Angaben der Frühförderstellen, die die Zahl der von ihnen betreuten Kinder auf jährlich insgesamt 650 Kinder beziffert haben. Nicht alle Kinder, die in Frühförderstellen betreut werden, haben auch Bedarf nach einer Versorgung in einem SPZ (vgl RdNr 11).

24

Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil darin einerseits ausgeführt wird, dass in den benachbarten Planungsbereichen "drei weitere sozialpädiatrische Zentren" mit zusammen "freien Behandlungskapazitäten von 275 Plätzen" vorhanden sind, und andererseits die Auskunft der Beigeladenen zu 1. von Anfang 2007 für das eine SPZ - SPZ F. damals keine freien Kapazitäten ausgewiesen hatte. Diese Gesamtaussage ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht widersprüchlich. Nach dem Kontext handelt es sich um eine Aussage mit zwei Elementen, nämlich dass in regionaler Nähe drei SPZ vorhanden sind und dass diese insgesamt freie Kapazitäten für weitere 275 Behandlungsfälle haben. Jeder dieser beiden Aussagen ist - auf der Grundlage der damals vorliegenden Umfrage der Beigeladenen zu 1. - zutreffend. Dem steht nicht entgegen, dass eines der drei SPZ nach dem damaligen Stand keine freien Kapazitäten hatte.

25

Ein Widerspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin ferner nicht aus der Angabe freier Kapazitäten für zusätzliche Behandlungsfälle einerseits und der Angabe von Wartezeiten andererseits. Es können freie Kapazitäten für bestimmte Krankheitsfälle bzw für bestimmte Behandlungen bestehen, während gleichzeitig für andere Krankheitsfälle bzw andere Behandlungen keine Kapazitäten frei, sondern Wartezeiten erforderlich sind. Dies gilt auch in SPZ, deren Behandlungsauftrag sehr unterschiedliche Arten von Erkrankungen umfasst und auf Kinder sehr verschiedenen Alters ausgerichtet ist: Nicht alle Patienten erfordern dieselben Fachkräfte im SPZ, dh dieselbe multidisziplinäre Kooperation zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften. So können sich für bestimmte sozialpädiatrische Behandlungen freie Kapazitäten und zugleich Wartezeiten für andere ergeben.

26

Bedenken mussten sich dem Beklagten schließlich auch nicht deshalb aufdrängen, weil die Umfragen der Beigeladenen zu 1. zunächst (Schreiben vom 7.2.2007) freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle und ca ein Jahr später (Schreiben vom 31.1.2008) freie Kapazitäten für ca 370 Behandlungsfälle ergaben. Diese Erhöhung um insgesamt knapp 100 Behandlungsfälle ist keineswegs implausibel, wie die Klägerin geltend macht. Sie erklärt sich im Wesentlichen daraus, dass - ausweislich der Auskunft der Beigeladenen zu 1. - das SPZ in F. nach seinem Umzug in neue Räumlichkeiten über zusätzliche Kapazitäten für ca 70 Behandlungsfälle verfügt hat.

27

4. Der Beklagte hat den von der Beigeladenen zu 1. eingebrachten Angaben, aus denen sich die Schlussfolgerung ergab, dass die Versorgung bereits durch die SPZ in O., F. und F. in ausreichendem Maße gewährleistet sei, - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch vertrauen dürfen.

28

a) In seiner Rechtsprechung hat der Senat allerdings hervorgehoben, dass zur Bedarfsermittlung die Befragung der bisherigen für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich ist, und zusätzlich, dass diese Angaben ggf auch objektiviert und verifiziert werden müssen, z.B. anhand von Anzahlstatistiken (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSG MedR 2009, 560 RdNr 18, 19, 26, mit Urteilsanmerkung Dahm; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16, 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 16, 24, in Fortführung des von der Klägerin angeführten Urteils BSG vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 251 f = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 35 f). Dies betraf jeweils Fälle, in denen die Angaben von vornherein zweifelhaft erschienen (so zB in den Fällen BSGE 86 aaO; BSGE 102 aaO RdNr 19-22; BSGE 104 aaO RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 24; BSG MedR aaO RdNr 19 f) oder sich aus dem Vorbringen eines Beteiligten substantiierte Zweifel ergeben (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 17 ff, 24). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

29

Anders stellt sich die Sachlage dar, wenn eine Situation vorliegt, in der die Zulassungsgremien keinen Anlass haben müssen, an der Richtigkeit der ihnen vorgelegten Angaben zu zweifeln. Sofern sich aus der Gesamtlage des Falles keine Bedenken aufdrängen, muss die Behörde einem Tatumstand nicht durch weitere Ermittlungen nachgehen (vgl zB Rixen/Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 20 RdNr 5 mwN). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, dass die Sachverhaltsermittlungen der Zulassungsgremien unzureichend gewesen wären.

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Hier lagen zwar zunächst von Seiten der Beigeladenen zu 1. eingeholte (summarische) Angaben von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin aus dem M.-Kreis vor, wonach aus ihrer Sicht ein Engpass in der Versorgung durch die Entfernungen zu den bestehenden SPZ bzw zu lange Wartezeiten bestanden habe. Diese allgemeinen Angaben wurden aber im weiteren Verfahrensablauf durch die konkreten Auskünfte relativiert. Die Beigeladene zu 1. holte - alsbald nach dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses - Auskünfte von SPZ über deren freie Kapazitäten und über die bei ihnen bestehenden Wartezeiten ein; sie brachte dieses Umfrageergebnis in das Verfahren vor dem Beklagten ein. Zentrale Bedeutung kam dabei der Mitteilung zu, das SPZ in O. behandele bereits viele Patienten aus dem M.-Kreis und habe überdies noch viele freie Kapazitäten für weitere Patienten aus diesem Bereich. Diese Angaben waren durchaus inhaltlich plausibel, sodass kein Anlass bestand, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Ein SPZ ist typischerweise auf so viele Behandlungsfälle ausgelegt, wie sich aus einem Umfeld von 400 000 Einwohnern ergeben; davon geht auch die Klägerin aus. Danach kann das SPZ in O. nicht allein durch Behandlungsfälle aus dem Bereich der Stadt O. mit ihren ca 120 000 Einwohnern ausgelastet sein. Seine Kapazitäten können auch sonst kaum ausgelastet sein, denn unmittelbar (nord-)westlich bestehen die SPZ in F. und F. Aufgrund dieser Umstände ist es plausibel, dass das SPZ in O. noch erhebliche Kapazitäten für Behandlungsfälle aus dem (nord-)östlich gelegenen M.-Kreis haben muss. Ein Indiz dafür, dass die Angaben über die freien Behandlungskapazitäten und die Wartezeiten zutreffen, durfte der Beklagte auch daraus entnehmen, dass die Klägerin nach den Feststellungen des LSG - an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG) - keine hinreichend substantiierten Zweifel gegenüber diesen Ermittlungsergebnissen vorbrachte bzw diese - so die Feststellung im angefochtenen Bescheid (S 10) - unstreitig waren. Beschwerden von Patienten bei Krankenkassen über unzumutbare Wartezeiten im SPZ in O. waren ebenfalls nicht bekannt.

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In dieser konkreten Situation durfte der Beklagte darauf verzichten, sich die von der Beigeladenen zu 1. eingeholten Antworten im Original vorlegen zu lassen.

32

b) Konnten mithin dem Beklagten unzureichende Sachverhaltsermittlungen nicht angelastet werden - und war daher seine Beurteilung des Bedarfs (vgl oben RdNr 18) nicht zu beanstanden -, so hat auch die Forderung der Klägerin im anschließenden Gerichtsverfahren nach weiteren Ermittlungen keinen Erfolg haben können. Diese hätten die Rechtmäßigkeit der Bedarfsbeurteilung des Beklagten nicht (mehr) in Frage stellen können.

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5. Schließlich greift auch nicht die Rüge der Klägerin durch, sie habe jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung mit der erfolgten Erteilung der Ermächtigung für das SPZ in O. Anspruch auf die von ihr begehrte Ermächtigung. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin nicht. Wurde die Ermächtigung für das SPZ in O. rechtmäßig erteilt, weil der Fall anders lag, so kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ohnehin keine Ermächtigung beanspruchen. Einen solchen Anspruch könnte sie aber auch dann nicht haben, wenn die Sach- und Rechtslage in O. vergleichbar gewesen und die Ermächtigung dort rechtswidrigerweise erteilt worden sein sollte: Wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 20, mit BVerfG-Nachweisen; ebenso zB BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 22).

34

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung der Kosten für Beigeladene ist nicht veranlasst; sie haben im Revisionsverfahren keine Sachanträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

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Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juli 2014 geändert. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse erneut zu bescheiden hat. Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass ihre Wirkungen mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2016 eintreten. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Beigeladene zu 1. und die Klägerin tragen jeweils ein Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse.

2

Klägerin ist eine aus ursprünglich drei Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Sie betreibt ein Dialysezentrum in P. mit der Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten.

3

Der Beigeladene zu 1. war zunächst eines der fachärztlichen Mitglieder der BAG. Mit Schreiben vom 30.12.2009 beantragte er zeitgleich beim Zulassungsausschuss und bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb von P. unter Mitnahme seines anteiligen Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Die Beklagte stellte daraufhin das erforderliche Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen her, erteilte dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1.4.2010 für seine neugegründete Einzelpraxis in P. eine zusätzliche Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten (im Folgenden: Dialysegenehmigung) und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1. habe bisher 37 der knapp über 100 Dialysepatienten der Klägerin betreut. Dadurch sei ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden, sodass für eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten aus Sicherstellungsgründen eine zusätzliche Facharztpraxis in P. erforderlich sei. Widerspruch und Klage der Klägerin wurden mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese bezogen auf die erteilte Dialysegenehmigung nicht anfechtungsberechtigt sei. Auch der Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG vom 14.5.2010 - S 65 KA 232/10 ER -, Beschluss des LSG vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER).

4

Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei gegenüber der angefochtenen Dialysegenehmigung (dritt-)anfechtungsberechtigt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. würden in einem eng umgrenzten Fachgebiet (hier: der kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten) im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen. Das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses liege unter diesen Umständen auf der Hand. Die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitere auch nicht daran, dass die angefochtene Dialysegenehmigung keinen eigenen vertragsarztrechtlichen Status vermittle. Das BSG habe bereits entschieden, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) durchzuführende besondere Bedarfsprüfung (im Hinblick auf die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur) auch dem Schutz der bereits in dem betroffenen Versorgungsbereich tätigen Leistungserbringer diene und daher Drittschutz für diejenigen vermittele, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen seien. Eine damit vergleichbare Konstellation sei bei der hier maßgeblichen Erteilung einer Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gegeben. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Genehmigung sei, dass unter Berücksichtigung der vor Ort erforderlichen Dialyseformen und -verfahren keine ausreichende wohnortnahe Versorgung der Versicherten bestehe. Dies erfordere regelmäßig die Feststellung eines Versorgungsdefizits durch eine Bedarfsermittlung im zu versorgenden Bereich. Insoweit diene die Regelung ebenfalls dem (Dritt-)Schutz der bereits tätigen Leistungserbringer. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin ihre Anfechtungsberechtigung auch nicht verwirkt.

5

Die angefochtene Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine zusätzliche Dialysegenehmigung zu erteilen, sei rechtswidrig. Die dafür in den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä normierten Voraussetzungen lägen nicht vor. Nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä setze die Erteilung einer Dialysegenehmigung grundsätzlich ua voraus, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die angestrebte Dialysepraxis gewährleistet sei. Hiervon könne ausnahmsweise abgesehen werden, "wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Dies sei der Fall, "wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss" (§ 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä). Erkennbarer Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung sei es, aus Sicherstellungsgründen einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit in der Dialysebehandlung entgegenwirken zu können, das auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen in benachbarten Planungsbereichen (vgl § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä) abgedeckt werden könne. Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe die Beklagte nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Bei einer aus Sicherstellungsgründen zu erteilenden Dialysegenehmigung dürfe nicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen Dialysearzt und Patient abgestellt werden. Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung, nach der die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Präventionsgründen erforderlich gewesen sei, weil die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin (wegen übermäßigen Alkoholkonsums, einer Privatinsolvenz, teilweise gestörter Arzt-Patienten-Beziehungen) eine wohnortnahe Dialyseversorgung nicht mehr zuverlässig hätten sicherstellen können, greife nicht durch, weil die KÄVen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt seien, präventiv - also "auf Vorrat" - zusätzliche Dialysegenehmigungen losgelöst von konkreten Bedarfsermittlungen zu erteilen. Der aus § 136 Abs 2 SGB V resultierenden Verpflichtung der KÄVen zur Durchführung regelmäßiger Qualitätskontrollen in der vertragsärztlichen Versorgung sei die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen, obwohl ihr aufgrund der Ermittlungen des Niedersächsischen Zweckverbands zur Approbationserteilung (NiZzA) sowie aufgrund zahlreicher Patientenbeschwerden Hinweise dafür vorgelegen hätten, dass fachärztliche Mitglieder der Klägerin bereits 2009 in stark alkoholisiertem Zustand Dialysebehandlungen durchgeführt haben sollen. Diesen Hinweisen hätte die Beklagte nachgehen und - soweit sie sich als zutreffend herausgestellt hätten - unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Auswahlermessens unverzüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung - ggf durch einen Widerruf der Dialysegenehmigung - ergreifen müssen. Die Erteilung einer zusätzlichen (präventiven) Dialysegenehmigung für nur 30 Patienten könne auch nicht als ein geeignetes Mittel angesehen werden, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung bei der Versorgung niereninsuffizienter Patienten in P. entgegenzuwirken.

6

Dagegen wenden sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. mit der Revision. Die Beklagte macht zur Begründung geltend, das Urteil des LSG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Aufgrund eines Verwaltungsversehens sei dem LSG der Bescheid vom 14.6.2011, mit dem die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Behandlung von 30 Dialysepatienten auf 100 Dialysepatienten erhöht worden sei, nicht mitgeteilt worden. Der Umstand, dass dieser Bescheid dem Urteil des LSG nicht zugrunde gelegen habe, habe sich auf das Urteil ausgewirkt. Aufgrund der unzutreffenden Annahme, dass dem Beigeladenen zu 1. eine Genehmigung für die Betreuung von lediglich 30 Dialysepatienten erteilt worden sei, sei das LSG davon ausgegangen, dass die Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten kein geeignetes Mittel sein könne, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung der Versorgung niereninsuffizienter Patienten entgegenzuwirken. Das LSG habe ferner seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG verletzt, indem es davon abgesehen habe, die vom Beigeladenen zu 1. beigebrachten Stellungnahmen der Patienten zu würdigen, die angebotenen Zeugen zu hören sowie die Akten des NiZzA beizuziehen. Anhand der Akte des NiZzA hätte das LSG erkennen können, dass eine kontinuierliche wohnortnahe Versorgung durch die Klägerin nicht gewährleistet sei.

7

Ferner rügt die Beklagte, das LSG sei zu Unrecht vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ausgegangen. Ein Konkurrenzverhältnis liege nicht vor, wenn eine der beiden Praxen das Vertrauen ihrer Patienten verspielt habe. Die bei der Klägerin tätigen Ärzte seien durch negative Pressemeldungen, erhebliche hygienische und qualitative Mängel, unangemessenes Verhalten gegenüber Patienten sowie dem Verdacht auf Alkoholabusus und ein Insolvenzverfahren aufgefallen. Patienten würden weite Wege zur Dialyse in B. und S. auf sich nehmen, um nicht bei der Klägerin behandelt zu werden. Die Klägerin habe selbst eine "Patientenflucht" herbeigeführt.

8

Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe sie in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen. Entgegen der Auffassung des LSG könnten die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs im Rahmen der Sonderbedarfszulassung nicht auf die hier maßgebende Frage übertragen werden, ob Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Im vorliegenden Zusammenhang sei der Beurteilungsspielraum weiter als bei der Frage, ob ein lokaler Sonderbedarf bestehe. Sie habe berücksichtigen dürfen, dass aufgrund mehrerer Vorfälle ernsthaft zu befürchten sei, dass allein die Existenz der Klägerin keine Gewähr für eine wohnortnahe Versorgung biete. Da Dialysepraxen gewöhnlich vollständig ausgelastet seien, könne das unvermittelte Schließen einer Dialysepraxis zu einem Versorgungsnotstand mit Gefährdung für Leib und Leben der Patienten führen. Daher müsse bei der Versorgung mit Dialyseleistungen die Möglichkeit bestehen, präventive Maßnahmen zu treffen, sofern die Schließung einer Praxis nach den Umständen hinreichend wahrscheinlich sei. Ohne die Erteilung der Genehmigung an den Beigeladenen zu 1. würden außerdem höhere Fahrtkosten entstehen, die die Krankenkassen zu tragen hätten, wenn die Weigerung der Patienten, sich durch die Klägerin behandeln zu lassen, begründet sei. Selbst wenn die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen würden, würde daraus nichts anderes folgen. Da sich ein ganzer Patientenstamm begründet weigere, die Dialysebehandlung bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen, sei eine wohnortnahe Versorgung nicht gewährleistet.

9

Der Beigeladene zu 1. macht ebenfalls geltend, dass das Urteil des LSG fehlerhaft sei, weil der Bescheid vom 14.6.2011, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, unberücksichtigt geblieben sei. Ebenso wie die Beklagte vertritt er ferner die Auffassung, dass sich die Bedarfsprüfung im Bereich der Dialyseversorgung grundlegend von der Bedarfsprüfung unterscheide, die bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung vorzunehmen sei. Für den speziellen Bereich der Dialyseversorgung würden besondere Vorgaben gelten. § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä stelle einen Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen dar. In Verkennung der geltenden Maßstäbe habe das LSG die tatsächlichen Versorgungsgegebenheiten als unmaßgeblich angesehen und seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.

10

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.7.2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 7.3.2012 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

12

Das LSG habe die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Erteilung der Dialysegenehmigung nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zutreffend erfasst und ebenso zutreffend dargelegt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Ebenso wie bei der Sonderbedarfszulassung könne weder ein kurzfristig bestehender Bedarf noch ein möglicherweise in der Zukunft eintretender Bedarf die Erteilung einer Dialysegenehmigung begründen, weil anderenfalls eine dauerhafte Überversorgung eintreten könnte. Bei § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, nach der eine Genehmigung nur bei einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit erteilt werden dürfe. Wann ein qualitativ-lokales Versorgungsdefizit bestehe, werde abschließend durch § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä vorgegeben. Dies sei der Fall, wenn einzelne Dialyseformen und -verfahren nicht wohnortnah gewährleistet werden können. Was unter Dialyseformen und -verfahren zu verstehen sei, werde in § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä definiert. Der Wortlaut der Regelung sei klar und lasse keine Auslegung im Sinne des Beigeladenen zu 1. zu. Überdies sei die Norm als Ausnahmevorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Der Normgeber der Anl 9.1 BMV-Ä habe sich für den Fall des Ausscheidens eines Arztes bewusst gegen die Mitnahme eines Teils der Dialysegenehmigung entschieden. Das Ausscheiden eines Praxispartners erlaube nicht die Erteilung einer weiteren Dialysegenehmigung. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Beigeladenen zu 1. zu einzelnen Patienten sei kein Dialyseverfahren und keine Dialyseform iS des § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä, weshalb eine Genehmigung zugunsten des Beigeladenen zu 1. nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht in Betracht komme. Auch ein unterstellter Alkoholabusus eines Partners der Klägerin führe nicht zu einer Gefährdung einzelner Dialyseverfahren oder -formen. Selbst wenn § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä als Auffangvorschrift mit offenem Tatbestand zu verstehen wäre, hätte die Beklagte gemäß § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä die Versorgung in den benachbarten Planungsbereichen berücksichtigen müssen. Sie habe jedoch keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.

