Bundessozialgericht Urteil, 15. März 2017 - B 6 KA 22/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:150317UB6KA2216R0
bei uns veröffentlicht am15.03.2017

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21. Oktober 2015 und des Sozialgerichts München vom 28. März 2014 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 14. September 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2013 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Verlängerung der Genehmigung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyseleistungen in der Zweigpraxis in O. erneut zu bescheiden hat. Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass ihre Wirkungen mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2017, eintreten.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits für alle Rechtszüge mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. zu tragen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Anfechtung der Verlängerung einer Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen in O.

2

Die klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mit Sitz in I. im Allgäu betreibt an ihrem Hauptstandort ein Dialysezentrum und in dem 22 km von I. entfernten O., das in der Versorgungsregion dieser Praxis liegt, eine Zweigpraxis für nephrologische Sprechstunden ohne Dialyseleistungen. Sie hatte im Juni 2011 bei der beklagten KÄV die Genehmigung beantragt, dort auch Dialysen erbringen zu dürfen. Das hat die Beklagte abgelehnt; über die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung ist vom SG München noch nicht entschieden worden.

3

Die zu 1. beigeladene BAG betreibt in K. ca 60 km von O. entfernt - eine Dialysepraxis. Schon vor Inkrafttreten der Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) zum 1.7.2002 war sie berechtigt, in O. eine Nebenbetriebsstätte für Dialysen zu unterhalten. Nach Inkrafttreten der Regelung des BMV-Ä erteilte ihr die Beklagte die auf zehn Jahre befristete Genehmigung für diese Nebenbetriebsstätte, die am 8.5.2013 geendet hätte. Die Entscheidung der Beklagten vom 14.9.2012, diese Genehmigung antragsgemäß bis zum 8.5.2023 zu verlängern, ist Gegenstand des Verfahrens.

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Die Beklagte versteht die maßgebliche Regelung des Abs 3 des Anhangs 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä als Bestandsschutznorm und hatte auf den Antrag der Beigeladenen zu 1. lediglich festgestellt, dass durch die Zweigpraxis in O. eine wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseverfahren angeboten werde. In der schon bisher betriebenen Zweigpraxis in O. würden Patienten mit den Wohnorten O., F., B., S., B. und I. versorgt; die Beigeladene zu 1. betreue insgesamt mit Haupt- und Nebenbetriebsstätten ca 200 Patienten pro Jahr kontinuierlich.

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Den Widerspruch der Klägerin hielt die Beklagte für unbegründet, weil die Klägerin nicht anfechtungsberechtigt sei. Vor der zweiten Verlängerung der Genehmigung einer schon bestehenden Zweigpraxis finde eine Bedarfsprüfung nicht statt. Zu klären sei lediglich, dass in der bisherigen Zweigpraxis in O. Patienten aus dieser Region und nicht etwa nur Touristen versorgt würden. Das reiche für die Annahme einer "wohnortnahen Versorgung" der Versicherten aus.

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Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat die Auffassung des SG und der Beklagten geteilt, dass die Klägerin als Konkurrentin nicht berechtigt sei, die Verlängerung der Genehmigung der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. anzufechten. Die Entscheidung nach Abs 3 des Anhangs 9.1.5 ergehe bedarfsunabhängig. Eine Bedarfsprüfung erfolge anders als im Rahmen von § 6 Abs 3 der Anlage 9.1 zum BMV-Ä bei der Erteilung von Versorgungsaufträgen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis nicht. Eine Prüfung der Entscheidung der Beklagten in der Sache hat das LSG ausdrücklich nicht vorgenommen (Urteil vom 21.10.2015).

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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das Urteil des Bayerischen LSG beruhe auf der Verletzung von Bundesrecht. Entgegen der Auffassung des LSG sei sie berechtigt, die der Beigeladenen zu 1. erteilte Verlängerung der Genehmigung der Zweigpraxis anzufechten. Die Voraussetzungen, unter denen im vertragsärztlichen System nach der Rechtsprechung des BSG Dritte berechtigt sind, begünstigende Entscheidungen für Konkurrenten mit Rechtsmitteln anzugreifen, seien erfüllt. Hinsichtlich der Konkurrenzsituation in O. bedürfe das keiner näheren Darlegungen, weil sie mit ihrer Hauptpraxis in I. Patienten aus O. versorge, O. eindeutig in ihrer Versorgungsregion liege und sie im Übrigen das Angebot gemacht habe, in ihrer dort schon bestehenden Zweigpraxis ergänzend auch Dialyseleistungen zu erbringen. Die Konkurrenzsituation sei durch die Entscheidungen der Beklagten noch verschärft worden, ihren Antrag abzulehnen, obwohl O. zu ihrer Versorgungsregion gehöre, dem Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Verlängerung der Genehmigung für eine Zweigpraxis, die weit ab von der Versorgungsregion der Hauptpraxis liege, aber zu entsprechen. Entgegen der Auffassung des LSG werde durch die Genehmigung der Verlängerung der Beigeladenen zu 1. auch eine Verbesserung ihres vertragsärztlichen Status gewährt, die sie - die Klägerin - nicht hinnehmen müsse.

8

Der Antrag der Beigeladenen zu 1. hätte nach Abs 1 des Anhangs 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä behandelt werden müssen, weil Zweigpraxisgenehmigungen nur solchen Ärzten erteilt werden dürften, die in der Vergangenheit Leistungen der zentralisierten Heimdialyse erbracht hätten. Genehmigungen für Zentrumsdialysen seien von der Bestandsschutzregelung von vornherein nicht umfasst. Wenn also Zentrumsdialysen an einem anderen Standort als der Hauptpraxis erbracht werden sollten, müssten solche Anträge nach Abs 1 beurteilt werden. Die drittschützende Wirkung dieser Regelung habe das BSG mit Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - bereits klargestellt.

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Selbst wenn mit dem Bayerischen LSG davon ausgegangen würde, dass sich die befristeten Genehmigungen nach Abs 3 des Anhangs 9.1.5 auch auf Zentrumsdialysen bezögen, sodass diese Regelung grundsätzlich anwendbar sei, seien das Genehmigungserfordernis als solches und die dort vorgeschriebene Berücksichtigung der Versorgungssituation auch auf die Belange der Dialyseeinrichtung bezogen, in deren Versorgungsregion die projektierte oder schon bestehende Zweigpraxis liege. Es sei eindeutig, dass sich die Wendung "Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung" in Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 nicht darin erschöpfen könne, dass in der Zweigpraxis überhaupt Dialyseleistungen angeboten würden. Wenn das nicht mehr der Fall sei oder die qualitativen Voraussetzungen für Dialyseleistungen nicht mehr gegeben seien, müsse die Zweigpraxisgenehmigung zurückgenommen werden. Das Kriterium "Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung" müsse daher in Verbindung mit der jeweils auf zehn Jahre festgelegten Befristung der Genehmigung einen über die tatsächliche Behandlung der Patienten hinausgehenden Regelungsgehalt aufweisen, wenn es nicht überflüssig sein solle.

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Wenn sie zur Anfechtung der Entscheidung der Beklagten zugunsten der Beigeladenen zu 1. berechtigt sei, ergebe sich mehr oder weniger zwangsläufig, dass diese aufzuheben sei. Die Genehmigung leide an Verfahrensfehlern und sei im Übrigen auch materiell-rechtlich fehlerhaft. Die Beklagte habe es unterlassen, die Verbände der Krankenkassen (KK) in einer dem BMV-Ä entsprechenden Weise an der Entscheidung zu beteiligen. Das werde schon daran deutlich, dass der Antrag der Beigeladenen zu 1. von der Beklagten an die Arbeitsgemeinschaft der KK-Verbände in Bayern weitergeleitet worden sei, während ihr eigener Antrag nur an das AOK Dienstleistungszentrum Ärzte in A. weitergeleitet sei, was nicht begründbar sei. Im Übrigen habe die Beklagte ausdrücklich die Auffassung vertreten, sie müsse bei der Verlängerung einer Genehmigung kein Einvernehmen mit den Kassenverbänden einholen, bloße Information reiche aus. Deswegen fehle es jedenfalls an dem Einvernehmen mit den Kassenverbänden, was bereits zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führe.

11

Im Übrigen sei auch die Information der Kassenverbände im Hinblick auf den Antrag der Beigeladenen zu 1. lückenhaft, weil diesen nicht einmal mitgeteilt worden sei, dass O. in der Dialyseregion I. und damit in ihrer - der Klägerin - Versorgungsregion liege.

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Weiterhin habe sich die Beklagte nicht in angemessener Weise mit dem Tatbestandsmerkmal der "wohnortnahen Versorgung" im Bereich O. befasst und unterschiedliche Kriterien an die Annahme dieses Merkmals angelegt. Bei dem Antrag der Beigeladenen zu 1. habe sie das Merkmal der wohnortnahen Versorgung schon dadurch als erfüllt angesehen, dass der größere Teil der - insgesamt wenigen - Patienten in der bisherigen Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. aus dem Umfeld von O. und anderen Orten im Allgäu stamme, und nicht im Wesentlichen Urlauber dialysiert würden. Hinsichtlich ihres eigenen Antrags seien dagegen ganz andere Anforderungen an die Sicherung einer wohnortnahen Versorgung gestellt worden. Die Beklagte habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass sie - die Klägerin - noch über hinreichende Kapazitäten verfüge, auch in O. Dialyseleistungen anzubieten. Insoweit komme es auf eine potenzielle Konkurrenzsituation zwischen ihr und dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) Ob., das auch in O. Dialyseleistungen anbieten wolle, im Verhältnis zur Beigeladenen zu 1. jedenfalls nicht an.

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Im Übrigen fehlten Ausführungen der Beklagten zu den Kapazitäten insbesondere der Beigeladenen zu 1. sowie ihrer eigenen projektierten Einrichtung. Fest stehe wohl nur, dass die Beigeladene zu 1. in ihrer Zweigpraxis in O. elf Patienten betreut habe, wovon zwei österreichische Versicherte und daher vom Sicherstellungsauftrag der Beklagten nicht erfasst seien. Diese wenigen Patienten könnten nahtlos in ihrer Hauptstelle in I. oder - nach Erteilung der von ihr begehrten Genehmigung für eine Zweigpraxis - in O. von ihr betreut werden, sodass die Konzeption der Partner der Bundesmantelverträge von der Versorgungsverpflichtung innerhalb der jeweiligen Region ohne Weiteres eingehalten werden könnte. Selbst wenn ihre - der Klägerin - Patientenzahl über 100 ansteigen sollte, könne sie mit Hilfe eines weiteren Arztes auch diese Patientenzahl bewältigen. Im Übrigen hätte die Beklagte die Situation im MVZ in Ob. mitberücksichtigen müssen, das nach den eigenen Angaben in ihrem - der Klägerin - Klageverfahren beim SG München gegen die von ihr begehrte Zweigpraxisgenehmigung nicht ausgelastet sei. Es könne nicht sein, dass ihr als Praxis aus der Versorgungsregion O. eine Zweigpraxis dort mit dem Hinweis verwehrt würde, ein drittes MVZ, das auch innerhalb ihrer Versorgungsregion liege, sei nicht hinreichend ausgelastet, während eine versorgungsregionsfremde Praxis die Möglichkeit erhalte, eine relativ geringfügige Zahl von Patienten weiterhin über eine Zweigpraxis zu versorgen.

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Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.10.2015 und des Sozialgerichts München vom 28.3.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Verlängerung der Zweigpraxis in O. um weitere 10 Jahre abzulehnen,
hilfsweise,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.10.2015 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen mit der Maßgabe, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden,
höchsthilfsweise,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.10.2015 und des Sozialgerichts München vom 28.3.2014 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14.9.2012 zu verpflichten, über den Widerspruch der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

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Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie folgen der Auffassung des LSG dahin, dass die Klägerin nicht anfechtungsberechtigt sei, weil bei der Entscheidung nach Abs 3 Satz 2 und 3 des Anhangs 9.1.5 keinerlei Bedarfsprüfung durchzuführen sei, sodass der Status der von der Genehmigung begünstigten Beigeladenen zu 1. gegenüber demjenigen der Klägerin nicht nachrangig sei. Der Begriff der "Gewährleistung" sei nicht synonym für die im Vertragsarztrecht wiederholt verwendete Begrifflichkeit der "Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung" zu sehen, sondern impliziere lediglich, dass der Versorgungsauftrag erfüllt werde, und zwar ohne dass diesbezüglich Vorgaben dem Umfang nach bestünden. Entsprechend fehle die Anfechtungsberechtigung der Klägerin, sodass auf ihre Kritik an der angefochtenen Entscheidung in der Sache nicht einzugehen sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Diese ist berechtigt, die Entscheidung der beklagten KÄV, die der Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung für eine Nebenbetriebsstätte in O. bis zum 8.5.2023 zu verlängern, anzufechten. Die entsprechenden Bescheide der Beklagten halten einer gerichtlichen Prüfung nicht stand und sind deshalb aufzuheben, die Beklagte muss neu über den Antrag der Beigeladenen zu 1. entscheiden.

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1. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten ist Abs 3 des Anhangs 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä. Dort ist bestimmt, dass Ärzte, die vor dem Inkrafttreten der Vereinbarung (1.7.2002) mit Zustimmung der KÄV Leistungen der "Zentralisierten Heimdialyse" in einer Zweigpraxis erbracht haben, unter bestimmten Voraussetzungen für diese Einrichtung eine Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen mit Dialyse erhalten (Satz 1). Wenn diese Zweigpraxis nicht in der Versorgungsregion der Hauptpraxis liegt, wird eine befristete Genehmigung für die Dauer von zehn Jahren ab dem Inkrafttreten der Vereinbarung erteilt (Satz 2). Diese Genehmigung ist unter bestimmten - hier umstrittenen - Voraussetzungen um weitere zehn Jahre zu verlängern (Satz 3). Ungeachtet der Terminologie von "Anlage 9.1" und "Anhang 9.1.5" handelt es sich um Regelungen im Rang des BMV-Ä selbst, die auf der Grundlage der § 72 Abs 2, § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V von den Vertragspartnern auf Bundesebene vereinbart worden sind. Diese gesetzlichen Bestimmungen sind trotz ihrer Weite im Hinblick auf die Besonderheiten der Versorgung mit Dialyseleistungen und deren historischen Entwicklung eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung auch zur Regelung versorgungsplanerischer Aspekte. Das hat der Senat in seinen Urteilen vom 15.3.2017 - B 6 KA 18/16 R und B 6 KA 20/16 R - näher dargelegt. Darauf wird verwiesen, zumal die Beteiligten hier keine Zweifel an der Wirksamkeit der bundesmantelvertraglichen Bestimmungen geäußert haben.

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Die hier speziell maßgebliche Regelung in Abs 3 des Anhangs 9.1.5 war zunächst in Satz 4 enthalten; nach der Neufassung des Abs 3 zum 1.1.2014 findet sie sich in Satz 3. Soweit die Klägerin davon ausgeht, die in dieser Norm eröffnete Möglichkeit einer insgesamt zweimaligen Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen sei auf "limited care-Einheiten", also Angebote der zentralisierten Heimdialyse, beschränkt und erfasse Zentrumsdialysen von vornherein nicht, ist der Vorschrift eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Zwar beschreibt Abs 3 Satz 1 den Kreis der berechtigten Leistungserbringer dahin, dass es sich um Ärzte handelt, die "vor dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung … Leistungen zur 'Zentralisierten Heimdialyse' in einer Zweigpraxis … erbracht haben". Für welche Dialyseangebote indessen diesem Kreis von Leistungserbringern eine Zweigpraxisgenehmigung außerhalb der eigenen Versorgungsregion erteilt werden kann, folgt aus den nachfolgenden Regelungen. Dort ist in Satz 3 davon die Rede, dass "unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren" zu prüfen ist, ob die Zweigpraxis eine wohnortnahe Versorgung gewährleistet. Das zwingt zu der Annahme, dass die verschiedenen Dialyseverfahren einschließlich der Zentrumsdialyse, die die Anwesenheit eines Arztes in der Praxis erfordert, auch in einer Zweigpraxis angeboten werden dürfen, deren rechtliche Basis insgesamt die Übergangsregelung des Abs 3 ist.

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Nach Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 ist eine ursprünglich auf zehn Jahre befristete Zweigpraxisgenehmigung um weitere zehn Jahre unter zwei unterschiedlichen Voraussetzungen zu verlängern. Wenn die Zweigpraxis nicht in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, hat die KÄV die Genehmigung ohne weitere Prüfung zu verlängern. Befindet sich die Zweigpraxis jedoch - wie hier - in der Versorgungsregion einer anderen Praxis, besteht der Anspruch auf Verlängerung nur, "wenn ein Jahr vor Fristablauf festgestellt wird, dass die Zweigpraxis die wohnortnahe Versorgung … gewährleistet". Diese Vorschrift hat (auch) die Belange der Praxis aus der jeweiligen Versorgungsregion im Blick und hat insoweit auch drittschützenden Charakter. Die Betreiber dieser Praxis können deshalb berechtigt sein, eine zugunsten des Inhabers einer Hauptpraxis aus einer anderen Versorgungsregion ergangene Verlängerungsentscheidung der KÄV anzufechten.

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2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 17; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 17) erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung "anzufechten". Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde in der Sache zutrifft. Eine Berechtigung eines Vertragsarztes, eine zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidung anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), besteht nur dann, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten und (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird, sowie (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist (stRspr, vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2). Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen (so BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 40/14 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 19; Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 7 sowie Urteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 18/16 R, ebenfalls zu Dialyseleistungen).

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a. Diese Anforderungen sind hier zu Gunsten der Klägerin erfüllt. Auch wenn die Beklagte der Beigeladenen zu 1. keinen neuen Status verliehen, sondern nur (erneut) eine Genehmigung für eine Zweigpraxis erteilt hat, ist eine Anfechtungsberechtigung nicht ausgeschlossen. Der Senat hat bereits entschieden, dass sowohl die Erteilung von Dialyseversorgungsaufträgen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis (§ 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä) wie die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung dort (§ 4 Abs 3 iVm Abs 1 Anhang 9.1.5) im Hinblick auf die Besonderheiten der Versorgungsplanung bei Dialyseleistungen statusähnlichen Charakter haben und dem Begünstigten nicht nur einen weiteren Leistungsbereich eröffnen (Urteil vom 11.2.2015, SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 30). Insoweit gilt etwas anderes als für die Genehmigung einer Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, die unabhängig von bedarfsplanerischen Erwägungen erteilt wird (zuletzt dazu Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 37/14 R - SozR 4-5520 § 24 Nr 12 RdNr 22). Auch die Verlängerung einer bereits erteilten und genutzten Zweigpraxisgenehmigung für Dialysen hat in diesem Sinne statusähnlichen Charakter; unter diesem Aspekt gelten dieselben Grundsätze wie bei der Anfechtung von Ermächtigungsentscheidungen (§ 116 SGB V) der Zulassungsgremien. Ob die erstmalige Erteilung einer Ermächtigung oder deren weitere Verlängerung durch einen konkurrierenden Vertragsarzt angegriffen wird, ist für die Anfechtungsberechtigung selbst ohne Bedeutung.

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b. Die dargestellten Grundsätze zur defensiven vertragsärztlichen Konkurrentenklage sind hier der Prüfung zugrunde zu legen, obwohl aus der Perspektive der Klägerin manches dafür spricht, dass bezogen auf O. als Standort für eine Dialyse-Zweigpraxis die Konstellation konkurrierender Angebote um eine nur einmal zu vergebende Begünstigung vorliegen könnte (offensive Konkurrentenklage). Ein Jahr vor dem Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Verlängerung der Genehmigung ihrer Zweigpraxis hatte die Klägerin beantragt, ihr eine Genehmigung für eine Zweigpraxis in O. zu erteilen. Das hat die Beklagte - nach der Darstellung der Klägerin - wegen fehlenden Bedarfs abgelehnt und dabei offenbar ua sowohl auf das MVZ in Ob. wie auf die Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. verwiesen. Wären der Verlängerungsantrag der Beigeladenen zu 1. und der Erstantrag der Klägerin rechtlich gleichrangig, läge es nahe, dass die Klägerin der Beigeladenen zu 1. gegenüber zu bevorzugen wäre, weil O. in der Versorgungsregion ihrer Hauptpraxis in I. liegt. Die Beklagte hat ihre Entscheidungen indessen - folgerichtig nach ihrer Rechtsauffassung - darauf gestützt, dass der Anspruch der Beigeladenen zu 1. auf Verlängerung unabhängig von einer Bedarfslage besteht und sich nach einer Norm ohne drittschützenden Charakter beurteilt. Die Richtigkeit dieser Auffassung kann die Klägerin nur gerichtlich überprüfen lassen, wenn sie nach den vom Senat zur defensiven Konkurrentenklage entwickelten Grundsätzen anfechtungsberechtigt wäre. Ihr eigenes, potenziell auszuweitendes Versorgungsangebot hat auf dieser Prüfungsstufe (noch) keine Bedeutung.

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c. Die Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung sind hier erfüllt. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. bieten identische Leistungen an und konkurrieren im Allgäu und speziell in der Region um O. um dieselben Patienten. Das stellen auch weder das LSG noch die Beteiligten in Frage. Umstritten ist allein, ob über die Fortführung der statusähnlichen Position der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. für weitere zehn Jahre nur unter Berücksichtigung des Leistungsangebotes der Klägerin entschieden werden darf. Das ist entgegen der Auffassung des LSG der Fall.

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Der drittschützende Charakter des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 zu Anlage 9.1 BMV-Ä folgt aus dessen Wortlaut sowie dem systematischen Verhältnis der beiden Entscheidungsvarianten je nachdem, ob die Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen (Haupt-)Praxis liegt oder nicht. Wenn die Entscheidung der KÄV über eine weitere Verlängerung der Genehmigung um zehn Jahre (auch) von diesem Umstand abhängt, müssen das Angebot und die Auslastung der in der Versorgungsregion gelegenen Hauptpraxis Bedeutung für die Prüfung der KÄV haben. Es ist nämlich fernliegend anzunehmen, die KÄV müsse bei Zweigpraxen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis nur prüfen, ob dort überhaupt eine wohnortnahe Versorgung stattfindet. Wenn ein ursprünglich genehmigter Standort einer Nebenbetriebsstätte für Dialysen überhaupt nicht mehr genutzt wird, fehlt mutmaßlich das rechtliche Interesse, von der KÄV eine Verlängerung der Genehmigung zu erhalten.

26

Auch die Vorstellung der Beigeladenen zu 1., die KÄV müsse allein prüfen, ob die Versorgung wohnortnah erfolge, trifft jedenfalls dann nicht zu, wenn damit gemeint ist, ob tatsächlich nur Patienten mit Hauptwohnsitz im engeren Einzugsbereich der Zweigpraxis versorgt werden. Warum die Versorgung von niereninsuffizienten Patienten, die im Allgäu eine Ferienwohnung unterhalten oder auch nur Urlaubswochen dort verbringen, während ihres Aufenthaltes in O. nicht (auch) wohnortnah sein kann, leuchtet nicht unmittelbar ein. Dialysezweigpraxen in typischen Ferienregionen stellen keine Fehlentwicklung dar, sondern ermöglichen es den betroffenen schwerkranken Menschen überhaupt erst, Urlaubszeiten außerhalb ihres Hauptwohnortes zu verbringen. Bereits das erste Urteil des Senats vom 17.8.2011 - B 6 KA 26/10 R - (SozR 4-2500 § 101 Nr 11) zu Konkurrentenkonstellationen bei der Dialyse nach Inkrafttreten der Anlage 9.1 BMV-Ä betraf konkurrierende Angebote der sog Ferien-Dialyse auf der Insel Sylt. Soweit die jeweils nach der in Anlage 9.1 BMV-Ä in Bezug genommenen Qualitätssicherungsvereinbarung erforderlichen Zahlen von kontinuierlich vorsorgten Patienten je Praxis erreicht sind, kann jedenfalls nicht generell maßgeblich sein, ob in diesen Zahlen auch Urlauber oder Nutzer von Zweitwohnungen in Urlaubsregionen enthalten sind.

27

Schließlich stellt Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 darauf ab, ob "die Zweigpraxis … die wohnortnahe Versorgung … gewährleistet". Die Bezugnahme auf die "Gewährleistung" hat nicht nur empirisch-tatsächlichen, sondern auch normativ-wertenden Charakter und enthält einen Bezug zur Sicherstellung der Versorgung. Dass lässt beispielhaft § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä erkennen. Danach ist ein Versorgungsauftrag in der Versorgungsregion einer anderen Praxis zu genehmigen, wenn "Gründe der Sicherstellung" das "erfordern". Das ist der Fall, wenn "die wohnortnahe Versorgung … gewährleistet werden muss". Zwar enthält § 6 Abs 3 mit der Wendung "gewährleistet werden muss" einen von Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 geringfügig abweichenden Wortlaut ("gewährleistet"), doch rechtfertigt das nicht die generelle Verneinung des drittschützenden Charakters der Vorschrift des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5. Ähnlich wie die Beurteilung eines Sicherstellungsbedarfs für zusätzliche Zweigpraxen nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 iVm Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5, die sich in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis befinden (dazu BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 39), erfordert auch die Beurteilung der "Gewährleistung" einer wohnortnahen Versorgung nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 eine Beurteilung der Versorgungssituation in der betroffenen Region. Allerdings sind die Anforderungen an die Feststellung der "Gewährleistung" niedriger als an die Bejahung der "Notwendigkeit" einer Zweigpraxis für Dialyse nach der Rechtsprechung des Senats. Ein reales Versorgungsdefizit, wie es Voraussetzung für die erstmalige Genehmigung einer Zweigpraxis ist, muss bei der auf übergangsrechtlichen Erwägungen beruhenden Verlängerung einer schon erteilten Genehmigung nicht festgestellt werden. Anderenfalls hätte es der Sonderregelung in Abs 3 Satz 3 für Zweigpraxen, deren Bedarf nie geprüft worden war, nicht bedurft. Die Beurteilung der "Gewährleistung" der wohnortnahen Versorgung ermöglicht der KÄV vielmehr eine umfassende Berücksichtigung aller relevanten Umstände, also etwa der Situation der (Haupt-)Praxen in der jeweiligen Versorgungsregion und deren Auslastung, den Patientenzahlen in der betroffenen Zweigstelle, der Erreichbarkeit der einzelnen Standorte und auch der Verkehrsverhältnisse. Die Entscheidung der KÄV nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 ist - anders als diejenige nach Abs 1 Buchst b Satz 2 - nicht in dem Sinne vorgeprägt, dass eine Genehmigung nicht in Betracht kommt, wenn die Umstände eine eindeutige Bejahung eines Versorgungsdefizites nicht zulassen. Die KÄV kann in die maßgebliche Abwägung, für die ihr ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zusteht (vgl BSG, aaO, RdNr 40), auch zukunftsbezogene Überlegungen einbeziehen, also etwa die kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Standorte, die ab dem endgültigen Ende einer umstrittenen Zweigpraxis, die offensichtlich unter Sicherstellungsaspekten nicht benötigt wird, für die Versorgung zur Verfügung stehen müssen. Ebenso ist eine Abwägung zwischen den Interessen der Hauptpraxen in der jeweiligen Versorgungsregion an einer stabilen wirtschaftlichen Auslastung und den Interessen der Versicherten an Versorgungsangeboten möglichst nahe an ihrem Wohnumfeld geboten. Da im Rahmen dieser Abwägung auch die Belange der Praxen in der Region, für deren Versorgung sie nach § 6 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 vorrangig verantwortlich und zuständig sind, einbezogen werden müssen, entfaltet die Regelung in Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 insoweit auch drittschützende Wirkung.

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d. Soweit das LSG seine abweichende Auffassung auch mit dem Hinweis begründet hat, durch den Verlängerungsanspruch hätten die Partner des BMV-Ä "gewachsenen Patientenbindungen" Rechnung tragen wollen, kann dem nur eingeschränkt gefolgt werden. Die Regelung in Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 ist zum 1.7.2009 eingefügt worden, um bei "im Rahmen der schon bestehenden Übergangsregelung erteilten Genehmigungen einer Zweigpraxis … eine weitere Verlängerungsmöglichkeit zu schaffen" (DÄ 2009, A-1476). Damit ist gerade keine voraussetzungslose Verlängerung um weitere zehn Jahre geschaffen, sondern bestimmt worden, dass eine weitere Genehmigung in Betracht kommt, auch wenn ggf die Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt sind, unter denen nach Abs 1 schon seit dem Inkrafttreten des Anhangs 9.1.5 im Mai 2003 Zweigpraxen für Dialyse unter Sicherstellungsaspekten erstmalig genehmigt werden können. Die Ergänzung des Abs 3 um Satz 3 zielt deshalb auf einen schonenden Ausgleich der Belange des Betreibers einer Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis mit den Interessen des Betreibers dieser Praxis an einer wirtschaftlich tragfähigen Auslastung und ggf auch an einer Ausweitung seines Angebotes in dieser Region. Dazu passt es systematisch, dass auch die zweite Verlängerung befristet ist, also nicht auf die dauerhafte Implementation eines standortbezogenen Angebotes zielt. Insoweit haben die Partner des BMV-Ä ein sinnvolles und in sich stimmiges Konzept verfolgt: Nach Ablauf von zehn Jahren ist die Versorgungslage bei Zweigpraxen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis zumindest umfassend zu prüfen, und nach weiteren zehn Jahren endet endgültig jede übergangsrechtliche Privilegierung von noch unter der alten Rechtslage (bis 30.6.2002) errichteten Nebenbetriebsstätten. Eine Garantie, einen unter Versorgungsaspekten überflüssigen Standort mit einer Zweigpraxis für Dialysen außerhalb der Versorgungsregion der eigenen Hauptpraxis zeitlich unbeschränkt fortführen zu können, haben die Vertragspartner zu keinem Zeitpunkt gegeben.

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e. Eine unzumutbare Belastung auch der Beigeladenen zu 1. ist mit der Prüfung von standortbezogenen Versorgungsaspekten nicht verbunden. Die weit ab von O. und I. gelegene Dialysepraxis der Beigeladenen zu 1. in K. hatte hinreichend Zeit, sich nach der ersten bedarfsunabhängigen Verlängerung bis 2012/2013 darauf einzustellen, dass jedenfalls im Hinblick auf die ihr bekannten konkurrierenden Angebote in der Versorgungsregion, zu der O. gehört, auf die relativ geringe Zahl von Behandlungsplätzen in ihrer Zweigpraxis ggf verzichtet werden muss. Wer auf der Grundlage einer nach unterschiedlichen Rechtsnormen ausgerichteten Befristung ein Versorgungsangebot macht bzw aufrechterhält, muss immer damit rechnen, dass dieses nach Ablauf der Frist nicht mehr mit Aussicht auf damit verbundene Gewinnerzielung fortgeführt werden kann. Auch insoweit gilt für 2013 nichts anderes als später für 2023 gelten würde.

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Die Auslastung der Klägerin, also die Frage, ob sie derzeit allein die elf Patienten aus der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. versorgen kann, hat für die Anfechtungsberechtigung der Klägerin keine Bedeutung (vgl Senatsurteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - RdNr 17). Dem ist erst nachzugehen, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung der KÄV in der Sache geprüft wird.

31

3. a. Die im Hinblick auf die Anfechtungsberechtigung der Klägerin gebotene Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verlängerung der Genehmigung für die Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. in O. ergibt deren Rechtswidrigkeit. Das folgt allerdings nicht - wie die Klägerin meint - schon daraus, dass die Beklagte nicht ordnungsgemäß das Einvernehmen mit den Verbänden der KKen nach Abs 1 Satz 2 Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä hergestellt hätte. Dabei kann offenbleiben, welche Anforderungen insoweit bei Entscheidungen nach der Übergangsregelung des Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 gelten, und ob diese mit den Vorgaben übereinstimmen, die der Senat im Urteil vom 11.2.2015 im Zusammenhang mit der erstmaligen Genehmigung einer Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis entwickelt hat (SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 41 ff). Die Klägerin könnte sich jedenfalls auf etwaige Fehler bei der Herstellung des Einvernehmens nicht berufen. Die dazu von den Partnern der Bundesmantelverträge vereinbarten Regelungen (§ 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 und Abs 1 Satz 2 Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1) dienen allein den Belangen der KKen und tragen deren Verantwortung für die Sicherung der Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen Rechnung. Diese Bestimmungen enthalten keinen Hinweis, dass sie auch den Interessen der ärztlichen Leistungserbringer im Bereich Dialyse zu dienen bestimmt sind. Diesen steht deshalb kein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass sich KÄV und KK-Verbände an die für das Verwaltungsverfahren nach der Dialyse-Vereinbarung geltenden Vorschriften zur Herstellung des Einvernehmens halten. Die Verfahrensregelungen zur Beteiligung der KKen an versorgungsbezogenen Entscheidungen im Bereich Dialyse (dazu näher BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34) dienen nur dem Ziel der Einbeziehung der KKen in die Verantwortung für eine flächendeckende Dialyseversorgung und nicht zugleich auch der Rücksichtnahme auf die Interessen von miteinander konkurrierenden Praxen.

32

Aus dem Senatsurteil vom 11.2.2015 (B 6 KA 7/14 R - SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5) zur Anfechtung der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialysen ergibt sich insoweit nichts anderes. Auch in diesem Rechtsstreit waren die Verbände der KKen beigeladen und zwischen ihnen und der beklagten KÄV war umstritten, ob bei einer nach der Auffassung des Senats erforderlich werdenden Neubescheidung durch die KÄV erneut das Verfahren der Einvernehmensherstellung durchzuführen ist, auch soweit die KÄV an ihrer ursprünglichen Einschätzung der Erforderlichkeit der dort umstrittenen Zweigpraxis festhalten würde. Das hat der Senat am Ende der einschlägigen Passage des Urteils verneint (aaO, RdNr 43 am Ende), und der Begründung dieses Ergebnisses dienten die Ausführungen unter d (RdNr 41). Der Senat stellt klar, dass die Ausführungen zu den Anforderungen einer korrekten Herstellung des Einvernehmens nur für die Gestaltung des (weiteren) Verwaltungsverfahrens und nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung der damals beklagten KÄV von Bedeutung waren.

33

b. Die Entscheidung der Beklagten ist jedoch rechtswidrig, weil diese sich - von ihrer Rechtsauffassung aus folgerichtig - mit der Versorgungslage in O. in keiner Weise auseinandergesetzt hat. Die Klägerin hat von Beginn des Verwaltungsverfahrens an vorgetragen, über hinreichende Kapazitäten zur Übernahme der bislang in der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. in O. versorgten Patienten zu verfügen, also im Rechtssinne noch nicht hinreichend ausgelastet zu sein. Da dem von keinem der Beteiligten entgegengetreten worden ist, sieht der Senat keinen Anlass, den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 SGG).

34

Auch der Aspekt, dass bei Entscheidungen nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 vermieden werden muss, dass Patienten aus einer seit vielen Jahren betriebenen Zweigpraxis nach dem Auslaufen der für diese Einrichtung erteilten Genehmigung auf unzumutbare Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Versorgungsalternative stoßen (dazu näher Senatsurteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 30/16 R), spielt hier jedenfalls bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beklagten keine gewichtige Rolle. Da sie alle in diesem Rahmen maßgeblichen Umstände überhaupt nicht geprüft hat, wäre die Verlängerung der Genehmigung nur rechtmäßig, wenn nach Lage der Dinge offensichtlich ausgeschlossen wäre, dass die Patienten aus der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. anderenorts zumutbar versorgt werden könnten. Dafür spricht nichts, zumal zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nur noch elf Patienten behandelt werden. Zudem wird diese Einrichtung wohl nur noch an einigen Tagen in der Woche betrieben, was eher dagegen spricht, dass die Zweigpraxis auf längere Sicht einen relevanten und unter Sicherstellungsaspekten für die Patienten einen, wenn nicht zwingend notwendigen, so doch förderlichen Beitrag zur wohnortnahen Versorgung leisten kann. Dem wird die Beklagte bei ihrer neuen Entscheidung näher nachzugehen und dabei auch den Antrag der Klägerin auf Genehmigung einer eigenen Nebenbetriebsstätte in O. zu berücksichtigen haben.

35

Wie bereits im Urteil vom 28.10.2015 (B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 47-48) modifiziert der Senat die Wirkung seiner Entscheidung über die Aufhebung der angefochtenen Bescheide dahin, dass diese nicht sofort mit der Rechtskraft dieses Urteils - also am Tag der Verkündung - eintritt. Die Beklagte muss Gelegenheit erhalten, zeitnah erneut über den Verlängerungsantrag der Beigeladenen zu 1. zu entscheiden; es trägt nicht zur Sicherung der kontinuierlichen Dialyseversorgung bei, wenn eine Nebenbetriebsstätte ohne Auslauffrist geschlossen würde, soweit nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass sie auch unter der gebotenen Berücksichtigung versorgungsbezogener Aspekte bis Mai 2023 rechtmäßig weiter betrieben werden kann. Die Frist bis Ende des Jahres 2017 ermöglicht der beklagten KÄV eine sachgerechte Entscheidung und gibt der Beigeladenen zu 1. Gelegenheit, sich auf eine Beendigung des Angebotes einzustellen und einen geordneten Übergang der Patienten in andere Praxen zu unterstützen.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.

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(1) Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge. (2)

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Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Oktober 2013 geändert, soweit auf die Berufung des Klägers festgestellt worden ist, dass sich der Bescheid vom 10. November 2008 erledigt hat. Die Berufung des Klägers wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. August 2010 mit der Maßgabe geändert, dass die Beklagte verurteilt wird, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. November 2008 zu entscheiden. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens je zu 1/3. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung zur Durchführung von Dialyseleistungen.

2

Die Beigeladene zu 1. ist eine zur vertragsärztlichen Versorgung in S zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von Fachärzten für Innere Medizin, zum Teil mit Schwerpunktbezeichnung Nephrologie. Sie führt in S an drei Standorten Dialyseleistungen durch.

3

Im August 2008 stellte die Beigeladene zu 1. einen Antrag auf Errichtung einer fachärztlich nephrologischen Zweigpraxis mit Dialyse am S-Krankenhaus, H straße 7 in
E In dem Schreiben wurde auch erwähnt, dass in unmittelbarer Nähe von ca drei Kilometern ein "kleines, nicht fachspezifisch nephrologisch geführtes Dialysezentrum" angesiedelt sei. Die Beklagte holte eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Rheinland-Pfalz ein, die die Dialyseeinrichtungen ihres nördlichen Bereiches und deren Versorgungsregionen sowie die Auslastung der Praxen mitteilte. Sodann wandte sich die Beklagte mit Hinweis auf die Stellungnahme der KÄV Rheinland-Pfalz und unter Übersendung des Antrags der Beigeladenen zu 1. an die Landesverbände der Krankenkassen (KK) mit dem Bemerken, sie befürworte den Antrag zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyse-Versorgung. Sollte bis zum 7.11.2008 keine Stellungnahme vorliegen, setze sie das Einverständnis zu dem vorliegenden Antrag voraus. Zwei Landesverbände (BKK und Landwirtschaftliche KK) befürworteten daraufhin ausdrücklich den Antrag, die übrigen Adressaten äußerten sich nicht. Mit Bescheid vom 10.11.2008 gab die Beklagte dem Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis zur Durchführung von Dialyseleistungen in der H straße 7 in E statt.

4

Gegen diesen Genehmigungsbescheid legte der Kläger, der seit 1983 als Facharzt für Innere Medizin in H zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und dort auch Dialyseleistungen erbringt, am 13.5.2009 Widerspruch ein. Er dialysiere zurzeit mehr als 30 Kassenpatienten; seine freien Kapazitäten lägen nach den gültigen Richtlinien bei über 60 Patienten. Tatsächlich erhielt der Kläger mit Bescheid vom 13.11.2008 die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags für eine angestellte Ärztin, Frau Dr. H, mit der er mittlerweile in einer BAG tätig ist.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.8.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil es an seiner Anfechtungsbefugnis fehle. Dem Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung hatte die Beklagte zuvor hinsichtlich der Dialyseleistungen bei Patienten, die bereits in der Hauptbetriebsstätte in S versorgt wurden, entsprochen. Das SG hat den Antrag der Beigeladenen zu 1., auch hinsichtlich der Dialysepatienten, die am 10.11.2008 noch nicht in ihrer Praxis in S versorgt wurden, die sofortige Vollziehung der Zweigpraxisgenehmigung anzuordnen sowie den Antrag des Klägers auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Beschluss vom 5.8.2010 - S 2 KA 308/10 ER - zurückgewiesen.

6

Mit Urteil vom 11.8.2010 hat das SG Düsseldorf die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags der Beigeladenen zu 1. verurteilt. Die Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen könne nur erteilt werden, wenn die projektierte Zweigpraxis nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liege, es sei denn, sie sei nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der KKn aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung notwendig. Hieraus ergebe sich für den Kläger ein Anspruch auf gerichtliche Nachprüfung, ob das in Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassenvertrag Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) normierte Verwaltungsverfahren korrekt durchgeführt worden ist. Das sei nicht der Fall gewesen. Es fehle jedenfalls an der einvernehmlichen Feststellung der Beklagten und der Krankenkassenverbände, ob die Einrichtung der in E projektierten Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig sei. Die Beklagte habe in ihrem Anschreiben an die Landesverbände vom 22.10.2008, mit denen diese um Stellungnahme zum Antrag auf Zweigpraxisgenehmigung gebeten worden seien, die Praxis des Klägers in H
mit keinem Wort erwähnt. Auf der Basis einer dergestalt unvollständigen Sachverhaltsermittlung hätten die Krankenkassenverbände aber keine sachgerechten Erwägungen über die Dialyseversorgung im Umkreis von E anstellen können.

7

Parallel zum anschließenden Berufungsverfahren haben der Kläger und die Beigeladene zu 1. sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschwerden gegen den Beschluss des SG Düsseldorf vom 5.8.2010 gewendet. Das LSG hat mit Beschluss vom 16.3.2011 den die sofortige Vollziehung der Zweigpraxisgenehmigung anordnenden Bescheid der Beklagten vom 3.8.2009 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der im Hauptsacheverfahren verfolgten Klage festgestellt. Der Kläger sei anfechtungsberechtigt. Im Hinblick auf den Zweck und den daran ausgerichteten Zuschnitt der Dialyseversorgungsregionen 6 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) bewirke eine in die Versorgungsregion eindringende "fremde" (Dialyse-)Zweigpraxis eine für die Berufsfreiheit des vorhandenen Arztes grundsätzlich relevante tatsächliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Auch liege ein faktisches Konkurrenzverhältnis vor, durch das der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten habe. Da die Genehmigung einer Dialysezweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis nur erfolgen dürfe, wenn die KÄV und die KKn die Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung für erforderlich hielten, bestehe eine Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits vorhandenen Dialyseeinrichtungen. Der Kläger könne daher die Genehmigung der Zweigpraxis mittels defensiver Konkurrentenklage abwehren. Der angefochtene Bescheid sei bereits deswegen formell fehlerhaft, weil er keine Begründung enthalte. Der Widerspruchsbescheid vom 25.8.2009 verhalte sich nur zur Frage der Anfechtungsbefugnis. Der angefochtene Bescheid sei auch materiell fehlerhaft. Er verstoße gegen Anhang 9.1.5 Abs 1 Buchst b Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä. Die projektierte Zweigpraxis liege in der dem Kläger zugewiesenen Versorgungsregion und das erforderliche Einvernehmen sei nicht wirksam hergestellt worden, weil die zugrundeliegende konkludente Zustimmung auf einem unvollständig unterbreiteten Sachverhalt beruht habe.

8

Mit Bescheid vom 27.6.2011 wurde der BAG des Klägers mit Frau Dr. H die Genehmigung für die Durchführung von Dialyseleistungen in der Zweigpraxis S straße 25 - 27 in
 W erteilt. Diese Genehmigung wurde mit Bescheid vom 4.9.2012 widerrufen, weil die Zweigpraxis nicht betrieben wurde. Mit Bescheid vom 27.3.2013 wurde dem Kläger die Genehmigung erteilt, am Standort "H str. 7, E" - mithin an dem Standort, für den auch der Beigeladenen zu 1. die Genehmigung erteilt wurde - Dialyse-Leistungen abzurechnen und durchzuführen. Diese Genehmigung hat die Beigeladene zu 1. angefochten. Bereits im Oktober 2011 hatte das S-Krankenhaus der Beigeladenen zu 1. mitgeteilt, dass es die potentiellen Räumlichkeiten nicht länger freihalten könne und von einer Kooperation Abstand nehme.

9

Die Beklagte richtete mit Schreiben vom 18.5.2011 erneut eine Anfrage an die Landesverbände der KKn, um das erforderliche Einvernehmen herzustellen. Darin wurde ausgeführt, dass die projektierte Zweigpraxis in die Versorgungsregion der Praxis des Klägers falle, die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu 91 % ausgelastet gewesen sei. Mittlerweile verfüge der Kläger über einen weiteren Versorgungsauftrag, der Auslastungsgrad der Praxis betrage 34 %. Die Praxis des Klägers liege 17 km von der projektierten Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. entfernt. Versicherte aus der ländlichen, bergigen Struktur der Region müssten zur Praxis des Klägers Fahrzeiten von mindestens 24 Minuten mit dem Auto bzw mindestens 39 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Kauf nehmen. Dies bedeute erhebliche zusätzliche Beschwernisse für die häufig immobilen Patienten, die diese Wege mehrmals wöchentlich zurücklegen müssten. Mit den jeweiligen Fahrten seien erhebliche Kosten für die Krankenkassen verbunden. Der Kläger befürchte, dass der Auslastungsgrad seiner Praxis weiter zurückgehe und sich die Beigeladene zu 1. neue Patientenkreise erschließen könnte. Bei der gebotenen Abwägung der Gesamtumstände sei zu berücksichtigen, dass die Regelungen zur Versorgung chronisch nierenkranker Patienten der wohnortnahen Versorgung gerade im Hinblick auf die besonderen Patienteninteressen ein hoher Stellenwert einräumen würden. Für die Neuerteilung von Versorgungsaufträgen sei ausdrücklich geregelt, dass die wohnortnahe Versorgung Vorrang vor der Forderung nach kontinuierlichen Versorgungsstrukturen habe. Dies gelte auch bei der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung. Angesichts der spezifischen örtlichen Gegebenheiten, der infrastrukturellen Voraussetzungen und der ungünstigen Verteilung der Dialysepraxen im R
Kreis werde die Einrichtung der Zweigpraxis zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung weiterhin für notwendig gehalten. Daraufhin erklärte die IKK, sie könne über die Notwendigkeit der Einrichtung einer Zweigpraxis keine Aussage treffen, die landwirtschaftliche KK bestätigte, dass sie schon im Jahr 2008 der Erteilung eines Versorgungsauftrags an die Beigeladene zu 1. zugestimmt habe, die Knappschaft schloss sich mit Mail vom 17.4.2012 der zustimmenden Stellungnahme der AOK, des Vdek und des BKK-Landesverbandes an.

10

Das LSG hat mit Urteil vom 9.10.2013 auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 erledigt habe und im Übrigen seine Berufung sowie die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen. Sein mit dem Hauptantrag verfolgtes Klageziel, den Bescheid vom 10.11.2008 in der Gestalt des ihm erteilten Widerspruchsbescheides vom 25.8.2009 im Rahmen einer Drittanfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG aufzuheben, könne der Kläger nicht mehr erreichen. Zwar sei seine Drittanfechtungsklage zulässig. Auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 16.3.2011 - L 11 KA 96/10 B ER - werde verwiesen. Allerdings habe sich der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2008 im Sinne des § 39 Abs 2 SGB X erledigt. Der Beigeladenen zu 1. sei eine Genehmigung für den Betrieb einer Zweigpraxis in der H straße 7 in E erteilt worden. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren überreichten Schriftverkehr mit dem S-Krankenhaus ergebe, halte dieses keine Räumlichkeiten mehr für die Beigeladene zu 1. zum Betrieb ihrer Zweigpraxis vor, sodass der Bezugspunkt der Genehmigung entfallen sei.

11

Der hilfsweise gestellte Antrag, festzustellen, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 erledigt habe, sei aber als Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG zulässig und begründet. Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. seien unbegründet, weil sie, nachdem sich die Genehmigung erledigt habe, durch das Urteil des SG Düsseldorf vom 11.8.2010 nicht mehr beschwert würden.

12

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagen. Eine Anfechtungsberechtigung des Klägers scheitere bereits an der fehlenden Statusrelevanz der angefochtenen Entscheidung. Die Dialysezweigpraxisgenehmigung eröffne weder einen Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung noch werde der Kreis der Patienten rechtlich erweitert. Die Genehmigung beinhalte nur ein von der Zulassung abgeleitetes Recht zur Tätigkeit an einem anderen Ort. Weder sei sie Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung noch für die Erteilung eines neuen Versorgungsauftrags. Soweit in dem Fall, in dem die projektierte Dialysezweigpraxisgenehmigung auch in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, zu prüfen und ggf einvernehmlich festzustellen sei, ob die Genehmigung zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung notwendig sei, begründe dies keinen Drittschutz. Es gehe um eine Betrachtung der lokalen Versorgungssituation unter Berücksichtigung der besonderen Patienteninteressen an einer wohnortnahen Versorgung. Für einen lokalen Versorgungsbedarf wäre der Kläger jedenfalls nicht zu berücksichtigen, weil er Patienten aus E nicht als wohnortnaher Versorger zur Verfügung stehe.

13

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9.10.2013 und des SG Düsseldorf vom 11.8.2010 aufzuheben, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Er trägt vor, Dialysepatienten müssten regelmäßig Krankentransportfahrzeuge in Anspruch nehmen. Nach den Krankentransportrichtlinien würden nur Kosten für die Beförderung zur "nächst erreichbaren Behandlungsmöglichkeit" erstattet. Dies führe faktisch zu einer Einschränkung der freien Arztwahl. Für Patienten aus dem östlichen R-Kreis sei seine Praxis die nächstgelegene. Mit dem Betrieb einer Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. in E würde seine Praxis durch die Hauptbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. in S von Westen und durch die Nebenbetriebsstätte in E von Osten her so eingeschnürt, dass sie auf Dauer nicht wirtschaftlich zu führen wäre. Die Dialysezweigpraxisgenehmigung nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä unterscheide sich grundlegend von einer Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Sie sei bereits dann zu versagen, wenn die beantragte Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis liege. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, wenn die Sicherstellung der Dialyseversorgung ohne die Zweigpraxis gefährdet wäre, könne eine Genehmigung erteilt werden, auch wenn die beantragte Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis liege. Daraus werde deutlich, dass die Dialysezweigpraxisgenehmigung nachrangig gegenüber einer konkurrierenden Dialysepraxis in derselben Versorgungsregion sei.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das Urteil des LSG zu ändern, die Berufung des Klägers insgesamt zurückzuweisen und die Beklagte zur erneuten Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

17

1. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Die Beklagte ist durch das Urteil des LSG jedenfalls formell beschwert, weil das LSG ihre Berufung zurückgewiesen hat.

18

2. Sie ist auch materiell beschwert. Das LSG hat zu Unrecht festgestellt, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 auf andere Weise iS des § 39 SGB X erledigt hat. Nach § 39 Abs 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Auf andere Weise hat der Verwaltungsakt sich erledigt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 18 ff, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 72, 50, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8; vgl zur Erledigung von Bescheiden allgemein zB Roos in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 39 RdNr 14). Eine solche Erledigung liegt vor, wenn durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage das Regelungsobjekt des Verwaltungsaktes entfällt. Dazu zählen insbesondere Sachverhalte, bei denen für die getroffene Regelung nach der eingetretenen Änderung kein Anwendungsbereich mehr verbleibt bzw bei denen der geregelte Tatbestand selbst entfällt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 13). Für die Gegenstandslosigkeit des Verwaltungsaktes bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage ist damit maßgeblich, ob er auch für den Fall geänderter Umstände noch Geltung beansprucht oder nicht. Waren Bestand oder Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, wird er gegenstandslos, wenn diese Situation nicht mehr besteht (BSG SozR aaO, S 14; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 24). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.

19

Ebenso wie die Zulassung wird die Genehmigung einer Zweigpraxis zwar grundsätzlich für eine konkrete Anschrift erteilt (vgl für die Zulassung § 95 Abs 1 Satz 7 SGB V, § 18 Abs 1 Satz 2 und § 24 Abs 1 Ärzte-ZV; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13). Von der Genehmigung einer Zweigpraxis im S-Krankenhaus in E kann die Beigeladene zu 1. tatsächlich nicht mehr Gebrauch machen, weil ihr dort keine Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Die Beigeladene zu 1. ist hier aber nicht gehindert, die Anschrift der projektierten Zweigpraxis zu ändern. Für die Zulassung hat der Senat entschieden, dass es eines Verlegungsantrags hierzu nicht bedarf, wenn der Zulassungsbescheid noch nicht bestandskräftig und der darin genannte Vertragsarztsitz damit festgeschrieben geworden ist (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 49, 50). Es sei durchaus lebensnah, dass ein als Vertragsarztsitz avisiertes - und im Zulassungsantrag benanntes - Objekt nicht mehr zur Verfügung stehe oder sich beabsichtigte Kooperationen mit Niedergelassenen zerschlügen, namentlich dann, wenn sich das Zulassungsverfahren über einen längeren Zeitraum hinziehe. In derartigen Fällen sei es - jedenfalls bei gleich bleibendem Zulassungsbezirk - sachgerecht und ausreichend, den benannten Vertragsarztsitz formlos zu ändern. Anders als in dem dortigen Fall hat die Beigeladene zu 1. hier allerdings keinen alternativen Standort benannt, sondern ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem LSG darauf beharrt, sie sei weiterhin Inhaberin einer Genehmigung einer Dialysezweigpraxis im S-Krankenhaus in E

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Zwar kommt eine Zweigpraxisgenehmigung ebenso wie die Zulassung eines Arztes grundsätzlich nicht in Betracht, wenn nicht feststeht, an welchem Ort er seine Tätigkeit ausüben wird. Eine über die Ortsbezeichnung hinausgehende konkrete Benennung ist hier jedoch ausnahmsweise entbehrlich. Der Beigeladenen zu 1. kann nicht zugemutet werden, Räumlichkeiten in E anzumieten, um eine Adresse für eine Zweigpraxis vorweisen zu können, in der sie nach den Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz nicht tätig werden darf. Es wäre mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG nicht vereinbar, wenn sie einerseits aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Drittanfechtung von ihrer Zweigpraxisgenehmigung keinen Gebrauch machen könnte und andererseits ihr der Wegfall der ins Auge gefassten Räumlichkeiten entgegengehalten würde. Hätte die Beigeladene zu 1. andere Räumlichkeiten angemietet, um eine neue Adresse für die Zweigpraxis angeben zu können, wäre sie Gefahr gelaufen, auch diese in absehbarer Zeit wegen der aufschiebenden Wirkung eines Drittwiderspruchs nicht nutzen zu können. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Drittanfechtung wird regelmäßig ein so langer Zeitraum vergehen, dass in Aussicht genommene Räumlichkeiten nicht ohne erhebliche Kosten vorgehalten werden können. In einer derart rechtlich ungesicherten Position über einen Zeitraum von hier nahezu 6 Jahren kann von der Beigeladenen zu 1. nicht erwartet werden, andere Räumlichkeiten in E nur für die Möglichkeit der Angabe eines konkreten Zweigpraxissitzes anzumieten. Die Beigeladene zu 1. hat im Revisionsverfahren hinreichend deutlich gemacht, dass sie von der Zweigpraxisgenehmigung für E grundsätzlich Gebrauch machen will. Es kann offenbleiben, in welcher Entfernung vom ursprünglich geplanten Standort der neue Praxissitz grundsätzlich liegen muss. Jedenfalls ist dann, wenn die Beigeladene zu 1. im näheren Umfeld des S-Krankenhauses geeignete Räumlichkeiten findet, die Genehmigung ggf auf den neuen Standort umzuschreiben. Eine Erledigung der Genehmigung ist damit noch nicht eingetreten.

