Sozialgericht München Urteil, 12. Apr. 2018 - S 38 KA 341/16

bei uns veröffentlicht am12.04.2018

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 08.10.2015, dem die Entscheidung des Zulassungsausschusses aus der Sitzung vom 25.03.2015 vorausgegangen war.

Der Beklagte lehnte die Anträge der Klägerin, einer MVZ-GmbH auf Genehmigung zur Anstellung von Frau Dr. D. und Herrn Dr. C. im Rahmen eines Sonderbedarfs für das Fachgebiet „Neurochirurgie“ am Vertragsarztsitz A-Stadt ab. Zur Begründung führte er aus, die Voraussetzungen für einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf nach § 37 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie lägen nicht vor. Hierfür sei allein die Facharztbezeichnung „Neurochirurgie“ nicht ausreichend. Auch gebe es keinen lokalen Sonderbedarf. Zwar sei A-Stadt als Niederlassungsort aufgrund seiner regionalen Bedeutung und seiner Lage grundsätzlich geeignet. Der Beklagte listete sodann die neurochirurgischen Leistungsangebote im Umkreis von 109 km auf. Es sei eine Umfrage unter den nächstgelegenen Praxen durchgeführt worden, in denen neurochirurgische Leistungen angeboten würden. Eine Neurochirurgin in N-D-Stadt habe zum Ausdruck gebracht, dass sie teilweise einen Bedarf sehe. Diese habe freie Kapazitäten für 100 Patienten angegeben, was trotz hoher Fallzahlen wegen einer guten Praxisorganisation möglich sei. Von angestellten Neurochirurgen am MVZ Klinikum E-Stadt sei ebenfalls ein teilweiser Bedarf bejaht worden, wie auch von einem Neurochirurgen aus F-Stadt. Dagegen habe die Umfrage bei einem Neurochirurgen in B-Stadt ergeben, dass dort kein weiterer Bedarf erkennbar sei; ebenfalls beim MVZ G-Stadt. Außerdem gebe es noch eine neurochirurgische Zweigpraxis in A-Stadt, die zu einer Praxis aus München gehöre. Diese befinde sich noch im Aufbau. Angegeben wurden dort 200 zusätzliche Kapazitäten. Im Ergebnis sei daher eine Bedarfsnotwendigkeit nicht erkennbar. Maßgeblicher Planungsbereich sei der Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, da Neurochirurgen zur gesonderten fachärztlichen Versorgung gehörten. Die Planung sei somit bayernweit vorzunehmen.

Was die Ermächtigungen am Bezirkskrankenhaus A-Stadt betreffe (sieben Ermächtigungen zum damaligen Zeitpunkt), so würden dort zwischen 112 und 323 Fälle pro Quartal behandelt. Es handle sich jedoch nicht allein um auf die „Neurochirurgie“ beschränkte Leistungen. Darunter befänden sich auch radiologische Leistungen oder Leistungen, die von Orthopäden abgerechnet würden. Insofern relativierten sich die hohen Fallzahlen. Hinzu komme, dass außerdem der Überweiserkreis eingeschränkt worden sei. Dadurch sei es auch zu einem spürbaren Rückgang der Fallzahlen bei den ermächtigten Ärzten gekommen. Die Klägerin verfüge im Übrigen auch über eine Sonderbedarfsanstellung (40 Stunden). Eine Sonderbedarfszulassung sei grundsätzlich nur dann zu erteilen, wenn eine Versorgungslücke in der gesamten Breite des Versorgungsbereichs vorhanden sei. Sei dies nicht der Fall, gingen Ermächtigungen vor.

Gegen den Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 08.10.2015 ließ der Kläger Klage durch seinen Prozessbevollmächtigten einlegen. Zum Sachverhalt wies dieser darauf hin, die MVZ-Angestelltenstelle bedeute kein zusätzliches Versorgungsangebot, sondern beruhe auf einem Zulassungsverzicht eines bereits niedergelassenen Neurochirurgen, um bei der Klägerin im Angestelltenverhältnis tätig werden zu können. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestehe ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie. Denn es stünden keine umfangreichen neurochirurgischen Leistungsangebote in A-Stadt und Umgebung zur Verfügung. Dort gebe es lediglich eine Zweigpraxis, in der lediglich sieben Wochenstunden praktiziert werde. Die Bewertung der Umfrageergebnisse durch den Beklagten sei kritisch zu hinterfragen, insbesondere was die von der Zweigpraxis angegebenen Kapazitäten über 200 Patienten betreffe. Ferner seien Versorgungsangebote in B-Stadt, F-Stadt, G-Stadt und E-Stadt nicht zu berücksichtigen, da diese über 50 km entfernt seien. Grund für den Antrag sei, dass derzeit noch vier Ermächtigungen bestünden. Von den ermächtigten Ärzten seien allein im Quartal 4/15 900 Fälle behandelt worden. Daraus sei zu schließen, dass ein Bedarf in Höhe von mindestens 2,5 Sonderbedarfsanstellungen bestehe. Die Sonderbedarfszulassung sei gegenüber Ermächtigungen vorrangig.

Der Beklagte wiederholte die Auffassung, es liege keine lokale Besonderheit vor, weshalb eine Sonderbedarfszulassung nicht erteilt werden könne. Bestehende Versorgungsangebote seien noch nicht vollständig ausgeschöpft. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass 38,9% der Patienten bei der Klägerin aus mehr als 30 km Entfernung kämen. Patienten, die einer neurochirurgischen Versorgung bedürften, seien auch längere Anfahrtstrecken und an Fahrtzeiten zumutbar. Im Übrigen sei, was typischerweise für einen lokalen Sonderbedarf spreche, weder eine besondere Häufung von Krankheiten, die neurochirurgische Eingriffe erforderlich machten, noch eine sogenannte Enklavenlage erkennbar. Ebenfalls sei darauf hinzuweisen, dass in Bayern im Fachgebiet „Neurochirurgie“ eine Überversorgung mit 187,2% bestehe. Umgerechnet auf A-Stadt mit 123.000 Einwohnern sei nach den Verhältniszahlen ein Vertragsarztsitz ausreichend, selbst wenn man das Umland noch mit einrechne. Die hohe Nachfrage nach neurochirurgischen Leistungen in A-Stadt sei historisch bedingt. Denn es habe sich am Bezirkskrankenhaus A-Stadt ein gewisser neurochirurgischer Schwerpunkt etabliert, der zutreffend auch mit Einzelermächtigungen für spezialisierte, am Krankenhaus angestellte Ärzte abgebildet werde. Der Beklagte führte weiter aus: „Im Prinzip möchte der Kläger diesen Schwerpunkt nunmehr in das MVZ überführen. Es ist aber nicht Sinn und Zweck einer Sonderbedarfszulassung, einen lokalen Schwerpunkt in einem Facharztbereich aufzubauen, der flächendeckend über ganz Bayern angeboten werden sollte. Eine weitere Zulassung in A-Stadt wäre sogar strukturell für die Versorgungssituation kontraproduktiv und würde die Bedarfsplanung konterkarieren.“ Letztendlich führe dies zum Nachteil bislang nicht versorgter Regionen. Die sinkenden Fallzahlen bei den Ermächtigungen sprächen auch für deren Auslaufen. Mit einzubeziehen seien auch Versorgungsangebote aus Baden-Württemberg.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin entgegnete, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, Leistungsangebote aus Baden-Württemberg mit einbeziehen zu müssen. Was den Planungsbereich betreffe, habe das Bundessozialgericht - wenn auch nicht für den Bereich „Neurochirurgie“, aber für Strahlentherapeuten gerade in großräumigen Flächenstaaten wie Bayern diese Planung infrage gestellt (BSG, Urteil vom 04.04.2016, Az. B 6 KA 24/15 R). Aktuell verfüge das MVZ A-Stadt seit 1.7.2015 über einen Angestelltensitz Neurochirurgie. Seit 01.01.2017 sei ein weiterer Angestelltensitz „Neurochirurgie“ hinzugekommen. Diese zwei Angestelltensitze seien aber nicht ausreichend, um das Patientenaufkommen versorgen zu können.

In der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 wurde die Sach- und Rechtslage mit den anwesenden Beteiligten umfassend besprochen.

Die Klägerseite machte darauf aufmerksam, dass mit den zwei Angestelltenstellen im MVZ ca. 1.600 Fälle im Quartal abgerechnet würden bei einer durchschnittlichen Fallzahl bei Neurochirurgen von 400. Aufgrund dieses immensen Aufkommens bestehe ein zusätzlicher Bedarf. Soweit der Beklagte einwende, die Versorgungssituation sei historisch bedingt, sei dies zutreffend. Dadurch ergebe sich aber auch ein spezieller, umfangreicher und größerer Einzugsbereich. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin führte weiter aus, die Landkreise H. und, I. seien nicht mit „Neurochirurgie“ versorgt, so dass letztendlich eine Einwohnerzahl von 300.000 Einwohnern zu versorgen sei. Der Klägerin gehe es nur darum, den Status quo beizubehalten.

Hierzu entgegnete die Beigeladene zu 1, dass dann die beiden Angestelltensitze genau der Verhältniszahl entsprechen würden. Im Übrigen bestehe, so der Beigeladene zu 1, bei der Klägerin ein Widerspruch insofern, als diese einerseits angebe, ganz Schwaben versorgen zu wollen, andererseits aber von einem 25 km-Radius spreche. In Ausnahmefällen könne auch das Versorgungsangebot in Baden-Württemberg mit berücksichtigt werden. In der Vergangenheit habe es für den Fachbereich „Neurochirurgie“ keine eigene Planung gegeben. Dies habe vermutlich dazu geführt, dass nunmehr der Fachgruppendurchschnitt viel zu niedrig sei. Es sei darum gegangen, die Vertragsarztsitze zu sichern. Bis eine ausgewogene Planung erreicht werde, vergehe noch einige Zeit. Der konkrete Ort A-Stadt sei mehr als gut versorgt. Die Zentrumsstruktur ziehe automatisch Patienten an sich. Ein übergroßer Praxisumfang rechtfertige keine Sonderbedarfszulassung. Die erteilten Ermächtigungen stammten aus einer Zeit vor der Bedarfsplanung im Bereich der Neurochirurgie.

Der Beklagte führte aus, die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung seien sehr eng. In dem Zusammenhang sei festzustellen, dass der Landkreis A-Stadt rein rechnerisch überversorgt sei und die Fallzahlen beim MVZ historisch bedingt seien. Es sei nicht Sinn und Zweck der Sonderbedarfszulassung, eine historisch gewachsene Schwerpunktbildung zu unterstützen oder eine deutschlandweite Versorgung aufzubauen. Dadurch werde die Bedarfsplanung ad absurdum geführt. Aufgabe sei es vielmehr, die Versorgung in Bayern zu sichern. Entgegen der Auffassung der Klägerseite seien auch Versorgungsangebote in Baden-Württemberg mit zu berücksichtigen. Denn die Patienten seien nicht gezwungen, sich in Bayern behandeln zu lassen.

In der mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Antrag aus dem Schriftsatz vom 04.04.2016.

Der Vertreter des Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen zu 8 und 9 stellten keine Anträge.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1 schloss sich dem Antrag des Vertreters des Beklagten an.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 12.04.2018 verwiesen.

Gründe

Die zum Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der angefochtene Bescheid des Berufungsausschusses ist als rechtmäßig anzusehen. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Sonderbedarfszulassung bzw. Sonderbedarfsanstellung (für Frau Dr. D. und Herrn Dr. C.).

Zu klären ist, ob ein Sonderbedarf auf dem Gebiet der „Neurochirurgie“ besteht. Das Gebiet der „Neurochirurgie“ ist wegen Überversorgung (187,2%) vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs. 1 und 2 SGB V gesperrt. Zulassungsbeschränkungen sind angeordnet. Deshalb kommt eine Zulassung, abgesehen von den Fällen des § 103 Abs. 3a, Abs. 4 SGB V nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn ein Sonderbedarf nach § 101 Abs. 1 Ziff. 3 SGB V i.V.m. §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie besteht. Der Gesetzgeber differenziert hier zwischen einem zusätzlichen lokalen oder einem qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf.

Für die rechtliche Beurteilung kommt es auf den maßgeblichen Zeitpunkt an. Hierbei ist zu differenzieren zwischen den jeweiligen Klagearten. Während bei einer (reinen) Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw. des Widerspruchsbescheides maßgeblich ist, ist bei Verpflichtungsund Leistungsklagen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Tatsacheninstanz abzustellen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, Rn 32, 33, 34 zu § 54). Nachdem es sich hier um eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG handelt, gelten die Grundsätze über Vornahmeklagen; so auch für Verpflichtungsklagen bei Ermessensentscheidungen, Entscheidungen mit Beurteilungsspielraum und Prognoseentscheidungen. Diese grundsätzlichen Überlegungen finden auch Anwendung bei Entscheidungen der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung (BSG, Urteil vom 22.10.2014, Az. B 6 KA 44/13 R). Dies hat zur Folge, dass bis dahin alle Tatsachenänderungen zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2017, Az. B 6 KA 28/16 R).

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die gerichtliche Überprüfung der Entscheidungen der Zulassungsgremien nur eingeschränkt möglich ist. Dies hängt damit zusammen, dass den Zulassungsgremien bei der Konkretisierung und Anwendung der unbestimmten Tatbestandsmerkmale „qualifikationsbezogener Sonderbedarf“ und „lokaler Sonderbedarf“ ein Beurteilungsspielraum zusteht, da es sich um „sachverständige, gruppenplural zusammengesetzte Gremien handelt, die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarf eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen haben“ (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2010, Az. B 6 KA 22/09 R). Allerdings unterliegt es der gerichtlichen Prüfung, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1993, Az. 6 Rka 71/91). Denn nur auf dieser Grundlage können die Zulassungsgremien ihren Beurteilungsspielraum ermessensfehlerfrei ausüben. „Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, d.h. sich soweit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen“ (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 36/09 R).

Zu Recht wurde ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf abgelehnt. Denn die Voraussetzungen hierfür nach § 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie liegen nicht vor. Nach § 37 Abs. 1 Buchstabe a Bedarfsplanungs-Richtlinie ist die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation nach Abs. 2 erforderlich. Danach ist eine besondere Qualifikation anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Wie der Beklagte zutreffend in dem angefochtenen Bescheid ausführt, ist die Facharztbezeichnung „Neurochirurgie“ alleine für die Annahme eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs nicht ausreichend.

Auch liegen die Voraussetzungen für einen lokalen Sonderbedarf i.S.d. § 101 Abs. 1 Ziff. 3 SGB V i.V.m. §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht vor. Ein solcher setzt u.a. voraus, dass aufgrund durch von dem Zulassungsausschuss/Berufungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. in Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geographische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte), ein zumutbar Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen. Bei der Beurteilung ist den unterschiedlichen Anforderungen der Versorgungsebenen der § § 11-14 Rechnung zu tragen (§ 36 Abs. 4 Bedarfsplanung-Richtlinie). Ein lokaler Sonderbedarf wird typischerweise bejaht, wenn in einer begrenzten Region eine besondere Häufung von Krankheiten vorkommt, die neurochirurgische Eingriffe erforderlich machen, oder, wenn es sich um eine sogenannte Enklavenlage handelt.

Der Beklagte bzw. die Beigeladene zu 1 haben hierzu eine Umfrage unter den nächstgelegenen neurochirurgischen Praxen durchgeführt, in denen neurochirurgische Leistungen angeboten werden. Ergebnis dieser Umfrage war, dass teilweise ein Bedarf bejaht wurde (eine Neurochirurgin aus N-D-Stadt mit freien Kapazitäten für 100 Patienten; angestellte Neurochirurgen am MVZ Klinikum E-Stadt; ein Neurochirurg aus F-Stadt). Andererseits haben die übrigen Neurochirurgen, darunter ein Neurochirurg in B-Stadt, Neurochirurgen beim MVZ G-Stadt und die neurochirurgische Zweigpraxis in A-Stadt (nach den Angaben dort 200 zusätzliche Kapazitäten) einen Bedarf verneint.

Damit ist der Beklagte grundsätzlich seiner Pflicht nachgekommen, sich ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage zu machen, wie sie von der Rechtsprechung gefordert wird. Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob alle Versorgungsangebote im Umkreis von 109 km in die Prüfung mit einzubeziehen sind. An sich sind nur solche Versorgungsangebote zu berücksichtigen, zu denen die Versicherten einen zumutbaren Zugang haben. Wie bereits ausgeführt, wurden mit der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie ab 01.01.20113 unterschiedliche Planungsbereiche festgelegt. Den Regelungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist in Gesamtschau zu entnehmen, dass die Zuordnung zu den Planungsbereichen fachbereichsspezifisch erfolgt. Je spezieller der Fachbereich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) eingestuft wird, umso größer wird der Planungsbereich festgelegt. So gilt für Ärzte, die der hausärztlichen Versorgung angehören, also zum Beispiel für Fachärzte für Allgemeinmedizin, praktische Ärzte, Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung der Mittelbereich in Abgrenzung des Bundesinstituts für Bau-Stadtund Raumforschung als Planungsbereich (§ 11 Bedarfsplanungs-Richtlinie), während für Fachärzte, die der gesonderten fachärztlichen Versorgung angehören, also zum Beispiel für Laborärzte, Strahlentherapeuten und Neurochirurgen der Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung als Planungsbereich genannt wird. Auch fällt auf, je größer die Verhältniszahlen (Verhältnis Arzt zu Patienten) sind, umso größer sind die jeweiligen Planungsbereiche. Indirekt ergibt sich daraus auch eine unterschiedliche Versorgungsdichte und eine Definition des Bedarfs (vgl. BayLSG, Urteil vom 11.01.2017, Az. L 12 KA 20/16).

Mit dem Bayerischen Landessozialgericht (aaO) ist das Gericht der Auffassung, dass sich die Änderung der Grundstrukturen der Bedarfsplanung (Bedarfsplanungs-Richtlinie gemäß dem GKVVersorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl. I. S. 2983, BT-Drucks. 17/6096, 17/7274)) auch auf die Frage auswirken muss, welche Entfernungen den Versicherten zuzumuten sind, um Versorgungsangebote wahrnehmen zu können. Insofern wird es geboten sein, im Einzelfall je nach Fachgebiet die bisherige Rechtsprechung zu modifizieren. Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bleiben nur bei allgemeinen ärztlichen Leistungen Versorgungsangebote nicht berücksichtigt, die mehr als 25 km (zumutbare Entfernung) entfernt sind (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2010, Az. B 6 KA 22/09 R). Bei speziellen Versorgungsangeboten sind größere Entfernungen (mehr als 25 km) den Patienten zumutbar. Für die Fachgruppe der Neurochirurgen gab es bis zum 01.01.2013 überhaupt keine Bedarfsplanung. Eine Prüfung des Bedarfs fand somit nicht statt; auch nicht im Zusammenhang mit der Erteilung von Ermächtigungen. In der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie ist nunmehr auch für die Fachgruppe der Neurochirurgen eine Bedarfsplanung vorgesehen. Allein der Umstand, dass die Fachgruppe der Neurochirurgen der gesonderten fachärztlichen Versorgung zugeordnet wurde (§ 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie), verbunden mit einer großräumigen Planung bei dieser Fachgruppe (Bezirk der KVB) spricht unabhängig von der bisherigen Rechtsprechung dafür, dass den Versicherten zum Aufsuchen neurochirurgischer Versorgungsangebote größere Entfernungen zugemutet werden können.

Andererseits gilt auch für die gesonderte fachärztliche Versorgung prinzipiell der Grundsatz der wohnortnahen Versorgung. Expressis verbis ist zwar eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung für den Bereich Neurochirurgie nicht vorgesehen. In § 26 Abs. 4 Nr. 3 sechster Spiegelstrich Bedarfsplanungs-Richtlinie wird jedoch als eines der Auswahlkriterien, die auch für die gesonderte fachärztliche Versorgung gelten, die „bestmögliche Versorgung der Versicherten“ genannt. Aus der Formulierung „bestmögliche Versorgung der Versicherten“ in § 26 Abs. 4 Nr. 3 sechster Spiegelstrich Bedarfs-Planungsrichtlinie ergibt sich, dass auch für die gesonderte fachärztliche Versorgung trotz der Großräumigkeit des Planungsbereichs (§ 14 Abs. 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie) zumindest indirekt eine möglichst flächendeckende und wohnortnahe Versorgung bei gleichmäßiger Verteilung der Vertragsarztsitze anzustreben ist (vgl. SG Marburg, Urteil vom 16.03.2016, Az. S 12 KA 170/15). Aus diesen grundsätzlichen Überlegungen heraus können beispielsweise Versicherte aus Südbayern selbst für eine großräumig angelegte gesonderte fachärztliche Versorgung nicht auf Versorgungsangebote in Nordbayern verwiesen werden. Dies wäre mit dem Grundsatz einer wohnortnahen Versorgung nicht zu vereinbaren.

Der Beklagte möchte Versorgungsangebote im Umkreis von 109 km berücksichtigen, was offenbar mit den Angaben der Klägerin zum geplanten Einzugsbereich zusammenhängt. Vorstellbar wäre grundsätzlich eine Abstaffelung, was die „Zumutbarkeit“ angeht, nach den Versorgungsebenen hausärztliche Versorgung (zumutbar: maximal 25 km), allgemeine fachärztliche Versorgung (zumutbar: maximal 50 km), spezialisierte fachärztliche Versorgung (zumutbar: maximal 75 km) und gesonderte fachärztliche Versorgung (zumutbar: maximal 100 km). Es wird jedoch gerade bei den Versorgungsebenen mit großen Planungsbereichen, insbesondere aber bei der vierten Versorgungsebene (gesonderte fachärztliche Versorgung) je nach Fachgruppe zu differenzieren sein, je nachdem, ob es sich um ein Fachgebiet handelt mit keinem, mittlerem oder großen Patientenkontakt. Ein genereller Maßstab kann deshalb nicht vorgegeben werden. Dabei versteht sich von selbst, nicht nur die Entfernungen, sondern auch die Fahrtzeiten mit zu berücksichtigen. Nachdem es sich beim Bereich der Neurochirurgie zwar um die vierte Versorgungsebene handelt, jedoch von zumindest mittleren Patientenkontakten auszugehen sein wird, erscheinen Versorgungsangebote in G-Stadt (Entfernung 103 km; Fahrzeit: 59 Minuten) und E-Stadt (Entfernung 109 km; Fahrzeit: 65 Minuten) unter keinen Umständen berücksichtigungsfähig.

Letztendlich kommt es aber darauf nicht an. Wie bereits ausgeführt, ist für die Beurteilung des Sachverhalts der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Tatsacheninstanz maßgeblich, d.h. die bis dahin erfolgten Tatsachenänderungen sind zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2017, Az. B 6 KA 28/16 R). Die tatsächliche Versorgungssituation am geplanten Standort A-Stadt ist aktuell davon geprägt, dass in A-Stadt eine Filialpraxis besteht, sowie ab 01.07.2015 ein Angestelltensitz Neurochirurgie und ab 01.01.2017 ein weiterer Angestelltensitz „Neurochirurgie“ bei der Klägerin. Vorher gab es in A-Stadt und Umgebung nur die Filialpraxis sowie Ermächtigungen am Bezirkskrankenhaus A-Stadt (abnehmend von ursprünglich 7 auf 4 mit Einschränkung des Überweiserkreises, nicht nur rein neurochirurgische Leistungen erbringend). Ferner sind die bestehenden Versorgungsangebote im Umkreis bis auf die Versorgungsangebote in G-Stadt (Entfernung 103 km; Fahrzeit: 59 Minuten) und E-Stadt (Entfernung 109 km; Fahrzeit: 65 Minuten) zu berücksichtigen.

Was die Versorgungsangebote der Filialpraxis in A-Stadt betrifft, sind diese zwar anzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 36/09 R), wobei sich allerdings die Frage stellt, ob die angegebenen freien Kapazitäten (200) objektivierbar sind. Denn die Filialpraxis steht wöchentlich nur sieben Stunden zur Verfügung.

Hinsichtlich der zwei Angestelltenstellen bei der Klägerin ist zunächst festzustellen, dass diese gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt mit lediglich 400 (Fallzahl pro Arzt) mit 1.600 sehr hohe Fallzahlen aufweisen. Dies könnte für einen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf sprechen. Andererseits ist die niedrige durchschnittliche Fallzahl nach Auffassung des Gerichts zu relativieren, zumal es im Vorfeld vor Einführung der Bedarfsplanung bei Neurochirurgen im Jahr 2013 zu einer nicht unerheblichen Zahl an Praxisneugründungen gekommen sein durfte, um nicht der Bedarfsplanung zu unterliegen. Deshalb dürfte die wahre erbringbare Fallzahl eines in Vollzeit beschäftigen Neurochirurgen wesentlich darüber liegen. Dafür spricht auch der Umstand, dass selbst ein ermächtigter Arzt 312 Fälle pro Quartal erbracht hat und auf die beiden Angestelltensitze bei der Klägerin 1.600 Fälle entfallen.

Der vor Ort in A-Stadt nicht zu leugnende neurochirurgische Schwerpunkt ist, wie die Beteiligten übereinstimmend ausführten, historisch bedingt. Die Besonderheit zeichnet sich darin aus, dass das Bezirkskrankenhaus A-Stadt zu einem der beiden Standorte der Klinik für Neurochirurgie gehört, die bundeslandübergreifend an zwei Standorten, nämlich am Bezirkskrankenhaus A-Stadt (Freistaat Bayern) und am Universitätsklinikum D-Stadt (Baden-Württemberg) organisiert ist. Das Bezirkskrankenhaus A-Stadt ist akademisches Lehrkrankenhaus der Universität D-Stadt und verfügt nach dem Internetauftritt europaweit über einen der modernsten Operationssäle für operative Eingriffe am Gehirn - die BrainSuite iMRl. Dieser stationäre Schwerpunkt mit zumindest bundesweiter Bedeutung muss sich nicht zwangsläufig im ambulanten Bereich fortsetzen. Jedenfalls führt diese historisch gewachsene Versorgungssituation nicht zu einem lokalen ambulanten Sonderbedarf. Letzterer setzt voraus, dass er seinen Ursprung in der Region hat. Hier aber stammt eine evtl. erhöhte Nachfrage aus dem stationären überörtlichen Bereich. Deshalb ist der historisch gewachsene Sonderbedarf nicht einem lokalen Sonderbedarf bei einer örtlich besonderen Häufung von Krankheiten, die neurochirurgische Eingriffe erforderlich machen, oder, einer sogenannten Enklavenlage gleichzusetzen.

Für einen lokalen Sonderbedarf spricht auch nicht, dass zuvor mehrere Ermächtigungen von Krankenhausärzten bestanden. Die dort erbrachten Leistungen bleiben zur Feststellung, welcher Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, außer Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 36/09 R), da diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Ärzte nachrangig ist; anders bei bedarfsunabhängigen Ermächtigungen, so z.B. bei § 117 SGB V (BSG, Urteil vom 08.12.2010, Az. B 6 KA 36/09 R). Insofern kann die Klägerin nicht mit dem Argument gehört werden, es gehe ihr nur darum, dass der status quo beibehalten werde. Im Übrigen waren die im Rahmen der Ermächtigungen erbrachten Leistungen nicht rein neurochirurgischer Art. Es handelte sich auch um radiologische und orthopädische Leistungen.

Auch unter Anwendung der Verhältniszahlen (1 Arzt je 161.207 Einwohner) fällt auf, dass bei einer Einwohnerzahl von ca. 150.000 in A-Stadt und Umland an sich 1 Vertragsarztsitz ausreichend wäre und deshalb rein tatsächlich die Versorgung durch zwei Angestelltensitze und eine Filialpraxis weit darüber hinausgeht. Selbst wenn man weitere Landkreise (H., J.) mit einrechnen würde, was zu einer Einwohnerzahl von ca. 300.000 führen würde, wären zwei Vertragsarztsitze als ausreichend anzusehen.

Hinzu kommen noch die Versorgungsangebote aus N-D-Stadt, B-Stadt und F-Stadt.

Eine Sonderbedarfszulassung in einer bereits mehr als ausreichend versorgten Region würde dazu führen, dass eine ungleiche Verteilung der Vertragsarztsitze nicht nur gefestigt wird, sondern noch zunimmt. Dies würde weitere Sonderbedarfszulassungen nach sich ziehen (vgl. SG Marburg, Urteil vom 16.03.2016, Az. S 12 KA 170/15).

Im Rahmen des Verfahrens nicht klärungsbedürftig ist allerdings die Frage, ob Versorgungsangebote aus Baden-Württemberg mit zu berücksichtigen sind. Denn in dem angefochtenen Bescheid des Berufungsausschusses wurde nur auf dem Planungsbereich Bayern abgestellt. Nur dieser Bescheid ist Gegenstand des hier streitgegenständlichen Verfahrens. Gleichwohl wäre es nach Auffassung des Gerichts rechtlich nicht zu beanstanden gewesen, in den Beurteilungsspielraum ausnahmsweise Versorgungsangebote aus Baden-Württemberg mit einfließen zu lassen. Denn der Landkreis A-Stadt ist Grenzlandkreis zu Baden-Württemberg. In D-Stadt sind bzw. waren vier Neurochirurgen zugelassen. Wie das Hessische Landessozialgericht (Hess. LSG, Urteil vom 20.10.2010, Az. L4 KA 68/09) zutreffend ausgeführt hat, reduziert sich der Sicherstellungsauftrag nicht auf Planbereichsgrenzen. „Zulassungen und Ermächtigungen haben in diesem System vorrangig die Funktion, den Behandlungsanspruch der Versicherten zu erfüllen. Die Zulassungsgremien und die Kassenärztliche Vereinigung sind deshalb - da der Gesetzgeber insoweit keine überregionalen Gremien geschaffen hat, welche zur Schließung derartige Versorgungslücken zuständig sind - auch verpflichtet, den Versorgungsbedarf außerhalb des Planungsgebiets in den Blick zu nehmen, wenn sich im Rahmen eines Ermächtigungsantrags ein Mangel im Leistungssystem zeigt. In dem Ausnahmefall, dass ein Krankenhausarzt hochspezialisierte ärztliche Leistungen erbringt, welche in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen fallen und welche ansonsten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht vorgehalten werden, sind die Zulassungsgremien daher gehalten, durch eine entsprechende räumliche Ausweitung der Ermächtigung den Versicherten Zugang zu diesen Leistungen zu verschaffen.“

Aus den genannten Gründen ist ein zusätzlicher lokaler Sonderbedarf für den Standort A-Stadt nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 103 Zulassungsbeschränkungen


(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 117 Hochschulambulanzen


(1) Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) sind zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen1.in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang sowie2.

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Tenor Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung

Bundessozialgericht Urteil, 22. Okt. 2014 - B 6 KA 44/13 R

bei uns veröffentlicht am 22.10.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 08. Dez. 2010 - B 6 KA 36/09 R

bei uns veröffentlicht am 08.12.2010

Tenor Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neub

Bundessozialgericht Urteil, 23. Juni 2010 - B 6 KA 22/09 R

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

Tatbestand 1 Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

Referenzen

(1) Die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen stellen fest, ob eine Überversorgung vorliegt; die durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und die Ärzte, die in ermächtigten Einrichtungen tätig sind, sind bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Wenn dies der Fall ist, hat der Landesausschuß nach den Vorschriften der Zulassungsverordnungen und unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Darüber hinaus treffen die Landesausschüsse eine Feststellung, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 40 Prozent überschritten ist.