13

Dass das LSG den Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 nicht berücksichtigt habe, begründe keinen Verfahrensfehler, weil die Beklagte gegenüber dem LSG die Existenz dieses Bescheides nie offenbart habe. Nach § 96 SGG sei es Aufgabe der Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Beklagten gewesen, den neuen Bescheid in das Klageverfahren einzuführen. Der Beigeladene zu 1. und die Beklagte verhielten sich jedenfalls treuwidrig, wenn sie aus ihrem eigenen Pflichtverstoß einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ableiten würden.

Entscheidungsgründe

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Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind teilweise begründet. Das LSG hat das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffenden Gründen aufgehoben. Abweichend von der Entscheidung des LSG waren die Bescheide jedoch mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Beklagte erneut über den Genehmigungsantrag des Beigeladenen zu 1. zu entscheiden hat.

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1. Entgegen der Auffassung der beiden Revisionsführer leidet das Urteil des LSG nicht an einem im Revisionsverfahren zu beachtenden Verfahrensfehler.

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a) Die beiden Revisionsführer rügen, dass das LSG über einen Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 unter Verstoß gegen § 96 SGG nicht entschieden habe.

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Grundsätzlich ist ein Verstoß gegen § 96 SGG auf entsprechende Rüge im Revisionsverfahren zu beachten(vgl BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 4; BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 7 mwN; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 12a mwN). Eine Berücksichtigung des Fehlers von Amts wegen im Revisionsverfahren erfolgt nur im umgekehrten Fall, dass das LSG einen Bescheid zu Unrecht einbezogen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 96 SGG nicht vorlagen (vgl BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 15). Die Revisionskläger haben die entsprechende Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist und damit fristgemäß erhoben. Es trifft auch zu, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nach § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden ist(nachfolgend aa). Soweit in der fehlenden Einbeziehung des Bescheides durch das LSG ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann dieser von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. aber jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (bb). Auf die Bestandskraft des nicht einbezogenen Bescheides vom 14.6.2011 können sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. nicht berufen (cc).

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aa) Mit Bescheid vom 11.3.2010 und Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 hat die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a Anl 9.1 BMV-Ä beschränkt auf die kontinuierliche Behandlung von bis zu 30 Patienten erteilt. Im Verlauf des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hatte, hat die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1. den Bescheid vom 14.6.2011 erlassen, mit dem die Zahl der zu behandelnden Patienten unter Einbeziehung des Arztes Sch. von höchstens 30 auf höchstens 100 angehoben wurde. Nach § 96 Abs 1 SGG in der seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Bescheid vom 14.6.2011 ist danach Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 11.3.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 geändert hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14.6.2011 keine gesonderte Genehmigung zugunsten des Arztes Sch. erteilt worden ist. Die Dialysegenehmigung wird nach § 4 Abs 1a Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt. Dementsprechend bleibt die Genehmigung nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis in der Dialysepraxis (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Der Bescheid vom 14.6.2011 ist daher - ebenso wie der Bescheid vom 11.3.2010 - nicht gegenüber dem Arzt Sch., sondern gegenüber dem Beigeladenen zu 1. als (bis dahin) einzigem Mitglied der Arztpraxis ergangen. Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, dass der Bescheid vom 14.6.2011 den Bescheid vom 11.3.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 iS des § 96 SGG geändert hat(ebenso bei der Ersetzung der einer Arztpraxis erteilten Zusicherung durch die entsprechende Genehmigung und dem anschließenden Übergang dieser Genehmigung auf ein Medizinisches Versorgungszentrum : BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 23 f; anders aber zB bezogen auf die einem MVZ erteilte Anstellungsgenehmigung, die an die Stelle einer dem anzustellenden Arzt zuvor erteilten Sonderbedarfszulassung tritt: BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22).

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bb) Das SG hat den Bescheid vom 14.6.2011 nicht in das Verfahren einbezogen, weil die Beklagte ihrer Pflicht aus § 96 Abs 2 SGG, dem Gericht eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts mitzuteilen, nicht nachgekommen ist und weil auch der Beigeladene zu 1. den Bescheid nicht in das Verfahren eingeführt hat, mit der Folge, dass das Gericht vom Erlass des Bescheides keine Kenntnis erlangt hat. Ferner hat die Beklagte davon abgesehen, den Bescheid gegenüber der Klägerin bekannt zu geben. Da der Bescheid vom 14.6.2011 im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (Klage am 19.7.2010, SG Urteil vom 7.3.2012) ergangen ist, betrifft die fehlerhaft unterlassene Einbeziehung zunächst nur das Verfahren vor dem SG (zur Erforderlichkeit des Fortwirkens in der Berufungsinstanz vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Kap VI, RdNr 87). Zwar kann ein vom SG nicht behandelter Bescheid von den Beteiligten in das Berufungsverfahren einbezogen werden, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht, entweder durch rügelose Einlassung auf entsprechenden Antrag des anderen Beteiligten (BSGE 27, 146, 148 f = SozR Nr 21 zu § 96 SGG; BSGE 45, 49, 50 = SozR 1500 § 96 Nr 6; ähnlich, auf ein entsprechendes "Begehren" des Klägers im Berufungsverfahren abstellend: BSGE 74, 117, 119; noch weitergehend auch unabhängig von einem solchen Begehren: BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21) oder durch übereinstimmende Anträge (BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5; BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 S 53). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend indes nicht gestellt worden.

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Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen Bescheid unabhängig von entsprechenden Anträgen in das Berufungsverfahren hätte einbeziehen dürfen (zur Frage, ob in der Einbeziehung eines Bescheides durch das LSG, der während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen ist, ein Verfahrensfehler liegt, wenn sich das LSG nicht vergewissert hat, dass dies dem Willen der Beteiligten entspricht, vgl BSG Beschluss vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B - Juris RdNr 8) und ob hier in der fehlenden Einbeziehung überhaupt ein Verfahrensfehler bezogen auf das Verfahren vor dem LSG zu sehen ist. Jedenfalls folgt aus dem auch für das Verfahrensrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl zB Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, Einl RdNr 56 mwN; für das sozialgerichtliche Verfahren vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f), dass die Beklagte und der Beigeladene zu 1. eine Verletzung des § 96 SGG im Revisionsverfahren nicht mehr rügen können. Eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra faktum proprium"). Bezogen auf das gerichtliche Verfahren bewirkt dieser Grundsatz, dass die in einem unlösbaren Widerspruch zu seinem früheren Verhalten stehende Prozesshandlung eines Beteiligten unbeachtlich ist. Daraus kann auch der Ausschluss einer Revisionsrüge folgen (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f). Vorliegend hat die Beklagte die fehlende Einbeziehung des Bescheides vom 14.6.2011 durch ihren Verstoß gegen die aus § 96 Abs 2 SGG folgende Vorlagepflicht gegenüber dem Gericht selbst herbeigeführt. Der bereits in dem Verfahren vor dem LSG anwaltlich vertretene Beilgeladene zu 1. hat diesen Verstoß bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG hingenommen. Der Klägerin ist der Bescheid erst im Laufe des Revisionsverfahrens zur Kenntnis gelangt, sodass sie keine Möglichkeit hatte, auf die Einbeziehung des Bescheides hinzuwirken. Unter diesen Umständen verstößt die Rüge eines daraus folgenden Verfahrensfehlers des LSG durch Beklagte und Beigeladenen zu 1. gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

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cc) Der Umstand, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, hat nicht zur Folge, dass sich die Revisionsführer gegenüber der Klägerin auf dessen Bestandskraft (§ 77 SGG; zu dieser Folge einer unterlassenen Einbeziehung eines Bescheides nach § 96 SGG vgl BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - FEVS 63, 442, 443 f) berufen könnte. Zwar kann eine erteilte Zulassung - mit Blick auf die Besonderheiten der Statusentscheidung im Vertragsarztrecht - nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff)nur innerhalb eines Jahres von dem Dritten angefochten werden, selbst wenn ihm der Bescheid nicht bekannt gegeben worden ist. Dies gilt nicht nur bezogen auf den statusbegründenden Verwaltungsakt (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff), sondern auch bezogen auf eine Dialysegenehmigung (BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 24 ff) und auf deren Zusicherung (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 25). Bereits der Umstand, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Vorlage des Bescheides nach § 96 Abs 2 SGG verletzt hat und dass der Bescheid nur deshalb nicht in das Verfahren einbezogen worden ist, spricht jedoch dagegen, dass sie aus diesem Fehler Rechte für sich herleiten kann(in dieser Richtung bereits BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32 am Ende, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10). Ausschlaggebend ist indes, dass die Entscheidung über die Genehmigung für einen weiteren Arzt nach § 7 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä unabhängig von einer Bedarfsprüfung ergeht, wenn die Zahl der dialysierten Patienten eine bestimmte Grenze überschritten hat. Anders als bei der Genehmigung eines dritten oder vierten Arztes kommt es für die Genehmigung eines zweiten Arztes nicht darauf an, ob die Patienten auch durch andere bereits bestehende Dialysepraxen versorgt werden könnten. Die Genehmigung eines zweiten Arztes ist zudem Annex der Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach und kann von einem Konkurrenten ungeachtet einer eventuell bestehenden Anfechtungsberechtigung nicht unter dem Aspekt des Bedarfs für einen weiteren Arzt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 33 ff). Fällt der Versorgungsauftrag dem Grunde nach weg, entfallen damit automatisch auch die Rechtsfolgen der Genehmigung für einen zweiten Arzt. Da die Beklagte hier über die Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach neu entscheiden muss, muss sie auch darüber entscheiden, ob eine Erweiterung unter Einbeziehung eines zweiten Arztes zu genehmigen ist. Einer isolierten Aufhebung des vom LSG nicht in das Verfahren einbezogenen Bescheides bedarf es nicht mehr. Dementsprechend haben die Revisionsführer in der Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass sie nicht von einer gegenüber der Klägerin eingetretenen Bestandskraft des Bescheides vom 14.6.2011 ausgehen.

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b) Der von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. geltend gemachte Verstoß des LSG gegen die in § 103 SGG normierte Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nicht vor. In der Ablehnung des Antrags der Beklagten, die vorgelegten Patientenbeschwerden zu berücksichtigen, Akten des NiZzA beizuziehen und Zeugen zu vernehmen, die in der Lage sein sollen, Auskunft ua zum Alkoholkonsum der Mitglieder der klägerischen Praxis zu geben, liegt kein Verfahrensfehler des LSG. Eine Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nur vor, wenn sich das Gericht auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12a, § 103 RdNr 20 mwN). Da das LSG davon ausgegangen ist, dass Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis generell kein Grund dafür sein könnten, einer anderen Dialysepraxis auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine weitere Genehmigung zu erteilen, sondern dass auf Qualitätsmängel ggf mit dem Widerruf der Genehmigung zu reagieren ist, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, kam es unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts weder auf die Auswertung der von der Beklagten vorgelegten Patientenbeschwerden noch auf den vollständigen Inhalt der Akten des NiZzA oder auf Angaben von Zeugen zum Alkoholkonsum der Praxispartner an. Der Umstand, dass der zugrunde liegenden Rechtsauffassung des LSG nicht vollständig zu folgen ist (vgl im Einzelnen nachfolgend 2 c bb RdNr 42 ff), ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen.

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2. Das LSG hat die Klägerin zutreffend für berechtigt gehalten, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse anzufechten. Auch hat das LSG die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Allerdings hatte die Aufhebung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erneut zu bescheiden hat.

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a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

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b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff; siehe zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 23 mwN). Danach ist zunächst zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das der Fall, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

26

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24).

27

aa) Die Voraussetzung, dass die Klägerin und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, ist hier erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 25). Davon ist der Senat ausgegangen, wenn die Zahl der von dem Konkurrenten mit den gleichen Leistungen behandelten Patienten 5 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl einer Praxis überschreitet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Vorliegen eines solchen faktischen Konkurrenzverhältnisses ist hier angesichts des Umstands ohne Weiteres plausibel, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1. innerhalb desselben Planungsbereichs und derselben Stadt in geringer räumlicher Entfernung (ca 3,5 km) dieselben speziellen und eng umgrenzten Leistungen (Dialyse) erbringen. Genau auf die Erbringung dieser Leistung bezieht sich die streitgegenständliche Genehmigung. Ins Einzelne gehender Darlegungen des Anfechtenden zum Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses bedarf es unter solchen Umständen nicht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29).

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Die genannten tatsächlichen Verhältnisse werden auch von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte macht allerdings geltend, dass ein Konkurrenzverhältnis nur entstehen könne, wenn beide Anbieter über ein Leistungsangebot in gleichwertiger fachlicher und qualitativer Hinsicht verfügten. Daran würde es hier fehlen, weil die Klägerin das Vertrauensverhältnis zu den Patienten durch eine negative Presse, Hygienemängel, die Insolvenz eines Praxispartners sowie den Verdacht auf Alkoholabhängigkeit verspielt habe. Damit verkennt die Beklagte jedoch den Begriff der Konkurrenz. Wenn sich ein Konkurrent gegenüber anderen nicht behaupten kann, ändert das nichts am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses, selbst wenn er dies selbst verschuldet haben sollte. Qualitätsmängel bei der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen können - und müssen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - Anlass für die Entziehung von Approbation, Zulassung bzw speziellen Versorgungsaufträgen sein. Solange aber die gleichen Leistungen im selben räumlichen Bereich tatsächlich angeboten werden, ist vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses auszugehen. Für die Frage der Anfechtungsbefugnis kommt es deshalb auf die Qualität der angebotenen Leistungen ebenso wenig an, wie auf die Gründe für bestehende Qualitätsunterschiede.

29

Am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses hat sich hier durch die noch nicht bestandskräftige Anordnung des Ruhens der Approbation eines der beiden Praxispartner der Klägerin, des Herrn S., nichts geändert, weil die sofortige Vollziehung insoweit nicht angeordnet worden ist. Zwar ist dem Praxispartner S. nach Angaben der Beklagten im Laufe des Revisionsverfahrens auch die Zulassung entzogen worden. Insoweit wurde nach dem Inhalt des vorliegenden (mit Rechtsmitteln angegriffenen, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht bestandskräftigen) Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 25.2.2015 die sofortige Vollziehung angeordnet. Das ändert indes nichts daran, dass die Klägerin als Arztpraxis, der die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse erteilt worden ist, weiterhin existiert und dass diese jedenfalls durch den Praxispartner Dr. L. und ggf einen Nachfolger des Herrn S. weiterhin Dialyseleistungen anbieten und erbringen kann.

30

bb) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die streitgegenständliche Genehmigung keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und dass der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren vom 16.6.1997 entschieden, dass bloße Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Status betreffen. Der damals entschiedene Fall hatte einen bereits zugelassenen Arzt betroffen, dem die Dialysegenehmigung einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnete. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war nach dem damals geltenden Recht (Anl 9.1 BMV-Ä in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung) allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Eine solche Konstellation hat der Senat aber für die Erteilung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach dem seit 1.7.2002 geltenden neuen Recht nicht mehr angenommen. Der Senat hat für den Fall der Bedarfsabhängigkeit der Genehmigung vielmehr eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung des Konkurrenten nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie(BedarfsplRL aF, entsprechend § 37 Abs 4 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung) und damit untrennbar mit der Statusentscheidung verbunden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 31). Ferner hat der Senat bereits im Zusammenhang mit der Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V entschieden, dass die Berechtigung, die die Genehmigung vermittelt, unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits besteht oder erst erstrebt wird, geeignet ist, die Wettbewerbsposition des bereits im entsprechenden Bereich tätigen Arztes zu beeinträchtigen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands, der mit der Spezialisierung auf reproduktionsmedizinische Leistungen verbunden ist und der daraus folgenden grundlegenden Unterscheidung von anderen gynäkologischen Praxen ohne diesen Schwerpunkt, kommt die Genehmigung in ihren tatsächlichen Auswirkungen einer Statusentscheidung nahe, auch wenn eine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung nicht besteht. Diese Maßstäbe hat der Senat auch seiner Entscheidung vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 31) zugrunde gelegt, in der es um die Anfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen und damit ebenfalls nicht um die Entscheidung über den vertragsarztrechtlichen Status ging. Ausschlaggebend war dabei, dass die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung geeignet ist, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbsposition des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Genehmigung zur Erbringung von Dialyse auf der Grundlage von § 6 Abs 3 der seit dem 1.7.2002 geltenden Anl 9.1 BMV(DÄ 2002, A 972) sowie der Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren) gilt insofern nichts anderes.

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cc) Der Klägerin kommt als Genehmigungsinhaberin auch Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist relevant, ob die Erteilung der Genehmigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 22; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22). Ausschlaggebend ist, ob der Norm, auf die sich die zu erteilende Zulassung oder Genehmigung stützt, drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukommt. Zum Dialyse-Versorgungsauftrag nach dem seit dem 1.7.2002 geltenden Recht hat der Senat bereits wiederholt ausgeführt, dass die dort vorgesehene spezielle Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 23). Deutlich wird dies bereits darin, dass nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis" gewährleistet sein muss, die wiederum am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen gemessen wird. Damit werden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Es entspricht sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet wird (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

32

Die Genehmigung, die die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. erteilt hat, hat ihre Grundlage zwar nicht in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä, sondern in § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä, der die Möglichkeit vorsieht, eine Genehmigung gerade unabhängig von den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu erteilen. Deshalb kommt es hier für die Erteilung der Genehmigung nicht darauf an, ob zB der in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä geregelte Auslastungsgrad der Dialysepraxen in der Versorgungsregion erreicht wird oder ob sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis schneiden. Gleichwohl wird die Genehmigung auch nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä bedarfsabhängig erteilt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung nach dieser Vorschrift nur erteilt werden darf, wenn "Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Die Sicherstellungsgründe, die hier zu berücksichtigen sind, werden in § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä, näher dahin definiert, dass die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Bedarfsabhängigkeit auch der Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä wird durch § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä bestätigt, der bestimmt, dass bei der Beurteilung der Versorgungssituation "im Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3" - und damit auch für die Genehmigung nach Abs 3 - sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind.

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c) Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte die auf § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gestützte Genehmigung auf der Grundlage unzutreffender Beurteilungsmaßstäbe und ohne die gebotene Bedarfsprüfung unter Einbeziehung auch benachbarter Planungsbereiche erteilt hat.

34

aa) Bezogen auf die vorzunehmende Bedarfsprüfung steht der dafür zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der nur darauf zu überprüfen ist, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (zur Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis: BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 40; zur Bedarfsgerechtigkeit bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V: vgl BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 20; BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 6 KA 43/14 B - Juris RdNr 10). Bei der gerichtlichen Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt werden, kommt der durch § 35 Abs 1 SGB X vorgeschriebenen Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zu. Die Begründungspflicht dient als Korrektiv der in Anbetracht des weitgehenden Beurteilungsspielraums der Behörde eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58) und damit dem Interesse des effektiven Rechtsschutzes (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG: vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

35

Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung mit der Begründung erteilt, dass es sich bei Dialysepatienten um eine besondere Patientengruppe handele, die aufgrund der wöchentlich regelhaft dreimaligen Dialyse sowie der zumeist lebenslangen Dialysepflicht ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbaue. Der Beigeladene zu 1. habe bis zu seinem Ausscheiden bei der Klägerin etwa 37 Dialysepatienten versorgt. Diese seien mit Blick auf die kontinuierliche Patientenversorgung am Standort in P. und damit zur Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung weiterhin von dem Beigeladenen zu 1. - an seinem neuen Praxissitz - zu versorgen.