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3. Das LSG hat aber zu Recht den Kläger für berechtigt gehalten, die der Beigeladenen zu 1. erteilte Zweigpraxisgenehmigung anzufechten. Die Beklagte wird erneut in der Sache über den Widerspruch des Klägers zu entscheiden haben.

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a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

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b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (s zuletzt BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 13 ff und BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 26 ff, jeweils mwN). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

24

aa) Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff und BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff).

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(1) Erfüllt ist hier die Voraussetzung, dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (vgl zu diesem Merkmal BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19, 21; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 30; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29). In der Konstellation, die dem Urteil vom 17.10.2007 zugrunde lag (s BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, insbes RdNr 22-24), hat der Senat hervorgehoben, dass für die Anfechtungsberechtigung ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen muss, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16).

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Die Genehmigung der Zweigpraxis wurde der Beigeladenen zu 1. zur Durchführung von Dialyseleistungen erteilt. Diese Leistungen werden auch vom Kläger erbracht. Die projektierte Zweigpraxis befindet sich in der Versorgungsregion der Praxis des Klägers. Nach der Anlage 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte (BedarfsplRL) ist der R-Kreis der Raumordnungskategorie 2 zugeordnet, sodass nach § 6 Abs 1 Satz 7 Anlage 9.1 BMV-Ä (bis zum 30.9.2013: BMV-Ä/EKV-Ä) die Versorgungsregion der klägerischen Praxis einen Radius von 20 km umfasst. Die von der Beigeladenen zu 1. beantragte Zweigpraxis in E befindet sich ca 12 km Luftlinie und ca 17 km Autoverkehrsstrecke von der Praxis des Klägers in H entfernt. Danach ist ohne Weiteres von einer Überschneidung der Einzugsbereiche auszugehen. Bei den Dialyseleistungen steckt der Versorgungsbereich typisierend den räumlichen Bereich ab, dessen Patientenzahl eine kontinuierlich wirtschaftliche Versorgungsstruktur gewährleistet. Das wird hier dadurch deutlich, dass nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä eine Zweigpraxis grundsätzlich nur genehmigt wird, wenn sie nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt. Unabhängig davon hat der Kläger im Berufungsverfahren angegeben, im Juli 2010 14 Patienten aus dem östlichen R-Kreis zu behandeln. Da der Kläger nach § 5 Abs 7 Satz 5 Nr 1 der Vereinbarung zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren - BlutreinigungsVf-VB) bis zur Erteilung des Versorgungsauftrags an Frau Dr. H nur 30 Dialysepatienten, danach 100 behandeln durfte, ist davon auszugehen, dass ein Anteil von mehr als 5 %, mithin ein relevanter Patientenkreis betroffen ist (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Nicht abzustellen ist auf die Gesamtpatientenzahl des Klägers, sondern auf die Zahl der Dialysepatienten, weil nur insoweit die Wettbewerbssituation des Klägers betroffen ist.

27

Das durch die Überschneidung entstehende Konkurrenzverhältnis entfällt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene zu 1. angegeben hat, sie wolle nur Patienten behandeln, die sie bisher bereits in S behandelt habe. Die Zweigpraxisgenehmigung wird nicht für die Behandlung konkreter Patienten erteilt. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Beigeladene zu 1. dementsprechend dafür gestritten, dass sie nicht nur die bereits in S behandelten Patienten aus E und Umgebung dialysieren darf. Sie hat auch vorgetragen, dass im Patientenkollektiv ständig Veränderungen eintreten. Mehr als ein Drittel der Patienten (9 von 24), die in E wohnortnah versorgt werden sollten, waren nach 20 Monaten aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in Behandlung der Beigeladenen zu 1.

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(2) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die Genehmigung einer Zweigpraxis keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt. Der Senat hat eine Berechtigung von Vertragsärzten, die einem anderen Vertragsarzt nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV erteilte Zweigpraxisgenehmigung anzufechten, im Hinblick darauf allerdings ausdrücklich verneint(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3). Im Falle einer Zweigpraxisgenehmigung bestehe gegenüber den bislang entschiedenen Fällen die Besonderheit, dass der Konkurrent bereits über einen - durch die Zulassung an seinem Vertragsarztsitz vermittelten - Status verfüge, ihm der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung also bereits grundsätzlich eröffnet sei. Daher lasse sich die Erfüllung des Merkmals der Teilnahmeeröffnung allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Erweiterung der Teilnahme begründen. Eine Zweigpraxisgenehmigung führe jedoch zu keiner rechtlichen Erweiterung des Kreises der Patienten, die ein Vertragsarzt behandeln dürfe. Zwar resultiere aus der Zulassung eine grundsätzliche Beschränkung des Tätigkeitsortes im Sinne einer Bindung der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an den Vertragsarztsitz. Eine Beschränkung des Kreises der möglichen Patienten - etwa auf solche, die am Praxissitz wohnen oder arbeiten - sei damit aber nicht verbunden. Spiegelbildlich zum Recht der Versicherten auf freie Arztwahl seien die Vertragsärzte nicht gehindert, alle Versicherten, die sie als Behandler gewählt haben, auch dann zu behandeln, wenn diese von auswärts kämen.

29

Erst recht könne dem Vertragsarztrecht bzw dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung kein Grundsatz entnommen werden, dass dem bereits vor Ort tätigen Vertragsarzt kraft seiner Zulassung ein "Erstzugriffsrecht" auf die dort (bzw im Planungsbereich) wohnenden oder arbeitenden gesetzlich krankenversicherten Patienten zustehe. Potentielle Patienten einer Zweigpraxis seien rechtlich nicht gehindert, den Filialarzt schon vor Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung an seinem Stammsitz in Anspruch zu nehmen, etwa weil er einen besonders guten Ruf hat oder der Stammsitz verkehrsgünstig gelegen sei. Ebenso sei umgekehrt kein Versicherter verpflichtet, den nunmehr an seinem Wohn- oder Beschäftigungsort partiell praktizierenden Filialarzt in Anspruch zu nehmen. Die Zweigpraxisgenehmigung bewirke somit keine rechtliche Erweiterung des Kreises der für eine Behandlung in Frage kommenden Versicherten, sondern allein eine faktische Verbesserung des Marktzugangs. In Abgrenzung von der für eine Anfechtungsberechtigung irrelevanten Erschließung eines weiteren Leistungsbereichs komme es entscheidend darauf an, ob das in Rede stehende Recht mit einer Statusgewährung verbunden sei. Eine Zweigpraxisgenehmigung führe jedoch nicht zu einer Statusgewährung in diesem Sinne, denn die eigentliche Statusgewährung werde durch die Zulassung vermittelt, mit der die Zweigpraxisgenehmigung akzessorisch und untrennbar verbunden sei.

30

Diese Rechtsprechung ist jedoch, wie SG und LSG zutreffend ausgeführt haben, nicht auf die Genehmigung der Durchführung von Dialyseleistungen in einer Zweigpraxis übertragbar. Zwar wird auch in diesem Versorgungsbereich mit der Zweigpraxisgenehmigung kein gesonderter Status verliehen. Das steht einer Anfechtungsbefugnis Dritter aber nicht unbedingt entgegen. Der Senat hat für die Zusicherung der Genehmigung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach neuem Recht eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 und Nr 31), obwohl es sich hierbei nicht um eine Statusentscheidung handelt. Dabei hat der Senat zunächst ausgeführt, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e BedarfsplRL idF vom 15.2.2007 und untrennbar mit dieser Statusentscheidung verbunden ist. Vor allem hat der Senat aber darauf abgestellt, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä durchzuführende Bedarfsprüfung Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind.

31

Eine vergleichbare Konstellation hat der Senat auch bei der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V angenommen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4). Zwar bestehe dort keine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung wie bei dem Dialyse-Versorgungsauftrag und der Sonderbedarfszulassung nach § 36 Buchst e Satz 1 BedarfsplRL idF vom 20.12.2012. Es könne aber grundsätzlich eine Sonderbedarfszulassung für reproduktionsmedizinische Leistungen nach § 36 Buchst a bis c BedarfsplRL erteilt werden. Die Statusentscheidung setze dann die vorherige Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V durch die zuständige Landesbehörde voraus. Die Berechtigung, die die Genehmigung nach § 121a SGB V vermittele, könne unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits bestehe oder erst angestrebt werde, die Wettbewerbssituation des bereits reproduktionsmedizinisch tätigen Arztes beeinträchtigen. Mit der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen sei eine ausschließlich hierauf ausgerichtete Praxisführung verbunden, die mit einer hohen Kostenbelastung einhergehe, und die daher nur bei entsprechender Auslastung einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleiste. Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands unterscheide sich eine reproduktionsmedizinisch ausgerichtete Praxis so deutlich von einer gynäkologischen Praxis ohne diesen Schwerpunkt, dass die tatsächlichen Auswirkungen einer Genehmigung denen einer Statusentscheidung nahekämen.

32

Die Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä iVm Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä - Anforderungen an die Genehmigung einer Zweigpraxis oder ausgelagerten Praxisstätte nach § 4 Abs 3, Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag - ist wie die Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Ärzte-ZV untrennbar und akzessorisch mit der Zulassung verbunden. Es wird mit ihrer Erteilung kein Status und auch keine Rechtsposition verliehen, die Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung ist. Ähnlich wie die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags oder die Genehmigung für reproduktionsmedizinische Leistungen ist aber die Dialysezweigpraxis geeignet, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbssituation des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 17.8.2011 (SozR 4-2500 § 54 Nr 26 RdNr 26) ausgeführt hat, sichert die spezielle Bedarfsprüfung des § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä dem Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt spezialisierter Leistungen bewegt und erhebliche Investitionen tätigt, auch Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang. Diese Sicherheit darf durch eine Zweigpraxisgenehmigung nicht in Frage gestellt werden (so auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 9.12.2009 - L 5 KA 2164/08 - Juris RdNr 93). Für den bereits tätigen Arzt kann die Zweigpraxis in seiner Versorgungsregion aber ebensolche Auswirkungen auf seine Wettbewerbsposition haben wie eine Neuzulassung.

33

Dass eine ähnliche Wettbewerbssituation entstehen kann wie bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags, wird darin deutlich, dass nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 des BMV-Ä in der zum 1.7.2005 in Kraft getretenen und seitdem unverändert geltenden Fassung (DÄ 2005, A-2267) die Genehmigung nur erteilt werden kann, wenn die projektierte Zweigpraxis oder ausgelagerte Betriebsstätte, die in der Versorgungsregion der bestehenden Dialysepraxis liegen muss, nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, es sei denn, die Einrichtung der projektierten Zweigpraxis oder der ausgelagerten Betriebsstätte ist nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig. Die Formulierung des ersten Halbsatzes knüpft an § 6 Abs 1 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä an, wonach im Rahmen der Erteilung von Versorgungsaufträgen eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis als dauerhaft gesichert gilt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden. Eine Zweigpraxis soll mithin grundsätzlich ebenso wenig wie die Vertragsarztpraxis in der Versorgungsregion einer anderen bestehenden Praxis betrieben werden. Hiervon wird nur eine Ausnahme gemacht, wenn KÄV und KKn einvernehmlich die Einrichtung der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung für notwendig halten. Eine Überschneidung der Versorgungsregionen soll erkennbar mit Blick auf eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur nicht nur vermieden werden, wenn es um die Erteilung eines Versorgungsauftrags geht, sondern auch dann, wenn ein solcher Auftrag bereits erteilt ist und die Durchführung in einer Zweigpraxis erfolgen soll. Damit wird verhindert, dass mittels einer Zweigpraxis Patienten von einer Praxis abgezogen werden, die bisher die Versorgung in der Region sicherstellt, und die möglicherweise ohne diese Patienten in ihrem Bestand gefährdet ist. Ein Verdrängungswettbewerb mittels der Errichtung von Zweigpraxen ist ebenso wenig im Interesse einer stabilen Versorgung wie der Verdrängungswettbewerb unter den (Haupt-)Praxen.

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Angesichts der auch vom Kläger und der Beigeladenen zu 1. immer wieder betonten Besonderheiten des multimorbiden Patientenklientels, das mehrfach wöchentlich Dialyseleistungen in Anspruch nimmt, ist der Standort ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Der Standort des Klägers in H liegt deutlich näher am projektierten Ort der Zweigpraxis in E als die Praxis der Beigeladenen zu 1. Die "Einkreisung" einer Praxis durch Zweigpraxen einer anderen Praxis in verkehrsgünstiger Nähe zur Konkurrentenpraxis kann zu einer ebensolchen wirtschaftlichen Gefährdung führen wie die Genehmigung der Übernahme eines zusätzlichen Versorgungsauftrags. Die personelle und apparative Ausstattung einer Zweigpraxis zur Durchführung von Dialysen erfordert einen ebensolchen Aufwand wie die Ausstattung einer Praxis, die erstmals einen Versorgungsauftrag erhält. Die notwendigen Investitionen werden sich nur lohnen, wenn in der Zweigpraxis nicht nur die Patienten behandelt werden, die bisher am Vertragsarztsitz dialysiert wurden, sondern weitere Patientenpotentiale durch den neuen Standort erschlossen werden. Dementsprechend hat die Beigeladene zu 1. in ihrem Antrag zunächst angegeben, sie wolle in der Zweigpraxis in E 30 bis 40 Patienten (bei 24 aktuellen Patienten aus dieser Region) behandeln. Der Genehmigung einer Dialysezweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis kommt damit in dem besonderen Markt der Dialyseleistungen eine andere Bedeutung zu als der Genehmigung einer Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV.

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(3) Die Zweigpraxis nach Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä ist auch nachrangig gegenüber der bereits in der Versorgungsregion bestehenden Dialysepraxis. Für die Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV hat der Senat entschieden, dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber dem Status des Anfechtenden nicht nachrangig sei(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 31 ff). Maßstab für die Frage des Nachrangs sei, ob der konkurrierende Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt werde und die Erteilung somit im allgemeinen Interesse an einer ordnungsgemäßen und lückenlosen Versorgung erfolge. Dies komme im Gesetz bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach § 116 Satz 2 SGB V durch die Formulierung "soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten" ohne diese "nicht sichergestellt" ist und bei Sonderbedarfszulassungen durch die Wendung zum Ausdruck, dass diese "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind"(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V). In § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV finde sich keine dem auch nur annähernd gleichwertige Aussage. Danach setze eine Zweigpraxisgenehmigung nur voraus, dass ("wenn und soweit") die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert (Nr 1 aaO) und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt werde (Nr 2 aaO). Im Gegensatz zu Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen erfordere die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung damit nicht zwingend das Bestehen einer ausgleichsbedürftigen Versorgungslücke, sondern lediglich eine "Verbesserung" der Versorgung. Unabhängig davon, was konkret hierunter zu verstehen sei, sei dieser Begriff jedenfalls nicht in dem Sinne auszulegen, dass er eine - den Anforderungen an Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen vergleichbare - Bedarfsprüfung erfordere. Damit sei zugleich kein Raum für die Annahme eines Vorrangs der bereits vor Ort niedergelassenen Vertragsärzte.

36

Die normative Ausgangslage ist bei der Genehmigung einer Dialysezweigpraxis eine andere. Die Anforderungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen gehen über die allgemeinen Anforderungen der Ärzte-ZV hinaus. Nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä bedarf die Durchführung von Versorgungsaufträgen mit Dialyse in einer Zweigpraxis oder in einer ausgelagerten Praxisstätte nach den Vorschriften des § 15 Abs 2 BMV-Ä der Genehmigung oder Ermächtigung. Die Genehmigung oder Ermächtigung wird erteilt, wenn die in Anhang 9.1.5 festgelegten besonderen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorinstanzen haben insoweit zu Recht ausgeführt, dass § 24 Ärzte-ZV der Normierung weiterer Voraussetzungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis in speziellen Bereichen nicht entgegensteht. Die in Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä statuierten Voraussetzungen knüpfen in zulässiger Weise an die besonderen Regelungen für die Dialyseversorgung an.

37

Die Genehmigung kann nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden, wenn die projektierte Zweigpraxis nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, es sei denn, die Einrichtung der projektierten Zweigpraxis ist nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig. Mit der Anknüpfung an die Prüfung der Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur iS des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä nach § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä wird ein Vorrang der bestehenden Dialysepraxis begründet. Der Senat hat bereits entschieden, dass die spezielle, am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation ausgerichtete Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient. Während der Arzt-Patienten-Schlüssel in § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsVf-VB mit der Festlegung einer Höchstzahl der von einem Arzt zu betreuenden Patienten ausschließlich der Sicherung einer qualitativ hochstehenden Versorgung diene, solle der in § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä festgelegte Auslastungsgrad eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur gewährleisten. Ein Anreiz dafür, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, bestehe angesichts der erforderlichen Investitionen nur dann, wenn das Kostenrisiko hinreichend wirtschaftlich abgesichert sei. Es entspreche sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet werde (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

38

Diese Überlegungen sind auf die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen übertragbar. Wenn die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung in der Versorgungsregion einer bestehenden Dialysepraxis nur erfolgen soll, wenn dies zur Sicherstellung der Versorgung notwendig ist, ist damit eine Bedarfsprüfung vorgegeben, in deren Rahmen zunächst die Sicherstellung durch die in der Versorgungsregion bestehenden Praxen zu prüfen ist. Soweit die Beklagte meint, es gehe allein um eine Betrachtung der lokalen Versorgungssituation unter Berücksichtigung der besonderen Patienteninteressen an einer wohnortnahen Versorgung, trifft dies nicht zu. Dieser Aspekt wird vielmehr in Abs 1 Buchst a Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä berücksichtigt. Dort ist als erste Voraussetzung für eine Zweigpraxisgenehmigung genannt, dass die räumlichen Gegebenheiten in der Praxis zur Durchführung der Hämodialyse für die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu versorgenden Patienten nicht ausreichen oder die wohnortnahe Versorgung der zum Zeitpunkt der Antragstellung mit Verfahren der Hämodialyse behandelten Patienten durch die projektierte Zweigpraxis oder ausgelagerte Betriebsstätte verbessert wird. Damit ist der Gesichtspunkt der Versorgungsverbesserung iS des § 24 Abs 3 Nr 1 Ärzte-ZV aufgegriffen. Dabei wird der wohnortnahen Versorgung in der Dialyse ein besonderer Stellenwert eingeräumt. So ist nach § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä eine Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrags unabhängig von der kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu erteilen, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Das ist nach Satz 2 der Vorschrift dann der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Besonderheiten des Patientenklientels, das der lebenslangen Behandlung mehrmals wöchentlich bedarf, wird auch in den Hinweisen und Erläuterungen der Kassenärztliche Bundesvereinigung für die KÄVen zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten vom 1.7.2002 hervorgehoben (DÄ 2002, A-970). Das Erfordernis der Verbesserung der wohnortnahen Versorgung ist folgerichtig als eine mögliche Begründung für die Genehmigung einer Zweigpraxis in Abs 1 Buchst a Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä genannt.

39

Kumulativ hierzu fordert Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä aber eine darüber hinausgehende Bedarfsprüfung, die nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht auf die Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung beschränkt ist. Die Anknüpfung an die Versorgungsregionen - keine Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis - macht deutlich, dass hier eine Bedarfsprüfung auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis durchzuführen ist. Dem entspricht es, dass die Zweigpraxisgenehmigung - anders als nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - ebenso wie die Genehmigung der Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 4 Anlage 9.1 BMV-Ä durch die KÄV im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der KKn erteilt wird. Erforderlich ist, dass die Notwendigkeit der Genehmigung der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung festgestellt wird. Dieses Kriterium geht über eine Versorgungsverbesserung hinaus. Der Senat hat für die Zeit vor Einfügung einer ausdrücklichen Bestimmung über die Voraussetzungen zum Betrieb von Zweigpraxen entschieden, die Genehmigung dürfe nur erteilt werden, wenn die Zweigpraxis zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei (BSGE 77, 188, 190 f = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 27). Die Bindung der Genehmigung an ein bestehendes Versorgungsdefizit sei geeignet, gerade im ländlichen Raum die Existenz von kleineren Praxen zu sichern. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass von Mittel- und Oberzentren aus eventuell kostengünstiger arbeitende Gemeinschaftspraxis den ländlichen Raum versorgen und damit der wohnortnahen kleineren Praxis die Existenzgrundlage entziehen könnten. Diese Überlegungen haben auch hier ihre Berechtigung. Eine Notwendigkeit zur Sicherung der Versorgung ist bereits nach dem möglichen Wortsinn nur dann anzunehmen, wenn ein Versorgungsdefizit besteht. Zwar ist eine strenge Bedarfsprüfung wie in § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä nicht vorgesehen. Entsprechend der Regelung in § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä ist vielmehr denkbar, dass auch dann, wenn die anderen Dialysepraxen in der Versorgungsregion nicht ausgelastet sind, wegen eines dringenden Bedarfs an wohnortnaher Versorgung in einem ländlichen oder auch großstädtischen Bereich eine Zweigpraxisgenehmigung unter Sicherstellungsgesichtspunkten geboten ist. Das setzt jedoch zunächst eine allgemeine Bedarfsprüfung unter Einbeziehung aller in der Versorgungsregion bestehenden Praxen voraus. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung wird möglicherweise dann auch eine Abwägung zwischen dem Interesse an einer möglichst wohnortnahen Versorgung einerseits und dem Interesse an der kontinuierlichen Gewährleistung bestehender Versorgungsstrukturen andererseits erforderlich sein. Jede Zweigpraxis in einigen Kilometern Entfernung vom Vertragsarztsitz wird zu einer Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der in ihrem unmittelbaren Umfeld wohnenden Patienten führen. Es kann aber auch im Interesse der Sicherstellung der Versorgung sein, bestehende Praxen in ihrem Bestand nicht zu gefährden. Für die bei dieser Prüfung und Abwägung zu berücksichtigenden Praxen entfaltet Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä drittschützende Wirkung.

40

c) Sind mithin die Voraussetzungen für eine Anfechtungsberechtigung des Klägers gegeben, hat das SG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Widerspruch des Klägers gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung zu entscheiden hat. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung steht ihr ein Spielraum zu, der von den Gerichten nur darauf überprüft werden kann, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (vgl BSGE 77, 188, 191 f = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29; zur "Bedarfsgerechtigkeit" im Rahmen des § 121a SGB V: BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; zur "Verbesserung der Versorgung" durch eine Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53 ff). Hier hat die Beklagte die erforderliche Bedarfsprüfung bislang unvollständig durchgeführt. Die Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Versorgung mit Dialyseleistungen im Versorgungsbereich des Klägers, wie sie im Schreiben an die KKn vom 18.5.2011 zum Ausdruck kommt, wird den Anforderungen nicht gerecht. Die Beklagte wird daher zunächst den Auslastungsgrad der klägerischen Praxis festzustellen - zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie in der Folgezeit - und sodann die infrastrukturellen Gegebenheiten zu ermitteln haben. Ob ein Versorgungsdefizit besteht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind (vgl BSGE 77, 188, 192 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29). Festzustellen wäre insofern, welchen Einzugsbereich E potentiell hat, wie groß die Nachfrage aus diesem Bereich ist und wie die jeweiligen Verkehrsverbindungen sind. Der Kläger stellt auch zu Recht die Frage, ob für Dialysepatienten der öffentliche Nahverkehr überhaupt eine Rolle spielt oder ob nicht vielmehr allein auf den Straßenverkehr abzustellen ist. Auch die Beklagte argumentiert damit, dass teure Krankentransporte zur weiter gelegenen Praxis des Klägers erforderlich seien, ohne dass tatsächliche Feststellungen hierzu ersichtlich sind. Sollte der überwiegende Teil der potentiellen Patienten solche Transporte in Anspruch nehmen, ist weiter nach den Fahrzeiten und danach zu fragen, welche konkreten Veränderungen durch eine Zweigpraxis in E eintreten würden. Auch die Bedeutung der klägerischen Praxis für die Versorgung der Region und die möglichen Auswirkungen der projektierten Zweigpraxis auf die Praxis des Klägers sind zu beleuchten. Erst bei einer Gesamtschau aller Faktoren kann beurteilt werden, ob die Zweigpraxis für die Patienten aus diesem Einzugsbereich für eine wohnortnahe Versorgung notwendig ist. Maßgeblich für die Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten ist dabei zunächst der Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Antragstellung (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 16 RdNr 14 ff). Auch bei der Drittanfechtung sind aber alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz beachtlich, sofern nicht Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 ff).

41

d) Das nach Abs 1 Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä erforderliche Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der KKn auf Landesebene ist hergestellt. Ein "Einvernehmen" setzt eine Willensübereinstimmung zwischen entscheidender und beteiligter Stelle voraus (vgl BSGE 75, 37, 40 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7 S 40; BSGE 44, 244, 246 = SozR 7323 § 3 Nr 1 S 2; vgl auch BVerwGE 57, 98, 101). Hierzu ist grundsätzlich erforderlich, dass die KKn dem Vorschlag der KÄV zustimmen. Es ist der KÄV auch zumutbar, auf eine zeitnahe Erklärung der KKn hinzuwirken. Den KKn als Kostenträgern muss ihrerseits an einer raschen Feststellung der Versorgungslage und ggf Verbesserung der Versorgung durch eine Zweigpraxis gelegen sein. Da ihnen die Art und Weise - und ebenso die Qualität - ihrer Entscheidung nicht gesetzlich vorgegeben ist, entscheiden die KKn selbst, welche Informationen sie aus ihrer Sicht für eine sachgerechte Entscheidung benötigen. Die KÄV kann sich grundsätzlich darauf beschränken, die bestehende Versorgungslage zu skizzieren und die eigene Entscheidung, hier die Befürwortung des Antrags, darzulegen. Soweit die KKn weitere Informationen benötigen, kann die KÄV davon ausgehen, dass sie angefordert werden. Es obliegt nicht der KÄV, eine Entscheidung der KKn auf einem bestimmten Informationsstand sicherzustellen.

42

Um das Verfahren zügig zu betreiben, kann die KÄV auch eine angemessene Frist für die Äußerung der KKn setzen mit dem ausdrücklichen Zusatz, dass nach Ablauf der Frist von einem Einvernehmen ausgegangen werde. Dabei wird, um eine sachgerechte Überprüfung durch die KKn überhaupt zu ermöglichen, eine Frist von mindestens einem Monat erforderlich, aber auch ausreichend sein. Reagieren die KKn in einem solchen Fall nicht, ist das erforderliche Einvernehmen hergestellt. Im Interesse der Sicherstellung der Versorgung sowie im Interesse der betroffenen Ärzte an Rechtssicherheit reicht es in einer solchen Konstellation ausnahmsweise aus, dass die Landesverbände der KKn das Schreiben der KÄV stillschweigend zur Kenntnis nehmen.

43

Hier haben die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt, dass das Schreiben der KÄV vom 22.10.2008, in dem lediglich kurz der - in der Anlage beigefügte - Antrag der Beigeladenen zu 1. erläutert und das Ergebnis der Auskunft der KÄV Rheinland-Pfalz mitgeteilt wurde, den Anforderungen nicht genügte. Die klägerische Praxis wurde von der Beklagten nämlich überhaupt nicht und von der Beigeladenen zu 1. in ihrem Antrag als "kleines, nicht fachspezifisch nephrologisch geführtes Dialysezentrum" erwähnt. Damit wurde der wesentliche Umstand, dass die beabsichtigte Zweigpraxis in der Versorgungsregion des Klägers liegt, nicht deutlich. Insoweit ausreichende Angaben hierzu hat die Beklagte allerdings im erneuten Schreiben an die Landesverbände der KKn vom 18.5.2011 gemacht. Die KKn haben daraufhin ihr Einverständnis mit der Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung erklärt. Soweit die IKK formuliert hat, sie könne keine Aussage treffen, ist dies ebenfalls als Zustimmung zu werten. Damit wird deutlich, dass aus der Sicht der KK die Kompetenz für eine Entscheidung allein bei der KÄV gesehen wird und mit ihrer abschließenden Beurteilung Einverständnis besteht. Soweit die Beklagte bei ihrer Überprüfung wiederum zu dem Ergebnis kommt, dass eine Zweigpraxisgenehmigung zu erteilen ist, bedarf es der erneuten Herstellung des Einvernehmens daher nicht.

44

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Die Beklagte, der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen danach die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens je zu einem Drittel. Die Änderung aufgrund der Berufung der Beklagten betraf nicht die Verurteilung zur Neubescheidung dem Grunde nach und war daher nicht gesondert zu berücksichtigen. Mit der Revision hat die Beklagte darüber hinaus nur eine Aufhebung der Feststellung der Erledigung des Genehmigungsbescheides erreicht. Die Beigeladene zu 1. hat den gleichen Antrag gestellt wie die Beklagte und war daher mit einem ebensolchen Kostenanteil zu belasten. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. ist nicht veranlasst, weil sie im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.

(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.

(4) (weggefallen)

(1) Den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge vereinbaren die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Bundesmantelverträgen. Der Inhalt der Bundesmantelverträge ist Bestandteil der Gesamtverträge.

(2) Die Vergütungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen werden von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen durch Gesamtverträge geregelt. Die Verhandlungen können auch von allen Kassenarten gemeinsam geführt werden.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen können mit nicht bundesunmittelbaren Ersatzkassen, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der landwirtschaftlichen Krankenkasse von § 83 Satz 1 abweichende Verfahren zur Vereinbarung der Gesamtverträge, von § 85 Abs. 1 und § 87a Abs. 3 abweichende Verfahren zur Entrichtung der in den Gesamtverträgen vereinbarten Vergütungen sowie von § 291a Absatz 2 Nummer 1 abweichende Kennzeichen vereinbaren.

(4) In den Verträgen ist ebenfalls das Nähere zur erneuten Verordnung eines mangelfreien Arzneimittels für versicherte Personen im Fall des § 31 Absatz 3 Satz 7 zu vereinbaren, insbesondere zur Kennzeichnung entsprechender Ersatzverordnungen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 21. August 2015 geändert. Auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Juni 2013 insoweit geändert, als die Aufhebung des Bescheides vom 1. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2011 (Beschluss des Widerspruchsausschusses vom 12. September 2011) sowie des Bescheides vom 15. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2013 (Beschluss des Widerspruchsausschusses vom 20. März 2013) und des Bescheides vom 15. April 2013 mit der Maßgabe erfolgt, dass die Wirkungen der Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2017 eintreten. Im Übrigen werden die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. und die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. tragen auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich mit einer Konkurrentenklage gegen zwei der Praxis der Beigeladenen zu 1. erteilte nephrologische Versorgungsaufträge.

2

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) vierer Ärzte mit Vertragsarztsitz in der T. Straße in S. Die Dres. D., Prof. M. und G. sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie. Frau M. ist Fachärztin für Allgemeinmedizin.

3

Die Beigeladene zu 1. ist eine BAG zweier Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie, der Dres. H.und N., mit Vertragsarztsitz in der K. straße in S. Bis zum 31.12.2010 war Dr. H. mit Dr. D., Dr. Ma. und Frau M. in der Praxis in der T. Straße in S. in gemeinsamer Berufsausübung tätig.

4

Mit Bescheid vom 10.4.2003 hatte die beklagte KÄV Dr. H., der bereits zuvor in der Dialyseversorgung tätig war, nach der Übergangsvorschrift des § 8 der Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä; bis zum 31.12.2012 BMV-Ä/Ersatzkassenvertrag-Ärzte) widerruflich die Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge "in eigener Dialysepraxis - Gemeinschaftspraxis Dres. med. D./ H., T. Straße, 66 S.-" bei im einzelnen aufgeführten Patientengruppen erteilt. Der Bescheid enthielt den Zusatz: "Diese Genehmigung ist an den derzeitigen Praxissitz gebunden. Bei Ausscheiden aus der Dialysepraxis erlischt diese Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge mit Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort."

5

Nach der Erweiterung der BAG um Frau Dr. Ma. und Frau M. erteilte die Beklagte mit Bescheid vom 24.3.2009 auch Frau Dr. Ma. die Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge "in der Dialysepraxis T. Straße, 66 S. in gemeinschaftlicher Berufsausübung" mit den Dres. D. und H. sowie Frau M. Dieser Bescheid enthielt den Zusatz: "Diese Genehmigung ist an den derzeitigen Praxissitz und an die Gemeinschaftspraxis gebunden. Sie erlischt mit dem Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort und/oder mit Beendigung der Gemeinschaftspraxis."

6

Nachdem er und Dr. Ma. aus der BAG ausgeschieden waren, setzte Dr. H. seine Tätigkeit zunächst in den Räumlichkeiten der bisherigen BAG in der T. Straße mit eigener Betriebsstättennummer fort. Am 10.3.2011 stellte er bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Versorgungsauftrags für seine künftige Praxis in der K. straße, 66 S. Mit Schreiben vom 21.3.2011 informierte die Beklagte die Beigeladenen zu 2. bis 7. über den Antrag zwecks Herstellung des Einvernehmens über die Erteilung des Versorgungsauftrags am künftigen Standort der Praxis in der K. straße Die kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung aller in der Versorgungsregion liegenden Praxen sei gewährleistet, da alle zu berücksichtigenden Dialyse-Praxen zu mehr als 90 % ausgelastet seien und durch die Praxis Dr. H. die Versorgung der Patienten sichergestellt werde. Sofern bis zum 29.3.2011 keine gegenteilige Nachricht erfolge, werde vom Einverständnis ausgegangen.

7

Mit Bescheid vom 1.4.2011 erteilte die Beklagte Dr. H. im Rahmen seiner Praxisverlegung die Genehmigung zur Übernahme eines besonderen Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis K. straße, 66 S. für die Behandlung von maximal 30 Patienten mit Blutreinigungsverfahren. Die Beklagte ordnete den Sofortvollzug des Bescheides an.

8

Für die Dialysepraxis der Klägerin genehmigte die Beklagte auf die bereits im Dezember 2010 und Mai 2011 gestellten Anträge mit Bescheid vom 5.7.2011 die Übernahme weiterer Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä, auf deren Grundlage Dr. D., Prof. Dr. M. und Dr. Z. zur Behandlung von maximal 150 Patienten mit Blutreinigungsverfahren befugt waren.

9

Mit Bescheid vom 12.9.2011, gegen den die Klägerin Klage erhoben hat, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen die mit Bescheid vom 1.4.2011 zugunsten von Dr. H. erteilte Genehmigung zurück. Der streitige Versorgungsauftrag sei nicht in der Praxis verblieben, weil er an Dr. H. persönlich gerichtet gewesen sei. Sie gehe davon aus, dass der Versorgungsauftrag infolge der Verlegung des Vertragsarztsitzes nicht erloschen sei. Eine Bedarfsprüfung zu Beginn des Jahres hätte ergeben, dass der Praxis H. eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags zu erteilen gewesen wäre.

10

Mit Bescheid vom 15.3.2013 sicherte die Beklagte der Dialysepraxis Dr. H. die Genehmigung zur Übernahme eines zweiten Versorgungsauftrags für Dr. N. nach Anlage 9.1 BMV-Ä mit Wirkung zum 1.4.2013 zu, da nach dem in der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren (Blutreinigungsvereinbarung = BlutreinigungsV) festgelegten Arzt-Patienten-Schlüssel ein zweiter Arzt erforderlich und die arzt- und betriebsstättenbezogenen Voraussetzungen erfüllt seien. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung wurde angeordnet. Die Klägerin erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Bescheid vom 25.3.2013 zurückwies. Auch hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Das SG hat die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

11

Durch Bescheid vom 15.4.2013 erteilte die Beklagte Dr. N. mit Wirkung vom 1.4.2013 auf Grundlage der vorherigen Zusicherung die Genehmigung zur Übernahme eines zweiten Versorgungsauftrags. Als "Nebenbestimmung" ist geregelt, dass die Genehmigung zur Übernahme eines zweiten Versorgungsauftrags ihre Bindung verliere, wenn rechtskräftig entschieden sei, dass der Bescheid vom 1.4.2011 rechtwidrig sei.

12

Das SG hat mit Urteil vom 12.6.2013 den Bescheid der Beklagten vom 1.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2013 und des Bescheides vom 15.4.2013 aufgehoben. Dr. H. habe seinen Versorgungsauftrag bei der Verlegung seines Vertragsarztsitzes nicht mitnehmen können, da er für die Praxis in der T. Straße erteilt worden sei. Aus § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä in der ab 1.7.2009 gültigen Fassung ergebe sich, dass der Versorgungsauftrag in der Dialysepraxis in der T. Straße verblieben sei. Dies folge auch aus § 5 Abs 7 BlutreinigungsV, wonach beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis diese innerhalb sechs Monaten nachzuweisen habe, dass der ausgeschiedene Arzt durch einen entsprechend qualifizierten Arzt ersetzt worden sei. Da die Praxis der Klägerin ab dem Quartal II/2010 fortdauernd nicht zu mindestens 90 % iS von § 6 Abs 1 S 3 Anlage 9.1 BMV-Ä ausgelastet gewesen sei, verletze der Bescheid vom 1.4.2011 sie in ihren Rechten und sei aufzuheben. Damit fehle es auch an der Basis für die Erteilung des zweiten Versorgungsauftrags im Bescheid vom 15.4.2013.

13

Das LSG hat mit Urteil vom 21.8.2015 auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei bereits nicht anfechtungsberechtigt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erteilung des Versorgungsauftrags an Dr. H. am 1.4.2011 und auch in den Folgequartalen habe die Klägerin lediglich noch über einen Versorgungsauftrag verfügt und sei zu wenigstens 90 % ausgelastet gewesen. Die Versorgungsaufträge von Dr. H. und Dr. Ma. seien nicht entsprechend der seit 1.7.2009 geltenden Rechtslage "der Dialysepraxis", sondern nach dem zuvor geltenden Recht jeweils dem betreffenden Arzt erteilt worden.

14

Nach den von der Beklagten bereits im sozialgerichtlichen Verfahren vorgelegten, aus den Abrechnungsdaten der klägerischen Praxis ermittelten und von der Klägerin nicht bestrittenen Zahlen sei diese in den jeweiligen Quartalen mit 91,38 Patienten (I/2011), 94,92 Patienten (II/2011), 96,07 Patienten (III/2011) und 91,69 Patienten (IV/2011) ausgelastet gewesen. Sowohl zum Zeitpunkt der Erteilung des angefochtenen Versorgungsauftrags an Dr. H. am 1.4.2011 als auch zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 sei die klägerische Praxis auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beklagte Dr. Z. am 31.5.2011 einen weiteren Versorgungsauftrag erteilt und die klägerische Praxis ab diesem Zeitpunkt über zwei Versorgungsaufträge für Dialyse verfügt habe, zu wenigstens 90 % ausgelastet gewesen.

15

Auch hinsichtlich des Bescheides vom 15.3.2011, mit dem der Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines zweiten Versorgungsauftrags mit Wirkung ab dem 1.4.2013 zugesichert worden sei, sei die Klage nicht begründet. Die Genehmigung des Eintritts eines zweiten Arztes in eine bestehende Dialysepraxis erfolge gerade unabhängig vom Auslastungsgrad der im Versorgungsbereich bestehenden weiteren Dialysepraxen, sodass der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden sei.

16

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Revision vor, sie sei anfechtungsberechtigt. Die Genehmigung für Dr. H. sei mangels Auslastung ihrer Praxis rechtswidrig. Mit Aufhebung der Genehmigung für Dr. H. entfalle die ohne Bedarfsprüfung erteilte akzessorische Genehmigung für Dr. N.

17

Nach § 4 Abs 1a Anlage 9.1 BMV-Ä, der am 1.7.2005 in Kraft getreten sei und mangels Übergangsvorschriften auch für vor dem 1.7.2005 erteilte Genehmigungen gelte, bestehe ein Mitnahmeverbot. Zudem sei die Genehmigung im Bescheid vom 10.4.2003 zur Durchführung in der Gemeinschaftspraxis und mit der Bindung an die Praxis und den Standort erteilt worden. Sie sei daher für Dr. H. nach seinem Ausscheiden aus der BAG mit Ablauf des 31.12.2010, spätestens jedoch mit seinem Standortwechsel Mitte April 2011, bestimmungsgemäß erloschen. Anlage 9.1 BMV-Ä sei gültige Vertragsnorm und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Rechtsgrundlage der Anlage 9.1 BMV-Ä seien die §§ 70 Abs 1, 72 Abs 2, 82 SGB V iVm § 2 Abs 7 BMV-Ä. Die aus Gründen einer qualitätsgesicherten und wirtschaftlichen vertragsärztlichen nephrologischen Versorgung gebildeten Versorgungsregionen seien zu beachten. § 24 Abs 7 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) stehe dem nicht entgegen.

18

Art 12 GG werde nicht verletzt, da es sich um verhältnismäßige Regelungen der Berufsausübung handele, um die Versorgungsqualität und die Wirtschaftlichkeit der Nierenersatztherapie durch Vertragsärzte sowie eine flächendeckende Versorgung zu sichern. Ein Ausgleich für die fehlende Möglichkeit, einen Teil des besonderen Versorgungsauftrags der Dialysepraxis der Klägerin mitzunehmen, sei mit den Regelungen des Gesellschaftsvertrages geschaffen, nach denen Dr. H. bei ordnungsgemäßer Kündigung und Einhaltung des vertraglich geforderten Konkurrenzschutzes eine hohe siebenstellige Abfindungssumme erhalten hätte.

19

Die Dialysepraxis der Klägerin sei nicht zu wenigstens 90 % ausgelastet gewesen. Das LSG lege seiner Auslastungsrechnung nicht das Jahr 2010, sondern fälschlicherweise das Jahr 2011 zugrunde und rechne in der Praxis der Klägerin irrigerweise mit nur einem statt der zuvor vorhandenen drei Dialyseärzte. Ab 1.7.2011 seien mit Dr. D., Prof. Dr. M. und Dr. Z. wieder drei Dialyseärzte in der klägerischen Praxis tätig gewesen.

20

Nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 und 7 BlutreinigungsV habe eine Dialysepraxis nach Ausscheiden eines Dialysearztes aus der BAG ein halbes Jahr lang einen Anspruch auf Übertragung, hilfsweise auf Neuerteilung der Genehmigung zur Durchführung des besonderen Versorgungsauftrags des ausgeschiedenen Dialysearztes auf bzw an den Ersatz-Dialysearzt. Durch den Rechtsanspruch werde die Neuerteilung eines besonderen Versorgungsauftrags an einen praxisfremden dritten Dialysearzt in der Versorgungsregion der bereits bestehenden Dialysepraxis der Klägerin im Nachbesetzungshalbjahr ausgeschlossen. Auslastungsberechnungen im Karenzhalbjahr müssten die ursprüngliche Ärztezahl und die diesen genehmigte Patientenzahl zugrunde legen.

21

Bezogen auf drei Dialyseärzte und ein Maximum von 150 Patienten habe sich für die Quartale 2010 eine Auslastung von 81,15 % ergeben. Eine Auslastung der Praxis der Klägerin unter 90 % sei selbst dann gegeben, wenn für das erste Halbjahr 2011 nur mit zwei tatsächlich vorhandenen Dialyseärzten und maximal 100 kontinuierlich behandelten Patienten gerechnet werde. Von den von der Beklagten angegebenen Rohdaten seien zumindest noch 6 % Heimdialysepatienten abzuziehen.

22

Das Einvernehmen der Krankenkassenverbände sei nicht ordnungsgemäß hergestellt worden. Die Beklagte habe die Krankenkassenverbände unzutreffend und unvollständig darüber informiert, dass alle in der Versorgungsregion liegenden Praxen zu mehr als 90 % ausgelastet seien.

23

Die Zugrundelegung der Jahresauslastung der Quartale 2011 sowie der unkorrigierten Abrechnungsrohdaten sei überraschend gewesen. Da die Auslastungsentwicklung im Jahr 2011 zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nicht vorhersehbar gewesen sei, liege ein grober Verstoß gegen allgemeine Denkgesetze und Willkür vor.

24

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 21.8.2015, berichtigt durch Beschluss vom 21.12.2015, aufzuheben und die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des SG für das Saarland vom 12.6.2013 zurückzuweisen.

25

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

26

Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

27

Die Beklagte trägt vor, die Anfechtungsberechtigung der Klägerin sei nicht gegeben, weil Dr. H. bereits seit vielen Jahren auf dem Markt des vertragsärztlichen Dialyse-Versorgungssystems tätig sei. Das Regelwerk der Anlage 9.1 BMV-Ä kollidiere mit § 24 Abs 7 Ärzte-ZV sowie mit Art 12 Abs 1 GG. Die Ortsbindung beruhe auf untergesetzlichen Normen ohne ausreichende Ermächtigungsgrundlage.

28

Die Beigeladene zu 1. trägt vor, der Verbleib des Versorgungsauftrags in der BAG würde dazu führen, dass die Zusammenarbeit zweier oder mehrerer in der Dialyse tätiger Ärzte nicht beendet werden könne, da sonst der Entzug der wirtschaftlichen Existenz drohe. Der Versorgungsauftrag sei seinerzeit nach dem Wortlaut des Bescheides vom 10.4.2003 Dr. H. persönlich erteilt worden. Nichts anderes ergebe sich aus der Übergangsvorschrift des § 8 der Anlage 9.1 BMV-Ä, sodass Dr. H. den ihm persönlich erteilten Versorgungsauftrag zusammen mit der Zulassung habe mitnehmen können. Den Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä, mit denen eine Bedarfsplanung vorgenommen werde, fehle es an einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage.

Entscheidungsgründe

29

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Das LSG hat die Entscheidung des SG zu Unrecht aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Sicherung der kontinuierlichen Versorgung der Versicherten und zur Vermeidung eines übergangslosen Entfallens des Versorgungsangebotes der Praxis der Beigeladenen zu 1. lässt der Senat die Wirkung der Aufhebung der angefochtenen Bescheide jedoch abweichend von der Entscheidung des SG erst mit Ablauf des 31.12.2017 eintreten.

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I. Das SG hat die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Die Klägerin ist anfechtungsberechtigt. Die angefochtenen Bescheide sind auch rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren subjektiven Rechten.

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1. Die Klägerin ist berechtigt, die Bescheide vom 1.4.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011, vom 15.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2013 sowie vom 15.4.2013 anzufechten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 ff und 26 ff; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 18; BSG SozR 4-5540 § 6 Nr 2, RdNr 25; zuletzt BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 16) erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde in der Sache zutrifft.

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Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat der Senat in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 3/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - RdNr 21). Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 19 mwN, zuletzt BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 16). Die Voraussetzungen liegen hier vor.

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a. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. erbringen im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegt, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt bzw die BAG eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner/ihrer Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich faktisch der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis desjenigen, dessen Berechtigung angegriffen wird, in relevantem Maße überschneidet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24: mehr als 5 %; ebenso BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Bestehen eines faktischen Konkurrenzverhältnisses ist im Verhältnis von zwei weniger als 10 km, hier Luftlinie 3,38 km, voneinander entfernt liegenden Dialysepraxen plausibel. Bei solcher Nähe und einem so begrenzten Leistungszuschnitt bedarf es weder näherer Darlegungen des Anfechtenden noch näherer Ermittlungen durch die Zulassungsgremien oder die Gerichte, sondern es ist ohne Weiteres ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f).

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b. Die weiteren Voraussetzungen - die Eröffnung oder Erweiterung der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und die Nachrangigkeit des dem Konkurrenten eingeräumten Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden - liegen ebenfalls vor.

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aa. Der Anfechtungsberechtigung steht nicht entgegen, dass eine Genehmigung besonderer Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und Dr. H. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der BlutreinigungsV vom 16.6.1997 entschieden, dass sie als bloße Abrechnungsgenehmigung nicht von Konkurrenten angefochten werden könne, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Basis-Status betreffe. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war bis zum 30.6.2002 allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Für das seit dem 1.7.2002 geltende neue Recht hat der Senat hingegen eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30). Dabei hat der Senat ausgeführt, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie Ärzte (BedarfsplRL) und untrennbar mit dieser Statusentscheidung verbunden ist. Vor allem hat der Senat aber darauf abgestellt, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä durchzuführende Bedarfsprüfung Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind.

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bb. Eine solche Bedarfsprüfung war auch hier durchzuführen. Sie entfiel nicht etwa deshalb, weil Dr. H. seinen Versorgungsauftrag nach seinem Ausscheiden aus der BAG an seinen neuen Vertragsarztsitz K. straße, 66 S."mitnehmen" konnte. Dieser verblieb vielmehr in der BAG. Der Antrag von Dr. H. vom 10.3.2011 auf Erteilung eines Versorgungsauftrags für seine "künftige Praxis" am heutigen Standort in S. ist als Neuantrag im Sinne des § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä zu werten. Die Genehmigung ist daher nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä unter anderem von der hinreichenden Auslastung der in der Versorgungsregion der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen abhängig.

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(1) Bereits zum Zeitpunkt des Ausscheidens von Dr. H. aus der klägerischen BAG zum Jahresende 2010 galt § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä in der seit 1.7.2009 unverändert gültigen Fassung (vgl zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Drittanfechtungen BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN). In § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä wurde 2009 die Regelung aufgenommen, dass der Versorgungsauftrag bei gemeinschaftlicher Berufsausübung im Fall des Ausscheidens eines Arztes aus der Dialysepraxis bei der Dialysepraxis verbleibt (DÄ 2009, A-1476). Gleichzeitig wurde in § 4 Abs 1a Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä festgeschrieben, dass die Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags im Sinne des § 1a Nr 18 BMV-Ä der Dialysepraxis erteilt wird. Bereits zum 1.7.2005 war in § 4 Abs 1a Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä die Regelung aufgenommen worden, dass der Versorgungsauftrag bei gemeinschaftlicher Berufsausübung für denjenigen Arzt endete, der aus der Gemeinschaftspraxis ausschied (DÄ 2005, A-2267). § 7 Abs 4 Anlage 9.1 BMV-Ä war zum 1.7.2005 dahingehend neu gefasst worden, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis und Ersetzung durch einen entsprechenden Arzt gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV der eintretende Arzt auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erhielt, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 Anlage 9.1 BMV-Ä erfüllt waren. Diese Vorschrift wurde 2009 aufgehoben.

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(2) Die Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen nach Anlage 9.1 BMV-Ä ist Dr. H. auch nicht mit bestandskräftigem Bescheid vom 10.4.2003 nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht persönlich ohne Bindung an die Dialysepraxis erteilt worden.

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(a) Die Praxisbezogenheit des Versorgungsauftrags bestand bereits nach der seit dem 1.7.2002 geltenden Rechtslage. Bereits ab diesem Zeitpunkt galt, dass der Versorgungsauftrag bei Ausscheiden eines Arztes in der Praxis verbleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24 und das weitere Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Zu diesem Zeitpunkt war eine konzeptionelle Neuordnung der Dialyseversorgung erfolgt. Neben der Weiterentwicklung der BlutreinigungsV, der Neugestaltung der BedarfsplRL und der Einführung vergütungsbezogener Strukturanreize vereinbarten die KÄBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Leistungserbringung in Anlage 9.1 BMV-Ä Vorgaben für eine bestimmte Versorgungsstruktur (DÄ 2002, A-972).

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Zur Feststellung eines zusätzlichen Versorgungsbedarfs ist seitdem gemäß § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä auf den Auslastungsgrad der Dialysepraxen einer Versorgungsregion abzustellen, der auf der Grundlage eines Arzt-Patienten-Schlüssels nach der BlutreinigungsV ermittelt wird. Wenn danach kontinuierlich weniger als 90 % der Höchstpatientenzahl in den bestehenden Praxen versorgt wird, wird die Genehmigung der Übernahme eines weiteren Versorgungsauftrags als mit den Forderungen einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur nicht vereinbar angesehen. In § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 und 2 BlutreinigungsV ist mit Wirkung seit dem 1.7.2002 ein Arzt-Patienten-Schlüssel von bis zu 30 kontinuierlich versorgten Patienten jährlich beim ersten Arzt, bei zwei Ärzten von bis zu 100 kontinuierlich versorgten Patienten und je weiteren 50 Patienten ein weiterer Arzt vorgesehen. § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV gibt vor, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis oder Dialyseeinrichtung innerhalb von sechs Monaten durch die Praxis oder Einrichtung nachzuweisen ist, dass der ausgeschiedene Arzt durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde. Erst wenn der Nachweis nicht erbracht wurde, ist die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen nach Satz 8 anzupassen. Nach § 8 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä in der zum 1.7.2002 in Kraft getretenen Fassung erhielt, soweit ein Arzt aus der Dialysepraxis ausschied und dieser gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde, der eintretende Arzt auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags nach der Übergangsvorschrift in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä.

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Das zum 1.7.2002 eingeführte Regelungskonzept sollte dazu dienen, die Sicherstellung einer Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen durch eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur zu gewährleisten. Dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, werden im Hinblick auf die kostenintensiven Investitionen, die für den Betrieb einer Dialysepraxis zu tätigen sind, und zur Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; ebenso zur Zweigpraxis BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37). Die Mitnahme des Versorgungsauftrags durch einen aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arzt würde diesem Konzept erkennbar widersprechen. Danach soll es nicht zu einer bedarfsunabhängigen Zunahme von Versorgungsaufträgen kommen. Da aber nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV ein Nachbesetzungsrecht der Praxis besteht, aus der der Arzt ausscheidet, käme es zu einer Vermehrung der Versorgungsaufträge, wenn der ausscheidende Arzt seinerseits seinen Versorgungsauftrag in eine neue Praxis "mitnehmen" könnte. Darüber hinaus könnte auch der ausscheidende Vertragsarzt bei einer kontinuierlichen Versorgung von mehr als 30 Patienten pro Jahr nach § 7 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä die Zusicherung bzw Genehmigung für die Durchführung von Versorgungsaufträgen durch einen zweiten Arzt erhalten, ohne dass hierfür die hinreichende Auslastung der in der Versorgungsregion bestehenden Dialysepraxen Voraussetzung wäre. Dies wird gerade am vorliegenden Fall besonders plastisch, da genau dieser ungewollte Effekt einer Vermehrung von Versorgungsaufträgen eingetreten ist. Nachdem Dr. H. die Übernahme eines Versorgungsauftrags durch Bescheid vom 1.4.2011 gestattet worden war, kam es sowohl zu einer Erweiterung seiner Praxis um einen zweiten Arzt als auch zu einer Inanspruchnahme des Nachbesetzungsrechts nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV durch die Praxis in der T. Straße.

42

Auch die KÄBV ging in ihren Hinweisen und Erläuterungen zu den Neuregelungen bereits seit 1.7.2002 von einer Bindung des Versorgungsauftrags an den Ort der Leistungserbringung aus (vgl "Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, Hinweise und Erläuterungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen", Anlage zum Rundschreiben D3-25-VII-6/2002 der KÄBV vom 1.7.2002, S 14). Zwar handelt es sich bei diesen Hinweisenlediglich um eine rechtlich unverbindliche "Empfehlung" (vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 37), sie sind aber geeignet, das Verständnis und die Intention der Vertragspartner bei der Normsetzung zu verdeutlichen. Die Bindung an die Praxis und nicht den einzelnen Arzt wird nicht zuletzt auch darin erkennbar, dass nach § 7 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä die Dialysepraxis berechtigt ist, Genehmigungen für "weitere Ärzte" zu beantragen (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24 und das weitere Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23).