(2) Die Zulassungsbeschränkungen sind räumlich zu begrenzen. Sie können einen oder mehrere Planungsbereiche einer Kassenärztlichen Vereinigung umfassen. Sie sind arztgruppenbezogen unter angemessener Berücksichtigung der Besonderheiten bei den Kassenarten anzuordnen. Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden können ländliche oder strukturschwache Teilgebiete eines Planungsbereichs bestimmen, die auf ihren Antrag für einzelne Arztgruppen oder Fachrichtungen von den Zulassungsbeschränkungen auszunehmen sind; in dem Antrag ist die Anzahl der zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten arztgruppenbezogen festzulegen. Die zusätzlichen Zulassungsmöglichkeiten sind an das nach Satz 4 bestimmte Teilgebiet gebunden. Für die Bestimmung der ländlichen und strukturschwachen Teilgebiete stellt der Landesausschuss im Einvernehmen mit der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörde allgemeingültige Kriterien auf, die den jeweiligen Entscheidungen zugrunde zu legen sind. Der Landesausschuss hat sich dabei an den laufenden Raumbeobachtungen und Raumabgrenzungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung zu orientieren oder eine vergleichbare Abgrenzung ländlicher Gebiete durch die für die Landesplanung zuständigen Stellen zugrunde zu legen. Die zusätzlichen Arztsitze sind in den von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemäß § 99 aufzustellenden Bedarfsplänen auszuweisen.

(3) Die Zulassungsbeschränkungen sind aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für eine Überversorgung entfallen sind.

(3a) Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, entscheidet der Zulassungsausschuss auf Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben, ob ein Nachbesetzungsverfahren nach Absatz 4 für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll. Satz 1 gilt auch bei Verzicht auf die Hälfte oder eines Viertels der Zulassung oder bei Entziehung der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung; Satz 1 gilt nicht, wenn ein Vertragsarzt, dessen Zulassung befristet ist, vor Ablauf der Frist auf seine Zulassung verzichtet. Der Zulassungsausschuss kann den Antrag ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; dies gilt nicht, sofern die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4, 5 und 6 bezeichneten Personenkreis angehört oder der sich verpflichtet, die Praxis in ein anderes Gebiet des Planungsbereichs zu verlegen, in dem nach Mitteilung der Kassenärztlichen Vereinigung aufgrund einer zu geringen Ärztedichte ein Versorgungsbedarf besteht oder sofern mit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 4 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass dieser Nachfolger die vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat, nach dem 23. Juli 2015 erstmals aufgenommen hat. Für einen Nachfolger, der dem in Absatz 4 Satz 5 Nummer 6 bezeichneten Personenkreis angehört, gilt Satz 3 zweiter Halbsatz mit der Maßgabe, dass das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Betrieb der Praxis mindestens drei Jahre lang angedauert haben muss. Satz 5 gilt nicht, wenn das Anstellungsverhältnis oder der gemeinschaftliche Praxisbetrieb vor dem 5. März 2015 begründet wurde. Hat der Landesausschuss eine Feststellung nach Absatz 1 Satz 3 getroffen, soll der Zulassungsausschuss den Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens ablehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Im Fall des Satzes 7 gelten Satz 3 zweiter Halbsatz sowie die Sätze 4 bis 6 entsprechend; Absatz 4 Satz 9 gilt mit der Maßgabe, dass die Nachbesetzung abgelehnt werden soll. Der Zulassungsausschuss beschließt mit einfacher Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit ist dem Antrag abweichend von § 96 Absatz 2 Satz 6 zu entsprechen. § 96 Absatz 4 findet keine Anwendung. Ein Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes) findet nicht statt. Klagen gegen einen Beschluss des Zulassungsausschusses, mit dem einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen wird, haben keine aufschiebende Wirkung. Hat der Zulassungsausschuss den Antrag abgelehnt, hat die Kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Bei der Ermittlung des Verkehrswertes ist auf den Verkehrswert abzustellen, der nach Absatz 4 Satz 8 bei Fortführung der Praxis maßgeblich wäre.

(4) Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung oder bei der Festlegung zusätzlicher Zulassungsmöglichkeiten nach Absatz 2 Satz 4. Dem Zulassungsausschuß sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuß den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Bei der Auswahl der Bewerber sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1.
die berufliche Eignung,
2.
das Approbationsalter,
3.
die Dauer der ärztlichen Tätigkeit,
4.
eine mindestens fünf Jahre dauernde vertragsärztliche Tätigkeit in einem Gebiet, in dem der Landesausschuss nach § 100 Absatz 1 das Bestehen von Unterversorgung festgestellt hat,
5.
ob der Bewerber Ehegatte, Lebenspartner oder ein Kind des bisherigen Vertragsarztes ist,
6.
ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde,
7.
ob der Bewerber bereit ist, besondere Versorgungsbedürfnisse, die in der Ausschreibung der Kassenärztlichen Vereinigung definiert worden sind, zu erfüllen,
8.
Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung,
9.
bei medizinischen Versorgungszentren die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots; dies gilt entsprechend für Vertragsärzte und Berufsausübungsgemeinschaften mit einem besonderen Versorgungsangebot.
Die Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 sind zu beachten. Ab dem 1. Januar 2006 sind für ausgeschriebene Hausarztsitze vorrangig Allgemeinärzte zu berücksichtigen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit nach Satz 5 Nummer 3 wird verlängert um Zeiten, in denen die ärztliche Tätigkeit wegen der Erziehung von Kindern oder der Pflege pflegebedürftiger naher Angehöriger in häuslicher Umgebung unterbrochen worden ist. Die wirtschaftlichen Interessen des ausscheidenden Vertragsarztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswerts der Praxis nicht übersteigt. Kommt der Zulassungsausschuss in den Fällen des Absatzes 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bei der Auswahlentscheidung nach Satz 4 zu dem Ergebnis, dass ein Bewerber auszuwählen ist, der nicht dem in Absatz 3a Satz 3 zweiter Halbsatz bezeichneten Personenkreis angehört, kann er die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes mit der Mehrheit seiner Stimmen ablehnen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist; Absatz 3a Satz 10, 11, 13 und 14 gilt in diesem Fall entsprechend. Hat sich ein Bewerber nach Satz 5 Nummer 7 bereit erklärt, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen, kann der Zulassungsausschuss die Zulassung unter der Voraussetzung erteilen, dass sich der Bewerber zur Erfüllung dieser Versorgungsbedürfnisse verpflichtet.

(4a) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums durch den Arzt zu berücksichtigen. Der Arzt kann in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden medizinischen Versorgungszentrums in einem anderen Planungsbereich liegt. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4b) Verzichtet ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung, um bei einem Vertragsarzt als nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellter Arzt tätig zu werden, so hat der Zulassungsausschuss die Anstellung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Bei der Prüfung, ob der Anstellung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen, ist die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots des anstellenden Vertragsarztes durch den anzustellenden Arzt zu berücksichtigen. Im Fall des Satzes 1 kann der angestellte Arzt in dem Planungsbereich, für den er zugelassen war, weiter tätig sein, auch wenn der Sitz des anstellenden Vertragsarztes in einem anderen Planungsbereich liegt. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Vertragsarzt den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in seiner Praxis weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Nachbesetzung der Stelle eines nach § 95 Abs. 9 Satz 1 angestellten Arztes ist möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind; dies gilt nicht, soweit der Nachbesetzung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. § 95 Absatz 9b gilt entsprechend.

(4c) Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung durch Tod, Verzicht oder Entziehung von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Die Absätze 3a, 4 und 5 gelten entsprechend. Absatz 4 gilt mit der Maßgabe, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein medizinisches Versorgungszentrum, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei Ärzten liegt, die in dem medizinischen Versorgungszentrum als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber den übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt nicht für ein medizinisches Versorgungszentrum, das am 31. Dezember 2011 zugelassen war und bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

(5) Die Kassenärztlichen Vereinigungen (Registerstelle) führen für jeden Planungsbereich eine Warteliste. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, aufgenommen. Bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen.

(6) Endet die Zulassung eines Vertragsarztes, der die Praxis bisher mit einem oder mehreren Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, so gelten die Absätze 4 und 5 entsprechend. Die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte sind bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen.

(7) In einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, haben Krankenhausträger das Angebot zum Abschluß von Belegarztverträgen auszuschreiben. Kommt ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassenen Vertragsarzt nicht zustande, kann der Krankenhausträger mit einem bisher im Planungsbereich nicht niedergelassenen geeigneten Arzt einen Belegarztvertrag schließen. Dieser erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung; die Beschränkung entfällt bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach Absatz 3, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten nicht für Zahnärzte.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 30. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8.

Tatbestand

1

Der seit langem als Facharzt für Urologie in B. an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger wendet sich im Wege der offensiven Konkurrentenklage gegen die Zulassung des zu 9. beigeladenen Facharztes für Urologie Dr. K. als Praxisnachfolger für den Urologen Dr. E. in dem - wegen Überversorgung gesperrten - Planungsbereich O.

2

Der für einen Vertragsarztsitz in O. zugelassene Dr. E. unterzeichnete am 8.2.2011 einen Vertrag über eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit den übrigen Partnern der zu 1. beigeladenen BAG sowie am selben Tag einen Vertrag über die Übertragung seines Anteils an dieser überörtlichen BAG auf den Beigeladenen zu 9. Der Zulassungsausschuss genehmigte die gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit mit Wirkung zum 1.4.2011. Der Berufungsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Beschluss vom 30.11.2011 als offensichtlich unzulässig zurück; der Kläger sei nicht anfechtungsberechtigt. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Klage erhoben; deren Abweisung ist als Folge des Senatsurteils vom 22.10.2014 im Verfahren B 6 KA 43/13 R rechtskräftig.

3

Am 21.6.2011 stellte Dr. E. einen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes zum 2.1.2012 und verzichtete am 5.7.2011 zum 1.1.2012 auf seine Zulassung unter der Bedingung, dass der vom Zulassungsausschuss bestimmte Praxisnachfolger rechtskräftig zugelassen werde. Auf die Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in der Praxisform BAG bewarben sich unter anderem der Kläger und der Beigeladene zu 9. Der 1962 geborene Kläger ist seit dem 26.11.1987 approbiert und seit dem 23.11.1994 Facharzt für Urologie. Am 1.4.1995 wurde er mit Sitz in B. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In der Warteliste für eine Zulassung in O. steht der Kläger seit dem 24.11.1994. Er erklärte gegenüber dem Zulassungsausschuss, er wolle die Praxis zunächst als Einzelpraxis in O. fortführen, seinen bisherigen Vertragsarztsitz in B. nachbesetzen lassen und anschließend in eine überörtliche BAG mit seinem derzeitigen BAG-Partner Dr. F. einbringen. Der 1979 geborene Beigeladene zu 9. ist seit dem 12.12.2005 approbiert und seit dem 29.1.2011 Facharzt für Urologie; in der Warteliste für eine Zulassung in O. steht er seit dem 31.3.2011.

4

Der Zulassungsausschuss ließ den Beigeladenen zu 9. mit Wirkung zum 2.1.2012 als Praxisnachfolger des Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung zu und genehmigte die überörtliche BAG zwischen den Beigeladenen zu 9. und den anderen Partnern der Beigeladenen zu 1. Der beklagte Berufungsausschuss wies die Widersprüche des Klägers mit Beschluss vom 21.3.2012 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der dem Beigeladenen zu 9. erteilten Zulassung unter der Bedingung an, dass Dr. E. auf seine Zulassung endgültig verzichtet, bevor der Beigeladene zu 9. seine Praxistätigkeit aufnimmt. Der Kläger könne bereits aufgrund seines Begehrens, in Einzelpraxis tätig werden zu wollen, nicht zugelassen werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geboten, da anderenfalls die Gefahr bestehe, dass das Praxisnachfolgeverfahren ins Leere gehe. Dr. E. hat am 30.3.2012 endgültig auf seine Zulassung zum Ablauf des 31.3.2012 verzichtet.

5

Gegen den Beschluss des Beklagten vom 21.3.2012 hat der Kläger Klage erhoben sowie die Aufhebung der sofortigen Vollziehung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt. Gegenüber dem SG hat er erklärt, dass er auch die überörtliche BAG mit den übrigen Partnern der Beigeladenen zu 1. fortführen würde; allerdings hätten die übrigen Partner der BAG nicht mit ihm kooperieren wollen. Die ehemaligen Patienten von Dr. E. würde er vor Ort weiterversorgen. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 16.8.2013 abgelehnt; die gegen den Beschluss des SG erhobene Beschwerde ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.2.2014). Mit Urteil vom 30.10.2013 hat das SG die Klage abgewiesen.

6

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beschluss des Beklagten vom 21.3.2012 über die Zulassung des Beigeladenen zu 9. als Vertragsarzt sei zumindest im Ergebnis rechtmäßig. Ob der Beklagte auf den Willen des Klägers, die Praxis des Dr. E. als Einzelpraxis fortführen zu wollen, habe abstellen dürfen, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls habe sich der Beklagte bei der Auswahl an den Interessen der verbleibenden Partner der Beigeladenen zu 1. orientieren dürfen, nur mit dem Beigeladenen zu 9. und nicht mit dem Kläger zusammenarbeiten zu wollen. Dieses Interesse sei gemäß § 103 Abs 6 SGB V berücksichtigungsfähig, da weder ein offensichtlicher Eignungsmangel des Beigeladenen zu 9. vorliege noch die Beigeladene zu 1. unzulässig gegründet worden sei; es sei auch kein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung anzunehmen.

7

Um dem Rechtsschutzanspruch der Konkurrenten gerecht zu werden, müsse eine Prüfung der Rechtmäßigkeit einer BAG auch im Nachbesetzungsverfahren inzident zumindest insoweit erfolgen können, als die Genehmigungen - wie vorliegend - noch nicht bestandskräftig geworden seien. Diese Prüfung ergebe, dass die zu 1. beigeladene überörtliche BAG nicht rechtlich unzulässig gegründet worden sei. Das Gesetz eröffne die Möglichkeit der Bildung einer (überörtlichen) BAG auch kurz vor Ausschreibung eines Praxissitzes; die Bildung einer BAG zum Zwecke der Praxisübergabe sei zumindest dann rechtlich zulässig, wenn die Zusammenarbeit mit dem Nachfolger ernstlich gewollt sei; das sei hier auch der Fall. Der Kläger sei auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung aus Art 12 Abs 1 GG verletzt. Da er bereits über eine vertragsärztliche Zulassung verfüge, stehe für ihn im vorliegenden Verfahren nicht der Zugang zu einem Beruf in Frage, sondern allein eine bestimmte Art der Berufsausübung, nämlich an dem von ihm gewünschten Praxissitz. Die Kriterien der beruflichen Eignung, des Approbationsalters und der Dauer der ärztlichen Tätigkeit schützten gerade nicht den Kläger, sondern seien nur auf das Interesse der Allgemeinheit, nämlich der Versicherten an einer möglichst leistungsfähigen und lückenlosen ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ausgerichtet. Es sei auch kein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung der überörtlichen BAG festzustellen. Für den Zeitraum im Jahr 2011 habe die gemeinsame Behandlung von zwei Patienten festgestellt werden können. Hierin liege eine - wenn auch nur geringe - "gelebte" Zusammenarbeit.

8

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Das SG habe mit Tatbestandswirkung festgestellt, dass die überörtliche BAG nur gegründet worden sei, um auf das Nachbesetzungsverfahren Einfluss auszuüben; damit sei zugleich festgestellt, dass den Angehörigen der Beigeladenen zu 1. der zur wirksamen Gründung erforderliche Wille zur Kooperation gefehlt habe, und dass die Gründung der BAG rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Der Schutz seines - des Klägers - Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG erfordere die Überprüfung der Wirksamkeit der Gründung bzw der Genehmigung der Beigeladenen zu 1. entweder im vorliegenden Verfahren oder in dem auf die Anfechtung der BAG-Genehmigung gerichteten Verfahren.

9

Zwar habe das BSG dem Umstand, dass der aus der vertragsärztlichen Versorgung ausscheidende Arzt einer genehmigten BAG angehöre, entscheidende Bedeutung beigemessen, indem es auch die Möglichkeit einer gerichtlichen Kontrolle der Umstände der Gründung, der Dauer wie des Bestands der BAG wegen einer angeblichen Drittbindungswirkung der BAG-Genehmigung und unter Hinweis auf das Interesse der BAG an einer zügigen Entscheidung über die Nachbesetzung verneint habe. Das rechtmäßige Bestehen einer BAG müsse in einem Nachbesetzungsverfahren zur Wahrung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz inzident zumindest insoweit erfolgen, als die Genehmigung der Bildung einer BAG noch nicht bestandskräftig geworden sei. Die bisherige Rechtsprechung des BSG stelle einseitig auf die Interessen des die Praxis übergebenden Arztes ab und lasse die Grundrechte der Bewerber um die Nachfolgezulassung leerlaufen. Ein rein formales Abstellen auf den Status einer genehmigten BAG ermögliche einen Missbrauch der Rechtsform der BAG im Falle der Vergabe von Vertragsarztsitzen.

10

Entgegen der Ansicht des SG ergebe sich die Unwirksamkeit der Gründung der Beigeladenen zu 1. hier bereits aus ihrem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Praxisnachfolge. Sei alleiniger Zweck der Gründung der BAG die Einflussnahme auf die Auswahlentscheidung, fehle es bei der Gründung der BAG am Willen zur Kooperation und damit an einem konstitutiven Element für eine wirksame Gründung, und damit sei die BAG unwirksam. Nach dem Willen des Gesetzgebers erfolge die Auswahl des Praxisnachfolgers ausschließlich anhand objektiver Kriterien; nur dann, wenn der nachzubesetzende Vertragsarztsitz in eine BAG integriert gewesen sei, seien ausnahmsweise und ergänzend - keinesfalls ersetzend - auch die Interessen der in der Kooperation verbleibenden Ärzte zu berücksichtigen. Zur Wahrung des Prinzips der Bestenauslese, zur Wahrung der Entscheidungskompetenz der Zulassungsgremien und zur Vermeidung eines Zulassungshandels sei es erforderlich, missbräuchlichen Kooperationen die Genehmigung bzw jedenfalls die Berücksichtigung der Interessen ihrer Mitglieder nach § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V zu versagen.

11

Der Gestaltungsmissbrauch im Zeitpunkt der Gründung folge auch daraus, dass die Genehmigung der BAG mit Dr. E. erst nach Abschluss des Vertrages über die Anteilsübertragung an Dr. K. beantragt worden sei und dass der Vertrag über die Anteilsübertragung lange vor dem Zeitpunkt abgeschlossen worden sei, zu dem die gemeinsame vertragsärztliche Tätigkeit überhaupt erst genehmigt worden sei. Zudem sei nur eine rein formale Einbindung der Praxis des abgebenden Partners in die BAG gewollt gewesen. Auch während der gesamten Dauer der Zugehörigkeit des Dr. E. zur BAG habe es noch am Willen der Partner zur Kooperation im Sinne einer gemeinsamen Behandlung von Patienten gefehlt, sodass hier auch ein Rechtsmissbrauch wegen fehlender praktischer Umsetzung vorliege. Aus lediglich zwei Fällen, in denen ein Patient nicht nur Kontakt zum abgebenden Partner, sondern auch zu einem weiteren Mitglied der Beigeladenen zu 1. gehabt habe, könne nicht auf einen Willen zur Kooperation geschlossen werden.

12

Eine nicht vom Kooperationswillen getragene BAG, die nur zur Umgehung der Bestimmungen zur Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in Einzelpraxis diene, sei unwirksam und missbrauche die Gestaltungsform; die BAG sei auch später rechtsmissbräuchlich nicht umgesetzt worden. Dies führe dazu, dass es keine verbleibenden Ärzte gebe, deren Interessen über § 106 Abs 6 Satz 2 SGB V im Nachbesetzungsverfahren berücksichtigt werden müssten. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Vertragsarztsitz des abgebenden Partners als solcher "in Gemeinschaftspraxis" ausgeschrieben worden sei. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG erfordere eine Ausnahme von diesem Grundsatz, wenn die BAG nicht wirksam oder rechtsmissbräuchlich gegründet worden sei. Da er - der Kläger - der objektiv geeignetste Bewerber sei, sei er als Nachfolger des abgebenden Arztes in Einzelpraxis zuzulassen. Das ergebe sich auch aus Art 12 Abs 1 GG.

13

Selbst wenn man annähme, dass die BAG wirksam begründet worden sei, sei die Revision begründet, weil sein - des Klägers - Interesse daran, als objektiv geeignetster Bewerber als Praxisnachfolger zugelassen zu werden, das Interesse der verbleibenden Partner überwiege. Dieses habe hier geringes Gewicht, weil alleiniges Ziel der BAG-Gründung von vornherein die Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 9. gewesen sei, die BAG mit Dr. E. nur für den kürzest möglichen Zeitraum bestanden habe und das Maß der Kooperation zwischen ihm und den übrigen Partnern nicht geringer habe sein können. Es gebe keine objektiv nachvollziehbaren Gründe, aufgrund derer die in der Beigeladenen zu 1. verbleibenden Gesellschafter definitiv nicht mit ihm - dem Kläger - zusammenarbeiten könnten. Insbesondere stehe seine aktuelle Einbindung in eine BAG in B. dem nicht entgegen, weil es wegen der unterschiedlichen Einzugsbereiche an einer unmittelbaren Konkurrenz fehle. Seine ursprüngliche Erklärung, am streitigen Vertragsarztsitz in O. in Einzelpraxis tätig werden zu wollen, habe auf der Rechtsauffassung beruht, dass die Einbindung des Vertragsarztsitzes in die BAG rechtsmissbräuchlich und mithin unwirksam sei. Er habe jedoch wiederholt erklärt, dass er die BAG mit den verbleibenden Partnern der Beigeladenen zu 1. fortsetzen würde.

14

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Hannover vom 30.10.2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21.3.2012 aufzuheben, den Antrag des Beigeladenen zu 9. abzulehnen und den Kläger als Praxisnachfolger von Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis, hilfsweise "in Gemeinschaftspraxis" zuzulassen.

15

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

16

Umstritten sei eine Praxisnachfolgezulassung im Rahmen einer BAG, sodass der Kläger mit seinem Begehren, in Einzelpraxis zugelassen zu werden, von vornherein keinen Erfolg haben könne.

17

Die Beigeladenen zu 1. und zu 9. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

18

Die Rechtmäßigkeit der Genehmigung einer BAG sei nicht im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zu prüfen, sondern vielmehr dem dafür speziell vorgesehenen Genehmigungsverfahren gemäß § 33 Abs 2 Ärzte-ZV vorbehalten. Die Genehmigung der überörtlichen BAG entfalte Drittbindungswirkung. Die überörtliche BAG sei in rechtmäßiger Weise gegründet worden. Selbst wenn sie ausschließlich zu dem Zweck gegründet worden wäre, das Interesse der verbleibenden Partner im Nachfolgeverfahren durchzusetzen, läge in dieser Vorgehensweise kein Gestaltungsmissbrauch. Es habe tatsächlich eine gemeinschaftliche Berufsausübung der Partner der Beigeladenen zu 1. entsprechend dem Vertrag über eine überörtliche BAG stattgefunden. Es sei eine zunehmende Verflechtung der Praxen und eine auf die gemeinsame Behandlung von Patienten ausgerichtete Zusammenarbeit erfolgt, vor allem durch Schaffung gemeinsamer Strukturen. Auch seien Dr. E. und Dr. J. seit langem freundschaftlich und beruflich verbunden; so seien bereits seit Jahren situative Einzelfallbesprechungen und Urlaubsvertretungen erfolgt.

19

Die Auswahlentscheidung des Beklagten zugunsten des Beigeladenen zu 9. erweise sich als rechtmäßig. Unabhängig davon, wie stark die Interessen der verbleibenden Ärzte im Einzelfall zu gewichten seien, sei es jedenfalls zwingend erforderlich, auch bei einer angeblichen Missbräuchlichkeit der BAG-Gründung deren Interessen zu berücksichtigen. Ein der Zusammenarbeit entgegen stehender objektiv nachvollziehbarer Grund liege hier vor, da der Kläger noch in der Revisionsbegründung geäußert habe, die Praxis als Einzelpraxis fortführen zu wollen. Darüber hinaus sei er bereits in B. als Urologe niedergelassen und damit direkter Konkurrent der Beigeladenen zu 1.

20

Die zu 2. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) führt - ohne einen Antrag zu stellen - aus, der Kläger sei nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen, weil er den in BAG ausgeschriebenen Sitz nicht mit den Mitgliedern der Beigeladenen zu 1. habe fortführen wollen. Seine spätere Erklärung, doch zu einer Kooperation bereit zu sein, sei allein vor dem Hintergrund des laufenden Prozesses abgegeben worden. Zudem habe von den in der Praxis verbleibenden Ärzten aus objektiv nachvollziehbaren Gründen nicht erwartet werden können, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, weil absehbar gewesen sei, dass dieser versuchen würde, den Sitz früher oder später aus der BAG herauszulösen und in eine BAG mit seinen bisherigen BAG-Partnern einzubringen.

21

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich geäußert.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat zutreffend entschieden, dass der beklagte Berufungsausschuss bei der Auswahl des Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger für Dr. E. und bei der Entscheidung gegen die Bewerbung des Klägers dessen Rechte nicht verletzt hat.

23

1. Das Begehren des Klägers, den Beklagten zu verpflichten, ihn zur Fortführung des Praxisanteils des Dr. E. in O. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässig. Als Mitbewerber um die Zulassung im Nachbesetzungsverfahren war der Kläger berechtigt, die zugunsten des Beigeladenen zu 9. getroffene Auswahlentscheidung anzufechten (sog offensive Konkurrentenklage, vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1, RdNr 7 ff; BSGE 94, 181 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 2, RdNr 4; BSG SozR 4-​2500 § 103 Nr 12 RdNr 19; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 28, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

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2. In der Sache ist die Entscheidung des Beklagten, den Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger für Dr. E. auszuwählen, nicht zu beanstanden.

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a. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Zulassungsgremien über die Erteilung einer Zulassung im Nachbesetzungsverfahren ist § 103 Abs 4 SGB V. Da bei den auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gerichteten Vornahmesachen grundsätzlich alle Änderungen der Sachlage bis zur mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz sowie alle Rechtsänderungen, auch soweit sie erst in der Revisionsinstanz eintreten, zu berücksichtigen sind, ist hier grundsätzlich § 103 Abs 4 SGB V in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung ( vom 22.12.2011, BGBl I 2983) zugrunde zu legen. Eine Ausnahme gilt aber, sofern dem Vornahmebegehren - wie hier - notwendigerweise eine Abwehrklage in Gestalt einer Drittanfechtung der Begünstigung des für die Praxisnachfolge ausgewählten Bewerbers vorangehen muss. Falls sich für die Zulassung des begünstigten Dritten die Sach- oder Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung vorteilhafter darstellt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich (vgl BSG SozR 4-​2500 § 103 Nr 12 RdNr 22; BSGE 94, 181 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 2, RdNr 5; BSG SozR 4-​2500 § 117 Nr 2 RdNr 8 mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 30, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

26

Anlass für ein Nachbesetzungsverfahren besteht dann, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, durch Tod, Verzicht oder Entziehung endet und die Praxis von einem Nachfolger weitergeführt werden soll (vgl § 103 Abs 3a Satz 1 nF, Abs 4 Satz 1 aF SGB V). Nach dem bis zum 31.12.2011 geltenden und somit für das im Jahr 2011 durchgeführte Verfahren noch maßgeblichen (Verfahrens-​)Recht wird das Nachbesetzungsverfahren durch einen Antrag des Vertragsarztes oder seiner zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben in Gang gesetzt (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF); nach neuem Recht entscheidet der Zulassungsausschuss, ob überhaupt ein Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz durchgeführt werden soll (§ 103 Abs 3a Satz 1 SGB V nF). Die KÄV hat sodann diesen Vertragsarztsitz unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen (§ 103 Abs 4 Satz 1 SGB V aF wie nF).

27

Die Auswahl des Praxisnachfolgers richtet sich nach § 103 Abs 4 Satz 4 ff sowie Abs 5 Satz 3 SGB V. Nach altem wie nach neuem Recht hat danach der Zulassungsausschuss unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs 4 Satz 4 SGB V). Bei der Auswahl der Bewerber sind gemäß § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V(alter wie neuer Fassung) - neben vorliegend nicht relevanten Gesichtspunkten - die berufliche Eignung (Nr 1), das Approbationsalter (Nr 2) und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit (Nr 3) zu berücksichtigen. Weitere zu berücksichtigende Kriterien sind - nach neuem Recht - eine Tätigkeit in unterversorgten Gebieten (Nr 4) sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse zu erfüllen (Nr 7). Zusätzlich bestimmt § 103 Abs 5 Satz 3 SGB V, dass bei der Auswahl der Bewerber für die Übernahme einer Vertragsarztpraxis nach Absatz 4 die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen ist. Wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher mit anderen Vertragsärzten gemeinschaftlich ausgeübt hat, sind gemäß § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V ferner die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Auswahl angemessen zu berücksichtigen.

28

b. Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung des Beklagten, statt des Klägers den Beigeladenen zu 9. als Praxisnachfolger des Dr. E. zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, rechtmäßig.

29

aa. Der Kläger konnte schon deswegen nicht als Praxisnachfolger zugelassen werden, weil ein Sitz in einer BAG zu besetzen war und der Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt - dem Abschluss des Verwaltungsverfahrens vor dem Beklagten - erklärt hatte, nur in einer Einzelpraxis als Nachfolger des Dr. E. tätig werden zu wollen.

30

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Ausschreibung eines Sitzes in einer BAG zur Folge hat, dass sich auch die Auswahl eines Bewerbers auf den Sitz in der BAG beziehen muss und dass aufgrund einer Ausschreibung eines in eine BAG eingebundenen Vertragsarztsitzes grundsätzlich keine Nachfolgezulassung in eine Einzelpraxis erfolgen darf (BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 25; BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - RdNr 47, SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Daher dürfen die Zulassungsgremien Ärzte, die von vornherein nicht in der BAG, sondern nur in einer Einzelpraxis tätig werden wollen und sich gegenüber den Zulassungsgremien nicht einmal hilfsweise zur Kooperation in der BAG bereit erklärt haben, nicht in die Auswahl einbeziehen, soweit ein in eine BAG eingebundener Vertragsarztsitz nachzubesetzen ist.

31

So liegt es hier. Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren zu keinem Zeitpunkt erklärt, zumindest hilfsweise mit den verbleibenden Partnern der Beigeladenen zu 1. zusammenarbeiten zu wollen, sondern er hat auf eine Nachfolgebesetzung in Einzelpraxis bestanden. Die im Klageverfahren nachgeschobene Erklärung der entsprechenden Bereitschaft ist ohne rechtliche Bedeutung. Andernfalls hätte der Bewerber es in der Hand, durch eine nachgeschobene Erklärung im gerichtlichen Verfahren die Aufhebung der Auswahlentscheidung des Beklagten allein mit dem Hinweis zu erreichen, nunmehr habe er sich entschlossen, doch in der BAG zu arbeiten mit der Folge, dass er in die Auswahlentscheidung einzubeziehen (gewesen) sei. Im Übrigen überzeugt das Vorbringen des Klägers nicht, seine Äußerungen zur Einzelpraxis seien allein darauf zurückzuführen, dass er die BAG-Gründung für rechtswidrig halte. Der Kläger hat in seinem Zulassungsantrag offengelegt, dass er beabsichtigt, die übernommene Praxis in seine bisherige BAG einzubringen. Von daher ist es äußerst zweifelhaft, ob er wirklich bereit ist, diese gewachsenen Strukturen notfalls aufzugeben und eine Zusammenarbeit mit den Partnern der Beigeladenen zu 1. einzugehen.

32

bb. Aber auch dann, wenn der Kläger in die Auswahl einzubeziehen gewesen wäre, ist die Entscheidung des Beklagten zu seinen Lasten rechtmäßig. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger nach den in § 103 Abs 4 Satz 5 und Abs 5 Satz 2 SGB V aufgeführten Auswahlkriterien als der besser geeignete Kandidat anzusehen sein dürfte, kam er bei der durch § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V gebotenen angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Beigeladenen zu 1. als der in der überörtlichen BAG verbleibenden Praxispartner nicht als Nachfolger des Dr. E. in Betracht.