36

Mit dem Ziel einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten durch einen aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt kann die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä - in Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG - nicht sachgerecht begründet werden, weil es sich dabei nicht um ein in diesem Zusammenhang zulässiges Entscheidungskriterium handelt (ebenso mit Bezug auf den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: Krafczyk, MedR 2012, 277 f). Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse nach § 4 Abs 1a Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt wird und dass der Versorgungsauftrag nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä in der seit dem 1.7.2009 geltenden Fassung in der Dialysepraxis verbleibt, wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Die Erteilung eines Versorgungsauftrags nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt verstößt jedenfalls im Grundsatz gegen die ausdrücklich geregelte Bindung des Versorgungsauftrags an die Arztpraxis. Die Erteilung der Genehmigung an den ausscheidenden Arzt kann auch nicht mit dem Ziel der wohnortnahen Versorgung begründet werden, wenn dieser seine Praxis - wie hier - in unmittelbarer Nähe zu der Gemeinschaftspraxis eröffnet, aus der er ausgeschieden ist und wirft im Übrigen die Frage auf, ob die in der Gemeinschaftspraxis verbleibende Genehmigung weiter genutzt werden kann. Nach § 7 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä hängt die Zahl der Ärzte, für die einer Gemeinschaftspraxis eine Genehmigung erteilt wird, von einem bestimmten "Arzt-Patienten-Schlüssel" ab, der nach der Erteilung der weiteren Genehmigung an den aus der Arztpraxis ausscheidenden Arzt unter Umständen nicht mehr zu erreichen sein wird. Auch dies zeigt, dass die Erteilung einer Genehmigung an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt und damit die Mitnahme des Versorgungsauftrags dem der Anl 9.1 BMV-Ä zugrunde liegenden Konzept widerspricht.

37

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1. kann § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä auch nicht als allgemeiner Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen verstanden werden. Zwar lässt § 6 Abs 3 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä die Erteilung von Genehmigungen auch unter Zurückstellung des mit den Vorgaben nach § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä angestrebten Ziels der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist nach § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Dass ggf das Ziel einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur in gewissem Maße zurückstehen muss, wird durch eine anlässlich der Neuordnung der Dialyseversorgung im Jahr 2002 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlichte Mitteilung bestätigt, in der zu den neu geschaffenen Regelungen der Anl 9.1 BMV-Ä ausgeführt wird: "Vorrang vor den Forderungen der Wirtschaftlichkeit wird der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung gegeben. Demnach können auch dann Genehmigungen von Versorgungsaufträgen für neue Dialysepraxen erteilt werden, wenn die Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung dies erfordert" (DÄ 2002, A 970; vgl auch Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Damit wird § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä jedoch nicht zu einer allgemeinen Härteregelung. Vielmehr gelten die Ausnahmen vom Gebot der wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen nur unter der Voraussetzung, dass anderenfalls die wohnortnahe Dialyseversorgung nicht sichergestellt wäre. Der bloße - von der Beklagten angenommene und in den angefochtenen Bescheiden nicht näher begründete - Wunsch von Patienten, weiterhin von dem Arzt betreut zu werden, der die Gemeinschaftspraxis verlässt, ist von vornherein nicht geeignet, ein Sicherstellungserfordernis iS des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu begründen. Anderenfalls müsste auf Antrag jede Aufspaltung von Dialysepraxen mit zusätzlichen Versorgungsaufträgen flankiert werden. Eine so weitgehende Einschränkung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Dialyseversorgung ist § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht zu entnehmen. Da eine Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden darf, wenn Gründe der Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern und weil dabei nach § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind, hätte die Beklagte die Genehmigung nur auf der Grundlage entsprechender Ermittlungen zum Bedarf erteilen dürfen.

38

Insofern gilt für die bedarfsabhängige Erteilung eines Versorgungsauftags zur Erbringung von Dialyseleistungen nichts anderes als für bedarfsbezogene Zulassungsentscheidungen. Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die entscheidenden Stellen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage machen und ermitteln müssen, welche Leistungen in welchem Umfang erforderlich sind, von den bereits zugelassenen Ärzten aber nicht oder nicht ausreichend erbracht werden (vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä kommt es darauf an, ob die zusätzliche Praxis zur wohnortnahen Versorgung mit Dialyseleistungen nicht nur allgemein, sondern auch bezogen auf die einzelnen Dialyseformen (Zentrumsdialyse, Heimdialyse, zentralisierte Heimdialyse) und Dialyseverfahren (Peritonealdialyse, Hämodialyse einschließlich Hämofiltration und Hämodiafiltration) iS des § 3 Abs 1 Satz 3 Spiegelstrich 3 Anl 9.1 BMV-Ä benötigt wird. Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist regelmäßig die Befragung der für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Die Angaben der befragten Ärzte müssen sorgfältig ausgewertet, durch weitere Ermittlungen ergänzt und objektiviert werden (vgl im Einzelnen BSG, aaO, RdNr 19). Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 101 RdNr 112, 115) oder tatsächlich nicht in der Lage sind. Weil die dazu erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage von der Beklagten nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat, ist der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid rechtswidrig.

39

bb) Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Entscheidung, dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zu erteilen, auf neue, in der Begründung des Bescheides nicht genannte Gründe gestützt. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob diese erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten angeführten Gründe Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides haben können, weil auch diese nicht geeignet sind, die Entscheidung zu tragen:

40

Im Verfahren vor dem LSG und auch in der Revisionsbegründung hat die Beklagte geltend gemacht, dass in der Praxis der Klägerin unhaltbare Zustände geherrscht hätten, die zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu den Patienten geführt hätten, sodass deren wohnortnahe Versorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In der klägerischen Praxis würden ua Patienten von Ärzten unter Alkoholeinfluss behandelt; der Praxispartner S. sei alkoholabhängig. Dazu verweist die Beklagte insbesondere auf Beschwerden von Patienten und Schilderungen von Angestellten der Arztpraxis sowie auf das Ergebnis der Ermittlungen des NiZzA einschließlich eines bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Veranlassung des NiZzA durch die Polizei in der klägerischen Praxis durchgeführten Alkoholtests, der bei Herrn S. einen Atemalkoholwert von 2,02 ‰ ergeben habe. Ferner wird auf die Privatinsolvenz eines der Praxispartner hingewiesen. Die Frage, ob diese Angaben zutreffen, hat das LSG in seiner Entscheidung mit der Begründung offengelassen, dass es darauf für die Entscheidung nicht ankomme und darauf hingewiesen, dass Instrumente wie der Widerruf der erteilten Dialysegenehmigung nach § 10 Abs 2 Satz 2 Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse(, vom 18.4.2006 BAnz Nr 115a vom 23.6.2006) zur Verfügung stünden, um auf Qualitätsmängel zu reagieren.

41

Der Senat stimmt der Auffassung des LSG insoweit zu, als die Beklagte auf Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis und eine dadurch bedingte Gefährdung des Patientenwohls in erster Linie mit den im SGB V vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und - soweit erforderlich - mit Zulassungsentziehungen bzw dem Widerruf von Dialysegenehmigungen und nicht mit der Eröffnung von Behandlungsalternativen durch die Erteilung weiterer Genehmigungen zu reagieren hat. Damit werden im Übrigen auch Anreize für Ärzte vermieden, sich nach Trennung von ihrer bisherigen BAG über Kritik an den ehemaligen Kollegen und Unterstützungsschreiben von Patienten die Grundlage für einen zusätzlichen Versorgungsauftrag zu verschaffen. Gegen die Erteilung weiterer Genehmigungen als Reaktion auf Qualitätsmängel in den bestehenden Angeboten spricht aber vor allem, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Dialyseversorgung eine Qualitätsentwicklung durch Wettbewerb nicht vorsehen (zu den Zielen der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderungen der Anl 9.1 BMV-Ä: vgl Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Ebenso wenig wie qualitative Unterschiede in der Leistungserbringung nach ständiger Rechtsprechung des Senats einen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung oder auf eine Ermächtigung begründen können (vgl BSGE 86, 242, 253 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 37; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 30), können bloße Qualitätsunterschiede die Genehmigung einer weiteren Dialysepraxis rechtfertigen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eine typisierende Betrachtung zugrunde zu legen, die davon ausgeht, dass die niedergelassenen Gebietsärzte aufgrund ihres gleichwertigen Ausbildungs- und Weiterbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprechen. Für die Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Versorgung ist insbesondere die KÄV verantwortlich. Gemäß § 136 Abs 2 Satz 1 SGB V hat diese die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen einschließlich belegärztlicher Leistungen durch Stichproben zu prüfen; in Ausnahmefällen sind auch Vollerhebungen zulässig. Für den Bereich der Dialyse-Behandlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit der QSD-RL auf der Grundlage der §§ 136 und 137 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V Qualitätsvorgaben festgelegt und in § 10 Abs 2 dieser Richtlinie auch die Folgen von Qualitätsmängeln bis hin zum Widerruf der Dialysegenehmigung geregelt. Die KÄV ist verpflichtet, eine Qualitätssicherungs-Kommission "Dialyse" einzurichten, die die Stichprobenprüfungen nach einem näher geregelten Verfahren durchführt.

42

Gleichwohl vermag der Senat die Entscheidung des LSG, dass die Beklagte unter den gegebenen Umständen dem Antrag des beigeladenen Arztes auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä keinesfalls stattgeben durfte, nicht zu bestätigen. Wenn die Informationen, die die KÄV über die bisherige Praxis erreichen, bei unvoreingenommener Beurteilung zu dem Schluss zwingen, dass die Zustände dort einer regelkonformen Versorgung der Patienten diametral entgegenstehen und wenn sich der KÄV aufdrängen muss, dass es sich nicht um - stets denkbare - vereinzelte Beschwerden unzufriedener Patienten, sondern um ein - auf der Basis einer Vielzahl von Stellungnahmen konzis erscheinendes - Gesamtbild einer chaotischen, unzumutbaren Versorgungssituation handelt, muss die KÄV im Interesse der Patienten, die regelmäßig auf eine Dialyse angewiesen sind, auch mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags reagieren dürfen. Für das Bestehen solcher Verhältnisse haben hier nach den im Urteil des LSG getroffenen Feststellungen und dem Inhalt der in Bezug genommenen Akten jedenfalls konkrete Hinweise insbesondere in Gestalt von Ermittlungsergebnissen des NiZzA sowie zahlreicher Beschwerden von Patienten vorgelegen. Diesen Hinweisen hätte - entgegen der Auffassung des LSG - nicht allein im Zusammenhang mit einer Entscheidung über die Entziehung der Dialysegenehmigung der Klägerin, sondern auch im vorliegenden Zusammenhang nachgegangen werden müssen.

43

Es kann Situationen geben, in denen es für die Patienten unzumutbar ist, ihre Behandlung bei ihrem bisherigen Arzt fortzusetzen und in denen eine Zulassungsentziehung oder ein Widerruf der Genehmigung gerade angesichts der hohen Anforderungen, die das BVerfG zur Gewährleistung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sowie mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) an die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 40 mwN; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 95 RdNr 544, § 97 RdNr 72 mwN), jedenfalls nicht zeitnah durchsetzbar sind. Wenn eine nicht gezielt provozierte, objektiv fundierte, besonders schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arzt nur einen einzelnen Versicherten - etwa im Kontext von mutmaßlichen Behandlungsfehlern - betrifft, muss die Krankenkasse diesem Versicherten unter den im Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.9.2015 (B 1 KR 27/14 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4) genannten Voraussetzungen die Fahrtkosten zu einem weiter entfernt niedergelassenen Arzt erstatten. Wenn dies nicht nur einzelne Patienten, sondern eine Vielzahl von krankheitsbedingt nur eingeschränkt mobilen Patienten betrifft, kommt jedoch auch die Eröffnung einer zumutbaren Versorgungsalternative in Betracht.

44

Allerdings muss die KÄV in solchen Fällen die Erteilung der Genehmigung für den aus der Dialysepraxis ausscheidenden Arzt im Regelfall - was der Senat hiermit allerdings erst für die Zeit nach der Veröffentlichung dieses Urteils klarstellt - grundsätzlich mit dem Widerruf des oder der bisherigen Versorgungsaufträge oder einem Antrag auf Entziehung der Zulassungen verbinden. Die prinzipiell gebotene Verzahnung des Widerrufs des erteilten Versorgungsauftrags aus Gründen der Qualitätssicherung oder der Entziehung der Zulassungen mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags für einen anderen Standort stellt so weit wie möglich sicher, dass Unzuträglichkeiten in einer Praxis nicht zu einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Vermehrung von Versorgungsaufträgen führen. Es kann jedenfalls im Grundsatz nicht angenommen werden, dass zwar im Hinblick auf eine angenommene Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Dialyse am bisherigen Standort die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrags aus Sicherstellungsgründen unerlässlich ist, gleichwohl aber die Voraussetzungen eines Widerrufs des Auftrags für die Praxis, in der unzumutbare Zustände herrschen (sollen), nicht gegeben sind.

45

Hat die KÄV den Widerruf der Genehmigung ausgesprochen, ist der Versorgungsauftrag nicht mehr bestandssicher, auch wenn die Entscheidung wegen der Einlegung von Rechtsmitteln noch nicht vollzogen werden kann. Genauso wie nach der Rechtsprechung des Senats eine (noch nicht vollziehbar) widerrufene Approbation nicht Grundlage einer vertragsärztlichen Zulassung sein kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 14 ff) oder ein Arzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, einen Antrag auf Wiederzulassung stellen kann, auch wenn die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, Juris RdNr 34) kann ein - wenn auch noch nicht vollziehbar - widerrufener Versorgungsauftrag die Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags nicht hindern. Das Risiko, dass dann, wenn der Widerruf am Ende nicht bestandskräftig wird, ein unter bedarfsplanerischen Gesichtspunkten nicht erforderlicher (zusätzlicher) Versorgungsauftrag erteilt worden ist, der nicht ohne Weiteres wieder beseitigt werden kann, muss im Interesse der Gewährleistung einer kontinuierlichen und von Vertrauen getragenen Versorgung der Versicherten hingenommen werden.

46

Allerdings muss die KÄV, die die Verhältnisse in einer Praxis für unzumutbar hält, vor Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags klären, ob für die Patienten in der für sie in Betracht kommenden Versorgungsregion Alternativen in bereits bestehenden Praxen oder anderen Einrichtungen der ambulanten Dialyseversorgung bestehen. Da die beklagte KÄV bisher nicht geprüft hat, ob zumindest einer der der Klägerin für drei Ärzte zugeteilten Versorgungsaufträge zu widerrufen ist, und auch nicht geprüft hat, ob zumutbare Versorgungsalternativen für die Patienten außerhalb der Praxis des Beigeladenen zu 1. bestehen, muss sie neu über den Antrag dieses Arztes auf Erteilung der Genehmigung entscheiden. Eine Zurückverweisung an das LSG scheidet wegen des der Beklagten nach Durchführung der entsprechenden Ermittlungen zustehenden Beurteilungsspielraums zum Vorliegen eines ungedeckten Versorgungsbedarfs aus (vgl BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 17).

47

3. Der Senat hat die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe aufgehoben, dass ihre Wirkung erst mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30.6.2016 eintritt. Mit dieser vorläufigen Regelung wird vermieden, dass die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Ermächtigung mit dem vorliegenden Urteil entfällt, noch bevor die Beklagte die Möglichkeit zur Neubescheidung hat. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird die Versorgung der Versicherten im Bereich der Dialyse in P. derzeit zu einem erheblichen Teil durch den Beigeladenen zu 1. gewährleistet. Der Senat geht davon aus, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfällt. Gleichzeitig würden dem Beigeladenen zu 1. erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, die auch durch eine später ergehende, für ihn positive Genehmigungsentscheidung nicht mehr vollständig zu beseitigen wären. Auf der Grundlage dieser Folgenabwägung hat der Senat seine Entscheidung mit der genannten Übergangsregelung verbunden.

48

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich B

2

Der in den USA geborene Kläger ist Diplompsychologe und Diplomsoziologe; er ist als Psychologischer Psychotherapeut sowie als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut approbiert und in das Arztregister eingetragen. Seit 1.2.2011 ist der Kläger als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut in C zu- und niedergelassen; er hat erklärt, auf diese Zulassung verzichten zu wollen, sobald er die begehrte Sonderbedarfszulassung im Land Berlin erhalten habe. Seinen Antrag, ihm dort eine Sonderbedarfszulassung für die Behandlung von Patienten zu erteilen, die nicht sprechen können bzw eine massive Sprachstörung haben, lehnte der Zulassungsausschuss wegen nicht gegebener Unterversorgung ab. Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 25.3.2009, Urteil des SG vom 5.5.2010, Urteil des LSG vom 12.9.2012).

3

Das LSG hat ausgeführt, es bestehe weder ein lokaler Versorgungsbedarf noch ein qualitätsbezogener Sonderbedarf. Defizite bei der lokalen Versorgung bestünden in B nicht, weil die Stadt über einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr verfüge und der Kläger seine Praxis im Zentrum der Stadt führe. An einem qualitätsbezogenen Sonderbedarf fehle es bereits deswegen, weil dies einen besonderen Versorgungsbedarf voraussetze, wie er durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben sei. Bei Psychologischen Psychotherapeuten kämen als Gründe lediglich innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der psychoanalytisch begründeten Verfahren oder der Verhaltenstherapie in Frage.

4

Auch im Rahmen der Versorgung mit Leistungen der Psychotherapie gehöre die Gewährleistung einer Verständigung aller Versicherten mit den an der Versorgung beteiligten Leistungserbringern in ihrer jeweiligen (nichtdeutschen) Muttersprache nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit dieser Fallgruppe sei das Begehren des Klägers unmittelbar vergleichbar: Ihm gehe es ausdrücklich nur um ein "Vehikel der Verständigung" mit der Gruppe der sprachbehinderten Patienten in Gestalt der Kommunikationsmethode der "Augmentative and Alternative Communication" (; die deutsche Bezeichnung lautet "unterstützte Kommunikation"). Begehrt werde nicht die Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs für eine relevante Behandlungsmethode, sondern aufgrund der Beherrschung einer besonderen Verständigungsmethode. Behauptete qualitative Unterschiede bei der Leistungserbringung begründeten keinen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung. Aus den zum 1.1.2012 in Kraft getretenen Neuregelungen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG), mit denen die gesetzliche Regelungsermächtigung für den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) modifiziert worden sei, ergebe sich insoweit keine wesentliche Änderung.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Nichtberücksichtigung bzw -würdigung der spezifischen Lebensumstände lautsprachlich behinderter bzw nicht sprechender Versicherter durch das LSG. Insbesondere habe dieses die Bescheinigung des Behindertenbeauftragten der B Psychotherapeutenkammer vollkommen ignoriert sowie irrig angenommen, er - der Kläger - habe die AAC selbst entwickelt. In der Sache habe das LSG § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V deswegen verletzt, weil es davon ausgegangen sei, dass der Gesetzgeber des GKV-VStG bezüglich dieser Norm lediglich eine redaktionelle Klarstellung vorgenommen habe. Das habe der GBA selbst anders gesehen, da er die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung mit Beschluss vom 16.5.2013 umfassend neu geregelt und dabei die beiden Tatbestände der Sonderbedarfszulassung deutlich - sowohl hinsichtlich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich des Verfahrens - ausdifferenziert habe. Selbst dann, wenn das LSG die Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) in der Übergangszeit als lückenhaft hätte ansehen wollen, hätte es diese Lücke im Wege gesetzeskonformer Auslegung schließen können.

6

Bezüglich des lokalen Sonderbedarfs habe sich das LSG mit denklogisch abwegigen Erwägungen allein zur Ausstattung B mit öffentlicher Verkehrsinfrastruktur begnügt. Zudem setzten beide Tatbestände eines Sonderbedarfs voraus, dass aufgrund von Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei. Eine Besonderheit in diesem Sinne könne auch die hohe Zahl nicht versorgter Versicherter sein.