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(b) Die Bindung an die Dialysepraxis kam im Bescheid vom 10.4.2003 für den fach- und sachkundigen Empfängerkreis der Vertragsärzte in Dialysepraxen auch hinreichend zum Ausdruck. Der Bescheid war zwar an Dr. H. adressiert, ihm wurde jedoch die Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen nach Anlage 9.1 BMV-Ä nach dem Wortlaut der Verfügung "in eigener Dialysepraxis - Gemeinschaftspraxis Dres. med. D./ H., T. Straße, 66 S.", also als Mitglied der bestehenden BAG, erteilt. Die Formulierung "in eigener Praxis" nimmt Bezug auf die entsprechende Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung nach der Übergangsvorschrift in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä, womit klargestellt werden sollte, dass genehmigungspflichtige Versorgungsaufträge Vertragsärzten, die unter die Übergangsbestimmung fielen, nur dann erteilt werden konnten, wenn sie auch bisher Inhaber der Praxis waren. Damit sollte sichergestellt werden, dass nach der Übergangsbestimmung nur "Inhaber" einer Praxis, nicht aber in Dialysepraxen oder ermächtigten Einrichtungen angestellte Ärzte genehmigungspflichtige Versorgungsaufträge übernehmen konnten (vgl "Hinweise und Erläuterungen" aaO, S 14, 22). Hier war Dr. H. bereits seit dem Jahr 2001 und auch zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in Gemeinschaftspraxis mit Dr. D. et al, und damit vertragsarztrechtlich (§ 33 Abs 2 Ärzte-ZV) in gemeinsamer Berufsausübung, tätig.

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(3) Bestands- und Vertrauensschutzerwägungen im Hinblick auf die bereits zuvor bestehende Berechtigung zu Dialyseleistungen stehen der Bindung der Genehmigung an die Dialysepraxis und dem hieraus folgenden Mitnahmeverbot nicht entgegen. Bei Inkrafttreten der Regelungen zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten zum 1.7.2002 war in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä vorgesehen, dass Vertragsärzte, auch solche, die nicht zum Führen der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie berechtigt waren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Dialyse aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung verfügten und die bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen der Dialyse in eigener Dialysepraxis regelmäßig in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht hatten, auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erhielten, wenn sie innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten einen entsprechenden Genehmigungsantrag stellten.

45

Die mit der Umstellung von einer reinen Qualitätssicherungsvereinbarung zu einer besonderen Versorgungsplanungsregelung verbundenen Übergangsprobleme sind dadurch gelöst worden, dass Ärzte wie Dr. H., die schon vor dem 1.7.2002 über eine - damals auf Fachkunde begrenzte - Genehmigung zur Erbringung von Dialyseleistungen verfügten, eine Genehmigung nach neuem Recht erhalten haben, ohne dass der Bedarf geprüft wurde. Damit sind sie bedarfsunabhängig in ein bedarfsbezogenes System integriert worden. Nichts spricht indessen für die Annahme, dass die nach dem 1.7.2002 erteilten Genehmigungen von Versorgungsaufträgen hinsichtlich der hier maßgeblichen Praxisbindung des Versorgungsauftrags danach zu unterscheiden wären, ob sie übergangsrechtlich oder unter Beachtung der 2002 neu eingeführten Versorgungaspekte erteilt worden sind. Das hätte je nach Alter der beteiligten Ärzte dazu geführt, dass über mehr als zwei Jahrzehnte Dialysegenehmigungen mit gänzlich unterschiedlichen Wirkungen und Berechtigungen nebeneinander bestanden hätten; für einen dahin gehenden Regelungswillen der Vertragspartner fehlen Anhaltspunkte. Auch Dr. H. geht im Übrigen davon aus, dass die ihm 2003 erteilte Genehmigung eine solche nach neuem Recht ist. Andernfalls hätte von vornherein keine Grundlage für den Antrag bestanden, nach Überschreiten der Zahl von 30 Patienten in der neuen Praxis einen Antrag auf einen zweiten (bedarfsunabhängigen) Versorgungsauftrag zu stellen. Wenn die Genehmigung des Dr. H. eine praxisstandortunabhängige, allein auf Qualitätsaspekte bezogene Genehmigung gewesen wäre, könnte diese schwerlich die Basis für die bedarfsunabhängige Genehmigung eines zweiten - notwendig allein auf dem neuen, zentral auf Aspekte der Versorgungsplanung abstellenden Recht beruhenden - Versorgungsauftrags bilden.

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(4) Der Ausschluss der Mitnahme des Versorgungsauftrags steht auch nicht in Widerspruch zu § 24 Abs 7 Ärzte-ZV. Diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Verlegung des Praxissitzes (vgl dazu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 13 RdNr 13, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen), bestimmt aber nicht, welche Leistungen am neuen Praxissitz erbracht werden dürfen. Die Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs 7 Ärzte-ZV ist hier nicht angefochten; der Bescheid vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 bezieht sich ausschließlich auf die Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä am neuen Vertragsarztsitz. Zwar besteht eine Bindung der Genehmigung zur Durchführung der Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä auch an den Vertragsarztsitz. Dies ist seit 1.7.2005 in § 3 Abs 3 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä ausdrücklich geregelt. Danach wird der Versorgungsauftrag für den Ort der Zulassung oder der Ermächtigung erteilt. Die Bindung ergibt sich - auch vor Inkrafttreten dieser Regelung - bereits daraus, dass für die Genehmigung der Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 4 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä die Zulassung als Vertragsarzt Voraussetzung ist. Die im Zulassungsbescheid enthaltene Bestimmung des Vertragsarztsitzes stellt hierbei eine Komponente der Zulassung dar. Darüber hinaus bestehen nach der BlutreinigungsV betriebsstättenbezogene Genehmigungsvoraussetzungen. Ein Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs 7 Ärzte-ZV umfasst dabei aber bereits nach Wortlaut und Regelungskontext nicht automatisch die Mitnahme etwaiger besonderer Versorgungsaufträge, sondern nur die Fortführung der von der Zulassung umfassten vertragsärztlichen Tätigkeit an einem anderen Niederlassungsort.

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2. Auch hinsichtlich der Bescheide, die die Genehmigung eines zweiten Versorgungsauftrags für die Dialysepraxis der Beigeladenen zu 1. zum Gegenstand haben (Bescheid der Beklagten vom 15.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2013 und Bescheid vom 15.4.2013), besteht die Anfechtungsberechtigung der Klägerin. Die Genehmigung eines Versorgungsauftrags für einen zweiten Arzt ist Annex der Genehmigung des ersten Versorgungsauftrags. Wird ein zweiter Arzt für eine Dialysepraxis erforderlich - gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV bei mehr als 30 kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr -, so müssen gemäß § 7 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä die arzt- und betriebsstättenbezogenen Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sein, nicht aber die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä. Die Genehmigung für einen zweiten Arzt kann daher zwar von einem Konkurrenten nicht unter dem Aspekt des Bedarfs für einen weiteren Arzt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 33 ff zu einer Sonderbedarfszulassung; SozR 4-5540 § 6 Nr 2 RdNr 21). Sofern aber die Genehmigung des ersten Versorgungsauftrags angefochten wird, kann auch die bedarfsunabhängig erteilte Genehmigung eines zweiten Versorgungsauftrags vom potentiell beschwerten Dritten angefochten werden. Fällt die Genehmigung des ersten Versorgungsauftrags weg, entfallen damit automatisch auch die Rechtsfolgen der Genehmigung für einen zweiten Arzt. Dies ergibt sich bereits aus § 7 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä, der das Vorhandensein eines bestehenden Versorgungsauftrags notwendig voraussetzt, ist hier aber auch eindeutig nochmals im Genehmigungsbescheid vom 15.4.2013 in einer so bezeichneten Nebenbestimmung klargestellt worden.

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3. Die Revision ist auch begründet, weil eine kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Dialysepraxis der Klägerin nicht gegeben war.

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a. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 ist - da eine Mitnahme des Versorgungsauftrags durch Dr. H., wie bereits ausgeführt, ausscheidet - § 4 Abs 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä bedarf die Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a aaO - dh für die in § 2 aaO definierten Patientengruppen - durch zugelassene Vertragsärzte der Genehmigung der KÄV. Diese ist gemäß § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen zu erteilen, wenn hinsichtlich der Fachkunde die arzt- und betriebsstättenbezogenen Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sind und eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist.

50

b. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte ordnungsgemäß das Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen nach § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä hergestellt hat. Auf etwaige Fehler bei der Herstellung des Einvernehmens kann die Klägerin sich nicht berufen. Die dazu von den Partnern der Bundesmantelverträge vereinbarten Regelungen dienen allein den Belangen der Krankenkassen und tragen deren Verantwortung für die Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen Rechnung. Die Bestimmungen enthalten keinen Hinweis, dass sie auch den Interessen der ärztlichen Leistungserbringer im Bereich Dialyse zu dienen bestimmt sind. Diesen steht deshalb kein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass sich KÄV und Krankenkassen-Verbände an die für das Verwaltungsverfahren nach der Dialyse-Vereinbarung geltenden Vorschriften zur Herstellung des Einvernehmens halten. Die Verfahrensregelungen zur Beteiligung der Krankenkassen an versorgungsbezogenen Entscheidungen im Bereich Dialyse (dazu näher BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34) dienen nur dem Ziel der Einbeziehung der Krankenkassen in die Verantwortung für eine flächendeckende Dialyseversorgung und nicht zugleich auch der Rücksichtnahme auf die Interessen von miteinander konkurrierenden Praxen.

51

Aus dem Senatsurteil vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1.5 Nr 5 RdNr 41 ff) zur Anfechtung der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialysen ergibt sich insoweit nichts anderes. Auch in diesem Rechtsstreit waren die Verbände der Krankenkassen beigeladen und zwischen ihnen und der beklagten KÄV war umstritten, ob bei einer nach Auffassung des Senats erforderlich werdenden Neubescheidung durch die KÄV erneut das Verfahren der Einvernehmensherstellung durchzuführen ist, auch soweit die KÄV an ihrer ursprünglichen Einschätzung der Erforderlichkeit der dort umstrittenen Zweigpraxis festhalten würde. Der Senat stellt klar, dass die Ausführungen zu den Anforderungen an eine korrekte Herstellung des Einvernehmens nur für die Gestaltung des (weiteren) Verwaltungsverfahrens und nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung der damals beklagten KÄV von Bedeutung waren.

52

c. Der Bescheid vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 ist rechtswidrig, weil eine kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Klägerin nach Maßgabe von § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä nicht gewährleistet war.

53

aa. Ob die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungstruktur im Sinne des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä erfüllt sind, stellt die KÄV im Verfahren nach § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä fest. Danach ist der Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation zu bestimmen (§ 6 Satz 1, 2 Anlage 9.1 BMV-Ä). Eine Auslastung der Dialysepraxen in der Versorgungsregion ist nach § 6 Abs 1 Satz 3 Anlage 9.1 BMV-Ä anzunehmen, wenn kontinuierlich mindestens 90 % der nach der BlutreinigungsV festgelegten Patientenzahl von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird. Die Forderung nach einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur der projektierten Dialysepraxen gilt als dauerhaft erfüllt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden (§ 6 Satz 4 Anlage 9.1 BMV-Ä). Das Gleiche gilt, wenn sich die Versorgungsregionen zwar schneiden, jedoch die bereits bestehenden Dialysepraxen in diesem Umfang ausgelastet sind (§ 6 Satz 5 Anlage 9.1 BMV-Ä). § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV sieht beim ersten Arzt einen "Arzt-Patienten-Schlüssel" von bis zu 30 kontinuierlich versorgten Patienten jährlich, bei zwei Ärzten von bis zu 100 kontinuierlich versorgten Patienten vor.

54

Die danach erforderliche hinreichende Auslastung bereits bestehender Praxen muss nach der Rechtsprechung des Senats sowohl im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zusicherung oder Genehmigung des Versorgungsauftrags gegeben als auch - prognostisch - in Zukunft zu erwarten sein. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Senats bereits aus der wiederholten Verwendung des Begriffes "kontinuierlich" in den maßgeblichen Vorschriften der §§ 4, 6 Anlage 9.1 BMV(im Einzelnen vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anlage 9.1 Nr 7 RdNr 22).

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Nach den - insoweit unstreitigen und mit der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG bestand nach den aus den Abrechnungsrohdaten der klägerischen Praxis ermittelten Zahlen im Quartal I/2011 eine Auslastung der Klägerin von 1188 Pauschalen (91,38 Patienten), im Quartal II/2011 von 1234 Pauschalen (94,92 Patienten), im Quartal III/2011 von 1249 Pauschalen (96,07 Patienten) und im Quartal IV/2011 von 1192 Pauschalen (91,69 Patienten).

56

bb. Dabei hat das LSG die Auslastungsprüfung bezogen auf den Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung zu Unrecht unter der Annahme durchgeführt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der angefochtenen Genehmigung am 1.4.2011 wegen des Erlöschens der Versorgungsaufträge von Dr. H. und Dr. Ma. nach ihrem Ausscheiden aus der BAG der Klägerin nur noch über einen Versorgungsauftrag verfügte. Es waren vielmehr auch die Versorgungsaufträge der ausgeschiedenen Ärzte zu berücksichtigen.

57

Im Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides vom 1.4.2011 galt - wie auch im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 12.9.2011 - die Anlage 9.1 BMV-Ä in der seit 1.7.2009 gültigen Fassung (vgl DÄ 2009, A-1476 ff). Dort ist in § 4 Abs 1a Satz 1 geregelt, dass die Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags der Dialysepraxis iS des § 1a Nr 18 BMV-Ä erteilt wird. § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä sieht vor, dass der Versorgungsauftrag bei gemeinschaftlicher Berufsausübung bei Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis bei der Dialysepraxis verbleibt. Nach diesen Vorgaben verblieben die Versorgungsaufträge der ausgeschiedenen Gesellschafter in der Dialysepraxis der Klägerin (vgl BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Erst wenn der Nachweis, dass der ausscheidende Arzt ersetzt wurde, innerhalb von sechs Monaten nicht erbracht wird, ist die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen der Anzahl der verbliebenen Ärzte anzupassen, § 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV.

58

Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht aus den (bestandskräftigen) Genehmigungsbescheiden vom 10.4.2003 und vom 24.3.2009. In dem Dr. H. erteilten Genehmigungsbescheid vom 10.4.2003 ist geregelt, dass die Genehmigung an den derzeitigen Praxissitz gebunden ist und mit dem Ausscheiden aus der Dialysepraxis mit Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort erlischt. In dem Dr. Ma. erteilten Genehmigungsbescheid vom 24.3.2009 ist der entsprechende Passus so gefasst, dass die Genehmigung an den derzeitigen Praxissitz und an die Gemeinschaftspraxis gebunden ist. Sie erlischt danach mit dem Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort und/oder mit der Beendigung der Gemeinschaftspraxis.

59

Diese Verfügungen, die an Dr. H. und Dr. Ma. adressiert waren, sind nicht so zu verstehen, dass die Versorgungsaufträge bei einem Ausscheiden des jeweiligen Gesellschafters und Mitglieds aus der am bisherigen Praxissitz weiterhin bestehenden BAG auch mit Wirkung für die Dialysepraxis erlöschen. Sie bringen vielmehr lediglich gegenüber dem Arzt als Adressaten zum Ausdruck, dass eine Bindung des Versorgungsauftrags an den Ort der Niederlassung besteht (§ 3 Abs 3 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä) und dass der in gemeinsamer Berufsausübung erteilte Versorgungsauftrag bei Ausscheiden aus der Dialysepraxis nicht "mitgenommen" werden kann, sondern für den Arzt "erlischt". Hieraus folgt aber nicht notwendig ein Erlöschen der Versorgungsaufträge auch der Dialysepraxis. In dem an Dr. Ma. gerichteten Bescheid wird dies besonders deutlich. Dort ist von der "Beendigung der Gemeinschaftspraxis" die Rede. Ein bloßer Wechsel im Gesellschafterbestand führt jedoch nur für das ausscheidende Mitglied zur Beendigung der gemeinsamen Berufsausübung; die BAG zwischen den verbleibenden Gesellschaftern besteht hingegen - jedenfalls bei Verbleib von mindestens zwei Mitgliedern in der BAG - fort (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 16 ff mwN).

60

§ 6 Abs 1 Satz 3 Anlage 9.1 BMV-Ä bestimmt zwar, dass eine Auslastung der Dialysepraxen in der Versorgungsregion anzunehmen ist, wenn kontinuierlich mindestens 90 % der nach der BlutreinigungsV festgelegten Patientenzahl "von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird". Diese Formulierung könnte dahin verstanden werden, dass die Zahl der tatsächlich in der Versorgung tätigen Ärzte maßgeblich sein soll. Dieses Verständnis wäre jedoch nicht damit in Einklang zu bringen, dass der Versorgungsauftrag einer Dialysepraxis oder Dialyseeinrichtung bei Ausscheiden eines Arztes erst nach sechs Monaten angepasst wird, wenn die Praxis den Ersatz des Arztes nicht nachweist (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 7 BlutreinigungsV). Wäre der Umfang eines solchen fortbestehenden Versorgungsauftrags bei der Feststellung, ob eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur kontinuierlich gewährleistet ist, nicht zu berücksichtigen, könnte es zwischenzeitlich - vor dem Nachweis des Ersatzes des ausgeschiedenen Arztes - zur Genehmigung neuer Versorgungsaufträge kommen. Würde die Dialysepraxis auf Grundlage von § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV dann innerhalb der Sechs-Monats-Frist von ihrem Nachbesetzungsrecht Gebrauch machen, wäre eine nicht gewollte Vermehrung der Versorgungsaufträge im Versorgungsbereich eingetreten.

61

Es war mithin hier der Versorgungsauftrag der Klägerin für die Behandlung von bis zu 150 Patienten, der der Klägerin nach Ausscheiden der Ärzte Dr. H. und Dr. Ma. im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung am 1.4.2011 unverändert zur Verfügung stand, zu berücksichtigen. Unter Einbeziehung dieses Versorgungsauftrags war die Klägerin im Quartal 1/2011 (ohne Abzug von Heimdialysepatienten; vgl dazu BSG SozR 4-5540 Anlage 9.1 Nr 7 RdNr 36 f) zu 60,92 % ausgelastet. Im Quartal II/2011 ergab sich eine Auslastung von 63,28 %, im Quartal III/2011 von 64,05 % und im Quartal IV/2011 von 61,13 %. Somit fehlte es im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung an Dr. H. sowohl an einer auf diesen Zeitpunkt bezogenen hinreichenden Auslastung der Klägerin als auch an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin in der Folgezeit - jedenfalls während der Dauer der Sechs-Monats-Frist - hinreichend ausgelastet war.

62

d. Der Bescheid vom 15.3.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.3.2013 und des Bescheides vom 15.4.2013 mit der Genehmigung eines zweiten Arztes ist, wie bereits ausgeführt, Annex der Genehmigung vom 1.4.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides. Das SG hat auch diesen Bescheid zu Recht aufgehoben.

63

e. Die hier maßgeblichen Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind verfassungsgemäß. Die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsfreiheit der aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Ärzte wird zwar eingeschränkt; das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen ist jedoch nicht überschritten. In das durch Art 12 Abs 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr; vgl nur BVerfGE 36, 212, 219 ff; 45, 354, 358 f; 93, 362, 369; 135, 90, 111 RdNr 57; 141, 82, 98 RdNr 47; zuletzt BVerfG Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12, 1 BvR 1630/12, 1 BvR 11 BvR 1694/13, 1 BvR 11 BvR 1874/13 - Juris - RdNr 121). Der Eingriff muss zur Erreichung eines legitimen Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weitergehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern; ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl BVerfGE 54, 301, 313; 101, 331, 347; 141, 121, 133 RdNr 40).

64

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. machen einen Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG geltend, wenden sich dabei jedoch nicht gegen die von der BlutreinigungsV geregelten Anforderungen an die fachliche Kompetenz sowie die organisatorische und apparative Ausstattung, sondern allein gegen die bedarfsplanerische Komponente von Anlage 9.1 BMV-Ä, die darüber hinausgehende Kriterien für die Strukturqualität formuliert. Eine solche Komponente ist auch der Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis bei Ausscheiden eines Arztes. Hierin liegt eine Beschränkung der Berufsfreiheit des ausscheidenden Arztes, der seine bisherige Berechtigung zur Durchführung von Dialyseleistungen verliert. Diese rückt im Hinblick auf die Besonderheiten der Leistungserbringung und nicht zuletzt wegen des regelmäßigen Zusammenhangs mit einer Sonderbedarfszulassung sowohl in fachlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht in die Nähe einer Statusentscheidung (vgl zur Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach § 121a SGB V: BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Ein Internist mit einer Genehmigung nach Anlage 9.1 BMV-Ä ist in der Regel ausschließlich in diesem Bereich tätig. Allerdings wird dem entsprechend qualifizierten Arzt mit dem Verbleib des Versorgungsauftrags in der Praxis lediglich die Möglichkeit genommen, ohne weitere Bedarfsprüfung an einem anderen Ort seiner Wahl Dialysen an gesetzlich Versicherten durchzuführen und abzurechnen. Im Übrigen wird ihm der Zugang zur vertragsärztlichen und speziell zur nephrologischen Versorgung nicht versperrt. Dass der Versorgungsauftrag nicht bedarfsunabhängig verlagert werden darf, beschränkt nur die Betätigungsmöglichkeiten des aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arztes in örtlicher Hinsicht (vgl zu örtlichen Zulassungsbeschränkungen BVerfG MedR 2001, 639; BSGE 82, 41, 43 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 11 ff). Dieser Grundrechtseingriff ist durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt und verhältnismäßig.

65

aa. Rechtsgrundlagen für die Regelungen in § 2 Abs 7 BMV-Ä iVm Anlage 9.1 BMV-Ä sind §§ 82 Abs 1 iVm 72 Abs 2 SGB V.

66

§ 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die allgemeine Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung. Nach diesen Vorschriften ist die vertragsärztliche Versorgung unter anderem durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist, wobei die KÄBV mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge in Bundesmantelverträgen zu regeln hat.

67

Die gesetzlichen Ermächtigungen in § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V sind hinreichend bestimmt. Die Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG sind hier nicht anwendbar. Dessen Vorgabe, dass Ermächtigungsgrundlagen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein müssen, betrifft Rechtsverordnungen, nicht aber Normsetzungen, die in anderer Gestalt als durch Rechtsverordnungen erfolgen (vgl BVerfGE 33, 125, 157 f; 44, 322, 349; 97, 332, 343). Dementsprechend bedarf es für die im SGB V vorgesehene Normsetzung der sog gemeinsamen Selbstverwaltung keiner gemäß Art 80 Abs 1 Satz 2 GG eng umrissenen gesetzlichen Grundlage (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 22). Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auf § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 und § 135 Abs 2 SGB V gestützte Regelungen der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung verfassungsrechtlich zulässig sind(vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 18 ff; BSGE 115, 235 = SozR 4-2500 § 135 Nr 21, RdNr 32 unter Hinweis auf BVerfGK 18, 345 sowie BVerfG SozR 4-2500 § 135 Nr 16). Insofern fehlt es den Vertragspartnern auch nicht an der erforderlichen demokratischen Legitimation (vgl BSGE 82, 41, 46 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15 ff zum Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, heute: Gemeinsamer Bundesausschuss).

68

§ 72 Abs 2 und § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V decken die von den Vertragspartnern in der Anlage 9.1 BMV-Ä für den Bereich der Dialyseversorgung vereinbarten Regelungen. Die Vertragspartner haben damit entsprechend dem gesetzlichen Auftrag spezielle Regelungen für eine ausreichende und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen getroffen. Diese stehen, wie in § 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä ausdrücklich aufgeführt, im Zusammenhang mit den Regelungen der Sonderbedarfsplanung gemäß der BedarfsplRL des GBA, der BlutreinigungsV, der Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA und den Regelungen der KÄBV zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte nach § 95d SGB V. Der GBA nimmt in der auf der Grundlage von § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB V erlassenen BedarfsplRL auf die BlutreinigungsV und die Anlage 9.1 BMV-Ä Bezug. Nach § 37 Abs 4 BedarfsplRL ist die Anlage 9.1 BMV-Ä bei den Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung wegen eines Bedarfs - zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung oder wegen des Erfordernisses eines weiteren Arztes nach der BlutreinigungsV - in der Dialyseversorgung zu berücksichtigen. Die Zulassung ist im Fall gemeinsamer Berufsausübung auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung beschränkt. Die BlutreinigungsV regelt die fachlichen, organisatorischen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Dialysebehandlungen und verweist in § 2 Satz 2 für das Genehmigungsverfahren auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Auch die Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA enthält in § 2 Abs 3 einen Hinweis auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Aus dem Zusammenhang und der jeweiligen Bezugnahme wird deutlich, dass die bedarfsplanerischen Elemente der Anlage 9.1 BMV-Ä, die auch die Bindung des Versorgungsauftrags an die Dialysepraxis umfassen, eng mit einer der KÄV obliegenden Qualifikations- und Fachkundeprüfung verzahnt sind. So ist Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Bedarfs der in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 BlutreinigungsV unter Qualitätssicherungsaspekten festgelegte "Arzt-Patienten-Schlüssel". Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungsstruktur wird sodann anhand der für die konkrete Praxis maßgeblichen Versorgungsregion und anhand des tatsächlichen Auslastungsgrades der in der Versorgungsregion bestehenden Praxen beantwortet. Durch dieses spezielle Konstrukt für die Feststellung eines konkreten Versorgungsbedarfs für einen besonderen Leistungsbereich wird die Zuständigkeit des GBA für die generelle vertragsärztliche Bedarfsplanung nicht berührt. Die Belange der Verbände der Krankenkassen sind im Verfahren durch das Erfordernis des Einvernehmens gewahrt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34).

69

Dieses in sich schlüssige Konzept beruht auf ineinandergreifenden Elementen der Qualitätssicherung, der Regulierung des Marktzugangs durch normative Planungsvorgaben an Hand eines Arzt-Patienten-Schlüssels, der Schaffung von Versorgungsregionen und der Sicherung der wirtschaftlichen Versorgung an den gewachsenen Standorten der zugelassenen oder ermächtigten Leistungserbringer auch durch Schutz vor zusätzlichen, nicht zur Bedarfsdeckung erforderlichen Leistungsanbietern. Aus diesem Konzept kann nicht - wie die Beigeladene zu 1. und die Beklagte meinen - ein Element, nämlich die Bindung eines Versorgungsauftrags an eine Praxis und deren Standort, herausgebrochen werden, ohne dass das Konzept insgesamt in Frage gestellt würde. Der Senat ist deshalb in seinen Entscheidungen zur Anlage 9.1 seit dem Jahr 2011 stets von deren Rechtmäßigkeit ausgegangen. Auch von den Beteiligten sind erstmals in den am heutigen Tag entschiedenen Verfahren Bedenken erhoben worden.

70

Dass auch der Gesetzgeber von einer umfassenden und sachgerecht wahrgenommenen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge ausgegangen ist, wird darin deutlich, dass er sich in Kenntnis der Regelungen in Anlage 9.1 BMV-Ä seit Jahrzehnten einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Versorgung der Versicherten mit Dialyse enthalten hat. Er hat lediglich punktuelle Einzelregelungen - etwa in § 126 Abs 3 SGB V zur Vergütung nichtärztlicher Dialyseleistungen - getroffen. Auch die Existenz von ärztlich geleiteten Einrichtungen, die den Dialysemarkt stark prägen, und das spezielle Nebeneinander von ärztlichen und nichtärztlichen technischen und pflegerischen Leistungen, auf die der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 4.5.1994 (BSGE 74, 154 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 6) hingewiesen hat, haben dem Gesetzgeber keinen Anlass zu eigenständigen Regelungen gegeben. Daraus hat der Senat wegen der bestehenden Besonderheiten im Versorgungsbereich Dialyse abgeleitet, dass der auf § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 9 der Anlage 9.1 BMV-Ä beruhende Status ermächtigter Einrichtungen demjenigen zugelassener Vertragsärzte entspricht (vgl SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 24). Da der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, detaillierte Vorgaben für die Struktur der Dialyseversorgung zu machen oder eine entsprechende Ermächtigung an den GBA vorzusehen, ist derzeit davon auszugehen, dass die Sicherstellung der Versorgung vorrangig den Vertragspartnern auf Bundesebene überantwortet ist.

71

bb. Die Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind durch wichtige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die sich aus diesem Konzept der Regelungen zur Dialyseversorgung ergebenden örtlichen Beschränkungen für die Genehmigung weiterer Versorgungsaufträge in Versorgungsregionen, in denen (noch) keine hinreichende Auslastung der bestehenden Dialysepraxen gegeben ist, dienen der Sicherung der Versorgungsqualität sowie der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung der nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Sie tragen - gerade im mit außergewöhnlich hohen Kosten verbundenen Bereich der Dialysebehandlung - zur finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung bei und dienen damit einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3; BVerfGE 70, 1, 30 = SozR 2200 § 376d Nr 1 S 11 f; BVerfGE 82, 209, 230), der sogar Eingriffe, die Beschränkungen der Berufswahl nahekommen, rechtfertigen würde (vgl BVerfGE 82, 209, 229 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 23 - 24 mwN; BSGE 82, 41, 44 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 13 ff). Gefördert wird, insbesondere durch den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis, zudem die gemeinschaftliche Berufsausübung, die nicht nur als organisatorische Erleichterung, sondern vor allem aus Gründen der Versorgungsqualität erwünscht ist. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Leistungen ist dabei ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (vgl BSGE 82, 55, 61 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 43; BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 8 S 22).

72

Die Normgeber haben in nicht zu beanstandender Weise die Besonderheiten im Leistungsbereich der Dialyseversorgung berücksichtigt. Diese unterscheidet sich grundlegend von anderen Leistungsbereichen wie etwa der Radiologie oder der Labormedizin, die ebenfalls von den Leistungserbringern erhebliche Investitionen verlangen. Dabei kann offenbleiben, inwiefern die für den Betrieb einer Dialysepraxis entstehenden Kosten mit anderen Fachgebieten vergleichbar sind. Gerade bei der Versorgung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Dialysebehandlung in der Regel lebenslang mehrmals die Woche und über mehrere Stunden benötigen, kommt der Kontinuität und Wohnortnähe der Versorgung jedenfalls ein besonderer Stellenwert zu, da die Behandlung tief in die persönliche Lebensführung eingreift (vgl zu den entstehenden Fahrkosten Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinie des GBA). Um eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung von Dialysepatienten sicherzustellen, hat der Normgeber ein Konzept entwickelt, in dem zum einen mit der Bildung von Versorgungsregionen eine räumliche Komponente berücksichtigt wurde. Zum anderen wurde mit dem Abstellen auf einen bestimmten Auslastungsgrad der in der Versorgungsregion tätigen Praxen eine für die Leistungserbringer wirtschaftliche Praxisführung gewährleistet. Dieser Bestandsschutz der bereits tätigen Praxen dient der Verhinderung eines Wettbewerbs, der zu Unwirtschaftlichkeiten in der Versorgung insgesamt und durch Verdrängung von Leistungserbringern zu einer unerwünschten räumlichen Konzentration oder zu Versorgungslücken führen kann (vgl Köhler, Dialysevereinbarung: Gegen den industriellen Verdrängungswettbewerb, DÄ 2002, A-828). Die wirtschaftliche Sicherung bestehender Praxen liegt auch im Interesse des Patientenwohls, weil hierdurch verhindert werden soll, dass die Versorgung der Patienten mit Dialyseleistungen durch die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz bestehender Praxen in Frage gestellt wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). Dass gerade in kostenintensiven Leistungsbereichen die Gefahr einer Konzentration weniger Praxen an insgesamt attraktiven Standorten besteht, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der Versorgung mit radiologischen Leistungen.

73

cc. Der Eingriff ist auch insgesamt verhältnismäßig. Die angegriffenen Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind geeignet und erforderlich zur Erreichung des genannten Gemeinwohlbelangs. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen bezogen auf die maßgeblichen Gemeinwohlziele in einem angemessenen Verhältnis. Im Rahmen der Abwägung der Schwere des Eingriffs gegenüber den der Regelung zugrunde liegenden Gemeinwohlinteressen durfte der Normsetzer diesen Belangen den Vorrang einräumen. Wie bereits dargelegt, hätte sich ohne den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis die Zahl der Leistungserbringer in der Dialyseversorgung ohne Begrenzung erhöhen können. Das würde die Intentionen des Normgebers, zum einen mit der Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang einen Anreiz zu setzen, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, und zum anderen eine wirtschaftliche Versorgung mit Dialyseleistungen insgesamt durch eine Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer zu bewirken, zuwiderlaufen. Die Einschränkungen der Berufsfreiheit des einzelnen Arztes stehen nicht außer Verhältnis zu den gewichtigen Gemeinwohlbelangen. Zum einen kann ein Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie bzw ein Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie (vgl Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom 23.10.2015 Ziffer 13.7 S 84) nephrologische Leistungen auch außerhalb der Dialyse erbringen. Zum anderen stehen dem aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arzt auch weiterhin Betätigungsmöglichkeiten in diesem Bereich offen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Dialyseleistungen in aller Regel in ärztlichen Kooperationen erbracht werden. Ein Arzt, der aus einer BAG ausscheidet, kann zwar seinen Versorgungsauftrag nicht mitnehmen, er kann aber den in einer anderen BAG, einem MVZ oder bei einer der in diesem Versorgungssegment stark vertretenen ermächtigen ärztlich geleiteten Einrichtungen (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30) frei gewordenen Versorgungsauftrag übernehmen. Gerade in einem Markt, der - zT historisch bedingt - stark von Leistungserbringern wie dem Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation mit einer Vielzahl angestellter Ärzte oder in Kooperation tätiger selbstständiger Ärzte geprägt wird, sind die beruflichen Möglichkeiten einer fachlich hoch spezialisierten Gruppe wie der Nephrologen auch ohne die Bindung des Versorgungsauftrags an eine Person vielfältig. Schließlich kann eine Einzelpraxis, die Dialysen anbietet, unter den Voraussetzungen des § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV ohne Bedarfsprüfung um einen weiteren Arzt verstärkt werden(vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 32 f). In Fällen einer Praxisnachfolge ist die Übertragung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags in § 4 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä vorgesehen. Nur für den Fall der Gründung einer neuen Dialysepraxis besteht die Notwendigkeit, die Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrags unter den in der Anlage 9.1 BMV-Ä genannten Voraussetzungen zu beantragen. Die damit verbundene räumliche Einschränkung der Berufstätigkeit ist angesichts der überragenden Bedeutung der mit dem Regelungskonzept der Anlage 9.1 BMV-Ä verfolgten Gemeinwohlbelange hinzunehmen.

74

II. Im Interesse der unverzichtbaren Kontinuität der Versorgung der Versicherten modifiziert der Senat die Aufhebung der angefochtenen Genehmigungen in der Weise, dass diese erst mit Ablauf des 31.12.2017 wirksam wird. Ähnlich wie in dem am 28.10.2015 (SozR 4-5540 § 6 Nr 2, RdNr 47) entschiedenen Fall kann der Senat nicht darüber hinwegsehen, dass am Standort der Beigeladenen zu 1. seit Jahren Patienten mit Dialyseleistungen versorgt werden. Dieses Versorgungsangebot kann nicht an dem Tag der rechtskräftigen Feststellung der Rechtswidrigkeit der ihm zugrunde liegenden Genehmigungen beendet werden. Der Senat sieht - wie im vorgenannten Verfahren - anderenfalls die Gefahr, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfiele. Gleichzeitig werden die Folgen der Entscheidung für die Mitglieder der Beigeladenen zu 1. abgefedert.

75

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Beklagte und die Beigeladene zu 1. auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen (§ 154 Abs 1, § 159 Satz 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. ist nicht veranlasst; sie haben im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1. werden die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom 24. Mai 2016 und des Sozialgerichts für das Saarland vom 12. Dezember 2012 sowie der Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2012 (Beschluss des Widerspruchsausschusses vom 30. Januar 2012) mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Wirkungen der Aufhebung erst mit Ablauf des 31. Dezember 2017 eintreten. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zu 1. zurückgewiesen.

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7.

Tatbestand

1

Die zu 1. klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) wendet sich mit einer Konkurrentenklage gegen einen der Praxis des Beigeladenen zu 1. erteilten nephrologischen Versorgungsauftrag. Der Kläger zu 2. hat seine Revision im Termin zur mündlichen Verhandlung nach einem Hinweis des Senats zurückgenommen.

2

Die Dres. G., D. und H. sind in einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) - der Klägerin zu 1. - tätig und als Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung in N. zugelassen. Die Dres. G., D. und H. verfügen über drei Versorgungsaufträge nach der Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä; bis zum 31.12.2012 BMV-Ä/Ersatzkassenvertrag-Ärzte). Auch dem Kläger zu 2., der bei der Klägerin angestellt ist, ist von der Beklagten am 27.6.2011 ein solcher Versorgungsauftrag erteilt worden, der allerdings mit Bescheid vom 30.1.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.4.2012 wieder aufgehoben wurde; Rechtsmittel der Kläger hiergegen sind im Ergebnis erfolglos geblieben (vgl hierzu Beschluss des Senats vom 30.11.2016 - B 6 KA 35/16 B - Juris).

3

Der Beigeladene zu 1. ist ebenfalls als fachärztlicher Internist mit dem Schwerpunkt Nephrologie tätig. Ihm wurde mit Bescheid der Beklagten vom 23.10.2003 ein nephrologischer Versorgungsauftrag erteilt "in eigener Dialysepraxis - und in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit Dr. B. gemäß § 8 (Übergangsregelung für die Genehmigung von Versorgungsaufträgen bei Vertragsärzten) der Anlage 9.1 BMV-Ä für den Praxissitz W. ring, 66 H." bei im Einzelnen aufgeführten Patientengruppen sowie gemäß Abs 3 erster Abschnitt (Anforderung an die Genehmigung für eine ausgelagerte Praxisstätte in der Versorgungsregion) der Anlage 9.1.5 BMV-Ä ab dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung zum 9.5.2003 für die ausgelagerte Praxisstätte LC-Einheit N., H. straße, 66 N. und gemäß Abs 3 zweiter Abschnitt für die Dauer von zehn Jahren für die ausgelagerte Praxisstätte LC-Einheit S., E. straße, 66 S. Der Bescheid enthielt folgenden Zusatz: "Diese Genehmigung ist an den derzeitigen Praxissitz und die beiden v. g. Praxisstätten gebunden. Bei Ausscheiden aus der Dialysepraxis erlischt diese Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge mit dem Datum der Beendigung der Niederlassung am Praxisort."

4

Im April 2011 teilte der Beigeladene zu 1. der Beklagten mit, dass er die BAG mit Dr. B. zum 30.9.2011 beenden werde, und beantragte die Verlegung seines Vertragsarztsitzes in die S. Straße, 66 I. zum 1.10.2011. Weiter stellte er den Antrag auf Genehmigung der Übernahme eines nephrologischen Versorgungsauftrags nach der Anlage 9.1 BMV-Ä für den neuen Praxissitz in I. Dr. B. verzichtete auf seine Zulassung zugunsten des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) S. und erbringt am bisherigen Standort der BAG als angestellter Arzt Dialyseleistungen.

5

Daraufhin teilte die Beklagte den Beigeladenen zu 2. bis 7. mit Schreiben vom 26.4.2011 zur Herstellung des Einvernehmens mit, dass die projektierte Dialysepraxis des Beigeladenen zu 1. voraussichtlich hinreichend ausgelastet sein werde und auch die weiteren in der Versorgungsregion liegenden Dialysepraxen zu mehr als 90 % ausgelastet seien. Es werde um kurzfristige Mitteilung gebeten, ob die Zustimmung zur Erteilung des Versorgungsauftrags erteilt werde. Sollte bis zum 25.5.2011 keine gegenteilige Nachricht eingehen, werde vom Bestehen des Einverständnisses ausgegangen.

6

Mit Bescheid vom 31.5.2011 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags nach der Anlage 9.1 BMV-Ä für die Behandlung von maximal 30 mit Blutreinigungsverfahren zu behandelnden Patienten am Praxissitz S. Straße, 66 I.

7

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 22.8.2011 Widerspruch ein. Die Beklagte ordnete daraufhin mit weiterem Bescheid vom 29.8.2011 die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 31.5.2011 an. Die dagegen eingelegten Rechtsbehelfe der Klägerin blieben ohne Erfolg.

8

Mit Beschluss vom 30.1.2012 (Bescheid vom 27.2.2012) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruch richte sich gegen den Bescheid vom 23.10.2003, dessen Rechtswirkungen auch nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis nicht erloschen seien. Damit sei der Widerspruch verfristet. Die Beklagte habe dem Beigeladenen zu 1. den Versorgungsauftrag im Jahre 2003 persönlich erteilt. Dessen Fortführung in derselben Versorgungsregion sei ohne eine weitere Auslastungsprüfung umliegender Dialysepraxen möglich.

9

Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit Urteil vom 12.12.2012 abgewiesen. Die Kläger könnten nicht geltend machen, das Einvernehmen mit den Beigeladenen zu 2. bis 7. nach § 4 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä sei nicht wirksam hergestellt worden. Auch könnten sie sich zur Frage einer ausreichenden Auslastung der Dialysepraxis nur auf ihre eigene Auslastungssituation, nicht auf die anderer Dialysepraxen berufen. Eine Auslastungsprüfung habe zwar zu erfolgen. Aus den einschlägigen Normen folge erkennbar eine Ortsbezogenheit der Versorgungsaufträge auf einen bestimmten Praxissitz. Verlege der Beigeladene zu 1. seinen Praxissitz an einen anderen Ort, so löse dies erneut die Prüfung der Erteilung eines Versorgungsauftrags aus. Zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung habe aber ausgehend von drei vollziehbaren Versorgungsaufträgen für die Behandlung von bis zu 150 Dialysepatienten eine hinreichende Auslastung der Dialysepraxis der Kläger bestanden. Nach den von der Beklagten übermittelten Daten seien in den Quartalen I/2011 bis IV/2011 139, 142, 143 und 140 Patienten kontinuierlich behandelt worden, sodass eine hinreichende Auslastung von mindestens 90 % bestanden habe. Das gelte selbst unter Zugrundelegung der von den Klägern abweichend vorgetragenen Auslastungen im Jahre 2011 von 135,37 Patienten.

10

Soweit die Kläger am 1.3.2011 einen Antrag für einen nephrologischen Versorgungsauftrag für einen vierten Arzt gestellt hätten, könne dies nicht berücksichtigt werden. Zu diesem Zeitpunkt habe es in der Dialysepraxis der Kläger, die weniger als 150 Dialysepatienten im Sinne der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren (Blutreinigungsvereinbarung = BlutreinigungsV) behandelt hätten, eines vierten Arztes noch nicht bedurft. Auch könnten sich die Kläger nicht auf den für den Kläger zu 2. erst später, am 27.6.2011, und damit zeitlich nach dem 31.5.2011 erteilten nephrologischen Versorgungsauftrag berufen, zumal dieser auch von mehreren konkurrierenden Dialysepraxen, nicht nur vom Beigeladenen zu 1., angefochten worden und damit nicht vollziehbar sei.

11

Auch die Voraussetzungen des § 6 Abs 2 Buchst b Anlage 9.1 BMV-Ä lägen nicht vor. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Abfrage der Bereitschaft, sich für den Fall des Erfordernisses der Tätigkeit eines zusätzlichen Arztes in der Dialysepraxis mit einem solchen zusammenzuschließen, lasse sich der Vorschrift nicht entnehmen. Eine Weiterentwicklungsgarantie allein für vorhandene Dialysepraxen mit einem Ausschluss hinzukommender Vertragsärzte sei mit der verfassungsrechtlich garantierten Berufsfreiheit nicht in Einklang zu bringen. Im Übrigen wäre überhaupt nicht ersichtlich, bei welchen von zB mehreren bereits hinreichend ausgelasteten und vorhandenen Dialysepraxen denn anzufragen wäre.

12

Das LSG hat mit Urteil vom 24.5.2016 die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Ein Vorrang der den Klägern erteilten Versorgungsaufträge im Verhältnis zu dem Versorgungsauftrag des Beigeladenen zu 1. sei in jedem Fall zu verneinen. Der Beigeladene zu 1. habe keine Erstzulassung für das Blutreinigungsverfahren im Einzugsbereich der Beklagten beantragt, sondern lediglich die "Mitnahme" seiner bereits im Jahr 2003 erteilten Berechtigung in eine neue Praxis. Das Auseinanderbrechen einer Gemeinschaftspraxis bzw BAG dürfe - jedenfalls für Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen die Genehmigung vor der am 1.7.2005 in Kraft getretenen Neufassung der Anlage 9.1 BMV-Ä erteilt worden sei - nicht dazu führen, dass der aus der Gemeinschaftspraxis bzw BAG ausscheidende Arzt seine bisherige Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags für Blutreinigungsverfahren verliere. Die Vorschriften der Anlage 9.1 BMV-Ä beträfen lediglich die Neuzulassung weiterer Praxen, die bisher noch keine Genehmigung haben, nicht aber den Fall, dass ein Vertragsarzt mit der Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags zur Durchführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren seine Praxis im Planungsbereich verlegen wolle. Zu berücksichtigen sei, dass einem Arzt, dem bereits vor dem Jahr 2005 die Genehmigung zur Durchführung von Dialysebehandlungen in einem bestimmten Umfang erteilt worden sei, erhebliche wirtschaftliche Nachteile drohten, wenn ihm der erteilte Versorgungsauftrag zur Gänze entzogen werde; die Möglichkeit, weiter als Nephrologe ohne Dialyseberechtigung tätig sein zu können, stelle hierbei im Lichte des Grundrechts der Berufsfreiheit keine ausreichende Kompensation dar.

13

§ 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä in der seit dem 1.7.2009 geltenden Fassung, wonach der Versorgungsauftrag beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis bei der Dialysepraxis verbleibe, sei hier schon deshalb nicht anwendbar, weil die aus Dr. B. und dem Beigeladenen zu 1. bestehende 2er-BAG aufgelöst worden sei, sodass eine "Dialysepraxis", bei der der Versorgungsauftrag hätte verbleiben können, gar nicht mehr vorhanden gewesen sei. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass Dr. B. in der Folge als Angestellter des MVZ mit dem Sitz W. ring, 66 H., tätig geworden sei, weil das MVZ nicht als Rechtsnachfolger der zuvor bestehenden BAG Dres. B. und S. anzusehen sei.

14

Eine Klagebefugnis sei auch dann zu verneinen, wenn die Genehmigung dem Beigeladenen zu 1. erst nach dem 1.7.2005 erteilt worden wäre. Im SGB V finde sich kein gesetzlicher Auftrag für die Partner der Bundesmantelverträge, die Erteilung einer Dialyse-Genehmigung von bedarfsplanerischen Erwägungen abhängig zu machen. Der Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufswahlfreiheit werde deutlich bei einer Fallgestaltung, in der eine aus zwei Ärzten bestehende BAG, der die Genehmigung zur Erbringung von Dialyseleistungen erteilt sei, aufgelöst werde und einer der beiden Ärzte gezwungen sei, die Praxisräumlichkeiten zu verlassen. Wenn der die Praxis verlassende Arzt nun im selben Gebäude Räumlichkeiten anmieten und dort eine eigene Praxis eröffnen würde, dürfte er keine Dialyseleistungen mehr erbringen, während der in der Praxis verbliebene Arzt nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV einen weiteren Arzt zur Erbringung von Dialyseleistungen hinzunehmen dürfte. Ein derartiges, unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht haltbares Ergebnis lasse sich nur vermeiden, wenn man ein "Ausscheiden aus der Dialysepraxis" nur annehme, wenn der aus der BAG ausgeschiedene Arzt keinen Antrag auf Verlegung seines Praxissitzes und Mitnahme seines Versorgungsauftrags gestellt habe. Damit sei aber in solchen Fällen ein Vorrang-Nachrang-Verhältnis im Sinne der Rechtsprechung des BSG zwischen dem ausgeschiedenen Arzt und Konkurrenten, die im selben Versorgungsbereich Dialyseleistungen erbringen, zu verneinen.

15

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin. § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä, wonach ein Versorgungsauftrag beim Ausscheiden eines Arztes aus einer Dialysepraxis in der Praxis verbleibe, gelte, ebenso wie § 4 Abs 1a Anlage 9.1 BMV-Ä, wonach besondere Versorgungsaufträge der Dialysepraxis ortsbezogen erteilt würden, mangels Übergangs- und Bestandsschutzvorschriften ab dem Inkrafttreten zum 1.7.2009 für alle Dialysegenehmigungen. Dass besondere Versorgungsaufträge schon seit Inkrafttreten der Anlage 9.1 BMV-Ä bei gemeinschaftlicher Leistungserbringung der Dialysepraxis und nicht dem einzelnen Arzt erteilt würden, folge aus dem Wortlaut des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä, dem Gesamtkontext der Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä und der BlutreinigungsV und der Entstehungsgeschichte. So habe die BlutreinigungsV bereits seit 2002 vorgesehen, dass eine Dialysepraxis einen ausgeschiedenen Arzt innerhalb von sechs Monaten zu ersetzen habe. Nach den Vollzugshinweisen der KÄBV aus dem Jahr 2002 könnten nach dem Verständnis des Normgebers besondere Versorgungsaufträge erstens bei Ausscheiden aus einer Gemeinschaftspraxis nicht mitgenommen und zweitens als ortsbezogene Genehmigungen nur in unmittelbare räumliche Nähe zum ursprünglichen Sitz der Dialysepraxis verlegt werden. Könne ein Versorgungsauftrag mitgenommen werden, würde dies zu einer ungebremsten "Zellteilung und -vermehrung" führen. Hier habe die ursprüngliche Genehmigung vom 23.10.2003 in einer Nebenbestimmung ausdrücklich bestimmt, dass die Genehmigung an den derzeitigen Praxissitz gebunden sei. Die Auslegung des LSG, dass damit eine Bindung an den jeweiligen Praxissitz des Beigeladenen zu 1. bestehe, gehe fehl. Die Dialysepraxis sei hier nicht aufgelöst worden, sondern habe weiter bestanden, weil am selben Standort Dialyseleistungen von einem MVZ durch Dr. B. als angestelltem Arzt erbracht würden.

16

Zwischen § 24 Abs 7 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und Anlage 9.1 BMV-Ä bestehe keine Normenkollision. Der Bundesmantelvertrag - einschließlich sämtlicher Anlagen - beruhe nicht nur auf § 135 Abs 2 SGB V, sondern auch und vor allem auf §§ 82 Abs 1 Satz 1, 72 Abs 2 SGB V. Die Bindung besonderer Versorgungsaufträge an die Dialysepraxis sei auch mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Es handele sich bei der Ortsbindung und der Bindung des besonderen Versorgungsauftrags an die bestehende Dialysepraxis um Berufsausübungsbeschränkungen, die durch Gründe des Gemeinwohls, der Sicherung der Versorgungsqualität durch flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit allen Dialyseformen und -verfahren und der Wirtschaftlichkeit der nephrologischen Behandlung gesetzlich Versicherter, gerechtfertigt seien. Die Aufsplitterung größerer Dialyseeinrichtungen in Einzelpraxen gefährde eine kontinuierliche Versorgung durch mehrere Ärzte und führe zu kleinteiligen unwirtschaftlichen Strukturen. Anlage 9.1 BMV-Ä schränke auch das Recht der Versicherten auf freie Arztwahl nicht ein. Die formelle Rechtswidrigkeit der dem Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung ergebe sich aus der Verletzung des Einvernehmensverfahrens nach § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä. Die Landesverbände seien über die Auslastung der benachbarten Dialysepraxen getäuscht worden. Die materiellen Genehmigungsvoraussetzungen lägen nicht vor, da die Praxis der Kläger nicht hinreichend ausgelastet gewesen sei.

17

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG für das Saarland vom 24.5.2016 und das Urteil des SG für das Saarland vom 12.12.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2012 (Beschluss des Widerspruchsausschusses vom 30.1.2012) aufzuheben.

18

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

19

Die Beklagte trägt vor, die Vertragspartner nach § 82 SGB V seien nicht ermächtigt gewesen, die Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä zu treffen. Die Zuständigkeit für Bedarfsplanung liege beim Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA). Auch sei fraglich, ob die Motivlage des Normgebers zutreffe, da Anhaltspunkte für den behaupteten Verdrängungswettbewerb nicht bestünden. Eine Kollision mit § 24 Abs 7 Ärzte-ZV sei offensichtlich. Selbst wenn man die Bedarfsplanungs-Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä für verfassungsgemäß halte, müsse das Normwerk zulassen, dass ein Dialyse-Versorgungsauftrag dorthin mitgenommen werden könne, wo der zugehörige Vertragsarztsitz auf Grundlage von § 24 Abs 7 Ärzte-ZV zulässigerweise hin verlegt werden könne. Die Anfechtungsbefugnis müsse sich auf die Fälle beschränken, in denen ein neuer zusätzlicher Dialysearzt in die Versorgung eintrete und den Markt in quantitativer Hinsicht verändere. Hier bestehe keine Praxis mehr, bei der der Versorgungsauftrag verbleiben könne.

20

Der Beigeladene zu 1. trägt vor, der Versorgungsauftrag sei ihm mit Bescheid vom 23.10.2003 entsprechend der damaligen Rechtslage persönlich erteilt worden. Er könne den Versorgungsauftrag daher zusammen mit seiner Zulassung mitnehmen. Von einem Fortbestand der Dialysepraxis am W. ring in H. könne nicht ausgegangen werden, da eine andere Rechtspersönlichkeit und eine andere vertragsärztliche Kooperationsform bestehe. An der Versorgungssituation habe sich durch die Verlegung seines Vertragsarztsitzes nichts geändert. Wenn man der Ansicht der Kläger folge, könne die Zusammenarbeit zweier oder mehrerer in der Dialyse tätigen Ärzte nicht mehr beendet werden. Mit dem Entzug des Versorgungsauftrags werde ihm die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Die Urteile des SG und des LSG sowie der Bescheid der beklagten KÄV vom 31.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2012 (Beschluss vom 30.1.2012) sind aufzuheben. Zur Sicherung der kontinuierlichen Versorgung der Versicherten und zur Vermeidung eines übergangslosen Entfallens des Versorgungsangebotes der Praxis des Beigeladenen zu 1. lässt der Senat die Wirkung der Aufhebung des angefochtenen Bescheides jedoch erst mit Ablauf des 31.12.2017 eintreten.

22

I. Das LSG hat die Berufung der Klägerin zu 1. zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klägerin ist anfechtungsberechtigt und in ihren subjektiven Rechten verletzt.

23

1. Die Klägerin ist berechtigt, den Bescheid vom 31.5.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2012 anzufechten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 ff und 26 ff; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 18; BSG SozR 4-5540 § 6 Nr 2, RdNr 25; zuletzt BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 16) erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde in der Sache zutrifft.

24

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergan-gene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat der Senat in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24; zuletzt BSG Urteil vom 30.11.2016 - B 6 KA 3/16 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - RdNr 21). Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 19 mwN, zuletzt BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 16). Die Voraussetzungen liegen hier vor.

25

a. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. erbringen im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegt, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt bzw die BAG eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner/ihrer Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich faktisch der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis desjenigen, dessen Berechtigung angegriffen wird, in relevantem Maße überschneidet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24: mehr als 5 %; ebenso BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Bestehen eines faktischen Konkurrenzverhältnisses ist im Verhältnis von zwei weniger als 10 km, hier Luftlinie 8,86 km, voneinander entfernt liegenden Dialysepraxen plausibel. Bei solcher Nähe und einem so begrenzten Leistungszuschnitt bedarf es weder näherer Darlegungen des Anfechtenden noch näherer Ermittlungen durch die Zulassungsgremien oder die Gerichte, sondern es ist ohne Weiteres ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f).

26

b. Die weiteren Voraussetzungen - die Eröffnung oder Erweiterung der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und die Nachrangigkeit des dem Konkurrenten eingeräumten Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden - liegen ebenfalls vor.

27

aa. Der Anfechtungsberechtigung steht nicht entgegen, dass eine Genehmigung besonderer Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der BlutreinigungsV vom 16.6.1997 entschieden, dass sie als bloße Abrechnungsgenehmigung nicht von Konkurrenten angefochten werden könne, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Basis-Status betreffe. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war bis zum 30.6.2002 allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Für das seit dem 1.7.2002 geltende neue Recht hat der Senat hingegen eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30). Dabei hat der Senat ausgeführt, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie Ärzte (BedarfsplRL) und untrennbar mit dieser Statusentscheidung verbunden ist. Vor allem hat der Senat aber darauf abgestellt, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä durchzuführende Bedarfsprüfung Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind.