33

(1) § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V verlangt, dass die Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl angemessen zu berücksichtigen sind, wenn die Zulassung eines Vertragsarztes endet, der die Praxis bisher gemeinschaftlich mit anderen Vertragsärzten ausgeübt hat.

34

(a) Wie der Senat bereits mit Urteil vom 11.12.2013 (SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 43 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) entschieden hat, gebietet § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V nicht nur die angemessene Berücksichtigung der Interessen der Partner einer örtlichen BAG, sondern in gleicher Weise die Berücksichtigung der Interessen der Partner einer überörtlichen BAG. Eine Differenzierung zwischen örtlicher und überörtlicher BAG wird nicht vorgenommen (BSG aaO mwN). Ausschlaggebend für das Erfordernis, die Interessen der in der Gemeinschaftspraxis bzw BAG verbleibenden Vertragsärzte bei der Bewerberauswahl zu berücksichtigen, war nach der Gesetzesbegründung der Umstand, dass die verbleibenden Mitglieder mit dem Anteilsübernehmer gesellschaftsrechtliche Verbindungen eingehen müssen (BT-​Drucks 12/3937 S 15, zu Art 1 Nr 54). Auch die Partner einer überörtlichen BAG müssen sich im Rahmen ihrer Zusammenarbeit über eine Vielzahl gesellschaftsrechtlicher, arbeitsrechtlicher und organisatorischer Fragen verständigen und entsprechende vertragliche Vereinbarungen treffen.

35

(b) Welche Interessen im Einzelnen berücksichtigungsfähig sind, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Allgemein geht es um das Interesse an einer Fortführung der Gemeinschaftspraxis bzw BAG in einer bestimmten gewachsenen und im Hinblick auf apparativ-technische und personelle Ausstattung der Praxis sowie unter Berücksichtigung der Zahl der zu versorgenden Patienten angemessenen Größe (vgl BSGE 85, 1, 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 33). Von Bedeutung ist auch, ob damit zu rechnen ist, dass die Kooperation Bestand haben wird (BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

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Zu berücksichtigen ist auf jeden Fall das Interesse der verbleibenden BAG-Partner an einer einvernehmlichen Zusammenarbeit mit dem Praxisnachfolger. Ist ein Bewerber daher nicht gewillt, mit den verbleibenden Partnern eine Kooperation einzugehen, läuft dies deren berechtigten Interessen zuwider. Berücksichtigungsfähig ist (erst recht) auch der Umstand, dass der Mitbewerber bereits einer "konkurrierenden" BAG angehört und demzufolge absehbar ist, dass keine längerfristige Zusammenarbeit gewollt, sondern zu erwarten ist, dass der Mitbewerber alsbald wieder aus der BAG ausscheiden wird, um den Praxissitz in die konkurrierende BAG zu überführen. Es ist ein grundsätzlich legitimes und im Rahmen des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V berücksichtigungsfähiges Interesse, die wirtschaftlich existenzgefährdende Gefahr zu vermeiden, dass der Mitbewerber die BAG kurz nach der Zulassung wieder verlassen wird, um mit einer anderen BAG zusammenzuarbeiten, bei der er zuvor schon tätig gewesen ist(BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26).

37

(c) Die "angemessene" Berücksichtigung der Interessen setzt einen Abwägungsprozess voraus: Je gewichtiger die Interessen der verbleibenden BAG-Partner sind, desto mehr haben die Interessen der von den Partnern der BAG nicht präferierten Bewerber zurückzutreten. Damit ist zwar nicht in jedem Fall die Berücksichtigung des Wunschkandidaten der BAG geboten, weil es andernfalls bei der Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, der einer BAG zugehörig ist, überhaupt keines Auswahlverfahrens mehr bedürfte. Jedoch ist ggf ein geringer qualifizierter - aber dennoch "geeigneter" - Bewerber auszuwählen, wenn der besser qualifizierte Bewerber den BAG-Partnern nicht "zumutbar" ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich ein Bewerber an der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit nicht beteiligen und die Tätigkeit des ausscheidenden Arztes in der Gemeinschaftspraxis bzw BAG nicht fortsetzen will (vgl BSGE 85, 1, 7 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 33).

38

(d) Nach diesen Maßstäben kommt vorliegend dem Umstand Bedeutung zu, dass der Kläger Mitglied einer im nördlich von O. gelegenen B. ansässigen BAG ist und daher - zumindest was den konkret zu beurteilenden "Zugriff" auf die Patienten in der Stadt O. angeht - unmittelbarer Konkurrent der im (Süd-)Osten von O. ansässigen Beigeladenen zu 1. ist. Hinzu tritt, dass der Kläger bereits in seinem Zulassungsantrag offengelegt hat, dass er beabsichtigt, den Vertragsarztsitz von Dr. E. in seine BAG in B. einzubringen. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass es Aufgabe der Zulassungsgremien ist, bei Bewerbern, die bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, entsprechende Absichten von Amts wegen zu ermitteln, soweit diese ihre Vorstellungen nicht von sich aus konkretisieren.

39

Die beabsichtige Einbringung des Vertragsarztsitzes in eine andere BAG läuft dem - nach der Senatsrechtsprechung (vgl BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 26)gewichtigen - Interesse der in der Beigeladenen zu 1. verbliebenen Partner zuwider, die "wirtschaftlich existenzgefährdende Gefahr" eines alsbaldigen Ausscheidens des Nachfolgers aus der BAG zu vermeiden. Die Auswahl des Klägers läuft daher den Interessen der verbleibenden BAG-Partner zuwider und diesen ist daher - grundsätzlich - der Vorrang zu geben.

40

(2) Der durch § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V vorgeschriebenen angemessenen Berücksichtigung der Interessen der verbleibenden Praxispartner kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die zwischen Dr. E. und den (übrigen) Partnern der Beigeladenen zu 1. gebildete überörtliche BAG nur zum Schein und mit dem Ziel gegründet worden sei, die Auswahlentscheidung im Verfahren um die Praxisnachfolge zu beeinflussen.

41

(a) Vorliegend sprechen allerdings durchaus gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die BAG vorrangig mit dem Ziel einer Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens gegründet wurde: Schon die vom SG angesprochene zeitgleiche Unterzeichnung der Verträge über die Gründung einer BAG mit Dr. E. und der Übertragung seiner Anteile an dieser BAG auf den Beigeladenen zu 9. bestätigt, dass die BAG in der vereinbarten Zusammensetzung (dh mit Dr. E. als abgebenden Praxisinhaber) von vornherein lediglich für einen begrenzten Zeitraum bestehen sollte. Ebenso lässt dies ohne Weiteres den Schluss zu, dass die BAG allein mit dem Beigeladenen zu 9. fortgesetzt werden sollte. Es bestehen darüber hinaus auch begründete Zweifel, dass die überörtliche BAG überhaupt tatsächlich realisiert wurde. Der Umstand, dass es innerhalb von drei Quartalen zu einer gemeinsamen Behandlung von allenfalls zwei Patienten gekommen ist, ist als Indiz für eine "gelebte" BAG ungeeignet, weil insoweit kein Unterschied zu Praxen besteht, die in keinerlei Verbindung zueinander stehen. Die von der Beigeladenen zu 1. als Beleg für eine gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit angeführten internen Praxisbesprechungen und Vertretungen überzeugen schon deswegen nicht, weil gleichzeitig betont wird, dass Fallbesprechungen und Vertretungen wegen der beruflichen wie auch freundschaftlichen Verbindung zwischen Dr. E. und dem in M. tätigen Partner der Beigeladenen zu 1., Dr. J. auch schon vor Gründung der BAG üblich gewesen seien.

42

(b) Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 14.12.2011 (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 17 ff) und vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) ausgeführt hat, berechtigt auch der Umstand, dass eine BAG-Gründung ausschließlich oder vorwiegend zum Zwecke einer gesteuerten Nachbesetzung eines Praxissitzes erfolgt ist, die Zulassungsgremien nicht dazu, die rechtliche Existenz einer BAG für das Auswahlverfahren bzw bei der Anwendung des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V außer Betracht zu lassen. Dem steht die Drittbindungswirkung (bzw Tatbestandswirkung) des Bescheides über die Genehmigung der BAG in dem Sinne entgegen, dass andere Behörden bzw Gerichte an diese Entscheidung ohne Rücksicht auf ihren Inhalt gebunden sind (siehe hierzu BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 56 mwN), entgegen.

43

Zur Begründung hat der Senat (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 47 f)darauf verwiesen, dass die Entscheidung darüber, ob die Kriterien einer BAG erfüllt sind, in dem dafür vorgesehenen Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 3 Ärzte-​ZV getroffen wird und diese Entscheidung zum Status der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit grundsätzlich Bindungswirkung auch gegenüber allen vertragsärztlichen Institutionen entfaltet. Daher hat die KÄV bei Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes nicht zu prüfen, ob die Zulassungsgremien den Status der BAG zu Recht zuerkannt haben, oder ob die BAG in erster Linie mit dem Ziel gegründet worden ist, die Auswahlentscheidung für die Nachfolge zu beeinflussen. Auch die Zulassungsgremien haben den Status der BAG im Verfahren um die Nachbesetzung nicht zu prüfen. Gegen die Möglichkeit einer Überprüfung des Status als BAG im Nachbesetzungsverfahren spricht nicht zuletzt die Notwendigkeit, dieses Verfahren zügig durchzuführen (BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 18). Streitigkeiten bereits zum Inhalt der Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes als Sitz in einer Einzelpraxis oder in einer BAG würden das Risiko eines Verfalls des Werts der Praxis erhöhen.

44

Damit ist geklärt, dass die Zulassungsgremien im Nachbesetzungsverfahren die Existenz einer BAG als solches hinzunehmen haben, selbst wenn diese allein mit dem Ziel gegründet wurde, einen bestimmten Praxisnachfolger durchzusetzen, und dass sie die für eine Nachbesetzung innerhalb einer BAG geltenden Regelungen anwenden müssen. Zugleich hat der Senat damit auch geklärt, dass die Zulassungsgremien das Bestehen einer BAG nicht unter dem Gesichtspunkt in Frage stellen dürfen, dass diese faktisch nicht "gelebt" wird. Die Tatbestandswirkung des Genehmigungsbescheides schließt nicht allein die Prüfung der für die Gründung der BAG maßgeblichen Motive aus, sondern auch die Prüfung, ob die BAG nachfolgend in ihrer tatsächlichen Ausgestaltung den Anforderungen an eine BAG genügt. Für eine Inzidentprüfung der BAG-Genehmigung bzw der BAG-Eigenschaft ist daher kein Raum.

45

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Drittbindungswirkung kommt gleichfalls nicht in Betracht. Wenn der Kläger darauf verweist, dass der Senat eine solche für den Fall sachlich-rechnerischer Richtigstellungen angenommen hat, lag dem eine andere Situation zugrunde, wie der Senat bereits mit Urteil vom 14.12.2011 (BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 21) klargestellt hat. Entgegen der Auffassung des SG steht der Drittbindungswirkung des Bescheides über die Genehmigung der BAG erst recht nicht entgegen, dass der Kläger diesen Bescheid angefochten hat und hierüber noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, da dem Kläger ein derartiges Anfechtungsrecht nicht zusteht (siehe hierzu das Urteil des Senats vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 43/13 R).

46

An diesen Grundsätzen hält der Senat auch gegenüber den Bedenken des Klägers fest. Soweit dieser geltend macht, der Senat gewichte den Gesichtspunkt der zügigen Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu stark, betrachtet der Kläger die Besonderheiten dieses Verfahrens nicht hinreichend. BAGen haben typischerweise eine bestimmte Größe und ihre Mitglieder nicht selten auch eine spezifische fachliche Ausrichtung oder Subspezialisierung. Ohne diese kontinuierlich zu gewährleisten, kann die BAG ihr Versorgungsangebot nicht aufrechterhalten. Das liegt auf der Hand, wenn nur ein Mitglied der BAG über eine nachgewiesene Befähigung im Rahmen des § 135 Abs 2 SGB V verfügt. Dessen Sitz in der BAG muss zügig nachbesetzt werden können und das wäre in Frage gestellt, wenn die Zulassungsgremien im Nachbesetzungsverfahren ermitteln und beurteilen müssten, ob die BAG zu Recht genehmigt worden ist. Auch der Vorstellung des Klägers, eine solche Prüfung sei zumindest dann geboten, wenn Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch auf der Hand lägen, kann nicht gefolgt werden. Das Prüfungsprogramm der Zulassungsgremien muss generell und unabhängig vom Einzelfall feststehen; zudem dürfte in einer durch massive Interessengegensätze geprägten Konkurrenzsituation häufig kein Konsens darüber bestehen, wann offenkundige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gründung der BAG allein auf die Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens zielt. Im Übrigen wird die Manipulationsanfälligkeit des Nachbesetzungsverfahrens im Kontext des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V vor allem dadurch ausgelöst, dass die Privilegierung der "verbleibenden" Vertragsärzte nicht an eine Mindestzeit der gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gebunden ist. An diese Entscheidung des Gesetzgebers ist die Rechtsprechung gebunden. Es ist allein Sache des Gesetzgebers, die im Rahmen der Entwürfe eines Versorgungsstärkungsgesetzes (VSG) seit Mitte Oktober 2014 diskutierte Einführung einer Mindestzeit bei der Privilegierung beruflicher Kooperationen im Rahmen einer aus Versorgungsgründen nicht erforderlichen Nachbesetzung (vgl § 103 Abs 3a Satz 4 SGB V des Entwurfs) modifiziert auch auf die Begünstigung solcher Kooperationen im Rahmen der Auswahlentscheidung zu übertragen.

47

(c) Die Drittbindungswirkung des Genehmigungsbescheides führt allerdings nicht dazu, dass die mit der Gründung einer BAG verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten völlig außer Betracht zu bleiben haben. Vielmehr hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 49, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen)auf die Bedenken reagiert, dass über die Gründung einer BAG die Möglichkeit eröffnet werde, die Zulassung eines bestimmten Bewerbers zu erzwingen, indem die Zusammenarbeit mit allen übrigen Bewerbern ausgeschlossen werde:

48

"Dieser Einwand gibt dem Senat Anlass, seine Rechtsprechung in diesem Punkt zu konkretisieren: Die Bindung der Zulassungsgremien an die Statusentscheidung bezogen auf die Zulassung der BAG hat zwar zur Folge, dass für eine Überprüfung der Zulassungsentscheidung kein Raum ist. Damit sind die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte in Anwendung des § 103 Abs 6 Satz 2 SGB V 'angemessen' zu berücksichtigen. Welches Gewicht dabei den Interessen der verbleibenden Ärzte zukommt, hängt jedoch wesentlich von Intensität und Dauer der bisherigen Zusammenarbeit ab. Das Interesse an der Fortführung einer BAG in einer bestimmten gewachsenen Struktur und einer im Hinblick auf die Zahl der zu behandelnden Patienten angemessenen Größe wird die Zulassung eines Bewerbers, mit dem die in der Praxis verbleibenden Ärzte nicht zusammenarbeiten wollen, in aller Regel ausschließen (vgl BSGE 110, 43 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 9, RdNr 23; BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1, RdNr 27; BSGE 85, 1, 6 ff = SozR 3-​2500 § 103 Nr 5 S 33 f).

49

Allerdings ist den Interessen der verbleibenden Ärzte nach einer nur sehr kurzen und nicht sehr intensiven Zusammenarbeit in einer überörtlichen BAG nur ein entsprechend geringes Gewicht bei der Auswahlentscheidung beizumessen. Dies kann im Einzelfall auch eine Einschränkung des in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Grundsatzes erfordern, dass einem Bewerber, mit dem die verbleibenden Vertragsärzte nicht zusammenarbeiten wollen, die Zulassung nicht erteilt werden darf. Gerade in Fällen, in denen die Umstände dafür sprechen, dass die BAG in erster Linie mit dem Ziel gegründet worden ist, die Auswahlentscheidung zu beeinflussen, kann die erforderliche Abwägung mit den übrigen nach § 103 Abs 6 Satz 1 SGB V zu berücksichtigenden Kriterien zur Auswahl eines von den übrigen Mitgliedern der BAG nicht gewünschten Bewerbers führen. Je deutlicher sich also der Eindruck aufdrängt, dass die BAG vorrangig mit dem Ziel gegründet worden ist, Einfluss auf die Nachbesetzung zu nehmen, je kürzer die BAG bestanden hat und je weniger intensiv die Zusammenarbeit innerhalb der BAG war, desto geringeres Gewicht kommt den Interessen der verbleibenden Ärzte bei der Auswahlentscheidung zu.

50

Damit wird die Möglichkeit, die Auswahl eines bestimmten Bewerbers über die Gründung einer BAG zu steuern, jedenfalls eingeschränkt. Durch die Gründung einer BAG mit kurz darauf folgender Nachbesetzung riskieren die in der Praxis verbleibenden Ärzte entweder, mit einem Bewerber zusammenarbeiten zu müssen, der nicht vollständig ihren Vorstellungen entspricht, oder das Scheitern des Nachbesetzungsverfahrens, weil der Gesellschaftsvertrag nicht zustande kommt und der ausgewählte Bewerber den Sitz damit nicht übernehmen kann. Im zuletzt genannten Fall kommt eine neue Ausschreibung nur in Betracht, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch eine fortführungsfähige Praxis existiert. Bezogen auf die BAG bedeutet dies, dass ein funktionsfähiger Praxisanteil noch vorhanden und eine Anknüpfung an die gemeinsam ausgeübte Tätigkeit noch möglich sein muss (vgl BSGE 99, 218 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 3, RdNr 19; BSGE 91, 253 = SozR 4-​2500 § 103 Nr 1 RdNr 22)."

51

(d) Nach diesen Maßstäben sind im Nachbesetzungsverfahren des Dr. E. die Voraussetzungen dafür gegeben, den Interessen der verbleibenden Partner der BAG geringeres Gewicht beizumessen: So bestand die BAG mit Dr. E. nur für den relativ kurzen Zeitraum von drei Quartalen, wobei dieser Zeitraum schon deswegen als "kurz" zu werten ist, weil der Antrag auf Ausschreibung des Vertragsarztsitzes von Dr. E. bereits im ersten Quartal des Bestehens der neuen BAG - im Juni 2011 - gestellt wurde. Zudem wurde schon bei Gründung der BAG das baldige Ende der Tätigkeit des Dr. E. vorbestimmt. Außer Frage steht gleichfalls, dass mit der Gründung der BAG Einfluss auf die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes von Dr. E. ausgeübt werden sollte. Eine derartige Zweckbestimmung ist ohne Weiteres anzunehmen, wenn zeitgleich mit der Gründung der BAG mit dem designierten Nachfolger des neu eintretenden BAG-Partners ein Vertrag über die Übertragung der BAG-Anteile geschlossen wird. Schließlich war auch die Zusammenarbeit zwischen Dr. E. und den übrigen Partnern der BAG zumindest "wenig intensiv".

52

(e) Ungeachtet dessen ist aus der zweckgerichteten Gründung der BAG für die zur Entscheidung anstehende Konstellation nicht die Folgerung zu ziehen, dass die Interessen der verbleibenden Praxispartner gegenüber der besseren Eignung des Klägers völlig zurückzutreten haben und dieser somit vom Beklagten als Praxisnachfolger auszuwählen ist. Der Senat hat vielmehr in seinem bereits erwähnten Urteil vom 11.12.2013 (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 13 RdNr 50, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) darauf hingewiesen, dass die so verstandene "angemessene" Berücksichtigung der Interessen der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte nicht dazu führen darf, dass die Zulassungsgremien einen Bewerber auswählen, mit dem aus objektiv nachvollziehbaren Gründen eine Zusammenarbeit keinesfalls erwartet werden kann:

53

"Die verbleibenden Praxispartner auch einer überörtlichen BAG müssen sich mit dem Nachfolger - neben dem Kaufpreis - über alle Fragen, die Gegenstand des zu schließenden Gesellschaftsvertrags sind, sowie zB über die Anmietung der Praxisräume, Arbeitszeiten, die Anstellung von Personal, den Umgang mit Patientenunterlagen und Fragen der Praxisorganisation einigen (vgl Paßmann, ZMGR 2013, 155, 158). Dies gilt auch für eine BAG, die erst kurz vor der Nachbesetzung gegründet worden ist. Wenn die Zulassungsgremien einen Nachfolger auswählen, obwohl bereits absehbar ist, dass eine Einigung zu den genannten Fragen nicht zustande kommen kann, ist ein Scheitern des Nachbesetzungsverfahrens vorprogrammiert. Deshalb müssen die Zulassungsgremien der Angabe der in der Praxis verbleibenden Ärzte, mit einem bestimmten Bewerber nicht zusammenarbeiten zu wollen, umso größeres Gewicht beimessen, je gewichtiger die Gründe sind, die objektiv gegen die Möglichkeit einer Zusammenarbeit sprechen. Ein Bewerber, mit dem eine Zusammenarbeit aus objektiv nachvollziehbaren Gründen von vornherein ausgeschlossen werden kann, kommt als Nachfolger nicht in Betracht."

54

Hieran hält der Senat fest. Auch eine eindeutig zum Zweck der Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens erfolgte BAG-Gründung führt entsprechend nicht dazu, dass die verbleibenden Partner es hinnehmen müssten, dass die Wahl auf einen Kandidaten fällt, "mit dem aus objektiv nachvollziehbaren Gründen eine Zusammenarbeit keinesfalls erwartet werden kann". Ein derartiger "objektiv nachvollziehbarer Grund" liegt bereits dann vor, wenn zwischen der BAG, der der ausscheidende Vertragsarzt angehört, und dem Mitbewerber ein Konkurrenzverhältnis besteht, welches einer vertrauensvollen Zusammenarbeit entgegensteht. So liegt der Fall hier.

55

Zumindest in der Stadt O. selbst überschneiden sich die Interessenbereiche der BAG des Klägers, die in B. - nördlich von O. - angesiedelt ist, und der Beigeladenen zu 1. mit südöstlich von O. gelegenen Standorten in M. und D. In einer solchen Situation ist ein der Zusammenarbeit entgegenstehender "objektiv nachvollziehbarer Grund" darin zu sehen, dass eine Zusammenarbeit mit dem "konkurrierenden" Bewerber von vornherein nur für einen begrenzten Zeitraum zu erwarten ist. Dies ist dann der Fall, wenn zwei miteinander konkurrierende BAGen versuchen, den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz in ihre BAG zu ziehen und die Partner der einen BAG einen Arzt aus der anderen BAG als neuen Praxispartner aufnehmen müssten. Dies steht einer Zusammenarbeit objektiv entgegen.

56

Vorliegend hat der Kläger zudem bereits in seinem Zulassungsantrag offen gelegt, dass er den Vertragsarztsitz in O. in die BAG einbringen möchte, in der er bereits in B. tätig ist. Sofern nicht absolut überzeugende Gründe dargelegt werden, warum diese Pläne nicht mehr relevant sein sollen (zB Auflösung der BAG im Streit oä), lässt dies die Annahme zu, dass eine Zusammenarbeit mit den Partnern der anderen BAG von vornherein ausgeschlossen werden kann, weil die BAG-Partner damit rechnen müssen, dass ihr neuer Partner alsbald unter Mitnahme des Vertragsarztsitzes die BAG verlassen wird. Für eine gedeihliche Kooperation des Klägers mit den Partnern der zu 1. beigeladenen BAG fehlt deshalb jede Basis.

57

Dass die "Inkompatibilität" zu Lasten eines Mitbewerbers geht, der den BAG-Partnern nicht "zumutbar" ist, aber mit diesen Partnern überhaupt nicht hätte zusammenarbeiten müssen, wenn diese nicht allein zum Zwecke der Beeinflussung des Nachbesetzungsverfahrens eine BAG mit einem zuvor in Einzelpraxis tätigen Arzt gegründet hätten, ist dabei hinzunehmen. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, weil eine solche Situation regelmäßig nur dann eintritt, wenn beide Seiten - BAG und Bewerber - jeweils "eigennützige" Interessen verfolgen. Vorliegend hat nicht allein die zu 1. beigeladene BAG Dr. E. nur deshalb in eine BAG einbezogen, um dessen Nachfolger auf dem Vertragsarztsitz selbst auswählen zu können; vielmehr wollte auch der Kläger die Praxis von Dr. E. nicht als solche fortführen, sondern den Sitz ebenfalls in seine BAG ziehen. Hingegen dürften sich zB in Bezug auf einen Bewerber, der erstmals die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung begehrt, schwerlich objektiv nachvollziehbare Ablehnungsgründe feststellen lassen.

58

(f) Dieses Ergebnis ist auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angeführten Argumente hinzunehmen. Die Annahme des Klägers, dass der Bewerberauswahl im Sinne einer "Bestenauslese" schon unter Versorgungsgesichtspunkten hohes Gewicht beizumessen sei, geht schon deswegen fehl, weil der nachzubesetzende Vertragsarztsitz überhaupt nicht zur Versorgung der Versicherten benötigt wird (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 27). Ob ein Sitz nachbesetzt wird, ist unabhängig von der Qualifikation der Bewerber um die eventuelle Nachfolge zu beurteilen. Nach der gesetzlichen Konzeption sollen frei werdende Sitze in überversorgten Gebieten nämlich wegfallen und nicht erhalten bleiben. Dieses Ziel tritt nur im Hinblick auf die Verwertungsinteressen des ausscheidenden Arztes bzw seiner Rechtsnachfolger zurück. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 29.9.1999 (BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32 f)unter Heranziehung der Motive des Gesetzgebers dargelegt und nachfolgend in ständiger Rechtsprechung wiederholt hat, berücksichtigt der Gesetzgeber mit der ausnahmsweisen Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen in überversorgten Planungsbereichen die finanziellen Interessen des bisherigen Praxisinhabers bzw seiner Erben (siehe hierzu BSGE 85, 1, 6 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 32; BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr 1, RdNr 19; BSGE 110, 43 = SozR 4-2500 § 103 Nr 9, RdNr 19; BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 f; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28), welche andernfalls wegen der fehlenden Verwertungsmöglichkeit der Arztpraxis erhebliche Nachteile erleiden würden, und trägt damit den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung (vgl zB BSGE 110, 34 = SozR 4-2500 § 103 Nr 11, RdNr 20 mwN; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 28). Diese Zielsetzung kommt mit hinreichender Deutlichkeit auch in den Regelungen des § 103 Abs 3a Satz 3 und Abs 4 Satz 9 SGB V zum Ausdruck: Wenn keine privilegierten Nachfolgekandidaten im Raum stehen, kann auf die Nachbesetzung auch verzichtet werden.

59

Auch Art 12 Abs 1 GG gebietet hier kein anderes Ergebnis. Dabei fällt konkret ins Gewicht, dass der Kläger bereits zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und lediglich eine Erweiterung seiner BAG angestrebt hat, während der Beigeladene zu 9. als Folge der Entscheidung des Beklagten die Möglichkeit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in der gewünschten Region erhalten hat. Dabei verkennt der Senat nicht, dass auch der Wunsch zugelassener Ärzte, ihre vertragsärztliche Tätigkeit auf einem freiwerdenden Sitz an einem anderen Ort auszuüben, den Schutz des Art 12 Abs 1 GG genießt; schon aus § 103 Abs 4 Satz 5 Nr 4 SGB V ergibt sich weiterhin, dass auch zugelassene Ärzte privilegiert sein können. Das Gewicht der von Art 12 Abs 1 GG geschützten Belange kann aber durchaus differieren, je nachdem, ob es um den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung in einer bestimmten Region geht oder zwei in BAGen zugelassene Ärzte um einen frei gewordenen Sitz konkurrieren, den beide in ihre BAG einbinden wollen.

60

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels - mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 8. (§ 162 Abs 3 VwGO) - zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7., die sie selbst tragen.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich B.

2

Der Kläger ist psychologischer Psychotherapeut. Er arbeitet seit 2009 ohne eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung freiberuflich in eigener Praxis im B. Bezirk F.-K. (Ortsteil F.). Gesetzlich versicherte Patienten behandelt er dort im Kostenerstattungsverfahren. Der Planungsbereich B. ist für die Gruppe der Psychotherapeuten wegen Überversorgung gesperrt.

3

Im Mai 2011 beantragte der Kläger, der psychotherapeutische Leistungen im Bereich der Verhaltenstherapie anbietet, eine Sonderbedarfszulassung als psychologischer Psychotherapeut. Die Bewilligung von Psychotherapien im Kostenerstattungsverfahren durch die Krankenkassen belege eine generelle wohnortnahe Unterversorgung mit Psychotherapie und eine b. weite Unterversorgung mit speziellen psychotherapeutischen Angeboten. Es bestehe sowohl ein lokaler wie ein qualitativer Versorgungsbedarf. Zwar sei B. unter Berücksichtigung der Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Bedarfsplanungs-RL) überversorgt. Dem liege jedoch der Umstand zugrunde, dass sich die Bedarfsplanung auf die Zahl der gegen Anfang der 1990er zugelassenen Psychotherapeuten beziehe und den damaligen Status festschreibe, damit jedoch in keiner Weise den realen Versorgungsbedarf in der Stadt widerspiegele. Ein besonderes Problem stelle die sexualtherapeutische Versorgung dar, die er im Schwerpunkt durchführe. Forschungsergebnisse bestätigten hier die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Behandlungskonzepte. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt sei die psychotherapeutische Behandlung onkologischer Patienten, die einen besonderen Kenntnisstand bezogen auf onkologische Erkrankungen voraussetze. Zur weiteren Begründung bezog sich der Kläger ua auf zahlreiche Bescheide, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung durch die Krankenkassen bewilligt worden waren. Ferner verwies der Kläger auf die Schreiben von Patienten, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren dem Antrag Stellungnahmen ua von Kollegen beigefügt, in denen lange Wartezeiten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

4

Mit Beschluss vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.10.2011 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten (ZA) den Antrag des Klägers ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch einschließlich eines Antrags auf reguläre Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung wies der Beklagte mit Beschluss vom 22.2.2012/Bescheid vom 16.4.2012 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung werde abgelehnt, weil für psychologische Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet seien. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Psychotherapeutensitzes (Sonderbedarfszulassung) seien ebenfalls nicht gegeben. Für einen lokalen Bedarf im Bezirk F.-K. sei auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nichts ersichtlich. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass es zu längeren Wartezeiten für die Aufnahme psychotherapeutischer Behandlungen gekommen sei, ergebe sich daraus kein lokaler Sonderbedarf, denn ein solcher folge nicht aus Anfragen an bestimmte Behandler, sondern aus objektiven Gegebenheiten. Angesichts einer Überversorgung von 158 % im Bezirk F.-K. spreche nichts für einen lokalen Sonderbedarf. Die bloße Behauptung eines Sonderbedarfs ohne konkrete entsprechende Anhaltspunkte gebe keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.

5

Ein besonderer Versorgungsbedarf iS des § 24 Buchst b Bedarfsplan-RL-Ärzte scheide bereits deshalb aus, weil kein durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschriebener besonderer Versorgungsbedarf vorliege. Als Gründe für einen besonderen Versorgungsbedarf kämen allenfalls innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der Verhaltenstherapie in Frage. Dass ein solches Defizit im Bereich der verhaltenstherapeutischen Behandlung bestehe, habe der Kläger nicht behauptet und auch nicht belegt. Die Behandlung des von ihm beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz könnte zwar ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstellen; sie sei aber nicht Gegenstand einer besonderen Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinien-Verfahren beschrieben werde. Auch die Voraussetzungen einer Ermächtigung nach § 31 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) seien nicht erfüllt, weil weder eine Unterversorgung bestehe oder drohe noch ein zu deckender zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf feststellbar sei.

6

Das SG hat den Beschluss des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Sonderbedarfszulassung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu entscheiden (SG-Urteil vom 23.4.2014). Zwar bestehe ein lokaler Sonderbedarf nicht. Bei der Prüfung des besonderen Versorgungsbedarfs nach § 24 Abs 1 Buchst b Bedarfsplanungs-RL sei der Beschluss des Beklagten jedoch beurteilungsfehlerhaft, weil der Sachverhalt bezogen auf die Versorgungssituation bezüglich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie in B. hätte ermittelt werden müssen. Insbesondere hätte eine repräsentative Befragung von Vertragspsychotherapeuten mit diesem Richtlinienverfahren erfolgen müssen.