7

Soweit es den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf betreffe, habe das LSG verkannt, dass dieser nicht allein auf Versorgungskonstellationen beschränkt sei, in denen zu wenige Therapeuten eines der derzeit drei Richtlinienverfahren anbieten. Denn nach § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V sei der GBA verpflichtet, den besonderen Erfordernissen behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker Rechnung zu tragen. Daher müssten im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen solche Qualifikationen berücksichtigt werden, die - wie die AAC - für die Behandlung dieser Personengruppe unerlässlich seien. Außerdem bemesse sich die Erbringung und Verordnung von Leistungen und Maßnahmen nach § 92 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGB V allein nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse, wozu Möglichkeit und Umfang der Verständigung mittels universeller Kommunikationshilfen von vornherein nicht gehören könnten. Selbst dann also, wenn man dem GBA einen Genehmigungsvorbehalt hinsichtlich dieser universellen Kommunikationshilfen zubilligte, könnte seine Beschlussfassung nicht deren Ausschluss als Ergebnis haben. Indes scheide ein solcher Genehmigungsvorbehalt schon wegen der hohen Suizidalität in der Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten einerseits und der Grundsätze der Entscheidung des BVerfG vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98) andererseits aus. Aus diesen Gründen sei auch unschädlich, dass die Neuregelung der BedarfsplRL nach wie vor keinen einschlägigen Tatbestand benenne, unter den seine Qualifikation für die AAC subsumiert werden könne, weil selbst bei Annahme einer Lücke die Möglichkeit einer gesetzeskonformen Auslegung bestünde. Die Auffassung des LSG, dass in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen sei, dass die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprächen, werde den besonderen Gegebenheiten der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten nicht gerecht.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 12.9.2012 und das Urteil des SG Berlin vom 5.5.2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 25.3.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung für die psychotherapeutische Behandlung Versicherter mit den in der Widerspruchsbegründung des Klägers beschriebenen Sprachstörungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ein lokaler Versorgungsbedarf erfordere, dass es innerhalb eines Zulassungsbezirks einen abgegrenzten oder abgrenzbaren Bereich geben müsse, für den eine Versorgungslücke bestehe; der Kläger mache den lokalen Sonderbedarf jedoch für den gesamten Zulassungsbezirk B geltend. Auch ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf liege nicht vor, da es insoweit um die ärztliche bzw psychotherapeutische Qualifikation gehe, nicht aber um außerhalb dieser Qualifikation erworbene besondere Kenntnisse und Fähigkeiten. Von daher unterscheide sich die Kommunikationsform AAC nicht von besonderen Fremdsprachenkenntnissen eines Therapeuten, denn auch ein nicht deutschsprachiger Patient bedürfe zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Therapie eines Sprachmittlers.

11

Die zu 1. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an; nicht jede Erleichterung des Zugangs zur Behandlung begründe einen Sonderbedarf.

12

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hat, weil er die hierfür aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt.

14

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist nicht verfahrensfehlerhaft ergangen. Eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG)ist nicht gegeben. Ein Verstoß hiergegen läge nur dann vor, wenn das LSG im Rahmen der Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder wenn es das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend und umfassend berücksichtigt hätte (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 128 RdNr 10). Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit der Kläger beanstandet, dass das LSG im Tatbestand seines Urteils dargestellt hat, der Kläger habe in seinem an den Zulassungsausschuss gerichteten Antrag angegeben, die AAC-Therapie "entwickelt" zu haben, gibt das LSG lediglich wieder, was der Kläger auf Seite 2 seiner Antragsschrift vom 24.6.2008 selbst ausgeführt hat: "Im Rahmen meiner Ausbildung … sowie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort habe ich unter Anleitung von Prof. Dr. S eine psychologisch-psychotherapeutische Interventionsmethode, die AAC-Therapie, entwickelt." Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe die "Bescheinigung" des Behindertenbeauftragten der Psychotherapeutenkammer B vollkommen ignoriert, ist zwar zutreffend, dass das Berufungsgericht dessen Stellungnahme weder im Tatbestand noch in den (knappen) Entscheidungsgründen erwähnt. Nach der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung war die Stellungnahme des Behindertenbeauftragten jedoch ohne Bedeutung für die Entscheidungsfindung, denn am Fehlen einer rechtlichen Grundlage für eine auf die Kenntnis der AAC-Methode gestützte Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ändert die Einschätzung, dass im Tatsächlichen ein dringender Bedarf für die Zulassung entsprechend qualifizierter Behandler bestehe, nichts.

15

Versteht man das Vorbringen des Klägers dahingehend, dass er eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG)rügen will, ergibt sich nichts anderes. Das Recht auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass wesentlicher Vortrag nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen worden ist (BVerfG Beschluss vom 27.5.2009 - 1 BvR 512/09 - Juris RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 96, 206, 216; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 20 mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das LSG hat lediglich Ausführungen des Klägers unberücksichtigt gelassen, die es nach der dem Urteil zugrunde liegenden Rechtsauffassung zur Auslegung des Bedarfsplanungsrechts als unbeachtlich unberücksichtigt lassen durfte.

16

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

17

a. Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm der BedarfsplRL Ärzte. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V aF)bzw soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nF).

18

Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die ab 4.7.2013 geltenden (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 BedarfsplRL nF nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welche - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalten.

19

b. § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen - wie vorliegend - die Zulassung von Ärzten bzw Psychologischen Psychotherapeuten wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt(BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 32 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15 ). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18).

20

Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden; dh, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Mithin sind die durch das GKV-VStG (vom 22.12.2011, BGBl I 2983) mit Wirkung zum 1.1.2012 erfolgten Änderungen des § 101 SGB V wie auch die nachfolgenden Änderungen der BedarfsplRL zu berücksichtigen.

21

c. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs liegen nicht vor.

22

aa. Nach § 37 Abs 1 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs 2 aaO und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

23

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes oder Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Diese auf den Leistungserbringer ausgerichteten Voraussetzungen des Sonderbedarfs sind in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V angelegt, in dem von einem "qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe" die Rede ist. Schon der Sachzusammenhang spricht insoweit dafür, dass sich dies auf die ärztliche - dh die medizinische - Qualifikation bezieht. Ohne die Bezugnahme auf feststellbare und nachweisbare Qualifikationen des Arztes ließe sich das Instrument der Sonderbedarfszulassung nicht handhaben, weil nicht ermittelbar wäre, wo qualitative Versorgungslücken bestehen.

24

Indem der GBA in § 37 BedarfsplRL(nicht anders als bislang in § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL bzw § 36 Abs 1 Buchst b BedarfsplRL) die besondere Qualifikation ganz eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren ausgerichtet hat, hat er von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V sachgerechten Gebrauch gemacht. Besondere Qualifikationen, denen sich ein Arzt berühmt, die aber nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, bleiben damit außer Betracht. Das gilt für fachliche Kompetenzen wie - selbstverständlich - auch für Kenntnisse, die sich außerhalb der Fachkunde bewegen, aber für die Ausübung der Heilkunde von Bedeutung oder zumindest hilfreich sein können. Solche Fähigkeiten sind etwa Sprachkenntnisse, Kenntnisse der Gebärdensprache und auch - was hier von Bedeutung ist - Kenntnisse der AAC für kommunikationsgestörte Patienten.

25

bb. Ein weitergehendes Verständnis des qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist im Hinblick auf besondere sprachliche und/oder kommunikative Kompetenzen des Arztes auch nicht deshalb geboten, weil andernfalls der Heilbehandlungsanspruch der Versicherten nach § 27 Abs 1 SGB V, der in der Wendung "Versorgungsbedarf" in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V mittelbar angesprochen ist, nicht erfüllt werden könnte.

26

(1) Als Methode der Kommunikation verstanden, die sprachbehinderten Menschen den Austausch mit einem Therapeuten im Rahmen der Behandlung in einem der Richtlinienverfahren ermöglichen soll, ist die AAC der Gebärdensprache vergleichbar: Denn lautsprachlich behinderte bzw nicht sprechende Versicherte müssen - nicht anders als hörbehinderte Menschen - einen entsprechend qualifizierten Sprachmittler hinzuziehen, um sich mit einem Arzt oder Therapeuten verständigen zu können.

27

Wann die Krankenkassen die Kosten für solche Kommunikationsmittler übernehmen müssen, ist gesetzlich vorgegeben. Dies kommt hinsichtlich der Gebärdensprache exemplarisch in § 17 Abs 2 SGB I zum Ausdruck. Danach haben hörbehinderte Menschen das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, Gebärdensprache zu verwenden (Satz 1 aaO); die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind nach Satz 2 Halbsatz 1 aaO verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. Eine vergleichbare Regelung enthält § 19 Abs 1 Satz 2 SGB X für das Verwaltungsverfahren. Es liegt - nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung hörbehinderter Menschen und behinderten Menschen mit besonderer Beeinträchtigung der Sprachfähigkeit in § 57 SGB IX - nahe, dass diese Regelungen in Bezug auf andere geeignete Kommunikationsmethoden entsprechende Anwendung finden. Der rechtliche Gehalt des § 17 Abs 2 SGB I ist jedoch auf ein Recht zur Verwendung bzw Benutzung der Gebärdensprache als Kommunikationsmethode(vgl auch Mrozynski, SGB I, 3. Aufl 2003, § 17 RdNr 24)und zur Übernahme von Dolmetscherkosten beschränkt. Darüber hinausgehende Folgerungen, wie etwa eine besondere Qualifikation von Leistungserbringern oder gar die Schaffung eines speziell auf Gehörlose ausgerichteten Versorgungsangebots lassen sich hieraus nicht entnehmen.

28

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber die Ansprüche kommunikationsgeminderter Patienten auf das Recht zur Benutzung spezieller Kommunikationsmethoden bzw zur Einschaltung von Kommunikationsmittlern und die Übernahme der hieraus resultierenden Kosten beschränkt hat, ist abzuleiten, dass Krankenkassen und KÄVen nicht verpflichtet sind, ein speziell auf sprach- und kommunikationsbehinderte Menschen ausgerichtetes flächendeckendes Versorgungsangebot in jedem Fachgebiet zur Verfügung zu stellen. Dass es der Gesetzgeber in Bezug auf Gehörlose (oder vergleichbare Personengruppen) nicht für möglich und erforderlich gehalten hat, zugleich die Schaffung spezieller Leistungsangebote vorzuschreiben, lässt sich indiziell auch auf die psychotherapeutische Behandlung von lautsprachlich Behinderten übertragen. Der Gesetzgeber sah das Problem ganz offensichtlich in der Kommunikation an sich, nicht hingegen in der spezifischen Qualifikation der Leistungserbringer. Nichts anderes gilt für die AAC: Unterstellt, diese Kommunikationsmethode entspräche in ihrer Funktion der Gebärdensprache bei Gehörlosen, ergäbe sich daraus die Konsequenz, dass - auf Kosten der Krankenkassen - entsprechende Dolmetscher zum Einsatz kommen müssten, nicht aber, dass die Leistungserbringer selbst Kenntnisse dieser Kommunikationsmethode haben müssten oder aus dieser Kenntnis Ansprüche auf eine Sonderbedarfszulassung herleiten könnten.

29

Dem steht nicht entgegen, dass der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zusteht (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 28). Der Gesichtspunkt, dass die Patientengruppe der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten ohne die Anwendung der AAC besondere Hürden überwinden muss, um ihren Leistungsanspruch auf eine psychotherapeutische Behandlung wahrzunehmen, gilt gleichermaßen für andere in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkte Patientengruppen, zB für Gehörlose, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Damit wird nicht in Frage gestellt, dass es für die betroffenen Patienten günstig sein kann, von Ärzten bzw Therapeuten behandelt zu werden, die jenseits ihrer medizinisch-fachlichen Qualifikation etwa über zusätzliche Sprachkenntnisse oder Kenntnisse der Gebärdensprache verfügen. Ein Anspruch darauf, dass jedem Versicherten an jedem Ort solche Therapeuten tatsächlich zur Verfügung stehen, besteht aber nicht. Deshalb kann auf die Fähigkeit eines Arztes oder Psychotherapeuten, mit einem Patienten in der Gebärdensprache oder - die Eignung der Methode unterstellt - mittels der AAC zu kommunizieren, keine Sonderbedarfszulassung gestützt werden.

30

Soweit sich der Kläger auf § 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V beruft, wonach der GBA bei Erlass seiner Richtlinien "den besonderen Erfordernissen der Versorgung behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen und psychisch Kranker" Rechnung zu tragen hat, folgt auch hieraus kein Anspruch auf Berücksichtigung besonderer Kommunikationsmethoden im Rahmen des Sonderbedarfs. Unmittelbare Auswirkungen auf das Leistungsrecht hat diese Vorschrift nicht, da die leistungsrechtlichen Vorschriften zur Krankenbehandlung aus finanziellen Erwägungen heraus nicht erweitert wurden (Roters in Kasseler Komm, § 92 SGB V RdNr 17 unter Hinweis auf den Ausschussbericht zum Gesundheits-Refomgesetz, BT-Drucks 11/3480 S 37). Nichts anderes gilt für § 2a SGB V, welcher bestimmt, dass den besonderen Belangen behinderter und chronisch kranker Menschen Rechnung zu tragen ist. Auch dieser allgemeinen Verpflichtung ist innerhalb des geltenden Rechts Rechnung zu tragen. Besteht aber im Hinblick auf bestimmte Formen der Behinderung kein spezifischer Leistungsanspruch, kann dies auch keinen Sonderbedarf begründen, dem durch entsprechende Zulassungen Rechnung zu tragen wäre. Es wäre Sache des Gesetzgebers, weitergehende Leistungsansprüche (und ggf ihre Auswirkungen auf das Leistungserbringungsrecht) ausdrücklich zu normieren.

31

Auch aus dem Beschluss des BVerfG vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5)lässt sich kein Anspruch auf eine von den gesetzlichen bzw untergesetzlichen Vorgaben abweichende Sonderbedarfszulassung herleiten. Zwar gehört danach die Vorsorge in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung - unter den dort genannten Voraussetzungen - zum Kernbereich der Leistungspflicht der GKV. Jedoch ist nicht erkennbar, dass diese Voraussetzungen auf den hier in Rede stehenden Personenkreis der lautsprachlich Behinderten zutreffen.

32

(2) Sähe man - was eher fernliegt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht wird - in der AAC eine besondere Behandlungsmethode, die speziell für eine psychotherapeutische Behandlung von sprachgestörten Patienten geeignet ist, würde schon der Methodenvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V und - bezogen auf die Psychotherapie - die Begrenzung des Versorgungsanspruchs der Versicherten auf die drei Richtlinienverfahren einer entsprechenden Ausweitung des Begriffs "Versorgungsbedarf" entgegenstehen. Für eine Anerkennung als eigenständige Behandlungsmethode fehlte es bereits an der Einleitung eines entsprechenden Prüfverfahrens, erst recht am Vorliegen entsprechender Empfehlungen.

33

cc. Durch die zum 1.1.2012 erfolgte Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V ist - anders als der Kläger meint - keine grundlegende Änderung der an eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung zu stellenden Anforderungen eingetreten; insbesondere ergeben sich hieraus keine Auswirkungen auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch. Für die - die Gesetzesänderung nachvollziehende - Änderung der BedarfsplRL gilt nichts anderes. Zwar dient die Änderung des § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V nach der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG(BT-Drucks 17/6906 S 43 unter Allgemeiner Teil sowie S 73 f zu Nr 35 Buchst a Doppelbuchst aa) auch einer Erweiterung der Möglichkeit zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen, insbesondere aber der Präzisierung der Vorgaben: Anlass hierfür sieht der Gesetzgeber (aaO S 74) darin, dass die Zulassungsgremien von der Möglichkeit der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen in sehr unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht hätten und die Umsetzung der gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben der Praxis offenbar Probleme bereite. Namentlich an der grundlegenden Orientierung am ärztlichen Weiterbildungsrecht hat sich durch die Neuregelung indessen nichts geändert.

34

d. Erst recht kommt keine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs in Betracht. Der lokale Sonderbedarf ist darauf ausgerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 35). Nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung, vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz vom 3.7.2013) setzt ein lokaler Sonderbedarf voraus, dass "aufgrund von … Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geografische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen". Selbst wenn man unterstellte, dass ohne die Kommunikationsmethode AAC in Bezug auf den Personenkreis der lautsprachlich behinderten bzw nicht sprechenden Versicherten Versorgungsdefizite bestünden, beruhte dies jedenfalls nicht auf den "Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs" iS des § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL nF; entsprechender Bedarf bestünde dann vielmehr in allen Planungsbereichen.

35

3. Auch eine Ermächtigung des Klägers kommt nicht in Betracht, denn nach der Rechtsprechung des Senats können Leistungen, die nicht Gegenstand des Leistungsumfangs der GKV sind, von vornherein weder Grundlage einer Sonderbedarfszulassung noch einer Ermächtigung sein (BSG Urteil vom 17.10.2007 - B 6 KA 31/07 R - Juris RdNr 27 = USK 2007-95). Wie dargelegt, ist die Gewährleistung einer unmittelbaren Verständigungsmöglichkeit von sprachbehinderten Patienten mit ihren Ärzten und Therapeuten nicht in dem Sinne von der Krankenkasse geschuldet, dass sie jedem Patienten ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen müsste.

36

4. Ob es Konstellationen gibt, in denen Patienten trotz ihrer fehlenden sprachlichen Artikulationsfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges von einer Verhaltenstherapie oder einer Psychoanalyse profitieren können, ist in diesem Verfahren ebenso wenig zu klären wie die Frage, ob es - bei Bejahung der vorangestellten Frage - darunter wiederum Konstellationen gibt, in denen der Behandlungserfolg nicht gewährleistet wäre, wenn ein Kommunikationsmittler eingeschaltet wird, sondern nur dann, wenn der Therapeut selbst neben dem Richtlinienverfahren auch die AAC-Methode beherrscht. Sollte beides in ganz besonders gelagerten Fällen gegeben sein, hätte das nicht zur Folge, dass einem Therapeuten eine Sonderbedarfszulassung (oder eine Ermächtigung) zu erteilen wäre, sondern es käme insoweit - wie dies der Senat im Fall der Angewiesenheit eines Patienten auf Leistungen der Gesprächstherapie angenommen hat (s BSGE 105, 26 = SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 37 ff)- nur eine Versorgung auf der Grundlage eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 6. ist nicht veranlasst, da diese keinen Antrag gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Behörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

1.
Auskünfte jeder Art, auch elektronisch und als elektronisches Dokument, einholen,
2.
Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
3.
Urkunden und Akten beiziehen,
4.
den Augenschein einnehmen.
Urkunden und Akten können auch in elektronischer Form beigezogen werden, es sei denn, durch Rechtsvorschrift ist etwas anderes bestimmt.

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Eine solche Pflicht besteht auch dann, wenn die Aussage oder die Erstattung von Gutachten im Rahmen von § 407 der Zivilprozessordnung zur Entscheidung über die Entstehung, Erbringung, Fortsetzung, das Ruhen, die Entziehung oder den Wegfall einer Sozialleistung sowie deren Höhe unabweisbar ist. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Recht, ein Zeugnis oder ein Gutachten zu verweigern, über die Ablehnung von Sachverständigen sowie über die Vernehmung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes als Zeugen oder Sachverständige gelten entsprechend. Falls die Behörde Zeugen, Sachverständige und Dritte herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung; mit Sachverständigen kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.

(4) Die Finanzbehörden haben, soweit es im Verfahren nach diesem Gesetzbuch erforderlich ist, Auskunft über die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungspflichtigen, Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen.

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

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Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Drittanfechtung einer Sonderbedarfszulassung im Bereich der Dialyseversorgung.

2

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft aus vier Fachärzten für Innere Medizin; zwei von ihnen haben auch die Zusatzqualifikation für Nephrologie. Sie betreut nach ihren Angaben im Jahresdurchschnitt ca 70 Dialysepatienten an ihrem Hauptsitz in der Stadt M. und in ihrer mehr als 30 km entfernten - seit dem 1.4.2001 betriebenen - Zweigpraxis in W.S.