28

bb. Eine solche Bedarfsprüfung war auch hier durchzuführen. Sie entfiel nicht etwa deshalb, weil der Beigeladene zu 1. seinen Versorgungsauftrag nach seinem Ausscheiden aus der BAG an seinen neuen Vertragsarztsitz S. Straße, 66 I."mitnehmen" konnte. Dieser verblieb vielmehr in der Dialysepraxis. Der Antrag des Beigeladenen zu 1. vom 28.3.2011 auf Erteilung eines Versorgungsauftrags für seine "künftige Praxis" am heutigen Standort in I. ist als Neuantrag im Sinne des § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä zu werten. Die Genehmigung ist daher nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä unter anderem von der hinreichenden Auslastung der in der Versorgungsregion der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen abhängig.

29

(1) Zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beigeladenen zu 1. aus der BAG mit Dr. B zum 1.10.2011 galt § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä in der seit 1.7.2009 unverändert gültigen Fassung (vgl zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Drittanfechtungen BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 16 RdNr 25 mwN). In § 4 Abs 1b Anlage 9.1 BMV-Ä wurde 2009 die Regelung aufgenommen, dass der Versorgungsauftrag bei gemeinschaftlicher Berufsausübung im Fall des Ausscheidens eines Arztes aus der Dialysepraxis bei der Dialysepraxis verbleibt (DÄ 2009, A-1476). Gleichzeitig wurde in § 4 Abs 1a Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä festgeschrieben, dass die Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags iS des § 1a Nr 18 BMV-Ä der Dialysepraxis erteilt wird. Bereits zum 1.7.2005 war in § 4 Abs 1a Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä die Regelung aufgenommen worden, dass der Versorgungsauftrag bei gemeinschaftlicher Berufsausübung für denjenigen Arzt endete, der aus der Gemeinschaftspraxis ausschied (DÄ 2005, A-2267). § 7 Abs 4 Anlage 9.1 BMV-Ä war zum 1.7.2005 dahingehend neu gefasst worden, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis und Ersetzung durch einen entsprechenden Arzt gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV der eintretende Arzt auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erhielt, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 Anlage 9.1 BMV-Ä erfüllt waren. Diese Vorschrift wurde 2009 aufgehoben.

30

Es bestand nach dem Ausscheiden des Beigeladenen zu 1. auch weiterhin am bisherigen Standort eine Dialysepraxis, bei der der Versorgungsauftrag verblieb. Der frühere Praxispartner des Beigeladenen zu 1., Dr. B., verzichtete zum 1.10.2011 auf seine Zulassung, um am bisherigen Niederlassungsort W. ring in H. in der neu gegründeten MVZ S. GmbH in Anstellung tätig zu werden. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Versorgungsauftrag bei einem Wechsel eines zugelassenen Vertragsarztes als Angestellter in ein MVZ inhaltlich unverändert auf das MVZ für den angestellten Arzt übertragen wird (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Zwar besteht insofern ein Unterschied zu dem entschiedenen Fall, als dort die bestehende BAG aufgelöst wurde und alle ehemaligen Praxispartner gemeinsam das MVZ gründeten, während hier nur einer der beiden Praxispartner seine Zulassung in das MVZ einbrachte. Auch in einer derartigen Konstellation, in der ein Mitglied der ehemaligen BAG am selben Vertragsarztsitz, mit derselben Infrastruktur und in denselben Räumlichkeiten weiterhin Dialyseleistungen erbringt, die Versorgung mithin nahtlos weitergeführt wird und sich nur der rechtliche Träger der Praxis ändert, besteht aber die Dialysepraxis iS von § 4 Abs 1a Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä fort. Die grundlegenden Unterschiede im Teilnahmestatus des Vertragsarztes und des angestellten Arztes in einem MVZ stehen zwar nach der Rechtsprechung des Senats der Annahme entgegen, der eine Status setze sich gleichsam automatisch im anderen fort (Urteil vom 17.10.2012 - SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; s auch zum Ausschluss der Praxisnachfolge allein durch einen angestellten Arzt in der Zweigpraxis einer BAG Urteil vom 20.3.2013 - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 42). Auf der anderen Seite ist aber klar, dass der Gesetzgeber Vertragsärzten die Möglichkeit geben wollte, ihrer Tätigkeit auch als Vertragsärzte oder als angestellte Ärzte in einem - uU von ihnen selbst gegründeten - MVZ nachzugehen (§ 103 Abs 4a Satz 1 SGB V). Für den Versorgungsbereich Dialyse setzt ein entsprechender Statuswechsel faktisch die Übernahme der bisherigen Versorgungsaufträge voraus. Diese werden standortbezogen einer Praxis ungeachtet ihrer Rechtsform (Einzelpraxis, BAG, MVZ) erteilt und verbleiben dort, auch wenn ein Arzt die Kooperation verlässt (vgl auch Senatsurteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 18/16 R). Deshalb muss ein Versorgungsauftrag grundsätzlich auch dann in einer Praxis verbleiben, wenn diese ihre rechtliche Form der Kooperation ändert, selbst wenn damit Statusänderungen verbunden sind und eine Anstellungsgenehmigung etwa eine Sonderbedarfszulassung (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V) nicht iS des § 96 SGG ersetzt(BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21). Soweit, wozu der Senat neigt, die KÄV gehalten ist, den Versorgungsauftrag auch förmlich den geänderten Statusverhältnissen am jeweiligen Praxisstandort anzupassen, hätte das in erster Linie klarstellenden Charakter.

31

(2) Die Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen nach Anlage 9.1 BMV-Ä ist dem Beigeladenen zu 1. auch nicht mit bestandskräftigem Bescheid vom 23.10.2003 nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht persönlich ohne Bezug zur damaligen Praxis der Gemeinschaftspraxis erteilt worden.

32

(a) Die Praxisbezogenheit des Versorgungsauftrags bestand bereits nach der seit dem 1.7.2002 geltenden Rechtslage. Bereits ab diesem Zeitpunkt galt, dass der Versorgungsauftrag bei Ausscheiden eines Arztes in der Praxis verbleibt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24 und das weitere Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Zu diesem Zeitpunkt war eine konzeptionelle Neuordnung der Dialyseversorgung erfolgt. Neben der Weiterentwicklung der BlutreinigungsV, der Neugestaltung der BedarfsplRL und der Einführung vergütungsbezogener Strukturanreize vereinbarten die KÄBV und die Spitzenverbände der Krankenkassen zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen Leistungserbringung in Anlage 9.1 BMV-Ä Vorgaben für eine bestimmte Versorgungsstruktur (DÄ 2002, A-972).

33

Zur Feststellung eines zusätzlichen Versorgungsbedarfs ist seitdem gemäß § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä auf den Auslastungsgrad der Dialysepraxen einer Versorgungsregion abzustellen, der auf der Grundlage eines Arzt-Patienten-Schlüssels nach der BlutreinigungsV ermittelt wird. Wenn danach kontinuierlich weniger als 90 % der Höchstpatientenzahl in den bestehenden Praxen versorgt wird, wird die Genehmigung der Übernahme eines weiteren Versorgungsauftrags als mit den Forderungen einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur nicht vereinbar angesehen. In § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 und 2 BlutreinigungsV ist mit Wirkung seit dem 1.7.2002 ein Arzt-Patienten Schlüssel von bis zu 30 kontinuierlich versorgten Patienten jährlich beim ersten Arzt, bei zwei Ärzten von bis zu 100 kontinuierlich versorgten Patienten und je weiteren 50 Patienten ein weiterer Arzt vorgesehen. § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV gibt vor, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis oder Dialyseeinrichtung innerhalb von sechs Monaten durch die Praxis oder Einrichtung nachzuweisen ist, dass der ausgeschiedene Arzt durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde. Erst wenn der Nachweis nicht erbracht wurde, ist die Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung von Dialyseleistungen nach Satz 8 anzupassen. Nach § 8 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä in der zum 1.7.2002 in Kraft getretenen Fassung erhielt, soweit ein Arzt aus der Dialysepraxis ausschied und dieser gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV durch einen entsprechenden Arzt ersetzt wurde, der eintretende Arzt auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags nach der Übergangsvorschrift in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä.

34

Das zum 1.7.2002 eingeführte Regelungskonzept sollte dazu dienen, die Sicherstellung einer Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen durch eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur zu gewährleisten. Dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, werden im Hinblick auf die kostenintensiven Investitionen, die für den Betrieb einer Dialysepraxis zu tätigen sind, und zur Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; ebenso zur Zweigpraxis BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37). Die Mitnahme des Versorgungsauftrags durch einen aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arzt würde diesem Konzept erkennbar widersprechen. Danach soll es nicht zu einer bedarfsunabhängigen Zunahme von Versorgungsaufträgen kommen. Da aber nach § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV ein Nachbesetzungsrecht der Praxis besteht, aus der der Arzt ausscheidet, käme es zu einer Vermehrung der Versorgungsaufträge, wenn der ausscheidende Arzt seinerseits seinen Versorgungsauftrag in eine neue Praxis "mitnehmen" könnte. Darüber hinaus könnte auch der ausscheidende Vertragsarzt bei einer kontinuierlichen Versorgung von mehr als 30 Patienten pro Jahr nach § 7 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä die Zusicherung bzw Genehmigung für die Durchführung von Versorgungsaufträgen durch einen zweiten Arzt erhalten, ohne dass hierfür die hinreichende Auslastung der in der Versorgungsregion bestehenden Dialysepraxen Voraussetzung wäre.

35

Auch die KÄBV ging in ihren Hinweisen und Erläuterungen zu den Neuregelungen bereits seit 1.7.2002 von einer Bindung des Versorgungsauftrags an den Ort der Leistungserbringung aus (vgl "Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, Hinweise und Erläuterungen für die Kassenärztlichen Vereinigungen", Anlage zum Rundschreiben D3-25-VII-6/2002 der KÄBV vom 1.7.2002, S 14). Zwar handelt es sich bei diesen Hinweisen lediglich um eine rechtlich unverbindliche "Empfehlung" (vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 37), sie sind aber geeignet, das Verständnis und die Intention der Vertragspartner bei der Normsetzung zu verdeutlichen. Die Bindung an die Praxis und nicht den einzelnen Arzt wird nicht zuletzt auch darin erkennbar, dass nach § 7 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä die Dialysepraxis berechtigt ist, Genehmigungen für "weitere Ärzte" zu beantragen (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24 und das weitere Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23).

36

(b) Die Bindung an die Dialysepraxis kam im Bescheid vom 23.10.2003 für den fach- und sachkundigen Empfängerkreis der Vertragsärzte in Dialysepraxen auch hinreichend zum Ausdruck. Der Bescheid war zwar an den Beigeladenen zu 1. adressiert, ihm wurde jedoch die Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen nach Anlage 9.1 BMV-Ä nach dem Wortlaut der Verfügung "in eigener Dialysepraxis - und in gemeinschaftlicher Berufsausübung mit Dr. med. B.", also als Mitglied der bestehenden BAG, erteilt. Die Formulierung "in eigener Praxis" nimmt Bezug auf die entsprechende Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung nach der Übergangsvorschrift in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä, womit klargestellt werden sollte, dass genehmigungspflichtige Versorgungsaufträge Vertragsärzten, die unter die Übergangsbestimmung fielen, nur dann erteilt werden konnten, wenn sie auch bisher Inhaber der Praxis waren. Damit sollte sichergestellt werden, dass nach der Übergangsbestimmung nur "Inhaber" einer Praxis, nicht aber in Dialysepraxen oder ermächtigten Einrichtungen angestellte Ärzte genehmigungspflichtige Versorgungsaufträge übernehmen konnten (vgl "Hinweise und Erläuterungen" aaO, S 14, 22). Eine persönliche Erteilung der Genehmigung kann daraus bereits deshalb nicht abgeleitet werden, weil der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in Gemeinschaftspraxis mit Dr. B., und damit nach vertragsarztrechtlichen Begrifflichkeiten (§ 33 Abs 2 Ärzte-ZV) in gemeinsamer Berufsausübung, tätig war.

37

(3) Bestands- und Vertrauensschutzerwägungen im Hinblick auf die bereits zuvor bestehende Berechtigung zu Dialyseleistungen stehen der Bindung der Genehmigung an die Dialysepraxis und dem hieraus folgenden Mitnahmeverbot nicht entgegen. Bei Inkrafttreten der Regelungen zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten zum 1.7.2002 war in § 8 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä vorgesehen, dass Vertragsärzte, auch solche, die nicht zum Führen der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie berechtigt waren, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages über eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Leistungen der Dialyse aufgrund der Qualitätssicherungsvereinbarung verfügten und die bis zu diesem Zeitpunkt Leistungen der Dialyse in eigener Dialysepraxis regelmäßig in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht hatten, auf Antrag eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erhielten, wenn sie innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten einen entsprechenden Genehmigungsantrag stellten.

38

Die mit der Umstellung von einer reinen Qualitätssicherungsvereinbarung zu einer besonderen Versorgungsplanungsregelung verbundenen Übergangsprobleme sind dadurch gelöst worden, dass Ärzte wie der Beigeladene zu 1., die schon vor dem 1.7.2002 über eine - damals auf Fachkunde begrenzte - Genehmigung zur Erbringung von Dialyseleistungen verfügten, eine Genehmigung nach neuem Recht erhalten haben, ohne dass der Bedarf geprüft wurde. Damit sind sie bedarfsunabhängig in ein bedarfsbezogenes System integriert worden. Nichts spricht indessen für die Annahme, dass die nach dem 1.7.2002 erteilten Genehmigungen von Versorgungsaufträgen hinsichtlich der hier maßgeblichen Praxisbindung des Versorgungsauftrags danach zu unterscheiden wären, ob sie übergangsrechtlich oder unter Beachtung der 2002 neu eingeführten Versorgungaspekte erteilt worden sind. Das hätte je nach Alter der beteiligten Ärzte dazu geführt, dass über mehr als zwei Jahrzehnte Dialysegenehmigungen mit gänzlich unterschiedlichen Wirkungen und Berechtigungen nebeneinander bestanden hätten; für einen dahin gehenden Regelungswillen der Vertragspartner fehlen Anhaltspunkte.

39

(4) Der Ausschluss der Mitnahme des Versorgungsauftrags steht auch nicht in Widerspruch zu § 24 Abs 7 Ärzte-ZV. Diese Vorschrift regelt den Anspruch auf Verlegung des Praxissitzes (vgl dazu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 13 RdNr 13, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen), bestimmt aber nicht, welche Leistungen am neuen Praxissitz erbracht werden dürfen. Die Genehmigung der Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs 7 Ärzte-ZV ist hier nicht angefochten; der angefochtene Bescheid bezieht sich ausschließlich auf die Genehmigung zur Durchführung besonderer Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä am neuen Vertragsarztsitz. Zwar besteht eine Bindung der Genehmigung zur Durchführung der Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 BMV-Ä auch an den Vertragsarztsitz. Dies ist seit 1.7.2005 in § 3 Abs 3 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä ausdrücklich geregelt. Danach wird der Versorgungsauftrag für den Ort der Zulassung oder der Ermächtigung erteilt. Die Bindung ergibt sich - auch vor Inkrafttreten dieser Regelung - bereits daraus, dass für die Genehmigung der Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 4 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä die Zulassung als Vertragsarzt Voraussetzung ist. Die im Zulassungsbescheid enthaltene Bestimmung des Vertragsarztsitzes stellt eine Komponente der Zulassung dar. Darüber hinaus bestehen nach der BlutreinigungsV betriebsstättenbezogene Genehmigungsvoraussetzungen. Ein Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Abs 7 Ärzte-ZV umfasst dabei aber bereits nach Wortlaut und Regelungskontext nicht automatisch die Mitnahme etwaiger besonderer Versorgungsaufträge, sondern nur die Fortführung der von der Zulassung umfassten vertragsärztlichen Tätigkeit an einem anderen Niederlassungsort.

40

2. Die Revision ist auch begründet, weil eine kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Dialysepraxis der Klägerin nicht gegeben war.

41

a. Rechtsgrundlage des Bescheides vom 31.5.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.2.2012 ist - da eine Mitnahme des Versorgungsauftrags durch den Beigeladenen zu 1., wie bereits ausgeführt, ausscheidet - § 4 Abs 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä. Nach § 4 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä bedarf die Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a aaO - dh für die in § 2 aaO definierten Patientengruppen - durch zugelassene Vertragsärzte der Genehmigung der KÄV. Diese ist gemäß § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen zu erteilen, wenn hinsichtlich der Fachkunde die arzt- und betriebsstättenbezogenen Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sind und eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist.

42

b. Die Beklagte hat die Klägerin vor Erlass des Bescheides zu Gunsten des Beigeladenen zu 1. nicht auf der Grundlage des § 12 Abs 2 SGB X zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen und auch nicht nach § 24 Abs 1 SGB X angehört. Das begründet jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des Bescheides führen würde.

43

§ 24 Abs 1 SGB X gebietet die Anhörung eines "Beteiligten", in dessen Rechte der zu erlas-sende Bescheid eingreift. Der Beteiligtenbegriff im Sinne dieser Vorschrift ist technisch zu ver-stehen; § 24 Abs 1 verweist auf die Beteiligtenstellung im Sinne des § 12 Abs 1 und 2 SGB X(Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 24 RdNr 11). Da die Klägerin weder nach § 12 Abs 1 SGB X kraft Gesetzes am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags des Beigeladenen zu 1. beteiligt war noch von der Beklagten nach Abs 2 zum Verfahren hinzugezogen worden war, könnte sich ein Verfahrensfehler allenfalls daraus ergeben, dass die Klägerin förmlich hätte beteiligt werden müssen. Das war jedoch nicht der Fall.

44

aa. Wer an einem Verfahren nicht beteiligt ist, aber meint, wegen rechtlicher Betroffenheit hin-zugezogen werden zu müssen, muss einen Antrag auf Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 SGB X stellen; auch im Hinblick auf die notwendige Formalisierung der Beteiligtenstellung muss diese gegenüber der Behörde durchgesetzt werden, um nach Hinzuziehung (auch) Anhörungs- und Äußerungsrechte zu erhalten (vgl Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Dezember 2016, § 24 RdNr 20). Hier wäre von vornherein keine Hinzuziehung der Klägerin auf der Grundlage des § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X in Betracht gekommen; deshalb war die Beklagte nicht nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift verpflichtet, die Klägerin zu benachrichtigen, um ihr die Antragstellung auf Beteiligung zu ermöglichen. § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X normiert eine solche Pflicht nur, wenn ein Verwaltungsakt "rechtsgestaltende Wirkung" für einen Dritten hat. Rechtsgestaltende Wirkung zu Lasten der Klägerin im Sinne des § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X hat die Entscheidung über die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags des Beigeladenen zu 1. jedoch nicht. Sie begründet oder verändert unmittelbar Rechte der Klägerin nicht (vgl Roller in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 12 RdNr 11). Deren wirtschaftliche Interessen, die im Hinblick auf ihre Stellung als Leistungsanbieter in ihrer Versorgungsregion nach dem System der Anlage 9.1 BMV-Ä auch rechtlich geschützt sind, wurden durch das Leistungsangebot des Beigeladenen zu 1. tangiert. Das Recht der Teilnahme der Klägerin an der Dialyseversorgung auf der Grundlage der ihr zugeordneten Versorgungsaufträge wird aber durch die zugunsten des Beigeladenen zu 1. ergangene Entscheidung der Beklagten nicht beschränkt. Insoweit liegen die Dinge anders, wenn zwei Praxen bei steigender Patientenzahl um einen zusätzlichen Versorgungsauftrag konkurrieren oder wenn ein Verlängerungsantrag nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 zu Anlage 9.1 BMV-Ä mit einem Antrag einer Hauptpraxis aus der Versorgungsregion auf Genehmigung einer (eigenen) Zweigpraxis am Ort der schon bestehenden Nebenbetriebsstätte konkurriert (vgl dazu Senatsurteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 22/16 R).

45

bb. Eine Pflicht der Beklagten, die Klägerin im Hinblick auf deren "rechtliche Interessen" auch ohne Antrag von Amts wegen zu beteiligen (§ 12 Abs 2 Satz 1 SGB X), hat nicht bestanden. Die Ausübung des Ermessens nach dieser Vorschrift ist an der Rechtsauffassung der Behörde auszurichten; sie kann über die Hinzuziehung nur solcher Personen entscheiden, von denen sie annimmt oder den Umständen nach annehmen muss, dass die Voraussetzungen einer Beteiligung erfüllt sein können, deren rechtliche Interessen also berührt sind. Die Ausrichtung der Verfahrensgestaltung vorrangig auf die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde gilt etwa auch für den Umfang der Anhörung. Die "entscheidungserheblichen Tatsachen" im Sinne des § 24 Abs 1 SGB X sind solche, die die Behörde dafür hält(vgl Siefert, aaO, RdNr 13 mwN). Dass das Gericht diese Auffassung evtl für falsch hält, begründet keinen Verfahrensfehler. Dieser Maßstab gilt auch für die Heilung von Anhörungsmängeln im Widerspruchs- oder Klageverfahren. Solange die Behörde zu den Umständen anhört, die sie für maßgeblich hält, kann die Heilungswirkung auch eintreten, wenn diese Auffassung materiell-rechtlich unzutreffend ist (vgl Steinwedel in Kasseler Komm, § 41 SGB X, Stand 1.12.2016, RdNr 16). Dementsprechend besteht für eine Ermessensbetätigung nach § 12 Abs 2 Satz 1 SGB X kein Anlass, wenn die Behörde eine rechtliche Betroffenheit eines Dritten aus Rechtsgründen verneint. Auch § 35 Abs 2 Nr 1 SGB X kann nicht anders angewandt werden. Hat die Behörde antragsgemäß entschieden und auf eine Begründung verzichtet, weil sie davon ausgeht, der Verwaltungsakt greife nicht "in Rechte eines anderen" ein, kann diese Beurteilung aus der Sicht des Gerichts in der Sache falsch sein, führt aber nicht gleichsam rückwirkend zu einem Verfahrensfehler.

46

Die Beklagte hat hier - bestätigt zuletzt durch das LSG - eine rechtliche Betroffenheit der Kläge-rin verneint und hatte deshalb keinen Anlass, die Klägerin förmlich an dem Verfahren zu beteili-gen. Nichts anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang aus dem Urteil des Senats vom 17.10.2012 (SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 28). In diesem auch die Dialyseversorgung betref-fenden Urteil hat der Senat auf eine Verpflichtung der KÄV hingewiesen, vor der Erteilung von Versorgungsaufträgen solche Ärzte und Praxen zu informieren und zu beteiligen, "zu deren Gunsten Drittschutz besteht". Damit wird ersichtlich auf die Situation abgehoben, dass die KÄV eine Entscheidung auf der Grundlage einer Norm trifft, deren drittschützender Charakter geklärt ist, und ihr der Kreis der davon erfassten Ärzte im Kern bekannt ist. Eine solche Lage bestand hier nicht; die Anfechtungsberechtigung gegen die Genehmigung des Beigeladenen zu 1. ist erst durch das Urteil des Senats vom heutigen Tag (15.3.2017) geklärt worden.

47

c. Es kann offenbleiben, ob die Beklagte ordnungsgemäß das Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen nach § 4 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä hergestellt hat. Auf etwaige Fehler bei der Herstellung des Einvernehmens kann die Klägerin sich nicht berufen. Die dazu von den Partnern der Bundesmantelverträge vereinbarten Regelungen dienen allein den Belangen der Krankenkassen und tragen deren Verantwortung für die Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen Rechnung. Die Bestimmungen enthalten keinen Hinweis, dass sie auch den Interessen der ärztlichen Leistungserbringer im Bereich Dialyse zu dienen bestimmt sind. Diesen steht deshalb kein subjektiv-öffentliches Recht zu, dass sich KÄV und Krankenkassen-Verbände an die für das Verwaltungsverfahren nach der Dialyse-Vereinbarung geltenden Vorschriften zur Herstellung des Einvernehmens halten. Die Verfahrensregelungen zur Beteiligung der Krankenkassen an versorgungsbezogenen Entscheidungen im Bereich Dialyse (dazu näher BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34) dienen nur dem Ziel der Einbeziehung der Krankenkassen in die Verantwortung für eine flächendeckende Dialyseversorgung und nicht zugleich auch der Rücksichtnahme auf die Interessen von miteinander konkurrierenden Praxen.

48

Aus dem Senatsurteil vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1.5 Nr 5 RdNr 41 ff) zur Anfechtung der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialysen ergibt sich insoweit nichts anderes. Auch in diesem Rechtsstreit waren die Verbände der Krankenkassen beigeladen und zwischen ihnen und der beklagten KÄV war umstritten, ob bei einer nach Auffassung des Senats erforderlich werdenden Neubescheidung durch die KÄV erneut das Verfahren der Einvernehmensherstellung durchzuführen ist, auch soweit die KÄV an ihrer ursprünglichen Einschätzung der Erforderlichkeit der dort umstrittenen Zweigpraxis festhalten würde. Der Senat stellt klar, dass die Ausführungen zu den Anforderungen an eine korrekte Herstellung des Einvernehmens nur für die Gestaltung des (weiteren) Verwaltungsverfahrens und nicht für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung der damals beklagten KÄV von Bedeutung waren.

49

d. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig, weil eine kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Klägerin nach Maßgabe von § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä nicht gewährleistet war.

50

aa. Ob die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungstruktur iS des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä erfüllt sind, stellt die KÄV im Verfahren nach § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä fest. Danach ist der Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation zu bestimmen (§ 6 Satz 1, 2 Anlage 9.1 BMV-Ä). Eine Auslastung der Dialysepraxen in der Versorgungsregion ist nach § 6 Abs 1 Satz 3 Anlage 9.1 BMV-Ä anzunehmen, wenn kontinuierlich mindestens 90 % der nach der BlutreinigungsV festgelegten Patientenzahl von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird. Die Forderung nach einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur der projektierten Dialysepraxen gilt als dauerhaft erfüllt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden (§ 6 Satz 4 Anlage 9.1 BMV-Ä). Das Gleiche gilt, wenn sich die Versorgungsregionen zwar schneiden, jedoch die bereits bestehenden Dialysepraxen in diesem Umfang ausgelastet sind (§ 6 Satz 5 Anlage 9.1 BMV-Ä). § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV sieht beim ersten Arzt einen "Arzt-Patienten-Schlüssel" von bis zu 30 kontinuierlich versorgten Patienten jährlich, bei zwei Ärzten von bis zu 100 kontinuierlich versorgten Patienten vor.

51

Die danach erforderliche hinreichende Auslastung bereits bestehender Praxen muss nach der Rechtsprechung des Senats sowohl im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zusicherung oder Genehmigung des Versorgungsauftrags gegeben als auch - prognostisch - in Zukunft zu erwarten sein. Dies ergibt sich nach der Rechtsprechung des Senats bereits aus der wiederholten Verwendung des Begriffes "kontinuierlich" in den maßgeblichen Vorschriften der §§ 4, 6 Anlage 9.1 BMV(im Einzelnen vgl BSG Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 22).

52

bb. Zutreffend ist das LSG insoweit davon ausgegangen, dass für die Auslastungsprüfung bei der Klägerin auf drei und nicht auf vier Versorgungsaufträge abzustellen ist. Die mit Bescheid vom 27.6.2011 von der Beklagten erteilte Genehmigung zur Übernahme eines vierten Versorgungsauftrags hat diese auf den Widerspruch von zwei mit der Klägerin konkurrierenden Praxen am 30.1.2012 wieder aufgehoben, ohne dass die Klägerin von diesem zusätzlichen Auftrag schon Gebrauch machen konnte. Diese Aufhebung ist nach dem Beschluss des Senats vom 30.11.2016 (B 6 KA 35/16 B) bestandskräftig. Maßgeblich ist insoweit, dass es für die Auslastung vorrangig auf die - rechtmäßigen - tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Das bedeutet, dass Versorgungsaufträge, die vollziehbar sind und tatsächlich genutzt werden, bei der Bedarfsdeckung auch dann nicht generell außer Betracht bleiben dürfen, wenn sie wegen der Anfechtung durch einen Konkurrenten nicht bestandssicher sind (vgl BSG Beschluss vom 30.11.2016 - B 6 KA 35/16 B - RdNr 13). Versorgungsaufträge, die aber wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs von Konkurrenten, fehlender Vollziehungsanordnung oder umgehender Rücknahme durch die KÄV nicht genutzt worden sind und von vornherein für eine "kontinuierliche" Versorgung ausscheiden, müssen entsprechend bei der Auslastungsprüfung unberücksichtigt bleiben.

53

Nach den - insoweit unstreitigen und mit der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des LSG hatte nach den aus den Abrechnungsrohdaten der klägerischen Praxis ermittelten Wochenpauschalen die Klägerin im Quartal I/2011 139 Patienten, im Quartal II/2011 142 Patienten, im Quartal III/2011 143 Patienten und im Quartal IV/2011 140 Patienten. Unter Berücksichtigung eines 6%igen Abzugs für Heimdialysepatienten (vgl BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 7 RdNr 36) wurden damit, wenn auch nur knapp, 90 % der nach der Qualitätssicherungsvereinbarung festgelegten Patientenzahl unterschritten. Damit bestand keine ausreichende Auslastung der Klägerin. Auf den möglichen Anwendungsbereich von § 6 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä kommt es mithin nicht mehr an.

54

e. Die hier maßgeblichen Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind verfassungsgemäß. Die durch Art 12 Abs 1 GG geschützte Berufsfreiheit der aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Ärzte wird zwar eingeschränkt; das Maß des verfassungsrechtlich Zulässigen ist jedoch nicht überschritten. In das durch Art 12 Abs 1 GG garantierte einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit darf nur auf gesetzlicher Grundlage und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingegriffen werden (stRspr; vgl nur BVerfGE 36, 212, 219 ff; 45, 354, 358 f; 93, 362, 369; 135, 90, 111 RdNr 57; 141, 82, 98 RdNr 47; zuletzt BVerfG Beschluss vom 7.3.2017 - 1 BvR 1314/12, 1 BvR 1630/12, 1 BvR 11 BvR 1694/13, 1 BvR 11 BvR 1874/13 - Juris RdNr 121). Der Eingriff muss zur Erreichung eines legitimen Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weitergehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern; ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl BVerfGE 54, 301, 313; 101, 331, 347; 141, 121, 133 RdNr 40).

55

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. machen einen Verstoß gegen Art 12 Abs 1 GG geltend, wenden sich dabei jedoch nicht gegen die von der BlutreinigungsV geregelten Anforderungen an die fachliche Kompetenz sowie die organisatorische und apparative Ausstattung, sondern allein gegen die bedarfsplanerische Komponente von Anlage 9.1 BMV-Ä, die darüber hinausgehende Kriterien für die Strukturqualität formuliert. Eine solche Komponente ist auch der Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis bei Ausscheiden eines Arztes. Hierin liegt eine Beschränkung der Berufsfreiheit des ausscheidenden Arztes, der seine bisherige Berechtigung zur Durchführung von Dialyseleistungen verliert. Diese rückt im Hinblick auf die Besonderheiten der Leistungserbringung und nicht zuletzt wegen des regelmäßigen Zusammenhangs mit einer Sonderbedarfszulassung sowohl in fachlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht in die Nähe einer Statusentscheidung (vgl zur Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nach § 121a SGB V: BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Ein Internist mit einer Genehmigung nach Anlage 9.1 BMV-Ä ist in der Regel ausschließlich in diesem Bereich tätig. Allerdings wird dem entsprechend qualifizierten Arzt mit dem Verbleib des Versorgungsauftrags in der Praxis lediglich die Möglichkeit genommen, ohne weitere Bedarfsprüfung an einem anderen Ort seiner Wahl Dialysen an gesetzlich Versicherten durchzuführen und abzurechnen. Im Übrigen wird ihm der Zugang zur vertragsärztlichen und speziell zur nephrologischen Versorgung nicht versperrt. Dass der Versorgungsauftrag nicht bedarfsunabhängig verlagert werden darf, beschränkt nur die Betätigungsmöglichkeiten des aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arztes in örtlicher Hinsicht (vgl zu örtlichen Zulassungsbeschränkungen BVerfG MedR 2001, 639; BSGE 82, 41, 43 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 11 ff). Dieser Grundrechtseingriff ist durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt und verhältnismäßig.

56

aa. Rechtsgrundlage für die Regelungen in § 2 Abs 7 BMV-Ä iVm Anlage 9.1 BMV-Ä sind § 82 Abs 1 iVm § 72 Abs 2 SGB V.

57

§ 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die allgemeine Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung. Nach diesen Vorschriften ist die vertragsärztliche Versorgung unter anderem durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist, wobei die KÄBV mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge in Bundesmantelverträgen zu regeln hat.

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Die gesetzlichen Ermächtigungen in § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V sind hinreichend bestimmt. Die Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG sind hier nicht anwendbar. Dessen Vorgabe, dass Ermächtigungsgrundlagen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein müssen, betrifft Rechtsverordnungen, nicht aber Normsetzungen, die in anderer Gestalt als durch Rechtsverordnungen erfolgen (vgl BVerfGE 33, 125, 157 f; 44, 322, 349; 97, 332, 343). Dementsprechend bedarf es für die im SGB V vorgesehene Normsetzung der sog gemeinsamen Selbstverwaltung keiner gemäß Art 80 Abs 1 Satz 2 GG eng umrissenen gesetzlichen Grundlage (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 22). Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auf § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 und § 135 Abs 2 SGB V gestützte Regelungen der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung verfassungsrechtlich zulässig sind(vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 18 ff; BSGE 115, 235 = SozR 4-2500 § 135 Nr 21, RdNr 32 unter Hinweis auf BVerfGK 18, 345 sowie BVerfG SozR 4-2500 § 135 Nr 16). Insofern fehlt es den Vertragspartnern auch nicht an der erforderlichen demokratischen Legitimation (vgl BSGE 82, 41, 46 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15 ff zum Bundesausschuss der Ärzte, heute: GBA).

59

§ 72 Abs 2 und § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V decken die von den Vertragspartnern in der Anlage 9.1 BMV-Ä für den Bereich der Dialyseversorgung vereinbarten Regelungen. Die Vertragspartner haben damit entsprechend dem gesetzlichen Auftrag spezielle Regelungen für eine ausreichende und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen getroffen. Diese stehen, wie in § 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä ausdrücklich aufgeführt, im Zusammenhang mit den Regelungen der Sonderbedarfsplanung gemäß der BedarfsplRL des GBA, der BlutreinigungsV, der Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA und den Regelungen der KÄBV zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte nach § 95d SGB V. Der GBA nimmt in der auf der Grundlage von § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB V erlassenen BedarfsplRL auf die BlutreinigungsV und die Anlage 9.1 BMV-Ä Bezug. Nach § 37 Abs 4 BedarfsplRL ist die Anlage 9.1 BMV-Ä bei den Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung wegen eines Bedarfs - zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung oder wegen des Erfordernisses eines weiteren Arztes nach der BlutreinigungsV - in der Dialyseversorgung zu berücksichtigen. Die Zulassung ist im Fall gemeinsamer Berufsausübung auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung beschränkt. Die BlutreinigungsV regelt die fachlichen, organisatorischen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Dialysebehandlungen und verweist in § 2 Satz 2 für das Genehmigungsverfahren auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Auch die Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA enthält in § 2 Abs 3 einen Hinweis auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Aus dem Zusammenhang und der jeweiligen Bezugnahme wird deutlich, dass die bedarfsplanerischen Elemente der Anlage 9.1 BMV-Ä, die auch die Bindung des Versorgungsauftrags an die Dialysepraxis umfassen, eng mit einer der KÄV obliegenden Qualifikations- und Fachkundeprüfung verzahnt sind. So ist Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Bedarfs der in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 BlutreinigungsV unter Qualitätssicherungsaspekten festgelegte "Arzt-Patienten-Schlüssel". Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungsstruktur wird sodann anhand der für die konkrete Praxis maßgeblichen Versorgungsregion und anhand des tatsächlichen Auslastungsgrades der in der Versorgungsregion bestehenden Praxen beantwortet. Durch dieses spezielle Konstrukt für die Feststellung eines konkreten Versorgungsbedarfs für einen besonderen Leistungsbereich wird die Zuständigkeit des GBA für die generelle vertragsärztliche Bedarfsplanung nicht berührt. Die Belange der Verbände der Krankenkassen sind im Verfahren durch das Erfordernis des Einvernehmens gewahrt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34).

60

Dieses in sich schlüssige Konzept beruht auf ineinandergreifenden Elementen der Qualitätssicherung, der Regulierung des Marktzugangs durch normative Planungsvorgaben an Hand eines Arzt-Patienten-Schlüssels, der Schaffung von Versorgungsregionen und der Sicherung der wirtschaftlichen Versorgung an den gewachsenen Standorten der zugelassenen oder ermächtigten Leistungserbringer auch durch Schutz vor zusätzlichen, nicht zur Bedarfsdeckung erforderlichen Leistungsanbietern. Aus diesem Konzept kann nicht - wie der Beigeladene zu 1. und die Beklagte meinen - ein Element, nämlich die Bindung eines Versorgungsauftrags an eine Praxis und deren Standort, herausgebrochen werden, ohne dass das Konzept insgesamt in Frage gestellt würde. Der Senat ist deshalb in seinen Entscheidungen zur Anlage 9.1 seit dem Jahr 2011 stets von deren Rechtmäßigkeit ausgegangen. Auch von den Beteiligten sind erstmals in den am heutigen Tag entschiedenen Verfahren Bedenken erhoben worden.

61

Dass auch der Gesetzgeber von einer umfassenden und sachgerecht wahrgenommenen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge ausgegangen ist, wird darin deutlich, dass er sich in Kenntnis der Regelungen in Anlage 9.1 BMV-Ä seit Jahrzehnten einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Versorgung der Versicherten mit Dialyse enthalten hat. Er hat lediglich punktuelle Einzelregelungen - etwa in § 126 Abs 3 SGB V zur Vergütung nichtärztlicher Dialyseleistungen - getroffen. Auch die Existenz von ärztlich geleiteten Einrichtungen, die den Dialysemarkt stark prägen, und das spezielle Nebeneinander von ärztlichen und nichtärztlichen technischen und pflegerischen Leistungen, auf die der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 4.5.1994 (BSGE 74, 154 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 6) hingewiesen hat, haben dem Gesetzgeber keinen Anlass zu eigenständigen Regelungen gegeben. Daraus hat der Senat wegen der bestehenden Besonderheiten im Versorgungsbereich Dialyse abgeleitet, dass der auf § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 9 der Anlage 9.1 BMV-Ä beruhende Status ermächtigter Einrichtungen demjenigen zugelassener Vertragsärzte entspricht (vgl SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 24). Da der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, detaillierte Vorgaben für die Struktur der Dialyseversorgung zu machen oder eine entsprechende Ermächtigung an den GBA vorzusehen, ist derzeit davon auszugehen, dass die Sicherstellung der Versorgung vorrangig den Vertragspartnern auf Bundesebene überantwortet ist.

62

bb. Die Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind durch wichtige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die sich aus diesem Konzept der Regelungen zur Dialyseversorgung ergebenden örtlichen Beschränkungen für die Genehmigung weiterer Versorgungsaufträge in Versorgungsregionen, in denen (noch) keine hinreichende Auslastung der bestehenden Dialysepraxen gegeben ist, dienen der Sicherung der Versorgungsqualität sowie der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung der nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Sie tragen - gerade im mit außergewöhnlich hohen Kosten verbundenen Bereich der Dialysebehandlung - zur finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung bei und dienen damit einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (vgl BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3; BVerfGE 70, 1, 30 = SozR 2200 § 376d Nr 1 S 11 f; BVerfGE 82, 209, 230), der sogar Eingriffe, die Beschränkungen der Berufswahl nahekommen, rechtfertigen würde (vgl BVerfGE 82, 209, 229 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 23-24 mwN; BSGE 82, 41, 44 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 13 ff). Gefördert wird, insbesondere durch den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis, zudem die gemeinschaftliche Berufsausübung, die nicht nur als organisatorische Erleichterung, sondern vor allem aus Gründen der Versorgungsqualität erwünscht ist. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Leistungen ist dabei ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (vgl BSGE 82, 55, 61 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 43; BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 8 S 22).

63

Die Normgeber haben in nicht zu beanstandender Weise die Besonderheiten im Leistungsbereich der Dialyseversorgung berücksichtigt. Diese unterscheidet sich grundlegend von anderen Leistungsbereichen wie etwa der Radiologie oder der Labormedizin, die ebenfalls von den Leistungserbringern erhebliche Investitionen verlangen. Dabei kann offenbleiben, inwiefern die für den Betrieb einer Dialysepraxis entstehenden Kosten mit anderen Fachgebieten vergleichbar sind. Gerade bei der Versorgung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Dialysebehandlung in der Regel lebenslang mehrmals die Woche und über mehrere Stunden benötigen, kommt der Kontinuität und Wohnortnähe der Versorgung jedenfalls ein besonderer Stellenwert zu, da die Behandlung tief in die persönliche Lebensführung eingreift (vgl zu den entstehenden Fahrkosten Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinie des GBA). Um eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung von Dialysepatienten sicherzustellen, hat der Normgeber ein Konzept entwickelt, in dem zum einen mit der Bildung von Versorgungsregionen eine räumliche Komponente berücksichtigt wurde. Zum anderen wurde mit dem Abstellen auf einen bestimmten Auslastungsgrad der in der Versorgungsregion tätigen Praxen eine für die Leistungserbringer wirtschaftliche Praxisführung gewährleistet. Dieser Bestandsschutz der bereits tätigen Praxen dient der Verhinderung eines Wettbewerbs, der zu Unwirtschaftlichkeiten in der Versorgung insgesamt und durch Verdrängung von Leistungserbringern zu einer unerwünschten räumlichen Konzentration oder zu Versorgungslücken führen kann (vgl Köhler, Dialysevereinbarung: Gegen den industriellen Verdrängungswettbewerb, DÄ 2002, A-828). Die wirtschaftliche Sicherung bestehender Praxen liegt auch im Interesse des Patientenwohls, weil hierdurch verhindert werden soll, dass die Versorgung der Patienten mit Dialyseleistungen durch die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz bestehender Praxen in Frage gestellt wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). Dass gerade in kostenintensiven Leistungsbereichen die Gefahr einer Konzentration weniger Praxen an insgesamt attraktiven Standorten besteht, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der Versorgung mit radiologischen Leistungen.

64

cc. Der Eingriff ist auch insgesamt verhältnismäßig. Die angegriffenen Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind geeignet und erforderlich zur Erreichung des genannten Gemeinwohlbelangs. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen bezogen auf die maßgeblichen Gemeinwohlziele in einem angemessenen Verhältnis. Im Rahmen der Abwägung der Schwere des Eingriffs gegenüber den der Regelung zugrunde liegenden Gemeinwohlinteressen durfte der Normsetzer diesen Belangen den Vorrang einräumen. Wie bereits dargelegt, hätte sich ohne den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis die Zahl der Leistungserbringer in der Dialyseversorgung ohne Begrenzung erhöhen können. Das würde die Intentionen des Normgebers, zum einen mit der Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang einen Anreiz zu setzen, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, und zum anderen eine wirtschaftliche Versorgung mit Dialyseleistungen insgesamt durch eine Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer zu bewirken, zuwiderlaufen. Die Einschränkungen der Berufsfreiheit des einzelnen Arztes stehen nicht außer Verhältnis zu den gewichtigen Gemeinwohlbelangen. Zum einen kann ein Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie bzw ein Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie (vgl Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom 23.10.2015 Ziffer 13.7 S 84) nephrologische Leistungen auch außerhalb der Dialyse erbringen. Zum anderen stehen dem aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arzt auch weiterhin Betätigungsmöglichkeiten in diesem Bereich offen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Dialyseleistungen in aller Regel in ärztlichen Kooperationen erbracht werden. Ein Arzt, der aus einer BAG ausscheidet, kann zwar seinen Versorgungsauftrag nicht mitnehmen, er kann aber den in einer anderen BAG, einem MVZ oder bei einer der in diesem Versorgungssegment stark vertretenen ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30) frei gewordenen Versorgungsauftrag übernehmen. Gerade in einem Markt, der - zT historisch bedingt - stark von Leistungserbringern wie dem Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation mit einer Vielzahl angestellter Ärzte oder in Kooperation tätiger selbstständiger Ärzte geprägt wird, sind die beruflichen Möglichkeiten einer fachlich hoch spezialisierten Gruppe wie der Nephrologen auch ohne die Bindung des Versorgungsauftrags an eine Person vielfältig. Schließlich kann eine Einzelpraxis, die Dialysen anbietet, unter den Voraussetzungen des § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV ohne Bedarfsprüfung um einen weiteren Arzt verstärkt werden(vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 32 f). In Fällen einer Praxisnachfolge ist die Übertragung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags in § 4 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä vorgesehen. Nur für den Fall der Gründung einer neuen Dialysepraxis besteht die Notwendigkeit, die Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrags unter den in der Anlage 9.1 BMV-Ä genannten Voraussetzungen zu beantragen. Die damit verbundene räumliche Einschränkung der Berufstätigkeit ist angesichts der überragenden Bedeutung der mit dem Regelungskonzept der Anlage 9.1 BMV-Ä verfolgten Gemeinwohlbelange hinzunehmen.

65

II. Im Interesse der unverzichtbaren Kontinuität der Versorgung der Versicherten modifiziert der Senat die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung in der Weise, dass diese erst mit Ablauf des 31.12.2017 wirksam wird. Ähnlich wie in dem am 28.10.2015 (SozR 4-5540 § 6 Nr 2, RdNr 47) entschiedenen Fall kann der Senat nicht darüber hinwegsehen, dass am Standort des Beigeladenen zu 1. seit Jahren Patienten mit Dialyseleistungen versorgt werden. Dieses Versorgungsangebot kann nicht an dem Tag der rechtskräftigen Feststellung der Rechtswidrigkeit der ihm zugrunde liegenden Genehmigungen beendet werden. Der Senat sieht - wie im vorgenannten Verfahren - anderenfalls die Gefahr, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfiele. Gleichzeitig werden die Folgen der Entscheidung für den Beigeladenen zu 1. abgefedert.

66

Die Aufhebung der Genehmigung erst mit Ablauf des 31.12.2017 betrifft auch die Nebenbetriebsstätte in N. ; auch wenn für diese keine formelle Genehmigung der Beklagten vorliegt, die die Klägerin anfechten könnte, wird dieser Standort im Einvernehmen mit der insoweit zuständigen Behörde, der Beklagten, betrieben. Aus der Perspektive des Schutzes einer seit Jahren bestehenden Versorgungsstruktur macht es keinen Unterschied, ob eine Nebenbetriebsstätte förmlich genehmigt ist oder die für eine - hypothetisch erforderliche Genehmigung zuständige - Behörde mitteilt, eine Genehmigung sei nicht erforderlich. Ebenso wie die Klägerin dagegen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen kann, können sich die Begünstigten zunächst auf die Auffassung der KÄV verlassen.

67

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben die Beklagte und der Beigeladene zu 1. die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen als Gesamtschuldner zu tragen (§ 154 Abs 1, § 159 Satz 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. ist nicht veranlasst; sie haben im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt (§ 162 Abs 3 VwGO; vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juli 2014 geändert. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse erneut zu bescheiden hat. Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass ihre Wirkungen mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2016 eintreten. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Beigeladene zu 1. und die Klägerin tragen jeweils ein Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse.

2

Klägerin ist eine aus ursprünglich drei Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Sie betreibt ein Dialysezentrum in P. mit der Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten.

3

Der Beigeladene zu 1. war zunächst eines der fachärztlichen Mitglieder der BAG. Mit Schreiben vom 30.12.2009 beantragte er zeitgleich beim Zulassungsausschuss und bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb von P. unter Mitnahme seines anteiligen Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Die Beklagte stellte daraufhin das erforderliche Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen her, erteilte dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1.4.2010 für seine neugegründete Einzelpraxis in P. eine zusätzliche Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten (im Folgenden: Dialysegenehmigung) und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1. habe bisher 37 der knapp über 100 Dialysepatienten der Klägerin betreut. Dadurch sei ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden, sodass für eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten aus Sicherstellungsgründen eine zusätzliche Facharztpraxis in P. erforderlich sei. Widerspruch und Klage der Klägerin wurden mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese bezogen auf die erteilte Dialysegenehmigung nicht anfechtungsberechtigt sei. Auch der Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG vom 14.5.2010 - S 65 KA 232/10 ER -, Beschluss des LSG vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER).

4

Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei gegenüber der angefochtenen Dialysegenehmigung (dritt-)anfechtungsberechtigt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. würden in einem eng umgrenzten Fachgebiet (hier: der kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten) im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen. Das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses liege unter diesen Umständen auf der Hand. Die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitere auch nicht daran, dass die angefochtene Dialysegenehmigung keinen eigenen vertragsarztrechtlichen Status vermittle. Das BSG habe bereits entschieden, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) durchzuführende besondere Bedarfsprüfung (im Hinblick auf die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur) auch dem Schutz der bereits in dem betroffenen Versorgungsbereich tätigen Leistungserbringer diene und daher Drittschutz für diejenigen vermittele, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen seien. Eine damit vergleichbare Konstellation sei bei der hier maßgeblichen Erteilung einer Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gegeben. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Genehmigung sei, dass unter Berücksichtigung der vor Ort erforderlichen Dialyseformen und -verfahren keine ausreichende wohnortnahe Versorgung der Versicherten bestehe. Dies erfordere regelmäßig die Feststellung eines Versorgungsdefizits durch eine Bedarfsermittlung im zu versorgenden Bereich. Insoweit diene die Regelung ebenfalls dem (Dritt-)Schutz der bereits tätigen Leistungserbringer. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin ihre Anfechtungsberechtigung auch nicht verwirkt.

5

Die angefochtene Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine zusätzliche Dialysegenehmigung zu erteilen, sei rechtswidrig. Die dafür in den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä normierten Voraussetzungen lägen nicht vor. Nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä setze die Erteilung einer Dialysegenehmigung grundsätzlich ua voraus, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die angestrebte Dialysepraxis gewährleistet sei. Hiervon könne ausnahmsweise abgesehen werden, "wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Dies sei der Fall, "wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss" (§ 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä). Erkennbarer Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung sei es, aus Sicherstellungsgründen einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit in der Dialysebehandlung entgegenwirken zu können, das auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen in benachbarten Planungsbereichen (vgl § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä) abgedeckt werden könne. Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe die Beklagte nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Bei einer aus Sicherstellungsgründen zu erteilenden Dialysegenehmigung dürfe nicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen Dialysearzt und Patient abgestellt werden. Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung, nach der die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Präventionsgründen erforderlich gewesen sei, weil die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin (wegen übermäßigen Alkoholkonsums, einer Privatinsolvenz, teilweise gestörter Arzt-Patienten-Beziehungen) eine wohnortnahe Dialyseversorgung nicht mehr zuverlässig hätten sicherstellen können, greife nicht durch, weil die KÄVen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt seien, präventiv - also "auf Vorrat" - zusätzliche Dialysegenehmigungen losgelöst von konkreten Bedarfsermittlungen zu erteilen. Der aus § 136 Abs 2 SGB V resultierenden Verpflichtung der KÄVen zur Durchführung regelmäßiger Qualitätskontrollen in der vertragsärztlichen Versorgung sei die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen, obwohl ihr aufgrund der Ermittlungen des Niedersächsischen Zweckverbands zur Approbationserteilung (NiZzA) sowie aufgrund zahlreicher Patientenbeschwerden Hinweise dafür vorgelegen hätten, dass fachärztliche Mitglieder der Klägerin bereits 2009 in stark alkoholisiertem Zustand Dialysebehandlungen durchgeführt haben sollen. Diesen Hinweisen hätte die Beklagte nachgehen und - soweit sie sich als zutreffend herausgestellt hätten - unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Auswahlermessens unverzüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung - ggf durch einen Widerruf der Dialysegenehmigung - ergreifen müssen. Die Erteilung einer zusätzlichen (präventiven) Dialysegenehmigung für nur 30 Patienten könne auch nicht als ein geeignetes Mittel angesehen werden, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung bei der Versorgung niereninsuffizienter Patienten in P. entgegenzuwirken.

6

Dagegen wenden sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. mit der Revision. Die Beklagte macht zur Begründung geltend, das Urteil des LSG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Aufgrund eines Verwaltungsversehens sei dem LSG der Bescheid vom 14.6.2011, mit dem die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Behandlung von 30 Dialysepatienten auf 100 Dialysepatienten erhöht worden sei, nicht mitgeteilt worden. Der Umstand, dass dieser Bescheid dem Urteil des LSG nicht zugrunde gelegen habe, habe sich auf das Urteil ausgewirkt. Aufgrund der unzutreffenden Annahme, dass dem Beigeladenen zu 1. eine Genehmigung für die Betreuung von lediglich 30 Dialysepatienten erteilt worden sei, sei das LSG davon ausgegangen, dass die Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten kein geeignetes Mittel sein könne, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung der Versorgung niereninsuffizienter Patienten entgegenzuwirken. Das LSG habe ferner seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG verletzt, indem es davon abgesehen habe, die vom Beigeladenen zu 1. beigebrachten Stellungnahmen der Patienten zu würdigen, die angebotenen Zeugen zu hören sowie die Akten des NiZzA beizuziehen. Anhand der Akte des NiZzA hätte das LSG erkennen können, dass eine kontinuierliche wohnortnahe Versorgung durch die Klägerin nicht gewährleistet sei.

7

Ferner rügt die Beklagte, das LSG sei zu Unrecht vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ausgegangen. Ein Konkurrenzverhältnis liege nicht vor, wenn eine der beiden Praxen das Vertrauen ihrer Patienten verspielt habe. Die bei der Klägerin tätigen Ärzte seien durch negative Pressemeldungen, erhebliche hygienische und qualitative Mängel, unangemessenes Verhalten gegenüber Patienten sowie dem Verdacht auf Alkoholabusus und ein Insolvenzverfahren aufgefallen. Patienten würden weite Wege zur Dialyse in B. und S. auf sich nehmen, um nicht bei der Klägerin behandelt zu werden. Die Klägerin habe selbst eine "Patientenflucht" herbeigeführt.

8

Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe sie in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen. Entgegen der Auffassung des LSG könnten die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs im Rahmen der Sonderbedarfszulassung nicht auf die hier maßgebende Frage übertragen werden, ob Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Im vorliegenden Zusammenhang sei der Beurteilungsspielraum weiter als bei der Frage, ob ein lokaler Sonderbedarf bestehe. Sie habe berücksichtigen dürfen, dass aufgrund mehrerer Vorfälle ernsthaft zu befürchten sei, dass allein die Existenz der Klägerin keine Gewähr für eine wohnortnahe Versorgung biete. Da Dialysepraxen gewöhnlich vollständig ausgelastet seien, könne das unvermittelte Schließen einer Dialysepraxis zu einem Versorgungsnotstand mit Gefährdung für Leib und Leben der Patienten führen. Daher müsse bei der Versorgung mit Dialyseleistungen die Möglichkeit bestehen, präventive Maßnahmen zu treffen, sofern die Schließung einer Praxis nach den Umständen hinreichend wahrscheinlich sei. Ohne die Erteilung der Genehmigung an den Beigeladenen zu 1. würden außerdem höhere Fahrtkosten entstehen, die die Krankenkassen zu tragen hätten, wenn die Weigerung der Patienten, sich durch die Klägerin behandeln zu lassen, begründet sei. Selbst wenn die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen würden, würde daraus nichts anderes folgen. Da sich ein ganzer Patientenstamm begründet weigere, die Dialysebehandlung bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen, sei eine wohnortnahe Versorgung nicht gewährleistet.