7

Die dagegen eingelegte Berufung der zu 1. beigeladenen Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat das LSG Berlin (Urteil vom 27.4.2016) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen habe. Streitgegenstand sei nur noch ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung im Hinblick auf einen möglichen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf. Soweit das SG einen lokalen Sonderbedarf ausgeschlossen habe, habe der hierdurch belastete Kläger kein Rechtsmittel eingelegt. Insoweit sei das Urteil des SG rechtskräftig. Der Beschluss des Beklagten entspreche nicht den in der Rechtsprechung zur Prüfung eines Sonderbedarfs entwickelten Vorgaben. Danach müssten die Zulassungsgremien ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gründen. Ihnen obliege es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und ihre Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, zu verifizieren. Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe, stünden den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie könnten die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen. So könne eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe. Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte könnten auch auf die bei den Ärzten bestehende Wartezeiten ausgerichtet sein. Wenn die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis kämen, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben sei, so bedürfe es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheine sowie, ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs erstrecke und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreiche. Diesen Vorgaben werde der angefochtene Beschluss des Beklagten nicht gerecht. Ein besonderer Versorgungsbedarf im Bereich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie lasse sich für den Zulassungsbezirk und Planungsbereich B. nach dem derzeitigen Sachstand nicht ausschließen. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass es wegen des hohen Versorgungsgrades in B. keiner weiteren Ermittlungen zur Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs im Bereich der Verhaltenstherapie bedürfe. Der zum Teil außerordentlich hohe Anteil von psychotherapeutischen Praxen in B. mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, wie er sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 17.4.2012 ergebe (BT-Drucks 17/9329 S 12 ff), belege den vom Senat aus einer Reihe von Verfahren gewonnenen Eindruck, dass gerade in dieser Fachgruppe zahlreiche zugelassene Leistungserbringer ihrem Versorgungsauftrag nicht in vollem Umfang entsprächen. Anlass zu weiteren Ermittlungen des Beklagten gebe auch die hohe Zahl der in Form von Kostenerstattungsverfahren bewilligten, vom Kläger zu erbringenden Verhaltenstherapien.

8

Dagegen wendet sich die zu 1. beigeladene KÄV mit ihrer Revision. Das LSG verkenne, dass auch die Sachverhaltsermittlung unter die ausschließliche Beurteilungsprärogative der handelnden Behörde falle. Der Beklagte verfüge auf der Basis vorangegangener Verfahren und der bekannten Versorgungsgrade über eine hinreichende Kenntnis der ambulanten Versorgungssituation. Angesichts eines eklatant hohen Versorgungsgrades im Planungsbereich B. von rechnerisch mehr als 180 % habe keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden. Eine ergänzende Amtsermittlung wäre unter diesen Umständen reine Förmelei. Das LSG habe auch die Bedeutung der Antragsbegründung für den Umfang der Amtsermittlung verkannt. Aufgabe der Zulassungsgremien sei es, den behaupteten Sachverhalt zu überprüfen. Der Antragsteller habe den ungedeckten Bedarf an Psychotherapieleistungen im Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie schlicht behauptet, ohne dies hinreichend zu begründen. Im Übrigen habe der Gesetzgeber zuletzt mit der Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass ab einem Versorgungsgrad von mehr als 140 % ein Abbau der Versorgung zu erfolgen habe. Deshalb solle ein Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei Überschreitung eines Versorgungsgrades von 140 % grundsätzlich abgelehnt werden. Die Zulassungsgremien dürften darauf vertrauen, dass die Bedarfsplanung mit den ihr zugrundeliegenden Grundsätzen und Verhältniszahlen hinreichend Auskunft über die Versorgungslage gebe. Es sei nicht Aufgabe der Zulassungsgremien, losgelöst von der tatsächlichen Versorgungssituation und losgelöst von der Begründung des jeweiligen Antrags in Sonderbedarfszulassungsverfahren nach potentiellen Versorgungslücken zu forschen.

9

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 und des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Der Beklagte trägt - ohne einen Antrag zu stellen - vor, dass mit der Auffassung der Beigeladenen zu 1. davon auszugehen sei, dass aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen der regulären Zulassung und der Sonderbedarfszulassung aus dem entsprechenden Zulassungsantrag hervorgehen müsse, weshalb und wo eine Versorgungslücke bestehe, die durch Zulassung des Antragstellers geschlossen werden könne. Ein ohne nähere Begründung gestellter Antrag ziele letztlich darauf ab, den Zulassungsgremien die Prüfung zu übertragen, ob die in der Bedarfspl-RL vorgegebenen Verhältniszahlen zutreffend seien. Eine derartige Prüfung sei den Zulassungsgremien jedoch weder zugewiesen noch möglich. Die Richtlinien-Verfahren zur Behandlung von psychischen Störungen seien grundsätzlich als gleichwertig anzusehen. Ein Psychotherapeut mit dem Richtlinien-Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie könne die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln. Deshalb könnten dem Zulassungsantrag keine konkreten Anhaltspunkte zur Ermittlung des Versorgungsbedarfs entnommen werden. Angesichts des hohen Grades der Überversorgung habe sich dem Beklagten auch nicht "aufgedrängt", dass es einen Personenkreis gebe, der gerade und ausschließlich durch Verhaltenstherapie therapiert werden möchte und der keinen entsprechenden Therapieplatz erhalte. Feststellungen zum Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen im Sinne der verschiedenen Richtlinie-Verfahren ließen sich kaum treffen, weil die Unterschiede regelmäßig auf der Anbieterseite, weniger aber auf der Nachfrageseite bestünden. Patienten suchten eher therapeutische Hilfe und weniger ein bestimmtes Verfahren. Der Behandlung sexueller Präferenzstörungen entspreche keine spezifischen Qualifikation, wie sie in § 37 Bedarfspl-RL beschrieben sei. Es sei grundsätzlich Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bzw der entsprechenden Landesgremien, die Versorgungsnotwendigkeiten allgemein zu definieren und insbesondere auf Landesebene in den einzelnen Zulassungsbezirken zu beschreiben. Eine allgemeine Kontrolle der dabei erzielten Ergebnisse stehe den Zulassungsgremien nicht zu. Ihre Aufgabe sei es lediglich, im Einzelfall auf der Grundlage von §§ 36, 37 BedarfsplRL von diesen Planungen nicht erfasste einzelne Versorgungslücken zu schließen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Dem Gesetz sei kein statistischer Versorgungsgrad zu entnehmen, bei dessen Überschreitung Sonderbedarfszulassungen nicht mehr möglich wären. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz habe der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Sonderbedarfszulassung gestärkt. Ausschlaggebend für die Entscheidung über den Antrag auf Sonderbedarfszulassung sei nicht der generelle Versorgungsgrad, sondern das Ergebnis der Ermittlungen zur tatsächlichen Versorgungslage. Angaben über die Zahl der im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte könne unter diesen Umständen allenfalls indizielle Bedeutung zukommen. Ausschlaggebend könne nicht ein potenzielles, sondern nur ein reales Versorgungsangebot sein. Der Beklagte habe seine Entscheidung letztlich ausschließlich auf den statistischen Versorgungsgrad in B. gestützt und keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen, anhand derer er sich ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betreffenden Planungsbereich hätte machen können. Die Auffassung des Beklagten, dass er keinen hinreichend substantiierten Antrag gestellt habe, sei unzutreffend. Der Beklagte überspanne die Begründungsanforderungen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der beigeladenen KÄV hat keinen Erfolg. Das LSG hat den beklagten Berufungsausschuss zu Recht zur Neubescheidung verurteilt. Der Bescheid des Beklagten, mit dem der Antrag des klagenden Psychotherapeuten auf Sonderbedarfszulassung abgelehnt worden ist, ist rechtswidrig. Der beklagte Berufungsausschuss hätte vor seiner Entscheidung Ermittlungen zu der Frage durchführen müssen, ob in B. (Planungsbereich) ein Versorgungsdefizit bezogen auf das vom Antragsteller angebotene Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie besteht.

14

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine qualifikationsbezogene (Sonderbedarfs-)Zulassung nach § 37 BedarfsplRL(entsprechend § 24 Buchst b BedarfsplRL aF). Das SG hat die Entscheidung des Beklagten mit der Maßgabe aufgehoben, dass ein lokaler Sonderbedarf nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(§ 24 Buchst a BedarfsplRL aF)nicht bestehe und dass der Beklagte deshalb allein über das Bestehen eines besonderen Versorgungsbedarfs bezogen auf Therapieangebote im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie neu zu entscheiden habe. Dies hat der Kläger hingenommen. Das LSG hat diese Maßgabe aus dem Urteil des SG auch nicht geändert. Diese ist damit bindend geworden (vgl BSG Urteil vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 15; BSG Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R - SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 f, jeweils mwN; allgemein zur Bindungswirkung bei Bescheidungsurteilen vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 141 RdNr 11a).

15

2. Gesetzliche Grundlage für die vom Kläger begehrte ausnahmsweise Zulassung von Ärzten in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V in der seit dem 1.1.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Danach beschließt der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Die Ausnahmeregelung gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren die Berufsausübung nicht unverhältnismäßig beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99, Juris RdNr 10).

16

Die konkreten Voraussetzungen für eine solche ausnahmsweise Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze hat gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V der GBA festzulegen. Gegen diese Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19; BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 19 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen).

17

a) Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die BedarfsplRL nachgekommen. Maßgebend sind hier die §§ 36, 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Neufassung (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz AT 3.7.2013 B5) und nicht mehr § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welcher - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 Buchst a und b BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalt.

18

Die Anwendung der genannten Neufassung der BedarfsplRL folgt daraus, dass für das Zulassungsbegehren des Klägers die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden sind. Danach sind grundsätzlich alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Der Senat geht dabei - abweichend vom LSG - davon aus, dass die mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7) eingeführte Übergangsregelung nach § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL hier keine Anwendung findet. § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL bestimmt, dass für entsprechend der Ärzte-ZV ordnungsgemäß und vollständig gestellte Zulassungsanträge der Arztgruppen nach §§ 11, 12 und 13 Abs 1 Nr 1, 2 und 4, die vor den Beschlüssen des Landesausschusses nach § 63 Abs 2 und 3 BedarfsplRL gestellt worden sind, die BedarfsplRL 2007 weiter gilt. Die in Bezug genommenen Abs 2 und 3 des § 63 BedarfsplRL betreffen Beschlüsse, die der Landesausschuss nach § 103 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V zur Frage des Vorliegens von Überversorgung im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der durch das GKV-VStG geänderten Vorschriften zur Bedarfsplanung(geänderte Vorgaben zur Bildung von Planungsbereichen, Einführung eines Demographiefaktors, ua; vgl dazu auch die Tragenden Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013, S 26) erlässt. Sonderbedarfszulassungen sind nicht Gegenstand dieser Beschlüsse der Landesausschüsse. Die Voraussetzungen für Sonderbedarfszulassungen waren mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 auch noch nicht neu geregelt worden, sondern zunächst inhaltlich unverändert geblieben, sodass es einer Übergangsregelung nicht bedurfte. Dass die in § 63 Abs 5 BedarfsplRL getroffene Übergangsregelung zur Fortgeltung der BedarfsplRL 2007 nicht auf die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung bezogen werden kann, sondern dass insoweit die zum Zeitpunkt der Entscheidung jeweils geltende Fassung der BedarfsplRL maßgebend ist, wird schließlich durch die Präambel zum 8. Abschnitt der BedarfsplRL (vor § 36) aus dem Beschluss des GBA vom 20.12.2012 bestätigt. Danach gelten die hier (§§ 36 ff) eingefügten mit der BedarfsplRL 2007 inhaltsgleichen Regelungen zur Sonderbedarfszulassung "bis zur Neuregelung". Daraus kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass nach der Neuregelung zur Sonderbedarfszulassung, die erst mit Beschluss des GBA vom 16.5.2013 erfolgt ist, die neuen Vorschriften anzuwenden sind. Eine die Vorschriften zur Sonderbedarfszulassung betreffende Übergangsregelung ist auch in dem Beschluss vom 16.5.2013 nicht enthalten und eine solche war auch nicht erforderlich, weil damit keine Änderungen zum Nachteil der Antragsteller bezogen auf Sonderbedarfszulassungen eingetreten sind. Die Neuregelung mit Beschluss des GBA diente schließlich einer Umsetzung der Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch das GKV-VStG, mit der die Regelungen zur Sonderbedarfszulassungen sprachlich präziser gefasst und erweitert werden sollten(BT-Drucks 17/6906 S 73 f; zu der Frage, ob damit überhaupt eine inhaltliche Änderung verbunden war vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 33; kritisch dazu Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68; vgl auch ders, KrV 2014, 229, 239).

19

b) Nach § 37 Abs 1, Abs 2 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

20

Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes bzw Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Wie der Senat bereits zu § 24 Buchst b BedarfsplRL 2007 entschieden hat, handelt es sich bei den psychoanalytisch begründeten Verfahren einerseits und der Verhaltenstherapie andererseits um unterschiedliche Versorgungsbereiche, für die im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist(BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Daran hat sich durch die Neufassung mit der Bedarfsplanungsrichtlinie nichts geändert. § 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Fassung des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013 richtet die besondere Qualifikation (nicht anders als § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL 2007) eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren aus. Von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V hat der GBA damit sachgerechten Gebrauch gemacht(BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 24).

21

c) Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19). Ausschlaggebend für die Zuerkennung dieses Beurteilungsspielraums ist der Umstand, dass es sich bei den Zulassungs- und Berufungsausschüssen um sachverständige, gruppenplural zusammengesetzte Gremien handelt, die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen haben (vgl BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, 18).

22

d) Auch bei Beachtung der nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Entscheidungen über Anträge auf Sonderbedarfszulassung kann der angefochtene Bescheid des Beklagten keinen Bestand haben, weil die erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat. Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (§ 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL, vgl BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 19; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

23

Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich die Zulassungsgremien bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen und ermitteln, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärzten aber nicht angeboten werden(BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18; BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38, jeweils mwN). Danach trifft die Zulassungsgremien die Pflicht zur umfassenden Ermittlung aller entscheidungserheblichen Tatsachen (§ 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL). Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist es nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig geboten, die bereits niedergelassenen Ärzte nach ihrem Leistungsangebot und der Aufnahmekapazität ihrer Praxen zu befragen (vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6). Diese Befragung hat sich mit Rücksicht auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V entsprechend der Zielrichtung von Sonderbedarfszulassungen grundsätzlich auf die gesamte Breite eines medizinischen Versorgungsbereichs (hier: Psychotherapie im Bereich Verhaltenstherapie) und nicht nur auf einzelne spezielle Leistungen zu erstrecken(vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6).

24

Dabei dürfen sich die Sachverhaltsermittlungen typischerweise nicht in Befragungen der im Einzugsbereich tätigen Vertragsärzte erschöpfen, weil die Gefahr besteht, dass die Äußerungen der befragten Ärzte in starkem Maße auf deren subjektiven Einschätzungen beruhen und von deren individueller Interessenlage beeinflusst sein können (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19). Daher fordert der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die Zulassungsgremien die Antworten kritisch würdigen und sie objektivieren und verifizieren (vgl BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19, 22, 28; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15, 31; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 28 mwN); auf jeden Fall sind die Aussagen der befragten Ärzte nicht ohne Weiteres als Entscheidungsgrundlage ausreichend (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19).

25

Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; für Ermächtigungen vgl: BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7 f; BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 und 18)oder tatsächlich nicht in der Lage sind (vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38 mwN).

26

e) Der Beklagte hat das Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs in dem angefochtenen Bescheid mit der Begründung verneint, dass der Kläger ein Defizit bezogen auf das Versorgungsangebot im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nicht behauptet und auch nicht belegt habe. Es werde nicht in Zweifel gezogen, dass die Behandlung des vom Kläger beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstelle. Bei der Qualifikation des Klägers in diesem Betätigungsfeld handele es sich aber nicht um eine besondere Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinienverfahren beschrieben sei. Richtig an dieser Argumentation der Beklagten ist, dass sich § 37 Abs 2 BedarfsplRL bei der Definition der besonderen Qualifikation an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und bei entsprechender Anwendung auf Psychotherapeuten(vgl § 1 Abs 3 BedarfsplRL) an den drei Richtlinienverfahren ausrichtet. Daraus folgt, dass besondere Qualifikationen, die nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, außer Betracht bleiben (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16; kritisch dazu: Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68). Das hat der im gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger auch nicht mehr in Zweifel gezogen. Im Verwaltungsverfahren hat er zwar den nach seiner Auffassung bestehenden besonderen Bedarf im Bereich der Behandlung sexueller Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz sowie der psychoonkologischen Versorgung in den Vordergrund gestellt. Er hat jedoch bereits dort einen Bezug zu dem von ihm angebotenen Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie hergestellt, und geltend gemacht, dass dieses besonders geeignet zur Behandlung der genannten Störungen sei. Einen ungedeckten Bedarf hat der Kläger ausdrücklich nicht nur im Bereich seiner Spezialisierung, sondern auch darüber hinaus insbesondere bezogen auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie geltend gemacht und zum Beleg auf zahlreiche Bescheide verschiedener Krankenkassen verwiesen, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung bewilligt worden waren. Ferner hat er auf Schreiben von Patienten verwiesen, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren seinem Antrag Stellungnahmen anderer Leistungserbringer beigefügt, in denen lange Wartezeiten von teilweise mehr als 6 Monaten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

27

Zwar trifft die Auffassung des Beklagten grundsätzlich zu, dass der Umfang der Ermittlungen auch durch die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung beeinflusst werden kann, weil der Antragsteller nach § 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X an der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken soll, insbesondere indem er ihm bekannte Tatsachen angibt. Die Zulassungsgremien sind also nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Sonderbedarf "ins Blaue" zu ermitteln. Hier überspannt der Beklagte die an die Antragsbegründung zu stellenden Anforderungen jedoch erheblich. Die eingehende Antragsbegründung des Klägers bietet ausreichend Ansatzpunkte für Ermittlungen zum Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs. Allein der Umstand, dass der im Verwaltungsverfahren noch nicht anwaltlich vertretene Kläger die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung erkennbar in der Annahme formuliert hat, dass ein Sonderbedarf auch mit einem ungedeckten Bedarf speziell im Bereich sexualtherapeutischer und psychoonkologischer Behandlungsangebote begründet werden könne, entbindet den Beklagten nicht von seiner Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen.

28

f) Soweit die Beigeladene zu 1. in der Revisionsbegründung geltend macht, dass angesichts eines "eklatant hohen Versorgungsgrades" im Planungsbereich B. von rechnerisch "mehr als 180 %" bzw "nahezu 200 %" keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden habe, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte seine Entscheidung bezogen auf den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf nicht unter Hinweis auf den hohen Versorgungsgrad, sondern allein unter Hinweis auf die aus seiner Sicht unzureichende Antragsbegründung abgelehnt hat. Auf den Versorgungsgrad ist der Beklagte in der Begründung des angefochtenen Bescheides allein im Zusammenhang mit der Frage eines "lokalen Versorgungsbedarfs" - und hier auch nur bezogen auf den Bezirk F.-K. eingegangen. Der Versorgungsgrad im Planungsbereich B. wird in der Begründung des Bescheides nicht genannt, sodass jedenfalls nicht erkennbar wird, ob und ggfs mit welcher Gewichtung der Beklagte diesen Gesichtspunkt bezogen auf die Frage des Vorliegens eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs berücksichtigt hat. Außerdem könnte aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht ohne Weiteres auf das Fehlen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs geschlossen werden. Das gilt auch bei Überschreitung der - für die Frage der Ausschreibung von Arztsitzen im Wege der Praxisnachfolge bedeutsame (§ 103 Abs 3a Satz 7 iVm Abs 1 Satz 3 SGB V) - Grenze von 140 %. Im Übrigen geht die zu 1. beigeladene KÄV nach dem Inhalt einer vom Kläger vorgelegten Mitteilung in Bezirken, in denen der regionale Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des Planungsbereichs B. liegt, auch bei einem Versorgungsgrad von über 140 % von einer zu geringen Arztdichte aus und führt dementsprechend Nachbesetzungsverfahren durch. Das wird auch von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Im Bezirk F.-K., für den der Kläger die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung begehrt, liegt der Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des gesamten Planungsbereichs.

29

Schließlich ist das Vorliegen von Überversorgung Voraussetzung dafür, dass die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung überhaupt zur Anwendung kommen. Ausschlaggebend ist die Versorgung speziell im Bereich der besonderen Qualifikation (hier: Verhaltenstherapie), über die der Antragsteller verfügt. Deshalb kann allein aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht unmittelbar auf das Fehlen eines Sonderbedarfs geschlossen werden (so ausdrücklich auch Wahrendorf, KrV 2014, 241, 244). Zu der hier maßgebenden Versorgung im Bereich der Verhaltenstherapie hat der Beklagte nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides keine Ermittlungen durchgeführt und keine Feststellungen getroffen.

30

g) Ermittlungen zum Bedarf bezogen gerade auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie sind entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb verzichtbar, weil die Richtlinienverfahren zur Behandlung psychischer Störungen grundsätzlich als gleichwertig anzusehen seien und weil ein Psychotherapeut mit dem Richtlinienverfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln könne wie ein Verhaltenstherapeut. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 23.6.2010 (B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 29 ff) im Einzelnen dargelegt, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und dem verhaltenstherapeutischen Verfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Daran hält der Senat fest. Das schließt nicht aus, dass für dieselbe Art von Erkrankungen oder Störungen unterschiedliche Behandlungsansätze denkbar sind und dass in der Praxis für den gewählten Behandlungsansatz neben der Art der Erkrankung auch die Qualifikation des Behandlers Bedeutung gewinnt. Dies gilt indes nicht allein für unterschiedliche Behandlungsangebote im Bereich der Psychotherapie, sondern auch für die Behandlung somatischer Erkrankungen durch Ärzte mit unterschiedlicher Qualifikation. Daraus folgt jedoch nicht, dass Feststellungen zum Bedarf nicht getroffen werden könnten, weil die Unterschiede - wie der Beklagte meint - auf der "Anbieterseite" und nicht auf der "Nachfrageseite" bestünden. Hinweise zum Bedarf können insbesondere Wartezeiten für die Behandlung bei Ärzten oder Psychotherapeuten mit der entsprechenden Qualifikation entnommen werden (vgl zB BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 20; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 26/10 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 41; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 17). Gerade im Bereich der psychotherapeutischen Behandlungen kann zudem - wovon auch das LSG zutreffend ausgegangen ist - die Zahl bzw der Anteil der bewilligten Kostenerstattungen von Krankenkassen für bestimmte Richtlinienverfahren Hinweise auf einen ungedeckten Bedarf geben.

31

h) Danach wird der Beklagte zur Umsetzung der og Vorgaben die niedergelassenen Psychotherapeuten im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region, die vom beantragten Ort der Niederlassung aus versorgt werden soll (vgl § 36 Abs 3 Nr 1 BedarfsplRL), vor einer erneuten Entscheidung unter Mithilfe der beigeladenen KÄV zu den bei ihnen für eine Verhaltenstherapie bestehenden Wartezeiten befragen müssen. Ferner wird die KÄV mitzuteilen haben, in welchem Umfang die niedergelassenen Psychotherapeuten ihren vollen oder (nach Maßgabe des § 19a Ärzte-ZV) hälftigen Versorgungsauftrag wahrnehmen, weil nur auf diese Weise das tatsächlich bestehende Versorgungsangebot im Bereich der Verhaltenstherapie ermittelt werden kann. Nur soweit die Psychotherapeuten auch tatsächlich psychotherapeutische Leistungen im Bereich des entsprechenden Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) im Umfang ihres (vollen oder halben) Zulassungsstatus anbieten, können aus dem Versorgungsgrad zuverlässige Hinweise auf die für den Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung maßgebende tatsächliche Versorgungslage abgeleitet werden.

32

Weil auch die Zahl bzw der Anteil der im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V von den Krankenkassen übernommenen Psychotherapien wichtige Hinweise auf die tatsächliche Versorgungslage gibt, werden die beigeladenen Krankenkassenverbände dem Beklagten mitzuteilen haben, in welchem Umfang sie gegenüber Psychotherapeuten mit Sitz im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region Kosten für Behandlungen im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nach § 13 Abs 3 SGB V erstatten.

33

Maßgebend für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung erfüllt werden, ist die Versorgungslage im Bereich gerade des Richtlinienverfahrens, das der Kläger anbietet und damit hier der Verhaltenstherapie. Den Regelungen zur Sonderbedarfszulassung liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, dass der Bedarf in einem überversorgten Planungsbereich bezogen auf die jeweilige Arztgruppe iS des § 6 BedarfsplRL gedeckt ist und dass deshalb ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf nur bezogen auf einzelne besondere Qualifikationen bestehen kann, die ihren Niederschlag in einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung gefunden haben. Das Instrument der Sonderbedarfszulassung zielt also nicht auf die Lösung systematischer Defizite in der Versorgung einer Region (so auch ausdrücklich die im Internet veröffentlichten Tragenden Gründe zum Beschluss des GBA über eine Änderung der BedarfsplRL vom 16.5.2013 S 8). Dem entsprechend geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei der Prüfung der Frage, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung stehen, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen sind (bezogen auf die Erteilung einer Ermächtigung vgl BSG Urteil vom 19.7.2006 - B 6 KA 14/05 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 6 f mwN). Deshalb kann einem Antrag auf Sonderbedarfszulassung in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich nicht mit der Begründung entsprochen werden, dass die Versorgung - hier bezogen auf Psychotherapien - generell und bezogen auf die gesamte Arztgruppe in quantitativ-allgemeiner Hinsicht nicht gedeckt sei.

34

Andererseits kann der Anspruch auf die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung - auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an Einschränkungen der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG zu stellen sind - nicht von vornherein ausgeschlossen sein, wenn die vom Landesausschuss festgestellte Überversorgung die aktuelle Versorgungsrealität bezogen auf die für die Bedarfsplanung maßgebende Arztgruppe nicht in jeder Hinsicht zutreffend widerspiegeln sollte. Deshalb ist unerheblich, ob der ungedeckte Versorgungsbedarf auf den Bereich einer speziellen Qualifikation begrenzt werden kann. Schließlich sind die Regelungen zu Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung vom BVerfG auch deshalb als verhältnismäßig beurteilt worden, weil in gesperrten Planungsbereichen bei Vorliegen eines Sonderbedarfs ausnahmsweise Zulassungen erteilt werden können (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639, Juris RdNr 10). Bezogen auf die Gruppe der Psychotherapeuten ist dabei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass dem GBA mit der Einfügung eines § 101 Abs 1 Satz 7 SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz aufgegeben worden ist, "mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4" (Gruppe der Psychotherapeuten) zu treffen. Dieser Auftrag des Gesetzgebers ist bisher nicht umgesetzt worden. Zudem gibt es nach den Darlegungen des Klägers in der Begründung seines Antrags auf Sonderbedarfszulassung konkrete Hinweise nicht nur auf längere Wartezeiten, sondern auch auf die Übernahme psychotherapeutischer Behandlungen durch Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung in einer nicht geringen Zahl von Fällen. Wenn sich diese Angaben als Ergebnis der durchzuführenden Ermittlungen bestätigen sollten, würde dies darauf hinweisen, dass der Bedarf in der gesetzlich vorgesehenen Form als Sachleistung nicht mehr vollständig gedeckt werden kann und dass deshalb eine teilweise Verlagerung hin zu einem System der Kostenerstattung stattfindet. Unter diesen besonderen Umständen wäre - unter Berücksichtigung des Vorrangs der Sachleistung vor der Kostenerstattung - die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung im Bereich eines Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) auch dann nicht ausgeschlossen, wenn im Bereich anderer Richtlinienverfahren ein vergleichbarer ungedeckter Bedarf bestünde.

35

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Kostenpflicht des Beigeladenen zu 1. als erfolglosem Rechtsmittelführer beruht auf § 154 Abs 2 VwGO. Diese Regelung ist im Falle eines erfolglosen Rechtsmittels die allein maßgebliche Kostenvorschrift; § 154 Abs 1 VwGO findet daneben keine Anwendung(vgl BSG Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 2/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 24). Daher ist in einem solchen Fall kein Raum für eine Kostenpflicht auch des Beklagten, der selbst kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

27

Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

I.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Januar 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Facharzt für Diagnostische Radiologie und in Gemeinschaftspraxis mit Herrn Dr. S. H. (Facharzt für Diagnostische Radiologie) in A-Stadt tätig. Der Kläger verfügt seit dem 15.12.2013 über eine Genehmigung zur Filialtätigkeit in B-Stadt. Mit Schreiben vom 11.02.2014 hat der Kläger die Genehmigung zur Anstellung von Herrn C. Facharzt für Diagnostische Radiologie, für 40 Stunden im Rahmen eines Sonderbedarfs, hilfsweise für 20 Wochenstunden, zur ausschließlichen Tätigkeit in der Filiale in B-Stadt, Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt, beantragt. Es werde ein besonderer lokaler Versorgungsbedarf unter Bezugnahme auf § 36 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 8 der Bedarfsplanungs-Richtlinie vom 01.07.2013 geltend gemacht. Die Anstellung werde zur Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs für radiologische Leistungen in der Region B-Stadt beantragt, da die Versorgung der Bevölkerung in einem Radius von 40 Kilometern um die Stadt B-Stadt nicht sichergestellt sei. Die Stadt B-Stadt liege im oberbayerischen Landkreis E. und weise eine Bevölkerung von 8.652 Einwohnern auf (Stand: Dezember 2008). Insgesamt würden im Einzugsbereich der Gemeinde B-Stadt im 25-Kilometer-Radius 35.000 Menschen wohnen, die radiologisch nicht zumutbar versorgt seien. In B-Stadt sei kein Radiologe niedergelassen. Die Antragsteller hätten in B-Stadt eine Filiale beantragt. Bei der Kostenkalkulation für die Einrichtung dieser Filiale im Hinblick auf die apparative Ausstattung und die Einrichtung der Abschirmtechnik sei schnell Folgendes deutlich geworden: Der Bedarf für eine Versorgung sei mit Sicherheit da, im Rahmen einer Filialtätigkeit ohne weiteres Budget wirtschaftlich jedoch nicht darstellbar. Vielmehr sei zum Betrieb die Zuerkennung eines Radiologenbudgets, hilfsweise des hälftigen Budgets, erforderlich. Der nächste befinde sich in E. in einer Entfernung, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln geringstenfalls in einer Stunde und 28 Minuten, mit dem Auto in 40 Minuten, erreichbar sei. Die Entfernung betrage auf der schnellsten Strecke 38,3 Kilometer. Die nächstgelegene Praxis sei diejenige des Klägers in A-Stadt, diese sei mit dem Auto in 36 Minuten erreichbar und befinde sich 40 Kilometer entfernt von dem Stadtzentrum B-Stadt. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei diese Strecke lediglich mit Taxi, Zug und weiterem Taxi zu bewältigen und nehme immer noch 32 Minuten in Anspruch. Diese Entfernung gelte auch für die Praxis der Radiologen aus dem Diagnostikum A-Stadt, die in unmittelbarer Nähe zur Praxis des Klägers tätig seien. Eine weitere Praxis befinde sich in C-Stadt. Diese Praxis sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln lediglich in einem Zeitraum von zwei Stunden und zehn Minuten erreichbar. Mit privatem Pkw benötige man für die 31,2 Kilometer 31 Minuten. Des Weiteren sei eine Praxis in D-Stadt zu berücksichtigen. Sie befinde sich 53,8 Kilometer vom Stadtzentrum in B-Stadt entfernt. Die Praxis sei mit dem privaten Pkw in 38 Minuten erreichbar. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln benötige man eine Stunde und 25 Minuten. Des Weiteren existiere eine Anbindung an eine weitere Praxis, die gleichfalls in C-Stadt offensichtlich eine Filiale betreibe. Diese Filiale sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln in zwei Stunden und fünf Minuten erreichbar, mit dem privaten Pkw je nach Ortsteil in 31 bis 42 Minuten. Im vorliegenden Fall seien sämtliche Versorgungsangebote der bestehenden Radiologenpraxis erheblich weiter als 25 Kilometer entfernt und darüber hinaus wegen der geographischen Besonderheiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln größtenteils in klar nicht mehr zumutbaren Fahrtzeiten von weit über einer halben Stunde erreichbar. Dieses Versorgungsdefizit könnte durch die beantragte Sonderbedarfszulassung behoben werden.