3

In der Nähe dieser Zweigpraxis besteht seit dem 1.4.2000 eine Dialysepraxis des Dr. H., eines Facharztes für Innere Medizin mit der Zusatzqualifikation für Nephrologie. Die Entfernung zur Zweigpraxis der Klägerin beträgt ca 6 km. Im Laufe der Jahre stieg die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten auf mehr als 30. Im Jahr 2006 kamen Dr. H. und der zu 7. beigeladene Dr. L. - ebenfalls Facharzt für Innere Medizin mit der Zusatzqualifikation für Nephrologie - überein, dass dieser als Partner in die Praxis eintreten solle. Antragsgemäß sicherte die zu 5. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) der künftigen, aus Dr. H. und dem Beigeladenen zu 7. bestehenden Gemeinschaftspraxis die Erteilung eines Versorgungsauftrages zur Dialyseversorgung gemäß Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) zu (Bescheid vom 13.10.2006 - nach vorheriger Einholung des Einvernehmens der Krankenkassen ) . Der Zulassungsausschuss erteilte dem Beigeladenen zu 7. gemäß § 24(bzw bis 31.3.2007: Nr 24) Buchst e Nr 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte (BedarfsplRL) eine Sonderbedarfszulassung zur Dialyseversorgung. Die Klägerin erhob Widerspruch, den der beklagte Berufungsausschuss als unzulässig zurückwies (Beschluss/Bescheid des Zulassungsausschusses vom 27.9./20.11.2006; Beschluss/Bescheid des Berufungsausschusses vom 8.2./20.3.2007). Der Beklagte ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Zulassung an; dementsprechend hat die Gemeinschaftspraxis aus Dr. H. und Dr. L. ihre Tätigkeit bereits aufgenommen.

4

Die Klägerin ist mit ihrer Klage gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. auch beim SG erfolglos geblieben (Urteil vom 17.2.2010) . Dieses hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig (Urteil aaO S 8 und 13 = Juris RdNr 22 und 34), aber unbegründet. Die Zulassungsgremien hätten die Sonderbedarfszulassung dem Beigeladenen zu 7. zu Recht erteilt (Juris aaO RdNr 23 ff). Eine Zulassung sei trotz der Zulassungssperre wegen Überversorgung (Versorgungsgrad 370,2 %) möglich, weil die Voraussetzungen gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL vorlägen. Der Beigeladene zu 7. trete als zweiter Arzt in die Dialysepraxis des Dr. H. ein, in der die Behandlungen als sog Zentrumsdialyse durchgeführt würden und die Patientengrenzzahl von 30 Patienten pro Jahr nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren (Blutreinigungsvereinbarung = BlutreinigungsV) überschritten sei. Da die Voraussetzungen nach dieser Vereinbarung erfüllt seien, habe die KÄV die Genehmigung des Versorgungsauftrages im Einvernehmen mit den KKn zugesichert. Die Bedarfssituation im Hinblick auf die ca 6 km entfernte Dialysepraxis der Klägerin und die damit zusammenhängende Frage, ob die Zulassung des Beigeladenen zu 7. unerlässlich sei, bedürfe keiner Überprüfung. Eine solche zusätzliche Prüfung wäre nur geboten, wenn die Zulassung eines weiteren Arztes über einen zweiten hinaus anstünde; der Beigeladene zu 7. werde aber eben nur als zweiter Arzt tätig. Den Anforderungen des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V werde durch die Regelungen über den Arzt-Patienten-Schlüssel ausreichend Rechnung getragen.

5

Mit ihrer (Sprung-)Revision wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des SG, dass im Falle der Sonderbedarfszulassung eines zweiten Arztes nach § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL keine zusätzliche konkrete Bedarfsprüfung erforderlich sei. Sie beruft sich dafür auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V, wonach Sonderbedarfszulassungen zur Wahrung der Versorgungsqualität nur erteilt werden dürften, wenn dies unerlässlich sei; nur nach Maßgabe der höherrangigen gesetzlichen Regelungen des SGB V könne den untergesetzlichen Vorschriften des § 24 Buchst a bis e BedarfsplRL Relevanz zukommen. Demgemäß sei die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. rechtswidrig; denn sie - die Klägerin - könne alle Dialysepatienten, die Dr. H. wegen der Überschreitung der Grenzzahl von 30 Patienten nicht behandeln dürfe, in ihrer Zweigpraxis versorgen. Nur dies entspreche auch dem vom BSG betonten Vorrang der Sicherstellung der ambulanten Versorgung durch die bereits niedergelassenen Vertragsärzte. Das SG habe in der Regelung über den Arzt-Patienten-Schlüssel in der BlutreinigungsV zu Unrecht eine zulässige Konkretisierung des Begriffs der Unerlässlichkeit iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gesehen. Dies sei verfehlt, weil die BlutreinigungsV in der Normenhierarchie unterhalb des SGB V und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) stehe. Darin eine bedarfsplanerische Konkretisierung zu sehen, sei auch deshalb verfehlt, weil die BlutreinigungsV keine planerischen, sondern ausschließlich qualitative Anforderungen regele, wie sich daran zeige, dass sie gleichermaßen in offenen wie gesperrten Planungsbereichen gelte. Vielmehr sei das Unerlässlichkeits-Erfordernis des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V zu beachten, es sei ein dem § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL immanentes, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Dementsprechend sei die Regelung in der BlutreinigungsV, dass ein Dialysearzt bei mehr als 30 Dialysepatienten alternativ zur Hereinnahme eines zweiten Arztes die Zahl seiner Dialysepatienten auf 30 verringern könne, dahin auszulegen, dass bei anderweitig ausreichenden Versorgungsangeboten eine Pflicht zur Verringerung der Patientenzahl bestehe und nur bei anderweitig nicht deckbarem Versorgungsbedarf Raum für eine Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt sei. Nach alledem hätte dem Beigeladenen zu 7. keine Sonderbedarfszulassung erteilt werden dürfen. Die Zulassungsgremien seien schließlich auch nicht deshalb an der Versagung der (Sonderbedarfs-)Zulassung für den zweiten Arzt gehindert, weil die KÄV bereits die Genehmigung des Versorgungsauftrages zugesichert habe; die Entscheidung der KÄV sei nicht präjudiziell, weil diese die Unerlässlichkeit für die Sicherstellung nicht zu prüfen habe, da sich § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V und § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL nicht an die KÄV, sondern nur an die Zulassungsgremien richteten.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17.2.2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20.3.2007 zu verpflichten, auf ihren Widerspruch hin die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. aufzuheben und dessen Zulassungsantrag abzulehnen.

7

Der Beklagte und der Beigeladene zu 7. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigen das Urteil des SG.

9

Der Beklagte macht geltend, die Überschreitung der in der BlutreinigungsV normierten Patientengrenzzahl begründe - vorausgesetzt, die KÄV erteile die Genehmigung des Versorgungsauftrages zur Dialyseversorgung oder sichere deren Erteilung zu - einen unmittelbaren Zulassungsanspruch gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL. Für eine zusätzliche Bedarfsprüfung sei kein Raum. Ansonsten könnten die Zulassungsgremien einen Verwaltungsakt der KÄV leerlaufen lassen, die Zulassungsgremien seien der KÄV aber nicht übergeordnet. Die KÄV habe bei Überschreitung der Patientengrenzzahl gerade zu überprüfen, ob ausnahmsweise eine weitere Zulassung zur Wahrung der Versorgungsqualität erforderlich sei. Eine Pflicht des bereits zugelassenen Nephrologen, bei einer Überschreitung der Grenzzahl seine Patientenzahl zu verringern, bestehe nicht und griffe in unzulässiger Weise in die Rechtssphäre des bereits Zugelassenen ein. Die Pflicht zur Erteilung eines Versorgungsauftrages und einer Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt bei Aquirierung von mehr als 30 Patienten entspreche dem Idealbild der freien Arztwahl.

10

Der Beigeladene zu 7. hält das Urteil des SG ebenfalls für zutreffend. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügten die Regelungen des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV dem Erfordernis, dass gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V der zusätzliche Vertragsarztsitz zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sein müsse. Darin liege eine zulässige Konkretisierung und abschließende Präzisierung. Die Möglichkeit der Konkretisierung der Anforderungen des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch untergesetzliche Regelungen habe das BSG bereits anerkannt.

11

Die zu 5. beigeladene KÄV weist zur Regelung des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV noch darauf hin, dass die Möglichkeit der Hereinnahme eines weiteren Arztes - ebenso wie die Möglichkeit der Ersetzung eines ausscheidenden Arztes gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV - im Hinblick auf das Bestandsinteresse der vorhandenen Praxen sachgerecht sei.

12

Die übrigen Beigeladenen beziehen im Revisionsverfahren nicht Stellung und stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Ihr steht zwar die Berechtigung zur (Dritt-)Anfechtung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. zu (unten A.) . Deren Erteilung ist aber rechtlich nicht zu beanstanden (unten B.) .

14

A. Die Klägerin ist zur (Dritt-)Anfechtung der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. berechtigt. Die dafür vom BSG formulierten Voraussetzungen sind erfüllt.

15

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Die Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten wäre nur dann unzulässig, wenn dessen Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein könnten (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 14, 17 mit BVerwG-Angaben; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 16; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 16; zur sog Möglichkeitstheorie s zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17, und - prononciert - BVerwGE 133, 347 RdNr 6 ff) . Das ist hier jedoch nicht der Fall. Inwieweit im Dialysebereich Besonderheiten bei der Frage bestehen, ob bereits zugelassene Vertragsärzte zur Anfechtung der anderen Ärzten erteilten Sonderbedarfszulassungen berechtigt sind, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Das Urteil vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 22 ff) hat sich auf eine Dialysegenehmigung nach früherem Recht bezogen, wovon die hiesige Konstellation abweicht (näheres hierzu vgl RdNr 23).

16

Eine Betroffenheit der Klägerin in eigenen Rechten scheidet nicht deshalb aus, weil der Beigeladene zu 7. an einem Ort außerhalb ihrer Versorgungsregion von höchstens 30 km praktiziert. In dieser Weise nur auf die Stammpraxis abzustellen, berücksichtigt nicht, dass auch im Dialysebereich gemäß § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä die Möglichkeit besteht, Zweigpraxen zu betreiben, und zwar auch außerhalb der Versorgungsregion, und dass Zweigpraxen generell als Bedarfsdeckung im Verhältnis zu Sonderbedarfszulassungsbegehren zu berücksichtigen sind (hierzu BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 25-33) und deshalb auch als Ausgangspunkt für Konkurrentenabwehrklagen in Betracht kommen (dazu näher unten RdNr 26). Überdies kann aus einer räumlichen Grenze wie der Versorgungsregion, auf die in § 7 Abs 2 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä abgestellt wird, ohnehin keine Beschränkung für Drittanfechtungsberechtigungen hergeleitet werden. Ein Dialysearzt darf Patienten von außerhalb seiner Versorgungsregion betreuen, sodass sich auch hieraus eine ausreichende Grundlage für das Bestehen eines faktischen Konkurrentenverhältnisses ergeben kann, so wie der Senat das bereits für Patienten von außerhalb der Planungsbereichsgrenzen anerkannt hat (vgl hierzu BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 19 f). Die Klägerin hat im Übrigen auch der Zahl nach nicht etwa schon ihren Dialyse-Versorgungsauftrag ausgeschöpft, sodass ihr nicht entgegengehalten werden kann, sie habe keine weiteren Behandlungskapazitäten. Der Versorgungsauftrag erstreckt sich bei einer Gemeinschaftspraxis aus vier Ärzten mit entsprechender Qualifikation auf jährlich 200 kontinuierlich behandelte Dialysepatienten (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 2 BlutreinigungsV) , während die Klägerin nach ihren unbestrittenen Angaben im Jahresdurchschnitt - am Hauptsitz in der Stadt M. und in ihrer Zweigpraxis in W.S. - insgesamt nur ca 70 Dialysepatienten betreut.

17

Maßgeblich für die Erhebung einer Konkurrentenabwehrklage ist, ob hinsichtlich eines substantiellen Teils der Patientenschaft des anfechtenden Arztes ein faktisches Konkurrenzverhältnis besteht (BSG aaO RdNr 22 ff, 24 mit Abstellen auf 5 % der Gesamtfallzahl) . Dies ist der maßgebliche Gesichtspunkt; ihn hat der Senat im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 wiederholt hervorgehoben (vgl BVerfG vom 17.8.2004 - 1 BvR 378/00 - SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 18 ff; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dies könnte auch in der vorliegenden Konstellation in Betracht kommen. Die Detailprüfung ist der Prüfung der Anfechtungsberechtigung im Rahmen der Begründetheit vorbehalten (nachfolgend 2.) .

18

2. Die Klägerin ist berechtigt, die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. anzufechten; denn die Voraussetzungen für eine Drittanfechtungsberechtigung liegen nach den Maßstäben der Senatsrechtsprechung vor. Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (s zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 ff und 26 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt bzw die Berufsausübungsgemeinschaft berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die den Dritten begünstigende Entscheidung in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig war (hierzu vgl unten B.).

19

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) - im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen (1) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (grundlegend BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19, 21; dies weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22-24; s ferner die oben in RdNr 17 zitierten Entscheidungen) ; weiterhin muss (2) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein zusätzlicher Leistungsbereich genehmigt worden sein (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 23 iVm 32; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19, 24 ); ferner muss (3) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19-21; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19, 21; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19) .

20

Das BVerfG hat in einem Beschluss vom 23.4.2009 an diese Rechtsprechung angeknüpft (vgl BVerfG vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977). Danach muss auf die Klage eines Dritten hin immer dann eine rechtliche Überprüfung stattfinden, wenn eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse durch die Zulassung von Konkurrenten zu besorgen ist, weil den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber den Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG aaO GesR aaO S 376 f = NVwZ aaO S 977 = Juris RdNr 9 unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004 - 1 BvR 378/00 - SozR 4-1500 § 54 Nr 4).

21

a) Die Sonderbedarfszulassung, die der zu 7. beigeladene Arzt erhalten hat, ist gegenüber dem Zulassungsstatus der Klägerin nachrangig.

22

Sonderbedarfszulassungen dürfen nur erteilt werden, wenn der Versorgungsbedarf nicht durch die bereits zugelassenen Ärzte gedeckt wird. Dies ergibt deren Vorrang vor den eine Zulassung erst anstrebenden Ärzten (BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22); dieser Vorrang gilt auch für diejenigen bereits zugelassenen Ärzte, die selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurden (BSG aaO RdNr 23 f) . Für die Dialyseversorgung gilt insoweit nichts anderes. Deshalb besteht ein grundsätzlicher Vorrang der Klägerin mit ihrer Zweigpraxis in W.S. gegenüber der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7.

23

Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zur früheren Senatsentscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 25 ff) , in der der Senat die Berechtigung zur Drittanfechtung einer Dialysegenehmigung verneint hat. Das damalige Urteil gründete sich auf eine grundlegend andere Rechtslage. Ihm lag die BlutreinigungsV in der früheren Fassung vom 16.6.1997 und die darauf gestützte, im Jahr 1999 erteilte Dialysegenehmigung zugrunde. Diese Fassung war ausschließlich auf Qualitätssicherung ausgerichtet und nicht zusätzlich, wie die heutige Fassung, auch auf einen Vorrang der bereits zur Dialyseversorgung zugelassenen Ärzte bzw Gemeinschaftspraxen (vgl BSG aaO RdNr 23 ff, 32). Heute ist die Erteilung einer Dialysebefugnis gemäß der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der BlutreinigungsV von zahlreichen Voraussetzungen abhängig, die teilweise auch bedarfsplanerische Elemente sowie einen Vorrang der bestehenden Dialysepraxen enthalten (Erteilung eines Versorgungsauftrages, Ausrichtung auf eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur, Auslastungsgrad in der Versorgungsregion, Einhaltung eines Arzt-Patienten-Schlüssels, vgl dazu insbesondere § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä, §§ 3-8 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä, § 5 Abs 7 BlutreinigungsV) . In einem Planungsbereich, in dem im Bereich der Dialyseversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, ist - zusätzlich - eine spezifisch auf die Dialyseversorgung ausgerichtete Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst e BedarfsplRL erforderlich.

24

b) Auch die weitere Voraussetzung für die Anfechtungsberechtigung, dass der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen, ist erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt bzw die Berufsausübungsgemeinschaft eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner/ihrer Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten haben (BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich faktisch der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis desjenigen, dem die Sonderbedarfszulassung erteilt worden ist, in relevantem Maße überschneidet (BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24: mehr als 5 %; ebenso BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Dies ist vorliegend bezogen auf die von der Klägerin betriebene Zweigpraxis der Fall:

25

Das Bestehen eines faktischen Konkurrenzverhältnisses ist im Verhältnis von zwei nur ca 6 km voneinander entfernt liegenden Dialysepraxen plausibel: Bei solcher Nähe und solchen engen Leistungszuschnitt - zumal beide mit dem Angebot von sog Ferien-Dialyse werben - bedarf es weder näherer Darlegungen des Anfechtenden noch näherer Ermittlungen durch die Zulassungsgremien oder die Gerichte, sondern ist ohne Weiteres ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f) .

26

Der Anfechtungsberechtigung der Klägerin steht nicht entgegen, dass diese ihre gegen die Sonderbedarfszulassung gerichtete Drittanfechtung nicht auf freie Kapazitäten an ihrem Hauptsitz in der mehr als 30 km entfernten Stadt M. stützt, sondern darauf, dass sie in ihrer Zweigpraxis noch freie Behandlungskapazitäten für zahlreiche weitere Dialysepatienten habe; sie macht geltend, sie könne hier den gesamten Versorgungsbedarf befriedigen, den Dr. H. durch die Hereinnahme des Beigeladenen zu 7. in seine Praxis decken wolle. Dies reicht für die Anfechtungsberechtigung aus, denn der gemäß § 24 Abs 3 Ärzte-ZV genehmigte Betrieb von Zweigpraxen ist bei der Beurteilung, ob vorhandene Versorgungsangebote den Bedarf decken können, ebenso wie Angebote von Hauptpraxen zu berücksichtigen: Insoweit liegt nach der Rechtsprechung des Senats eine tatsächliche Bedarfsdeckung vor, die eine Sonderbedarfszulassung ausschließen kann(BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 25-33). Hiervon ausgehend ist dem Betreiber einer genehmigten Zweigpraxis auch die Berechtigung zuzuerkennen, geltend zu machen, aufgrund seines Leistungsangebotes bestehe für eine zusätzliche Sonderbedarfszulassung kein Bedarf. Der Betreiber einer Zweigpraxis ist mithin grundsätzlich berechtigt, einen Bescheid anzufechten, durch den einem anderen Arzt eine Sonderbedarfszulassung erteilt wird (zur Einbeziehung der Zweigpraxis in das Reglement der Dialyseversorgung im BMV-Ä und EKV-Ä vgl § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) .

27

Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Senat - gleichsam umgekehrt - Vertragsärzte nicht als berechtigt angesehen hat, die Genehmigung einer Zweigpraxis anzufechten (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 31 ff, 40). Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass eine solche Genehmigung keine Versorgungslücke voraussetzt, also nicht bedarfsabhängig ist (BSG aaO insbesondere RdNr 35). Die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung setzt dagegen das Vorliegen einer Versorgungslücke voraus und kann daher - bei Erbringung gleicher Leistungen im selben räumlichen Bereich - durch Dritte angefochten werden (BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21-24 mwN; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 19-22; ferner oben RdNr 21 ff).