9

Der Beigeladene zu 1. macht ebenfalls geltend, dass das Urteil des LSG fehlerhaft sei, weil der Bescheid vom 14.6.2011, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, unberücksichtigt geblieben sei. Ebenso wie die Beklagte vertritt er ferner die Auffassung, dass sich die Bedarfsprüfung im Bereich der Dialyseversorgung grundlegend von der Bedarfsprüfung unterscheide, die bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung vorzunehmen sei. Für den speziellen Bereich der Dialyseversorgung würden besondere Vorgaben gelten. § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä stelle einen Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen dar. In Verkennung der geltenden Maßstäbe habe das LSG die tatsächlichen Versorgungsgegebenheiten als unmaßgeblich angesehen und seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.

10

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.7.2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 7.3.2012 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

12

Das LSG habe die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Erteilung der Dialysegenehmigung nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zutreffend erfasst und ebenso zutreffend dargelegt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Ebenso wie bei der Sonderbedarfszulassung könne weder ein kurzfristig bestehender Bedarf noch ein möglicherweise in der Zukunft eintretender Bedarf die Erteilung einer Dialysegenehmigung begründen, weil anderenfalls eine dauerhafte Überversorgung eintreten könnte. Bei § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, nach der eine Genehmigung nur bei einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit erteilt werden dürfe. Wann ein qualitativ-lokales Versorgungsdefizit bestehe, werde abschließend durch § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä vorgegeben. Dies sei der Fall, wenn einzelne Dialyseformen und -verfahren nicht wohnortnah gewährleistet werden können. Was unter Dialyseformen und -verfahren zu verstehen sei, werde in § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä definiert. Der Wortlaut der Regelung sei klar und lasse keine Auslegung im Sinne des Beigeladenen zu 1. zu. Überdies sei die Norm als Ausnahmevorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Der Normgeber der Anl 9.1 BMV-Ä habe sich für den Fall des Ausscheidens eines Arztes bewusst gegen die Mitnahme eines Teils der Dialysegenehmigung entschieden. Das Ausscheiden eines Praxispartners erlaube nicht die Erteilung einer weiteren Dialysegenehmigung. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Beigeladenen zu 1. zu einzelnen Patienten sei kein Dialyseverfahren und keine Dialyseform iS des § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä, weshalb eine Genehmigung zugunsten des Beigeladenen zu 1. nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht in Betracht komme. Auch ein unterstellter Alkoholabusus eines Partners der Klägerin führe nicht zu einer Gefährdung einzelner Dialyseverfahren oder -formen. Selbst wenn § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä als Auffangvorschrift mit offenem Tatbestand zu verstehen wäre, hätte die Beklagte gemäß § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä die Versorgung in den benachbarten Planungsbereichen berücksichtigen müssen. Sie habe jedoch keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.

13

Dass das LSG den Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 nicht berücksichtigt habe, begründe keinen Verfahrensfehler, weil die Beklagte gegenüber dem LSG die Existenz dieses Bescheides nie offenbart habe. Nach § 96 SGG sei es Aufgabe der Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Beklagten gewesen, den neuen Bescheid in das Klageverfahren einzuführen. Der Beigeladene zu 1. und die Beklagte verhielten sich jedenfalls treuwidrig, wenn sie aus ihrem eigenen Pflichtverstoß einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ableiten würden.

Entscheidungsgründe

14

Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind teilweise begründet. Das LSG hat das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffenden Gründen aufgehoben. Abweichend von der Entscheidung des LSG waren die Bescheide jedoch mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Beklagte erneut über den Genehmigungsantrag des Beigeladenen zu 1. zu entscheiden hat.

15

1. Entgegen der Auffassung der beiden Revisionsführer leidet das Urteil des LSG nicht an einem im Revisionsverfahren zu beachtenden Verfahrensfehler.

16

a) Die beiden Revisionsführer rügen, dass das LSG über einen Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 unter Verstoß gegen § 96 SGG nicht entschieden habe.

17

Grundsätzlich ist ein Verstoß gegen § 96 SGG auf entsprechende Rüge im Revisionsverfahren zu beachten(vgl BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 4; BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 7 mwN; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 12a mwN). Eine Berücksichtigung des Fehlers von Amts wegen im Revisionsverfahren erfolgt nur im umgekehrten Fall, dass das LSG einen Bescheid zu Unrecht einbezogen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 96 SGG nicht vorlagen (vgl BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 15). Die Revisionskläger haben die entsprechende Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist und damit fristgemäß erhoben. Es trifft auch zu, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nach § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden ist(nachfolgend aa). Soweit in der fehlenden Einbeziehung des Bescheides durch das LSG ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann dieser von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. aber jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (bb). Auf die Bestandskraft des nicht einbezogenen Bescheides vom 14.6.2011 können sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. nicht berufen (cc).

18

aa) Mit Bescheid vom 11.3.2010 und Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 hat die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a Anl 9.1 BMV-Ä beschränkt auf die kontinuierliche Behandlung von bis zu 30 Patienten erteilt. Im Verlauf des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hatte, hat die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1. den Bescheid vom 14.6.2011 erlassen, mit dem die Zahl der zu behandelnden Patienten unter Einbeziehung des Arztes Sch. von höchstens 30 auf höchstens 100 angehoben wurde. Nach § 96 Abs 1 SGG in der seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Bescheid vom 14.6.2011 ist danach Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 11.3.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 geändert hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14.6.2011 keine gesonderte Genehmigung zugunsten des Arztes Sch. erteilt worden ist. Die Dialysegenehmigung wird nach § 4 Abs 1a Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt. Dementsprechend bleibt die Genehmigung nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis in der Dialysepraxis (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Der Bescheid vom 14.6.2011 ist daher - ebenso wie der Bescheid vom 11.3.2010 - nicht gegenüber dem Arzt Sch., sondern gegenüber dem Beigeladenen zu 1. als (bis dahin) einzigem Mitglied der Arztpraxis ergangen. Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, dass der Bescheid vom 14.6.2011 den Bescheid vom 11.3.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 iS des § 96 SGG geändert hat(ebenso bei der Ersetzung der einer Arztpraxis erteilten Zusicherung durch die entsprechende Genehmigung und dem anschließenden Übergang dieser Genehmigung auf ein Medizinisches Versorgungszentrum : BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 23 f; anders aber zB bezogen auf die einem MVZ erteilte Anstellungsgenehmigung, die an die Stelle einer dem anzustellenden Arzt zuvor erteilten Sonderbedarfszulassung tritt: BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22).

19

bb) Das SG hat den Bescheid vom 14.6.2011 nicht in das Verfahren einbezogen, weil die Beklagte ihrer Pflicht aus § 96 Abs 2 SGG, dem Gericht eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts mitzuteilen, nicht nachgekommen ist und weil auch der Beigeladene zu 1. den Bescheid nicht in das Verfahren eingeführt hat, mit der Folge, dass das Gericht vom Erlass des Bescheides keine Kenntnis erlangt hat. Ferner hat die Beklagte davon abgesehen, den Bescheid gegenüber der Klägerin bekannt zu geben. Da der Bescheid vom 14.6.2011 im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (Klage am 19.7.2010, SG Urteil vom 7.3.2012) ergangen ist, betrifft die fehlerhaft unterlassene Einbeziehung zunächst nur das Verfahren vor dem SG (zur Erforderlichkeit des Fortwirkens in der Berufungsinstanz vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Kap VI, RdNr 87). Zwar kann ein vom SG nicht behandelter Bescheid von den Beteiligten in das Berufungsverfahren einbezogen werden, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht, entweder durch rügelose Einlassung auf entsprechenden Antrag des anderen Beteiligten (BSGE 27, 146, 148 f = SozR Nr 21 zu § 96 SGG; BSGE 45, 49, 50 = SozR 1500 § 96 Nr 6; ähnlich, auf ein entsprechendes "Begehren" des Klägers im Berufungsverfahren abstellend: BSGE 74, 117, 119; noch weitergehend auch unabhängig von einem solchen Begehren: BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21) oder durch übereinstimmende Anträge (BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5; BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 S 53). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend indes nicht gestellt worden.

20

Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen Bescheid unabhängig von entsprechenden Anträgen in das Berufungsverfahren hätte einbeziehen dürfen (zur Frage, ob in der Einbeziehung eines Bescheides durch das LSG, der während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen ist, ein Verfahrensfehler liegt, wenn sich das LSG nicht vergewissert hat, dass dies dem Willen der Beteiligten entspricht, vgl BSG Beschluss vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B - Juris RdNr 8) und ob hier in der fehlenden Einbeziehung überhaupt ein Verfahrensfehler bezogen auf das Verfahren vor dem LSG zu sehen ist. Jedenfalls folgt aus dem auch für das Verfahrensrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl zB Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, Einl RdNr 56 mwN; für das sozialgerichtliche Verfahren vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f), dass die Beklagte und der Beigeladene zu 1. eine Verletzung des § 96 SGG im Revisionsverfahren nicht mehr rügen können. Eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra faktum proprium"). Bezogen auf das gerichtliche Verfahren bewirkt dieser Grundsatz, dass die in einem unlösbaren Widerspruch zu seinem früheren Verhalten stehende Prozesshandlung eines Beteiligten unbeachtlich ist. Daraus kann auch der Ausschluss einer Revisionsrüge folgen (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f). Vorliegend hat die Beklagte die fehlende Einbeziehung des Bescheides vom 14.6.2011 durch ihren Verstoß gegen die aus § 96 Abs 2 SGG folgende Vorlagepflicht gegenüber dem Gericht selbst herbeigeführt. Der bereits in dem Verfahren vor dem LSG anwaltlich vertretene Beilgeladene zu 1. hat diesen Verstoß bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG hingenommen. Der Klägerin ist der Bescheid erst im Laufe des Revisionsverfahrens zur Kenntnis gelangt, sodass sie keine Möglichkeit hatte, auf die Einbeziehung des Bescheides hinzuwirken. Unter diesen Umständen verstößt die Rüge eines daraus folgenden Verfahrensfehlers des LSG durch Beklagte und Beigeladenen zu 1. gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

21

cc) Der Umstand, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, hat nicht zur Folge, dass sich die Revisionsführer gegenüber der Klägerin auf dessen Bestandskraft (§ 77 SGG; zu dieser Folge einer unterlassenen Einbeziehung eines Bescheides nach § 96 SGG vgl BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - FEVS 63, 442, 443 f) berufen könnte. Zwar kann eine erteilte Zulassung - mit Blick auf die Besonderheiten der Statusentscheidung im Vertragsarztrecht - nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff)nur innerhalb eines Jahres von dem Dritten angefochten werden, selbst wenn ihm der Bescheid nicht bekannt gegeben worden ist. Dies gilt nicht nur bezogen auf den statusbegründenden Verwaltungsakt (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff), sondern auch bezogen auf eine Dialysegenehmigung (BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 24 ff) und auf deren Zusicherung (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 25). Bereits der Umstand, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Vorlage des Bescheides nach § 96 Abs 2 SGG verletzt hat und dass der Bescheid nur deshalb nicht in das Verfahren einbezogen worden ist, spricht jedoch dagegen, dass sie aus diesem Fehler Rechte für sich herleiten kann(in dieser Richtung bereits BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32 am Ende, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10). Ausschlaggebend ist indes, dass die Entscheidung über die Genehmigung für einen weiteren Arzt nach § 7 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä unabhängig von einer Bedarfsprüfung ergeht, wenn die Zahl der dialysierten Patienten eine bestimmte Grenze überschritten hat. Anders als bei der Genehmigung eines dritten oder vierten Arztes kommt es für die Genehmigung eines zweiten Arztes nicht darauf an, ob die Patienten auch durch andere bereits bestehende Dialysepraxen versorgt werden könnten. Die Genehmigung eines zweiten Arztes ist zudem Annex der Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach und kann von einem Konkurrenten ungeachtet einer eventuell bestehenden Anfechtungsberechtigung nicht unter dem Aspekt des Bedarfs für einen weiteren Arzt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 33 ff). Fällt der Versorgungsauftrag dem Grunde nach weg, entfallen damit automatisch auch die Rechtsfolgen der Genehmigung für einen zweiten Arzt. Da die Beklagte hier über die Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach neu entscheiden muss, muss sie auch darüber entscheiden, ob eine Erweiterung unter Einbeziehung eines zweiten Arztes zu genehmigen ist. Einer isolierten Aufhebung des vom LSG nicht in das Verfahren einbezogenen Bescheides bedarf es nicht mehr. Dementsprechend haben die Revisionsführer in der Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass sie nicht von einer gegenüber der Klägerin eingetretenen Bestandskraft des Bescheides vom 14.6.2011 ausgehen.

22

b) Der von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. geltend gemachte Verstoß des LSG gegen die in § 103 SGG normierte Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nicht vor. In der Ablehnung des Antrags der Beklagten, die vorgelegten Patientenbeschwerden zu berücksichtigen, Akten des NiZzA beizuziehen und Zeugen zu vernehmen, die in der Lage sein sollen, Auskunft ua zum Alkoholkonsum der Mitglieder der klägerischen Praxis zu geben, liegt kein Verfahrensfehler des LSG. Eine Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nur vor, wenn sich das Gericht auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12a, § 103 RdNr 20 mwN). Da das LSG davon ausgegangen ist, dass Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis generell kein Grund dafür sein könnten, einer anderen Dialysepraxis auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine weitere Genehmigung zu erteilen, sondern dass auf Qualitätsmängel ggf mit dem Widerruf der Genehmigung zu reagieren ist, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, kam es unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts weder auf die Auswertung der von der Beklagten vorgelegten Patientenbeschwerden noch auf den vollständigen Inhalt der Akten des NiZzA oder auf Angaben von Zeugen zum Alkoholkonsum der Praxispartner an. Der Umstand, dass der zugrunde liegenden Rechtsauffassung des LSG nicht vollständig zu folgen ist (vgl im Einzelnen nachfolgend 2 c bb RdNr 42 ff), ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen.

23

2. Das LSG hat die Klägerin zutreffend für berechtigt gehalten, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse anzufechten. Auch hat das LSG die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Allerdings hatte die Aufhebung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erneut zu bescheiden hat.

24

a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

25

b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff; siehe zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 23 mwN). Danach ist zunächst zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das der Fall, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

26

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24).

27

aa) Die Voraussetzung, dass die Klägerin und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, ist hier erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 25). Davon ist der Senat ausgegangen, wenn die Zahl der von dem Konkurrenten mit den gleichen Leistungen behandelten Patienten 5 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl einer Praxis überschreitet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Vorliegen eines solchen faktischen Konkurrenzverhältnisses ist hier angesichts des Umstands ohne Weiteres plausibel, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1. innerhalb desselben Planungsbereichs und derselben Stadt in geringer räumlicher Entfernung (ca 3,5 km) dieselben speziellen und eng umgrenzten Leistungen (Dialyse) erbringen. Genau auf die Erbringung dieser Leistung bezieht sich die streitgegenständliche Genehmigung. Ins Einzelne gehender Darlegungen des Anfechtenden zum Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses bedarf es unter solchen Umständen nicht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29).

28

Die genannten tatsächlichen Verhältnisse werden auch von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte macht allerdings geltend, dass ein Konkurrenzverhältnis nur entstehen könne, wenn beide Anbieter über ein Leistungsangebot in gleichwertiger fachlicher und qualitativer Hinsicht verfügten. Daran würde es hier fehlen, weil die Klägerin das Vertrauensverhältnis zu den Patienten durch eine negative Presse, Hygienemängel, die Insolvenz eines Praxispartners sowie den Verdacht auf Alkoholabhängigkeit verspielt habe. Damit verkennt die Beklagte jedoch den Begriff der Konkurrenz. Wenn sich ein Konkurrent gegenüber anderen nicht behaupten kann, ändert das nichts am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses, selbst wenn er dies selbst verschuldet haben sollte. Qualitätsmängel bei der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen können - und müssen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - Anlass für die Entziehung von Approbation, Zulassung bzw speziellen Versorgungsaufträgen sein. Solange aber die gleichen Leistungen im selben räumlichen Bereich tatsächlich angeboten werden, ist vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses auszugehen. Für die Frage der Anfechtungsbefugnis kommt es deshalb auf die Qualität der angebotenen Leistungen ebenso wenig an, wie auf die Gründe für bestehende Qualitätsunterschiede.

29

Am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses hat sich hier durch die noch nicht bestandskräftige Anordnung des Ruhens der Approbation eines der beiden Praxispartner der Klägerin, des Herrn S., nichts geändert, weil die sofortige Vollziehung insoweit nicht angeordnet worden ist. Zwar ist dem Praxispartner S. nach Angaben der Beklagten im Laufe des Revisionsverfahrens auch die Zulassung entzogen worden. Insoweit wurde nach dem Inhalt des vorliegenden (mit Rechtsmitteln angegriffenen, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht bestandskräftigen) Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 25.2.2015 die sofortige Vollziehung angeordnet. Das ändert indes nichts daran, dass die Klägerin als Arztpraxis, der die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse erteilt worden ist, weiterhin existiert und dass diese jedenfalls durch den Praxispartner Dr. L. und ggf einen Nachfolger des Herrn S. weiterhin Dialyseleistungen anbieten und erbringen kann.

30

bb) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die streitgegenständliche Genehmigung keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und dass der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren vom 16.6.1997 entschieden, dass bloße Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Status betreffen. Der damals entschiedene Fall hatte einen bereits zugelassenen Arzt betroffen, dem die Dialysegenehmigung einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnete. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war nach dem damals geltenden Recht (Anl 9.1 BMV-Ä in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung) allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Eine solche Konstellation hat der Senat aber für die Erteilung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach dem seit 1.7.2002 geltenden neuen Recht nicht mehr angenommen. Der Senat hat für den Fall der Bedarfsabhängigkeit der Genehmigung vielmehr eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung des Konkurrenten nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie(BedarfsplRL aF, entsprechend § 37 Abs 4 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung) und damit untrennbar mit der Statusentscheidung verbunden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 31). Ferner hat der Senat bereits im Zusammenhang mit der Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V entschieden, dass die Berechtigung, die die Genehmigung vermittelt, unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits besteht oder erst erstrebt wird, geeignet ist, die Wettbewerbsposition des bereits im entsprechenden Bereich tätigen Arztes zu beeinträchtigen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands, der mit der Spezialisierung auf reproduktionsmedizinische Leistungen verbunden ist und der daraus folgenden grundlegenden Unterscheidung von anderen gynäkologischen Praxen ohne diesen Schwerpunkt, kommt die Genehmigung in ihren tatsächlichen Auswirkungen einer Statusentscheidung nahe, auch wenn eine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung nicht besteht. Diese Maßstäbe hat der Senat auch seiner Entscheidung vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 31) zugrunde gelegt, in der es um die Anfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen und damit ebenfalls nicht um die Entscheidung über den vertragsarztrechtlichen Status ging. Ausschlaggebend war dabei, dass die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung geeignet ist, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbsposition des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Genehmigung zur Erbringung von Dialyse auf der Grundlage von § 6 Abs 3 der seit dem 1.7.2002 geltenden Anl 9.1 BMV(DÄ 2002, A 972) sowie der Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren) gilt insofern nichts anderes.

31

cc) Der Klägerin kommt als Genehmigungsinhaberin auch Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist relevant, ob die Erteilung der Genehmigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 22; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22). Ausschlaggebend ist, ob der Norm, auf die sich die zu erteilende Zulassung oder Genehmigung stützt, drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukommt. Zum Dialyse-Versorgungsauftrag nach dem seit dem 1.7.2002 geltenden Recht hat der Senat bereits wiederholt ausgeführt, dass die dort vorgesehene spezielle Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 23). Deutlich wird dies bereits darin, dass nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis" gewährleistet sein muss, die wiederum am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen gemessen wird. Damit werden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Es entspricht sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet wird (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

32

Die Genehmigung, die die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. erteilt hat, hat ihre Grundlage zwar nicht in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä, sondern in § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä, der die Möglichkeit vorsieht, eine Genehmigung gerade unabhängig von den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu erteilen. Deshalb kommt es hier für die Erteilung der Genehmigung nicht darauf an, ob zB der in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä geregelte Auslastungsgrad der Dialysepraxen in der Versorgungsregion erreicht wird oder ob sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis schneiden. Gleichwohl wird die Genehmigung auch nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä bedarfsabhängig erteilt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung nach dieser Vorschrift nur erteilt werden darf, wenn "Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Die Sicherstellungsgründe, die hier zu berücksichtigen sind, werden in § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä, näher dahin definiert, dass die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Bedarfsabhängigkeit auch der Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä wird durch § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä bestätigt, der bestimmt, dass bei der Beurteilung der Versorgungssituation "im Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3" - und damit auch für die Genehmigung nach Abs 3 - sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind.

33

c) Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte die auf § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gestützte Genehmigung auf der Grundlage unzutreffender Beurteilungsmaßstäbe und ohne die gebotene Bedarfsprüfung unter Einbeziehung auch benachbarter Planungsbereiche erteilt hat.

34

aa) Bezogen auf die vorzunehmende Bedarfsprüfung steht der dafür zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der nur darauf zu überprüfen ist, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (zur Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis: BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 40; zur Bedarfsgerechtigkeit bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V: vgl BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 20; BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 6 KA 43/14 B - Juris RdNr 10). Bei der gerichtlichen Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt werden, kommt der durch § 35 Abs 1 SGB X vorgeschriebenen Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zu. Die Begründungspflicht dient als Korrektiv der in Anbetracht des weitgehenden Beurteilungsspielraums der Behörde eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58) und damit dem Interesse des effektiven Rechtsschutzes (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG: vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

35

Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung mit der Begründung erteilt, dass es sich bei Dialysepatienten um eine besondere Patientengruppe handele, die aufgrund der wöchentlich regelhaft dreimaligen Dialyse sowie der zumeist lebenslangen Dialysepflicht ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbaue. Der Beigeladene zu 1. habe bis zu seinem Ausscheiden bei der Klägerin etwa 37 Dialysepatienten versorgt. Diese seien mit Blick auf die kontinuierliche Patientenversorgung am Standort in P. und damit zur Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung weiterhin von dem Beigeladenen zu 1. - an seinem neuen Praxissitz - zu versorgen.

36

Mit dem Ziel einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten durch einen aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt kann die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä - in Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG - nicht sachgerecht begründet werden, weil es sich dabei nicht um ein in diesem Zusammenhang zulässiges Entscheidungskriterium handelt (ebenso mit Bezug auf den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: Krafczyk, MedR 2012, 277 f). Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse nach § 4 Abs 1a Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt wird und dass der Versorgungsauftrag nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä in der seit dem 1.7.2009 geltenden Fassung in der Dialysepraxis verbleibt, wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Die Erteilung eines Versorgungsauftrags nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt verstößt jedenfalls im Grundsatz gegen die ausdrücklich geregelte Bindung des Versorgungsauftrags an die Arztpraxis. Die Erteilung der Genehmigung an den ausscheidenden Arzt kann auch nicht mit dem Ziel der wohnortnahen Versorgung begründet werden, wenn dieser seine Praxis - wie hier - in unmittelbarer Nähe zu der Gemeinschaftspraxis eröffnet, aus der er ausgeschieden ist und wirft im Übrigen die Frage auf, ob die in der Gemeinschaftspraxis verbleibende Genehmigung weiter genutzt werden kann. Nach § 7 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä hängt die Zahl der Ärzte, für die einer Gemeinschaftspraxis eine Genehmigung erteilt wird, von einem bestimmten "Arzt-Patienten-Schlüssel" ab, der nach der Erteilung der weiteren Genehmigung an den aus der Arztpraxis ausscheidenden Arzt unter Umständen nicht mehr zu erreichen sein wird. Auch dies zeigt, dass die Erteilung einer Genehmigung an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt und damit die Mitnahme des Versorgungsauftrags dem der Anl 9.1 BMV-Ä zugrunde liegenden Konzept widerspricht.

37

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1. kann § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä auch nicht als allgemeiner Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen verstanden werden. Zwar lässt § 6 Abs 3 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä die Erteilung von Genehmigungen auch unter Zurückstellung des mit den Vorgaben nach § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä angestrebten Ziels der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist nach § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Dass ggf das Ziel einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur in gewissem Maße zurückstehen muss, wird durch eine anlässlich der Neuordnung der Dialyseversorgung im Jahr 2002 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlichte Mitteilung bestätigt, in der zu den neu geschaffenen Regelungen der Anl 9.1 BMV-Ä ausgeführt wird: "Vorrang vor den Forderungen der Wirtschaftlichkeit wird der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung gegeben. Demnach können auch dann Genehmigungen von Versorgungsaufträgen für neue Dialysepraxen erteilt werden, wenn die Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung dies erfordert" (DÄ 2002, A 970; vgl auch Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Damit wird § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä jedoch nicht zu einer allgemeinen Härteregelung. Vielmehr gelten die Ausnahmen vom Gebot der wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen nur unter der Voraussetzung, dass anderenfalls die wohnortnahe Dialyseversorgung nicht sichergestellt wäre. Der bloße - von der Beklagten angenommene und in den angefochtenen Bescheiden nicht näher begründete - Wunsch von Patienten, weiterhin von dem Arzt betreut zu werden, der die Gemeinschaftspraxis verlässt, ist von vornherein nicht geeignet, ein Sicherstellungserfordernis iS des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu begründen. Anderenfalls müsste auf Antrag jede Aufspaltung von Dialysepraxen mit zusätzlichen Versorgungsaufträgen flankiert werden. Eine so weitgehende Einschränkung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Dialyseversorgung ist § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht zu entnehmen. Da eine Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden darf, wenn Gründe der Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern und weil dabei nach § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind, hätte die Beklagte die Genehmigung nur auf der Grundlage entsprechender Ermittlungen zum Bedarf erteilen dürfen.

38

Insofern gilt für die bedarfsabhängige Erteilung eines Versorgungsauftags zur Erbringung von Dialyseleistungen nichts anderes als für bedarfsbezogene Zulassungsentscheidungen. Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die entscheidenden Stellen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage machen und ermitteln müssen, welche Leistungen in welchem Umfang erforderlich sind, von den bereits zugelassenen Ärzten aber nicht oder nicht ausreichend erbracht werden (vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä kommt es darauf an, ob die zusätzliche Praxis zur wohnortnahen Versorgung mit Dialyseleistungen nicht nur allgemein, sondern auch bezogen auf die einzelnen Dialyseformen (Zentrumsdialyse, Heimdialyse, zentralisierte Heimdialyse) und Dialyseverfahren (Peritonealdialyse, Hämodialyse einschließlich Hämofiltration und Hämodiafiltration) iS des § 3 Abs 1 Satz 3 Spiegelstrich 3 Anl 9.1 BMV-Ä benötigt wird. Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist regelmäßig die Befragung der für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Die Angaben der befragten Ärzte müssen sorgfältig ausgewertet, durch weitere Ermittlungen ergänzt und objektiviert werden (vgl im Einzelnen BSG, aaO, RdNr 19). Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 101 RdNr 112, 115) oder tatsächlich nicht in der Lage sind. Weil die dazu erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage von der Beklagten nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat, ist der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid rechtswidrig.

39

bb) Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Entscheidung, dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zu erteilen, auf neue, in der Begründung des Bescheides nicht genannte Gründe gestützt. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob diese erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten angeführten Gründe Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides haben können, weil auch diese nicht geeignet sind, die Entscheidung zu tragen:

40

Im Verfahren vor dem LSG und auch in der Revisionsbegründung hat die Beklagte geltend gemacht, dass in der Praxis der Klägerin unhaltbare Zustände geherrscht hätten, die zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu den Patienten geführt hätten, sodass deren wohnortnahe Versorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In der klägerischen Praxis würden ua Patienten von Ärzten unter Alkoholeinfluss behandelt; der Praxispartner S. sei alkoholabhängig. Dazu verweist die Beklagte insbesondere auf Beschwerden von Patienten und Schilderungen von Angestellten der Arztpraxis sowie auf das Ergebnis der Ermittlungen des NiZzA einschließlich eines bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Veranlassung des NiZzA durch die Polizei in der klägerischen Praxis durchgeführten Alkoholtests, der bei Herrn S. einen Atemalkoholwert von 2,02 ‰ ergeben habe. Ferner wird auf die Privatinsolvenz eines der Praxispartner hingewiesen. Die Frage, ob diese Angaben zutreffen, hat das LSG in seiner Entscheidung mit der Begründung offengelassen, dass es darauf für die Entscheidung nicht ankomme und darauf hingewiesen, dass Instrumente wie der Widerruf der erteilten Dialysegenehmigung nach § 10 Abs 2 Satz 2 Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse(, vom 18.4.2006 BAnz Nr 115a vom 23.6.2006) zur Verfügung stünden, um auf Qualitätsmängel zu reagieren.

41

Der Senat stimmt der Auffassung des LSG insoweit zu, als die Beklagte auf Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis und eine dadurch bedingte Gefährdung des Patientenwohls in erster Linie mit den im SGB V vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und - soweit erforderlich - mit Zulassungsentziehungen bzw dem Widerruf von Dialysegenehmigungen und nicht mit der Eröffnung von Behandlungsalternativen durch die Erteilung weiterer Genehmigungen zu reagieren hat. Damit werden im Übrigen auch Anreize für Ärzte vermieden, sich nach Trennung von ihrer bisherigen BAG über Kritik an den ehemaligen Kollegen und Unterstützungsschreiben von Patienten die Grundlage für einen zusätzlichen Versorgungsauftrag zu verschaffen. Gegen die Erteilung weiterer Genehmigungen als Reaktion auf Qualitätsmängel in den bestehenden Angeboten spricht aber vor allem, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Dialyseversorgung eine Qualitätsentwicklung durch Wettbewerb nicht vorsehen (zu den Zielen der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderungen der Anl 9.1 BMV-Ä: vgl Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Ebenso wenig wie qualitative Unterschiede in der Leistungserbringung nach ständiger Rechtsprechung des Senats einen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung oder auf eine Ermächtigung begründen können (vgl BSGE 86, 242, 253 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 37; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 30), können bloße Qualitätsunterschiede die Genehmigung einer weiteren Dialysepraxis rechtfertigen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eine typisierende Betrachtung zugrunde zu legen, die davon ausgeht, dass die niedergelassenen Gebietsärzte aufgrund ihres gleichwertigen Ausbildungs- und Weiterbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprechen. Für die Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Versorgung ist insbesondere die KÄV verantwortlich. Gemäß § 136 Abs 2 Satz 1 SGB V hat diese die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen einschließlich belegärztlicher Leistungen durch Stichproben zu prüfen; in Ausnahmefällen sind auch Vollerhebungen zulässig. Für den Bereich der Dialyse-Behandlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit der QSD-RL auf der Grundlage der §§ 136 und 137 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V Qualitätsvorgaben festgelegt und in § 10 Abs 2 dieser Richtlinie auch die Folgen von Qualitätsmängeln bis hin zum Widerruf der Dialysegenehmigung geregelt. Die KÄV ist verpflichtet, eine Qualitätssicherungs-Kommission "Dialyse" einzurichten, die die Stichprobenprüfungen nach einem näher geregelten Verfahren durchführt.

42

Gleichwohl vermag der Senat die Entscheidung des LSG, dass die Beklagte unter den gegebenen Umständen dem Antrag des beigeladenen Arztes auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä keinesfalls stattgeben durfte, nicht zu bestätigen. Wenn die Informationen, die die KÄV über die bisherige Praxis erreichen, bei unvoreingenommener Beurteilung zu dem Schluss zwingen, dass die Zustände dort einer regelkonformen Versorgung der Patienten diametral entgegenstehen und wenn sich der KÄV aufdrängen muss, dass es sich nicht um - stets denkbare - vereinzelte Beschwerden unzufriedener Patienten, sondern um ein - auf der Basis einer Vielzahl von Stellungnahmen konzis erscheinendes - Gesamtbild einer chaotischen, unzumutbaren Versorgungssituation handelt, muss die KÄV im Interesse der Patienten, die regelmäßig auf eine Dialyse angewiesen sind, auch mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags reagieren dürfen. Für das Bestehen solcher Verhältnisse haben hier nach den im Urteil des LSG getroffenen Feststellungen und dem Inhalt der in Bezug genommenen Akten jedenfalls konkrete Hinweise insbesondere in Gestalt von Ermittlungsergebnissen des NiZzA sowie zahlreicher Beschwerden von Patienten vorgelegen. Diesen Hinweisen hätte - entgegen der Auffassung des LSG - nicht allein im Zusammenhang mit einer Entscheidung über die Entziehung der Dialysegenehmigung der Klägerin, sondern auch im vorliegenden Zusammenhang nachgegangen werden müssen.

43

Es kann Situationen geben, in denen es für die Patienten unzumutbar ist, ihre Behandlung bei ihrem bisherigen Arzt fortzusetzen und in denen eine Zulassungsentziehung oder ein Widerruf der Genehmigung gerade angesichts der hohen Anforderungen, die das BVerfG zur Gewährleistung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sowie mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) an die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 40 mwN; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 95 RdNr 544, § 97 RdNr 72 mwN), jedenfalls nicht zeitnah durchsetzbar sind. Wenn eine nicht gezielt provozierte, objektiv fundierte, besonders schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arzt nur einen einzelnen Versicherten - etwa im Kontext von mutmaßlichen Behandlungsfehlern - betrifft, muss die Krankenkasse diesem Versicherten unter den im Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.9.2015 (B 1 KR 27/14 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4) genannten Voraussetzungen die Fahrtkosten zu einem weiter entfernt niedergelassenen Arzt erstatten. Wenn dies nicht nur einzelne Patienten, sondern eine Vielzahl von krankheitsbedingt nur eingeschränkt mobilen Patienten betrifft, kommt jedoch auch die Eröffnung einer zumutbaren Versorgungsalternative in Betracht.

44

Allerdings muss die KÄV in solchen Fällen die Erteilung der Genehmigung für den aus der Dialysepraxis ausscheidenden Arzt im Regelfall - was der Senat hiermit allerdings erst für die Zeit nach der Veröffentlichung dieses Urteils klarstellt - grundsätzlich mit dem Widerruf des oder der bisherigen Versorgungsaufträge oder einem Antrag auf Entziehung der Zulassungen verbinden. Die prinzipiell gebotene Verzahnung des Widerrufs des erteilten Versorgungsauftrags aus Gründen der Qualitätssicherung oder der Entziehung der Zulassungen mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags für einen anderen Standort stellt so weit wie möglich sicher, dass Unzuträglichkeiten in einer Praxis nicht zu einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Vermehrung von Versorgungsaufträgen führen. Es kann jedenfalls im Grundsatz nicht angenommen werden, dass zwar im Hinblick auf eine angenommene Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Dialyse am bisherigen Standort die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrags aus Sicherstellungsgründen unerlässlich ist, gleichwohl aber die Voraussetzungen eines Widerrufs des Auftrags für die Praxis, in der unzumutbare Zustände herrschen (sollen), nicht gegeben sind.

45

Hat die KÄV den Widerruf der Genehmigung ausgesprochen, ist der Versorgungsauftrag nicht mehr bestandssicher, auch wenn die Entscheidung wegen der Einlegung von Rechtsmitteln noch nicht vollzogen werden kann. Genauso wie nach der Rechtsprechung des Senats eine (noch nicht vollziehbar) widerrufene Approbation nicht Grundlage einer vertragsärztlichen Zulassung sein kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 14 ff) oder ein Arzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, einen Antrag auf Wiederzulassung stellen kann, auch wenn die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, Juris RdNr 34) kann ein - wenn auch noch nicht vollziehbar - widerrufener Versorgungsauftrag die Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags nicht hindern. Das Risiko, dass dann, wenn der Widerruf am Ende nicht bestandskräftig wird, ein unter bedarfsplanerischen Gesichtspunkten nicht erforderlicher (zusätzlicher) Versorgungsauftrag erteilt worden ist, der nicht ohne Weiteres wieder beseitigt werden kann, muss im Interesse der Gewährleistung einer kontinuierlichen und von Vertrauen getragenen Versorgung der Versicherten hingenommen werden.

46

Allerdings muss die KÄV, die die Verhältnisse in einer Praxis für unzumutbar hält, vor Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags klären, ob für die Patienten in der für sie in Betracht kommenden Versorgungsregion Alternativen in bereits bestehenden Praxen oder anderen Einrichtungen der ambulanten Dialyseversorgung bestehen. Da die beklagte KÄV bisher nicht geprüft hat, ob zumindest einer der der Klägerin für drei Ärzte zugeteilten Versorgungsaufträge zu widerrufen ist, und auch nicht geprüft hat, ob zumutbare Versorgungsalternativen für die Patienten außerhalb der Praxis des Beigeladenen zu 1. bestehen, muss sie neu über den Antrag dieses Arztes auf Erteilung der Genehmigung entscheiden. Eine Zurückverweisung an das LSG scheidet wegen des der Beklagten nach Durchführung der entsprechenden Ermittlungen zustehenden Beurteilungsspielraums zum Vorliegen eines ungedeckten Versorgungsbedarfs aus (vgl BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 17).

47

3. Der Senat hat die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe aufgehoben, dass ihre Wirkung erst mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30.6.2016 eintritt. Mit dieser vorläufigen Regelung wird vermieden, dass die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Ermächtigung mit dem vorliegenden Urteil entfällt, noch bevor die Beklagte die Möglichkeit zur Neubescheidung hat. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird die Versorgung der Versicherten im Bereich der Dialyse in P. derzeit zu einem erheblichen Teil durch den Beigeladenen zu 1. gewährleistet. Der Senat geht davon aus, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfällt. Gleichzeitig würden dem Beigeladenen zu 1. erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, die auch durch eine später ergehende, für ihn positive Genehmigungsentscheidung nicht mehr vollständig zu beseitigen wären. Auf der Grundlage dieser Folgenabwägung hat der Senat seine Entscheidung mit der genannten Übergangsregelung verbunden.

48

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. Mai 2014 geändert.

Die Berufung des Beigeladenen zu 6. gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 18. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 6. tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 5. und 7.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Ermächtigung nach § 11 Abs 3 der Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) bzw zum Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen (EKV-Ä) aF.

2

Die Klägerin zu 1. ist ein in der Rechtsform einer GmbH betriebenes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ), welches in K. im Bezirk der Klägerin zu 2., einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt; das MVZ verfügt über zwei Versorgungsaufträge zur Betreuung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Der Beigeladene zu 6. ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie; er ist als Chefarzt im A.-Hospital in K. tätig, welches sich in 1,5 km Entfernung zum klagenden MVZ befindet. 2009 beantragte er, ihm als Leiter der nephrologischen Schwerpunktabteilung eine Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä zu erteilen. Der Zulassungsausschuss ermächtigte ihn daraufhin zur "Mitbehandlung der in § 2 definierten Patientengruppen - mit Ausnahme von Dialyseleistungen" auf Überweisung von zugelassenen Vertragsärzten.

3

Gegen diesen Bescheid erhoben die Klägerin zu 1., die Klägerin zu 2. und der Beigeladene zu 6. Widerspruch, Letzterer wegen des Ausschlusses von Dialyseleistungen aus dem Ermächtigungsumfang. Mit Bescheid aus der Sitzung vom 28.4.2010 änderte der beklagte Berufungsausschuss den angefochtenen Bescheid und fasste ihn wie folgt neu: "Mitbehandlung der in § 2 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä definierten Patientengruppen, begrenzt auf 30 Patienten pro Quartal." Dialyseleistungen wurden von der Ermächtigung nicht ausgenommen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte ua aus, unter Berücksichtigung der örtlichen Versorgungssituation sei eine eingeschränkte Ermächtigung des Beigeladenen zu 6. geboten: Einerseits sei die Klägerin zu 1. nicht ausgelastet, da bei ihr 100 Patienten mit Dialyseleistungen versorgt werden könnten, sie aber tatsächlich nur 30 bis 40 Patienten betreue; andererseits würden im St. A.-Hospital 90 Dialysepatienten teilstationär betreut. Dieses Ungleichgewicht stehe mit den Regelungen über die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur iS des § 6 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä nicht im Einklang. Die Auslastung der Klägerin zu 1. sei mithin zu erhöhen; sie könne aber nicht allein die Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen sicherstellen, sodass eine Ermächtigung des Beigeladenen zu 6. auch unter Versorgungsgesichtspunkten nicht entbehrlich, aber eine Einschränkung auf 30 Patienten pro Quartal angemessen sei. Auf die Klagen der Klägerinnen zu 1. und 2. hat das SG - nach Umstellung der Klageanträge aufgrund eingetretener Erledigung wegen Ablaufs des Ermächtigungszeitraums zum 30.6.2012 - festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.4.2010 rechtswidrig ist (Urteil vom 18.7.2012). Zwar schließe die Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä eine Dialysebehandlung ein; jedoch habe der Beklagte zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals "begrenzter Umfang" auf sachfremde Erwägungen zurückgegriffen. Hiergegen haben der Beigeladene zu 6. sowie - wegen des Inhalts der Entscheidungsgründe - die Klägerin zu 1. Berufung eingelegt. Das LSG hat das Urteil des SG geändert und die Klage der Klägerin zu 1. abgewiesen sowie deren Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 14.5.2014).

4

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin zu 1. sei nicht zur Anfechtung der dem Beigeladenen zu 6. erteilten Ermächtigung berechtigt. Die Ermächtigung des Beigeladenen zu 6. sei nicht nachrangig gegenüber der der Klägerin zu 1. erteilten Zulassung bzw Ermächtigung, weil sie nicht von einer Bedarfsprüfung abhängig sei. Der Beigeladene zu 6. sei hier bedarfsunabhängig nach der Sonderregelung des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ermächtigt worden. Der Wortlaut der Norm enthalte gerade keine Forderung nach dem Vorliegen eines Versorgungsbedürfnisses. Bereits aus dem Satzaufbau ergebe sich vielmehr, dass sich die Formulierung "in begrenzten Umfang" entweder auf die vorgenannte Mitbehandlung - also "Mitbehandlung in begrenztem Umfang" - oder auf die nachgenannte Ermächtigung - also "in begrenztem Umfang ermächtigt" - und damit allein auf die Folgen beziehe, die zu regeln seien, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ermächtigung vorlägen. Der Zusatz "begrenzt" in § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erkläre sich aber auch aus Sinn und Zweck des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä. Die Regelung solle "die konsiliarische Kooperation bei besonderen Problempatienten erleichtern, aber auch die Durchführung der Facharztweiterbildung zum Nephrologen von den Krankenhäusern und Kliniken im erforderlichen Umfang" ermöglichen. Diese Zielsetzung würde konterkariert, wenn als Voraussetzung für eine Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ein örtlicher Versorgungsbedarf an nephrologischen Leistungen gefordert würde.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin zu 1. die Verletzung von Bundesrecht. Sie sei anfechtungsberechtigt, da die dem Beigeladenen zu 6. erteilte Ermächtigung vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhänge. Das Erfordernis einer Bedarfsprüfung ergebe sich bereits aus dem Tatbestandsmerkmal "in begrenztem Umfang". Dieses greife das Erfordernis der Bedarfsprüfung auf, welches sich insbesondere aus der Systematik des Normengeflechts zu Ermächtigungen nach dem BMV-Ä/EKV-Ä ergebe. Nach § 5 Abs 1 BMV-Ä/EKV-Ä dürften sämtliche auf der Grundlage des BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigungen - mit Ausnahme solcher nach § 5 Abs 2 BMV-Ä/EKV-Ä - nur erteilt werden, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei; ein Versorgungsbedarf sei also grundsätzlich immer zu prüfen. Der Zweck der Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä liege in der - an der Versorgungsstruktur orientierten - Sicherstellung der Behandlung und Betreuung der besonderen Patientengruppe der chronisch niereninsuffizienten Patienten; die Erleichterung der konsiliarischen Kooperation sowie die Durchführung von Facharztweiterbildungen könnten allenfalls mittelbar relevanter Zweck sein. Für eine historische Auslegung seien Normsetzungsmaterialien heranzuziehen, nicht aber die Auffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) als einer der Vertragspartner; zudem habe die KÄBV in einem aktuelleren Rundschreiben vom 29.10.2004 die Einbeziehung der örtlichen Versorgungssituation als erforderlich erachtet.

6

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä seien im Wesentlichen unerfüllt. Auch sei weder der Kreis der Patienten noch der der Überweiser noch der Umfang der von der Ermächtigung umfassten Leistungen eingegrenzt worden. § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä komme im Übrigen nicht als Rechtsgrundlage für die konkret erteilte Ermächtigung in Betracht, da danach Ärzte lediglich zur Mitbehandlung, nicht jedoch zur Weiterbehandlung ermächtigt werden könnten; der Beigeladene zu 6. werde jedoch auch zu Dialyseleistungen und damit zur Primär- oder Hauptbehandlung von chronisch niereninsuffizienten Patienten ermächtigt. Daraus, dass die nach dieser Norm Ermächtigten die Anforderungen an eine nephrologische Schwerpunktabteilung nach Anhang 9.1.4 zur Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erfüllen müssten, ergebe sich, dass sie - ebenso wie diese - im Wesentlichen ergänzende Aufgaben hätten: Eine Dialyseleistung selbst sei mit dem Vorhalten einer Auffangdialyse nur bei besonders problematischen Verläufen vorgesehen; dies erfordere nicht die Möglichkeit, auch reguläre (ambulante) Dialysebehandlungen durchzuführen, weil in der nephrologischen Schwerpunktabteilung reguläre (stationäre) Dialyseleistungen erbracht würden. Die Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä sei nicht das zentrale und schon gar nicht das ausschließliche Instrument zur Weiterbildung im Schwerpunkt Nephrologie; die Weiterbildung könne durch niedergelassene Ärzte oder durch weiterbildungsbefugte Ärzte in Krankenhäusern mit nephrologischer Abteilung erfolgen.

7

Die Klägerin zu 1. beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.5.2014 zu ändern und die Berufung des Beigeladenen zu 6. gegen das Urteil des SG Duisburg vom 18.7.2012 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte und der Beigeladene zu 6. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

9

Der Beklagte hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

10

Der Beigeladene zu 6. führt aus, die Klägerin zu 1. sei nicht anfechtungsberechtigt, da die ihm erteilte Ermächtigung nicht bedarfsabhängig sei. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Versorgungsstruktur widerspreche dem Willen der Vertragspartner, wie er 2002 anlässlich der Bekanntmachung der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä in den Mitteilungen - ebenso in den nachfolgenden "Hinweisen und Erläuterungen" - zum Ausdruck gekommen sei. Wenn § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä von einer Ermächtigung "in begrenztem Umfang" spreche, könne damit allein eine fallzahlmäßige Begrenzung gemeint sein. Hätten die Vertragspartner eine Bedarfsprüfung gewollt, hätte es nicht der Differenzierung zwischen § 11 Abs 1 und 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä bedurft. Die Stellungnahme der KÄBV vom Oktober 2004 sei eine einseitige, nachträgliche Erklärung, die mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen nicht abgestimmt worden sei, während es sich bei der 2002 publizierten Stellungnahme um eine ausdrückliche gemeinsame Erklärung handele.

11

Die ihm erteilte Ermächtigung gehe nicht über den Begriff der Mitbehandlung hinaus; sie umfasse keine Weiterbehandlung im Rechtssinn, da er - der Beigeladene zu 6. - nur aufgrund einer in jedem Quartal neu auszustellenden Überweisung tätig werden könne. Kenntnisse und Erfahrungen zur Durchführung von Dialyseleistungen "bei besonders problematischen Verläufen" seien nur dann vorhanden, wenn der betreffende Arzt die Möglichkeit habe, auch "normale" Dialysebehandlungen durchzuführen. Eine umfassende Weiterbildung, die den Arzt befähige, Dialysebehandlungen durchzuführen, könne nicht nur in der Vermittlung von Kenntnissen in der Durchführung "problematischer" Dialyseleistungen bestehen. Die Weiterbildung zum Nephrologen erfordere über die technische Durchführung der Dialyse hinausgehende umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen, die nur in einer spezialisierten Krankenhausabteilung - einer nephrologischen Schwerpunktabteilung - erlangt werden könnten.

12

Die Klägerin zu 2. schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - den Ausführungen der Klägerin zu 1. an.

13

Die Beigeladenen zu 1. bis 5. und zu 7. haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin zu 1. hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Klägerin zu 1. steht eine Drittanfechtungsberechtigung gegen die dem Beigeladenen zu 6. erteilte Ermächtigung zu. Diese Ermächtigung erweist sich auch in der Sache als rechtswidrig.

15

A. Die Klägerin zu 1. ist berechtigt, die dem Beigeladenen zu 6. erteilte Ermächtigung anzufechten. Daher steht ihr - nach Erledigung des Anfechtungsbegehrens durch Ablauf des Ermächtigungszeitraums - auch das Recht zu, im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG)die Feststellung zu begehren, dass der Bescheid des Beklagten rechtswidrig war. Zwar besteht nach den hierfür maßgeblichen Grundsätzen (siehe 1.) in den Fällen einer Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä grundsätzlich keine Drittanfechtungsberechtigung (siehe 2.), jedoch ist vorliegend eine solche ausnahmsweise aus Rechtsschutzgründen zu gewähren (siehe 3.).

16

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 17; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 17)erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung "anzufechten". Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache zutrifft.

17

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) - im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10)und dies in seither ständiger Rechtsprechung fortgeführt (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 17 f; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 19; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 14; zuletzt BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Danach besteht eine Anfechtungsberechtigung eines Vertragsarztes nur dann, wenn

(1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten und

(2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird sowie

(3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist.

18

Das BVerfG hat an diese Rechtsprechung angeknüpft (BVerfG Beschluss vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977). Es hat ausgeführt, dass eine unter dem Aspekt der Berufsfreiheit nach Rechtsschutz verlangende Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse dann in Frage steht, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber den auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG aaO unter II.1.a unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004).

19

Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen. So hat der Senat eine Drittanfechtungsberechtigung bejaht bei einer Klage einer nach § 10 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ermächtigten Einrichtung gegen eine Sonderbedarfszulassung (siehe BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 17 f), ebenso bei einer Klage von niedergelassenen Nephrologen gegen eine Sonderbedarfszulassung (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 18 f), bei einer Klage von niedergelassenen Nephrologen gegen die einem Dritten erteilte Zusicherung und Genehmigung eines Versorgungsauftrags (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 26 f), bei einer Klage eines niedergelassenen Nephrologen gegen die einem Dritten erteilte Genehmigung einer Dialysezweigpraxis (BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - RdNr 23 f, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 vorgesehen) sowie bei einer Klage von niedergelassenen Nephrologen gegen die einem Dritten erteilte Genehmigung eines Versorgungsauftrags (BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen); verneint hat er eine Drittanfechtungsberechtigung hingegen bei einer Klage von niedergelassenen Nephrologen gegen eine Ermächtigung nach § 10 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 17 f).

20

2. Nach diesen Maßstäben sind zugelassene Ärzte - grundsätzlich - nicht berechtigt, die einem Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung auf der Grundlage von § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilte Ermächtigung anzufechten.

21

a. Zwar steht außer Zweifel, dass einem als angestellter Krankenhausarzt tätigen Konkurrenten durch die Ermächtigung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet wird (zur Drittanfechtung von Ermächtigungen siehe schon BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4). Ebenfalls erfüllt ist die Voraussetzung, dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (vgl zu diesem Merkmal BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19, 21; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 30; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29). Hierzu muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16; BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - RdNr 25, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 vorgesehen; zuletzt BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen ). Dies ist vorliegend der Fall, weil die Klägerin zu 1. und der Beigeladene zu 6. Dialyseleistungen anbieten und die Praxis der Klägerin zu 1. sowie das Krankenhaus, in dem der Beigeladene zu 6. tätig ist, nur 1,5 km voneinander entfernt liegen. Bei solcher Nähe und einem so engen Leistungszuschnitt bedarf es weder näherer Darlegungen des Anfechtenden noch näherer Ermittlungen durch die Zulassungsgremien oder die Gerichte, sondern es ist ohne Weiteres ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl zB BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f).

22

b. Der dem Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung durch eine Ermächtigung auf der Grundlage von § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä eingeräumte Status ist jedoch gegenüber demjenigen dies anfechtender Vertragsärzte nicht nachrangig. Der dem Konkurrenten eingeräumte Status ist gegenüber demjenigen des Anfechtenden dann nachrangig, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (stRspr des BSG, zB BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 19). Die Bedarfsprüfung vermittelt Drittschutz für diejenigen, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 22 mwN; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 20; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30). Hiervon ausgehend hat der Senat Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen nach § 116 SGB V ebenso als nachrangig angesehen wie die ärztlich geleiteten Einrichtungen nach § 31 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 9 Abs 1 Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigungen, weil ihre Erteilung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch einen bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Leistungserbringer gedeckt ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 20; dort auch zum Inhalt der Bedarfsprüfung bei Dialyseermächtigungen). Dies hat der Senat - anders als bei Zweigpraxen nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - auch bei Dialyse-Zweigpraxen nach Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit der Begründung bejaht, dass die "Anforderungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen … über die allgemeinen Anforderungen der Ärzte-ZV hinaus(gehen)" (BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - RdNr 35 f, zur Veröffentlichung in SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 vorgesehen).

23

Eine auf der Grundlage von § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilte Ermächtigung setzt jedoch keine Bedarfsprüfung voraus (ebenso schon SG für das Saarland Urteil vom 9.4.2010 - S 2 KA 64/08 -; nachfolgend LSG für das Saarland Beschluss vom 4.4.2012 - L 3 KA 28/10 - Juris = ArztR 2013, 241 ff):

24

aa. Nach den - auch von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen - Feststellungen der Vorinstanzen ist dem Beigeladenen zu 6. eine Ermächtigung auf der Grundlage von § 31 Abs 2 Ärzte-ZV iVm § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilt worden. Danach können - unbeschadet der Möglichkeit zur Ermächtigung nach Absatz 1 - angestellte Krankenhausärzte als Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung auf ihren Antrag hin zur Mitbehandlung der in § 2 definierten Gruppen chronisch niereninsuffizienter Patienten in begrenztem Umfang ermächtigt werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie die Anforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung und die Anforderungen an eine nephrologische Schwerpunktabteilung gemäß Anlage 9.1.4 erfüllen (Satz 1 aaO). Die Ermächtigung umfasst die Leistungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes, die im Rahmen der Mitbehandlung notwendig sind (Satz 2 aaO).

25

bb. Ein Anknüpfungspunkt für eine - Drittschutz vermittelnde - Bedarfsprüfung besteht weder nach dem Wortlaut der Regelung noch nach ihrem Sinn und Zweck:

26

(1) Dem Wortlaut des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä lassen sich keine Aussagen zur Erforderlichkeit einer Bedarfsprüfung entnehmen. Während etwa § 11 Abs 1 Satz 2 aaO auf die für die - bedarfsabhängige(BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 21)- Ermächtigung von ärztlich geleiteten Einrichtungen geltende Vorschrift des § 9 aaO verweist und in seinem Satz 4 aaO ausdrücklich bestimmt, dass die Ermächtigung verlängert werden kann, wenn ein Versorgungsbedarf besteht, enthält der in Abs 3 aaO geregelte Ermächtigungstatbestand keine vergleichbaren Vorgaben, schließt allerdings die Erforderlichkeit einer Bedarfsprüfung - anders als § 11 Abs 2 Satz 2 aaO - auch nicht ausdrücklich aus.

27

Die in der Vorschrift enthaltenen Tatbestandsmerkmale ("Mitbehandlung", "in begrenztem Umfang") begrenzen lediglich - auf der Rechtsfolgenseite - den Umfang der im Rahmen der Ermächtigung zulässigen Behandlung, indizieren aber nicht die Erforderlichkeit einer Bedarfsprüfung. Insbesondere die Wendung "in begrenztem Umfang ermächtigt werden" kann im Satzzusammenhang nur so verstanden werden, dass der Umfang der Ermächtigung zu begrenzen ist. Der Einwand, dass es einer so verstandenen Anordnung in der Norm nicht bedurft hätte, weil jede Ermächtigung zu begrenzen sei, überzeugt nicht. Dass die Ermächtigung nur "in begrenztem Umfang" erteilt werden soll, betont den eingeschränkten Charakter dieser besonderen Ermächtigung (siehe hierzu noch A.3.b.).