Der Zulassungsausschuss Ärzte Oberbayern hat mit Bescheid vom 17.09.2014 (Sitzung vom 17.09.2014) den Antrag des Klägers abgelehnt. Er kam zu dem Ergebnis, dass keine Versorgungslücke für radiologische Leistungen im Umkreis von B-Stadt sowie der Raumordnungsregion A-Stadt bestehe. Die radiologischen Angebote würden in zumutbarer Entfernung liegen. Daher sei die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit hälftigem wie auch mit vollem Versorgungsauftrag für den Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt aufgrund der festgestellten vertragsärztlichen Versorgung und den rechtlichen Vorgaben nicht möglich.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 22.12.2014, der mit Schreiben vom 18.03.2015 näher begründet wurde. Am Ort der beantragten Anstellung B-Stadt liege ein besonderer lokaler Versorgungsbedarf vor. Das nächste Versorgungsangebot für Patienten aus B-Stadt sei die Betriebsstätte der Kollegen Dres. K. in E., welche 31 Kilometer mit 35 Minuten Fahrtzeit entfernt liege. Die Praxis habe auf Nachfragen angegeben, in der Betriebsstätte in E. noch Behandlungskapazitäten vorzuhalten. Es bestünden für CT-Leistungen Wartezeiten von fünf Tagen, für MRT lägen die Wartezeiten bei zwei bis drei Wochen. Der Antragsteller habe in der radiologischen Praxis in E. nach Behandlungskapazitäten nachfragen lassen und folgende Auskünfte erhalten: Für eine CT-Leistung sei am 18.03.2015 als nächster freier Termin der 08.04.2015 angegeben worden, zur Erbringung einer MR-Leistung sei als nächster freier Termin der 23.04.2015 angegeben worden. Vor allem aber entspreche die Ablehnung des Antrags des Klägers nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Az.: B 6 KA 22/09 R) zu den Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung wegen lokalen Sonderbedarfs. In dem genannten Urteil zu § 24a Bedarfsplanungs-Richtlinie a. F. heiße es, eine Sonderbedarfszulassung zur Vermeidung von Versorgungsdefiziten in Teilen eines „großräumigen Landkreises“ sei im Regelfall zu erteilen, wenn die Versicherten andernfalls bei allgemeinen Leistungen auf Versorgungsangebote in einer Entfernung von mehr als 25 Kilometern angewiesen seien. Diese grundsätzlichen Ausführungen zum Anspruch der Versicherten auf Vorhaltung der allgemeinen Leistungen in zumutbarer Erreichbarkeit seien durch das Inkrafttreten der Bedarfsplanung in der Fassung vom 20.12.2012 (in Kraft getreten am 01.01.2013), insbesondere durch die Neugliederung der Bedarfsräume, nicht automatisch obsolet geworden. Denn das Merkmal der „Großräumigkeit“ sei gerade in die neue Bedarfsplanung nicht übernommen worden. So gehe die Rechtsprechung auch zu Fällen im Anwendungsbereich des § 36 BPL-RL n. F. davon aus, dass Patienten bei „allgemeinen Leistungen“ nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürften, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien (vgl. Urteil SG Marburg vom 05.07.2013, S 12 KA 382/13 ER). Hinsichtlich des räumlichen Bezugsrahmens seien die Feststellungen des Zulassungsausschusses, dass ein Teil der Bewohner des Landkreises E. das Versorgungsangebot der radiologischen Praxis in E. in weniger als 31 Kilometer erreichen könne, zwar richtig, jedoch nicht entscheidungsrelevant. Denn der Versorgungsanspruch bestehe individuell. Dies sei gerade vorliegend wesentlich. Von B-Stadt komme man lediglich mit einem Pkw über die J. Straße in 31 Kilometern/35 Minuten nach E … Mit öffentlichen Verkehrsmitteln benötige der Patient dafür eine Stunde und 36 Minuten, wobei er noch nicht einmal die gesamte Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln absolvieren könne. Von B-Stadt zum Klinikum A-Stadt, in dessen unmittelbarer Nähe die beiden radiologischen Praxen in A-Stadt liegen, seien es bei normaler Verkehrslage mit dem Pkw 40 Minuten Wegstrecke. Auch hier gebe es keine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln in vertretbarem zeitlichem Aufwand. Der Patient benötige zunächst ein Auto oder Taxi, um von B-Stadt bis an den Bahnhof K-Stadt (A.) zu gelangen, anschließend müsse er die Regionalbahn benutzen, um zum Hauptbahnhof I-Stadt zu gelangen, anschließend sei in die Regionalbahn Richtung N-Stadt umzusteigen, um nach G-Stadt zu fahren, schließlich müsse er von dort mit dem Auto oder Taxi an die Klinikum A-Stadt GmbH gelangen. Hierfür benötige er eine Stunde und 21 Minuten. Eine Direktverbindung mit dem Bahnbus gebe es nicht. Für die Bewohner des Ortes K. gelte übrigens Vergleichbares. Die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei jedoch der Grund gewesen, weshalb das BSG eine Entfernung von 25 Kilometern als Obergrenze dafür angesehen habe, was einem Patienten an Anreise Weg zugemutet werden könne. Denn es könne gerade bei älteren Menschen nicht davon ausgegangen werden, dass sie selbst mit dem Pkw anreisen. Zum Leistungsangebot habe der Kläger auf Nachfrage in der Sitzung des ZA klar und ausdrücklich erläutert, dass er MRT und CT nur deshalb in seiner Filiale noch nicht angeschafft habe, weil dies ohne ein durch eine Anstellungsgenehmigung generiertes drittes Budget schlicht nicht refinanzierbar sei.

Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 17.04.2015 (Sitzung vom 26.03.2015) zurückgewiesen. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in Bayern habe für die Raumordnungsregion A-Stadt und für die Arztgruppe der Radiologen bei einer Gesamtzahl von 11,5 Radiologen eine Überversorgung festgestellt und eine Zulassungsbeschränkung angeordnet. Der derzeitige Versorgungsgrad betrage 122,9% (LA-Sitzung vom 30.01.2015). Ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Anstellungsgenehmigung für Herrn M. ergebe sich auch nicht im Wege eines qualitätsbezogenen Sonderbedarfs nach §§ 36, 37 i. V. m. § 53 Abs. 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie. Gemäß § 36 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie dürfe der Zulassungsausschuss, unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss, dem Zulassungsantrag eines Vertragsarztes entsprechen, wenn die Voraussetzungen der §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-RL erfüllt seien und die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes unerlässlich sei, um die vertragsärztliche Versorgung im entsprechenden Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf zu decken. Gemäß § 36 Abs. 4 Satz 3 Bedarfsplanungs-RL setze ein lokaler oder qualifikationsbezogener Sonderbedarf voraus, dass aufgrund von durch den Zulassungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geographische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei oder aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen. Beim lokalen Versorgungsbedarf komme es nur auf die Gewährleistung einer ausreichenden Versorgung durch die jeweilige Arztgruppe an, nicht aber auf eine spezialisierte Versorgung. B-Stadt sei mit allen Verkehrsmitteln gut erreichbar und weise keine Enklavenlage auf, die den Versicherten den Zugang zu radiologischen Versorgungsangeboten unzumutbar machen würde. Nach der neuen Bedarfsplanung sei die Planungsbereichsebene für Radiologen wesentlich vergrößert worden (Raumordnungsregion), so dass für die Patienten nunmehr weitere Anfahrtswege zu radiologischen Untersuchungen für zumutbar erachtet würden. Im Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt würden insgesamt 18 zugelassene bzw. angestellte Radiologen in vier Praxen bzw. MVZ radiologische Leistungen anbieten. Dabei handle es sich um die Praxis des Klägers in A-Stadt mit Filiale in B-Stadt, an der bislang jedoch noch keine Leistungen abgerechnet worden seien. In einem MVZ in N-Stadt (Entfernung 51 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 52 Minuten) sei ein mit hälftigem Versorgungsauftrag zugelassen und ein mit 20 Wochenstunden angestellt. In einer großen radiologischen Praxis mit Betriebsstätten in A-Stadt (Entfernung 35 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 32 Minuten), E-Stadt (Entfernung 31 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 30 Minuten) und M-Stadt (Entfernung 43 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 33 Minuten) seien insgesamt sieben Radiologen zugelassen und zwei Radiologen (mit 20 bzw. 32 Wochenstunden) angestellt. Des Weiteren gebe es eine Praxis mit fünf Radiologen in P-Stadt (Entfernung 70 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 52 Minuten) und eine Filiale in S-Stadt (Entfernung 73 Kilometer, Fahrtzeit Pkw 56 Minuten). Die vom BA beigezogenen Häufigkeitsstatistiken würden belegen, dass in der Raumordnungsregion A-Stadt sämtliche radiologische Leistungen erbracht würden, insbesondere auch CT- und MRT-Leistungen. Anlässlich einer Befragung habe die Praxis mit Betriebsstätten unter anderem in E. und A-Stadt einen Bedarf für eine Sonderbedarfsanstellung in B-Stadt verneint. Sie erbringe sämtliche radiologischen Leistungen. Es bestünden noch zusätzliche Behandlungskapazitäten. Im Falle einer Sonderbedarfsanstellung würden Patienten an den unterschiedlichen Standorten verlorengehen. Die Fallzahlen würden belegen, dass die Angabe freier Behandlungsplätze nachvollziehbar sei. Von B-Stadt aus betrachtet seien die nächsten Versorgungsangebote für MRT- und CT-Leistungen 31 bzw. 35 Kilometer entfernt. Diese Entfernung sei für die Patienten auch aufgrund der neuen und nunmehr wesentlich größeren Versorgungsebene (Raumordnungsregion) zumutbar. Von den an B-Stadt angrenzenden Orten K., D. und A. betrage die Entfernung lediglich 22, 21 und 26 Kilometer nach E. bzw. A-Stadt. Der BA sei der Auffassung, dass eine Sonderbedarfsanstellung in Anbetracht der geringen Einwohnerzahl von B-Stadt nicht gerechtfertigt sei. Darüber hinaus müsse die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie unerlässlich sein, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken. Im Bereich des lokalen Versorgungsbedarfs komme es nicht auf ein spezialisiertes Versorgungsangebot an, sondern lediglich auf die Gewährleistung eines ausreichenden allgemeinen Versorgungsspektrums der jeweiligen Arztgruppe, hier der Radiologen. Lokale Besonderheiten, wie z. B. eine Enklavenlage oder örtliche Krankheitshäufungen, die die Zulassung eines weiteren Radiologen rechtfertigen, seien nicht festzustellen. Ein Versorgungsdefizit, wie es für eine lokale Sonderbedarfszulassung zwingend erforderlich sei, liege damit nicht vor. Eine Sonderbedarfszulassung sei nur zu erteilen, wenn hierfür ein Bedarf bestehe, nicht aber, um teure Gerätschaften zu finanzieren oder um die Einhaltung von Obergrenzen, an die alle Vertragsärzte gebunden seien, zu umgehen.

Hiergegen richtet sich die Klage des Klägers vom 15.05.2015 zum Sozialgericht München, die mit Schriftsatz vom 08.01.2016 näher begründet wurde. Der Beklagte habe keine ausreichenden Sachverhaltsermittlungen durchgeführt. Der Beklagte habe die Zahlengrundlage für die Entscheidung der Frage, für wie viele Einwohner in der Umgebung B-Stadt das Leistungsangebot in E. oder A-Stadt aus lokalen Gesichtspunkten unzumutbar sei, unzutreffend ermittelt. Es seien bereits jetzt knapp 10.000 Einwohner (9.711 Einwohner zum 30.06.2015). Auch die Entwicklung der Einwohnerzahlen in B-Stadt, nämlich die Teilhabe an einer seit Jahren anhaltenden Zuzugsbewegung, die den gesamten Großraum A-Stadt betreffe, wäre zu berücksichtigen gewesen. Da das Gericht alle bedarfsrelevanten Tatsachen bis zur Entscheidung über die Klage zu berücksichtigen habe, sei nun auch die absehbare verstärkte Bedarfslage auf der Grundlage der Statistiken für die Flüchtlingsverteilung in Bayern zu berücksichtigen: Von den schon jetzt knapp 100.000 Flüchtlingen, die seit September 2015 in Bayern zu verteilen seien und die täglich weiter ansteigen, seien nach Presseinformationen ca. 15.000 Personen im Landkreis E. dezentral verteilt. Selbstverständlich seien diese für die Inanspruchnahme von Ärzten auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, genauso wie viele der älteren und alleinstehenden Bundesbürger auch. Im Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt seien insgesamt vier radiologische Praxen tätig. Insgesamt sei - so auch der Berufungsausschuss in dem angegriffenen Bescheid - das nächste Versorgungsangebot für MRT- und CT-Leistungen in E. oder A-Stadt in einer Entfernung von 31 bzw. 35 Kilometern erreichbar. Diese Versorgungslage hätten der Zulassungsausschuss und auch der Beklagte als „noch zumutbar“ angesehen. Weder der Zulassungsausschuss noch der Beklagte hätten ermittelt, wie der Patient die Wegstrecke zwischen B-Stadt und E. oder A-Stadt bzw. den umliegenden - kilometermäßig weniger weit entfernten kleinen - Orten technisch bewältigen solle, wenn er nicht den eigenen Pkw benutze. Hätte der Beklagte dies getan, hätte er festgestellt, dass von den Orten K., D. und A. die Entfernung nach E. und A-Stadt zwar „lediglich 22, 21 und 26 Kilometer betrage“, dass von diesen Orten E. oder A-Stadt indes mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mit unzumutbaren Zeiten erreichbar sei. So sei beispielsweise E. von K. nur mit einem Aufwand von einer Stunde und 19 Minuten über den Bahnhof A-Stadt-Nord zu erreichen, wobei die Unterzeichnerin hier lediglich die Entfernung vom Bahnhof K. zum Bahnhof E. berechnen könne. Die Tatsache, dass der Bahnhof E. sich außerhalb E.s befinde und weitere Zeit in Anspruch genommen werden müsse, müsse noch hinzugerechnet werden. Genau dasselbe gelte für den Bahnhof A-Stadt-Nord oder den Hauptbahnhof A-Stadt. Der Beklagte habe die Frage, ob der vorhandene Versorgungsbereich in zumutbarer Weise von Patienten erreicht werden könne, nur eingeschränkt, nämlich nur für Patienten überprüft, die mit dem privaten Pkw anfahren. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 23.06.2010 (B 6 KA 22/09 R) ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürften, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien. Diese Rechtsprechung sei auch unter Geltung der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie anwendbar (vgl. SG Marburg, Beschluss vom 05.07.2013, S 12 KA 382/13 ER). Soweit der Beklagte meine, der besondere lokale Versorgungsbedarf sei auch deshalb abzulehnen, weil „nur“ die Versicherten aus dem Raum B-Stadt eine „unzumutbare Entfernung“ zu überwinden hätten, so sei auch dies nicht richtig. Denn das BSG habe in seiner Entscheidung vom 23.06.2010 ausdrücklich festgestellt, dass der Anspruch auf die medizinisch notwendige Versorgung in zumutbarer Entfernung für den Versicherten individuell bestehe. Der Anspruch des Versicherten auf ein mit zumutbarem Aufwand erreichbares Versorgungsangebot an allgemeinen ärztlichen Leistungen bestehe individuell und unmittelbar kraft Gesetzes. Die Bedarfsplanungs-Richtlinie könne ihn nicht einschränken, da sie als untergesetzliche Rechtsnorm nicht contra legem gegen das SGB V wirken könne. Es sei auch nicht richtig, dass der Anspruch des Klägers daran scheitere, dass die zu versorgende Patientenzahl eine „dauerhaft tragfähige Praxisführung“ nicht ermögliche. Das Argument sei ohnehin unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Gesetzgeber 0,5 Sonderbedarfsanstellungen zugelassen habe, nicht tragfähig. Denn eine 0,5-Anstellung sei von vorneherein nicht zur nachhaltigen Sicherung eines Praxisbetriebs ausreichend. Das erstrebte Budget aus einer hilfsweise beantragten Anstellung mit 20 Wochenstunden wäre für sich genommen nicht ausreichend, um eine Filiale gewinnbringend zu führen. Da die Praxis des Klägers in A-Stadt in den vergangenen Quartalen jeweils weit überdurchschnittlich ausgelastet gewesen sei, seien auch keine Budgetkapazitäten „übrig“, die der angestellte Kollege in B-Stadt „abarbeiten“ könnte. Aber das hilfsweise beantragte 0,5-Budget könnte dazu beitragen, dass die Filiale, in der auch Patienten behandelt werden könnten, die zwischen B-Stadt und A-Stadt wohnen und die bisher in der Praxis des Antragstellers in A-Stadt versorgt worden seien, durch die so entstehende Mischkalkulation tragfähig geführt werden könnte.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 13.01.2016 die Klage abgewiesen. Auch wenn die von Klägerseite genannte Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.06.2010 (B 6 KA 22/09 R) auf der Grundlage der vorangegangenen Bedarfsplanungs-Richtlinie erfolgt sei, habe die Kammer keine rechtlichen Bedenken, dass diese Erwägungen grundsätzlich auch nach Einführung der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie Geltung besitzen. Dies gelte insbesondere, soweit eine Konkretisierung der Ausnahmen auf den GBA übertragen worden sei, dieser die Ausnahmen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie konkretisiert habe und den Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum zustehe, der sachgerecht ausgefüllt werden müsse. Neu sei allerdings, dass in der jetzt gültigen Bedarfsplanungs-Richtlinie die Grundstrukturen der Bedarfsplanung abweichend von der bisher geltenden Bedarfsplanungs-Richtlinie geregelt worden seien, indem nach vier Versorgungsebenen, nämlich nach der hausärztlichen Versorgung, der allgemeinen fachärztlichen Versorgung, der spezialisierten fachärztlichen Versorgung und der gesonderten fachärztlichen Versorgung differenziert werde (§ 5 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Je nach Versorgungsebene gebe es unterschiedliche Planungsbereiche. So sei Planungsbereich für die hausärztliche Versorgung der Mittelbereich in Abgrenzung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (§ 11 Abs. 3 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie), für die allgemeine fachärztliche Versorgung die kreisfreie Stadt, der Landkreis und die Kreisregion (§ 12 Bedarfsplanungs-Richtlinie), für die spezialisierte fachärztliche Versorgung die Raumordnungsregion in der Zuordnung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie) und für die gesonderte fachärztliche Versorgung der Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Den Versorgungsbereichen zugeordnet und differenziert nach Fachbereichen seien auch die jeweiligen Verhältniszahlen (Arzt/Patienten). Der Kläger begehre eine Sonderbedarfszulassung für radiologische Leistungen (CT und MRT) in B-Stadt, wo er bereits eine Genehmigung für eine Filialpraxis besitze. Nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie (§ 13 Abs. 1 Ziffer 4) habe der Gemeinsame Bundesausschuss die Radiologen der Versorgungsebene „spezialisierte fachärztliche Versorgung“ zugeordnet. Nach Auffassung des Gerichts sei die Unterteilung in Versorgungsebenen rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Differenzierung nach Versorgungsebenen sei mit der Rechtsgrundlage des § 101 Abs. 1 SGB V vereinbar. Dies gelte auch für die Zuordnung der Radiologen zur Versorgungsebene „spezialisierte fachärztliche Versorgung“. Zwar habe das Bundessozialgericht bisher radiologische Leistungen (CT, MRT) als allgemeinärztliche Leistungen angesehen und deshalb die Auffassung vertreten, Patienten dürften bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien. Wenn nunmehr der Gemeinsame Bundesausschuss in der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie radiologische Leistungen nicht mehr als allgemeinärztliche Leistungen verstehe und diese der Versorgungsebene „spezialisierte fachärztliche Versorgung“ zuordne, handle er damit im Rahmen seines ihm zustehenden Beurteilungs- und Konkretisierungsspielraums. Bei den radiologischen Leistungen handle es sich um die diagnostischen Leistungen, die in der Regel einmalig, jedenfalls nicht über einen längeren Zeitraum und auch nicht in regelmäßigen und kurzen Abständen erbracht würden. Daraus folge, dass als Planungsbereich die Raumordnungsregion (hier: Raumordnungsregion A-Stadt) maßgeblich sei. Im Planungsbereich habe der Landesausschuss bei 18 zugelassenen Radiologen eine Überversorgung in Höhe von 122,9% festgestellt und aus diesem Grund eine Zulassungssperre angeordnet. In diesem Zusammenhang sei es nicht zu beanstanden, dass künftige mutmaßliche Entwicklungen der Einwohnerzahl, beispielsweise eine Zunahme der Einwohnerzahlen aufgrund der Aufnahme von Flüchtlingen, nicht berücksichtigt worden seien. Denn maßgeblich sei zunächst die aktuelle Einwohnerzahl zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Zahl der Einwohner nach der Wohnbevölkerung nach dem letzten amtlichen Stand: § 17 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie), dann zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Es gebe keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Versorgungssituation anders zu beurteilen wäre. Abgesehen davon sei durch § 32 Bedarfsplanungs-Richtlinie sichergestellt, dass bei einer Unterversorgung bzw. drohender Unterversorgung der Landesauschuss von der Kassenärztlichen Vereinigung, den Landesverband der Krankenkassen oder für die Ersatzkassen benachrichtigt werde, der dann seinerseits innerhalb angemessener Frist, die drei Monate nicht überschreiten dürfe, prüfen müsse, ob in dem betreffenden Planungsbereich eine ärztliche Unterversorgung bestehe oder unmittelbar drohe (§ 33 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Im Hinblick auf die sachgerechte Zuordnung radiologischer Leistungen zur Versorgungsebene „spezialisierte fachärztliche Versorgung“, der Raumordnungsregion als Planungsbereich, gelte die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach Patienten auch bei radiologischen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürften, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien, nach der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie für radiologische Leistungen nicht mehr. Vielmehr sei entsprechend der Zuordnung und der Maßgeblichkeit der Raumordnungsregion als Planungsbereich von weit größeren zumutbaren Entfernungen auszugehen. Entfernungen zu den nächstgelegenen radiologischen Einrichtungen in E. bzw. A-Stadt von 31 bzw. 35 Kilometer mit Fahrzeiten (Pkw) von jeweils ca. 30 bis 32 Minuten seien daher den Patienten zumutbar. Dafür spreche auch die Regelung in § 36 Abs. 4 Satz 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie, wonach bei der Beurteilung den unterschiedlichen Anforderungen der Versorgungsebenen der §§ 11 bis 14 Rechnung zu tragen sei. Ein Widerspruch zu der von der Klägerseite zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Marburg sei nicht erkennbar. Denn dort sei Gegenstand des Beschlusses ein Sonderbedarf im Bereich der Chirurgie gewesen. Das Fachgebiet der Chirurgie sei nach der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie der allgemeinen fachärztlichen Versorgung zugeordnet (§ 12 Abs. 1 Ziffer 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Gegen die Auffassung des Gerichts zur Frage der zumutbaren Entfernung für radiologische Leistungen könne nicht eingewandt werden, die Fahrtzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, Bus) seien wesentlich höher, nämlich bei mindestens einer Stunde und 19 Minuten. Denn selbst bei Angewiesensein einzelner Patienten auf öffentliche Verkehrsmittel erscheinen solche Fahrtzeiten im Hinblick auf die vergleichsweise geringe Häufigkeit der Inanspruchnahme solcher spezialisierten fachärztlichen Leistungen zumutbar. Eine ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes, um die vertragsärztliche Versorgung in dem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf für eine lokale Versorgungssituation zu decken, sei daher nicht unerlässlich im Sinne von § 101 Abs. 1 Nr. 3 SGB V i. V. m. § 36 Abs. 1 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers zum Bayer. Landessozialgericht vom 29.02.2016. Der Kläger habe einen Anspruch auf Neubescheidung. Denn der Beklagte habe eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen im Sinne einer Verkennung des eigenen Ermessensspielraums. Ursache dafür sei seine Rechtsauffassung, bei „MRT-Leistungen“ handle es sich bei der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie um „spezialisierte Leistungen“, für die der Patient Anfahrzeiten von über 25 Kilometer regelmäßig in Kauf nehmen müsse. MRT- und CT-Leistungen seien als bildgebende Verfahren routinemäßig und in ständig steigender Zahl von Ärzten anderer Fachrichtungen bei Radiologen nachgefragt worden, so dass es sich um „allgemeine Leistungen“ handle. Der Beklagte hätte sich durch Nachfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung darüber informieren können, dass die MRT- und CT-Zahlen in den letzten zehn Jahren rasant angestiegen seien. In diesem Zusammenhang wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens gefordert. Die Zulassungsgremien hätten bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken, keinen Beurteilungsspielraum. Der Beklagte hätte die Fallzahlen im MRT- und CT-Bereich deshalb recherchieren müssen, um sich ein Bild davon zu machen, ob sich an deren Häufigkeit etwas geändert habe oder ob es sich weiterhin um „allgemeine Leistungen“ im Sinne des BSG handle. Das BSG habe in seiner Entscheidung vom 23.06.2010 (Az.: B 6 KA 22/09 R) zu der Frage, wann ein „besonderer lokaler Versorgungsbedarf“ für psychotherapeutische Leistungen gegeben sein könnte, auf eine frühere Entscheidung Bezug genommen und zu MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürften, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien. Weil die Bedarfsplanungs-Richtlinie den individuellen Versorgungsanspruch des Versicherten nicht normiere, sei die Rechtsprechung des BSG auch unter der Geltung der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie anwendbar. Das BSG nenne MRT-Leistungen ausdrücklich „allgemeine Versorgungsangebote“ und stelle ausdrücklich fest, dass der Gemeinsame Bundesausschuss den Versorgungsanspruch des Versicherten nicht einschränken dürfe, weil er in § 2 ff. SGB V gesetzlich normiert sei. Der Beklagte habe sich über diese Erwägungen des Bundessozialgerichts schlicht hinweggesetzt. Es sei auch augenfällig, dass sich die für den Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt planerisch festgesetzte Radiologenzahl tatsächlich im südlichen Teil des Planungsbereichs konzentriere (P-Stadt: fünf Zulassungen; A-Stadt, N-Stadt und M-Stadt: sieben Zulassungen), während die Bevölkerung in der geographisch nördlichen Hälfte nur mit einem Budget, nämlich dem geteilten Sitz in E., ausreichend versorgt sein solle. Bei dieser Verteilung der Arztsitze in der bayerischen Boomregion A-Stadt hätte der Beklagte die Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung wegen lokalen Sonderbedarfs nicht pauschal mit fehlenden geographischen Besonderheiten der „ROR“ ablehnen dürfen. Denn auch eine asymmetrische Verteilung der Arztsitze sei ein Grund für die Feststellung eines „lokalen Sonderbedarfs“. Gerade wenn es um die spezialisierte fachärztliche Versorgung gehe, können diesem Gesichtspunkt starke Bedeutung zukommen. Denn in einer ROR seien es von Norden nach Süden wie hier bis zu 80 Kilometer, die der Patient zu überwinden habe, um den Facharzt aufzusuchen. In § 36 Abs. 4 Satz 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie sei jedoch normiert, die unterschiedlichen Versorgungsbereiche seien zu berücksichtigen. Wenn der Beklagte schon meine, der Patient habe für Leistungen spezialisierter fachärztlicher Versorgung größere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen, dann müsse er besonders sensibel prüfen, ob aufgrund der räumlichen Verteilung der Arztsitze dem Anspruch des Patienten auf einen zumutbaren Zugang zu ambulanten Versorgungsleistungen noch Genüge getan sei, soweit auch „allgemeine Leistungen“ von Ärzten der betroffenen Fachgruppen erbracht würden. Auch das SG Marburg (Beschluss vom 05.07.2013, S 12 KA 382/13 ER) sei der Auffassung, dass MRT-Leistungen auch unter der Geltung der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie als „allgemeine Leistungen“ anzusehen seien, die der Patient in einem Umkreis von 25 Kilometern vorfinden müsse. Auch zur „Erreichbarkeit der Versorgungsangebote in A-Stadt“ seien die Ermittlungen unzureichend. Weder der Zulassungsausschuss noch der Beklagte, der die Begründung des ablehnenden Bescheides des Zulassungsausschusses übernommen habe, hätten ermittelt, wie der Patient die Wegstrecke zwischen B-Stadt und E. oder A-Stadt bzw. den umliegenden - „nur zwischen 20 und 25 Kilometer entfernten Orten“ - technisch bewältigen solle, wenn er nicht den eigenen Pkw benutze.

Die Prozessbevollmächtigte des Klägers stellt den Antrag aus dem Schriftsatz vom 29.02.2016.

Die Vertreterin des Beklagten stellt den Antrag, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 27.05.2015 vorgetragen, dass die Radiologen nach der neuen Bedarfsplanungs-Richtlinie nunmehr auf Raumordnungsebene beplant werden. Es handle sich hier um eine großräumige Beplanung, der Rechnung getragen werden müsse. Radiologische Leistungen würden nunmehr der Versorgungsebene „spezialisierte fachärztliche Versorgung“ zugeordnet und nicht der Versorgungsebene „allgemeine fachärztliche Versorgung“. Folglich seien größere Distanzen zumutbar. Entfernungen zu den nächstgelegenen radiologischen Praxen in E. bzw. A-Stadt von 31 bzw. 35 Kilometer mit Fahrtzeiten von ca. 30 Minuten mit dem Pkw seien daher dem Versicherten zuzumuten. Aber auch wenn der Patient auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen wäre und eine längere Fahrzeit in Kauf nehmen müsste, z. B. eine Stunde und 19 Minuten, seien solche Fahrzeiten aufgrund der geringen Häufigkeit der Inanspruchnahme solcher spezialisierter fachärztlicher Leistungen zumutbar. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach Patienten auch bei radiologischen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürften, die mehr als 25 Kilometer entfernt seien, gelte nicht mehr. Es bestehe aber auch kein Bedarf für eine lokale Sonderbedarfszulassung bzw. -anstellung. Bei einer Gesamtzahl von 11,50 Radiologen bestehe im Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt derzeit ein Versorgungsgrad von 121,4% (LA-Sitzung vom 02.02.2016).

Dem Senat liegen die Akten des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern, die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München S 38 KA 525/15 sowie die Berufungsakte L 12 KA 20/16 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Urteil vom 13.01.2016 die Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 17.04.2015 (Sitzung vom 26.03.2015) in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Der Beklagte hat es mit dem Bescheid vom 17.04.2015 zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine Genehmigung zur Anstellung von Herrn M. im Rahmen des Sonderbedarfs für 40 Wochenstunden, hilfsweise für 20 Wochenstunden, zur ausschließlichen Tätigkeit in der Filiale B-Stadt zu erteilen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Sonderbedarfsanstellung gemäß § 101 Abs. 1 Ziffer 3 SGB V i. V. m. § 36 Bedarfsplanungs-Richtlinie (die Bedarfsplanungs-Richtlinien wurden seit der Antragstellung im Februar 2014 mehrfach geändert, nicht aber § 36) liegen nicht vor.