28

c) Schließlich ist auch die Voraussetzung erfüllt, dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein zusätzlicher Leistungsbereich genehmigt wird (vgl hierzu oben RdNr 19). Dies ergibt sich in einer Fallkonstellation der vorliegenden Art daraus, dass der Konkurrent - hier: der Beigeladene zu 7. - die Berechtigung zur Dialyseversorgung nur durch Erlangung einer spezifisch auf die Dialyseversorgung ausgerichteten Sonderbedarfszulassung gemäß § 24(bis zum 31.3.2007: Nr 24) Buchst e BedarfsplRL erreichen kann; dafür muss er diesen Status erlangen. Ob ein Konkurrent (auch) die Erteilung eines Dialyseversorgungsauftrages durch die KÄV anfechten kann, ist hier nicht von Bedeutung und bleibt deshalb offen (s dazu die im Jahr 2012 zur Entscheidung anstehenden Revisionsverfahren B 6 KA 41/11 R und B 6 KA 42/11 R).

29

B. Die Entscheidung des Beklagten, den Beigeladenen zu 7. wegen Sonderbedarfs zur Dialyseversorgung zuzulassen, war rechtmäßig. Die dafür in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV normierten Voraussetzungen sind erfüllt. Diese Regelungen der BedarfsplRL und der BlutreinigungsV halten sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des GBA und der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V.

30

1. Ist in einem Planungsbereich die Zulassung von Ärzten einer Facharztgruppe wegen Überversorgung beschränkt (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V iVm BedarfsplRL) , so ist die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nur zulässig, soweit dies zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich ist. Diese Regelung sieht vor, dass der GBA dazu nähere Bestimmungen trifft.

31

Solche Vorschriften hat der GBA in § 24 Buchst a bis e, §§ 25, 26 BedarfsplRL normiert. Er hat spezielle Bestimmungen für die Dialyseversorgung in § 24 Buchst e BedarfsplRL getroffen mit Vorschriften sowohl für den Fall, dass in eine bereits bestehende Dialysepraxis ein weiterer Arzt eintreten und an dem - dann entsprechend zu erweiternden - Versorgungsauftrag mitwirken will, als auch für den Fall, dass eine Dialysepraxis neu eröffnet werden soll. Gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL ist für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an einen weiteren Arzt, der in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, Voraussetzung, dass die Vorgaben der BlutreinigungsV iVm § 7 Abs 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä dies erfordern; notwendig ist mithin, dass der Arzt-Patienten-Schlüssel gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV die Mitwirkung eines weiteren Arztes erfordert, dh dass die Praxis mehr als 30, 100, 150 usw kontinuierlich behandelte Dialysepatienten pro Jahr betreut. Spezielle Regelungen bestehen gemäß § 24 Buchst e Nr 1 BedarfsplRL und § 6 Abs 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä für die Neueröffnung einer Dialysepraxis; dafür ist maßgeblich, ob dies "zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung" geschieht. Gemäß dem abschließenden Passus des § 24 Buchst e BedarfsplRL ist sowohl im Fall des Eintritts eines weiteren Arztes in eine Dialysepraxis als auch im Fall der Neueröffnung einer Dialysepraxis zusätzlich erforderlich, dass die KÄV die Genehmigung zur Durchführung des Versorgungsauftrages für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä die Erteilung zugesichert hat ("erteilt werden soll").

32

Soweit ein weiterer Arzt im Wege der Sonderbedarfszulassung in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten will, wird danach differenziert, ob ein zweiter Arzt oder ob ein dritter, vierter usw Arzt mit Blick auf den Arzt-Patienten-Schlüssel des § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 und 2 BlutreinigungsV in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem - entsprechend zu erweiternden - Versorgungsauftrag mitwirken will. In § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL wird auf § 7 Abs 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä verwiesen: Wird nur erst ein zweiter Arzt für eine Dialysepraxis erforderlich - gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV bei mehr als 30 kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr -, so müssen gemäß § 7 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä weitere arzt- und betriebsstättenbezogene Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sein (zB nephrologische Qualifikation gemäß § 4, apparative Ausstattung gemäß § 6 BlutreinigungsV). Wird ein dritter, vierter usw Arzt für eine Dialysepraxis erforderlich - gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 2 BlutreinigungsV bei mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr -, so müssen aufgrund der weitergehenden Verweisung des § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä, die zusätzlich Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä in Bezug nimmt, auch die Regelungen über eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur mit der Konkretisierung durch § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erfüllt sein: Bei mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr hängt somit die Sonderbedarfszulassung für den dritten, vierten usw Arzt, der in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, zusätzlich von den Regelungen des § 6 aaO über die Versorgungsregionen ab; demgemäß müssen die dort bisher bestehenden Praxen, Zweigpraxen und ausgelagerten Praxisstätten, deren Versorgungsregion - mit einem Radius von 10 oder 20 oder 30 km - betroffen ist, zu mindestens 90 % ausgelastet sein (s näher § 6 Abs 1 aaO mit weiteren Regelungen in Abs 2 bis 4 und im Anhang 9.1.5) .

33

2. Demnach bestehen für den Fall, dass ein zweiter Arzt - wegen einer Patientenschaft von mehr als 30 kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr - im Wege der Sonderbedarfszulassung in eine bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, geringere Voraussetzungen, als wenn ein dritter, vierter usw Arzt - wegen einer Patientenschaft von mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr - in eine bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will. Erst bei dem Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes ist auch der Auslastungsgrad der schon bestehenden Dialysepraxen, Zweigpraxen und ausgelagerten Praxisstätten mit ihren Versorgungsregionen zu prüfen (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit Verweisung auch auf Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 iVm § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). Eine solche Prüfung ist demgegenüber bei dem Eintritt eines zweiten Arztes in eine bestehende Praxis im Wege der Erlangung einer Sonderbedarfszulassung in den Vorschriften nicht vorgesehen (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV, ohne Inbezugnahme von § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä).

34

Die Klägerin macht indessen geltend, auch in dem Fall des Eintritts nur erst eines zweiten Arztes müsse geprüft werden, ob die anderen bereits bestehenden Dialysepraxen einschließlich ihrer Zweigpraxen noch freie Behandlungskapazitäten haben oder ausgelastet sind. Sie beruft sich hierfür auf den Normtext des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V, wonach zusätzliche Vertragsarztsitze nur "ausnahmsweise", wenn dies zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung "unerlässlich" sei, besetzt werden dürften. Hieraus leitet die Klägerin ab, dass eine Sonderbedarfszulassung dann nicht erteilt werden dürfe, wenn - wie hier - eine nicht ausgelastete Zweigpraxis einer Dialyse-Gemeinschaftspraxis (vgl dazu § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) sehr nahe bei dem Standort betrieben wird, an dem der neue Arzt - hier der Beigeladene zu 7. - in eine bestehende Praxis zusätzlich eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will. Mit dieser Argumentation dringt die Klägerin indessen nicht durch. Die Privilegierung des Eintritts des zweiten Arztes in eine bestehende Dialysepraxis ist vielmehr gerechtfertigt: Der GBA hat bei der ihm zugewiesenen Konkretisierung der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

35

a) Die dem GBA durch § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V eingeräumte Konkretisierungsbefugnis("Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über … <3.> Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze …") steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Der Gesetzgeber hat Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung in ausreichendem Maße vorgegeben, er hat die wesentlichen Fragen selbst entschieden (vgl zu alledem zuletzt BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14 mwN). Der GBA hat bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben zu beachten, dass die Ausnahmeregelungen nicht zu eng gefasst sein dürfen; denn es muss gewährleistet werden, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten sichergestellt bleibt (vgl hierzu zuletzt BSG vom 8.12.2010 aaO RdNr 14, und BSG vom 23.3.2011 - B 6 KA 8/10 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 15) .

36

Diesen Anforderungen hat der GBA im Bereich der Dialyseversorgung dadurch in unbedenklicher Weise Rechnung getragen, dass er in § 24 Buchst e BedarfsplRL die beiden Sonderbedarfszulassungstatbestände der Nr 1 und der Nr 2 geschaffen hat. Mit diesen Regelungen hat er sich im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehalten. Insbesondere durfte er für die Eröffnung einer neuen Dialysepraxis (aaO Nr 1) und für den Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes in eine bestehende Dialysepraxis (aaO Nr 2 iVm § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit Verweisung auch auf Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 iVm § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) andere Voraussetzungen normieren als für den Eintritt eines erst zweiten Arztes in eine Dialysepraxis (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV). Die Ungleichbehandlung, die darin liegt, dass für den Eintritt eines zweiten Arztes in eine Dialysepraxis keine Prüfung einer Versorgungslücke vorgesehen ist, sondern nur maßgeblich ist, ob die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten mehr als 30 beträgt (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV), ist nicht zu beanstanden:

37

Besonderes Gewicht kommt insoweit dem Gesichtspunkt zu, dass die Privilegierung des Eintritts eines zweiten Arztes im Interesse einer "kooperativen Dialyseversorgung" liegt. Der Verbesserung des Versorgungsstandards und der Versorgungssicherheit durch die gemeinschaftliche Verantwortung von zwei Ärzten darf besonderes Gewicht beigemessen werden (vgl ebenso BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5, zB RdNr 42, zum kooperativen Belegarztwesen). Dies gewährleistet, dass bei Abwesenheiten eines Arztes ein zweiter Arzt verfügbar ist, der auch die Patienten kennt. Dies betrifft nicht nur die alltäglichen kurzfristigen Abwesenheiten, sondern auch längere Abwesenheiten durch zB Krankheit, Urlaub, Fortbildung. Bei Dialysebehandlungen kommt noch hinzu, dass nicht unerhebliche Risiken plötzlicher gesundheitlicher Verschlechterungen im Kreislaufbereich zu gewärtigen sind, die schnelles ärztliches Eingreifen erfordern können. Deswegen ist es gerade im Dialysebereich gerechtfertigt, dem Eintritt eines zweiten Arztes in die Praxis einen besonders hohen Stellenwert beizumessen.

38

Der GBA darf weiterhin dem in der wachsenden Patientenzahl zum Ausdruck kommenden Interesse der Patienten, gerade in dieser Praxis - und nicht in einer anderen (Zweig-)Praxis - versorgt zu werden, einen hohen Stellenwert einräumen, und in einer solchen Situation die Versorgungsbereitschaft der anderen Praxen als nachrangig bewerten. Der GBA hat sich auch von dem Ziel leiten lassen dürfen, bereits bestehende und durch Patientenzulauf sich vergrößernde Praxen in ihrem erworbenen Bestand abzusichern. Dem dient sowohl die Regelung, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus einer Gemeinschaftspraxis dieser ersetzt werden kann (vgl § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV mit Vorgabe einer Frist von sechs Monaten), als auch die Bestimmung, dass bei Anwachsen der Patientenzahlen einer Einzelpraxis deren vergrößerter Bestand durch erleichterte Hereinnahme eines zweiten Arztes abgesichert werden kann (zum hohen Gewicht des Bestandsinteresses einer Dialysepraxis s auch BSG vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/10 R - in RdNr 26-29, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) .

39

Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass der GBA die Sonderbedarfszulassung für den hinzutretenden zweiten Arzt gegenüber anderen Konstellationen privilegiert hat. Er durfte maßgeblich darauf abstellen, ob die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten auf mehr als 30 gestiegen ist (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV), und musste die Sonderbedarfszulassung nicht wie beim Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes auch davon abhängig machen, ob die zusätzlichen Patienten anderswo versorgt werden können.

40

b) Diese Privilegierung des Eintritts eines zweiten Arztes in eine bestehende Dialysepraxis genügt entgegen der Ansicht der Klägerin auch den Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V. Hiernach dürfen Sonderbedarfszulassungen nur "ausnahmsweise" erteilt werden, wenn sie "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind".

41

Das Tatbestandsmerkmal "unerlässlich" ist auf das in Deutschland vorhandene, an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete Versorgungsniveau zu beziehen. Eine Auslegung in der Weise, dass nur reale Versorgungsnotstände behoben werden dürften, ist weder geboten noch liegt sie der bisherigen Rechtsprechung des Senats zugrunde. Weder die Vorgabe in § 24 Buchst b letzter Satz BedarfsplRL, das Leistungsangebot von Krankenhäusern bei Sonderbedarfszulassungen außer Betracht zu lassen, noch die Aussage des Senats, Wartezeiten der Versicherten auf notwendige Untersuchungstermine von mehr als zwei Monaten dürften durch Sonderbedarfszulassungen vermieden werden(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 20), passen zu einem Verständnis des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V als reiner Notstandsregelung. Vielmehr darf die Konkretisierung dieser Regelung auch an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten unterhalb dieser Schwelle ausgerichtet sein; den Interessen der Patienten an zumutbaren Wartezeiten auch auf nicht vital indizierte Untersuchungen und an einem flächendeckenden Angebot an Dialyseplätzen darf der GBA Rechnung tragen.

42

c) Schließlich ist auch die Argumentation der Klägerin erfolglos, der Inhaber einer Dialysepraxis, deren Patientenzahl mehr als 30 betrage, sei nicht auswahlberechtigt, ob er einen weiteren Arzt in seine Dialysepraxis hereinnehmen wolle oder ob er seine Patientenzahl auf 30 begrenze. Eine Vorgabe derart, er müsse in letzterem Sinne verfahren, wenn eine andere nahegelegene Dialysepraxis versorgungsbereit sei, besteht nicht. In § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL ist ohne eine solche Einschränkung der Anspruch normiert, dass bei einer höheren Patientenzahl als 30 ein zweiter Arzt hereingenommen und dafür eine Sonderbedarfszulassung beansprucht werden kann. Dies hält sich aus den dargelegten Gründen im Rahmen des dem GBA zustehenden Beurteilungsspielraums.

43

d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der sonstigen, von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen geboten.

44

Dies betrifft zB die Erwägung, der GBA dürfe Sonderbedarfszulassungen nicht maßgeblich von den Vorgaben der BlutreinigungsV, insbesondere dem Arzt-Patienten-Schlüssel, abhängig machen, weil rein qualitativ und nicht bedarfsplanerisch ausgerichtete Maßstäbe im Rahmen der Bedarfsplanung nicht beachtlich sein könnten. Indessen lässt sich dem Bundesrecht kein Verbot entnehmen, im Rahmen einer bedarfsplanerischen Bestimmung wie § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL auf eine Regelung wie § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV zu verweisen, die qualitativ ausgerichtet ist und die sowohl für zulassungsgesperrte als auch für nicht gesperrte Bereiche gilt; keine der für Rechtsnorm-Verweisungen bestehenden Begrenzungen greift hier ein (vgl zu diesen aus dem Blick des Verfassungsrechts: Th. Clemens, Die Verweisung von einer Rechtsnorm auf andere Vorschriften - insbesondere ihre Verfassungsmäßigkeit -, AöR 111 <1986>, S 63, 83 ff) .

45

Auch bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Regelung des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV den Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt gerade von der Schwelle der Überschreitung der Patientenzahl von 30 abhängig macht. Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzziehung bei der Patientenzahl von 30 sachwidrig sein und damit der Einschätzungsspielraum überschritten sein könnte, sind nicht ersichtlich und auch nicht von den Beteiligten geltend gemacht worden.

46

3. Kommt es für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL an den zweiten Arzt in der Dialysepraxis mithin maßgeblich darauf an, ob die Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sind, so ergibt sich, dass die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. nicht zu beanstanden ist. Das SG hat im angefochtenen Urteil - den Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Bescheid folgend - die Erfüllung der Voraussetzungen der BlutreinigungsV bejaht; an dessen Tatsachenfeststellungen ist das Revisionsgericht gebunden (vgl § 163 SGG). Das SG hat auch die Vorgaben für die Erteilung eines Versorgungsauftrages gemäß § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der BlutreinigungsV (insbesondere § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1) geprüft und deren Erfüllung durch den Eintritt des Beigeladenen zu 7. in die Dialysepraxis des Dr. H. bejaht. Da diese vom SG vorgenommene Überprüfung revisionsrechtlich relevante Fehler nicht erkennen lässt, ist deren Ergebnis zugrunde zu legen. Hier bedarf es nicht der Erörterung der weiteren Frage, ob diese Überprüfung des SG überhaupt erforderlich war oder ob die von der KÄV gemäß § 24 Buchst e BedarfsplRL erteilte Zusicherung, sofern nicht angefochten, als bindend zugrunde zu legen ist.

47

C. Die von der Klägerin erhobene Rüge der Gehörsverletzung (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) ist erfolglos. Sie rügt unter diesem Gesichtspunkt, das SG habe ihr Vorbringen, der Wortlaut des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL trage den Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nicht ausreichend Rechnung, nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht bzw nicht ausreichend in seine Erwägungen einbezogen. Diese Rüge greift erkennbar nicht durch; das SG hat nämlich gerade wegen dieser von ihm erörterten Rechtsfrage die Revision zugelassen.

48

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1, § 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Beigeladener ist nur hinsichtlich des Beigeladenen zu 7. veranlasst; nur dieser hat im Revisionsverfahren einen Antrag gestellt (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Ermächtigung eines sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ).

2

Die klagende Klinikum GmbH betreibt das Klinikum der Stadt H., zu dem eine Klinik für Kinder- und Jugendmedizin gehört. Die Klägerin beantragte beim Zulassungsausschuss, diese Klinik gemäß § 119 SGB V zum Betreiben eines SPZ zu ermächtigen. Nach Ablehnung ihres Antrags erhob sie Widerspruch. Diesen wies der beklagte Berufungsausschuss zurück (Beschluss/Bescheid vom 30.5./9.8.2007): Das SPZ sei nicht gemäß § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V notwendig, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen. Auch SPZ, die sich außerhalb des Planungsbereichs befänden, in dem das Klinikum der Klägerin gelegen sei, seien bei der Bedarfsprüfung zu berücksichtigen, soweit sie mit öffentlichen und privaten Verkehrsmitteln in zumutbarer Weise erreichbar seien. Der Versorgungsbedarf werde hier durch drei SPZ in O., in F. und in F. gedeckt. Diese hätten insgesamt noch freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle; dasjenige in O. habe unstreitig noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle, es versorge schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis. Die Entfernung zwischen H. und O. betrage 18 km; sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestünden gute Verbindungen.