28

(2) Der Sinn und Zweck dieser besonderen Ermächtigungsnorm spricht gegen die Notwendigkeit einer Bedarfsprüfung.

29

Grundsätzlich kann in einem durch den Vorrang der zugelassenen Ärzte (stRspr des BSG, vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 63; BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 39/00 R - RdNr 16 = USK 2001-166; BSG SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 13 unter Hinweis auf BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 15 ff), insbesondere aber durch Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen geprägten System eine Ermächtigung oder Zulassung ohne vorhergehende Bedarfsprüfung nur die Ausnahme sein, weil jede zusätzliche Ermächtigung Einfluss auf die Versorgungssituation hat. Ausnahmen (siehe hierzu auch BSGE 55, 212, 215 = SozR 5520 § 31 Nr 2 - zu § 31 ZO-Ärzte) lässt das Gesetz insbesondere dann zu, wenn Bedarfsplanungsgesichtspunkte - etwa wegen der Schwere der Erkrankung oder wegen der gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Leistungen oder der Teilnahme bestimmter Institutionen - zurückzutreten haben: So erhalten zB auch Hochschulambulanzen nach § 117 SGB V für Zwecke der Forschung und Lehre eine bedarfsunabhängige Ermächtigung (vgl BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 27). Auch werden zB die Zulassungsgremien durch § 5 Abs 2 BMV-Ä/EKV-Ä iVm § 31 Abs 2 Ärzte-ZV dazu berechtigt, "ohne Prüfung eines Bedürfnisses" Ermächtigungen für die zytologische Diagnostik von Krebserkrankungen(Nr 1) oder zu ambulanten Untersuchungen und Beratungen zur Planung der Geburtsleistung (Nr 2) zu erteilen.

30

Zu diesen Ausnahmen gehört auch die Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä. Der mit der Ermächtigungsnorm nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä verfolgte Zweck bestätigt sowohl deren Bedeutung als auch deren eingeschränkten Charakter und damit zugleich die Nichterforderlichkeit einer Bedarfsprüfung: Mit einer Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä soll nicht die reguläre Dialyseversorgung sichergestellt werden, sondern vielmehr allein "die konsiliarische Kooperation bei besonderen Problempatienten, aber auch die Durchführung der Facharztweiterbildung zum Nephrologen von den Krankenhäusern und Kliniken im erforderlichen Umfang ermöglicht werden" (vgl Mitteilungen der KÄBV zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, DÄ 2002, A-970; in diesem Sinne auch "Hinweise und Erläuterungen für die KÄVen" der KÄBV zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, Stand: 1.7.2002, S 31).

31

Angesichts des eindeutigen - auch von den beigeladenen Krankenkassenverbänden nicht in Zweifel gezogenen - Wortlauts der zeitnah nach Erlass der Regelung veröffentlichten "Mitteilungen" und "Hinweise und Erläuterungen" ergeben sich keine Bedenken dagegen, die genannten Ziele zugrunde zu legen. Zudem ist nicht erkennbar, welche anderen Gründe die Vertragspartner seinerzeit dazu bewogen haben sollten, eine besondere Ermächtigungsgrundlage für Leiter nephrologischer Schwerpunktabteilungen zu schaffen. Zur (allgemeinen) Sicherstellung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten hätte es dieses besonderen Ermächtigungstatbestandes nicht bedurft, weil angestellte Krankenhausärzte - zu denen Leiter nephrologischer Schwerpunktabteilungen gehören - bereits auf der Grundlage des § 11 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ermächtigt werden können. Diese Ermächtigung ist allerdings bedarfsabhängig zu erteilen, wie sich daraus ergibt, dass gemäß § 11 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä die Regelung in § 9 aaO entsprechend gilt und es sich bei der nach § 9 Abs 1 aaO erteilten Ermächtigung um eine bedarfsabhängige Ermächtigung handelt(so schon BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 21).

32

Der Zugrundelegung der genannten Zwecke steht auch nicht entgegen, dass die KÄBV in ihrem Rundschreiben vom 29.10.2004 empfohlen hat, bei der Ermächtigung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä die örtliche Versorgungssituation "mit einzubeziehen". Hierbei handelt es sich - anders als bei den im Ärzteblatt veröffentlichten "Mitteilungen" - um eine nachträgliche, allein die Auffassung eines der Vertragspartner wiedergebende Interpretation, welche zudem die vorerwähnten Zwecke der Ermächtigungsnorm des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä als solche nicht in Frage stellt. Im Übrigen mag die empfohlene Einbeziehung von Versorgungsgesichtspunkten dem Umstand geschuldet sein, dass die Ermächtigungsnorm in der Praxis der Zulassungsgremien - wie der vorliegende Fall andeutet - großzügiger interpretiert worden sein mag als dies nach ihrer Auslegung sachgerecht ist.

33

Die dargestellte - begrenzte - Zweckrichtung des besonderen Ermächtigungstatbestandes nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä sowie der hieraus wie auch aus dem Wortlaut der Ermächtigungsnorm deutlich werdende begrenzte Umfang der Leistungen, die von einem auf der Grundlage des § 11 Abs 3 Anlage 9.1. BMV-Ä/EKV-Ä ermächtigten Arzt erbracht werden dürfen (siehe hierzu noch unter A.3.b.), bestätigen, dass die Ermächtigung keine Bedarfsprüfung voraussetzt, weil sie eben nicht zur Deckung eines "regulären" Versorgungsbedarfs erfolgt, sondern nur "ergänzend" zur Ermöglichung der konsiliarischen Kooperation sowie der Facharztweiterbildung. Dementsprechend sind auch die Bundesmantelvertragspartner, die den Inhalt der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä vereinbart haben, davon ausgegangen, dass Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung die Ermächtigung "ohne besondere Bedürfnisprüfung" erhalten sollen (vgl Mitteilungen der KÄBV zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, DÄ 2002, A-970).

34

cc. Die Erforderlichkeit einer Bedarfsprüfung kann schließlich auch nicht - unter Berufung auf "systematische Gründe" - aus § 5 Abs 1 BMV-Ä/EKV-Ä und der dortigen Verknüpfung von Ermächtigungen mit der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung hergeleitet werden. § 5 Abs 1 BMV-Ä/EKV-Ä stellt keine für alle auf der Grundlage des BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigungen maßgebliche "Generalnorm" dar. Zum einen wiederholt bzw präzisiert die Norm nur die in § 31 Abs 2 Ärzte-ZV enthaltene Ermächtigung, wonach die KÄBV und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen im BMV-Ä/EKV-Ä Regelungen treffen können, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs 1 Ärzte-ZV hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen. Zum anderen ist § 31 Abs 2 Ärzte-ZV(iVm § 98 Abs 1 SGB V) Ermächtigungsgrundlage für die Vereinbarung weiterer Ermächtigungstatbestände durch die Partner des BMV-Ä/EKV-Ä - also auch der in der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä aufgeführten -, nicht hingegen (auch) § 5 Abs 1 BMV-Ä/EKV-Ä. Damit gibt es keinen Ansatz dafür, in den in § 5 Abs 1 BMV-Ä/EKV-Ä angeführten Sicherstellungsgründen einen auf alle im BMV-Ä/EKV-Ä normierten Ermächtigungstatbestände anzuwendenden Grundsatz zu sehen.

35

3. Vorliegend ist eine Drittanfechtungsberechtigung jedoch ausnahmsweise aus Rechtsschutzgründen zu bejahen. Eine Abweichung von den oben (unter 1.) dargestellten Maßstäben für eine Drittanfechtungsberechtigung kommt dann in Betracht, wenn die angegriffene Statusentscheidung (Zulassung, Ermächtigung pp) zwar auf der Grundlage einer Norm erteilt wird, die keine Bedarfsprüfung erfordert, jedoch der hieraus - in rechtswidriger Verkennung des Regelungsgehalts der Norm - abgeleitete Umfang des eingeräumten Status dem einer Statusentscheidung entspricht, die nur nach vorangegangener Bedarfsprüfung erteilt werden könnte.

36

a. Ein derartiger Fall ist hier gegeben, weil der Beklagte den Beigeladenen zu 6. zwar ausdrücklich auf der Grundlage des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ermächtigt, ihm jedoch eine Ermächtigung im Umfang eines - die Durchführung regulärer Dialysen umfassenden - "vollen Versorgungsauftrages" erteilt hat. Ausweislich der Begründung des Bescheides hat der Beklagte seiner Entscheidung maßgeblich Gesichtspunkte des Versorgungsbedarfs zugrunde gelegt, wie sie auch bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags geprüft werden (vgl § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). So hat er seine Entscheidung wesentlich auf die noch nicht bestehende Auslastung der Klägerin zu 1. - und damit ua den für die Gewährleistung einer kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur maßgeblichen Auslastungsgrad der Praxis (siehe § 6 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) - auf der einen und die aus seiner Sicht nicht gegebene Möglichkeit einer vollständigen Bedarfsdeckung durch diese auf der anderen Seite gestützt. Auch die von ihm vorgenommene "Begrenzung" auf 30 Patienten pro Quartal entspricht einem vollen Versorgungsauftrag, weil die "Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren" vom 16.6.1997 idF vom 1.4.2014 unter § 5 Abs 7 Buchst c Nr 1 einen Arzt-Patienten-Schlüssel bestimmt, wonach bei mehr als 30 Patienten mindestens ein zweiter Arzt die Betreuung mit zu übernehmen hat. Zwar mag es sein, dass die genannte Zahl von Patienten nicht zwingend 30 Dialysepatienten entsprechen muss, sondern sich auf die in § 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä definierte Patientengruppen bezieht, doch wäre dies nach dem Verfügungssatz der Entscheidung jedenfalls nicht ausgeschlossen und nach den Entscheidungsgründen sogar intendiert.

37

Die Erteilung eines "regulären" Versorgungauftrags könnte die Klägerin zu 1. nach der Rechtsprechung des Senats anfechten, weil sie vom Vorliegen eines Bedarfs abhängig ist, bei dessen Ermittlung sie zu berücksichtigen wäre. Dieser Rechtsschutz kann der Klägerin zu 1. hier nicht deshalb versagt werden, weil der Beklagte die Ermächtigung auf eine Norm gestützt hat, welche einerseits keine Bedarfsprüfung voraussetzt, jedoch andererseits die Ermächtigung zur Durchführung eines vollen Versorgungsauftrags nicht trägt (siehe hierzu noch unter b.). Verneinte man eine Drittanfechtungsberechtigung mit der Begründung, dass die der Entscheidung zugrunde gelegte Norm keine Bedarfsprüfung erfordert, obwohl der Verfügungssatz der Entscheidung einen Ermächtigungsumfang beinhaltet, den im Regelfall nur Ermächtigungstatbestände vorsehen, welche die Erteilung der Ermächtigung an die Bejahung eines entsprechenden Bedarfs knüpfen, wäre für den im Konkurrenzverhältnis betroffenen Dritten kein effektiver Rechtsschutz iS des Art 19 Abs 4 GG gewährleistet (vgl zu diesem Gesichtspunkt auch BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 35 - zur Zusicherung eines Versorgungsauftrags). Ist mithin der Anwendungsbereich des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit der erteilten Ermächtigung offensichtlich überschritten und in der Sache die Leistungserbringung im Umfang eines Versorgungsauftrags eröffnet worden, besteht ausnahmsweise ein Drittanfechtungsrecht.

38

b. Eine auf der Grundlage des § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilte Ermächtigung beinhaltet nur einen eingeschränkten Leistungsumfang, nicht aber die mit der Übertragung eines Versorgungsauftrags im Sinne des § 3 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä verbundenen Leistungen. Dies folgt zum einen aus dem in § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä verwendeten Begriff der "Mitbehandlung", zum anderen aus dem Sinn und Zweck dieses gesonderten Ermächtigungstatbestandes:

39

aa. Nach § 11 Abs 3 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erfolgt die Ermächtigung "zur Mitbehandlung der in § 2 definierten Personengruppen". Unter dem Begriff der "Mitbehandlung", wie er sich in § 24 Abs 3 Nr 3 BMV-Ä/EKV-Ä("Überweisung zur Mitbehandlung") findet, wird die Erbringung begleitender oder ergänzender diagnostischer oder therapeutischer Maßnahmen verstanden, wobei der überweisende Arzt den überwiesenen Patienten im Übrigen weiter behandelt (Rompf/Schröder/Willaschek, BMV-Ä, 2014, § 24 RdNr 11; so auch Hess in Wenzel, Medizinrecht, 3. Aufl 2013, Kap 2 RdNr 374). Es kann offenbleiben, welche Leistungen im Einzelnen eine "Mitbehandlung" im Sinne dieser Norm umfassen kann. Bereits nach dem Wortsinn kann es sich jedenfalls nur um eine begleitende oder ergänzende Behandlung in Kooperation mit einem anderen Facharzt auf dessen Überweisung handeln. Die alleinige Durchführung der ambulanten Dialyseversorgung durch den ermächtigten Arzt wird von dem Begriff der Mitbehandlung eindeutig nicht mehr erfasst. Dem stünde zudem entgegen, dass § 11 Abs 3 Satz 1 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä nur eine Mitbehandlung "in begrenztem Umfang" vorsieht.

40

bb. Dass Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä nur eine ihrem Leistungsumfang nach begrenzte Ermächtigung erhalten sollen, folgt zudem aus dem mit diesem gesonderten Ermächtigungstatbestand verfolgten Zweck:

41

Vorrangiges Ziel einer nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigung ist es, die "konsiliarische Kooperation bei besonderen Problempatienten" zu ermöglichen (vgl Mitteilungen der KÄBV zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, DÄ 2002, A-970); daneben tritt die Ermöglichung einer Durchführung der Facharztweiterbildung ("aber auch") zurück. Schon der Begriff der "konsiliarischen Kooperation" - also der beratenden Zusammenarbeit - verdeutlicht, dass die Ermächtigung nicht dazu dienen soll, dass der ermächtigte Arzt regelhaft Dialyseleistungen erbringt. Bestätigt wird dies durch die Ausrichtung der Kooperation auf "besondere Problempatienten". In diesem Sinne führen auch die "Hinweise und Erläuterungen" der KÄBV ("Hinweise und Erläuterungen für die KÄVen" zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, Stand: 1.7.2002, S 31) aus, die Bestimmungen hätten zum Ziel, bei "spezifischen nephrologischen Problemstellungen" die Kooperation zwischen niedergelassenen Vertragsärzten und Krankenhausärzten in spezialisierten nephrologischen Schwerpunktabteilungen zu fördern. Es geht mithin allein darum, für Problemfälle das Expertenwissen des Leiters der Schwerpunktabteilung nutzbar zu machen, nicht aber darum, diese in die reguläre, grundsätzlich den niedergelassenen Ärzten obliegende Versorgung mit Dialyseleistungen einzubeziehen.

42

Die Durchführung der Facharztweiterbildung zum Nephrologen dürfte es zwar erfordern, dass in der Fachabteilung eines Krankenhauses, in der sie erfolgt, Dialyseleistungen erbracht werden, doch steht dieser Umstand einer nur eingeschränkten Ermächtigung ihres Leiters nicht entgegen, weil in einer nephrologischen Schwerpunktabteilung ohnehin - stationär sowie ggf auch teilstationär - Dialysen durchgeführt werden. Die Klägerin zu 1. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in dem Krankenhaus, in dem der Beigeladene zu 6. tätig ist, nach eigener Darstellung jährlich mehr als 10 000 Dialysen durchgeführt werden.

43

Der eingeschränkte Umfang der auf der Grundlage von § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigung schließt es im Übrigen nicht aus, dass die Zulassungsgremien den Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung in genau definierten Ausnahmefällen auch zur Betreuung dialysepflichtiger Patienten ermächtigen, sofern dies unter Berücksichtigung der vorerwähnten Zwecke der Ermächtigung geboten erscheint: So kommt etwa in Betracht, bei bestimmten Problempatienten in zeitlich und/oder sachlich begrenztem Umfang auch die Durchführung von Dialysen zu gestatten.

44

B. In der Sache hat das SG im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 28.4.2010 rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides ergibt sich bereits daraus, dass der Beklagte den Umfang der auf der Grundlage von § 11 Abs 3 Anlage 9.1. BMV-Ä/EKV-Ä erteilten Ermächtigung nicht dem Inhalt dieser Ermächtigungsnorm entsprechend beschränkt, sondern den Beigeladenen zu 6. in einem Umfang ermächtigt hat, der die Versorgung von 30 Patienten pro Quartal mit regulären Dialyseleistungen zulässt und der damit im Ergebnis einem vollem Versorgungsauftrag entspricht.

45

Die Entscheidung des Beklagtes ist auch deswegen rechtswidrig, weil dieser den erforderlichen "Überweisungsfilter" nicht dem begrenzten Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgestaltet hat. Nach § 31 Abs 7 Satz 2 Ärzte-ZV, der auch für Ermächtigungen nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä entsprechend gilt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 24), ist in dem Ermächtigungsbeschluss auch auszusprechen, ob der ermächtigte Arzt unmittelbar oder auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann es geboten sein, bei Ermächtigungen, die nicht auf quantitative Versorgungsdefizite, sondern auf das spezielle Leistungsangebot des zu ermächtigenden Arztes gestützt werden, die Befugnis zur Überweisung denjenigen Fachärzten vorzubehalten, die aufgrund ihrer Ausbildung und der Ausrichtung ihrer Tätigkeit für die Behandlung der in Frage kommenden Erkrankungen in erster Linie zuständig sind (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 64; BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 39/00 R - RdNr 19 - Juris; zum sogenannten "Facharztfilter" siehe auch Rothfuß in Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, 2008, § 31 RdNr 43). Ein derartiger Überweisungsfilter soll sicherstellen, dass der gesetzlich vorgegebene Vorrang der Vertragsärzte im Rahmen der ambulanten Versorgung gewahrt bleibt (stRspr des BSG, vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 63; BSG Urteil vom 27.6.2001 - B 6 KA 39/00 R - RdNr 16 = USK 2001-166; zum Vorrang der Vertragsärzte siehe auch BSG SozR 4-2500 § 76 Nr 2 RdNr 13 unter Hinweis auf BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 15 ff).

46

Eine solche - die Begrenzung des Kreises der überweisungsberechtigten Ärzte auf bestimmte Fachärzte gebietende - Konstellation ist vorliegend gegeben, weil die Leiter einer nephrologischen Schwerpunktabteilung nach § 11 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä nicht wegen eines quantitativen Versorgungsbedarfs, sondern allein aus speziellen Gründen - vorrangig der Ermöglichung einer Kooperation bei spezifischen nephrologischen Problemstellungen - ermächtigt werden. Dies rechtfertigt und gebietet es, die Inanspruchnahme des ermächtigten Arztes von einer Überweisung durch Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie abhängig zu machen, weil nur mit diesen eine entsprechende Kooperation denkbar ist.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach haben der Beklagte und der Beigeladene zu 6. die Kosten des Verfahrens zu tragen, da sie unterlegen sind (§ 154 Abs 1, § 159 Satz 2 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 5. und zu 7. ist nicht veranlasst.

(1) Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz).

(2) Der Vertragsarzt muß am Vertragsarztsitz seine Sprechstunde halten.

(3) Vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit

1.
dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und
2.
die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird; geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden.
Es ist nicht erforderlich, dass die an weiteren Orten angebotenen Leistungen in ähnlicher Weise auch am Vertragsarztsitz angeboten werden, oder dass das Fachgebiet eines in der Zweigpraxis tätigen Arztes auch am Vertragsarztsitz vertreten ist. Ausnahmen zu den in Satz 2 genannten Grundsätzen können im Bundesmantelvertrag geregelt werden. Eine Verbesserung der Versorgung nach Satz 1 Nummer 1 kann auch darin bestehen, dass eine bestehende Praxis am ursprünglichen Vertragsarztsitz als Zweigpraxis weitergeführt wird. Regelungen zur Verteilung der Tätigkeit zwischen dem Vertragsarztsitz und weiteren Orten sowie zu Mindest- und Höchstzeiten gelten bei medizinischen Versorgungszentren nicht für den einzelnen in dem medizinischen Versorgungszentrum tätigen Arzt. Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassenärztlichen Vereinigung liegen, hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er seinen Vertragsarztsitz hat, sowie die beteiligten Kassenärztlichen Vereinigungen sind vor der Beschlussfassung anzuhören. Der nach Satz 7 ermächtigte Vertragsarzt kann die für die Tätigkeit an seinem Vertragsarztsitz angestellten Ärzte auch im Rahmen seiner Tätigkeit an dem weiteren Ort beschäftigen. Er kann außerdem Ärzte für die Tätigkeit an dem weiteren Ort nach Maßgabe der Vorschriften anstellen, die für ihn als Vertragsarzt gelten würden, wenn er an dem weiteren Ort zugelassen wäre. Zuständig für die Genehmigung der Anstellung nach Satz 9 ist der für die Erteilung der Ermächtigung nach Satz 7 zuständige Zulassungsausschuss. Keiner Genehmigung bedarf die Tätigkeit eines Vertragsarztes an einem der anderen Vertragsarztsitze eines Mitglieds der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft nach § 33 Abs. 2, der er angehört.

(4) Die Genehmigung und die Ermächtigung zur Aufnahme weiterer vertragsärztlicher Tätigkeiten nach Absatz 3 können mit Nebenbestimmungen erteilt werden, wenn dies zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz und an den weiteren Orten unter Berücksichtigung der Mitwirkung angestellter Ärzte erforderlich ist. Das Nähere hierzu ist einheitlich in den Bundesmantelverträgen zu regeln.

(5) Erbringt der Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen an weiteren Orten in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz (ausgelagerte Praxisräume), hat er Ort und Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit seiner Kassenärztlichen Vereinigung unverzüglich anzuzeigen.

(6) Ein Vertragsarzt darf die Facharztbezeichnung, mit der er zugelassen ist, nur mit vorheriger Genehmigung des Zulassungsausschusses wechseln.

(7) Der Zulassungsausschuss darf den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Entsprechendes gilt für die Verlegung einer genehmigten Anstellung.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. August 2014 und des Sozialgerichts Mainz vom 7. Juni 2013 sowie der Bescheid des Beklagten vom 15. Juni 2011 aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 31. März 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes an einem weiteren Ort (Zweigpraxis).

2

Der Kläger nimmt als Facharzt für Nuklearmedizin in Bad H. - im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) N. - an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft - BAG) für Radiologie und Nuklearmedizin, der der Kläger angehört, bietet in den Räumen der K.-Klinik in A. - ca 19 km von Bad H. entfernt und im Bezirk der KÄV R.-P. gelegen - für Privatpatienten kernspintomographische (MRT-)Untersuchungen an.

3

Am 3.1.2011 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Zulassungsbezirk K. die Ermächtigung zum Betrieb einer Zweigpraxis und gab an, er wolle dort nuklearmedizinische Leistungen, Ultraschall-Leistungen sowie Kernspintomographien anbieten. Die KÄV N. teilte mit, sie gehe davon aus, dass sich die Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz des Klägers durch den Betrieb der beantragten Zweigpraxis nicht verschlechtern werde. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31.3.2011 (aus der Sitzung vom 22.3.2011) ab. Durch Bescheid vom 15.6.2011 (aus der Sitzung vom 25.5.2011) wies der beklagte Berufungsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, die Tätigkeit, die der Kläger in der Zweigpraxis in A. ausüben wolle, führe nicht zu einer Verbesserung der Versorgung. Der Kläger beabsichtige, seine Tätigkeit in der Zweigpraxis zumindest vorerst auf die Durchführung von MRT-​Untersuchungen zu beschränken. Es stelle sich schon die Frage, ob ein Facharzt für Nuklearmedizin derartige Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abrechnen könne. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass in der maßgeblichen Ortsgemeinde A. die Nachfrage nach MRT-​Untersuchungen nur gering sei, sodass eine Verbesserung der Versorgung im Sinne des Gesetzes nicht erreicht werde. Die hiergegen erhobene Klage ist erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 7.6.2013).

4

Das LSG hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 21.8.2014). Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Prüfung, ob eine Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-​ZV) vorliege, sei auf den "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden solle, abzustellen. Mithin sei maßgebend, ob die begehrte Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten in der Ortsgemeinde A. verbessern würde. Hinsichtlich des Ausmaßes der Verbesserung der Versorgung sei zu berücksichtigen, dass einerseits minimale, für die Versicherten kaum spürbare Veränderungen nicht ausreichten und andererseits die Anforderungen nicht so hoch gespannt werden dürften, dass der beabsichtigte Zweck einer Förderung der "Filialtätigkeit" verfehlt würde. Innerhalb dieser Grenzen unterfalle die Entscheidung, ob eine Versorgungsverbesserung vorliege, dem Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Nach diesen Maßstäben sei die Entscheidung des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar befinde sich die nächste Vertragsarztpraxis, die MRT-​Untersuchungen anbiete, im 19 km von A. entfernt liegenden Bad H., sodass sich diejenigen in A. ansässigen Versicherten, die eine MRT-​Untersuchung benötigten, die Fahrzeit nach Bad H. ersparen würden. Jedoch habe der Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass es sich bei einer Einwohnerzahl von 7414 Einwohnern lediglich um eine relativ geringe Anzahl von Versicherten handele, denen die vom Kläger beantragte Versorgung mit einem MRT zugutekomme. Hierbei handele es sich um eine sachgerechte Erwägung, die sich noch im Rahmen des Beurteilungsspielraums des Beklagten halte.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Dass die von ihm in A. geplanten Untersuchungen eine Versorgungsverbesserung darstellten, zeige bereits der Umstand, dass weder in A. noch im Umkreis von 15 km um A. herum überhaupt Leistungen der diagnostischen Radiologie angeboten würden. Beziehe man die Versorgungsverbesserung nur auf den Ort A., ergebe sich eine spürbare Verbesserung für die mehr als 7400 Bewohner. Aus den bereits im Genehmigungsverfahren vorgelegten Zahlen ergebe sich, dass allein in den Quartalen II/2009 bis II/2010 1342 Patienten den Weg von A. nach Bad H. zum Sitz des Klägers auf sich genommen hätten. Die Verbesserung der Versorgung werde gerade auch unter Berücksichtigung der einpendelnden Patienten aus den um A. liegenden Orten deutlich. Dass die Prüfung bei einer Zweigpraxisgenehmigung auf die Ortsgemeinde beschränkt sein solle, sei nicht nachvollziehbar; eine Versorgungsverbesserung sei immer dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung vorlägen. Es sei ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte auf bedarfsplanungsrechtliche Erwägungen Bezug nehme, da es auf Bedarfsplanungsfragen gerade nicht ankomme. Auch für Konkurrenzschutzgesichtspunkte sei keinen Raum.

6

Der Begriff des "weiteren Ortes" bezeichne nicht die politische Gemeinde; vielmehr sei der Begriff so auszulegen, dass er ein jeweils im Einzelfall zu ermittelndes Gebiet umfasse, das sich anhand geographischer sowie bevölkerungs- und infrastruktureller Gegebenheiten bemesse und von Gemeinden oder Gebietskörperschaften unabhängig sei. Verstünde man hierunter die "weitere politische Gemeinde", würde dies in der besonders hochspezialisierten fachärztlichen Versorgung die Errichtung einer Zweigpraxis gerade in dünn, besiedelten ländlichen Gebieten faktisch unmöglich machen. Auch sei der "weitere Ort" in einem dünn besiedelten Gebiet so weit zu fassen, wie die Zweigpraxis schneller und besser erreichbar sei als die nächstgelegene Niederlassung eines anderen Arztes der gleichen Fachrichtung. Durch die geplante Zweigpraxis werde im Übrigen keine neue Kapazität geschaffen, sondern er - der Kläger - komme lediglich den Patienten entgegen, die schon heute seine Praxis aufsuchten. In der Zweigpraxis wolle er - wie beantragt - nicht nur MRT-Leistungen durchführen, sondern auch nuklearmedizinische Leistungen und Ultraschall-Leistungen anbieten.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 21. August 2014 und des SG Mainz vom 7. Juni 2013 sowie den Beschluss des Beklagten vom 25. Mai 2011/Bescheid vom 15. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 31. März 2011 zu entscheiden.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er - der Beklagte - sei im Einklang mit der BSG-Rechtsprechung davon ausgegangen, dass kosmetische Veränderungen der Versorgungssituation nicht ausreichten. Angesichts der Einwohnerzahl von A. sei ein Bedarf zur Erbringung von MRT-Leistungen allenfalls als ganz gering anzusehen. "Einpendelnde Patienten" seien nicht zu berücksichtigen. Auch der Vorwurf einer fehlerhaften Ermessensausübung gehe fehl, weil hierfür bei einer lediglich kosmetischen Verbesserung gar kein Raum sei.

10

Die zu 7. beigeladene KÄV N. weist - ohne einen Antrag zu stellen - darauf hin, dass sie dem Kläger eine Genehmigung zur Abrechnung von MRT-Leistungen erteilt habe.

11

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst in der Sache geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet.

13

1. Der Senat hat die notwendige Beiladung der KÄVen Nordrhein und Rheinland-Pfalz mit deren Zustimmung nachgeholt (§ 168 Satz 2 SGG). Die Beiladungen waren hier im Sinne des § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig, weil die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses darüber, ob dem Kläger die begehrte Zweigpraxisermächtigung erteilt wird, auch diesen KÄVen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Krankenkassenverbände und die KÄV stets beizuladen, wenn ein Beschluss des Berufungsausschusses angegriffen wird (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 14 S 73 f; BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 10 - Juris = USK 2011-120 = MedR 2012, 695). Der Senat hat dies damit begründet, dass Entscheidungen der Zulassungsgremien unmittelbar den Rechtskreis der für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zuständigen KÄV sowie den der gesetzlichen Krankenkassen betreffen, weil zugelassene und ermächtigte Ärzte bzw ärztlich geleitete Einrichtungen im System der vertragsärztlichen Versorgung Leistungen erbringen und zu Lasten der Krankenkassen veranlassen dürfen (BSG Urteil vom 14.12.2011 aaO).

14

Für Zweigpraxisgenehmigungen und -ermächtigungen gilt nichts anderes. Die dargestellten Erwägungen gelten nicht nur für Entscheidungen, die unmittelbar den Status eines vertragsärztlichen Leistungserbringers verändern, sondern auch für solche, die in untrennbarem Zusammenhang hiermit stehen (BSG Urteil vom 14.12.2011 aaO). Dies trifft auf Entscheidungen, die einem Vertragsarzt den Betrieb einer Zweigpraxis gestatten, zu. Zwar ist damit keine Statusgewährung oder -erweiterung verbunden (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 24 ff), doch hat der Betrieb einer Zweigpraxis Auswirkungen auf die vertragsärztliche Versorgung, wie schon dadurch deutlich wird, dass § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV die Prüfung verlangt, dass die Versorgung am Ort der Zweigpraxis verbessert und am Praxissitz des Arztes nicht (mehr als geringfügig) beeinträchtigt wird.

15

In Verfahren, in denen es um die Genehmigung einer Zweigpraxis durch die KÄV gemäß § 24 Abs 3 Satz 5 Ärzte-ZV geht, sind daher die Krankenkassenverbände notwendig beizuladen, im Falle einer - gemäß § 24 Abs 3 Satz 6 Ärzte-ZV durch den für den Sitz der geplanten Zweigpraxis zuständigen Zulassungsausschuss zu erteilenden - Ermächtigung zudem die "beteiligten" KÄVen, also zum einen die KÄV, in deren Bezirk die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum anderen die KÄV, deren Mitglied der den Betrieb einer Zweigpraxis beabsichtigende Vertragsarzt ist. Die rechtliche Betroffenheit beider KÄVen verdeutlicht § 24 Abs 3 Satz 6 Halbsatz 2 Ärzte-ZV, welcher die Anhörung "der beteiligten KÄVen" durch den Zulassungsausschuss anordnet. Sie wird im Übrigen daraus deutlich, dass die KÄV in den Fällen einer "bezirksgleichen" Zweigpraxis selbst die zuständige Genehmigungsbehörde ist.

16

2. Der Beklagte hat den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum bei der Subsumtion unter den Begriff "Verbesserung der Versorgung" nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt: Seine Einschätzung, dass es am Vorliegen einer Versorgungsverbesserung fehle, weil die Nachfrage nach MRT-Leistungen am "weiteren Ort" A. nur gering sei, ist beurteilungsfehlerhaft.

17

a. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 24 Abs 3 Ärzte-ZV(idF des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22.12.2006 - BGBl I 3439 - mit geringfügiger Änderung durch Anfügung eines zweiten Halbsatzes in § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 aaO durch Art 9 Nr 8 Buchst b aa des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vom 22.11.2011, BGBl I 2983, 3017: "geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden."), der seine gesetzliche Grundlage in § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V hat. Nach § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit (1.) dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Diese Tätigkeiten bedürfen dann, wenn der weitere Ort - wie vorliegend - außerhalb des Bezirks der KÄV liegt, in der der antragstellende Arzt Mitglied ist, der Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; bei Vorliegen der Voraussetzungen hat der Arzt Anspruch auf Erteilung der Ermächtigung (§ 24 Abs 3 Satz 6 Ärzte-ZV).

18

Den Zulassungsgremien steht - ebenso wie den KÄVen im Rahmen der von ihnen zu erteilenden Genehmigung nach § 24 Abs 3 Satz 5 Ärzte-ZV - bei der Beurteilung, ob die Genehmigung bzw die Ermächtigung zu einer Verbesserung bzw Beeinträchtigung der Versorgung führen würde, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu(stRspr des Senats, vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 54-55; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 12; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 22; zuletzt BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 25).

19

Was unter einer "Verbesserung der Versorgung" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV zu verstehen ist und welche Gesichtspunkte in den Abwägungsprozess einzubeziehen sind, hat der Senat bereits wiederholt dargelegt: Außer Frage steht zunächst, dass das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers - ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung der Möglichkeiten der Arztwahl - noch keine Versorgungsverbesserung darstellt(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 47 und 50; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 13; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 18; BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26). Gesichtspunkte der Bedarfsplanung im Sinne der Bedarfsplanungsrichtlinie spielen keine Rolle (ausführlich hierzu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 35 ff, 49; siehe auch BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 18; zuletzt BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Praxis, den der Senat für (Sonderbedarfs-)Zulassungen herangezogen hat (vgl hierzu BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 21 mwN), bei der Genehmigung bzw Ermächtigung von Zweigpraxen keine Berücksichtigung findet, weil sich hierfür keine Stütze im Wortlaut des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV findet und die Zweigpraxis im Übrigen - auch wirtschaftlich betrachtet - nur einen "Annex" zur Hauptpraxis darstellt.

20

Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass das bestehende Leistungsangebot an dem "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer - unter bestimmten Umständen aber auch in quantitativer - Hinsicht erweitert wird (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 51; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19). Eine qualitative Versorgungsverbesserung kann etwa dann gegeben sein, wenn der in der Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen nach § 135 Abs 2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode anwenden kann, die etwa besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19; vgl auch BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26).

21

b. Nach diesen Maßstäben kann die Wertung des Beklagten, dass die Durchführung von MRT-Untersuchungen in A. nicht zu einer Versorgungsverbesserung führe, nicht darauf gestützt werden, dass nur wenige Patienten von diesem Angebot profitieren würden. Da MRT-Leistungen (sowie ggf weitere vom Kläger beabsichtigte - insbesondere nuklearmedizinische - Leistungen) in A. nicht von Vertragsärzten angeboten werden, führt ein derartiges Angebot dem Grunde nach zu einer qualitativen Versorgungsverbesserung. Für die in A. ansässigen Patienten ist es von Vorteil, wenn sie benötigte MRT-Leistungen vor Ort abrufen können, statt die 15 km entfernte Praxis des Klägers aufsuchen zu müssen oder gar - bei ausschließlicher Nutzung des Versorgungsangebots des KÄV-Bezirks - 40 km bis N. fahren zu müssen.

22

Dieser Vorteil kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass er lediglich einer relativ geringen Zahl von Patienten zugute kommt. Mit der Verknüpfung des Merkmals der Versorgungsverbesserung mit - letztlich - bedarfsplanerischen Erwägungen überschreitet der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum, weil bei der Frage des Vorliegens einer "Versorgungsverbesserung" entgegen der Auffassung des Berufungsausschusses die Zahl der von der Versorgungsverbesserung profitierenden potentiellen Patienten nicht in den Abwägungsprozess einzubeziehen ist. Ein Beurteilungsspielraum steht den Zulassungsgremien nur innerhalb der vom Senat gezogenen Grenzen zu (siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53).

23

Wie viele Patienten den aus dem Betrieb resultierenden Vorteil tatsächlich nutzen, ist für die Beurteilung der Verbesserung der Versorgung grundsätzlich ohne Bedeutung, weil es auf das Bestehen eines "Bedarfs" nicht ankommt. Die Annahme einer Versorgungsverbesserung setzt nicht voraus, dass die Zweigpraxis erforderlich ist; Bedarfsplanungsgesichtspunkte spielen gerade keine Rolle. Ebenso verbietet sich damit eine Heranziehung der - namentlich zu Sonderbedarfszulassungen ergangenen - Rechtsprechung, wonach es Patienten bei speziellen Leistungen zuzumuten ist, längere Wege in Kauf zu nehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 17). Bei § 24 Abs 3 Ärzte-ZV stellt sich die Frage eines entsprechenden "Bedarfs" gerade nicht, sondern allein die Frage, ob die Versorgung "verbessert" wird.

24

Für Leistungen, die mit medizinisch-technischen Großgeräten erbracht werden, gilt nichts anderes. Erwägungen, die Erbringung dieser Leistungen in einer Zweigpraxis über das Merkmal der Versorgungsverbesserung an etwaige Verhältniszahlen zu knüpfen, interpretieren Gesichtspunkte der Großgeräteplanung (vgl § 122 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes bzw des Gesundheitsstrukturgesetzes sowie die Großgeräte-Richtlinie-Ärzte aF; siehe hierzu BSGE 70, 285 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3)bzw der Bedarfsplanung in die Ermächtigungsvoraussetzungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV hinein, die dort gerade keine Berücksichtigung gefunden haben. Darauf, wie viele Patienten an dem "weiteren Ort" das zusätzliche Angebot nutzen werden, kommt es grundsätzlich nicht an.

25

Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Zwar hatte der Senat in seinem Urteil vom 28.10.2009 (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53) ausgeführt: "Welches Ausmaß die Verbesserungen haben müssen, ob ihnen also ein gewisses Gewicht zukommen muss, etwa Wartezeiten deutlich reduziert werden müssen, lässt sich nicht abstrakt abschließend beurteilen. Sicherlich reichen weder minimale, für die Versicherten kaum spürbare ('kosmetische') Veränderungen, noch dürfen umgekehrt die Anforderungen so hoch gespannt werden, dass der beabsichtigte Zweck einer Förderung der Filialtätigkeit verfehlt würde; dies wäre der Fall, wenn die an eine Zweigpraxisgenehmigung gestellten Anforderungen denen der 'Erforderlichkeit' nach altem Rechtszustand entsprächen." Bei diesen Ausführungen hatte der Senat jedoch vor allem (fragliche) Verbesserungen durch das bloße Hinzutreten eines weiteren Arztes im Blick, wie die beispielhafte Erwähnung der Wartezeiten verdeutlicht. Als unbeachtliche Verbesserung der Versorgung kommt etwa die lediglich geringfügige Verkürzung von Wartezeiten durch Hinzutreten eines weiteren Behandlers in Betracht. Vorliegend steht hingegen außer Frage, dass das Angebot von MRT-Leistungen in A. für die dort lebenden Patienten, die derartige Leistungen benötigen, eine nicht nur geringfügige, sondern substantielle Verbesserung der Versorgung darstellt. Zwar mögen Konstellationen denkbar sein, in denen die geringe Zahl der potentiellen Patienten der Annahme einer Versorgungsverbesserung von vornherein entgegensteht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Gemeinde A. rund 7500 Einwohner hat.

26

Es bedarf daher auch keiner abschließenden Festlegungen dazu, wie der Begriff des "weiteren Ortes" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV - als räumlicher Bezugspunkt für eine Verbesserung der Versorgung - zu verstehen ist, weil vorliegend eine Versorgungsverbesserung in Bezug auf jeden als "weiterer Ort" in Betracht kommenden Bereich zu bejahen ist. Die nächstgelegenen Vertragsarztpraxen, in denen MRT-Leistungen angeboten werden, liegen außerhalb des hierfür in Frage kommenden Bereichs. Die Vertragsarztpraxis in Bad H. kann im Übrigen schon begriffsnotwendig nicht mehr zum "weiteren Ort" gehören, weil diese Praxis vom Kläger (bzw der BAG, an der er beteiligt ist) betrieben wird, der Begriff "weiterer Ort" jedoch zwingend Tätigkeitsorte außerhalb des Vertragsarztsitzes des die Zweigpraxis betreibenden Arztes meint (Pawlita in jurisPK-SGB V, § 95 RdNr 277). Daher weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:

27

Bei der Prüfung einer Versorgungsverbesserung ist auf den "weiteren Ort" abzustellen, an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll. Dieser ist damit einerseits enger als der Planungsbereich im Sinne der Bedarfsplanung (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52), andererseits jedoch räumlich weiter als der Sitz der Zweigpraxis. Der "weitere Ort" kann räumlich nicht mit dem in § 24 Abs 1 Ärzte-ZV erwähnten "Ort der Niederlassung als Arzt" bzw "Vertragsarztsitz" gleichgesetzt werden(aA LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 31.1.2013 - L 24 KA 98/10 - Juris RdNr 35). Der Begriff "Ort der Niederlassung" meint nach der Rechtsprechung des Senats den konkreten Ort der Praxis des Vertragsarztes, der durch die Praxisanschrift gekennzeichnet ist (stRspr des Senats, vgl BSGE 77, 188, 189 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 26; BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31/32; BSGE 86, 121, 122 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13; zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 11/14 R - RdNr 35, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 95 Nr 29 vorgesehen). Ungeachtet des Umstandes, dass sich beide Begrifflichkeiten des "Ortes" in ein- und derselben Vorschrift finden, kann nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Normgebers und dem Zweck der Vorschrift entsprechen soll, als "weiteren Ort" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV die Anschrift der Zweigpraxis zu verstehen. Dem steht schon entgegen, dass es der Feststellung bedarf, dass die Versorgung "an dem Ort" verbessert wird.

28

Dass auch der Senat den "weiteren Ort" in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht als "Sitz" der Zweigpraxis im Sinne der konkreten Betriebsstätte verstanden hat, ergibt sich bereits daraus, dass er im Zusammenhang mit einer denkbaren quantitativen Versorgungsverbesserung durch eine bessere Erreichbarkeit der Zweigpraxis ausgeführt hat, dass dies "allerdings wohl nur bei größeren 'weiteren Orten' im Sinne des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV" in Betracht kommt(stRspr, BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19). Im Übrigen spielen die Gesichtspunkte, die den Senat bewogen haben, im Rahmen des § 24 Abs 1 Ärzte-ZV auf den konkreten Praxissitz abzustellen, im Zusammenhang mit der Feststellung einer Versorgungsverbesserung überhaupt keine Rolle. Der Senat ist der im älteren Schrifttum (siehe hierzu die Nachweise in BSGE 86, 121, 122 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15)vertretenen Auffassung, der "Ort der Niederlassung" meine eine Ortschaft im Sinne einer Verwaltungseinheit bzw den Teil einer Ortschaft, vornehmlich mit der Begründung entgegengetreten, dass die notwendige Konkretisierung des Niederlassungsortes - zB zum Abhalten der Sprechstunden - nur über die Praxisanschrift erfolgen kann (aaO). Dies ist für die im Rahmen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV zu treffende Entscheidung über das Vorliegen einer Versorgungsverbesserung jedoch ohne Bedeutung.

29

Hingegen kann hier offenbleiben, ob "weiterer Ort" im Sinne des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV als Anknüpfungspunkt für die Versorgungsverbesserung die "Ortschaft" im räumlichen Sinne - eine räumlich klar begrenzte Siedlung - meint, ob dies die politische Gemeinde ist, in der die Zweigpraxis liegen soll und die ggf aus mehreren Ortsteilen bzw Ortschaften bestehen kann, oder ob auch die nächstgrößere politische Einheit wie die "Verbandsgemeinde" bzw die "Samtgemeinde", in der verschiedene Gemeinden zusammengefasst sind, in Betracht kommt.

30

c. Dass die Zweigpraxis zu einer Verschlechterung der Versorgung in Bad H. führt, ist nicht erkennbar. Die zuständige KÄV hat dies verneint; gegen diese Einschätzung ergeben sich keine Bedenken.

31

d. Der Beklagte wird daher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag des Klägers zu entscheiden haben. Hierbei wird er in Bezug auf die von ihm geäußerten Bedenken, ob der Kläger als Nuklearmediziner berechtigt ist, MRT-Leistungen abzurechnen, zu beachten haben, dass die zu 7. beigeladene KÄV N. dem Kläger die nach der Nr 3 der Vorbemerkung zum Abschnitt 34.4 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen erforderliche Abrechnungsgenehmigung erteilt hat; diese Genehmigung ist gemäß § 11 Abs 6 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte auch von der KÄV R.-P. zu beachten. Dass die Erbringung von MRT-Leistungen für Nuklearmediziner keineswegs fachfremd ist, belegt schon der Umstand, dass die für die Erteilung der Abrechnungsgenehmigung maßgebliche, auf der Grundlage von § 135 Abs 2 SGB V erlassene Kernspintomographie-Vereinbarung vom 10.2.1993 (Stand 1.1.2015) unter § 4 ("Fachliche Befähigung Allgemeine Kernspintomographie") als Genehmigungsvoraussetzung ua die Berechtigung zum Führen der Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung "Nuklearmedizin" nennt(Abs 1 Nr 2 aaO) und zudem in Abs 4 aaO eigenständige Genehmigungsvoraussetzungen für Nuklearmediziner aufstellt.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da sie keine Anträge gestellt haben.

Ärzte, die in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung, mit der ein Versorgungsvertrag nach § 111 Absatz 2 besteht, oder nach § 119b Absatz 1 Satz 3 oder 4 in einer stationären Pflegeeinrichtung tätig sind, können, soweit sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen, mit Zustimmung des jeweiligen Trägers der Einrichtung, in der der Arzt tätig ist, vom Zulassungsausschuß (§ 96) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten der in Satz 1 genannten Einrichtungen nicht sichergestellt wird.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Tatbestand

1

Der Rechtsstreit betrifft die Drittanfechtung einer Sonderbedarfszulassung im Bereich der Dialyseversorgung.

2

Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft aus vier Fachärzten für Innere Medizin; zwei von ihnen haben auch die Zusatzqualifikation für Nephrologie. Sie betreut nach ihren Angaben im Jahresdurchschnitt ca 70 Dialysepatienten an ihrem Hauptsitz in der Stadt M. und in ihrer mehr als 30 km entfernten - seit dem 1.4.2001 betriebenen - Zweigpraxis in W.S.

3

In der Nähe dieser Zweigpraxis besteht seit dem 1.4.2000 eine Dialysepraxis des Dr. H., eines Facharztes für Innere Medizin mit der Zusatzqualifikation für Nephrologie. Die Entfernung zur Zweigpraxis der Klägerin beträgt ca 6 km. Im Laufe der Jahre stieg die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten auf mehr als 30. Im Jahr 2006 kamen Dr. H. und der zu 7. beigeladene Dr. L. - ebenfalls Facharzt für Innere Medizin mit der Zusatzqualifikation für Nephrologie - überein, dass dieser als Partner in die Praxis eintreten solle. Antragsgemäß sicherte die zu 5. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) der künftigen, aus Dr. H. und dem Beigeladenen zu 7. bestehenden Gemeinschaftspraxis die Erteilung eines Versorgungsauftrages zur Dialyseversorgung gemäß Anlage 9.1 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)/Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä) zu (Bescheid vom 13.10.2006 - nach vorheriger Einholung des Einvernehmens der Krankenkassen ) . Der Zulassungsausschuss erteilte dem Beigeladenen zu 7. gemäß § 24(bzw bis 31.3.2007: Nr 24) Buchst e Nr 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte (BedarfsplRL) eine Sonderbedarfszulassung zur Dialyseversorgung. Die Klägerin erhob Widerspruch, den der beklagte Berufungsausschuss als unzulässig zurückwies (Beschluss/Bescheid des Zulassungsausschusses vom 27.9./20.11.2006; Beschluss/Bescheid des Berufungsausschusses vom 8.2./20.3.2007). Der Beklagte ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Zulassung an; dementsprechend hat die Gemeinschaftspraxis aus Dr. H. und Dr. L. ihre Tätigkeit bereits aufgenommen.

4

Die Klägerin ist mit ihrer Klage gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. auch beim SG erfolglos geblieben (Urteil vom 17.2.2010) . Dieses hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig (Urteil aaO S 8 und 13 = Juris RdNr 22 und 34), aber unbegründet. Die Zulassungsgremien hätten die Sonderbedarfszulassung dem Beigeladenen zu 7. zu Recht erteilt (Juris aaO RdNr 23 ff). Eine Zulassung sei trotz der Zulassungssperre wegen Überversorgung (Versorgungsgrad 370,2 %) möglich, weil die Voraussetzungen gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL vorlägen. Der Beigeladene zu 7. trete als zweiter Arzt in die Dialysepraxis des Dr. H. ein, in der die Behandlungen als sog Zentrumsdialyse durchgeführt würden und die Patientengrenzzahl von 30 Patienten pro Jahr nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren (Blutreinigungsvereinbarung = BlutreinigungsV) überschritten sei. Da die Voraussetzungen nach dieser Vereinbarung erfüllt seien, habe die KÄV die Genehmigung des Versorgungsauftrages im Einvernehmen mit den KKn zugesichert. Die Bedarfssituation im Hinblick auf die ca 6 km entfernte Dialysepraxis der Klägerin und die damit zusammenhängende Frage, ob die Zulassung des Beigeladenen zu 7. unerlässlich sei, bedürfe keiner Überprüfung. Eine solche zusätzliche Prüfung wäre nur geboten, wenn die Zulassung eines weiteren Arztes über einen zweiten hinaus anstünde; der Beigeladene zu 7. werde aber eben nur als zweiter Arzt tätig. Den Anforderungen des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V werde durch die Regelungen über den Arzt-Patienten-Schlüssel ausreichend Rechnung getragen.

5

Mit ihrer (Sprung-)Revision wendet sich die Klägerin gegen die Auffassung des SG, dass im Falle der Sonderbedarfszulassung eines zweiten Arztes nach § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL keine zusätzliche konkrete Bedarfsprüfung erforderlich sei. Sie beruft sich dafür auf § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V, wonach Sonderbedarfszulassungen zur Wahrung der Versorgungsqualität nur erteilt werden dürften, wenn dies unerlässlich sei; nur nach Maßgabe der höherrangigen gesetzlichen Regelungen des SGB V könne den untergesetzlichen Vorschriften des § 24 Buchst a bis e BedarfsplRL Relevanz zukommen. Demgemäß sei die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. rechtswidrig; denn sie - die Klägerin - könne alle Dialysepatienten, die Dr. H. wegen der Überschreitung der Grenzzahl von 30 Patienten nicht behandeln dürfe, in ihrer Zweigpraxis versorgen. Nur dies entspreche auch dem vom BSG betonten Vorrang der Sicherstellung der ambulanten Versorgung durch die bereits niedergelassenen Vertragsärzte. Das SG habe in der Regelung über den Arzt-Patienten-Schlüssel in der BlutreinigungsV zu Unrecht eine zulässige Konkretisierung des Begriffs der Unerlässlichkeit iS des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V gesehen. Dies sei verfehlt, weil die BlutreinigungsV in der Normenhierarchie unterhalb des SGB V und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) stehe. Darin eine bedarfsplanerische Konkretisierung zu sehen, sei auch deshalb verfehlt, weil die BlutreinigungsV keine planerischen, sondern ausschließlich qualitative Anforderungen regele, wie sich daran zeige, dass sie gleichermaßen in offenen wie gesperrten Planungsbereichen gelte. Vielmehr sei das Unerlässlichkeits-Erfordernis des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V zu beachten, es sei ein dem § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL immanentes, ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Dementsprechend sei die Regelung in der BlutreinigungsV, dass ein Dialysearzt bei mehr als 30 Dialysepatienten alternativ zur Hereinnahme eines zweiten Arztes die Zahl seiner Dialysepatienten auf 30 verringern könne, dahin auszulegen, dass bei anderweitig ausreichenden Versorgungsangeboten eine Pflicht zur Verringerung der Patientenzahl bestehe und nur bei anderweitig nicht deckbarem Versorgungsbedarf Raum für eine Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt sei. Nach alledem hätte dem Beigeladenen zu 7. keine Sonderbedarfszulassung erteilt werden dürfen. Die Zulassungsgremien seien schließlich auch nicht deshalb an der Versagung der (Sonderbedarfs-)Zulassung für den zweiten Arzt gehindert, weil die KÄV bereits die Genehmigung des Versorgungsauftrages zugesichert habe; die Entscheidung der KÄV sei nicht präjudiziell, weil diese die Unerlässlichkeit für die Sicherstellung nicht zu prüfen habe, da sich § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V und § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL nicht an die KÄV, sondern nur an die Zulassungsgremien richteten.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17.2.2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 20.3.2007 zu verpflichten, auf ihren Widerspruch hin die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. aufzuheben und dessen Zulassungsantrag abzulehnen.

7

Der Beklagte und der Beigeladene zu 7. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigen das Urteil des SG.

9

Der Beklagte macht geltend, die Überschreitung der in der BlutreinigungsV normierten Patientengrenzzahl begründe - vorausgesetzt, die KÄV erteile die Genehmigung des Versorgungsauftrages zur Dialyseversorgung oder sichere deren Erteilung zu - einen unmittelbaren Zulassungsanspruch gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL. Für eine zusätzliche Bedarfsprüfung sei kein Raum. Ansonsten könnten die Zulassungsgremien einen Verwaltungsakt der KÄV leerlaufen lassen, die Zulassungsgremien seien der KÄV aber nicht übergeordnet. Die KÄV habe bei Überschreitung der Patientengrenzzahl gerade zu überprüfen, ob ausnahmsweise eine weitere Zulassung zur Wahrung der Versorgungsqualität erforderlich sei. Eine Pflicht des bereits zugelassenen Nephrologen, bei einer Überschreitung der Grenzzahl seine Patientenzahl zu verringern, bestehe nicht und griffe in unzulässiger Weise in die Rechtssphäre des bereits Zugelassenen ein. Die Pflicht zur Erteilung eines Versorgungsauftrages und einer Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt bei Aquirierung von mehr als 30 Patienten entspreche dem Idealbild der freien Arztwahl.

10

Der Beigeladene zu 7. hält das Urteil des SG ebenfalls für zutreffend. Entgegen der Ansicht der Klägerin genügten die Regelungen des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV dem Erfordernis, dass gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V der zusätzliche Vertragsarztsitz zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung unerlässlich sein müsse. Darin liege eine zulässige Konkretisierung und abschließende Präzisierung. Die Möglichkeit der Konkretisierung der Anforderungen des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V durch untergesetzliche Regelungen habe das BSG bereits anerkannt.

11

Die zu 5. beigeladene KÄV weist zur Regelung des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV noch darauf hin, dass die Möglichkeit der Hereinnahme eines weiteren Arztes - ebenso wie die Möglichkeit der Ersetzung eines ausscheidenden Arztes gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV - im Hinblick auf das Bestandsinteresse der vorhandenen Praxen sachgerecht sei.

12

Die übrigen Beigeladenen beziehen im Revisionsverfahren nicht Stellung und stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Ihr steht zwar die Berechtigung zur (Dritt-)Anfechtung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. zu (unten A.) . Deren Erteilung ist aber rechtlich nicht zu beanstanden (unten B.) .

14

A. Die Klägerin ist zur (Dritt-)Anfechtung der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. berechtigt. Die dafür vom BSG formulierten Voraussetzungen sind erfüllt.