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs. 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die hiervon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich. Im Planungsbereich Raumordnungsregion A-Stadt bestand für die Arztgruppe der Radiologie durchgehend eine Überversorgung, zuletzt bei einer Gesamtzahl von 11,50 Radiologen mit einem Versorgungsgrad von 121,4% (LA-Sitzung vom 02.02.2016). Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung ist § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V i. V. m. der Bedarfsplanungs-Richtlinie Ärzte. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bestimmt, dass der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V a. F.) bzw. soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken (§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V n. F.). Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V durch die ab 04.07.2013 geltenden (vgl. Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.05.2013, Bundesanzeiger vom 03.07.2013) Regelungen in den §§ 36, 37 Bedarfsplanungs-Richtlinien n. F. nachgekommen. Diese ersetzen die Regelungen in § 24 Buchstabe a und b Bedarfsplanungs-Richtlinien in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V gewährleistet in Planungsbereichen, in denen wie vorliegend die Zulassung von Radiologen wegen Überversorgung beschränkt ist, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem GBA übertragen, der dementsprechend in der Bedarfsplanungs-Richtlinie die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Zulassungen festgelegt hat. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 13.08.2014, B 6 KA 33/13 R, Rdnrn. 17 bis 19). Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (vgl. BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 9 Rdnr. 18). Bei Zulassungsbegehren sind die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden. Dies bedeutet, dass alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen sind. Die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung wegen eines lokalen Sonderbedarfs sind vorliegend nicht gegeben. Gemäß § 36 Abs. 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie darf der Zulassungsausschuss unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss dem Zulassungsantrag eines Arztes der betreffenden Arztgruppe auf Sonderbedarf nach Prüfung entsprechen, wenn die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes unerlässlich ist, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken. Nach § 36 Abs. 8 Bedarfsplanungs-Richtlinie kann die Deckung des Sonderbedarfes auch durch Anstellung eines weiteren Arztes in der Vertragsarztpraxis des Antrag stellenden Vertragsarztes unter Angabe der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erfolgen. Ein lokaler Sonderbedarf setzt voraus, dass aufgrund der von durch den Zulassungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z. B. Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geographische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen. Bei der Beurteilung ist den unterschiedlichen Anforderungen der Versorgungsebenen der §§ 11 bis 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie Rechnung zu tragen (§ 36 Abs. 4 Satz 4 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Als Grundstruktur der neuen Bedarfsplanung gemäß dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983, BT-Drucks. 17/6096, 17/7274) werden vier Versorgungsebenen bestimmt, welche für die Zuordnung der Arztgruppen, den Zuschnitt der Planungsbereiche und dementsprechend für die Versorgungsgradfeststellung mittels Verhältniszahlen maßgeblich sind (§ 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Die Planungsbereiche knüpfen an die Zuordnung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) bzw. der KV-Bezirke an (§ 7 Satz 1 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Unterschieden werden die hausärztliche und die fachärztliche Versorgungsebene. Die fachärztliche Versorgung wiederum wird untergliedert in eine allgemeine, spezialisierte und gesonderte fachärztliche Versorgung. Die Zuordnung zu den Versorgungsebenen und damit unterschiedlich großen Planungsbereichen erfolgt nach dem GBA grundsätzlich nach der Größe des Einzugsgebiets der jeweiligen Fachgruppe. Die Aufgabe der Bindung der Planungsbereiche an die Stadt- und Landkreise ist die wesentliche Änderung durch das GKV-VStG. Mit der Flexibilisierung der Planungsbereiche wird auch eine Differenzierung nach Arztgruppen ermöglicht (vgl. BT-Drucks. 17/6906, S. 74). Die Arztgruppenspezifik der Bedarfsplanung folgt auch aus verschiedenen Regelungen des § 101 (Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 5, Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5 Satz 1 und 2) sowie aus § 103 Abs. 2 Satz 3 SGB V (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 09.02.2011, B 6 KA 1/10 R, Rdnr. 19). Die Neudefinition der Planungsbereiche ist nunmehr auch bei der Definition einer zumutbaren Wegstrecke zu berücksichtigen. Aus der Begründung des GBA zur Zuordnung zu den Versorgungsebenen und damit unterschiedlich großen Planungsbereichen (vgl. Tragende Gründe S. 11, www.g-ba.de) folgt, dass in der Zuordnung zu den Versorgungsebenen, abgesehen von den dort genannten Ausnahmen, auch eine Definition des Bedarfs zu sehen ist. Insofern liegt es gerade innerhalb der vom Gesetzgeber dem GBA eingeräumten Konkretisierungsbefugnis, Vorgaben für die erwünschte Versorgungsdichte zu machen, was insofern auch mit der Entwurfsbegründung zum GKV-VStG übereinstimmt. Danach soll aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung der Wohnortnähe für verschiedene ärztliche Angebote ermöglicht werden, bei der Größe der Planungsbereiche nach Arztgruppen zu differenzieren (vgl. BT-Drucks. 17/6906, S. 74). Auch wenn nach der unterschiedlichen Gestaltung der Planungsbereiche zwar grundsätzlich am Bezug auf den gesamten Planungsbereich festzuhalten ist, ist mit dem Absehen von Landkreisen als Planungsbereich für alle Arztgruppen vom Gesetzgeber eine unterschiedliche Versorgungsdichte intendiert. Gerade im spezialisierten fachärztlichen Versorgungsbereich sind damit wesentlich größere Wegstrecken in Kauf zu nehmen (vgl. Pawlita in juris Praxiskommentar, SGB V § 101 Rdnr. 78). Daher ist eine Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung zur Zumutbarkeit der Wegstrecken im Hinblick auf die Zuordnung zu den Versorgungsbereichen veranlasst, die die Zumutbarkeit einer Wegstrecke auch an den Begriff des Bedarfs knüpft.

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in § 13 Abs. 1 Nr. 4 Bedarfspl-RL die Fachgruppe der Radiologen der spezialisierten fachärztlichen Versorgung und nicht der allgemeinen fachärztlichen Versorgung (§ 12 Bedarfspl-RL) zugeordnet. Maßgeblicher Planungsbereich ist damit die Raumordnungsregion (Raumordnungsregion 907 A-Stadt) und nicht die kreisfreie Stadt, der Landkreis bzw. die Kreisregion. Diese Zuordnung, die der Gemeinsame Bundesausschuss in nicht zu beanstandender Umsetzung der Aufgabe der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben in § 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB vorgenommen hat, ist bei der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anerkennung eines Sonderbedarfes zu berücksichtigen (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 4 Bedarfspl-RL).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hält sich die Entscheidung des Beklagten vom 17.04.2015 zur Ablehnung einer Anstellungsgenehmigung des Beigeladenen zu 8) im Rahmen eines Sonderbedarfes noch im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Beurteilungsspielraums.

Die Beklagte hat zunächst die Versorgung in der Raumordnungsregion A-Stadt mit 18 zugelassenen bzw. angestellten Radiologen in 4 Praxen bzw. MVZ festgestellt, wobei diese Radiologen - wie sich aus den Häufigkeitsstatistiken ergibt - sämtliche radiologischen Untersuchungen, insbesondere auch CT- und MRT-Leistungen erbringen. Die Befragung u. a. der am nächsten gelegenen radiologischen Praxen bzw. Betriebsstätten in E. und A-Stadt ergab auch eine dort bestehende ausreichende Behandlungskapazität (5 Tage Wartezeit für CT-Leistungen, 2 bis 3 Wochen für MRT-Leistungen). Die Beklagte hat diese Angaben bzw. freien Behandlungskapazitäten auch hinterfragt und hat diese anhand der Fallzahlen zu Recht als für nachvollziehbar gehalten. Es ist aber auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte eine Entfernung für die nächstgelegenen CT- und MRT-Angebote von B-Stadt aus in E. mit 31 km und in A-Stadt mit 35 km für die Patienten noch als zumutbar angesehen hat. Zwar hat das BSG bisher (vgl. Urteil vom 23.06.2010, B 6 KA 22/09 R, juris Rdnr. 23) MRT-Leistungen als allgemeine Leistungen angesehen, für die eine Verweisung auf Versorgungsangebote in mehr als 25 km Entfernung ausgeschlossen sei. Diese Rechtsprechung gilt auch nach Änderung der Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich der Sonderbedarfszulassung mit Wirkung ab 04.07.2013 durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 16.05.2013, BAnZ AT 03.07.2013 im Grundsatz fort, wobei aber gewisse Modifikationen im Hinblick auf die Zuordnung der Fachgruppe der Radiologen zur spezialisierten fachärztlichen Versorgung und der damit bezweckten differenzierten Versorgungsdichte unter Wahrung des Anspruchs jedes Versicherten auf Realisierbarkeit möglich sind. Dem wird die Entscheidung des Beklagten gerecht. Die gegenüber der Grenze von 25 km leicht erhöhten Entfernungen nach E. (31 km), nach A-Stadt (35 km) werden zunächst dadurch relativiert, dass wegen der sehr günstigen Anbindung von B-Stadt die Fahrzeiten mit dem Pkw nur 30 bzw. 32 Minuten betragen. Aber auch bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ergibt sich keine für Versicherte unzumutbare Wegstrecke. Zwischen B-Stadt und E. besteht eine direkte Busverbindung mit einer Hinfahrzeit von 58 Minuten und einer Rückfahrzeit ab 1 Stunde und 6 Minuten. Auch zwischen B-Stadt und A-Stadt besteht eine direkte Busverbindung mit einer Fahrzeit von 54 Minuten. Hinsichtlich der von Klägerseite ergänzend angesprochenen Orten K., D. und A. ist festzustellen, dass diese Orte schon unter dem Gesichtspunkt der bloßen Entfernung mit 22,21 und 26 Kilometern zu den nächsten Radiologieangeboten in E. und A-Stadt nicht als unzumutbare Wegstrecke anzusehen ist. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es neben den von Klägerseite dargestellten Zugverbindungen auch direkte Busverbindungen mit Fahrzeiten von 29 Minuten (K.-E.), 1 Stunde und 1 Minute (A.-A-Stadt) und 33 Minuten (D.-E.) gibt. Schließlich ist bei den streitgegenständlichen CT- und MRT-Leistungen zu berücksichtigen, dass diese in der Regel etwa bei einer Ausschlussdiagnostik nur einmal und im Übrigen etwa bei einer Tumornachsorge nur zeitlich begrenzt und nicht in kurzen Abständen anfallen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Tatbestand

1

Streitig ist der Anspruch einer Psychologischen Psychotherapeutin auf Erteilung einer Zulassung wegen Sonderbedarfs für analytische Psychotherapie.

2

Die Klägerin, geboren 1964, studierte in der Schweiz und erwarb dort im Jahr 2002 ihr Diplom in analytischer Psychologie und wurde im selben Jahr vom Regierungspräsidium S. als Psychologische Psychotherapeutin approbiert sowie von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KÄV) - Bezirksdirektion Freiburg - in das Psychotherapeutenregister eingetragen. Sie wohnt in der Stadt S. (Landkreis L.) und ist dort freiberuflich psychotherapeutisch tätig, vielfach im Wege sogenannter Kostenerstattungsverfahren gemäß § 13 Abs 3 SGB V. Im Jahr 2003 beantragte sie zum ersten Mal, wegen Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen bzw psychotherapeutischen Versorgung mit Sitz in der Stadt S. zugelassen zu werden. Dieser Antrag war erfolglos (letztinstanzlich LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.5.2006 - L 5 KA 5224/05) . Im Dezember 2004 stellte sie erneut den Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung, hatte damit indessen gleichfalls keinen Erfolg (zwar Stattgabe durch den Zulassungsausschuss vom 1.4.2005, aber Aufhebung und Antragsablehnung durch den beklagten Berufungsausschuss vom 15.8.2005; Klageabweisung durch das SG vom 18.4.2007; Berufungszurückweisung durch das LSG vom 29.10.2008).

3

In dem Urteil des LSG ist ausgeführt, die Klägerin könne eine reguläre Zulassung nicht erhalten, weil eine Zulassungssperre wegen Überversorgung aufgrund der Berechnungen gemäß dem Bedarfsplanungsrecht bestehe (Versorgungsgrad ca 140 %). Auch eine Sonderbedarfszulassung komme nicht in Betracht. Hierbei bedürfe es eines näheren Eingehens nur auf § 24 Buchst a der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung (Fassung vom 15.2.2007, in Kraft seit dem 1.4.2007, veröffentlicht im BAnz Nr 64 vom 31.3.2007, S 3491, mit späteren Änderungen, zuletzt vom 18.3.2010, veröffentlicht im BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 und im DÄ 2010, A 1422). Die anderen Sonderbedarfstatbestände des § 24 BedarfsplRL kämen ersichtlich nicht in Betracht; ein qualitativ-spezieller Bedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL könne aus der Befähigung für ein einzelnes psychotherapeutisches Behandlungsverfahren nicht begründet werden. Die Entscheidung des Beklagten, den Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu verneinen, sei bei Beachtung des den Zulassungsgremien eingeräumten Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Der Landkreis L. sei mit einer Nord-Süd-Länge von unter 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km schon kein "großräumiger Landkreis". Daneben sei in dem Bescheid hilfsweise auch das Vorliegen "lokalen Sonderbedarfs" verneint worden, ohne dass Beurteilungsfehler feststellbar seien. Dieses Ergebnis finde seine Bestätigung in den durchschnittlichen täglichen Arbeitszeiten einzelner Psychotherapeuten von nur knapp zwei bis unter vier Stunden; dies sei ein Beleg für noch bestehende freie Behandlungskapazitäten.

4

Mit ihrer Revision beanstandet die Klägerin, das LSG qualifiziere den Landkreis L. zu Unrecht nicht als großräumig im Sinne des § 24 Buchst a BedarfsplRL. Insoweit fielen dem LSG sowohl Verfahrensmängel als auch inhaltliche Fehler zur Last. Es fehle schon an tragfähigen Tatsachenfeststellungen. Die Annahme einer Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und einer Ost-West-Breite von 20 bis 30 km widerspreche ihrem - der Klägerin - unbestrittenen Tatsachenvortrag einer Nord-Süd-Länge von ca 60 km und einer Ost-West-Breite von ca 45 km. Auch die Ausführungen des LSG zu den Verkehrsbedingungen und zur Infrastruktur des Landkreises seien unzutreffend. Die Stadt S., für die sie die Sonderbedarfszulassung begehre, habe ca 19 000 Einwohner und sei ein Zentrum - insbesondere nach Norden hin - für mehr als 35 000 Einwohner. Dies habe das LSG nicht gewürdigt. Es sei in seiner mündlichen Verhandlung nicht bereit gewesen, die dies belegenden Unterlagen entgegenzunehmen und die aus seinem früheren Urteil vom 17.5.2006 übernommenen Annahmen zu überprüfen. Die einschränkende Auslegung des Begriffs großräumig sei auch inhaltlich fehlerhaft, nämlich nicht vereinbar mit dem Sicherstellungsauftrag des § 72 Abs 2 SGB V und der hieraus resultierenden Notwendigkeit, bei nachgewiesenem lokalem oder qualitativem Versorgungsbedarf durch Erteilung von Sonderbedarfszulassungen Versorgungslücken zu schließen. Vor diesem Hintergrund könne das Merkmal Großräumigkeit des Landkreises nur als Klarstellung verstanden werden, dass in einem atypisch kleinen Landkreis ein lokaler Versorgungsbedarf überhaupt nicht vorstellbar sei. Die Problematik zeige sich auch im Vergleich mit §§ 6 ff BedarfsplRL, worin das Merkmal nicht verwendet werde, vielmehr die Einteilung der Landkreise nach der Zahl der Einwohner je Quadratkilometer erfolge. Es wäre sachwidrig, in einem Landkreis mit gleich großer Einwohnerzahl wie in einem großstädtischen Planungsbereich und erheblich größerer Ausdehnung einen lokalen Versorgungsbedarf mit der Begründung ungedeckt zu lassen, der Landkreis sei nicht großräumig. Diese so auszulegende Bestimmung des § 24 Buchst a BedarfsplRL werde durch die 2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a, 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL lediglich ergänzt, aber nicht eingeschränkt.

5

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 und des Sozialgerichts Freiburg vom 18. April 2007 aufzuheben sowie den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 15. August 2005 zu verpflichten, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1. April 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

6

Der beklagte Berufungsausschuss beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Er verteidigt das Urteil des LSG. Dieses habe den Tatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zu Recht verneint. Der Landkreis L. sei nicht großräumig; auch könne nicht von einem unzureichend versorgten besonderen "Teil" eines großräumigen Landkreises gesprochen werden. Es komme nicht entscheidend auf dessen Ausdehnung an. Maßgeblich sei vielmehr, dass es sich hier weitgehend um dünn besiedeltes und gebirgiges Waldgebiet mit überwiegend landwirtschaftlichen Flächen handele, in dem die Stadt S. raumplanerisch lediglich ein wirtschaftliches Kleinzentrum darstelle, auf das die übrigen Städte und Gemeinden des W. ausgerichtet seien. Von der geringen Bevölkerungsdichte her und unter Berücksichtigung der Bedarfs-Messzahl sei die Zulassung eines weiteren Psychotherapeuten nicht vertretbar; eine getrennte Bedarfsanalyse in den Bereichen psychoanalytische oder Verhaltenstherapie sei nicht geboten. Jedenfalls im Erwachsenenbereich bestehe kein entsprechender Bedarf. Die Stadt S. sei nur 10 bis 15 km von der Stadt L. entfernt, Infrastruktur und Wirtschaftsströme beider Städte griffen ineinander und ergäben zusammen einen einheitlichen Ballungsraum im Sinne eines Teils des Landkreises.

8

Die zu 1. beigeladene KÄV verteidigt ebenfalls, ohne selbst einen Antrag zu stellen, das Urteil des LSG. Schon die Zulässigkeit der Revision sei zweifelhaft; denn das LSG habe seinem Urteil mehrere Begründungen zugrunde gelegt, von denen die Klägerin nur eine angreife. Das LSG habe die Anwendbarkeit des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum einen wegen Fehlens der Großräumigkeit des Landkreises und zum anderen wegen Fehlens eines Versorgungsbedarfs verneint. Mit dieser zweiten Begründung befasse sich die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung nicht. Die Revision sei auch unbegründet. Weder liege eine ordnungsgemäß erhobene Verfahrensrüge vor, noch griffen die inhaltlichen Argumente der Klägerin gegen die Verneinung der Großräumigkeit des Landkreises durch. Weder habe der von ihr gezogene Vergleich zu großstädtischen Planungsbereichen Erfolg noch der Gesichtspunkt, Versorgungslücken dürften nicht ungedeckt bleiben. Die zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Neuregelungen in §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a und 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V iVm § 34a BedarfsplRL seien nicht einschlägig, weil der Landesausschuss keinen zusätzlichen lokalen Sonderbedarf für den Raum S. festgestellt habe.

9

Die Beigeladenen zu 2. bis 6. äußern sich nicht zur Sache und stellen auch keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Klägerin, die die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begehrt, hat Erfolg. Die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten sind aufzuheben. Dieser ist verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 1.4.2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Der Beklagte hat seine Beurteilung, dass keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung der Klägerin als Psychologische Psychotherapeutin mit der Therapierichtung Psychoanalyse wegen Sonderbedarfs in der Stadt S. bestehe, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet.

11

Ausgangspunkt ist, dass - wie im Urteil des LSG festgestellt - der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V für den Planungsbereich, für den die Klägerin ihre Zulassung begehrt, für (nichtärztliche) Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung angeordnet hat(vgl die Feststellungen im LSG-Urteil : Versorgungsgrad ca 140 %; siehe dazu Beschluss des Landesausschusses vom 14.10.2009, ÄrzteBl Baden-Württemberg 2009 S 484, 486 betreffend Psychotherapeuten im Landkreis L.). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in der BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mit Urteil vom 5.11.2003 entschieden hat (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff; Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen: BVerfG , Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -; vgl §§ 9 ff BedarfsplRL). Ein Anlass, vorliegend nochmals auf die Kritik einzugehen, die gelegentlich gegen das Bedarfsberechnungsverfahren vorgebracht wird (vgl die Wiedergabe bei Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern , Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 164), und die allgemein gefassten schematisierenden Vorgaben im Gesetz und in den BedarfsplRL in Frage zu stellen, besteht nicht. Die Beteiligten haben im Revisionsverfahren die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsplanungsregelungen nicht in Frage gestellt.

12

In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4 und 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxis hindern und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3 RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und Bundesausschuss sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Zulassungsbeschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sogenannten Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18, und BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10).

13

Von diesen Tatbeständen kommt vorliegend eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 BedarfsplRL sowohl nach Buchst a(unten 1.) als auch nach Buchst b (unten 2.) in Betracht.

14

1. Die Anerkennung eines Sonderbedarfs gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a BedarfsplRL erfordert die Prüfung und Feststellung, dass "in Teilen" eines "großstädtischen Planungsbereichs oder eines großräumigen Landkreises" ein "lokaler Versorgungsbedarf" besteht.

15

a) Bei der Konkretisierung und Anwendung dieser Tatbestandsmerkmale - "lokaler Versorgungsbedarf" in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises - verfügen die Zulassungsgremien über einen Beurteilungsspielraum. Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Senats und steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zur Anerkennung von Beurteilungsspielräumen bei Anwendung und Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

16

Der Senat hat in seinem Urteil vom 5.11.2008 (BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3) zu dem Merkmal besonderer Versorgungsbedarf (§ 24 Buchst b BedarfsplRL) ausgeführt, dass dessen Vorliegen "nur ungefähr [zu] entscheiden" ist, weil "eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen" ist: In einem solchen Fall ist den "ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen (BSG aaO RdNr 16; ebenso BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15: "durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren geprägt"). Dies hat der Senat im Urteil vom 17.6.2009 (SozR 4-2500 § 101 Nr 5) im Zusammenhang mit § 24 Buchst a BedarfsplRL aufgegriffen und auf das Merkmal "lokaler Sonderbedarf" übertragen. Auch insoweit hat der Senat den Zulassungsgremien einen (weiten) Beurteilungsspielraum zuerkannt, nämlich bei der Frage, "welche Versorgungsdichte in großstädtischen Bereichen und in großräumigen Landkreisen anzustreben ist". Dabei ist zu entscheiden, "ob in einem großräumigen Landkreis möglichst in jedem einigermaßen abgegrenzten Bereich die wichtigsten Facharztgebiete vertreten sein sollen, zB ob in jeder eigenständigen größeren Stadt unabhängig davon, ob sie inmitten naher anderer Städte mit entsprechenden Ärzten gelegen ist, ein fachärztlicher Internist zur Verfügung stehen soll" (BSG aaO RdNr 26).

17

Nichts anderes gilt im Rahmen des § 24 Buchst a BedarfsplRL bei dem Merkmal "in Teilen … eines großräumigen Landkreises". Hier ist zu beurteilen, ob ein Landkreis "großräumig" ist und was als ein "Teil" eines Landkreises angesehen werden kann. Diese beiden Fragen hängen von "Struktur, Verkehrsanbindung und Lage" ab (zu dieser Begriffe-Trias s BSG aaO RdNr 26), wie sich aus dem Sinn des Sonderbedarfstatbestandes in § 24 Buchst a BedarfsplRL ergibt: Bestehen in einem Landkreis gute und schnelle Verkehrsanbindungen aus allen Richtungen auf ein Zentrum hin, so reicht die in diesem Zentrum anzutreffende Vielfalt an Ärzten und Psychotherapeuten zur Versorgung des gesamten Landkreises typischerweise aus. In einem anderen Landkreis dagegen, mag dieser auch in seiner Ausdehnung viel kleiner sein, kann die Situation ungünstiger sein: Sind die Ärzte und Psychotherapeuten zB aufgrund der gebirgigen Struktur und schlechten Verkehrsanbindungen von einigen Teilen des Landkreises aus nur unter Aufwendung erheblicher Zeit und Mühe erreichbar, so kann hier der Tatbestand "lokaler Versorgungsbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" gegeben sein. Die Beurteilung, ob solche speziellen Strukturen gegeben sind, können in sachgerechter Weise aber nur die ortsnahen fachkundigen Zulassungsgremien vornehmen. Dementsprechend ist diesen für die Merkmale "Teil" und "großräumig" ein Beurteilungsspielraum zuzuerkennen.

18

Die Anerkennung solcher Beurteilungsspielräume steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: Diese gehen zwar im Grundsatz davon aus, dass bei unbestimmten Rechtsbegriffen die Subsumtion der Behörden gerichtlich voll überprüfbar ist. Sie erkennen aber auch Ausnahmen an, bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen, bei der beamtenrechtlichen Leistungsbeurteilung für Einstellung und Beförderung (Art 33 Abs 2 GG), bei der erforderlichen Gewichtung und Abwägung widerstreitender Belange im Rahmen von Planungsentscheidungen sowie bei Bewertungen durch unabhängige sachverständige Gremien mit gruppenpluraler Zusammensetzung (zu Letzterem zB BVerwGE 39, 197, 203 f, 209; BVerwGE 72, 195, 200 f; BVerwGE 77, 75, 77 f; BVerwGE 91, 211, 215 bis 217; BVerwGE 91, 223, 227, sowie grundsätzlich zusammenfassend BVerwGE 129, 27, 33 RdNr 26 und 27; vgl auch BVerfGE 83, 130, 148;- zu den Fallgruppen insgesamt vgl zB Hoffmann-Riem in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle , Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd I, 2006, § 10 unter G, RdNr 89 ff, 91 f; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, Verwaltungsrecht I, 12. Aufl 2007, § 31 RdNr 15 ff, 26; Gerhardt in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner , VwGO, Stand Juli 2009, § 114 RdNr 28 ff, 55 ff, 59 f, 70). Sektorspezifische, gruppenplural gebildete Gremien stellen auch die Zulassungsgremien dar, sodass die Zuweisung von Beurteilungsspielräumen an diese in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte steht.

19

b) Die Beurteilungsspielräume, die nach diesen Grundsätzen den Zulassungsgremien bei der Subsumtion unter die Begriffe "lokaler Sonderbedarf … in Teilen … eines großräumigen Landkreises" eingeräumt sind, hat der Beklagte indessen nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Die vom Beklagten bisher zu diesen Merkmalen vorgenommene Subsumtion (Bescheid vom 15.8.2005) stellt sich nicht als unbedenkliche Ausfüllung dieser Begriffe dar. Dies gilt sowohl für die Frage, ob die Stadt S., für die die Klägerin die Zulassung begehrt, (aa) in einem "Teil" eines "großräumigen" Landkreises gelegen ist, als auch für die Frage des (bb) Vorliegens eines "lokalen Sonderbedarfs".

20

aa) Der Beklagte hat das Merkmal der Großräumigkeit deshalb verneint, weil der Landkreis nur eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20-30 km aufweise und daher nicht in verschiedene Leistungsräume aufge"teil"t werden könne. Die überwiegende Zahl der Einwohner wohne im Süden des Landkreises in einer der nur ca 15 km voneinander entfernten Städte S., R., L. und W. ; der Norden mit Ausnahme der Stadt S. sei weniger stark besiedelt. Diese Entfernungen seien durchschnittlich und für die Patienten zumutbar.

21

Mit diesen Ausführungen ist der Beklagte von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Sein Ausgangspunkt, der Landkreis - der Beklagte hat auf den Landkreis selbst und nicht auf nur den Abstand der äußersten Ortschaften voneinander abgestellt - habe eine Nord-Süd-Länge von weniger als 40 km und eine Ost-West-Breite von ca 20 bis 30 km, ist nicht tragfähig. Letztere Angabe trifft zwar zu, wenn man die Breite, wie es nahe liegt, von Westen nach Ostsüdost misst (während eine Messung von Westen horizontal nach Osten deutlich mehr als ca 35 km ergäbe). Misst man dann aber im rechten Winkel hierzu die Länge des Landkreises von Südsüdwest nach Nordnordost, so ergeben sich hier deutlich mehr als 40 km, zum Teil sogar Entfernungen von mehr als 70 km. Ist mithin der Ausgangspunkt des Beklagten - und zugleich auch des LSG, das die vom Beklagten angegebenen Maße in seinem Urteil wiederholt hat - nicht tragfähig, so fehlt es an der erforderlichen Grundlage für die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung, wie die Klägerin zutreffend beanstandet.

22

Für die vom Beklagten vorzunehmende Neubeurteilung der Frage der Großräumigkeit des Landkreises L. weist der Senat darauf hin, dass manches dafür spricht, ihn als großräumig zu beurteilen, womit dann die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen gemäß § 24 Buchst a BedarfsplRL möglich wird. Die Erteilung solcher Sonderbedarfszulassungen ist immer dann zu ermöglichen, wenn dies zur Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten erforderlich ist, dh wenn sonst unter Umständen inakzeptable Versorgungslücken festgeschrieben würden:

23

Der Senat hat im Rahmen eines Rechtsstreits um die Erteilung einer Ermächtigung für MRT-Leistungen ausgeführt, dass Patienten bei solchen allgemeinen Leistungen nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19; - anders bei sog spezialisierten Leistungen: "spezielle Leistungen mit geringer Nachfrage", was auf psychotherapeutische Leistungen nicht zutrifft, aaO RdNr 19 am Ende). In diesem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Senat bei einer Entfernung von 30 km zwischen zwei Praxen die Prüfung für erforderlich gehalten hat, ob eine Überschneidung der Einzugsbereiche möglich ist: Dies impliziert, dass das Leistungsangebot einer Praxis nicht ohne Weiteres 30 km weit reicht (siehe BSG vom 17.10.2007, BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 2 iVm 22, 24). Ferner ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Senats (Instituts-)Ermächtigungen nur eine begrenzte örtliche Reichweite haben, nämlich die Leistungserbringung nur solcher weiteren Einrichtungen mitabdecken, die mit dem (Zentral-)Institut hinreichend räumlich verbunden sind; wofür eine Entfernung von 35 bis 40 km zu groß ist (so BSG vom 21.6.1995, SozR 3-2500 § 118 Nr 2 S 8 f betreffend Außenstelle in R. mit organisatorischer Anbindung an Klinik in L.).

24

Insbesondere in Anknüpfung an die Entscheidung, dass Patienten im Bereich allgemeiner Leistungen - dazu gehören gleichermaßen MRT- wie psychotherapeutische Leistungen - nicht auf Versorgungsangebote verwiesen werden dürfen, die mehr als 25 km entfernt sind (so zur Ermächtigung: BSG vom 19.7.2006, SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 19), muss dann, wenn Versorgungsangebote unter Umständen mehr als 25 km entfernt sind, die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen möglich sein: Damit wäre es unvereinbar, bei dem allgemeinen Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL eine Großräumigkeit zB erst bei einer Ausdehnung des Landkreises von 80 km anzuerkennen. Denn dann könnten in Landkreisen geringerer Ausdehnung keine Sonderbedarfszulassungen nach § 24 Buchst a BedarfsplRL erteilt werden. Dadurch bestünde die Gefahr, Versorgungslücken etwa im allgemein-medizinischen Bereich nicht beheben zu können. Das Belassen derart ausgedehnter Versorgungsdefizite wäre damit unvereinbar, dass der Versorgungsanspruch der Versicherten es grundsätzlich erfordert, Versorgungslücken ggf durch Sonderbedarfszulassungen zu schließen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; siehe aber auch die Begrenzungen gemäß BSG aaO RdNr 19 bis 22, ua mit dem Hinweis auf die Alternative der Erteilung von Ermächtigungen an Krankenhausärzte).

25

Diese Vorgaben sind bei der Beurteilung der Großräumigkeit zu beachten. Sie dienen der Realisierung des Versorgungsanspruchs der Versicherten und sind somit vorrangig gegenüber anderen Auslegungsgesichtspunkten. So ist nicht entscheidend, was der G-BA bzw sein Rechtsvorgänger - der Bundesausschuss der Ärzte und KKn - sich möglicherweise bei Schaffung des Sonderbedarfstatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL unter dem Merkmal großräumig vorgestellt hatte. Unmaßgeblich ist auch ein Durchschnittsvergleich dahingehend, ob die Ausdehnung des Landkreises größer oder kleiner als der Durchschnitt der Landkreise des Bundeslandes oder der Bundesrepublik Deutschland ist. Sollten die dargestellten Vorgaben zum Ergebnis führen, dass in einem Bundesland eine Vielzahl von Landkreisen als großräumig zu qualifizieren ist, so ist das hinzunehmen. Das entspricht auch den Tendenzen der kommunalen Neugliederung vor allem in dünn besiedelten Flächenländern; das Land Mecklenburg-Vorpommern weist heute nur noch sechs Landkreise auf.