3

Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 30.4.2008 und des LSG vom 29.9.2010). Das LSG hat ausgeführt, die Zulassungsgremien verfügten bei der Bewertung der Versorgungssituation über einen gerichtlich nur begrenzt überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Bei der Frage, ob ein Versorgungsbedarf bestehe, könnten auch SPZ in benachbarten Planungsbereichen berücksichtigt werden; für SPZ sehe das Gesetz keine Bedarfsplanung vor. Der Beklagte habe darauf abstellen dürfen, dass sich im Großraum F. mit seinen guten Verkehrsanbindungen mehrere SPZ auf engem Raum befänden; ein striktes Abstellen nur auf den M.-Kreis würde der tatsächlichen Situation nicht gerecht. Die Äußerungen der niedergelassenen Kinderärzte und der Frühförderstellen, die einen Versorgungsbedarf sähen, würden durch die Aussagen der SPZ nicht bestätigt, die vielmehr - über die im SPZ in O. bereits behandelten Patienten aus dem M.-Kreis hinaus - noch freie Kapazitäten für 150 und 125 Behandlungsfälle hätten. Später - im Widerspruchsverfahren - habe die Beigeladene zu 1. noch höhere freie Kapazitäten - für insgesamt bis zu 370 Behandlungsfälle - ermittelt (150-200 im SPZ in O., 100 im SPZ in F. und 70 in dem in neue Räumlichkeiten umgezogenen SPZ in F.). Greifbare Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der von der Beigeladenen zu 1. erhobenen Angaben über freie Behandlungskapazitäten oder Wartezeiten bestünden nicht. Es sei auch kein hinreichend substantiierter Vortrag durch die Klägerin zur Unrichtigkeit der Ermittlungsergebnisse der Beigeladenen zu 1. erfolgt. Eine Sachlage, wonach die Angaben durch weitere Ermittlungen objektiviert werden müssten, habe hier nicht vorgelegen. Es ergebe sich nachvollziehbar, dass in akuten Fällen eine kurzfristige sozialpädiatrische Behandlung möglich sei und keine unüblichen Wartezeiten bestünden. Dies in Verbindung mit den guten Verkehrsanbindungen ergebe, dass den Versicherten das Aufsuchen der SPZ in den benachbarten Planungsbereichen zumutbar sei. Das angestrebte SPZ in H. läge kaum näher als die bestehenden SPZ.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, dem Urteil des LSG und dem ihm zugrunde liegenden Bescheid des Beklagten lägen ein fehlerhafter Rechtsmaßstab und unzureichende Sachverhaltsermittlungen zugrunde. Versorgungsangebote in anderen Planungsbereichen könnten nach der Rechtsprechung des BSG in Ermächtigungsfällen gemäß § 116 SGB V nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden. Auch die Ausrichtung des § 119 SGB V auf die Kooperation mit den niedergelassenen Ärzten und den Frühförderstellen sowie weiteren örtlichen Institutionen wie Kindergärten, Schulen und Ämtern ergebe, dass grundsätzlich auf den betroffenen Planungsbereich abzustellen und die sozialpädiatrische Versorgung wohnortnah zu gewährleisten sei. Die Frage laute nicht dahin, ob es noch zumutbar sei, ein schon bestehendes anderes SPZ aufzusuchen, sondern maßgebend müsse sein, was wünschenswert sei und was der gesetzgeberischen Intention entspreche. Die Verweisung auf die SPZ in den benachbarten Planungsbereichen könne nicht damit gerechtfertigt werden, dass - wie es der Beklagte in seinem Bescheid formuliert habe - die Versicherten bei so speziellen Leistungen "nach der Verkehrssitte" und im Hinblick auf finanzielle Erwägungen eine wohnortnahe Versorgung nicht erwarten könnten. Der Bescheid weise weiterhin insofern einen Widerspruch auf, als er einerseits zugrunde lege, dass in allen drei SPZ in den benachbarten Planungsbereichen noch freie Kapazitäten bestünden, andererseits bezogen auf das SPZ F. davon ausgehe, dass dieses über keine freien Kapazitäten verfüge. Zu beanstanden sei ferner - auch gegenüber dem LSG -, dass das Ergebnis noch freier Kapazitäten auf Befragungen gestützt werde, die die Beigeladene zu 1. bei den SPZ durchgeführt habe. Zum einen habe es sich um Angaben der potentiellen Konkurrenten gehandelt. Zum anderen erscheine die Steigerung der freien Kapazitäten um ca 100 Behandlungsfälle problematisch, die sich nach der Befragung von Anfang 2007 - freie Kapazitäten für bis zu 275 weitere Fälle - bei der Befragung von Anfang 2008 - freie Kapazitäten für bis zu 370 weitere Fälle - ergeben habe. Das sei nur bei starkem Rückgang der Behandlungszahlen plausibel; hiergegen sprächen die genannten Wartezeiten, die zumindest gleichgeblieben, zum Teil sogar gestiegen seien. Die bestehenden SPZ müssten die Zahl ihrer Behandlungsteams erhöht haben. Die Angaben über freie Versorgungsangebote hätte das LSG näher überprüfen müssen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die von der Beigeladenen zu 1. zunächst durchgeführte Befragung niedergelassener Kinderärzte und der Frühförderstellen eine dringende Nachfrage nach einem SPZ in H. ergeben habe. Das LSG lege nicht ausreichend dar, warum es den Angaben der SPZ Glauben schenke, nicht aber den von der Beigeladenen zu 1. eingeholten anderen Auskünften. Es wäre seinerseits zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen verpflichtet gewesen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 29. September 2010 und des SG Marburg vom 30. April 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 9. August 2007 zu verpflichten, über ihren Widerspruch gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 4. Oktober 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt seinen Bescheid und das Urteil des LSG gegen die Einwendungen der Klägerin. Würde der Bedarf begrenzt auf den Planungsbereich geprüft, so würde das dazu führen, dass für jeden Planungsbereich der Bedarf für ein SPZ anerkannt werden müsste. Hier habe insbesondere das SPZ in O . berücksichtigt werden können, das unstreitig über freie Kapazitäten für 150 Behandlungsfälle verfügt habe und verfüge. Dies sei auch plausibel, denn die Stadt O. habe ca 120 000 Einwohner, ein SPZ sei aber typischerweise auf 400 000 Einwohner ausgelegt, wie auch die Klägerin selbst vortrage. Die drei SPZ in O. und F. deckten insgesamt den Versorgungsbedarf für die weniger als 1,2 Mio Einwohner in den Städten F. und O. sowie im M.-Kreis. Die SPZ in O., in F. und in F. lägen auch so nahe an H., dass auf die dortigen Versorgungsmöglichkeiten verwiesen werden könne.

8

Die Beigeladenen zu 1., 2. bis 6. und 8. schließen sich den Ausführungen des Beklagten vollumfänglich an, ohne selbst Anträge zu stellen. Sie fassen ihre Ansicht dahin zusammen, dass die erforderliche sozialpädiatrische Versorgung durch die SPZ in O. und F. sichergestellt werde; diese hätten noch ausreichend freie Kapazitäten für weitere Behandlungsfälle; dies erfasse auch die Versicherten im M.-Kreis; die längeren Wegstrecken zum SPZ in O. seien sowohl mit öffentlichen als auch mit privaten Verkehrsmitteln zumutbar.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Der Beklagte sowie das SG und das LSG sind von zutreffenden Rechtsmaßstäben ausgegangen; der Beklagte hat den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten (unten 1. bis 3.), und die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung des Versorgungsbedarfs kann auch nicht wegen unzureichender Ermittlungen beanstandet werden (unten 4.).

10

1. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist die Regelung des § 119 Abs 1 SGB V, wonach SPZ, die fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten, vom Zulassungsausschuss zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigt werden können(Satz 1 aaO). Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sicherzustellen (Satz 2 aaO). Diese Bestimmung wird durch § 43a SGB V ergänzt; dieser statuiert den Behandlungsanspruch der Versicherten und stellt klar - auch für das von § 119 SGB V nicht erfasste Verhältnis zu Vertragsärzten und Frühförderstellen -, dass die nicht-ärztlichen Leistungen, insbesondere psychologischer, heilpädagogischer und psychosozialer Art, im Rahmen der Diagnostik und der Aufstellung eines Behandlungsplans mitumfasst sind, sofern sie unter ärztlicher Verantwortung erbracht werden(vgl dazu BT-Drucks 12/1154 S 6 und 12/1526 S 2). Für die Vergütung der sozialpädiatrischen Leistungen, die von Vertragsärzten und Frühförderstellen verantwortet werden, gilt § 85 Abs 2 Satz 4 SGB V, während für die ärztlichen und nicht-ärztlichen sozialpädiatrischen Leistungen der SPZ bei Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie die Regelungen des § 120 Abs 2 ff SGB V maßgebend sind(vgl Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand April 2011, K § 85 RdNr 106a).

11

Nach den Regelungen des § 119 SGB V setzt der Anspruch auf eine Ermächtigung für ein SPZ voraus, dass dort eine ständige ärztliche Leitung besteht und eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Versorgung von Kindern gewährleistet ist. Dafür werden dementsprechende Fachkräfte benötigt und der Einzugsbereich muss eine ausreichende Zahl an Patienten erwarten lassen (vgl dazu zB LSG Nordrhein-Westfalen vom 2.4.2009 - L 11 KA 2/09 ER - MedR 2009, 625, 627 ; ausführlicher im Einzelnen: LSG Baden-Württemberg vom 15.9.1993 - L 5 Ka 2058/92 - MedR 1994, 119, 120 f, und vom 12.7.1995 - L 5 Ka 644/94 - MedR 1996, 89, 90 f unter 1. und 2.; zu den - rechtlich unverbindlichen - "Gemeinsamen Empfehlungen" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Bundesverbände der Krankenkassen von 1989 und ebenso zu dem "Altöttinger Papier" von 2002 vgl auch zB Köhler-Hohmann in Schlegel/Voelzke/ Engelmann, jurisPraxisKommentar SGB V, 2008, § 119 RdNr 3 und 4; s ferner Clemens in Orlowski/ Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, Stand April 2011, § 120 RdNr 37). Der Ermächtigungsanspruch ist aber ausgeschlossen, wenn eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung anderweitig sichergestellt ist (vgl § 119 Abs 1 Satz 2 SGB V). Bei der Prüfung, ob die Versorgung anderweitig sichergestellt ist, kommt es auf eine gleichwertige Versorgung an, dh darauf, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten. Deshalb ergibt sich kein Ausschluss allein schon durch Angebote allgemein-kinderärztlicher Versorgung und durch das Bestehen von Frühförderstellen; nach der Bestimmung des § 119 Abs 2 SGB V soll die Versorgung derjenigen Kinder sichergestellt werden, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Krankheit oder einer drohenden Krankheit nicht von geeigneten Ärzten oder in geeigneten Frühförderstellen behandelt werden können und deshalb auf die Leistungen gerade eines SPZ angewiesen sind (sog dreistufiges Versorgungssystem Kinderärzte - Frühförderstellen - SPZ). Die SPZ sind spezialisiert auf Kinder, die in der genannten Weise erkrankt oder von Krankheit bedroht sind; ihre spezifische Aufgabe und Versorgungsfunktion liegt in der gleichzeitigen integrierten multidisziplinären Arbeit von ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften; dies betrifft die gesamte Behandlung, also Diagnostik, Beratung, Förderung und Therapie, wobei der Erstellung der Diagnose und der Aufstellung eines Behandlungsplanes ein besonderer Stellenwert zukommt (vgl auch LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 91 unter 3 a mit näheren Ausführungen).

12

2. Die Prüfung, ob andere SPZ die Versorgung bereits in ausreichendem Maße gewährleisten, hat umfassend zu erfolgen. Diese Prüfung ist nicht auf den Planungsbereich, in dem das SPZ eingerichtet werden soll, zu beschränken.

13

Dies wird bereits daran deutlich, dass für SPZ keine Regelungen über eine auf Planungsbereiche bezogene Bedarfsfeststellung bestehen; weder im SGB V noch in der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist eine regionale Bedarfsplanung für SPZ vorgesehen. Insofern können die Ausführungen im Senatsurteil vom 19.7.2006 (SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 ff; vgl auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 21) zur Ausrichtung auf den Planungsbereich und zur ausnahmsweisen Möglichkeit einer planungsbereichsübergreifenden Beurteilung nicht für die Entscheidung über die Ermächtigung von SPZ herangezogen werden (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen vom 9.12.2009 - L 3 KA 29/08 - Juris RdNr 38; vgl auch LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 628 ).

14

Für das Hinausgreifen über den Planungsbereich hinaus spricht weiterhin, dass den Versicherten auch sonst bei sogenannten spezialisierten Leistungen größere Entfernungen zugemutet werden können (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Als allgemeine Leistungen hat der Senat MRT-Untersuchungen und psychotherapeutische Leistungen (BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19 und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f), als spezialisierte Leistungen dagegen kieferorthopädische Leistungen angesehen (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Diese Zuordnungen weiterführend sind sozialpädiatrische Leistungen als spezialisierte Leistungen anzusehen.

15

Im Übrigen geht der Senat ohnehin davon aus, dass nicht alle Grundsätze, die er zu § 116 SGB V entwickelt hat, auf Institutsermächtigungen übertragen werden können: So passt zB der Grundsatz einer im Regelfall zweijährigen Befristung nicht für Ermächtigungen größerer Einrichtungen, die aufgrund hoher Investitionskosten und größerer Mitarbeiterstäbe auf Planungssicherheit für längere Zeiträume angewiesen sind(zur Befristungsdauer bei SPZ vgl zB LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; zuvor ebenso LSG Baden-Württemberg MedR 1996, 89, 90 ; zu einer Zehn-Jahres-Befristung bei Dialyseermächtigungen s § 9 Abs 6 Satz 1 und 2 der Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte und zum Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen; zur Unzulässigkeit jeglicher Befristung bei Genehmigungen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vgl BSG SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 20 ff, 23).

16

3. Die Überprüfung des Versorgungsbedarfs unterliegt allerdings im Falle des § 119 SGB V - ebenso wie in sonstigen Fällen der Überprüfung einer Versorgungslücke - insofern einer regionalen Beschränkung, als die Annahme, eine ausreichende Versorgung sei bereits anderweitig sichergestellt, nur insoweit gerechtfertigt sein kann, als zumutbar erreichbare Versorgungsangebote bestehen.

17

Nach der insoweit heranzuziehenden Rechtsprechung des Senats zur Erteilung von Sonderbedarfszulassungen ist zu prüfen, ob die betroffenen Leistungen anderweitig angeboten werden und ob die Entfernungen dorthin zumutbar sind sowie ob keine unzumutbaren Wartezeiten bestehen (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f, 27; vgl auch BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 20, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen). Welche Entfernungen zumutbar sind, hängt davon ab, ob es sich um allgemeine Leistungen oder um spezialisierte Leistungen handelt; je spezieller die Leistungen sind, desto größere Entfernungen können den Betroffenen zugemutet werden (vgl BSG SozR aaO Nr 8 RdNr 23 f). Da bei der sozialpädiatrischen Versorgung spezialisierte Leistungen in Frage stehen (vgl oben RdNr 14), besteht kein Anspruch darauf, eine solche Versorgung binnen 25 km erreichen zu können (s dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 23 f). Vielmehr können für spezialisierte Leistungen auch größere Entfernungen zumutbar sein, wie der Senat bereits am Beispiel kieferorthopädischer Leistungen ausgeführt hat (BSG vom 9.2.2011 - B 6 KA 3/10 R - SozR 4-5525 § 24 Nr 2 RdNr 25, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen).

18

Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Entfernungen haben die Zulassungs- und Berufungsausschüsse als fachkundig-sachverständige Gremien, die die konkreten Gegebenheiten zu bewerten haben, einen Beurteilungsspielraum, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 9 RdNr 18, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; im Anschluss an BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15-18). Ihnen obliegt bis an die Grenzen der Vertretbarkeit die Beurteilung, welche Entfernungen im konkreten Fall noch zuzumuten sind (zu weitgehend die Ableitung konkreter Höchstentfernungen unter Heranziehung des SGB IX - so indessen LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 625, 627 ; anders BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 25 RdNr 25-27). Solange den Versicherten keine unzumutbaren Entfernungen angesonnen werden, ist ihr Anspruch gewahrt; Anspruch auf eine an ihren Wünschen ausgerichtete - optimale - Versorgung haben sie nicht (stRspr, vgl dazu zB BVerfGE 115, 25, 46 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 27 mwN; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35 am Ende; BSGE 102, 90 = SozR 4-2500 § 33 Nr 21, RdNr 28; BSGE 105, 170 = SozR 4-2500 § 36 Nr 2, RdNr 21, 41; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 24 RdNr 27; BSG vom 10.3.2011 - B 3 KR 9/10 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 33 RdNr 29).

19

Diesen Rahmen hat der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eingehalten.

20

a) Die Annahme des Beklagten, den Versicherten des M.-Kreis sei es zuzumuten, für die Erlangung sozialpädiatrischer Versorgung statt nur bis H. weiter zu fahren zum SPZ in O. oder nötigenfalls auch bis zu einem der beiden SPZ in F. (F. bzw F.), ist nicht zu beanstanden. Die Entfernung von H. zum SPZ in O. beträgt nur 18 km; somit würde das angestrebte SPZ in H. für die Einwohner des von O. weiter entfernt gelegenen Teils des M.-Kreis nur wenig näher liegen. Nach O. bestehen, wie im Bescheid des Beklagten und auch im Urteil des LSG festgestellt worden ist, sowohl straßenmäßig als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gute Verbindungen. Auch unter Berücksichtigung dessen, dass erkrankte und von Krankheit bedrohte Kinder und Jugendliche betroffen sind - und mit ihnen auch Familien, die sich durch die organisatorischen Anforderungen des täglichen Lebens stark belastet fühlen -, hält sich die Bewertung als zumutbar im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums.

21

b) Der Beklagte hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum auch nicht mit seiner Bewertung, es bestünden keine unzumutbaren Wartezeiten, überschritten (zur Problematik von Wartezeiten vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Nach den Ermittlungen der Beigeladenen zu 1., die diese in das Verfahren eingebracht hat, bestehen für akute Fälle sozialpädiatrischen Versorgungsbedarfs überhaupt keine Wartezeiten. Die Wartezeiten sind - wie sich aus den Angaben weiter ergibt - im Übrigen flexibel, sie werden an dem Alter des Patienten und der Indikation ausgerichtet. Vor diesem Hintergrund besteht keine ausreichende Grundlage für den Vorhalt der Klägerin, der Beklagte hätte wegen unzumutbarer Wartezeiten die sozialpädiatrische Versorgung durch die bestehenden SPZ als unzureichend ansehen müssen.

22

c) Der Beklagte ist auch unter dem Aspekt des Umfanges noch freier Kapazitäten der anderen SPZ beurteilungsfehlerfrei von einer Bedarfsdeckung ausgegangen. Dabei können die Angaben der Klägerin zugrunde gelegt werden, dass der M.-Kreis ca 400 000 Einwohner und jährlich ca 3500 Geburten habe und sich schon hieraus - auf der Grundlage einer Quote von ca 15 % - ca 500 SPZ-Behandlungsfälle ergäben. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass deren Versorgung unzureichend, dh durch die vorhandenen SPZ nicht sichergestellt, sein könnte. Im angefochtenen Bescheid wird als unstreitig angeführt, dass das SPZ in O. schon bisher mit einer Zahl von ca 250 Behandlungsfällen auch Patienten aus dem M.-Kreis versorgt und noch freie Kapazitäten für ca 150 Behandlungsfälle hat. Der Beklagte hat noch weitere freie Kapazitäten für ca 125 Behandlungsfälle festgestellt; diese Zahl könnte nach der im sozialgerichtlichen Verfahren von der Beigeladenen zu 1. durchgeführten weiteren Umfrage sogar noch höher liegen (insgesamt freie Kapazitäten für nicht mehr nur ca 275, sondern nunmehr ca 370 Behandlungsfälle). Diese Zahlen bieten keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Annahme des Beklagten, eine ausreichende sozialpädiatrische Versorgung sei bereits durch die vorhandenen SPZ sichergestellt, fehlerhaft sein könnte.

23

Nichts anderes ergibt sich bei Berücksichtigung der Angaben der Frühförderstellen, die die Zahl der von ihnen betreuten Kinder auf jährlich insgesamt 650 Kinder beziffert haben. Nicht alle Kinder, die in Frühförderstellen betreut werden, haben auch Bedarf nach einer Versorgung in einem SPZ (vgl RdNr 11).

24

Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil darin einerseits ausgeführt wird, dass in den benachbarten Planungsbereichen "drei weitere sozialpädiatrische Zentren" mit zusammen "freien Behandlungskapazitäten von 275 Plätzen" vorhanden sind, und andererseits die Auskunft der Beigeladenen zu 1. von Anfang 2007 für das eine SPZ - SPZ F. damals keine freien Kapazitäten ausgewiesen hatte. Diese Gesamtaussage ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht widersprüchlich. Nach dem Kontext handelt es sich um eine Aussage mit zwei Elementen, nämlich dass in regionaler Nähe drei SPZ vorhanden sind und dass diese insgesamt freie Kapazitäten für weitere 275 Behandlungsfälle haben. Jeder dieser beiden Aussagen ist - auf der Grundlage der damals vorliegenden Umfrage der Beigeladenen zu 1. - zutreffend. Dem steht nicht entgegen, dass eines der drei SPZ nach dem damaligen Stand keine freien Kapazitäten hatte.