15

1. Die Anfechtungsklage ist zulässig. Die Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten wäre nur dann unzulässig, wenn dessen Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein könnten (vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 14, 17 mit BVerwG-Angaben; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 16; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 16; zur sog Möglichkeitstheorie s zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17, und - prononciert - BVerwGE 133, 347 RdNr 6 ff) . Das ist hier jedoch nicht der Fall. Inwieweit im Dialysebereich Besonderheiten bei der Frage bestehen, ob bereits zugelassene Vertragsärzte zur Anfechtung der anderen Ärzten erteilten Sonderbedarfszulassungen berechtigt sind, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Das Urteil vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 22 ff) hat sich auf eine Dialysegenehmigung nach früherem Recht bezogen, wovon die hiesige Konstellation abweicht (näheres hierzu vgl RdNr 23).

16

Eine Betroffenheit der Klägerin in eigenen Rechten scheidet nicht deshalb aus, weil der Beigeladene zu 7. an einem Ort außerhalb ihrer Versorgungsregion von höchstens 30 km praktiziert. In dieser Weise nur auf die Stammpraxis abzustellen, berücksichtigt nicht, dass auch im Dialysebereich gemäß § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä die Möglichkeit besteht, Zweigpraxen zu betreiben, und zwar auch außerhalb der Versorgungsregion, und dass Zweigpraxen generell als Bedarfsdeckung im Verhältnis zu Sonderbedarfszulassungsbegehren zu berücksichtigen sind (hierzu BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 25-33) und deshalb auch als Ausgangspunkt für Konkurrentenabwehrklagen in Betracht kommen (dazu näher unten RdNr 26). Überdies kann aus einer räumlichen Grenze wie der Versorgungsregion, auf die in § 7 Abs 2 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3, § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä abgestellt wird, ohnehin keine Beschränkung für Drittanfechtungsberechtigungen hergeleitet werden. Ein Dialysearzt darf Patienten von außerhalb seiner Versorgungsregion betreuen, sodass sich auch hieraus eine ausreichende Grundlage für das Bestehen eines faktischen Konkurrentenverhältnisses ergeben kann, so wie der Senat das bereits für Patienten von außerhalb der Planungsbereichsgrenzen anerkannt hat (vgl hierzu BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 19 f). Die Klägerin hat im Übrigen auch der Zahl nach nicht etwa schon ihren Dialyse-Versorgungsauftrag ausgeschöpft, sodass ihr nicht entgegengehalten werden kann, sie habe keine weiteren Behandlungskapazitäten. Der Versorgungsauftrag erstreckt sich bei einer Gemeinschaftspraxis aus vier Ärzten mit entsprechender Qualifikation auf jährlich 200 kontinuierlich behandelte Dialysepatienten (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 2 BlutreinigungsV) , während die Klägerin nach ihren unbestrittenen Angaben im Jahresdurchschnitt - am Hauptsitz in der Stadt M. und in ihrer Zweigpraxis in W.S. - insgesamt nur ca 70 Dialysepatienten betreut.

17

Maßgeblich für die Erhebung einer Konkurrentenabwehrklage ist, ob hinsichtlich eines substantiellen Teils der Patientenschaft des anfechtenden Arztes ein faktisches Konkurrenzverhältnis besteht (BSG aaO RdNr 22 ff, 24 mit Abstellen auf 5 % der Gesamtfallzahl) . Dies ist der maßgebliche Gesichtspunkt; ihn hat der Senat im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 wiederholt hervorgehoben (vgl BVerfG vom 17.8.2004 - 1 BvR 378/00 - SozR 4-1500 § 54 Nr 4 RdNr 18 ff; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dies könnte auch in der vorliegenden Konstellation in Betracht kommen. Die Detailprüfung ist der Prüfung der Anfechtungsberechtigung im Rahmen der Begründetheit vorbehalten (nachfolgend 2.) .

18

2. Die Klägerin ist berechtigt, die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7. anzufechten; denn die Voraussetzungen für eine Drittanfechtungsberechtigung liegen nach den Maßstäben der Senatsrechtsprechung vor. Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (s zB BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22 ff und 26 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt bzw die Berufsausübungsgemeinschaft berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung (zB Zulassung, Ermächtigung) anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die den Dritten begünstigende Entscheidung in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig war (hierzu vgl unten B.).

19

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 - im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) - im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen (1) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (grundlegend BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19, 21; dies weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22-24; s ferner die oben in RdNr 17 zitierten Entscheidungen) ; weiterhin muss (2) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein zusätzlicher Leistungsbereich genehmigt worden sein (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 23 iVm 32; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19, 24 ); ferner muss (3) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19-21; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19, 21; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19) .

20

Das BVerfG hat in einem Beschluss vom 23.4.2009 an diese Rechtsprechung angeknüpft (vgl BVerfG vom 23.4.2009 - 1 BvR 3405/08 - GesR 2009, 376 = NVwZ 2009, 977). Danach muss auf die Klage eines Dritten hin immer dann eine rechtliche Überprüfung stattfinden, wenn eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse durch die Zulassung von Konkurrenten zu besorgen ist, weil den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber den Konkurrenten eingeräumt ist (BVerfG aaO GesR aaO S 376 f = NVwZ aaO S 977 = Juris RdNr 9 unter Bezugnahme auf seinen früheren Beschluss vom 17.8.2004 - 1 BvR 378/00 - SozR 4-1500 § 54 Nr 4).

21

a) Die Sonderbedarfszulassung, die der zu 7. beigeladene Arzt erhalten hat, ist gegenüber dem Zulassungsstatus der Klägerin nachrangig.

22

Sonderbedarfszulassungen dürfen nur erteilt werden, wenn der Versorgungsbedarf nicht durch die bereits zugelassenen Ärzte gedeckt wird. Dies ergibt deren Vorrang vor den eine Zulassung erst anstrebenden Ärzten (BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22); dieser Vorrang gilt auch für diejenigen bereits zugelassenen Ärzte, die selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurden (BSG aaO RdNr 23 f) . Für die Dialyseversorgung gilt insoweit nichts anderes. Deshalb besteht ein grundsätzlicher Vorrang der Klägerin mit ihrer Zweigpraxis in W.S. gegenüber der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 7.

23

Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zur früheren Senatsentscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 25 ff) , in der der Senat die Berechtigung zur Drittanfechtung einer Dialysegenehmigung verneint hat. Das damalige Urteil gründete sich auf eine grundlegend andere Rechtslage. Ihm lag die BlutreinigungsV in der früheren Fassung vom 16.6.1997 und die darauf gestützte, im Jahr 1999 erteilte Dialysegenehmigung zugrunde. Diese Fassung war ausschließlich auf Qualitätssicherung ausgerichtet und nicht zusätzlich, wie die heutige Fassung, auch auf einen Vorrang der bereits zur Dialyseversorgung zugelassenen Ärzte bzw Gemeinschaftspraxen (vgl BSG aaO RdNr 23 ff, 32). Heute ist die Erteilung einer Dialysebefugnis gemäß der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der BlutreinigungsV von zahlreichen Voraussetzungen abhängig, die teilweise auch bedarfsplanerische Elemente sowie einen Vorrang der bestehenden Dialysepraxen enthalten (Erteilung eines Versorgungsauftrages, Ausrichtung auf eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur, Auslastungsgrad in der Versorgungsregion, Einhaltung eines Arzt-Patienten-Schlüssels, vgl dazu insbesondere § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä, §§ 3-8 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä, § 5 Abs 7 BlutreinigungsV) . In einem Planungsbereich, in dem im Bereich der Dialyseversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, ist - zusätzlich - eine spezifisch auf die Dialyseversorgung ausgerichtete Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst e BedarfsplRL erforderlich.

24

b) Auch die weitere Voraussetzung für die Anfechtungsberechtigung, dass der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen, ist erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt bzw die Berufsausübungsgemeinschaft eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner/ihrer Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten haben (BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21). Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob sich faktisch der Patientenkreis des Anfechtenden mit dem Patientenkreis desjenigen, dem die Sonderbedarfszulassung erteilt worden ist, in relevantem Maße überschneidet (BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24: mehr als 5 %; ebenso BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Dies ist vorliegend bezogen auf die von der Klägerin betriebene Zweigpraxis der Fall:

25

Das Bestehen eines faktischen Konkurrenzverhältnisses ist im Verhältnis von zwei nur ca 6 km voneinander entfernt liegenden Dialysepraxen plausibel: Bei solcher Nähe und solchen engen Leistungszuschnitt - zumal beide mit dem Angebot von sog Ferien-Dialyse werben - bedarf es weder näherer Darlegungen des Anfechtenden noch näherer Ermittlungen durch die Zulassungsgremien oder die Gerichte, sondern ist ohne Weiteres ein real bestehendes Konkurrenzverhältnis anzunehmen (hierzu und zur Darlegungslast vgl BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 26 f, 30; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 22 f) .

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Der Anfechtungsberechtigung der Klägerin steht nicht entgegen, dass diese ihre gegen die Sonderbedarfszulassung gerichtete Drittanfechtung nicht auf freie Kapazitäten an ihrem Hauptsitz in der mehr als 30 km entfernten Stadt M. stützt, sondern darauf, dass sie in ihrer Zweigpraxis noch freie Behandlungskapazitäten für zahlreiche weitere Dialysepatienten habe; sie macht geltend, sie könne hier den gesamten Versorgungsbedarf befriedigen, den Dr. H. durch die Hereinnahme des Beigeladenen zu 7. in seine Praxis decken wolle. Dies reicht für die Anfechtungsberechtigung aus, denn der gemäß § 24 Abs 3 Ärzte-ZV genehmigte Betrieb von Zweigpraxen ist bei der Beurteilung, ob vorhandene Versorgungsangebote den Bedarf decken können, ebenso wie Angebote von Hauptpraxen zu berücksichtigen: Insoweit liegt nach der Rechtsprechung des Senats eine tatsächliche Bedarfsdeckung vor, die eine Sonderbedarfszulassung ausschließen kann(BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 25-33). Hiervon ausgehend ist dem Betreiber einer genehmigten Zweigpraxis auch die Berechtigung zuzuerkennen, geltend zu machen, aufgrund seines Leistungsangebotes bestehe für eine zusätzliche Sonderbedarfszulassung kein Bedarf. Der Betreiber einer Zweigpraxis ist mithin grundsätzlich berechtigt, einen Bescheid anzufechten, durch den einem anderen Arzt eine Sonderbedarfszulassung erteilt wird (zur Einbeziehung der Zweigpraxis in das Reglement der Dialyseversorgung im BMV-Ä und EKV-Ä vgl § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) .

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Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Senat - gleichsam umgekehrt - Vertragsärzte nicht als berechtigt angesehen hat, die Genehmigung einer Zweigpraxis anzufechten (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 31 ff, 40). Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass eine solche Genehmigung keine Versorgungslücke voraussetzt, also nicht bedarfsabhängig ist (BSG aaO insbesondere RdNr 35). Die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung setzt dagegen das Vorliegen einer Versorgungslücke voraus und kann daher - bei Erbringung gleicher Leistungen im selben räumlichen Bereich - durch Dritte angefochten werden (BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21-24 mwN; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 5 RdNr 19-22; ferner oben RdNr 21 ff).

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c) Schließlich ist auch die Voraussetzung erfüllt, dass dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein zusätzlicher Leistungsbereich genehmigt wird (vgl hierzu oben RdNr 19). Dies ergibt sich in einer Fallkonstellation der vorliegenden Art daraus, dass der Konkurrent - hier: der Beigeladene zu 7. - die Berechtigung zur Dialyseversorgung nur durch Erlangung einer spezifisch auf die Dialyseversorgung ausgerichteten Sonderbedarfszulassung gemäß § 24(bis zum 31.3.2007: Nr 24) Buchst e BedarfsplRL erreichen kann; dafür muss er diesen Status erlangen. Ob ein Konkurrent (auch) die Erteilung eines Dialyseversorgungsauftrages durch die KÄV anfechten kann, ist hier nicht von Bedeutung und bleibt deshalb offen (s dazu die im Jahr 2012 zur Entscheidung anstehenden Revisionsverfahren B 6 KA 41/11 R und B 6 KA 42/11 R).

29

B. Die Entscheidung des Beklagten, den Beigeladenen zu 7. wegen Sonderbedarfs zur Dialyseversorgung zuzulassen, war rechtmäßig. Die dafür in § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV normierten Voraussetzungen sind erfüllt. Diese Regelungen der BedarfsplRL und der BlutreinigungsV halten sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums des GBA und der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V.

30

1. Ist in einem Planungsbereich die Zulassung von Ärzten einer Facharztgruppe wegen Überversorgung beschränkt (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V iVm BedarfsplRL) , so ist die Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze gemäß § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nur zulässig, soweit dies zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich ist. Diese Regelung sieht vor, dass der GBA dazu nähere Bestimmungen trifft.

31

Solche Vorschriften hat der GBA in § 24 Buchst a bis e, §§ 25, 26 BedarfsplRL normiert. Er hat spezielle Bestimmungen für die Dialyseversorgung in § 24 Buchst e BedarfsplRL getroffen mit Vorschriften sowohl für den Fall, dass in eine bereits bestehende Dialysepraxis ein weiterer Arzt eintreten und an dem - dann entsprechend zu erweiternden - Versorgungsauftrag mitwirken will, als auch für den Fall, dass eine Dialysepraxis neu eröffnet werden soll. Gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL ist für die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an einen weiteren Arzt, der in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, Voraussetzung, dass die Vorgaben der BlutreinigungsV iVm § 7 Abs 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä dies erfordern; notwendig ist mithin, dass der Arzt-Patienten-Schlüssel gemäß § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV die Mitwirkung eines weiteren Arztes erfordert, dh dass die Praxis mehr als 30, 100, 150 usw kontinuierlich behandelte Dialysepatienten pro Jahr betreut. Spezielle Regelungen bestehen gemäß § 24 Buchst e Nr 1 BedarfsplRL und § 6 Abs 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä für die Neueröffnung einer Dialysepraxis; dafür ist maßgeblich, ob dies "zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyseversorgung" geschieht. Gemäß dem abschließenden Passus des § 24 Buchst e BedarfsplRL ist sowohl im Fall des Eintritts eines weiteren Arztes in eine Dialysepraxis als auch im Fall der Neueröffnung einer Dialysepraxis zusätzlich erforderlich, dass die KÄV die Genehmigung zur Durchführung des Versorgungsauftrages für die nephrologische Versorgung der von einer chronischen Niereninsuffizienz betroffenen Patienten mit Dialyseleistungen gemäß § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä die Erteilung zugesichert hat ("erteilt werden soll").

32

Soweit ein weiterer Arzt im Wege der Sonderbedarfszulassung in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten will, wird danach differenziert, ob ein zweiter Arzt oder ob ein dritter, vierter usw Arzt mit Blick auf den Arzt-Patienten-Schlüssel des § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 und 2 BlutreinigungsV in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem - entsprechend zu erweiternden - Versorgungsauftrag mitwirken will. In § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL wird auf § 7 Abs 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä verwiesen: Wird nur erst ein zweiter Arzt für eine Dialysepraxis erforderlich - gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV bei mehr als 30 kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr -, so müssen gemäß § 7 Abs 1 iVm § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä weitere arzt- und betriebsstättenbezogene Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sein (zB nephrologische Qualifikation gemäß § 4, apparative Ausstattung gemäß § 6 BlutreinigungsV). Wird ein dritter, vierter usw Arzt für eine Dialysepraxis erforderlich - gemäß § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 2 BlutreinigungsV bei mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr -, so müssen aufgrund der weitergehenden Verweisung des § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä, die zusätzlich Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä in Bezug nimmt, auch die Regelungen über eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur mit der Konkretisierung durch § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erfüllt sein: Bei mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr hängt somit die Sonderbedarfszulassung für den dritten, vierten usw Arzt, der in eine bereits bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, zusätzlich von den Regelungen des § 6 aaO über die Versorgungsregionen ab; demgemäß müssen die dort bisher bestehenden Praxen, Zweigpraxen und ausgelagerten Praxisstätten, deren Versorgungsregion - mit einem Radius von 10 oder 20 oder 30 km - betroffen ist, zu mindestens 90 % ausgelastet sein (s näher § 6 Abs 1 aaO mit weiteren Regelungen in Abs 2 bis 4 und im Anhang 9.1.5) .

33

2. Demnach bestehen für den Fall, dass ein zweiter Arzt - wegen einer Patientenschaft von mehr als 30 kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr - im Wege der Sonderbedarfszulassung in eine bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will, geringere Voraussetzungen, als wenn ein dritter, vierter usw Arzt - wegen einer Patientenschaft von mehr als 100, 150 usw kontinuierlich behandelten Dialysepatienten pro Jahr - in eine bestehende Dialysepraxis eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will. Erst bei dem Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes ist auch der Auslastungsgrad der schon bestehenden Dialysepraxen, Zweigpraxen und ausgelagerten Praxisstätten mit ihren Versorgungsregionen zu prüfen (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit Verweisung auch auf Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 iVm § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). Eine solche Prüfung ist demgegenüber bei dem Eintritt eines zweiten Arztes in eine bestehende Praxis im Wege der Erlangung einer Sonderbedarfszulassung in den Vorschriften nicht vorgesehen (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV, ohne Inbezugnahme von § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä).

34

Die Klägerin macht indessen geltend, auch in dem Fall des Eintritts nur erst eines zweiten Arztes müsse geprüft werden, ob die anderen bereits bestehenden Dialysepraxen einschließlich ihrer Zweigpraxen noch freie Behandlungskapazitäten haben oder ausgelastet sind. Sie beruft sich hierfür auf den Normtext des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V, wonach zusätzliche Vertragsarztsitze nur "ausnahmsweise", wenn dies zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung "unerlässlich" sei, besetzt werden dürften. Hieraus leitet die Klägerin ab, dass eine Sonderbedarfszulassung dann nicht erteilt werden dürfe, wenn - wie hier - eine nicht ausgelastete Zweigpraxis einer Dialyse-Gemeinschaftspraxis (vgl dazu § 6 Abs 4 und Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) sehr nahe bei dem Standort betrieben wird, an dem der neue Arzt - hier der Beigeladene zu 7. - in eine bestehende Praxis zusätzlich eintreten und an dem Versorgungsauftrag mitwirken will. Mit dieser Argumentation dringt die Klägerin indessen nicht durch. Die Privilegierung des Eintritts des zweiten Arztes in eine bestehende Dialysepraxis ist vielmehr gerechtfertigt: Der GBA hat bei der ihm zugewiesenen Konkretisierung der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

35

a) Die dem GBA durch § 101 Abs 1 Satz 1 SGB V eingeräumte Konkretisierungsbefugnis("Der Gemeinsame Bundesausschuss beschließt in Richtlinien Bestimmungen über … <3.> Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze …") steht mit höherrangigem Recht in Einklang. Der Gesetzgeber hat Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung in ausreichendem Maße vorgegeben, er hat die wesentlichen Fragen selbst entschieden (vgl zu alledem zuletzt BSG vom 8.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 14 mwN). Der GBA hat bei der ihm übertragenen Aufgabe der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben zu beachten, dass die Ausnahmeregelungen nicht zu eng gefasst sein dürfen; denn es muss gewährleistet werden, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten sichergestellt bleibt (vgl hierzu zuletzt BSG vom 8.12.2010 aaO RdNr 14, und BSG vom 23.3.2011 - B 6 KA 8/10 R - SozR 4-2500 § 103 Nr 7 RdNr 15) .

36

Diesen Anforderungen hat der GBA im Bereich der Dialyseversorgung dadurch in unbedenklicher Weise Rechnung getragen, dass er in § 24 Buchst e BedarfsplRL die beiden Sonderbedarfszulassungstatbestände der Nr 1 und der Nr 2 geschaffen hat. Mit diesen Regelungen hat er sich im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums gehalten. Insbesondere durfte er für die Eröffnung einer neuen Dialysepraxis (aaO Nr 1) und für den Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes in eine bestehende Dialysepraxis (aaO Nr 2 iVm § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä mit Verweisung auch auf Nr 3 des § 4 Abs 1 Satz 2 iVm § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) andere Voraussetzungen normieren als für den Eintritt eines erst zweiten Arztes in eine Dialysepraxis (§ 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm der BlutreinigungsV). Die Ungleichbehandlung, die darin liegt, dass für den Eintritt eines zweiten Arztes in eine Dialysepraxis keine Prüfung einer Versorgungslücke vorgesehen ist, sondern nur maßgeblich ist, ob die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten mehr als 30 beträgt (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV), ist nicht zu beanstanden:

37

Besonderes Gewicht kommt insoweit dem Gesichtspunkt zu, dass die Privilegierung des Eintritts eines zweiten Arztes im Interesse einer "kooperativen Dialyseversorgung" liegt. Der Verbesserung des Versorgungsstandards und der Versorgungssicherheit durch die gemeinschaftliche Verantwortung von zwei Ärzten darf besonderes Gewicht beigemessen werden (vgl ebenso BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5, zB RdNr 42, zum kooperativen Belegarztwesen). Dies gewährleistet, dass bei Abwesenheiten eines Arztes ein zweiter Arzt verfügbar ist, der auch die Patienten kennt. Dies betrifft nicht nur die alltäglichen kurzfristigen Abwesenheiten, sondern auch längere Abwesenheiten durch zB Krankheit, Urlaub, Fortbildung. Bei Dialysebehandlungen kommt noch hinzu, dass nicht unerhebliche Risiken plötzlicher gesundheitlicher Verschlechterungen im Kreislaufbereich zu gewärtigen sind, die schnelles ärztliches Eingreifen erfordern können. Deswegen ist es gerade im Dialysebereich gerechtfertigt, dem Eintritt eines zweiten Arztes in die Praxis einen besonders hohen Stellenwert beizumessen.

38

Der GBA darf weiterhin dem in der wachsenden Patientenzahl zum Ausdruck kommenden Interesse der Patienten, gerade in dieser Praxis - und nicht in einer anderen (Zweig-)Praxis - versorgt zu werden, einen hohen Stellenwert einräumen, und in einer solchen Situation die Versorgungsbereitschaft der anderen Praxen als nachrangig bewerten. Der GBA hat sich auch von dem Ziel leiten lassen dürfen, bereits bestehende und durch Patientenzulauf sich vergrößernde Praxen in ihrem erworbenen Bestand abzusichern. Dem dient sowohl die Regelung, dass bei Ausscheiden eines Arztes aus einer Gemeinschaftspraxis dieser ersetzt werden kann (vgl § 5 Abs 7 Buchst c Satz 6 BlutreinigungsV mit Vorgabe einer Frist von sechs Monaten), als auch die Bestimmung, dass bei Anwachsen der Patientenzahlen einer Einzelpraxis deren vergrößerter Bestand durch erleichterte Hereinnahme eines zweiten Arztes abgesichert werden kann (zum hohen Gewicht des Bestandsinteresses einer Dialysepraxis s auch BSG vom 17.8.2011 - B 6 KA 27/10 R - in RdNr 26-29, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen) .

39

Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass der GBA die Sonderbedarfszulassung für den hinzutretenden zweiten Arzt gegenüber anderen Konstellationen privilegiert hat. Er durfte maßgeblich darauf abstellen, ob die Zahl der pro Jahr kontinuierlich behandelten Dialysepatienten auf mehr als 30 gestiegen ist (§ 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV), und musste die Sonderbedarfszulassung nicht wie beim Eintritt eines dritten, vierten usw Arztes auch davon abhängig machen, ob die zusätzlichen Patienten anderswo versorgt werden können.

40

b) Diese Privilegierung des Eintritts eines zweiten Arztes in eine bestehende Dialysepraxis genügt entgegen der Ansicht der Klägerin auch den Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V. Hiernach dürfen Sonderbedarfszulassungen nur "ausnahmsweise" erteilt werden, wenn sie "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind".

41

Das Tatbestandsmerkmal "unerlässlich" ist auf das in Deutschland vorhandene, an den Bedürfnissen der Patienten ausgerichtete Versorgungsniveau zu beziehen. Eine Auslegung in der Weise, dass nur reale Versorgungsnotstände behoben werden dürften, ist weder geboten noch liegt sie der bisherigen Rechtsprechung des Senats zugrunde. Weder die Vorgabe in § 24 Buchst b letzter Satz BedarfsplRL, das Leistungsangebot von Krankenhäusern bei Sonderbedarfszulassungen außer Betracht zu lassen, noch die Aussage des Senats, Wartezeiten der Versicherten auf notwendige Untersuchungstermine von mehr als zwei Monaten dürften durch Sonderbedarfszulassungen vermieden werden(BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23 f; BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 20), passen zu einem Verständnis des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V als reiner Notstandsregelung. Vielmehr darf die Konkretisierung dieser Regelung auch an den Versorgungsbedürfnissen der Patienten unterhalb dieser Schwelle ausgerichtet sein; den Interessen der Patienten an zumutbaren Wartezeiten auch auf nicht vital indizierte Untersuchungen und an einem flächendeckenden Angebot an Dialyseplätzen darf der GBA Rechnung tragen.

42

c) Schließlich ist auch die Argumentation der Klägerin erfolglos, der Inhaber einer Dialysepraxis, deren Patientenzahl mehr als 30 betrage, sei nicht auswahlberechtigt, ob er einen weiteren Arzt in seine Dialysepraxis hereinnehmen wolle oder ob er seine Patientenzahl auf 30 begrenze. Eine Vorgabe derart, er müsse in letzterem Sinne verfahren, wenn eine andere nahegelegene Dialysepraxis versorgungsbereit sei, besteht nicht. In § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL ist ohne eine solche Einschränkung der Anspruch normiert, dass bei einer höheren Patientenzahl als 30 ein zweiter Arzt hereingenommen und dafür eine Sonderbedarfszulassung beansprucht werden kann. Dies hält sich aus den dargelegten Gründen im Rahmen des dem GBA zustehenden Beurteilungsspielraums.

43

d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der sonstigen, von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen geboten.

44

Dies betrifft zB die Erwägung, der GBA dürfe Sonderbedarfszulassungen nicht maßgeblich von den Vorgaben der BlutreinigungsV, insbesondere dem Arzt-Patienten-Schlüssel, abhängig machen, weil rein qualitativ und nicht bedarfsplanerisch ausgerichtete Maßstäbe im Rahmen der Bedarfsplanung nicht beachtlich sein könnten. Indessen lässt sich dem Bundesrecht kein Verbot entnehmen, im Rahmen einer bedarfsplanerischen Bestimmung wie § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL auf eine Regelung wie § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV zu verweisen, die qualitativ ausgerichtet ist und die sowohl für zulassungsgesperrte als auch für nicht gesperrte Bereiche gilt; keine der für Rechtsnorm-Verweisungen bestehenden Begrenzungen greift hier ein (vgl zu diesen aus dem Blick des Verfassungsrechts: Th. Clemens, Die Verweisung von einer Rechtsnorm auf andere Vorschriften - insbesondere ihre Verfassungsmäßigkeit -, AöR 111 <1986>, S 63, 83 ff) .

45

Auch bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Regelung des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL iVm § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1 BlutreinigungsV den Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung für einen zweiten Arzt gerade von der Schwelle der Überschreitung der Patientenzahl von 30 abhängig macht. Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzziehung bei der Patientenzahl von 30 sachwidrig sein und damit der Einschätzungsspielraum überschritten sein könnte, sind nicht ersichtlich und auch nicht von den Beteiligten geltend gemacht worden.

46

3. Kommt es für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung gemäß § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL an den zweiten Arzt in der Dialysepraxis mithin maßgeblich darauf an, ob die Voraussetzungen der BlutreinigungsV erfüllt sind, so ergibt sich, dass die Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Beigeladenen zu 7. nicht zu beanstanden ist. Das SG hat im angefochtenen Urteil - den Ausführungen des Beklagten im angefochtenen Bescheid folgend - die Erfüllung der Voraussetzungen der BlutreinigungsV bejaht; an dessen Tatsachenfeststellungen ist das Revisionsgericht gebunden (vgl § 163 SGG). Das SG hat auch die Vorgaben für die Erteilung eines Versorgungsauftrages gemäß § 2 Abs 7 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä iVm der BlutreinigungsV (insbesondere § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 Nr 1) geprüft und deren Erfüllung durch den Eintritt des Beigeladenen zu 7. in die Dialysepraxis des Dr. H. bejaht. Da diese vom SG vorgenommene Überprüfung revisionsrechtlich relevante Fehler nicht erkennen lässt, ist deren Ergebnis zugrunde zu legen. Hier bedarf es nicht der Erörterung der weiteren Frage, ob diese Überprüfung des SG überhaupt erforderlich war oder ob die von der KÄV gemäß § 24 Buchst e BedarfsplRL erteilte Zusicherung, sofern nicht angefochten, als bindend zugrunde zu legen ist.

47

C. Die von der Klägerin erhobene Rüge der Gehörsverletzung (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) ist erfolglos. Sie rügt unter diesem Gesichtspunkt, das SG habe ihr Vorbringen, der Wortlaut des § 24 Buchst e Nr 2 BedarfsplRL trage den Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V nicht ausreichend Rechnung, nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht bzw nicht ausreichend in seine Erwägungen einbezogen. Diese Rüge greift erkennbar nicht durch; das SG hat nämlich gerade wegen dieser von ihm erörterten Rechtsfrage die Revision zugelassen.

48

D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 154 Abs 1, § 162 Abs 3 VwGO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten Beigeladener ist nur hinsichtlich des Beigeladenen zu 7. veranlasst; nur dieser hat im Revisionsverfahren einen Antrag gestellt (vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts für das Saarland vom 24. April 2015 und des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. April 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 30. Mai 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2006 und vom 21. März 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2009 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung der Zusicherung eines Versorgungsauftrags abzulehnen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladenen zu 1. bis 4. und 11. - die Beigeladenen als Gesamtschuldner - je zur Hälfte. Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit steht die dem Beigeladenen zu 1. - Dr. B. erteilte Zusicherung eines Versorgungsauftrags.

2

Die klagende Gemeinschaftspraxis (seit dem 1.1.2007: Berufsausübungsgemeinschaft) betreibt in S. ein Dialysezentrum. Der Beigeladene zu 1., Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie, beantragte im Mai 2003 eine Sonderbedarfszulassung in der nephrologischen Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 2. bis 4. Mit einem an den Zulassungsausschuss für Ärzte gerichteten Schreiben vom 30.5.2005 sicherte die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) dem Beigeladenen zu 1. die Erteilung eines Versorgungsauftrages nach § 3 Abs 3 Buchst d der Anl 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassenvertrag Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) in gemeinschaftlicher Berufungsausübung mit den Beigeladenen zu 2. bis 4. zu. Der Zulassungsausschuss erteilte daraufhin dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1.7.2005 die Sonderbedarfszulassung. Gegen die Zusicherung des Versorgungsauftrags legte die Klägerin mit Schreiben vom 13.2.2006 Widerspruch ein, den die beklagte KÄV mit Bescheid vom 5.9.2006 als unzulässig zurückwies. Das dagegen angerufene SG hat auch die Klage als unzulässig angesehen (Urteil vom 18.4.2007), weil es an der erforderlichen Klagebefugnis fehle. Während des Verfahrens gründeten die Beigeladenen zu 1. bis 4. zusammen mit Frau Doc. G. das "Medizinische Versorgungszentrum J. Straße in S. GmbH" - die Beigeladene zu 11. -, das mit Beschluss vom 21.3.2007 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Dem MVZ wurde die Genehmigung erteilt, die Beigeladenen zu 1. und 4. ganztags als angestellte Ärzte zu beschäftigen. Die KÄV hatte zuvor - mit Schreiben vom 21.3.2007 - mitgeteilt, dass sie bereit sei, die bestehenden Versorgungsaufträge auf das MVZ zu übertragen, und den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 2.10.2009 als unzulässig verworfen.

3

Das LSG hat mit Urteil vom 1.10.2010 die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 18.4.2007 als unzulässig verworfen, weil ihr Rechtsschutzbedürfnis aufgrund der Zulassung des MVZ entfallen sei. Das BSG hat mit Beschluss vom 29.6.2011 (B 6 KA 79/10 B) die Revision gegen dieses Urteil zugelassen sowie mit Urteil vom 17.10.2012 (B 6 KA 41/11 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 31) das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen. Die Klägerin sei zur Anfechtung der dem Beigeladenen zu 1. erteilten Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags berechtigt. Nach der Beendigung der Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen zu 1. sei der Versorgungsauftrag inhaltlich unverändert auf die Beigeladene zu 11. für den Beigeladenen zu 1. als nunmehr dort angestellten Arzt übertragen worden. Die Voraussetzungen für die Anfechtungsberechtigung seien grundsätzlich erfüllt. Die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags sei untrennbar mit der Statusentscheidung verbunden; zudem wäre ohne die Berechtigung, die Zusicherung des Versorgungsauftrages anzufechten, für den im Konkurrenzverhältnis betroffenen Dritten kein effektiver Rechtsschutz iS des Art 19 Abs 4 GG gewährleistet. Ob die Zusicherung und die an ihre Stelle getretene Genehmigung des Versorgungsauftrags hier zu Recht erteilt worden seien, vermöge der Senat anhand der Feststellungen der Vorinstanzen nicht zu entscheiden. Dazu werde die KÄV die erforderlichen Daten nach § 6 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä darzulegen haben.

4

Das LSG hat nachfolgend die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 24.5.2015 zurückgewiesen. Die Klägerin besitze bereits keine Anfechtungsberechtigung, weil diese nur im Falle einer nicht hinreichenden Auslastung ihrer Praxis zu bejahen wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Zwar sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Zusicherung im Jahr 2005 die Praxis nicht ausgelastet gewesen, doch sei der ursprüngliche Bescheid vom 30.5.2005 durch den Bescheid vom 21.3.2007 ersetzt worden, sodass es für die Frage der Anfechtungsberechtigung der Klägerin nur noch auf deren Auslastung in Bezug auf den Ersetzungsbescheid vom 21.3.2007 ankommen könne. Allerdings sei auch für den Stichtag 21.3.2007 eine Auslastung der klägerischen Praxis nicht zu bejahen. Zwar habe die Beklagte angegeben, dass die Klägerin in den maßgeblichen Quartalen II/2006 bis I/2007 - unter zutreffender Zugrundelegung der abgerechneten statt der vergüteten Dialysen - zu (gerundet) 91 % ausgelastet gewesen sei. Allerdings habe sie nicht berücksichtigt, dass der nach den Bestimmungen des § 5 Abs 7 Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) zu ermittelnde "Arzt-Patienten-Schlüssel" ausschließlich auf "Zentrumsdialysen" und "Zentralisierte Heimdialysen" bezogen sei, während bei den heranzuziehenden Pauschalen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) alle Dialyseformen und -verfahren enthalten seien. Da die Beklagte die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) empfohlene Hilfskodierung nicht eingeführt habe und nach eigenem Bekunden nicht imstande sei, die Zahl der durchgeführten Heimdialysen zu ermitteln, bleibe nur der von der KÄBV alternativ vorgesehene pauschale Abzug in Höhe von 6 %, der dem durchschnittlichen Anteil dieser Leistungen entspreche.

5

Bei Berücksichtigung dieses Abzugs habe auch zum Stichtag 21.3.2007 keine hinreichende Auslastung der klägerischen Praxis vorgelegen, sodass auch der Abänderungsbescheid vom 21.3.2007 zunächst rechtswidrig ergangen sei. Jedoch sei die Auslastung der klägerischen Praxis in der Zeit vom 31.3.2008 bis 31.12.2008 von 94 % auf 97 % und zuletzt 101 % angestiegen, sodass auch unter Berücksichtigung eines Abzugs von 6 % es in jedem Fall im Laufe des Jahres 2008 zu einer Auslastung der klägerischen Praxis gekommen sei. Spätestens jetzt hätte der hier umstrittene Versorgungsauftrag im Verhältnis zur Klägerin erteilt werden müssen. Bei der erteilten Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrages handele es sich um einen Verwaltungsakt (VA) mit Dauerwirkung, der nach der Rechtsprechung des BVerwG von der Klägerin nur solange angegriffen werden könne als er im Verhältnis zu ihr rechtswidrig sei. Der strittige VA sei ab dem Zeitpunkt, zu dem die Voraussetzungen für seinen Erlass vorgelegen haben, als rechtmäßig anzusehen, sodass seine Aufhebung ab diesem Zeitpunkt nicht (mehr) in Betracht komme.

6

Die von der Klägerin hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei nicht begründet. Der Bescheid vom 30.5.2005 sei trotz der fehlenden Auslastung der klägerischen Dialysepraxis nicht rechtswidrig gewesen, denn es sei zu berücksichtigen, dass die Dialysepraxis der Beigeladenen zu 2. bis 4. zu durchschnittlich 188,25 % ausgelastet gewesen sei, sodass ihr damit - insbesondere unter maßgeblicher Berücksichtigung des Patientenwohls - der begehrte Versorgungsauftrag in jedem Fall hätte erteilt werden müssen. Hinsichtlich des Bescheides vom 21.3.2007 stehe einer Feststellung der Rechtswidrigkeit entgegen, dass aufgrund der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.5.2005 der Bescheid vom 21.3.2007 lediglich deklaratorische Wirkung gehabt habe; wenn ein Versorgungsauftrag einmal rechtmäßig erteilt worden sei, bleibe der Anspruch auf das Behaltendürfen dieses Versorgungsauftrages auch dann bestehen, wenn die Auslastung des Drittbetroffenen nachträglich wieder unter die 90%-Grenze absinke.

7

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht. Es sei unstreitig, dass sie 2005 und 2006/2007 zu weniger als 90 % ausgelastet gewesen sei. Das gelte ebenfalls für 2007/2008; eine kontinuierliche Auslastung von mehr als 90 % sei nicht erreicht worden. Auch zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren habe die Auslastung deutlich weniger als 90 % betragen. Das LSG sei von einer ausreichenden Auslastung spätestens 2008 ausgegangen, ohne den Zeitpunkt zu definieren und ohne diese durch Zahlen zu belegen. Ab dem Quartal II/2009 bis heute sei die 90%-Marke wieder dauerhaft unterschritten worden. Ein rechtswidriger VA mit Dauerwirkung werde nicht automatisch rechtmäßig, wenn zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt nur eine der fehlenden Voraussetzungen kurzzeitig gegeben sei. Heimdialysen seien bei der Prüfung der Auslastung nicht einzubeziehen.

8

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG für das Saarland vom 24.4.2015 und des SG für das Saarland vom 18.4.2007 sowie den Zusicherungs-Bescheid vom 30.5.2005 und den ersetzenden Übertragungsbescheid vom 21.3.2007 sowie die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 5.9.2006 und vom 2.10.2009 aufzuheben, soweit der besondere Versorgungsauftrag die Behandlung von mehr als 150 Patienten gestattet,
hilfsweise,
festzustellen, dass die mit den Bescheiden vom 30.5.2005 und 21.3.2007 erfolgte Zusicherung bzw Übertragung des besonderen Versorgungsauftrags zugunsten des Beigeladenen zu 1. bzw der Beigeladenen zu 11. rechtswidrig war.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Es sei unstreitig, dass die Klägerin spätestens zum Ende des Jahres 2008 hinreichend ausgelastet gewesen sei. Es mache für diese wenig Sinn, ihre Auslastung im Jahr 2008 zu bestreiten, da sie in diesem Zeitraum selbst eine Erweiterung ihres Versorgungsauftrags auf bis zu 150 Patienten beantragt und zum 1.4.2009 auch erhalten habe; hierfür müsse die Auslastung auf 100 % bzw darüber angestiegen sein. Als vom Gericht als maßgebend für die Entscheidung heranzuziehender Zeitpunkt könne nicht die für VAe mit Dauerwirkung geltende Ausnahme von der Maßgeblichkeit der letzten Verwaltungsentscheidung eingreifen; vielmehr bedürfe es hier einer Rückausnahme, weil das für die Dialyseversorgung maßgebliche Regelwerk keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung bzw den Widerruf einmal erteilter Versorgungsaufträge enthalte. Ein rechtmäßig erteilter Versorgungsauftrag bleibe auch dann bestehen, wenn die Auslastung bei einem Drittbetroffenen zeitlich nachgelagert wieder unter die 90%-Grenze absinke. Vorliegend hätte der streitige Versorgungsauftrag rechtmäßig im Jahr 2008 erteilt werden können.

11

Die Beigeladenen zu 1. bis 4. und zu 11. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

12

Entgegen der Auffassung des LSG sei zum Stichtag 21.3.2007 die Praxis der Klägerin hinreichend ausgelastet gewesen. Die Hinweise und Erläuterungen der KÄBV, die einen Pauschalabzug von 6 % für Heimdialysepatienten vorsähen, könnten keine Anwendung finden. Es sei unverständlich, warum Heimdialysepatienten aus der Qualitätssicherung herausfallen sollten. Unterschiede in der Versorgung rechtfertigten keine völlige Herausrechnung. Zudem versorge keine Dialyseeinrichtung im Saarland auch nur annähernd die von der KÄBV angesetzte Zahl von Heimdialysepatienten. Da der Auslastungsgrad für die Drittanfechtung eine äußerst gewichtige Rolle spiele, sei es geboten, die tatsächlich vorhandene Datengrundlage heranzuziehen.

13

Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das LSG hat die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Unrecht zurückgewiesen.

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Die Drittanfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist anfechtungsberechtigt (1.). Zudem hätte die Beklagte den Antrag auf Zusicherung eines Versorgungsauftrags für den Beigeladenen zu 1. ablehnen müssen, weil die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht vorlagen (2.).

16

1. Die Klägerin ist berechtigt, die (ursprünglich) dem zu 1. beigeladenen Arzt erteilte Zusicherung anzufechten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 17; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 17)erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung "anzufechten". Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde in der Sache zutrifft. Eine Berechtigung eines Vertragsarztes, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), besteht nur dann, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten und (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird, sowie (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist (stRspr, vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen (so zuletzt BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 40/14 R - RdNr 19 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 54 Nr 39 vorgesehen).

17

Die vorstehenden Voraussetzungen werden von der Klägerin erfüllt, wie der Senat bereits im vorangegangenen Urteil vom 17.10.2012 (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29 f) entschieden hat: Dass zwischen der Klägerin und dem Konkurrenten - der Praxis der Beigeladenen zu 1. bis 4. bzw dem zu 11. beigeladenen MVZ - ein faktisches Konkurrenzverhältnis gegeben ist, steht angesichts des Umstandes, dass beide Dialysepraxen weniger als 10 km voneinander entfernt sind, außer Zweifel (aaO RdNr 29). Die Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitert auch nicht daran, dass es sich bei der Zusicherung des Versorgungsauftrages nicht um eine Statusentscheidung handelt (aaO RdNr 30). Dass auch die dritte Voraussetzung - die Eröffnung der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung - erfüllt ist, hat der Senat nicht gesondert erwähnt, liegt aber gleichfalls auf der Hand. Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass die Anfechtungsberechtigung allein anhand der dargestellten Voraussetzungen festzustellen ist, hingegen - entgegen der Auffassung des LSG - nicht von einer nicht hinreichenden Auslastung der jeweils klagenden Dialysepraxis abhängt. Diese hat Bedeutung allein für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

18

2. Die Revision ist auch im Übrigen begründet. Die Zusicherung des Versorgungsauftrags ist zu Unrecht erfolgt. Es hätte kein zusätzlicher Versorgungsauftrag an den Beigeladenen zu 1. erteilt werden dürfen, weil die Klägerin im insoweit maßgeblichen Zeitraum nicht im erforderlichen Umfang ausgelastet war. Der Senat hat die Beklagte daher verpflichtet, den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung eines Versorgungsauftrags abzulehnen.

19

a. Voraussetzung für die Erteilung der Zusicherung - wie auch der nachfolgenden Genehmigung des Versorgungsauftrages - ist die Durchführung der Bedarfsprüfung gemäß § 6 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30). Nach § 4 Abs 1 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä bedarf die Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a) aaO - dh für die in § 2 aaO definierten Patientengruppen - durch zugelassene Vertragsärzte der Genehmigung der KÄV. Diese ist gemäß § 4 Abs 1 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen zu erteilen, wenn eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist (Nr 3 aaO). Ob die Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungstruktur iS des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä erfüllt sind, stellt die KÄV im Verfahren nach § 6 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä fest. Danach ist der Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation zu bestimmen (§ 6 Satz 1, 2 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). Eine Auslastung der Dialysepraxen in der Versorgungsregion ist nach § 6 Abs 1 Satz 3 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä anzunehmen, wenn kontinuierlich mindestens 90 % der nach der QSV festgelegten Patientenzahl von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird. Die Forderung nach einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur der projektierten Dialysepraxen gilt als dauerhaft erfüllt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden (§ 6 Satz 4 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). Das Gleiche gilt, wenn sich die Versorgungsregionen zwar schneiden, jedoch die bereits bestehenden Dialysepraxen in diesem Umfang ausgelastet sind (§ 6 Satz 5 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä).

20

Diese spezielle Bedarfsprüfung dient nach der Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26) in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer. Der in § 6 aaO festgelegte Auslastungsgrad soll eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur gewährleisten. Damit werden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Die Auslastungsprüfung dient mit Blick auf die kostenintensiven Investitionen, die für den Betrieb einer Dialysepraxis erforderlich sind, der Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander und damit der Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit einer (bereits bestehenden) Dialysepraxis (BSG aaO). Da sich vorliegend die Versorgungsregionen der Praxis, der ein weiterer Versorgungsauftrag zugesichert worden ist (der früheren Praxis der Beigeladenen zu 1. bis 4. bzw nachfolgend die des MVZ), sowie der klägerischen Praxis schneiden, ist § 6 Abs 1 Satz 5 aaO maßgeblich. Danach "gilt das Gleiche" - dh die Forderung nach wirtschaftlicher Versorgungsstruktur der projektierten Dialysepraxen gilt als dauerhaft erfüllt -, wenn die bestehenden Dialysepraxen "in diesem Umfang" - dh zu 90 % - ausgelastet sind.

21

b. Die danach erforderliche hinreichende Auslastung bereits bestehender Praxen muss sowohl im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zusicherung des Versorgungsauftrags gegeben als auch - prognostisch - in Zukunft zu erwarten sein.

22

aa. Dass es für die Feststellung des Auslastungsgrades nicht allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung bzw Bescheiderteilung ankommen kann, verdeutlicht bereits die wiederholte Verwendung des Begriffes "kontinuierlich" in den maßgeblichen Vorschriften (§§ 4, 6 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä). So muss nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 aaO eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur" gewährleistet sein; nach § 6 Abs 1 Satz 3 aaO ist eine (hinreichende) Auslastung anzunehmen, wenn "kontinuierlich mindestens 90 vH der … Patientenzahl … versorgt wird". Für das Erfordernis einer "kontinuierlich" bzw "dauerhaft" hinreichenden Auslastung streitet auch die Formulierung in § 6 Abs 1 Satz 4 aaO, wonach die Forderung nach wirtschaftlicher Versorgungsstruktur unter den dort genannten Voraussetzungen "als dauerhaft erfüllt" gilt. Schließlich hat der Senat in seinem Urteil vom 11.2.2015 (B 6 KA 7/14 R - RdNr 40 - SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5) - wenn auch zur Bedarfsprüfung im Rahmen einer Dialysezweigpraxisgenehmigung - ausgeführt, die beklagte KÄV werde zunächst den Auslastungsgrad der klägerischen Praxis festzustellen haben - "zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie in der Folgezeit". Die Formulierung "kontinuierlich mindestens 90 vH … versorgt" in § 6 Abs 1 Satz 3 aaO ist daher in dem Sinne zu verstehen, dass der geforderte Auslastungsgrad nicht nur zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Abgabe einer Zusicherung gegeben sein muss, sondern zugleich die Annahme gerechtfertigt sein muss, dass dies auch in der Folgezeit der Fall sein wird.

23

bb. Während sich die Frage einer hinreichenden Auslastung zum Zeitpunkt der Entscheidung ohne Weiteres - retrospektiv - anhand der zeitnächsten Auslastungszahlen der betroffenen Praxen ermitteln lässt, bedarf es in Bezug auf die Frage, dass die Mindestauslastung - jedenfalls voraussichtlich - durch das Hinzutreten eines Konkurrenten auch in Zukunft nicht in Frage gestellt wird, einer prognostischen Feststellung.

24

Sachgerechte Prognosen beruhen auf erhobenen Daten und Fakten und damit auf Erkenntnissen aus der Vergangenheit, auf deren Basis unter Berücksichtigung zu erwartender Veränderungen eine Vorausschau für die Zukunft getroffen wird (BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 24). Dabei sind alle bei der Prognosestellung für die Beurteilung der künftigen Entwicklung erkennbaren Umstände zu berücksichtigen (BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 25), die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind und Einfluss auf die zu beurteilenden Umstände haben (BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 27). Maßgebend sind die Verhältnisse zur Zeit der Prognoseentscheidung (BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 28); Grundlage der Prognose können daher nur bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens erkennbare Umstände sein (BSG aaO RdNr 30). Spätere Entwicklungen, die bei Beginn des entscheidungserheblichen Zeitraums noch nicht erkennbar waren, können eine Prognose weder bestätigen noch widerlegen (BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 26).

25

In Bezug auf die zu treffende Prognose - dh der Feststellung einer hypothetischen Tatsache (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 128 RdNr 9f)- ist vom Gericht zu prüfen, ob der festgestellte Sachverhalt den Schluss auf die hypothetische Tatsache erlaubt (Keller aaO unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 44 Nr 47). Die Prognose ist fehlerhaft, wenn die der Prognose zugrundeliegenden Tatsachen nicht richtig festgestellt oder nicht alle wesentlichen in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt worden sind oder die Prognose auf unrichtigen oder unsachlichen Erwägungen beruht (BSGE 112, 116 = SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 28; Keller aaO; vgl auch BSG SozR 4-5425 § 3 Nr 3 RdNr 31).

26

cc. Die KÄV ist mithin gehalten, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegenden Auslastungszahlen heranzuziehen und zum einen dahingehend zu würdigen, ob gegenwärtig eine ausreichende Auslastung gegeben ist, und zum anderen auf dieser Grundlage die wertende Feststellung zu treffen, ob und aus welchen Gründen diese Angaben auf eine bestimmte Entwicklung in der Zukunft schließen lassen. Liegen die ermittelten Auslastungszahlen deutlich über der geforderten Mindestauslastung und sind keine Gründe dafür erkennbar, dass dies in Zukunft anders sein dürfte, bedarf es keiner vertieften Begründung. Anders ist dies, wenn der Auslastungsgrad bereits jetzt nur geringfügig über dem Grenzwert liegt und/oder der KÄV andere Umstande - wie etwa zur Entscheidung anstehende Anträge anderer Dialysepraxen - bekannt sind, die die Auslastung prospektiv verringern könnten.

27

dd. Soweit das LSG es für entscheidungserheblich ansieht, dass die erforderliche Auslastung jedenfalls in den Quartalen II/2008 bis IV/2008 erreicht worden sei, folgt ihm der Senat nicht. Selbst wenn dies - jedenfalls vorübergehend - der Fall gewesen sein sollte, wofür sprechen kann, dass der Versorgungsauftrag der Klägerin aufgrund ihres Auslastungsgrades zum 1.4.2009 erweitert wurde, ist dies rechtlich unerheblich. Maßgeblich ist - wie bereits dargestellt - allein die Situation, wie sie sich der KÄV am Tag der Entscheidung über die Zusicherung des Versorgungsauftrags darstellt.

28

(1) Wenn nach den vorstehend dargestellten Maßstäben ein zusätzlicher Versorgungsauftrag unter Zugrundelegung der am Entscheidungstag maßgeblichen Verhältnissen nicht hätte erteilt werden dürfen, weil der erforderliche Auslastungsgrad bestehender Dialysepraxen zu diesem Zeitpunkt weder bereits erreicht noch dies prognostisch zu erwarten war, dann bleibt diese Entscheidung rechtswidrig und ist auf die Anfechtungsklage hin aufzuheben. Die gegenteilige Ansicht des LSG, dass es ausreiche, wenn irgendwann im Verlauf eines darüber geführten Rechtsstreits die klagende Praxis in irgendeinem Quartal in hinreichendem Umfang ausgelastet war, geht schon deswegen fehl, weil es im Zusammenhang mit Versorgungsaufträgen für Dialyseleistungen eben nicht allein darauf ankommt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Auslastung gegeben war, sondern diese - zumindest prospektiv - auf Dauer ("kontinuierlich") gegeben sein muss. Dafür reicht eine in der Folgezeit - vorübergehend - eingetretene Auslastung nicht aus.

29

Dem steht nicht entgegen, dass es Konstellationen geben kann, in denen die KÄV zu einem späteren Zeitpunkt den ursprünglich zu Unrecht erteilten Versorgungsauftrag nunmehr rechtmäßig erteilen könnte oder müsste. Der begünstigte Arzt kann das bei der KÄV beantragen, und diese muss dann die Versorgungslage - bezogen auf den neuen Zeitpunkt - prüfen; ihren rechtswidrigen ersten Bescheid kann sie aufheben und insoweit den Kläger klaglos stellen. Ob - wie das LSG ausgeführt hat - jedenfalls im Jahr 2008 eine Zusicherung zu erteilen gewesen wäre, ist jedoch ohne Belang, weil der Beigeladene zu 1. zu diesem Zeitpunkt keinen entsprechenden Antrag gestellt hat (zur Zulässigkeit eines solchen Antrags vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53 ff zum Zulassungsverfahren).

30

(2) Das Berufungsgericht kann sich zur Rechtfertigung seiner Auffassung auch nicht auf den von ihm herangezogenen Beschluss des BVerwG vom 5.1.2012 (8 B 62/11 - Juris = Buchholz 310 § 113 Abs 1 VwGO Nr 39 = NVwZ 2012, 510 ff - die Untersagungsverfügung hinsichtlich der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte betreffend)stützen. Dort hat das BVerwG (aaO RdNr 14) ausgeführt, der Klageantrag, einen Dauer-VA auch für vergangene Zeiträume aufzuheben, setze voraus, dass der Kläger von ihm auch insoweit noch beschwert sei. Ein Dauer-VA erledige sich jedoch häufig bei fortschreitender Zeit für die jeweils vorangegangenen Zeiträume - gewissermaßen fortlaufend -, auch wenn für die Annahme seiner Erledigung der bloße Zeitablauf nicht genüge, vielmehr erforderlich sei, dass von ihm auch für die Vergangenheit keine dem Kläger nachteilige Rechtswirkungen mehr ausgingen. Das LSG hat aus dieser Entscheidung den Schluss gezogen, dass die Rechtmäßigkeit des Zusicherungsbescheides allein in Bezug auf den Zeitraum ab Vorliegen einer (zumindest vorübergehenden) ausreichenden Auslastung der klagenden konkurrierenden Praxis zu überprüfen und der vergangene Zeitraum wegen angenommener Erledigung allein im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage einer Prüfung zu unterziehen sei. Dies überzeugt nicht.

31

Zwar handelt es sich bei dem Bescheid über die Zusicherung eines Versorgungsauftrags - in Verbindung mit der hieraus resultierenden Genehmigung eines Versorgungsauftrags - um einen VA mit Dauerwirkung. Die Annahme, dass sich dieser Dauer-VA "fortlaufend erledigt", ist jedoch zumindest nicht auf Statusentscheidungen im Vertragsarztrecht und ihnen vergleichbare Entscheidungen - zu denen auch der Bescheid über die Zusicherung und die nachfolgende Genehmigung des Versorgungsauftrags gehört - übertragbar. Entscheidungen im Vertragsarztrecht, die den Status eines Vertragsarztes bzw einer ärztlich geleiteten Einrichtung betreffen, sind auf eine Kontinuität der Tätigkeit angelegt. Dem steht es entgegen, den Bescheid bzw die hierauf beruhende Tätigkeit des Vertragsarztes in zeitliche Teilabschnitte zu zerlegen, indem von einer sukzessiven Erledigung des Bescheides bzw einem sukzessiven Verbrauch seiner Regelungswirkung ausgegangen wird. Ist ein entsprechender Dauer-VA rechtswidrig erteilt worden, setzt sich diese Rechtswidrigkeit mit jedem Tag seiner Existenz fort; der begünstigte Arzt wird durchgehend zu Unrecht tätig, der betroffenen Konkurrenzpraxis entgehen - ggf - fortlaufend Patienten.