26

bb) Der Beklagte hat des Weiteren auch bei der Subsumtion unter den Begriff "lokaler Sonderbedarf" den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt. Der lokale Sonderbedarf muss nach dem Kontext des § 24 Buchst a BedarfsplRL in einem Teil des großräumigen Landkreises bestehen. Hierzu enthält der angefochtene Bescheid - insoweit folgerichtig, da der Beklagte die Großräumigkeit des Landkreises verneinte - keine Ausführungen. Ist aber die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen, so ist das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs zu prüfen. Hierzu ist auf Folgendes hinzuweisen:

27

Nicht tragfähig wäre es, einen lokalen Versorgungsbedarf mit der globalen Erwägung zu verneinen, die überwiegende Zahl der Einwohner habe nur relativ kurze Entfernungen - nämlich deutlich weniger als die oben angesprochenen 25 km - bis zu einer Stadt mit umfassender ärztlicher und psychotherapeutischer Versorgung. Eine Verweisung auf eine (angeblich) umfassende Versorgung ist auch im Falle größerer Zentren zu pauschal. Ein Erfahrungssatz, jede der vom Beklagten benannten Städte halte für jeden Versorgungsbereich Versorgungsangebote vor und jeder Versicherte könne in zumutbarer Weise dorthin gelangen, besteht nicht. Vielmehr muss das Vorliegen ausreichender und zumutbar erreichbarer Versorgungsangebote konkret ermittelt und festgestellt werden, dabei ist zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren. So ist im vorliegenden Fall zu klären, ob und inwieweit für die Einwohner im Einzugsbereich von S. ausreichende und ausreichend nahe Versorgungsangebote im Psychotherapiebereich vorhanden sind oder ob Versorgungslücken bestehen. Dabei ist es den Zulassungsgremien überlassen, ob sie - zugunsten von mehr Sonderbedarfszulassungen - über das notwendige Minimum an Versorgung hinausgehen wollen und auch dann, wenn in einer anderen, ausreichend nah gelegenen Stadt ein an sich gerade noch ausreichendes Versorgungsangebot besteht und in zumutbarer Weise erreichbar ist, in jeder weiteren größeren Stadt die wichtigsten Fachgebiete eigenständig vertreten sehen wollen (zu diesem Beurteilungsspielraum vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 26).

28

Nicht tragfähig wäre es auch, die Ermittlungen und Feststellungen zum Versorgungsbedarf nur auf die "überwiegende" Zahl der Einwohner auszurichten (so aber die Diktion im Bescheid aaO). Dem Versorgungsanspruch der Versicherten ist nicht schon dann Genüge getan, wenn deren überwiegende Anzahl ihn realisieren kann. Vielmehr steht der Versorgungsanspruch jedem einzelnen Versicherten zu.

29

Bei dem dargestellten Gebot, zwischen den verschiedenen Versorgungsbereichen zu differenzieren und für den konkret betroffenen Versorgungsbereich das Vorliegen ausreichender Versorgungsangebote zu ermitteln und festzustellen, ist zu beachten, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Dies entspricht der unterschiedlichen Wesensart dieser Verfahren, die sich in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung und Indikation ausdrückt (zB bei spezifischen Phobien im Regelfall Verhaltenstherapie und nicht analytische Psychotherapie; dagegen bei umfassenderen Störungen vor dem Hintergrund frühkindlicher Belastungen, wie zB Persönlichkeitsstörungen, bevorzugt analytische Psychotherapie). Das Vorliegen verschiedener Versorgungsangebote ergibt sich aber auch aus den einschlägigen rechtlichen Regelungen der §§ 13 ff Psychotherapie-Richtlinie(Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie idF vom 19.2.2009, in Kraft seit dem 18.4.2009, veröffentlicht im BAnz Nr 58 vom 17.4.2009, S 1399 ). In diesen Bestimmungen wird unterschieden zwischen einerseits den Behandlungsformen analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die als psychoanalytisch begründete Verfahren zusammengefasst sind (s § 13 Satz 2 Nr 1 und § 14 iVm §§ 14a, 14b PsychThRL), und andererseits der Verhaltenstherapie (§ 15 PsychThRL). In § 16 PsychThRL ist zudem bestimmt, dass psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie nicht kombinierbar sind. Diese Trennung wird dadurch vervollständigt, dass eine gegenseitige Behandlungsergänzung durch die Möglichkeit, im Bedarfsfall einen Patienten an einen anderen Behandler zu überweisen, weder in den PsychThRL noch in der Psychotherapie-Vereinbarung (zuletzt geändert am 30.10.2007, DÄ 2007, A 3431) vorgesehen ist (insoweit anders im ärztlichen und im zahnärztlichen Bereich: § 24 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 27 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen, § 10 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 14 Abs 8 Bundesmantelvertrag-Ersatzkassen-Zahnärzte). Handelt es sich mithin bei den psychoanalytischen und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote, so ist bei einem Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung der dementsprechende spezifische Bedarf zu ermitteln: So sind im Falle eines psychoanalytisch ausgerichteten Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung die Versorgungsangebote speziell im Bereich der psychoanalytisch begründeten Verfahren festzustellen; Angebote für Verhaltenstherapie sind außer Betracht zu lassen.

30

Mit dieser Aufgliederung in einen Versorgungssektor psychoanalytisch begründeter Verfahren und einen davon getrennten Bereich Verhaltenstherapie wird das aufgegriffen und fortgeführt, was der G-BA bereits ausdrücklich für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie klargestellt hat: Er hat diesen als gesonderten Versorgungsbereich qualifiziert. Hierzu finden sich in der PsychThRL allerdings nur schwach ausgeprägte Ansätze (s § 18 Nr 3 und 4 im Gegensatz zu Nr 1 und 2 PsychThRL). Der G-BA hat aber § 24 Buchst b BedarfsplRL im Jahr 2007 neugefasst und dabei einen Satz 3(heute: Satz 4) eingefügt, nach dem die Berufsbezeichnung Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut mit einer Schwerpunktbezeichnung im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung gleichgestellt ist (Änderung der BedarfsplRL vom 13.9.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326, und DÄ 2008, A 415). Infolgedessen stellt der Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie einen eigenen Versorgungsbereich dar, für den im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist. Einem solchen Sonderbedarfsantrag können nur Versorgungsangebote speziell im Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie entgegengehalten werden.

31

Die Herausstellung einerseits der psychoanalytisch begründeten Verfahren und andererseits der Verhaltenstherapie - und ebenso der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie - als jeweils gesonderte Versorgungsbereiche spiegelt das hohe Gewicht wider, das der Senat bereits in seinen Urteilen vom 28.10.2009 diesen Basis-Behandlungsformen beigemessen hat. In diesen Entscheidungen ist ausgeführt, dass diese Behandlungsverfahren ein zentrales Element im Rahmen der Integration der psychotherapeutischen Versorgung in das System des Vertragsarztrechts zum 1.1.1999 waren: Der Gesetzgeber hat zugrunde gelegt, dass sie theoretisch fundiert und in der Praxis hinreichend bewährt sind; sie sind kraft Gesetzes seit 1999 als Gegenstand der psychotherapeutischen Versorgung anerkannt. Ihre Qualität und Wirksamkeit ist nicht (erneut) rechtfertigungsbedürftig, bei ihnen ist auch kein Raum für eine Überprüfung anhand der Anforderungen der §§ 8 ff der Verfahrensordnung des G-BA(vgl zu alledem Urteile vom 28.10.2009, BSG SozR 4-2500 § 92 Nr 8, RdNr 25 f, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen, und BSG SozR 4-2500 § 95c Nr 3 RdNr 33 f; - vgl § 17 PsychThRL zur Bewertung neuer Psychotherapieverfahren und -methoden).

32

Bei der Prüfung, ob in dem einschlägigen Versorgungsbereich - hier: psychoanalytisch begründete Verfahren in der Erwachsenentherapie - ausreichende Versorgungsangebote vorliegen oder ein Sonderbedarf besteht, ist schließlich zu beachten, dass die Patienten entgegen der Annahme des LSG nicht ohne Weiteres darauf verwiesen werden können, andere Psychotherapeuten leisteten in ihrer Praxis täglich nur zwischen zwei und vier Therapiestunden und hätten also noch freie Behandlungskapazitäten (so aber das LSG-Urteil). Diese sind ohne Bedeutung, wenn es sich lediglich um potenzielle, nicht aber um reale Versorgungsangebote handelt. Solange diese Leistungserbringer nicht tatsächlich zu weiteren Versorgungsleistungen bereit sind, kann auf sie nicht verwiesen werden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 17). Ein reales Versorgungsangebot ergibt sich schließlich auch nicht aus der Einrichtung eines Anrufcenters, wie dies zB in Baden-Württemberg besteht und bei dem freie Therapieplätze abgefragt werden können; diese Einrichtung dient nur dem leichteren Auffinden etwaiger freier Therapieplätze, sie impliziert nicht automatisch, dass es auch solche Plätze gibt.

33

Verwiesen werden könnte dagegen auf etwaige im dortigen Einzugsgebiet befindliche Institute gemäß § 117 Abs 2 SGB V, soweit diese zur Erbringung von Leistungen analytischer oder tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ermächtigt sind(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18 am Ende und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 19 am Ende). Dabei muss aber konkret ermittelt und festgestellt werden, dass noch freie Versorgungskapazitäten im Bereich psychoanalytisch begründeter Verfahren bestehen.

34

Die hier dargestellten Maßgaben sind allesamt bei der Prüfung des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs zu beachten. Zu dessen Prüfung besteht allerdings nur dann Anlass, wenn die Großräumigkeit des Landkreises zu bejahen ist (hierzu oben aa). Dabei muss dann auch allen übrigen Anforderungen an die Bedarfsermittlung Rechnung getragen werden, wie diese in der bisherigen Rechtsprechung herausgestellt worden sind. Dies bedeutet, dass die Psychotherapeuten im Einzugsbereich, die die Kompetenz zu psychoanalytisch begründeten Verfahren haben, nach ihren Leistungsangeboten, freien Kapazitäten und Wartezeiten zu fragen sind, und deren Angaben anhand von Anzahlstatistiken verifiziert werden müssen (zu den Ermittlungsanforderungen einschließlich der Bestimmung des Einzugsbereichs anhand der Frage, welche Wege zum Erreichen eines Versorgungsangebots zumutbar sind, siehe BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7 RdNr 15 f und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 15 f iVm 18).

35

c) Schließlich ist der Sonderbedarfstatbestand des § 24 Buchst a BedarfsplRL zum lokalen Sonderbedarf nicht etwa seit den Änderungen des SGB V vom 22.12.2006 (BGBl I 3439) und der BedarfsplRL vom 13.3.2008 (BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 S 1950 und DÄ 2008, A-1518, in Kraft seit 4.6.2008) gegenstandslos oder funktionslos geworden. Der Auftrag in § 100 Abs 3 SGB V an die Landesausschüsse ist darauf gerichtet, in nicht bzw noch nicht unterversorgten Planungsbereichen die Anerkennung "zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs" zu ermöglichen, wobei die gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3a SGB V vom G-BA festgelegten allgemeinen Voraussetzungen(hierzu siehe § 34a - insbes Abs 6 - BedarfsplRL) zu prüfen sind. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass diese Neuregelungen, durch welche die Möglichkeit der Anerkennung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs in einem nicht unterversorgten Planungsbereich geschaffen worden ist, das Weiterbestehen des - unveränderten - Tatbestandes des § 24 Buchst a BedarfsplRL in Frage gestellt haben könnten. Der lokale Sonderbedarf und der zusätzliche lokale Sonderbedarf sind auf unterschiedliche Konstellationen ausgerichtet. Der lokale Sonderbedarf ist darauf gerichtet, in Bereichen überversorgter und für weitere Zulassungen gesperrter Planungsbereiche, im Falle lokaler Unterversorgung weitere Zulassungen zu ermöglichen. Die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs soll ermöglichen, Instrumentarien wie zB die Zahlung von Sicherstellungszuschlägen gemäß § 105 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V, die sonst nur in Bereichen zur Anwendung kommen, die nach den Bedarfsberechnungen insgesamt gesehen unterversorgt sind, auch in einem nicht insgesamt unterversorgten Planungsbereich anzuwenden(s hierzu BT-Drucks 16/2474 S 23 f). Insofern trifft die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Beschreibung zu, dass das bereits bestehende Instrument der Sonderbedarfszulassung zur Deckung eines lokalen Versorgungsbedarfs durch die Regelungen über die Behebung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs ergänzt wird (so BT-Drucks 16/2474 S 24). Im Übrigen hat der G-BA den Fall zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs - nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten - für den Bereich S. im Landkreis L. bisher auch nicht festgestellt.

36

2. Das Begehren der Klägerin, als Psychologische Psychotherapeutin mit Sitz in der Stadt S. zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen zu werden, ist auch mit Blick auf den weiteren Sonderbedarfstatbestand des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Hiernach ist ein besonderer Versorgungsbedarf in einem Bereich erforderlich, "wie er durch den Inhalt des Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschrieben ist" (§ 24 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL).

37

In § 24 Buchst b Satz 3 BedarfsplRL ist als (nähere) Voraussetzung normiert, "dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung stehen [dürfen] und dass der Arzt die für den besonderen Versorgungsbedarf erforderlichen Qualifikationen durch die entsprechende Facharztbezeichnung sowie die besondere Arztbezeichnung oder Qualifikation nachweist". Eine mögliche Leistungserbringung in Krankenhäusern bleibt dabei außer Betracht (früher Buchst b Satz 3, bzw Satz 4 seit dem 22.12.2007, BAnz Nr 239 vom 21.12.2007, S 8326 = DÄ 2008, A 415, bzw Satz 5 seit dem 19.6.2010, BAnz Nr 89 vom 18.6.2010, S 2133 = DÄ 2010, A 1422).

38

Wie der Senat in seinen Urteilen vom 17.10.2007 und vom 2.9.2009 ausgeführt hat, kann die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung, besondere Fachkunde näher umschrieben wird, Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hat dies für den ärztlichen Bereich bereits ausgeführt: Diese Begriffe des § 24 Buchst b BedarfsplRL entsprechen nicht mehr bzw jedenfalls nicht mehr durchgängig denen der heutigen Weiterbildungsordnungen (WBOen) der Landesärztekammern, seitdem diese ihre WBOen an die Neufassung der Muster-WBO vom 20. bis 23.5.2003 (106. Deutschen Ärztetag) angepasst haben (zur Muster-WBO s DÄ 2003, A 1516). So sind zB nach der Neufassung der WBO Nordrhein außer Facharzt- und Schwerpunktbezeichnungen auch Zusatzbezeichnungen vorgesehen (vgl dazu BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 14). Die Subsumtion unter das Erfordernis einer besonderen Qualifikation, das in § 24 Buchst b BedarfsplRL mit den Begriffen Schwerpunkt, fakultative Weiterbildung oder besondere Fachkunde umschrieben wird, ist auch (erst recht) im Bereich der Psychotherapie nicht einfach. Die Begriffsbildungen der BedarfsplRL, die auf den ärztlichen Bereich zugeschnitten sind (vgl BSG USK 2007-95 S 602), können auf Psychotherapeuten von vornherein nur entsprechend angewendet werden (vgl § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V und § 1 Abs 3 Nr 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Eine entsprechende Anwendung hat der Senat bereits früher im Falle von "Versorgungsdefizite[n] hinsichtlich der in den PsychThRL beschriebenen Behandlungsformen" in Betracht gezogen - ohne dies damals entscheiden zu müssen - (so BSG USK 2007-95 S 602). Dies aufgreifend und fortführend - zugleich anknüpfend an obige Ausführungen (oben RdNr 29) - misst der Senat den psychoanalytisch begründeten und den verhaltenstherapeutischen Behandlungsverfahren je eigenständige Bedeutung entsprechend einem Schwerpunkt im Sinne des § 24 Buchst b BedarfsplRL zu, wie dies durch die im Jahr 2007 eingefügte Regelung(damals Satz 3, heute Satz 4) bereits für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie normiert hat (hierzu vgl oben RdNr 30).

39

Hiervon ausgehend ist auch der Tatbestand des § 24 Buchst b BedarfsplRL näher zu überprüfen. Da die analytisch begründete Psychotherapie einem Schwerpunkt im Sinne dieses Sonderbedarfstatbestandes gleichsteht, sind speziell bezogen auf diesen Versorgungsbereich die Angebote für psychotherapeutische Verfahren im Raum S. festzustellen, und dem Bedarf an solchen Behandlungen ist die Nachfrage gegenüberzustellen. Dabei sind auch alle weiteren Maßgaben zu beachten, die oben dargestellt worden sind, wie zB auch die Überprüfung eventueller Wartezeiten usw (vgl oben RdNr 32 bis 34).

40

3. Führt die sonach erforderliche neue Überprüfung dazu, dass ein lokaler Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst a und/oder ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne von § 24 Buchst b BedarfsplRL gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint und für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht. Hierzu wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Urteile des Senats vom 2.9.2009 verwiesen (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22 und 33, und BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Sollte zur Bedarfsdeckung eine dieser Anforderungen nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung nur die Erteilung von Ermächtigungen in Betracht kommen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33).

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an die Klägerin neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb werden die vorinstanzlichen Urteile und der Bescheid des Beklagten aufgehoben und dieser verpflichtet, über den Widerspruch der Beigeladenen zu 1. gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbs 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 iVm § 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte trägt als Unterlegener die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten von Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.

Die Beigeladene zu 1. trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7., die sie selbst tragen.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung in dem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich B.

2

Der Kläger ist psychologischer Psychotherapeut. Er arbeitet seit 2009 ohne eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung freiberuflich in eigener Praxis im B. Bezirk F.-K. (Ortsteil F.). Gesetzlich versicherte Patienten behandelt er dort im Kostenerstattungsverfahren. Der Planungsbereich B. ist für die Gruppe der Psychotherapeuten wegen Überversorgung gesperrt.

3

Im Mai 2011 beantragte der Kläger, der psychotherapeutische Leistungen im Bereich der Verhaltenstherapie anbietet, eine Sonderbedarfszulassung als psychologischer Psychotherapeut. Die Bewilligung von Psychotherapien im Kostenerstattungsverfahren durch die Krankenkassen belege eine generelle wohnortnahe Unterversorgung mit Psychotherapie und eine b. weite Unterversorgung mit speziellen psychotherapeutischen Angeboten. Es bestehe sowohl ein lokaler wie ein qualitativer Versorgungsbedarf. Zwar sei B. unter Berücksichtigung der Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie (Bedarfsplanungs-RL) überversorgt. Dem liege jedoch der Umstand zugrunde, dass sich die Bedarfsplanung auf die Zahl der gegen Anfang der 1990er zugelassenen Psychotherapeuten beziehe und den damaligen Status festschreibe, damit jedoch in keiner Weise den realen Versorgungsbedarf in der Stadt widerspiegele. Ein besonderes Problem stelle die sexualtherapeutische Versorgung dar, die er im Schwerpunkt durchführe. Forschungsergebnisse bestätigten hier die Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Behandlungskonzepte. Ein weiterer Tätigkeitsschwerpunkt sei die psychotherapeutische Behandlung onkologischer Patienten, die einen besonderen Kenntnisstand bezogen auf onkologische Erkrankungen voraussetze. Zur weiteren Begründung bezog sich der Kläger ua auf zahlreiche Bescheide, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung durch die Krankenkassen bewilligt worden waren. Ferner verwies der Kläger auf die Schreiben von Patienten, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren dem Antrag Stellungnahmen ua von Kollegen beigefügt, in denen lange Wartezeiten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

4

Mit Beschluss vom 10.8.2011/Bescheid vom 21.10.2011 lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte und Psychotherapeuten (ZA) den Antrag des Klägers ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch einschließlich eines Antrags auf reguläre Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung wies der Beklagte mit Beschluss vom 22.2.2012/Bescheid vom 16.4.2012 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung werde abgelehnt, weil für psychologische Psychotherapeuten Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs 1 Satz 2 SGB V angeordnet seien. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Psychotherapeutensitzes (Sonderbedarfszulassung) seien ebenfalls nicht gegeben. Für einen lokalen Bedarf im Bezirk F.-K. sei auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nichts ersichtlich. Selbst wenn es zutreffend wäre, dass es zu längeren Wartezeiten für die Aufnahme psychotherapeutischer Behandlungen gekommen sei, ergebe sich daraus kein lokaler Sonderbedarf, denn ein solcher folge nicht aus Anfragen an bestimmte Behandler, sondern aus objektiven Gegebenheiten. Angesichts einer Überversorgung von 158 % im Bezirk F.-K. spreche nichts für einen lokalen Sonderbedarf. Die bloße Behauptung eines Sonderbedarfs ohne konkrete entsprechende Anhaltspunkte gebe keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.

5

Ein besonderer Versorgungsbedarf iS des § 24 Buchst b Bedarfsplan-RL-Ärzte scheide bereits deshalb aus, weil kein durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung umschriebener besonderer Versorgungsbedarf vorliege. Als Gründe für einen besonderen Versorgungsbedarf kämen allenfalls innerhalb eines Planungsbereichs bestehende Versorgungsdefizite hinsichtlich der in den Psychotherapie-Richtlinien beschriebenen Behandlungsformen der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie oder der Verhaltenstherapie in Frage. Dass ein solches Defizit im Bereich der verhaltenstherapeutischen Behandlung bestehe, habe der Kläger nicht behauptet und auch nicht belegt. Die Behandlung des von ihm beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz könnte zwar ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstellen; sie sei aber nicht Gegenstand einer besonderen Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinien-Verfahren beschrieben werde. Auch die Voraussetzungen einer Ermächtigung nach § 31 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) seien nicht erfüllt, weil weder eine Unterversorgung bestehe oder drohe noch ein zu deckender zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf feststellbar sei.

6

Das SG hat den Beschluss des Beklagten aufgehoben und diesen verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Sonderbedarfszulassung unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu entscheiden (SG-Urteil vom 23.4.2014). Zwar bestehe ein lokaler Sonderbedarf nicht. Bei der Prüfung des besonderen Versorgungsbedarfs nach § 24 Abs 1 Buchst b Bedarfsplanungs-RL sei der Beschluss des Beklagten jedoch beurteilungsfehlerhaft, weil der Sachverhalt bezogen auf die Versorgungssituation bezüglich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie in B. hätte ermittelt werden müssen. Insbesondere hätte eine repräsentative Befragung von Vertragspsychotherapeuten mit diesem Richtlinienverfahren erfolgen müssen.

7

Die dagegen eingelegte Berufung der zu 1. beigeladenen Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat das LSG Berlin (Urteil vom 27.4.2016) mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen habe. Streitgegenstand sei nur noch ein Anspruch des Klägers auf Neubescheidung im Hinblick auf einen möglichen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf. Soweit das SG einen lokalen Sonderbedarf ausgeschlossen habe, habe der hierdurch belastete Kläger kein Rechtsmittel eingelegt. Insoweit sei das Urteil des SG rechtskräftig. Der Beschluss des Beklagten entspreche nicht den in der Rechtsprechung zur Prüfung eines Sonderbedarfs entwickelten Vorgaben. Danach müssten die Zulassungsgremien ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gründen. Ihnen obliege es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und ihre Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, zu verifizieren. Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe, stünden den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie könnten die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen. So könne eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf bestehe. Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte könnten auch auf die bei den Ärzten bestehende Wartezeiten ausgerichtet sein. Wenn die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis kämen, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben sei, so bedürfe es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheine sowie, ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs erstrecke und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreiche. Diesen Vorgaben werde der angefochtene Beschluss des Beklagten nicht gerecht. Ein besonderer Versorgungsbedarf im Bereich des Richtlinienverfahrens Verhaltenstherapie lasse sich für den Zulassungsbezirk und Planungsbereich B. nach dem derzeitigen Sachstand nicht ausschließen. Der Beklagte habe zu Unrecht angenommen, dass es wegen des hohen Versorgungsgrades in B. keiner weiteren Ermittlungen zur Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs im Bereich der Verhaltenstherapie bedürfe. Der zum Teil außerordentlich hohe Anteil von psychotherapeutischen Praxen in B. mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, wie er sich aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage vom 17.4.2012 ergebe (BT-Drucks 17/9329 S 12 ff), belege den vom Senat aus einer Reihe von Verfahren gewonnenen Eindruck, dass gerade in dieser Fachgruppe zahlreiche zugelassene Leistungserbringer ihrem Versorgungsauftrag nicht in vollem Umfang entsprächen. Anlass zu weiteren Ermittlungen des Beklagten gebe auch die hohe Zahl der in Form von Kostenerstattungsverfahren bewilligten, vom Kläger zu erbringenden Verhaltenstherapien.

8

Dagegen wendet sich die zu 1. beigeladene KÄV mit ihrer Revision. Das LSG verkenne, dass auch die Sachverhaltsermittlung unter die ausschließliche Beurteilungsprärogative der handelnden Behörde falle. Der Beklagte verfüge auf der Basis vorangegangener Verfahren und der bekannten Versorgungsgrade über eine hinreichende Kenntnis der ambulanten Versorgungssituation. Angesichts eines eklatant hohen Versorgungsgrades im Planungsbereich B. von rechnerisch mehr als 180 % habe keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden. Eine ergänzende Amtsermittlung wäre unter diesen Umständen reine Förmelei. Das LSG habe auch die Bedeutung der Antragsbegründung für den Umfang der Amtsermittlung verkannt. Aufgabe der Zulassungsgremien sei es, den behaupteten Sachverhalt zu überprüfen. Der Antragsteller habe den ungedeckten Bedarf an Psychotherapieleistungen im Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie schlicht behauptet, ohne dies hinreichend zu begründen. Im Übrigen habe der Gesetzgeber zuletzt mit der Änderung des § 103 SGB V durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz zum Ausdruck gebracht, dass ab einem Versorgungsgrad von mehr als 140 % ein Abbau der Versorgung zu erfolgen habe. Deshalb solle ein Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens bei Überschreitung eines Versorgungsgrades von 140 % grundsätzlich abgelehnt werden. Die Zulassungsgremien dürften darauf vertrauen, dass die Bedarfsplanung mit den ihr zugrundeliegenden Grundsätzen und Verhältniszahlen hinreichend Auskunft über die Versorgungslage gebe. Es sei nicht Aufgabe der Zulassungsgremien, losgelöst von der tatsächlichen Versorgungssituation und losgelöst von der Begründung des jeweiligen Antrags in Sonderbedarfszulassungsverfahren nach potentiellen Versorgungslücken zu forschen.

9

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. April 2016 und des Sozialgerichts Berlin vom 23. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Der Beklagte trägt - ohne einen Antrag zu stellen - vor, dass mit der Auffassung der Beigeladenen zu 1. davon auszugehen sei, dass aufgrund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen der regulären Zulassung und der Sonderbedarfszulassung aus dem entsprechenden Zulassungsantrag hervorgehen müsse, weshalb und wo eine Versorgungslücke bestehe, die durch Zulassung des Antragstellers geschlossen werden könne. Ein ohne nähere Begründung gestellter Antrag ziele letztlich darauf ab, den Zulassungsgremien die Prüfung zu übertragen, ob die in der Bedarfspl-RL vorgegebenen Verhältniszahlen zutreffend seien. Eine derartige Prüfung sei den Zulassungsgremien jedoch weder zugewiesen noch möglich. Die Richtlinien-Verfahren zur Behandlung von psychischen Störungen seien grundsätzlich als gleichwertig anzusehen. Ein Psychotherapeut mit dem Richtlinien-Verfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie könne die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln. Deshalb könnten dem Zulassungsantrag keine konkreten Anhaltspunkte zur Ermittlung des Versorgungsbedarfs entnommen werden. Angesichts des hohen Grades der Überversorgung habe sich dem Beklagten auch nicht "aufgedrängt", dass es einen Personenkreis gebe, der gerade und ausschließlich durch Verhaltenstherapie therapiert werden möchte und der keinen entsprechenden Therapieplatz erhalte. Feststellungen zum Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen im Sinne der verschiedenen Richtlinie-Verfahren ließen sich kaum treffen, weil die Unterschiede regelmäßig auf der Anbieterseite, weniger aber auf der Nachfrageseite bestünden. Patienten suchten eher therapeutische Hilfe und weniger ein bestimmtes Verfahren. Der Behandlung sexueller Präferenzstörungen entspreche keine spezifischen Qualifikation, wie sie in § 37 Bedarfspl-RL beschrieben sei. Es sei grundsätzlich Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bzw der entsprechenden Landesgremien, die Versorgungsnotwendigkeiten allgemein zu definieren und insbesondere auf Landesebene in den einzelnen Zulassungsbezirken zu beschreiben. Eine allgemeine Kontrolle der dabei erzielten Ergebnisse stehe den Zulassungsgremien nicht zu. Ihre Aufgabe sei es lediglich, im Einzelfall auf der Grundlage von §§ 36, 37 BedarfsplRL von diesen Planungen nicht erfasste einzelne Versorgungslücken zu schließen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Dem Gesetz sei kein statistischer Versorgungsgrad zu entnehmen, bei dessen Überschreitung Sonderbedarfszulassungen nicht mehr möglich wären. Mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz habe der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Sonderbedarfszulassung gestärkt. Ausschlaggebend für die Entscheidung über den Antrag auf Sonderbedarfszulassung sei nicht der generelle Versorgungsgrad, sondern das Ergebnis der Ermittlungen zur tatsächlichen Versorgungslage. Angaben über die Zahl der im Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte könne unter diesen Umständen allenfalls indizielle Bedeutung zukommen. Ausschlaggebend könne nicht ein potenzielles, sondern nur ein reales Versorgungsangebot sein. Der Beklagte habe seine Entscheidung letztlich ausschließlich auf den statistischen Versorgungsgrad in B. gestützt und keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen, anhand derer er sich ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betreffenden Planungsbereich hätte machen können. Die Auffassung des Beklagten, dass er keinen hinreichend substantiierten Antrag gestellt habe, sei unzutreffend. Der Beklagte überspanne die Begründungsanforderungen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der beigeladenen KÄV hat keinen Erfolg. Das LSG hat den beklagten Berufungsausschuss zu Recht zur Neubescheidung verurteilt. Der Bescheid des Beklagten, mit dem der Antrag des klagenden Psychotherapeuten auf Sonderbedarfszulassung abgelehnt worden ist, ist rechtswidrig. Der beklagte Berufungsausschuss hätte vor seiner Entscheidung Ermittlungen zu der Frage durchführen müssen, ob in B. (Planungsbereich) ein Versorgungsdefizit bezogen auf das vom Antragsteller angebotene Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie besteht.

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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf eine qualifikationsbezogene (Sonderbedarfs-)Zulassung nach § 37 BedarfsplRL(entsprechend § 24 Buchst b BedarfsplRL aF). Das SG hat die Entscheidung des Beklagten mit der Maßgabe aufgehoben, dass ein lokaler Sonderbedarf nach § 36 Abs 4 Satz 3 BedarfsplRL(§ 24 Buchst a BedarfsplRL aF)nicht bestehe und dass der Beklagte deshalb allein über das Bestehen eines besonderen Versorgungsbedarfs bezogen auf Therapieangebote im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie neu zu entscheiden habe. Dies hat der Kläger hingenommen. Das LSG hat diese Maßgabe aus dem Urteil des SG auch nicht geändert. Diese ist damit bindend geworden (vgl BSG Urteil vom 18.8.2010 - B 6 KA 14/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 15; BSG Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 27/06 R - SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 22 f, jeweils mwN; allgemein zur Bindungswirkung bei Bescheidungsurteilen vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl 2017, § 141 RdNr 11a).