25

Ein Widerspruch ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin ferner nicht aus der Angabe freier Kapazitäten für zusätzliche Behandlungsfälle einerseits und der Angabe von Wartezeiten andererseits. Es können freie Kapazitäten für bestimmte Krankheitsfälle bzw für bestimmte Behandlungen bestehen, während gleichzeitig für andere Krankheitsfälle bzw andere Behandlungen keine Kapazitäten frei, sondern Wartezeiten erforderlich sind. Dies gilt auch in SPZ, deren Behandlungsauftrag sehr unterschiedliche Arten von Erkrankungen umfasst und auf Kinder sehr verschiedenen Alters ausgerichtet ist: Nicht alle Patienten erfordern dieselben Fachkräfte im SPZ, dh dieselbe multidisziplinäre Kooperation zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Fachkräften. So können sich für bestimmte sozialpädiatrische Behandlungen freie Kapazitäten und zugleich Wartezeiten für andere ergeben.

26

Bedenken mussten sich dem Beklagten schließlich auch nicht deshalb aufdrängen, weil die Umfragen der Beigeladenen zu 1. zunächst (Schreiben vom 7.2.2007) freie Kapazitäten für ca 275 Behandlungsfälle und ca ein Jahr später (Schreiben vom 31.1.2008) freie Kapazitäten für ca 370 Behandlungsfälle ergaben. Diese Erhöhung um insgesamt knapp 100 Behandlungsfälle ist keineswegs implausibel, wie die Klägerin geltend macht. Sie erklärt sich im Wesentlichen daraus, dass - ausweislich der Auskunft der Beigeladenen zu 1. - das SPZ in F. nach seinem Umzug in neue Räumlichkeiten über zusätzliche Kapazitäten für ca 70 Behandlungsfälle verfügt hat.

27

4. Der Beklagte hat den von der Beigeladenen zu 1. eingebrachten Angaben, aus denen sich die Schlussfolgerung ergab, dass die Versorgung bereits durch die SPZ in O., F. und F. in ausreichendem Maße gewährleistet sei, - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch vertrauen dürfen.

28

a) In seiner Rechtsprechung hat der Senat allerdings hervorgehoben, dass zur Bedarfsermittlung die Befragung der bisherigen für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich ist, und zusätzlich, dass diese Angaben ggf auch objektiviert und verifiziert werden müssen, z.B. anhand von Anzahlstatistiken (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSG MedR 2009, 560 RdNr 18, 19, 26, mit Urteilsanmerkung Dahm; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16, 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 16, 24, in Fortführung des von der Klägerin angeführten Urteils BSG vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 251 f = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 35 f). Dies betraf jeweils Fälle, in denen die Angaben von vornherein zweifelhaft erschienen (so zB in den Fällen BSGE 86 aaO; BSGE 102 aaO RdNr 19-22; BSGE 104 aaO RdNr 31; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 24; BSG MedR aaO RdNr 19 f) oder sich aus dem Vorbringen eines Beteiligten substantiierte Zweifel ergeben (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 17 ff, 24). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

29

Anders stellt sich die Sachlage dar, wenn eine Situation vorliegt, in der die Zulassungsgremien keinen Anlass haben müssen, an der Richtigkeit der ihnen vorgelegten Angaben zu zweifeln. Sofern sich aus der Gesamtlage des Falles keine Bedenken aufdrängen, muss die Behörde einem Tatumstand nicht durch weitere Ermittlungen nachgehen (vgl zB Rixen/Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 3. Aufl 2011, § 20 RdNr 5 mwN). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden, dass die Sachverhaltsermittlungen der Zulassungsgremien unzureichend gewesen wären.

30

Hier lagen zwar zunächst von Seiten der Beigeladenen zu 1. eingeholte (summarische) Angaben von Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin aus dem M.-Kreis vor, wonach aus ihrer Sicht ein Engpass in der Versorgung durch die Entfernungen zu den bestehenden SPZ bzw zu lange Wartezeiten bestanden habe. Diese allgemeinen Angaben wurden aber im weiteren Verfahrensablauf durch die konkreten Auskünfte relativiert. Die Beigeladene zu 1. holte - alsbald nach dem Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses - Auskünfte von SPZ über deren freie Kapazitäten und über die bei ihnen bestehenden Wartezeiten ein; sie brachte dieses Umfrageergebnis in das Verfahren vor dem Beklagten ein. Zentrale Bedeutung kam dabei der Mitteilung zu, das SPZ in O. behandele bereits viele Patienten aus dem M.-Kreis und habe überdies noch viele freie Kapazitäten für weitere Patienten aus diesem Bereich. Diese Angaben waren durchaus inhaltlich plausibel, sodass kein Anlass bestand, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln. Ein SPZ ist typischerweise auf so viele Behandlungsfälle ausgelegt, wie sich aus einem Umfeld von 400 000 Einwohnern ergeben; davon geht auch die Klägerin aus. Danach kann das SPZ in O. nicht allein durch Behandlungsfälle aus dem Bereich der Stadt O. mit ihren ca 120 000 Einwohnern ausgelastet sein. Seine Kapazitäten können auch sonst kaum ausgelastet sein, denn unmittelbar (nord-)westlich bestehen die SPZ in F. und F. Aufgrund dieser Umstände ist es plausibel, dass das SPZ in O. noch erhebliche Kapazitäten für Behandlungsfälle aus dem (nord-)östlich gelegenen M.-Kreis haben muss. Ein Indiz dafür, dass die Angaben über die freien Behandlungskapazitäten und die Wartezeiten zutreffen, durfte der Beklagte auch daraus entnehmen, dass die Klägerin nach den Feststellungen des LSG - an die das Revisionsgericht grundsätzlich gebunden ist (§ 163 SGG) - keine hinreichend substantiierten Zweifel gegenüber diesen Ermittlungsergebnissen vorbrachte bzw diese - so die Feststellung im angefochtenen Bescheid (S 10) - unstreitig waren. Beschwerden von Patienten bei Krankenkassen über unzumutbare Wartezeiten im SPZ in O. waren ebenfalls nicht bekannt.

31

In dieser konkreten Situation durfte der Beklagte darauf verzichten, sich die von der Beigeladenen zu 1. eingeholten Antworten im Original vorlegen zu lassen.

32

b) Konnten mithin dem Beklagten unzureichende Sachverhaltsermittlungen nicht angelastet werden - und war daher seine Beurteilung des Bedarfs (vgl oben RdNr 18) nicht zu beanstanden -, so hat auch die Forderung der Klägerin im anschließenden Gerichtsverfahren nach weiteren Ermittlungen keinen Erfolg haben können. Diese hätten die Rechtmäßigkeit der Bedarfsbeurteilung des Beklagten nicht (mehr) in Frage stellen können.

33

5. Schließlich greift auch nicht die Rüge der Klägerin durch, sie habe jedenfalls aus Gründen der Gleichbehandlung mit der erfolgten Erteilung der Ermächtigung für das SPZ in O. Anspruch auf die von ihr begehrte Ermächtigung. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin nicht. Wurde die Ermächtigung für das SPZ in O. rechtmäßig erteilt, weil der Fall anders lag, so kann die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ohnehin keine Ermächtigung beanspruchen. Einen solchen Anspruch könnte sie aber auch dann nicht haben, wenn die Sach- und Rechtslage in O. vergleichbar gewesen und die Ermächtigung dort rechtswidrigerweise erteilt worden sein sollte: Wegen der vorrangigen Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG) besteht kein Anspruch darauf, dass bei gleicher Sachlage künftig wieder in gleicher Weise falsch entschieden werden müsste. Einen "Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht" kennt die Rechtsordnung nicht (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 20, mit BVerfG-Nachweisen; ebenso zB BSG SozR 4-5533 Nr 40 Nr 2 RdNr 18; BSG SozR 4-2500 § 73 Nr 3 RdNr 22).

34

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung der Kosten für Beigeladene ist nicht veranlasst; sie haben im Revisionsverfahren keine Sachanträge gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Zulassung verpflichtet den Arzt, die vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben. Der Arzt ist verpflichtet, im Rahmen seiner vollzeitigen vertragsärztlichen Tätigkeit mindestens 25 Stunden wöchentlich in Form von Sprechstunden für gesetzlich Versicherte zur Verfügung zu stehen. Ärzte, die an der fachärztlichen Versorgung nach § 73 Absatz 1a Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch teilnehmen und die insbesondere den Arztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Patientenversorgung angehören, müssen mindestens fünf Stunden wöchentlich als offene Sprechstunden ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten. Bei einem reduzierten Versorgungsauftrag nach Absatz 2 gelten die in den Sätzen 2 und 3 festgelegten Sprechstundenzeiten jeweils anteilig. Besuchszeiten sind auf die Sprechstundenzeiten nach Satz 2 anzurechnen. Die Einzelheiten zur angemessenen Anrechnung der Besuchszeiten nach Satz 5 sowie zu den Arztgruppen, die offene Sprechstunden anzubieten haben, sind bis zum 31. August 2019 im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu regeln. Im Bundesmantelvertrag nach § 82 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch können auch Regelungen zur zeitlichen Verteilung der Sprechstunden nach Satz 3 getroffen werden.

(2) Der Arzt ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte oder drei Viertel des Versorgungsauftrages nach Absatz 1 Satz 1 zu beschränken. Die Beschränkung des Versorgungsauftrages wird entweder im Rahmen eines Beschlusses nach § 19 Abs. 1 oder durch gesonderten Beschluss festgestellt.

(3) Auf Antrag des Arztes kann eine Beschränkung des Versorgungsauftrages nach Absatz 2 Satz 2 durch Beschluss aufgehoben werden. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Es gelten die Vorschriften dieses Abschnitts.

(4) Die Kassenärztliche Vereinigung überprüft nach Maßgabe des § 95 Absatz 3 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Mindestsprechstunden. Stellt sie fest, dass der Vertragsarzt diese in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen unterschritten hat, so hat sie den betroffenen Arzt aufzufordern, umgehend die Anzahl seiner Sprechstunden entsprechend zu erhöhen oder seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss gemäß Absatz 2 zu beschränken. Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Vertragsarzt dabei auf die Möglichkeit einer Kürzung der Vergütung als Sanktionsmaßnahme und eines Zulassungsentzugs gemäß § 95 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hinzuweisen. Die Kassenärztliche Vereinigung hat die Vergütung des Vertragsarztes zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kürzen, wenn der Vertragsarzt

1.
keine rechtfertigenden Gründe für das Unterschreiten vortragen kann oder
2.
der Aufforderung der Kassenärztlichen Vereinigung nach Satz 2 nicht innerhalb einer von der Kassenärztlichen Vereinigung zu setzenden Frist nachkommt.
Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Vertragsarzt über die Höhe der Kürzung zu unterrichten. Bei wiederholtem oder fortgesetztem Verstoß eines Vertragsarztes gegen die in Absatz 1 Satz 2 oder Satz 4 genannte Pflicht hat der Zulassungsausschuss die Zulassung abhängig vom Umfang der Unterschreitung von Amts wegen zu einem Viertel, hälftig oder vollständig zu entziehen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über

1.
einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung,
2.
Maßstäbe für eine ausgewogene hausärztliche und fachärztliche Versorgungsstruktur,
2a.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die von Ärzten erbrachten spezialfachärztlichen Leistungen nach § 116b berücksichtigt werden,
2b.
Regelungen, mit denen bei der Berechnung des Versorgungsgrades die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, berücksichtigt werden, einschließlich Vorgaben zum Inhalt und zum Verfahren der Meldungen der ermächtigten Einrichtungen an die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Satz 12,
3.
Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerläßlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken,
3a.
allgemeine Voraussetzungen, nach denen die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 3 einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen feststellen können,
4.
Ausnahmeregelungen für die Zulassung eines Arztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern der Arzt die vertragsärztliche Tätigkeit gemeinsam mit einem dort bereits tätigen Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, derselben Facharztbezeichnung ausüben will und sich die Partner der Berufsausübungsgemeinschaft gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichten, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, dies gilt für die Anstellung eines Arztes in einer Einrichtung nach § 400 Abs. 2 Satz 1 und in einem medizinischen Versorgungszentrum entsprechend; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist der Arzt nicht mitzurechnen,
5.
Regelungen für die Anstellung von Ärzten bei einem Vertragsarzt desselben Fachgebiets oder, sofern die Weiterbildungsordnungen Facharztbezeichnungen vorsehen, mit derselben Facharztbezeichnung in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, sofern sich der Vertragsarzt gegenüber dem Zulassungsausschuß zu einer Leistungsbegrenzung verpflichtet, die den bisherigen Praxisumfang nicht wesentlich überschreitet, und Ausnahmen von der Leistungsbegrenzung, soweit und solange dies zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs erforderlich ist; bei der Ermittlung des Versorgungsgrades sind die angestellten Ärzte nicht mitzurechnen,
6.
Ausnahmeregelungen zur Leistungsbegrenzung nach den Nummern 4 und 5 im Fall eines unterdurchschnittlichen Praxisumfangs; für psychotherapeutische Praxen mit unterdurchschnittlichem Praxisumfang soll eine Vergrößerung des Praxisumfangs nicht auf den Fachgruppendurchschnitt begrenzt werden.
Sofern die Weiterbildungsordnungen mehrere Facharztbezeichnungen innerhalb desselben Fachgebiets vorsehen, bestimmen die Richtlinien nach Nummer 4 und 5 auch, welche Facharztbezeichnungen bei der gemeinschaftlichen Berufsausübung nach Nummer 4 und bei der Anstellung nach Nummer 5 vereinbar sind. Überversorgung ist anzunehmen, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vom Hundert überschritten ist. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist erstmals bundeseinheitlich zum Stand vom 31. Dezember 1990 zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades ist die Entwicklung des Zugangs zur vertragsärztlichen Versorgung seit dem 31. Dezember 1980 arztgruppenspezifisch angemessen zu berücksichtigen. Die regionalen Planungsbereiche sind mit Wirkung zum 1. Januar 2013 so festzulegen, dass eine flächendeckende Versorgung sichergestellt wird. Der Gemeinsame Bundesausschuss trifft mit Wirkung zum 1. Juli 2019 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4. Er kann innerhalb der einzelnen Arztgruppen nach Fachgebieten, Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen differenzierte Mindest- oder Höchstversorgungsanteile für Ärzte dieser Fachgebiete oder für Ärzte mit entsprechenden Facharztkompetenzen oder Schwerpunktkompetenzen festlegen; die Festlegung von Mindest- oder Höchstversorgungsanteilen hat keine Auswirkungen auf die für die betreffenden Arztgruppen festgesetzten Verhältniszahlen. Bei der Berechnung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind Vertragsärzte mit einem hälftigen Versorgungsauftrag mit dem Faktor 0,5 sowie die bei einem Vertragsarzt nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Ärzte, die in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Ärzte und die in einer Einrichtung nach § 105 Absatz 1 Satz 2 angestellten Ärzte entsprechend ihrer Arbeitszeit anteilig zu berücksichtigen. Erbringen die in Satz 9 genannten Ärzte spezialfachärztliche Leistungen nach § 116b, ist dies bei der Berechnung des Versorgungsgrades nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2a zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung ermächtigter Ärzte und der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte erfolgt nach Maßgabe der Bestimmungen nach Satz 1 Nummer 2b. Die Anzahl der in ermächtigten Einrichtungen tätigen Ärzte sowie geeignete Angaben zur Ermittlung des auf den Versorgungsgrad anzurechnenden Leistungsumfangs werden von den ermächtigten Einrichtungen quartalsweise an die Kassenärztlichen Vereinigungen gemeldet und in den Bedarfsplänen gemäß § 99 erfasst. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann im Rahmen einer befristeten Übergangsregelung zur Umsetzung des Auftrags nach Satz 7 bestimmen, dass die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen Zulassungsbeschränkungen für einzelne Arztgruppen und Planungsbereiche zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung in verschiedenen Planungsbereichen auf gemeinsamen Antrag der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen auch bei einem Versorgungsgrad zwischen 100 Prozent und 110 Prozent anordnen können. Festlegungen nach Satz 8 sind bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nur zu berücksichtigen, sofern die entsprechenden Sitze besetzt sind. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, ob die nach Satz 8 festgelegten Mindestversorgungsanteile im Fall der Überversorgung auch durch Erteilung zusätzlicher Zulassungen und Anstellungsgenehmigungen aufzufüllen sind.

(2) Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die auf der Grundlage des Absatzes 1 Satz 4 und 5 ermittelten Verhältniszahlen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen, wenn dies erforderlich ist

1.
wegen der Änderung der fachlichen Ordnung der Arztgruppen,
2.
weil die Zahl der Ärzte einer Arztgruppe bundesweit die Zahl 1 000 übersteigt oder
3.
zur Sicherstellung der bedarfsgerechten Versorgung; dabei sind insbesondere die demografische Entwicklung sowie die Sozial- und Morbiditätsstruktur zu berücksichtigen.

(3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 4 erhält der Arzt eine auf die Dauer der gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Die Beschränkung und die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 enden bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3, spätestens jedoch nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit. Endet die Beschränkung, wird der Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet. Im Falle der Praxisfortführung nach § 103 Abs. 4 ist bei der Auswahl der Bewerber die gemeinschaftliche Praxisausübung des in Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 genannten Arztes erst nach mindestens fünfjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit zu berücksichtigen. Für die Einrichtungen nach § 400 Abs. 2 Satz 1 gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend.

(3a) Die Leistungsbegrenzung nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 endet bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen. Endet die Leistungsbegrenzung, wird der angestellte Arzt bei der Ermittlung des Versorgungsgrades mitgerechnet.

(4) Überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte und Psychotherapeuten bilden eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs. 10 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung zugelassen werden. Dabei sind überwiegend psychotherapeutisch tätige Ärzte mit dem Faktor 0,7 zu berücksichtigen. In den Richtlinien nach Absatz 1 ist für die Zeit bis zum 31. Dezember 2015 sicherzustellen, dass mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 25 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und mindestens ein Versorgungsanteil in Höhe von 20 Prozent der regional maßgeblichen Verhältniszahl den Leistungserbringern nach Satz 1, die ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch betreuen, vorbehalten ist. Ab dem 1. Januar 2016 gelten die in Satz 5 vorgesehenen Mindestversorgungsanteile mit der Maßgabe fort, dass der Gemeinsame Bundesausschuss ihre Höhe aus Versorgungsgründen bedarfsgerecht anpassen kann; zudem können innerhalb des Mindestversorgungsanteils für überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte weitere nach Fachgebieten differenzierte Mindestversorgungsanteile vorgesehen werden. Bei der Feststellung der Überversorgung nach § 103 Abs. 1 sind die ermächtigten Psychotherapeuten nach § 95 Abs. 11 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung mitzurechnen.

(5) Hausärzte (§ 73 Abs. 1a) bilden ab dem 1. Januar 2001 mit Ausnahme der Kinder- und Jugendärzte eine Arztgruppe im Sinne des Absatzes 2; Absatz 4 bleibt unberührt. Der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad ist für diese Arztgruppe erstmals zum Stand vom 31. Dezember 1995 zu ermitteln. Die Verhältniszahlen für die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Internisten sind zum Stand vom 31. Dezember 1995 neu zu ermitteln. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die neuen Verhältniszahlen bis zum 31. März 2000 zu beschließen. Der Landesausschuss hat die Feststellungen nach § 103 Abs. 1 Satz 1 erstmals zum Stand vom 31. Dezember 2000 zu treffen. Ein Wechsel für Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung in die hausärztliche oder fachärztliche Versorgung ist nur dann zulässig, wenn dafür keine Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 angeordnet sind.

(6) Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a, 2b, 3, 4, 5 und 6 und die Absätze 3 und 3a gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.