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2. Gesetzliche Grundlage für die vom Kläger begehrte ausnahmsweise Zulassung von Ärzten in Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V wegen Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat, ist § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V in der seit dem 1.1.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Danach beschließt der GBA in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Die Ausnahmeregelung gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren die Berufsausübung nicht unverhältnismäßig beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99, Juris RdNr 10).

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Die konkreten Voraussetzungen für eine solche ausnahmsweise Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze hat gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V der GBA festzulegen. Gegen diese Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (stRspr, vgl BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 33; BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 13 RdNr 15; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19; BSG Urteil vom 4.5.2016 - B 6 KA 24/15 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 19 RdNr 25, auch zur Veröffentlichung für BSGE vorgesehen).

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a) Der GBA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch die BedarfsplRL nachgekommen. Maßgebend sind hier die §§ 36, 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Neufassung (vgl Abschnitt V des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013, BAnz AT 3.7.2013 B5) und nicht mehr § 24 Buchst a und b BedarfsplRL in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung, welcher - bei geänderter Bezifferung als § 36 Abs 1 Buchst a und b BedarfsplRL - bis zum 3.7.2013 unverändert fortgalt.

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Die Anwendung der genannten Neufassung der BedarfsplRL folgt daraus, dass für das Zulassungsbegehren des Klägers die Grundsätze über Vornahmeklagen anzuwenden sind. Danach sind grundsätzlich alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz und alle Rechtsänderungen bis zum Abschluss der Revisionsinstanz zu berücksichtigen (BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 25 mwN; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 mwN). Der Senat geht dabei - abweichend vom LSG - davon aus, dass die mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 (BAnz AT 31.12.2012 B7) eingeführte Übergangsregelung nach § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL hier keine Anwendung findet. § 63 Abs 5 Satz 1 BedarfsplRL bestimmt, dass für entsprechend der Ärzte-ZV ordnungsgemäß und vollständig gestellte Zulassungsanträge der Arztgruppen nach §§ 11, 12 und 13 Abs 1 Nr 1, 2 und 4, die vor den Beschlüssen des Landesausschusses nach § 63 Abs 2 und 3 BedarfsplRL gestellt worden sind, die BedarfsplRL 2007 weiter gilt. Die in Bezug genommenen Abs 2 und 3 des § 63 BedarfsplRL betreffen Beschlüsse, die der Landesausschuss nach § 103 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V zur Frage des Vorliegens von Überversorgung im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der durch das GKV-VStG geänderten Vorschriften zur Bedarfsplanung(geänderte Vorgaben zur Bildung von Planungsbereichen, Einführung eines Demographiefaktors, ua; vgl dazu auch die Tragenden Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie: Bedarfsplanung gemäß GKV-VStG vom 20.12.2012, geändert am 18.2.2013 und am 18.6.2013, S 26) erlässt. Sonderbedarfszulassungen sind nicht Gegenstand dieser Beschlüsse der Landesausschüsse. Die Voraussetzungen für Sonderbedarfszulassungen waren mit Beschluss des GBA vom 20.12.2012 auch noch nicht neu geregelt worden, sondern zunächst inhaltlich unverändert geblieben, sodass es einer Übergangsregelung nicht bedurfte. Dass die in § 63 Abs 5 BedarfsplRL getroffene Übergangsregelung zur Fortgeltung der BedarfsplRL 2007 nicht auf die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung bezogen werden kann, sondern dass insoweit die zum Zeitpunkt der Entscheidung jeweils geltende Fassung der BedarfsplRL maßgebend ist, wird schließlich durch die Präambel zum 8. Abschnitt der BedarfsplRL (vor § 36) aus dem Beschluss des GBA vom 20.12.2012 bestätigt. Danach gelten die hier (§§ 36 ff) eingefügten mit der BedarfsplRL 2007 inhaltsgleichen Regelungen zur Sonderbedarfszulassung "bis zur Neuregelung". Daraus kann im Umkehrschluss gefolgert werden, dass nach der Neuregelung zur Sonderbedarfszulassung, die erst mit Beschluss des GBA vom 16.5.2013 erfolgt ist, die neuen Vorschriften anzuwenden sind. Eine die Vorschriften zur Sonderbedarfszulassung betreffende Übergangsregelung ist auch in dem Beschluss vom 16.5.2013 nicht enthalten und eine solche war auch nicht erforderlich, weil damit keine Änderungen zum Nachteil der Antragsteller bezogen auf Sonderbedarfszulassungen eingetreten sind. Die Neuregelung mit Beschluss des GBA diente schließlich einer Umsetzung der Neufassung des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch das GKV-VStG, mit der die Regelungen zur Sonderbedarfszulassungen sprachlich präziser gefasst und erweitert werden sollten(BT-Drucks 17/6906 S 73 f; zu der Frage, ob damit überhaupt eine inhaltliche Änderung verbunden war vgl BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 33; kritisch dazu Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68; vgl auch ders, KrV 2014, 229, 239).

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b) Nach § 37 Abs 1, Abs 2 BedarfsplRL(in der ab dem 4.7.2013 geltenden Fassung) erfordert die Anerkennung eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation und die Prüfung und Feststellung eines entsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Gemäß § 37 Abs 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation iS von Abs 1 anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. Auch eine Zusatzweiterbildung oder eine Zusatzbezeichnung kann einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf begründen, wenn sie den vorgenannten Qualifikationen vom zeitlichen und qualitativen Umfang her gleichsteht. Ein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf kann auch bei einer Facharztbezeichnung vorliegen, wenn die Arztgruppe gemäß §§ 11 bis 14 BedarfsplRL mehrere unterschiedliche Facharztbezeichnungen umfasst.

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Der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche "Versorgungsbedarf" wird damit maßgeblich von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes bzw Psychotherapeuten her definiert. Dieser muss über eine Befähigung verfügen, wie sie durch die ärztlichen Weiterbildungsordnungen als "Schwerpunkt", "fakultative Weiterbildung" bzw "besondere Fachkunde" definiert wird. Wie der Senat bereits zu § 24 Buchst b BedarfsplRL 2007 entschieden hat, handelt es sich bei den psychoanalytisch begründeten Verfahren einerseits und der Verhaltenstherapie andererseits um unterschiedliche Versorgungsbereiche, für die im Falle eines Antrags auf Sonderbedarfszulassung eigenständig eine Bedarfsprüfung vorzunehmen ist(BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 30). Daran hat sich durch die Neufassung mit der Bedarfsplanungsrichtlinie nichts geändert. § 37 BedarfsplRL in der seit dem 4.7.2013 geltenden Fassung des Beschlusses des GBA vom 16.5.2013 richtet die besondere Qualifikation (nicht anders als § 24 Satz 1 Buchst b Satz 1 BedarfsplRL 2007) eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und - bei Psychotherapeuten - an den drei Richtlinienverfahren aus. Von seiner Ermächtigung in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V hat der GBA damit sachgerechten Gebrauch gemacht(BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 24).

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c) Bei der Konkretisierung und Anwendung der für die Anerkennung eines Sonderbedarfs maßgeblichen Tatbestandsmerkmale steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSG Urteil vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R - BSGE 86, 242, 250 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 34; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15; BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 18; BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16 RdNr 19). Ausschlaggebend für die Zuerkennung dieses Beurteilungsspielraums ist der Umstand, dass es sich bei den Zulassungs- und Berufungsausschüssen um sachverständige, gruppenplural zusammengesetzte Gremien handelt, die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen haben (vgl BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, 18).

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d) Auch bei Beachtung der nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfbarkeit von Entscheidungen über Anträge auf Sonderbedarfszulassung kann der angefochtene Bescheid des Beklagten keinen Bestand haben, weil die erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat. Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (§ 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, § 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL, vgl BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 19; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

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Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich die Zulassungsgremien bei der Entscheidung über Sonderbedarfszulassungen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen und ermitteln, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärzten aber nicht angeboten werden(BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18; BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38, jeweils mwN). Danach trifft die Zulassungsgremien die Pflicht zur umfassenden Ermittlung aller entscheidungserheblichen Tatsachen (§ 36 Abs 4 Satz 1 BedarfsplRL). Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist es nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig geboten, die bereits niedergelassenen Ärzte nach ihrem Leistungsangebot und der Aufnahmekapazität ihrer Praxen zu befragen (vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6). Diese Befragung hat sich mit Rücksicht auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V entsprechend der Zielrichtung von Sonderbedarfszulassungen grundsätzlich auf die gesamte Breite eines medizinischen Versorgungsbereichs (hier: Psychotherapie im Bereich Verhaltenstherapie) und nicht nur auf einzelne spezielle Leistungen zu erstrecken(vgl BSG Urteil vom 19.3.1997 - 6 RKa 43/96 - SozR 3-2500 § 101 Nr 1 S 6).

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Dabei dürfen sich die Sachverhaltsermittlungen typischerweise nicht in Befragungen der im Einzugsbereich tätigen Vertragsärzte erschöpfen, weil die Gefahr besteht, dass die Äußerungen der befragten Ärzte in starkem Maße auf deren subjektiven Einschätzungen beruhen und von deren individueller Interessenlage beeinflusst sein können (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19). Daher fordert der Senat in ständiger Rechtsprechung, dass die Zulassungsgremien die Antworten kritisch würdigen und sie objektivieren und verifizieren (vgl BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19, 22, 28; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 34/08 R - BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15, 31; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 28 mwN); auf jeden Fall sind die Aussagen der befragten Ärzte nicht ohne Weiteres als Entscheidungsgrundlage ausreichend (BSG Urteil vom 5.11.2008 - B 6 KA 56/07 R - BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 19).

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Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; für Ermächtigungen vgl: BSG SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 7 f; BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17 und 18)oder tatsächlich nicht in der Lage sind (vgl BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 38 mwN).

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e) Der Beklagte hat das Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs in dem angefochtenen Bescheid mit der Begründung verneint, dass der Kläger ein Defizit bezogen auf das Versorgungsangebot im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nicht behauptet und auch nicht belegt habe. Es werde nicht in Zweifel gezogen, dass die Behandlung des vom Kläger beschriebenen Klientenkreises mit sexuellen Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz ein besonderes Betätigungsfeld des Klägers darstelle. Bei der Qualifikation des Klägers in diesem Betätigungsfeld handele es sich aber nicht um eine besondere Fachkunde, wie sie durch ein Richtlinienverfahren beschrieben sei. Richtig an dieser Argumentation der Beklagten ist, dass sich § 37 Abs 2 BedarfsplRL bei der Definition der besonderen Qualifikation an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts und bei entsprechender Anwendung auf Psychotherapeuten(vgl § 1 Abs 3 BedarfsplRL) an den drei Richtlinienverfahren ausrichtet. Daraus folgt, dass besondere Qualifikationen, die nicht in Form einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung ihren Niederschlag gefunden haben, außer Betracht bleiben (BSG Urteil vom 13.8.2014 - B 6 KA 33/13 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 16; kritisch dazu: Pawlita in JurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 101 RdNr 68). Das hat der im gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Kläger auch nicht mehr in Zweifel gezogen. Im Verwaltungsverfahren hat er zwar den nach seiner Auffassung bestehenden besonderen Bedarf im Bereich der Behandlung sexueller Funktionsstörungen bzw Störungen der sexuellen Präferenz sowie der psychoonkologischen Versorgung in den Vordergrund gestellt. Er hat jedoch bereits dort einen Bezug zu dem von ihm angebotenen Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie hergestellt, und geltend gemacht, dass dieses besonders geeignet zur Behandlung der genannten Störungen sei. Einen ungedeckten Bedarf hat der Kläger ausdrücklich nicht nur im Bereich seiner Spezialisierung, sondern auch darüber hinaus insbesondere bezogen auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie geltend gemacht und zum Beleg auf zahlreiche Bescheide verschiedener Krankenkassen verwiesen, in denen Patienten die Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen durch ihn im Wege der Kostenerstattung bewilligt worden waren. Ferner hat er auf Schreiben von Patienten verwiesen, die erfolglose Anfragen bei Psychotherapeuten aufgelistet hatten, um damit gegenüber ihren Krankenkassen die Notwendigkeit einer Kostenerstattung zu begründen. Weiterhin waren seinem Antrag Stellungnahmen anderer Leistungserbringer beigefügt, in denen lange Wartezeiten von teilweise mehr als 6 Monaten für die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Erwachsenen in F.-K. bescheinigt wurden.

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Zwar trifft die Auffassung des Beklagten grundsätzlich zu, dass der Umfang der Ermittlungen auch durch die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung beeinflusst werden kann, weil der Antragsteller nach § 21 Abs 2 Satz 1 und 2 SGB X an der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken soll, insbesondere indem er ihm bekannte Tatsachen angibt. Die Zulassungsgremien sind also nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte für einen möglichen Sonderbedarf "ins Blaue" zu ermitteln. Hier überspannt der Beklagte die an die Antragsbegründung zu stellenden Anforderungen jedoch erheblich. Die eingehende Antragsbegründung des Klägers bietet ausreichend Ansatzpunkte für Ermittlungen zum Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs. Allein der Umstand, dass der im Verwaltungsverfahren noch nicht anwaltlich vertretene Kläger die Begründung des Antrags auf Sonderbedarfszulassung erkennbar in der Annahme formuliert hat, dass ein Sonderbedarf auch mit einem ungedeckten Bedarf speziell im Bereich sexualtherapeutischer und psychoonkologischer Behandlungsangebote begründet werden könne, entbindet den Beklagten nicht von seiner Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen.

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f) Soweit die Beigeladene zu 1. in der Revisionsbegründung geltend macht, dass angesichts eines "eklatant hohen Versorgungsgrades" im Planungsbereich B. von rechnerisch "mehr als 180 %" bzw "nahezu 200 %" keine Notwendigkeit für weitergehende Sachverhaltsermittlungen mehr bestanden habe, so ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte seine Entscheidung bezogen auf den qualifikationsbezogenen Sonderbedarf nicht unter Hinweis auf den hohen Versorgungsgrad, sondern allein unter Hinweis auf die aus seiner Sicht unzureichende Antragsbegründung abgelehnt hat. Auf den Versorgungsgrad ist der Beklagte in der Begründung des angefochtenen Bescheides allein im Zusammenhang mit der Frage eines "lokalen Versorgungsbedarfs" - und hier auch nur bezogen auf den Bezirk F.-K. eingegangen. Der Versorgungsgrad im Planungsbereich B. wird in der Begründung des Bescheides nicht genannt, sodass jedenfalls nicht erkennbar wird, ob und ggfs mit welcher Gewichtung der Beklagte diesen Gesichtspunkt bezogen auf die Frage des Vorliegens eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs berücksichtigt hat. Außerdem könnte aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht ohne Weiteres auf das Fehlen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs geschlossen werden. Das gilt auch bei Überschreitung der - für die Frage der Ausschreibung von Arztsitzen im Wege der Praxisnachfolge bedeutsame (§ 103 Abs 3a Satz 7 iVm Abs 1 Satz 3 SGB V) - Grenze von 140 %. Im Übrigen geht die zu 1. beigeladene KÄV nach dem Inhalt einer vom Kläger vorgelegten Mitteilung in Bezirken, in denen der regionale Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des Planungsbereichs B. liegt, auch bei einem Versorgungsgrad von über 140 % von einer zu geringen Arztdichte aus und führt dementsprechend Nachbesetzungsverfahren durch. Das wird auch von dem Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Im Bezirk F.-K., für den der Kläger die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung begehrt, liegt der Versorgungsgrad unter dem Durchschnitt des gesamten Planungsbereichs.

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Schließlich ist das Vorliegen von Überversorgung Voraussetzung dafür, dass die Regelungen zur Sonderbedarfszulassung überhaupt zur Anwendung kommen. Ausschlaggebend ist die Versorgung speziell im Bereich der besonderen Qualifikation (hier: Verhaltenstherapie), über die der Antragsteller verfügt. Deshalb kann allein aus einem bestimmten Grad der Überversorgung nicht unmittelbar auf das Fehlen eines Sonderbedarfs geschlossen werden (so ausdrücklich auch Wahrendorf, KrV 2014, 241, 244). Zu der hier maßgebenden Versorgung im Bereich der Verhaltenstherapie hat der Beklagte nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides keine Ermittlungen durchgeführt und keine Feststellungen getroffen.

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g) Ermittlungen zum Bedarf bezogen gerade auf das Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie sind entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht deshalb verzichtbar, weil die Richtlinienverfahren zur Behandlung psychischer Störungen grundsätzlich als gleichwertig anzusehen seien und weil ein Psychotherapeut mit dem Richtlinienverfahren tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie die vom Kläger in den Vordergrund gestellten sexuellen Präferenzstörungen ebenso erfolgreich behandeln könne wie ein Verhaltenstherapeut. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 23.6.2010 (B 6 KA 22/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 29 ff) im Einzelnen dargelegt, dass es sich bei den psychoanalytisch begründeten und dem verhaltenstherapeutischen Verfahren um unterschiedliche Versorgungsangebote handelt. Daran hält der Senat fest. Das schließt nicht aus, dass für dieselbe Art von Erkrankungen oder Störungen unterschiedliche Behandlungsansätze denkbar sind und dass in der Praxis für den gewählten Behandlungsansatz neben der Art der Erkrankung auch die Qualifikation des Behandlers Bedeutung gewinnt. Dies gilt indes nicht allein für unterschiedliche Behandlungsangebote im Bereich der Psychotherapie, sondern auch für die Behandlung somatischer Erkrankungen durch Ärzte mit unterschiedlicher Qualifikation. Daraus folgt jedoch nicht, dass Feststellungen zum Bedarf nicht getroffen werden könnten, weil die Unterschiede - wie der Beklagte meint - auf der "Anbieterseite" und nicht auf der "Nachfrageseite" bestünden. Hinweise zum Bedarf können insbesondere Wartezeiten für die Behandlung bei Ärzten oder Psychotherapeuten mit der entsprechenden Qualifikation entnommen werden (vgl zB BSG Urteil vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 20; BSG Urteil vom 2.9.2009 - B 6 KA 21/08 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSG Urteil vom 17.8.2011 - B 6 KA 26/10 R - SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 41; BSG Urteil vom 29.6.2011 - B 6 KA 34/10 R - SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 17). Gerade im Bereich der psychotherapeutischen Behandlungen kann zudem - wovon auch das LSG zutreffend ausgegangen ist - die Zahl bzw der Anteil der bewilligten Kostenerstattungen von Krankenkassen für bestimmte Richtlinienverfahren Hinweise auf einen ungedeckten Bedarf geben.

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h) Danach wird der Beklagte zur Umsetzung der og Vorgaben die niedergelassenen Psychotherapeuten im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region, die vom beantragten Ort der Niederlassung aus versorgt werden soll (vgl § 36 Abs 3 Nr 1 BedarfsplRL), vor einer erneuten Entscheidung unter Mithilfe der beigeladenen KÄV zu den bei ihnen für eine Verhaltenstherapie bestehenden Wartezeiten befragen müssen. Ferner wird die KÄV mitzuteilen haben, in welchem Umfang die niedergelassenen Psychotherapeuten ihren vollen oder (nach Maßgabe des § 19a Ärzte-ZV) hälftigen Versorgungsauftrag wahrnehmen, weil nur auf diese Weise das tatsächlich bestehende Versorgungsangebot im Bereich der Verhaltenstherapie ermittelt werden kann. Nur soweit die Psychotherapeuten auch tatsächlich psychotherapeutische Leistungen im Bereich des entsprechenden Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) im Umfang ihres (vollen oder halben) Zulassungsstatus anbieten, können aus dem Versorgungsgrad zuverlässige Hinweise auf die für den Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung maßgebende tatsächliche Versorgungslage abgeleitet werden.

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Weil auch die Zahl bzw der Anteil der im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V von den Krankenkassen übernommenen Psychotherapien wichtige Hinweise auf die tatsächliche Versorgungslage gibt, werden die beigeladenen Krankenkassenverbände dem Beklagten mitzuteilen haben, in welchem Umfang sie gegenüber Psychotherapeuten mit Sitz im Planungsbereich B. bzw in der maßgeblichen Region Kosten für Behandlungen im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nach § 13 Abs 3 SGB V erstatten.

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Maßgebend für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung erfüllt werden, ist die Versorgungslage im Bereich gerade des Richtlinienverfahrens, das der Kläger anbietet und damit hier der Verhaltenstherapie. Den Regelungen zur Sonderbedarfszulassung liegt erkennbar die Vorstellung zugrunde, dass der Bedarf in einem überversorgten Planungsbereich bezogen auf die jeweilige Arztgruppe iS des § 6 BedarfsplRL gedeckt ist und dass deshalb ein qualifikationsbezogener Sonderbedarf nur bezogen auf einzelne besondere Qualifikationen bestehen kann, die ihren Niederschlag in einer speziellen Weiterbildung oder Subspezialisierung nach der Weiterbildungsordnung gefunden haben. Das Instrument der Sonderbedarfszulassung zielt also nicht auf die Lösung systematischer Defizite in der Versorgung einer Region (so auch ausdrücklich die im Internet veröffentlichten Tragenden Gründe zum Beschluss des GBA über eine Änderung der BedarfsplRL vom 16.5.2013 S 8). Dem entsprechend geht der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei der Prüfung der Frage, ob im jeweiligen Planungsbereich eine ausreichende Anzahl von Ärzten einer bestimmten Arztgruppe für die ambulante Versorgung zur Verfügung stehen, die Angaben des Bedarfsplans zugrunde zu legen sind (bezogen auf die Erteilung einer Ermächtigung vgl BSG Urteil vom 19.7.2006 - B 6 KA 14/05 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 17; BSG Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 81/97 R - SozR 3-2500 § 97 Nr 2 S 6 f mwN). Deshalb kann einem Antrag auf Sonderbedarfszulassung in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich nicht mit der Begründung entsprochen werden, dass die Versorgung - hier bezogen auf Psychotherapien - generell und bezogen auf die gesamte Arztgruppe in quantitativ-allgemeiner Hinsicht nicht gedeckt sei.

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Andererseits kann der Anspruch auf die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung - auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Anforderungen, die an Einschränkungen der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG zu stellen sind - nicht von vornherein ausgeschlossen sein, wenn die vom Landesausschuss festgestellte Überversorgung die aktuelle Versorgungsrealität bezogen auf die für die Bedarfsplanung maßgebende Arztgruppe nicht in jeder Hinsicht zutreffend widerspiegeln sollte. Deshalb ist unerheblich, ob der ungedeckte Versorgungsbedarf auf den Bereich einer speziellen Qualifikation begrenzt werden kann. Schließlich sind die Regelungen zu Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung vom BVerfG auch deshalb als verhältnismäßig beurteilt worden, weil in gesperrten Planungsbereichen bei Vorliegen eines Sonderbedarfs ausnahmsweise Zulassungen erteilt werden können (vgl BVerfG Beschluss vom 27.4.2001 - 1 BvR 1282/99 - MedR 2001, 639, Juris RdNr 10). Bezogen auf die Gruppe der Psychotherapeuten ist dabei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass dem GBA mit der Einfügung eines § 101 Abs 1 Satz 7 SGB V durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz aufgegeben worden ist, "mit Wirkung zum 1. Januar 2017 die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Prüfung der Verhältniszahlen gemäß Absatz 2 Nummer 3 und unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu einer kleinräumigen Planung, insbesondere für die Arztgruppe nach Absatz 4" (Gruppe der Psychotherapeuten) zu treffen. Dieser Auftrag des Gesetzgebers ist bisher nicht umgesetzt worden. Zudem gibt es nach den Darlegungen des Klägers in der Begründung seines Antrags auf Sonderbedarfszulassung konkrete Hinweise nicht nur auf längere Wartezeiten, sondern auch auf die Übernahme psychotherapeutischer Behandlungen durch Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung in einer nicht geringen Zahl von Fällen. Wenn sich diese Angaben als Ergebnis der durchzuführenden Ermittlungen bestätigen sollten, würde dies darauf hinweisen, dass der Bedarf in der gesetzlich vorgesehenen Form als Sachleistung nicht mehr vollständig gedeckt werden kann und dass deshalb eine teilweise Verlagerung hin zu einem System der Kostenerstattung stattfindet. Unter diesen besonderen Umständen wäre - unter Berücksichtigung des Vorrangs der Sachleistung vor der Kostenerstattung - die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung im Bereich eines Richtlinienverfahrens (hier: Verhaltenstherapie) auch dann nicht ausgeschlossen, wenn im Bereich anderer Richtlinienverfahren ein vergleichbarer ungedeckter Bedarf bestünde.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Kostenpflicht des Beigeladenen zu 1. als erfolglosem Rechtsmittelführer beruht auf § 154 Abs 2 VwGO. Diese Regelung ist im Falle eines erfolglosen Rechtsmittels die allein maßgebliche Kostenvorschrift; § 154 Abs 1 VwGO findet daneben keine Anwendung(vgl BSG Urteil vom 6.5.2009 - B 6 KA 2/08 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 24). Daher ist in einem solchen Fall kein Raum für eine Kostenpflicht auch des Beklagten, der selbst kein Rechtsmittel eingelegt hat.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

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Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

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Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

39

Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

40

Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

41

4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

42

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Ambulanzen, Institute und Abteilungen der Hochschulkliniken (Hochschulambulanzen) sind zur ambulanten ärztlichen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen

1.
in dem für Forschung und Lehre erforderlichen Umfang sowie
2.
für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanz bedürfen,
ermächtigt. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 kann die ambulante ärztliche Behandlung nur auf Überweisung eines Facharztes in Anspruch genommen werden. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft vereinbaren die Gruppe derjenigen Patienten, die wegen Art, Schwere oder Komplexität der Erkrankung einer Versorgung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Sie können zudem Ausnahmen von dem fachärztlichen Überweisungsgebot in den Fällen von Satz 1 Nummer 2 vereinbaren. Wird eine Vereinbarung ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf der Vereinbarungszeit keine neue Vereinbarung zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Ist ein Vertrag nach Satz 3 zustande gekommen, können Hochschulen oder Hochschulkliniken zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten mit den Kassenärztlichen Vereinigungen im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich durch Vertrag Abweichendes von dem Vertrag nach Satz 3 regeln.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Ermächtigung der Hochschulambulanzen

1.
an Psychologischen Universitätsinstituten und
2.
an Universitätsinstituten, an denen das für die Erteilung einer Approbation als Psychotherapeut notwendige Studium absolviert werden kann,
im Rahmen des für Forschung und Lehre erforderlichen Umfangs sowie für solche Personen, die wegen Art, Schwere oder Komplexität ihrer Erkrankung einer Untersuchung oder Behandlung durch die Hochschulambulanzen bedürfen. Für die Vergütung gilt § 120 Abs. 2 bis 4 entsprechend.

(3) Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 28 des Psychotherapeutengesetzes sind zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, ermächtigt, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3a) Die folgenden Ambulanzen im Sinne des Absatzes 3 bedürfen abweichend von Absatz 3 einer Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss:

1.
Ambulanzen, die vor dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt wurden, aber noch keine Behandlungsleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht haben, weil das von ihnen angewandte psychotherapeutische Behandlungsverfahren noch nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt war, oder
2.
Ambulanzen, die nach dem 26. September 2019 nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung staatlich anerkannt werden.
Eine Ermächtigung ist auf Antrag zu erteilen,
1.
soweit sie notwendig ist, um eine ausreichende Versorgung der Versicherten, insbesondere in neuen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannten Psychotherapieverfahren, sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.

(3b) Ambulanzen an Einrichtungen, die nach Landesrecht für die Weiterbildung von Psychotherapeuten oder Ärzten in psychotherapeutischen Fachgebieten zugelassen sind, sind vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, zu ermächtigen,

1.
soweit die Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende psychotherapeutische Versorgung der Versicherten sicherzustellen, und
2.
sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.
Die Ermächtigung ist ohne Bedarfsprüfung zu erteilen, wenn die jeweilige Ambulanz bereits nach Absatz 3 oder Absatz 3a zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung ermächtigt war.

(3c) Für die Vergütung der in den Ambulanzen nach den Absätzen 3 bis 3b erbrachten Leistungen gilt § 120 Absatz 2 Satz 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass dabei eine Abstimmung mit Entgelten für vergleichbare Leistungen erfolgen soll. § 120 Absatz 3 Satz 2 und 3 und Absatz 4 Satz 1 gilt entsprechend. Die Ambulanzen sind verpflichtet, von der Vergütung, die sie von den Krankenkassen für die durch einen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden erbrachte Leistung erhalten, jeweils einen Anteil in Höhe von mindestens 40 Prozent an den jeweiligen Aus- oder Weiterbildungsteilnehmenden auszuzahlen. Sie haben die Auszahlung des Vergütungsanteils den Krankenkassen nachzuweisen. Die Ambulanzen haben der Bundespsychotherapeutenkammer die jeweils aktuelle Höhe der von den Aus- oder Weiterbildungsteilnehmern zu zahlenden Ausbildungskosten sowie des auszuzahlenden Vergütungsanteils, erstmalig bis zum 31. Juli 2021, mitzuteilen. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat eine bundesweite Übersicht der nach Satz 5 mitgeteilten Angaben zu veröffentlichen.

(4) Untersuchungs- und Behandlungsmethoden können Gegenstand des Leistungsumfangs der Hochschulambulanzen nach den Absätzen 1 und 2 sein, soweit der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c für die Krankenhausbehandlung keine ablehnende Entscheidung getroffen hat. § 137c Absatz 3 gilt entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beigeladenen zu 7. gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückge-wiesen, dass der Beklagte bei seiner Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten hat.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7. tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9.

Tatbestand

1

Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.

2

Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September 2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2. war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision - B 6 KA 37/09 R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.

3

Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden müssen.

4

Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.

5

Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10. - hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für eine Sonderbedarfszulassung sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie, dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL) - prüfen müssen.

6

Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt. Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten - bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.

7

Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.

8

Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.

9

Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet. Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten § 115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte. Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen (RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten, noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß § 115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen, weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt, auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß § 115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu 1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.

13

1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie, der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 103 Abs 1 und 2 SGB V angeordnet worden(siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75; 1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff, Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -> und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).

14

In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Nr 4, Nr 5 und des § 103 Abs 4, Abs 4a Satz 5 und Abs 7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst a bis e, § 25, § 26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11) . Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge (§ 103 Abs 4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§ 103 Abs 7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm §§ 24 bis 26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 und 5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).

15

Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht. Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).

16

2. Ein Sonderbedarf gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss, wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde beschrieben ist(vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des LSG beim Kläger zu 1. besteht.

17

Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist, kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des Klägers zu 1. verpflichtet.

18

a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu, in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18 zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).

19

b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen(s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).

20

Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung. Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).

21

c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß § 116 SGB V iVm § 31a Abs 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte<Ärzte-ZV> an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung - gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V iVm § 24 Abs 3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).

22

3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung, es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.

23

a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.

24

Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken(BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien, also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr 38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung - zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.

25

b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.

26

aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern … außer Betracht" bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben, dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß § 31 Abs 1 Buchst a Ärzte-ZV, § 116a, § 119a SGB V unberücksichtigt zu lassen(BSG aaO RdNr 18, 32 mwN).

27

Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden, als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von § 117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden. Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 33).

28

Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig sind. Die gemäß § 115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.

29

bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben, so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).

30

Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.

31

Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden. Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.

32

Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).

33

Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig wird.

34

c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.

35

In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008, BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt. Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: § 76 Abs 1 Satz 1 SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).

36

Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.

37

d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).

38

e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge eingehen.

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Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt. Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl § 103 Abs 4 Satz 5 SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§ 103 Abs 5 Satz 3 SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.

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Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den Kriterien des § 103 Abs 4 Satz 5, Abs 5 Satz 3 SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag, so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.

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4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.

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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1 und 3 iVm §§ 159, 162 Abs 3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§ 154 Abs 1 und 3 iVm § 159 Satz 1 VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.