32

Hinzu kommt, dass - folgte man der dargestellten Auffassung des Berufungsgerichts - ein die (Status-)Entscheidung anfechtender Konkurrent entscheiden könnte, ob ihm eine Aufhebung für die Zukunft genügt und er sich für die Vergangenheit auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung beschränkt. Dann würde zB eine rechtswidrig erteilte Zulassung lediglich mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben, während sie für die Vergangenheit als solche bestehen bliebe, weil insoweit lediglich die Rechtswidrigkeit der Entscheidung festgestellt würde.

33

(3) Ein anderes Ergebnis ergibt sich schließlich auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass für die Beigeladene zu 11. bzw deren Vorgängerpraxis nach dem in § 5 Abs 7 Buchst c) Satz 5 der QSV genannten Arzt-Patienten-Schlüssel aufgrund des bei ihr bestehenden Auslastungsgrades ein Tätigwerden eines weiteren Dialysearztes angezeigt gewesen wäre. Es besteht allerdings ein potentielles Spannungsverhältnis zwischen den Vorgaben der QSV, nach der die Auslastung einer Dialysepraxis Maßstab für die Frage ist, ob ihr ein weiterer Versorgungsauftrag erteilt werden kann, und den Vorgaben der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä, wonach die Genehmigung eines (weiteren) Versorgungsauftrags davon abhängig ist, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestehender Dialysepraxen nicht gefährdet wird. Dieses Spannungsverhältnis kann jedoch nicht unter Berufung auf das "Patientenwohl" dahingehend gelöst werden, dass die wirtschaftlichen Interessen nicht ausgelasteter Konkurrenzpraxen entgegen den klaren Vorgaben der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä außer Betracht zu bleiben haben.

34

Auch die wirtschaftliche Sicherung bestehender Praxen liegt im Interesse des Patientenwohls, weil hierdurch verhindert werden soll, dass die Versorgung der Patienten mit Dialyseleistungen durch die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz bestehender Praxen in Frage gestellt wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). Im Übrigen ist im Falle widerstreitender Regelungen in der QSV und der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä zu berücksichtigen, dass Regelungsgegenstand der QSV allein Fragen der Qualitätssicherung sind, während die Anl 9.1. BMV-Ä/EKV-Ä die rechtlichen Grundlagen der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten regelt. Die QSV regelt, wann eine Praxis einen weiteren Versorgungsauftrag beantragen kann, nicht aber, dass dieser bei Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen stets auch zu erteilen ist. Dies richtet sich vielmehr nach den entsprechenden Vorgaben der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä. Entspricht somit in einer Praxis der Arzt-Patienten-Schlüssel nicht mehr den Vorgaben des QSV, sind andere Praxen im Versorgungsbereich hingegen nicht ausgelastet, ist dem dadurch Rechnung zu tragen, dass die "überlastete" Dialysepraxis die Aufnahme weiterer Patienten ablehnen (oder gar Patienten "abgeben") muss. Andernfalls liefen die Bestimmungen der Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä über die "wirtschaftliche Versorgungsstruktur" leer.

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c. aa. Bei der Ermittlung des hinreichenden Auslastungsgrades hat die KÄV allein die Dialysen zu berücksichtigen, die von ihr nach Durchführung der sachlich-rechnerischen Prüfung vergütet wurden. Der Auffassung der Beklagten, dass die Auslastung "qualitätsbezogen" zu betrachten sei und es daher auf die von der Klägerin abgerechneten Fälle ankomme, trifft nicht zu. Der geforderten Mindestauslastung der konkurrierenden Praxen liegen nicht Qualitätsgesichtspunkten zugrunde, sondern sie dient der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen sowie der wirtschaftlichen Existenz bestehender Dialysepraxen (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). In Bezug hierauf sind aber allein die Fälle von wirtschaftlichem Interesse, die letztlich auch vergütet werden. Im Übrigen stellt auch der Gesetzgeber in Konstellationen, in denen eine bestimmte Leistungsmenge zu ermitteln ist, ebenfalls auf die Leistungsmenge nach Richtigstellung ab: So ist zB gemäß § 87a Abs 4 Satz 2 SGB V bei der Ermittlung des Aufsatzwertes für den Behandlungsbedarf ua auf die Menge der für vier Quartale abgerechneten Leistungen - "jeweils nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung" - maßgeblich.

36

bb. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, sind die ermittelten Werte unter bestimmten - vorliegend gegebenen - Voraussetzungen um einen 6%igen Abzug für Heimdialysepatienten zu bereinigen: Nach § 6 Abs 1 Satz 3 Anl 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä ist eine Auslastung anzunehmen, wenn mindestens 90 % "der in der Qualitätssicherungsvereinbarung festgelegten Patientenzahl" versorgt wird. Nach § 5 Abs 7 Buchst c) Satz 1 QSV ist der in der QSV bestimmte "Arzt-Patienten-Schlüssel" ausschließlich auf "Zentrumsdialysen" und "Zentralisierte Heimdialysen" bezogen, während bei den für die Ermittlung des Auslastungsgrades heranzuziehenden Pauschalen des EBM-Ä alle Dialyseformen und -verfahren enthalten sind(vgl Abschnitt 40.14 EBM-Ä). Diesem Umstand ist bei der Ermittlung des Auslastungsgrades Rechnung zu tragen.

37

Die KÄBV hat in ihren "Hinweisen und Erläuterungen zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten" vom Juli 2002, auf die das LSG Bezug genommen hat, hierzu die Empfehlung ausgesprochen, dass die KÄVen auf Landesebene entweder eine entsprechende "Hilfskodierung" der betreffenden Pauschalen einführen bzw alternativ von den in einem Jahreszeitraum abgerechneten Pauschalen des EBM-Ä 6 % für Heimdialysen in Abzug zu bringen (aaO S 42 - zu Frage 3). Auch wenn es sich dabei formal lediglich um eine rechtlich unverbindliche "Empfehlung" handelt, ist es nicht zu beanstanden, wenn das LSG diese bei der in der Sache gebotenen Berücksichtigung der Heimdialysefälle zugrunde gelegt hat. Auch die Höhe des Abzugs ist nicht zu beanstanden, da der zur Anwendung gelangte Prozentsatz dem durchschnittlichen Anteil von "Peritonealdialysen" und "Hämoheimdialysen" im Bundesgebiet entspricht (vgl "Hinweise und Erläuterungen" aaO). Das Zurückgreifen auf einen Durchschnittswert ist nicht zuletzt deswegen gerechtfertigt, weil die Beklagte nach den Feststellungen des LSG nicht imstande ist, die Zahl der durchgeführten Heimdialysen zu ermitteln.

38

d. Nach diesen Maßstäben ist der Bescheid der Beklagten vom 30.5.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5.9.2006, mit dem die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Erteilung eines Versorgungsauftrags zugesichert hat, rechtswidrig. Entsprechendes gilt für den weiteren Bescheid vom 21.3.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2.10.2009, mit dem die Beklagte ihre Bereitschaft zur Übertragung des dem Beigeladenen zu 1. auf der Grundlage dieser Zusicherung erteilten Versorgungsauftrages auf das zu 11. beigeladene MVZ erklärt hat. Da diese Übertragung ohne erneute Sachprüfung und inhaltlich unverändert erfolgt ist (siehe hierzu schon BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24), bildet der Bescheid vom 30.5.2005 auch insoweit die Grundlage für die Genehmigung des Versorgungsauftrags, die an die Stelle der Zusicherung getreten ist (BSG aaO RdNr 14, 23).

39

Die Beklagte hätte dem Beigeladenen zu 1. die Erteilung eines Versorgungsauftrags nicht zusichern dürfen, weil die erforderliche Auslastung der Klägerin nicht kontinuierlich gewährleistet war. Der erforderliche Auslastungsgrad von 90 % war in Bezug auf die Praxis der Klägerin - deren Auslastung allein maßgeblich ist, weil nur insoweit ein subjektives Recht der Klägerin auf Überprüfung der angefochtenen Entscheidung besteht (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 36-37)- weder zum Zeitpunkt der Entscheidung noch - prognostisch - in der Folgezeit gegeben. Dies ergibt sich sowohl aus den Feststellungen des LSG als auch aus den Ausführungen der Beklagten:

40

Nach den - nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts hat es jedenfalls bis in das Jahr 2008 hinein an einer hinreichenden Auslastung der Klägerin gefehlt. Die Angaben der Beklagten bestätigen diese Feststellungen des LSG. Danach hat in den Quartalen I/2004 bis I/2005 der Grad der Auslastung der klägerischen Praxis (ohne Abzug für Heimdialysepatienten) zwischen 79,92 % und 86,38 % gelegen. Für die Quartale I/2006 bis I/2007 hat sie Auslastungsgrade von 90,3 %, 90,15 %, 89,31 %, 88,9 % und 94,8 % - vor Bereinigung - benannt; nach Bereinigung ergäbe sich danach eine durchschnittliche Auslastung von 87 % bzw 88 %. Somit fehlte es zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung einer Zusicherung sowohl an einer auf diesen Zeitpunkt bezogenen hinreichenden Auslastung der Klägerin als auch an verwertbaren Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin in der Folgezeit hinreichend ausgelastet sein könnte.

41

Abgesehen davon lässt die Begründung des angefochtenen Bescheides vom 30.5.2005 schon nicht erkennen, dass die Beklagte in Bezug auf die Auslastung der Klägerin überhaupt eine Prognose getroffen hat. Bezüglich der Frage einer hinreichenden Auslastung bestehender Praxen und einer entsprechenden Prognose enthält der Bescheid lediglich den Satz "Unter Berücksichtigung der Patientenzahlen des Jahres 2004 und unter Einbeziehung auch derjenigen Patienten, die auf Grund des über- und zwischenstaatlichen Krankenversicherungsrechts Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung haben, hat sich eine Neubewertung der wirtschaftlichen Auslastung der nephrologischen Praxen der Versorgungsregion ebenso der diese Versorgungsregion schneidenden Versorgungsregionen ergeben, so daß gemäß § 6 in Verbindung mit § 7 Abs 2 der Anlage 9.1 BVM-Ä/EKV-Ä u.E. der Anspruch auf Zusicherung eines Versorgungsauftrags besteht." Diesen pauschalen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, ob und in welcher Form die Beklagte eine Auslastungsprüfung vorgenommen hat.

42

Damit fehlt dem Bescheid auch eine ausreichende Begründung. Einer solchen hätte es umso mehr bedurft, als die Beklagte selbst von einer "Neubewertung" spricht. So hatte sie noch im Widerspruchsbescheid vom 23.2.2005, der im vorangegangenen Verfahren auf Erteilung eines Versorgungsauftrags für den Beigeladenen zu 1. ergangen war, entschieden, dass die geforderte Auslastung nicht erreicht werde.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens allein (§ 154 Abs 1 VwGO), die Kosten des Revisionsverfahrens zusammen mit den Beigeladenen zu 1. bis 4. - diese wiederum als Gesamtschuldner (§ 159 Satz 2 VwGO)- je zur Hälfte zu tragen (§§ 154 Abs 1, 159 Satz 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. Oktober 2013 geändert, soweit auf die Berufung des Klägers festgestellt worden ist, dass sich der Bescheid vom 10. November 2008 erledigt hat. Die Berufung des Klägers wird in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11. August 2010 mit der Maßgabe geändert, dass die Beklagte verurteilt wird, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. November 2008 zu entscheiden. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens je zu 1/3. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung zur Durchführung von Dialyseleistungen.

2

Die Beigeladene zu 1. ist eine zur vertragsärztlichen Versorgung in S zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von Fachärzten für Innere Medizin, zum Teil mit Schwerpunktbezeichnung Nephrologie. Sie führt in S an drei Standorten Dialyseleistungen durch.

3

Im August 2008 stellte die Beigeladene zu 1. einen Antrag auf Errichtung einer fachärztlich nephrologischen Zweigpraxis mit Dialyse am S-Krankenhaus, H straße 7 in
E In dem Schreiben wurde auch erwähnt, dass in unmittelbarer Nähe von ca drei Kilometern ein "kleines, nicht fachspezifisch nephrologisch geführtes Dialysezentrum" angesiedelt sei. Die Beklagte holte eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Rheinland-Pfalz ein, die die Dialyseeinrichtungen ihres nördlichen Bereiches und deren Versorgungsregionen sowie die Auslastung der Praxen mitteilte. Sodann wandte sich die Beklagte mit Hinweis auf die Stellungnahme der KÄV Rheinland-Pfalz und unter Übersendung des Antrags der Beigeladenen zu 1. an die Landesverbände der Krankenkassen (KK) mit dem Bemerken, sie befürworte den Antrag zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyse-Versorgung. Sollte bis zum 7.11.2008 keine Stellungnahme vorliegen, setze sie das Einverständnis zu dem vorliegenden Antrag voraus. Zwei Landesverbände (BKK und Landwirtschaftliche KK) befürworteten daraufhin ausdrücklich den Antrag, die übrigen Adressaten äußerten sich nicht. Mit Bescheid vom 10.11.2008 gab die Beklagte dem Antrag auf Genehmigung einer Zweigpraxis zur Durchführung von Dialyseleistungen in der H straße 7 in E statt.

4

Gegen diesen Genehmigungsbescheid legte der Kläger, der seit 1983 als Facharzt für Innere Medizin in H zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und dort auch Dialyseleistungen erbringt, am 13.5.2009 Widerspruch ein. Er dialysiere zurzeit mehr als 30 Kassenpatienten; seine freien Kapazitäten lägen nach den gültigen Richtlinien bei über 60 Patienten. Tatsächlich erhielt der Kläger mit Bescheid vom 13.11.2008 die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags für eine angestellte Ärztin, Frau Dr. H, mit der er mittlerweile in einer BAG tätig ist.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.8.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, weil es an seiner Anfechtungsbefugnis fehle. Dem Antrag der Beigeladenen zu 1. auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung hatte die Beklagte zuvor hinsichtlich der Dialyseleistungen bei Patienten, die bereits in der Hauptbetriebsstätte in S versorgt wurden, entsprochen. Das SG hat den Antrag der Beigeladenen zu 1., auch hinsichtlich der Dialysepatienten, die am 10.11.2008 noch nicht in ihrer Praxis in S versorgt wurden, die sofortige Vollziehung der Zweigpraxisgenehmigung anzuordnen sowie den Antrag des Klägers auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Beschluss vom 5.8.2010 - S 2 KA 308/10 ER - zurückgewiesen.

6

Mit Urteil vom 11.8.2010 hat das SG Düsseldorf die Beklagte zur Neubescheidung des Antrags der Beigeladenen zu 1. verurteilt. Die Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen könne nur erteilt werden, wenn die projektierte Zweigpraxis nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liege, es sei denn, sie sei nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der KKn aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung notwendig. Hieraus ergebe sich für den Kläger ein Anspruch auf gerichtliche Nachprüfung, ob das in Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassenvertrag Ärzte (BMV-Ä/EKV-Ä) normierte Verwaltungsverfahren korrekt durchgeführt worden ist. Das sei nicht der Fall gewesen. Es fehle jedenfalls an der einvernehmlichen Feststellung der Beklagten und der Krankenkassenverbände, ob die Einrichtung der in E projektierten Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig sei. Die Beklagte habe in ihrem Anschreiben an die Landesverbände vom 22.10.2008, mit denen diese um Stellungnahme zum Antrag auf Zweigpraxisgenehmigung gebeten worden seien, die Praxis des Klägers in H
mit keinem Wort erwähnt. Auf der Basis einer dergestalt unvollständigen Sachverhaltsermittlung hätten die Krankenkassenverbände aber keine sachgerechten Erwägungen über die Dialyseversorgung im Umkreis von E anstellen können.

7

Parallel zum anschließenden Berufungsverfahren haben der Kläger und die Beigeladene zu 1. sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Beschwerden gegen den Beschluss des SG Düsseldorf vom 5.8.2010 gewendet. Das LSG hat mit Beschluss vom 16.3.2011 den die sofortige Vollziehung der Zweigpraxisgenehmigung anordnenden Bescheid der Beklagten vom 3.8.2009 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der im Hauptsacheverfahren verfolgten Klage festgestellt. Der Kläger sei anfechtungsberechtigt. Im Hinblick auf den Zweck und den daran ausgerichteten Zuschnitt der Dialyseversorgungsregionen 6 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä) bewirke eine in die Versorgungsregion eindringende "fremde" (Dialyse-)Zweigpraxis eine für die Berufsfreiheit des vorhandenen Arztes grundsätzlich relevante tatsächliche Wettbewerbsbeeinträchtigung. Auch liege ein faktisches Konkurrenzverhältnis vor, durch das der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten habe. Da die Genehmigung einer Dialysezweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis nur erfolgen dürfe, wenn die KÄV und die KKn die Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung für erforderlich hielten, bestehe eine Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits vorhandenen Dialyseeinrichtungen. Der Kläger könne daher die Genehmigung der Zweigpraxis mittels defensiver Konkurrentenklage abwehren. Der angefochtene Bescheid sei bereits deswegen formell fehlerhaft, weil er keine Begründung enthalte. Der Widerspruchsbescheid vom 25.8.2009 verhalte sich nur zur Frage der Anfechtungsbefugnis. Der angefochtene Bescheid sei auch materiell fehlerhaft. Er verstoße gegen Anhang 9.1.5 Abs 1 Buchst b Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä. Die projektierte Zweigpraxis liege in der dem Kläger zugewiesenen Versorgungsregion und das erforderliche Einvernehmen sei nicht wirksam hergestellt worden, weil die zugrundeliegende konkludente Zustimmung auf einem unvollständig unterbreiteten Sachverhalt beruht habe.

8

Mit Bescheid vom 27.6.2011 wurde der BAG des Klägers mit Frau Dr. H die Genehmigung für die Durchführung von Dialyseleistungen in der Zweigpraxis S straße 25 - 27 in
 W erteilt. Diese Genehmigung wurde mit Bescheid vom 4.9.2012 widerrufen, weil die Zweigpraxis nicht betrieben wurde. Mit Bescheid vom 27.3.2013 wurde dem Kläger die Genehmigung erteilt, am Standort "H str. 7, E" - mithin an dem Standort, für den auch der Beigeladenen zu 1. die Genehmigung erteilt wurde - Dialyse-Leistungen abzurechnen und durchzuführen. Diese Genehmigung hat die Beigeladene zu 1. angefochten. Bereits im Oktober 2011 hatte das S-Krankenhaus der Beigeladenen zu 1. mitgeteilt, dass es die potentiellen Räumlichkeiten nicht länger freihalten könne und von einer Kooperation Abstand nehme.

9

Die Beklagte richtete mit Schreiben vom 18.5.2011 erneut eine Anfrage an die Landesverbände der KKn, um das erforderliche Einvernehmen herzustellen. Darin wurde ausgeführt, dass die projektierte Zweigpraxis in die Versorgungsregion der Praxis des Klägers falle, die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu 91 % ausgelastet gewesen sei. Mittlerweile verfüge der Kläger über einen weiteren Versorgungsauftrag, der Auslastungsgrad der Praxis betrage 34 %. Die Praxis des Klägers liege 17 km von der projektierten Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. entfernt. Versicherte aus der ländlichen, bergigen Struktur der Region müssten zur Praxis des Klägers Fahrzeiten von mindestens 24 Minuten mit dem Auto bzw mindestens 39 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Kauf nehmen. Dies bedeute erhebliche zusätzliche Beschwernisse für die häufig immobilen Patienten, die diese Wege mehrmals wöchentlich zurücklegen müssten. Mit den jeweiligen Fahrten seien erhebliche Kosten für die Krankenkassen verbunden. Der Kläger befürchte, dass der Auslastungsgrad seiner Praxis weiter zurückgehe und sich die Beigeladene zu 1. neue Patientenkreise erschließen könnte. Bei der gebotenen Abwägung der Gesamtumstände sei zu berücksichtigen, dass die Regelungen zur Versorgung chronisch nierenkranker Patienten der wohnortnahen Versorgung gerade im Hinblick auf die besonderen Patienteninteressen ein hoher Stellenwert einräumen würden. Für die Neuerteilung von Versorgungsaufträgen sei ausdrücklich geregelt, dass die wohnortnahe Versorgung Vorrang vor der Forderung nach kontinuierlichen Versorgungsstrukturen habe. Dies gelte auch bei der Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung. Angesichts der spezifischen örtlichen Gegebenheiten, der infrastrukturellen Voraussetzungen und der ungünstigen Verteilung der Dialysepraxen im R
Kreis werde die Einrichtung der Zweigpraxis zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung weiterhin für notwendig gehalten. Daraufhin erklärte die IKK, sie könne über die Notwendigkeit der Einrichtung einer Zweigpraxis keine Aussage treffen, die landwirtschaftliche KK bestätigte, dass sie schon im Jahr 2008 der Erteilung eines Versorgungsauftrags an die Beigeladene zu 1. zugestimmt habe, die Knappschaft schloss sich mit Mail vom 17.4.2012 der zustimmenden Stellungnahme der AOK, des Vdek und des BKK-Landesverbandes an.

10

Das LSG hat mit Urteil vom 9.10.2013 auf die Berufung des Klägers festgestellt, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 erledigt habe und im Übrigen seine Berufung sowie die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen. Sein mit dem Hauptantrag verfolgtes Klageziel, den Bescheid vom 10.11.2008 in der Gestalt des ihm erteilten Widerspruchsbescheides vom 25.8.2009 im Rahmen einer Drittanfechtungsklage nach § 54 Abs 1 SGG aufzuheben, könne der Kläger nicht mehr erreichen. Zwar sei seine Drittanfechtungsklage zulässig. Auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 16.3.2011 - L 11 KA 96/10 B ER - werde verwiesen. Allerdings habe sich der Bescheid der Beklagten vom 10.11.2008 im Sinne des § 39 Abs 2 SGB X erledigt. Der Beigeladenen zu 1. sei eine Genehmigung für den Betrieb einer Zweigpraxis in der H straße 7 in E erteilt worden. Wie sich aus dem im Berufungsverfahren überreichten Schriftverkehr mit dem S-Krankenhaus ergebe, halte dieses keine Räumlichkeiten mehr für die Beigeladene zu 1. zum Betrieb ihrer Zweigpraxis vor, sodass der Bezugspunkt der Genehmigung entfallen sei.

11

Der hilfsweise gestellte Antrag, festzustellen, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 erledigt habe, sei aber als Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG zulässig und begründet. Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. seien unbegründet, weil sie, nachdem sich die Genehmigung erledigt habe, durch das Urteil des SG Düsseldorf vom 11.8.2010 nicht mehr beschwert würden.

12

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagen. Eine Anfechtungsberechtigung des Klägers scheitere bereits an der fehlenden Statusrelevanz der angefochtenen Entscheidung. Die Dialysezweigpraxisgenehmigung eröffne weder einen Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung noch werde der Kreis der Patienten rechtlich erweitert. Die Genehmigung beinhalte nur ein von der Zulassung abgeleitetes Recht zur Tätigkeit an einem anderen Ort. Weder sei sie Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung oder Ermächtigung noch für die Erteilung eines neuen Versorgungsauftrags. Soweit in dem Fall, in dem die projektierte Dialysezweigpraxisgenehmigung auch in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, zu prüfen und ggf einvernehmlich festzustellen sei, ob die Genehmigung zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung notwendig sei, begründe dies keinen Drittschutz. Es gehe um eine Betrachtung der lokalen Versorgungssituation unter Berücksichtigung der besonderen Patienteninteressen an einer wohnortnahen Versorgung. Für einen lokalen Versorgungsbedarf wäre der Kläger jedenfalls nicht zu berücksichtigen, weil er Patienten aus E nicht als wohnortnaher Versorger zur Verfügung stehe.

13

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9.10.2013 und des SG Düsseldorf vom 11.8.2010 aufzuheben, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

14

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

15

Er trägt vor, Dialysepatienten müssten regelmäßig Krankentransportfahrzeuge in Anspruch nehmen. Nach den Krankentransportrichtlinien würden nur Kosten für die Beförderung zur "nächst erreichbaren Behandlungsmöglichkeit" erstattet. Dies führe faktisch zu einer Einschränkung der freien Arztwahl. Für Patienten aus dem östlichen R-Kreis sei seine Praxis die nächstgelegene. Mit dem Betrieb einer Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. in E würde seine Praxis durch die Hauptbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. in S von Westen und durch die Nebenbetriebsstätte in E von Osten her so eingeschnürt, dass sie auf Dauer nicht wirtschaftlich zu führen wäre. Die Dialysezweigpraxisgenehmigung nach der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä unterscheide sich grundlegend von einer Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV). Sie sei bereits dann zu versagen, wenn die beantragte Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis liege. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, wenn die Sicherstellung der Dialyseversorgung ohne die Zweigpraxis gefährdet wäre, könne eine Genehmigung erteilt werden, auch wenn die beantragte Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis liege. Daraus werde deutlich, dass die Dialysezweigpraxisgenehmigung nachrangig gegenüber einer konkurrierenden Dialysepraxis in derselben Versorgungsregion sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg, als das Urteil des LSG zu ändern, die Berufung des Klägers insgesamt zurückzuweisen und die Beklagte zur erneuten Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verurteilen ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

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1. Die Revision der Beklagten ist zulässig. Die Beklagte ist durch das Urteil des LSG jedenfalls formell beschwert, weil das LSG ihre Berufung zurückgewiesen hat.

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2. Sie ist auch materiell beschwert. Das LSG hat zu Unrecht festgestellt, dass sich der Bescheid vom 10.11.2008 auf andere Weise iS des § 39 SGB X erledigt hat. Nach § 39 Abs 2 SGB X bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Auf andere Weise hat der Verwaltungsakt sich erledigt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 7 RdNr 18 ff, zur Veröffentlichung auch in BSGE vorgesehen; BSGE 72, 50, 56 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1 S 8; vgl zur Erledigung von Bescheiden allgemein zB Roos in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 39 RdNr 14). Eine solche Erledigung liegt vor, wenn durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage das Regelungsobjekt des Verwaltungsaktes entfällt. Dazu zählen insbesondere Sachverhalte, bei denen für die getroffene Regelung nach der eingetretenen Änderung kein Anwendungsbereich mehr verbleibt bzw bei denen der geregelte Tatbestand selbst entfällt (BSG SozR 3-1300 § 39 Nr 7 S 13). Für die Gegenstandslosigkeit des Verwaltungsaktes bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage ist damit maßgeblich, ob er auch für den Fall geänderter Umstände noch Geltung beansprucht oder nicht. Waren Bestand oder Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, wird er gegenstandslos, wenn diese Situation nicht mehr besteht (BSG SozR aaO, S 14; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 24). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.

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Ebenso wie die Zulassung wird die Genehmigung einer Zweigpraxis zwar grundsätzlich für eine konkrete Anschrift erteilt (vgl für die Zulassung § 95 Abs 1 Satz 7 SGB V, § 18 Abs 1 Satz 2 und § 24 Abs 1 Ärzte-ZV; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13). Von der Genehmigung einer Zweigpraxis im S-Krankenhaus in E kann die Beigeladene zu 1. tatsächlich nicht mehr Gebrauch machen, weil ihr dort keine Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Die Beigeladene zu 1. ist hier aber nicht gehindert, die Anschrift der projektierten Zweigpraxis zu ändern. Für die Zulassung hat der Senat entschieden, dass es eines Verlegungsantrags hierzu nicht bedarf, wenn der Zulassungsbescheid noch nicht bestandskräftig und der darin genannte Vertragsarztsitz damit festgeschrieben geworden ist (BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 5 RdNr 49, 50). Es sei durchaus lebensnah, dass ein als Vertragsarztsitz avisiertes - und im Zulassungsantrag benanntes - Objekt nicht mehr zur Verfügung stehe oder sich beabsichtigte Kooperationen mit Niedergelassenen zerschlügen, namentlich dann, wenn sich das Zulassungsverfahren über einen längeren Zeitraum hinziehe. In derartigen Fällen sei es - jedenfalls bei gleich bleibendem Zulassungsbezirk - sachgerecht und ausreichend, den benannten Vertragsarztsitz formlos zu ändern. Anders als in dem dortigen Fall hat die Beigeladene zu 1. hier allerdings keinen alternativen Standort benannt, sondern ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem LSG darauf beharrt, sie sei weiterhin Inhaberin einer Genehmigung einer Dialysezweigpraxis im S-Krankenhaus in E

20

Zwar kommt eine Zweigpraxisgenehmigung ebenso wie die Zulassung eines Arztes grundsätzlich nicht in Betracht, wenn nicht feststeht, an welchem Ort er seine Tätigkeit ausüben wird. Eine über die Ortsbezeichnung hinausgehende konkrete Benennung ist hier jedoch ausnahmsweise entbehrlich. Der Beigeladenen zu 1. kann nicht zugemutet werden, Räumlichkeiten in E anzumieten, um eine Adresse für eine Zweigpraxis vorweisen zu können, in der sie nach den Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz nicht tätig werden darf. Es wäre mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG nicht vereinbar, wenn sie einerseits aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Drittanfechtung von ihrer Zweigpraxisgenehmigung keinen Gebrauch machen könnte und andererseits ihr der Wegfall der ins Auge gefassten Räumlichkeiten entgegengehalten würde. Hätte die Beigeladene zu 1. andere Räumlichkeiten angemietet, um eine neue Adresse für die Zweigpraxis angeben zu können, wäre sie Gefahr gelaufen, auch diese in absehbarer Zeit wegen der aufschiebenden Wirkung eines Drittwiderspruchs nicht nutzen zu können. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über eine Drittanfechtung wird regelmäßig ein so langer Zeitraum vergehen, dass in Aussicht genommene Räumlichkeiten nicht ohne erhebliche Kosten vorgehalten werden können. In einer derart rechtlich ungesicherten Position über einen Zeitraum von hier nahezu 6 Jahren kann von der Beigeladenen zu 1. nicht erwartet werden, andere Räumlichkeiten in E nur für die Möglichkeit der Angabe eines konkreten Zweigpraxissitzes anzumieten. Die Beigeladene zu 1. hat im Revisionsverfahren hinreichend deutlich gemacht, dass sie von der Zweigpraxisgenehmigung für E grundsätzlich Gebrauch machen will. Es kann offenbleiben, in welcher Entfernung vom ursprünglich geplanten Standort der neue Praxissitz grundsätzlich liegen muss. Jedenfalls ist dann, wenn die Beigeladene zu 1. im näheren Umfeld des S-Krankenhauses geeignete Räumlichkeiten findet, die Genehmigung ggf auf den neuen Standort umzuschreiben. Eine Erledigung der Genehmigung ist damit noch nicht eingetreten.

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3. Das LSG hat aber zu Recht den Kläger für berechtigt gehalten, die der Beigeladenen zu 1. erteilte Zweigpraxisgenehmigung anzufechten. Die Beklagte wird erneut in der Sache über den Widerspruch des Klägers zu entscheiden haben.

22

a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

23

b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (s zuletzt BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 13 ff und BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 26 ff, jeweils mwN). Zunächst ist zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das zu bejahen, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

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aa) Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargestellt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff und BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff).

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(1) Erfüllt ist hier die Voraussetzung, dass der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten (vgl zu diesem Merkmal BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19, 21; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 22-24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 30; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29). In der Konstellation, die dem Urteil vom 17.10.2007 zugrunde lag (s BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, insbes RdNr 22-24), hat der Senat hervorgehoben, dass für die Anfechtungsberechtigung ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen muss, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16).

26

Die Genehmigung der Zweigpraxis wurde der Beigeladenen zu 1. zur Durchführung von Dialyseleistungen erteilt. Diese Leistungen werden auch vom Kläger erbracht. Die projektierte Zweigpraxis befindet sich in der Versorgungsregion der Praxis des Klägers. Nach der Anlage 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte (BedarfsplRL) ist der R-Kreis der Raumordnungskategorie 2 zugeordnet, sodass nach § 6 Abs 1 Satz 7 Anlage 9.1 BMV-Ä (bis zum 30.9.2013: BMV-Ä/EKV-Ä) die Versorgungsregion der klägerischen Praxis einen Radius von 20 km umfasst. Die von der Beigeladenen zu 1. beantragte Zweigpraxis in E befindet sich ca 12 km Luftlinie und ca 17 km Autoverkehrsstrecke von der Praxis des Klägers in H entfernt. Danach ist ohne Weiteres von einer Überschneidung der Einzugsbereiche auszugehen. Bei den Dialyseleistungen steckt der Versorgungsbereich typisierend den räumlichen Bereich ab, dessen Patientenzahl eine kontinuierlich wirtschaftliche Versorgungsstruktur gewährleistet. Das wird hier dadurch deutlich, dass nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä eine Zweigpraxis grundsätzlich nur genehmigt wird, wenn sie nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt. Unabhängig davon hat der Kläger im Berufungsverfahren angegeben, im Juli 2010 14 Patienten aus dem östlichen R-Kreis zu behandeln. Da der Kläger nach § 5 Abs 7 Satz 5 Nr 1 der Vereinbarung zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren - BlutreinigungsVf-VB) bis zur Erteilung des Versorgungsauftrags an Frau Dr. H nur 30 Dialysepatienten, danach 100 behandeln durfte, ist davon auszugehen, dass ein Anteil von mehr als 5 %, mithin ein relevanter Patientenkreis betroffen ist (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Nicht abzustellen ist auf die Gesamtpatientenzahl des Klägers, sondern auf die Zahl der Dialysepatienten, weil nur insoweit die Wettbewerbssituation des Klägers betroffen ist.

27

Das durch die Überschneidung entstehende Konkurrenzverhältnis entfällt auch nicht deshalb, weil die Beigeladene zu 1. angegeben hat, sie wolle nur Patienten behandeln, die sie bisher bereits in S behandelt habe. Die Zweigpraxisgenehmigung wird nicht für die Behandlung konkreter Patienten erteilt. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Beigeladene zu 1. dementsprechend dafür gestritten, dass sie nicht nur die bereits in S behandelten Patienten aus E und Umgebung dialysieren darf. Sie hat auch vorgetragen, dass im Patientenkollektiv ständig Veränderungen eintreten. Mehr als ein Drittel der Patienten (9 von 24), die in E wohnortnah versorgt werden sollten, waren nach 20 Monaten aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in Behandlung der Beigeladenen zu 1.

28

(2) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die Genehmigung einer Zweigpraxis keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt. Der Senat hat eine Berechtigung von Vertragsärzten, die einem anderen Vertragsarzt nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV erteilte Zweigpraxisgenehmigung anzufechten, im Hinblick darauf allerdings ausdrücklich verneint(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3). Im Falle einer Zweigpraxisgenehmigung bestehe gegenüber den bislang entschiedenen Fällen die Besonderheit, dass der Konkurrent bereits über einen - durch die Zulassung an seinem Vertragsarztsitz vermittelten - Status verfüge, ihm der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung also bereits grundsätzlich eröffnet sei. Daher lasse sich die Erfüllung des Merkmals der Teilnahmeeröffnung allenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Erweiterung der Teilnahme begründen. Eine Zweigpraxisgenehmigung führe jedoch zu keiner rechtlichen Erweiterung des Kreises der Patienten, die ein Vertragsarzt behandeln dürfe. Zwar resultiere aus der Zulassung eine grundsätzliche Beschränkung des Tätigkeitsortes im Sinne einer Bindung der Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit an den Vertragsarztsitz. Eine Beschränkung des Kreises der möglichen Patienten - etwa auf solche, die am Praxissitz wohnen oder arbeiten - sei damit aber nicht verbunden. Spiegelbildlich zum Recht der Versicherten auf freie Arztwahl seien die Vertragsärzte nicht gehindert, alle Versicherten, die sie als Behandler gewählt haben, auch dann zu behandeln, wenn diese von auswärts kämen.

29

Erst recht könne dem Vertragsarztrecht bzw dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung kein Grundsatz entnommen werden, dass dem bereits vor Ort tätigen Vertragsarzt kraft seiner Zulassung ein "Erstzugriffsrecht" auf die dort (bzw im Planungsbereich) wohnenden oder arbeitenden gesetzlich krankenversicherten Patienten zustehe. Potentielle Patienten einer Zweigpraxis seien rechtlich nicht gehindert, den Filialarzt schon vor Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung an seinem Stammsitz in Anspruch zu nehmen, etwa weil er einen besonders guten Ruf hat oder der Stammsitz verkehrsgünstig gelegen sei. Ebenso sei umgekehrt kein Versicherter verpflichtet, den nunmehr an seinem Wohn- oder Beschäftigungsort partiell praktizierenden Filialarzt in Anspruch zu nehmen. Die Zweigpraxisgenehmigung bewirke somit keine rechtliche Erweiterung des Kreises der für eine Behandlung in Frage kommenden Versicherten, sondern allein eine faktische Verbesserung des Marktzugangs. In Abgrenzung von der für eine Anfechtungsberechtigung irrelevanten Erschließung eines weiteren Leistungsbereichs komme es entscheidend darauf an, ob das in Rede stehende Recht mit einer Statusgewährung verbunden sei. Eine Zweigpraxisgenehmigung führe jedoch nicht zu einer Statusgewährung in diesem Sinne, denn die eigentliche Statusgewährung werde durch die Zulassung vermittelt, mit der die Zweigpraxisgenehmigung akzessorisch und untrennbar verbunden sei.

30

Diese Rechtsprechung ist jedoch, wie SG und LSG zutreffend ausgeführt haben, nicht auf die Genehmigung der Durchführung von Dialyseleistungen in einer Zweigpraxis übertragbar. Zwar wird auch in diesem Versorgungsbereich mit der Zweigpraxisgenehmigung kein gesonderter Status verliehen. Das steht einer Anfechtungsbefugnis Dritter aber nicht unbedingt entgegen. Der Senat hat für die Zusicherung der Genehmigung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach neuem Recht eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 und Nr 31), obwohl es sich hierbei nicht um eine Statusentscheidung handelt. Dabei hat der Senat zunächst ausgeführt, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung nach § 24 Satz 1 Buchst e BedarfsplRL idF vom 15.2.2007 und untrennbar mit dieser Statusentscheidung verbunden ist. Vor allem hat der Senat aber darauf abgestellt, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anlage 9.1 BMV-Ä durchzuführende Bedarfsprüfung Drittschutz für diejenigen vermittelt, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen sind.

31

Eine vergleichbare Konstellation hat der Senat auch bei der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V angenommen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4). Zwar bestehe dort keine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung wie bei dem Dialyse-Versorgungsauftrag und der Sonderbedarfszulassung nach § 36 Buchst e Satz 1 BedarfsplRL idF vom 20.12.2012. Es könne aber grundsätzlich eine Sonderbedarfszulassung für reproduktionsmedizinische Leistungen nach § 36 Buchst a bis c BedarfsplRL erteilt werden. Die Statusentscheidung setze dann die vorherige Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V durch die zuständige Landesbehörde voraus. Die Berechtigung, die die Genehmigung nach § 121a SGB V vermittele, könne unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits bestehe oder erst angestrebt werde, die Wettbewerbssituation des bereits reproduktionsmedizinisch tätigen Arztes beeinträchtigen. Mit der Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen sei eine ausschließlich hierauf ausgerichtete Praxisführung verbunden, die mit einer hohen Kostenbelastung einhergehe, und die daher nur bei entsprechender Auslastung einen wirtschaftlichen Betrieb gewährleiste. Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands unterscheide sich eine reproduktionsmedizinisch ausgerichtete Praxis so deutlich von einer gynäkologischen Praxis ohne diesen Schwerpunkt, dass die tatsächlichen Auswirkungen einer Genehmigung denen einer Statusentscheidung nahekämen.

32

Die Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä iVm Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä - Anforderungen an die Genehmigung einer Zweigpraxis oder ausgelagerten Praxisstätte nach § 4 Abs 3, Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag - ist wie die Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Ärzte-ZV untrennbar und akzessorisch mit der Zulassung verbunden. Es wird mit ihrer Erteilung kein Status und auch keine Rechtsposition verliehen, die Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung ist. Ähnlich wie die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags oder die Genehmigung für reproduktionsmedizinische Leistungen ist aber die Dialysezweigpraxis geeignet, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbssituation des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 17.8.2011 (SozR 4-2500 § 54 Nr 26 RdNr 26) ausgeführt hat, sichert die spezielle Bedarfsprüfung des § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä dem Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt spezialisierter Leistungen bewegt und erhebliche Investitionen tätigt, auch Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang. Diese Sicherheit darf durch eine Zweigpraxisgenehmigung nicht in Frage gestellt werden (so auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 9.12.2009 - L 5 KA 2164/08 - Juris RdNr 93). Für den bereits tätigen Arzt kann die Zweigpraxis in seiner Versorgungsregion aber ebensolche Auswirkungen auf seine Wettbewerbsposition haben wie eine Neuzulassung.

33

Dass eine ähnliche Wettbewerbssituation entstehen kann wie bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags, wird darin deutlich, dass nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 des BMV-Ä in der zum 1.7.2005 in Kraft getretenen und seitdem unverändert geltenden Fassung (DÄ 2005, A-2267) die Genehmigung nur erteilt werden kann, wenn die projektierte Zweigpraxis oder ausgelagerte Betriebsstätte, die in der Versorgungsregion der bestehenden Dialysepraxis liegen muss, nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, es sei denn, die Einrichtung der projektierten Zweigpraxis oder der ausgelagerten Betriebsstätte ist nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig. Die Formulierung des ersten Halbsatzes knüpft an § 6 Abs 1 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä an, wonach im Rahmen der Erteilung von Versorgungsaufträgen eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis als dauerhaft gesichert gilt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden. Eine Zweigpraxis soll mithin grundsätzlich ebenso wenig wie die Vertragsarztpraxis in der Versorgungsregion einer anderen bestehenden Praxis betrieben werden. Hiervon wird nur eine Ausnahme gemacht, wenn KÄV und KKn einvernehmlich die Einrichtung der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung für notwendig halten. Eine Überschneidung der Versorgungsregionen soll erkennbar mit Blick auf eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur nicht nur vermieden werden, wenn es um die Erteilung eines Versorgungsauftrags geht, sondern auch dann, wenn ein solcher Auftrag bereits erteilt ist und die Durchführung in einer Zweigpraxis erfolgen soll. Damit wird verhindert, dass mittels einer Zweigpraxis Patienten von einer Praxis abgezogen werden, die bisher die Versorgung in der Region sicherstellt, und die möglicherweise ohne diese Patienten in ihrem Bestand gefährdet ist. Ein Verdrängungswettbewerb mittels der Errichtung von Zweigpraxen ist ebenso wenig im Interesse einer stabilen Versorgung wie der Verdrängungswettbewerb unter den (Haupt-)Praxen.

34

Angesichts der auch vom Kläger und der Beigeladenen zu 1. immer wieder betonten Besonderheiten des multimorbiden Patientenklientels, das mehrfach wöchentlich Dialyseleistungen in Anspruch nimmt, ist der Standort ein wichtiger Wettbewerbsfaktor. Der Standort des Klägers in H liegt deutlich näher am projektierten Ort der Zweigpraxis in E als die Praxis der Beigeladenen zu 1. Die "Einkreisung" einer Praxis durch Zweigpraxen einer anderen Praxis in verkehrsgünstiger Nähe zur Konkurrentenpraxis kann zu einer ebensolchen wirtschaftlichen Gefährdung führen wie die Genehmigung der Übernahme eines zusätzlichen Versorgungsauftrags. Die personelle und apparative Ausstattung einer Zweigpraxis zur Durchführung von Dialysen erfordert einen ebensolchen Aufwand wie die Ausstattung einer Praxis, die erstmals einen Versorgungsauftrag erhält. Die notwendigen Investitionen werden sich nur lohnen, wenn in der Zweigpraxis nicht nur die Patienten behandelt werden, die bisher am Vertragsarztsitz dialysiert wurden, sondern weitere Patientenpotentiale durch den neuen Standort erschlossen werden. Dementsprechend hat die Beigeladene zu 1. in ihrem Antrag zunächst angegeben, sie wolle in der Zweigpraxis in E 30 bis 40 Patienten (bei 24 aktuellen Patienten aus dieser Region) behandeln. Der Genehmigung einer Dialysezweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis kommt damit in dem besonderen Markt der Dialyseleistungen eine andere Bedeutung zu als der Genehmigung einer Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV.

35

(3) Die Zweigpraxis nach Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä ist auch nachrangig gegenüber der bereits in der Versorgungsregion bestehenden Dialysepraxis. Für die Zweigpraxisgenehmigung nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV hat der Senat entschieden, dass der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber dem Status des Anfechtenden nicht nachrangig sei(BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 31 ff). Maßstab für die Frage des Nachrangs sei, ob der konkurrierende Status nur bei Vorliegen eines noch bestehenden Versorgungsbedarfs erteilt werde und die Erteilung somit im allgemeinen Interesse an einer ordnungsgemäßen und lückenlosen Versorgung erfolge. Dies komme im Gesetz bei der Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach § 116 Satz 2 SGB V durch die Formulierung "soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten" ohne diese "nicht sichergestellt" ist und bei Sonderbedarfszulassungen durch die Wendung zum Ausdruck, dass diese "zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind"(§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V). In § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV finde sich keine dem auch nur annähernd gleichwertige Aussage. Danach setze eine Zweigpraxisgenehmigung nur voraus, dass ("wenn und soweit") die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert (Nr 1 aaO) und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt werde (Nr 2 aaO). Im Gegensatz zu Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen erfordere die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung damit nicht zwingend das Bestehen einer ausgleichsbedürftigen Versorgungslücke, sondern lediglich eine "Verbesserung" der Versorgung. Unabhängig davon, was konkret hierunter zu verstehen sei, sei dieser Begriff jedenfalls nicht in dem Sinne auszulegen, dass er eine - den Anforderungen an Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen vergleichbare - Bedarfsprüfung erfordere. Damit sei zugleich kein Raum für die Annahme eines Vorrangs der bereits vor Ort niedergelassenen Vertragsärzte.

36

Die normative Ausgangslage ist bei der Genehmigung einer Dialysezweigpraxis eine andere. Die Anforderungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis für Dialyseleistungen gehen über die allgemeinen Anforderungen der Ärzte-ZV hinaus. Nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä bedarf die Durchführung von Versorgungsaufträgen mit Dialyse in einer Zweigpraxis oder in einer ausgelagerten Praxisstätte nach den Vorschriften des § 15 Abs 2 BMV-Ä der Genehmigung oder Ermächtigung. Die Genehmigung oder Ermächtigung wird erteilt, wenn die in Anhang 9.1.5 festgelegten besonderen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vorinstanzen haben insoweit zu Recht ausgeführt, dass § 24 Ärzte-ZV der Normierung weiterer Voraussetzungen für die Genehmigung einer Zweigpraxis in speziellen Bereichen nicht entgegensteht. Die in Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä statuierten Voraussetzungen knüpfen in zulässiger Weise an die besonderen Regelungen für die Dialyseversorgung an.

37

Die Genehmigung kann nach Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden, wenn die projektierte Zweigpraxis nicht gleichzeitig in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, es sei denn, die Einrichtung der projektierten Zweigpraxis ist nach einvernehmlicher Feststellung der KÄV und der zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung notwendig. Mit der Anknüpfung an die Prüfung der Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur iS des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anlage 9.1 BMV-Ä nach § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä wird ein Vorrang der bestehenden Dialysepraxis begründet. Der Senat hat bereits entschieden, dass die spezielle, am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) durch eine Arzt-Patienten-Relation ausgerichtete Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient. Während der Arzt-Patienten-Schlüssel in § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsVf-VB mit der Festlegung einer Höchstzahl der von einem Arzt zu betreuenden Patienten ausschließlich der Sicherung einer qualitativ hochstehenden Versorgung diene, solle der in § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV-Ä festgelegte Auslastungsgrad eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur gewährleisten. Ein Anreiz dafür, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, bestehe angesichts der erforderlichen Investitionen nur dann, wenn das Kostenrisiko hinreichend wirtschaftlich abgesichert sei. Es entspreche sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet werde (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

38

Diese Überlegungen sind auf die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen übertragbar. Wenn die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung in der Versorgungsregion einer bestehenden Dialysepraxis nur erfolgen soll, wenn dies zur Sicherstellung der Versorgung notwendig ist, ist damit eine Bedarfsprüfung vorgegeben, in deren Rahmen zunächst die Sicherstellung durch die in der Versorgungsregion bestehenden Praxen zu prüfen ist. Soweit die Beklagte meint, es gehe allein um eine Betrachtung der lokalen Versorgungssituation unter Berücksichtigung der besonderen Patienteninteressen an einer wohnortnahen Versorgung, trifft dies nicht zu. Dieser Aspekt wird vielmehr in Abs 1 Buchst a Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä berücksichtigt. Dort ist als erste Voraussetzung für eine Zweigpraxisgenehmigung genannt, dass die räumlichen Gegebenheiten in der Praxis zur Durchführung der Hämodialyse für die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu versorgenden Patienten nicht ausreichen oder die wohnortnahe Versorgung der zum Zeitpunkt der Antragstellung mit Verfahren der Hämodialyse behandelten Patienten durch die projektierte Zweigpraxis oder ausgelagerte Betriebsstätte verbessert wird. Damit ist der Gesichtspunkt der Versorgungsverbesserung iS des § 24 Abs 3 Nr 1 Ärzte-ZV aufgegriffen. Dabei wird der wohnortnahen Versorgung in der Dialyse ein besonderer Stellenwert eingeräumt. So ist nach § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä eine Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrags unabhängig von der kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu erteilen, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Das ist nach Satz 2 der Vorschrift dann der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Besonderheiten des Patientenklientels, das der lebenslangen Behandlung mehrmals wöchentlich bedarf, wird auch in den Hinweisen und Erläuterungen der Kassenärztliche Bundesvereinigung für die KÄVen zur Neuordnung der Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten vom 1.7.2002 hervorgehoben (DÄ 2002, A-970). Das Erfordernis der Verbesserung der wohnortnahen Versorgung ist folgerichtig als eine mögliche Begründung für die Genehmigung einer Zweigpraxis in Abs 1 Buchst a Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä genannt.

39

Kumulativ hierzu fordert Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä aber eine darüber hinausgehende Bedarfsprüfung, die nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht auf die Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung beschränkt ist. Die Anknüpfung an die Versorgungsregionen - keine Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis - macht deutlich, dass hier eine Bedarfsprüfung auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis durchzuführen ist. Dem entspricht es, dass die Zweigpraxisgenehmigung - anders als nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - ebenso wie die Genehmigung der Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 4 Anlage 9.1 BMV-Ä durch die KÄV im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der KKn erteilt wird. Erforderlich ist, dass die Notwendigkeit der Genehmigung der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung festgestellt wird. Dieses Kriterium geht über eine Versorgungsverbesserung hinaus. Der Senat hat für die Zeit vor Einfügung einer ausdrücklichen Bestimmung über die Voraussetzungen zum Betrieb von Zweigpraxen entschieden, die Genehmigung dürfe nur erteilt werden, wenn die Zweigpraxis zur Sicherung einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung notwendig sei (BSGE 77, 188, 190 f = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 27). Die Bindung der Genehmigung an ein bestehendes Versorgungsdefizit sei geeignet, gerade im ländlichen Raum die Existenz von kleineren Praxen zu sichern. Es bestehe ansonsten die Gefahr, dass von Mittel- und Oberzentren aus eventuell kostengünstiger arbeitende Gemeinschaftspraxis den ländlichen Raum versorgen und damit der wohnortnahen kleineren Praxis die Existenzgrundlage entziehen könnten. Diese Überlegungen haben auch hier ihre Berechtigung. Eine Notwendigkeit zur Sicherung der Versorgung ist bereits nach dem möglichen Wortsinn nur dann anzunehmen, wenn ein Versorgungsdefizit besteht. Zwar ist eine strenge Bedarfsprüfung wie in § 6 Anlage 9.1 BMV-Ä nicht vorgesehen. Entsprechend der Regelung in § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä ist vielmehr denkbar, dass auch dann, wenn die anderen Dialysepraxen in der Versorgungsregion nicht ausgelastet sind, wegen eines dringenden Bedarfs an wohnortnaher Versorgung in einem ländlichen oder auch großstädtischen Bereich eine Zweigpraxisgenehmigung unter Sicherstellungsgesichtspunkten geboten ist. Das setzt jedoch zunächst eine allgemeine Bedarfsprüfung unter Einbeziehung aller in der Versorgungsregion bestehenden Praxen voraus. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung wird möglicherweise dann auch eine Abwägung zwischen dem Interesse an einer möglichst wohnortnahen Versorgung einerseits und dem Interesse an der kontinuierlichen Gewährleistung bestehender Versorgungsstrukturen andererseits erforderlich sein. Jede Zweigpraxis in einigen Kilometern Entfernung vom Vertragsarztsitz wird zu einer Verbesserung der wohnortnahen Versorgung der in ihrem unmittelbaren Umfeld wohnenden Patienten führen. Es kann aber auch im Interesse der Sicherstellung der Versorgung sein, bestehende Praxen in ihrem Bestand nicht zu gefährden. Für die bei dieser Prüfung und Abwägung zu berücksichtigenden Praxen entfaltet Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä drittschützende Wirkung.

40

c) Sind mithin die Voraussetzungen für eine Anfechtungsberechtigung des Klägers gegeben, hat das SG im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Beklagte erneut über den Widerspruch des Klägers gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilten Genehmigung zu entscheiden hat. Bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Zweigpraxis aus Gründen der Sicherstellung der Dialyseversorgung steht ihr ein Spielraum zu, der von den Gerichten nur darauf überprüft werden kann, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (vgl BSGE 77, 188, 191 f = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29; zur "Bedarfsgerechtigkeit" im Rahmen des § 121a SGB V: BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; zur "Verbesserung der Versorgung" durch eine Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53 ff). Hier hat die Beklagte die erforderliche Bedarfsprüfung bislang unvollständig durchgeführt. Die Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten der Versorgung mit Dialyseleistungen im Versorgungsbereich des Klägers, wie sie im Schreiben an die KKn vom 18.5.2011 zum Ausdruck kommt, wird den Anforderungen nicht gerecht. Die Beklagte wird daher zunächst den Auslastungsgrad der klägerischen Praxis festzustellen - zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie in der Folgezeit - und sodann die infrastrukturellen Gegebenheiten zu ermitteln haben. Ob ein Versorgungsdefizit besteht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind (vgl BSGE 77, 188, 192 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 29). Festzustellen wäre insofern, welchen Einzugsbereich E potentiell hat, wie groß die Nachfrage aus diesem Bereich ist und wie die jeweiligen Verkehrsverbindungen sind. Der Kläger stellt auch zu Recht die Frage, ob für Dialysepatienten der öffentliche Nahverkehr überhaupt eine Rolle spielt oder ob nicht vielmehr allein auf den Straßenverkehr abzustellen ist. Auch die Beklagte argumentiert damit, dass teure Krankentransporte zur weiter gelegenen Praxis des Klägers erforderlich seien, ohne dass tatsächliche Feststellungen hierzu ersichtlich sind. Sollte der überwiegende Teil der potentiellen Patienten solche Transporte in Anspruch nehmen, ist weiter nach den Fahrzeiten und danach zu fragen, welche konkreten Veränderungen durch eine Zweigpraxis in E eintreten würden. Auch die Bedeutung der klägerischen Praxis für die Versorgung der Region und die möglichen Auswirkungen der projektierten Zweigpraxis auf die Praxis des Klägers sind zu beleuchten. Erst bei einer Gesamtschau aller Faktoren kann beurteilt werden, ob die Zweigpraxis für die Patienten aus diesem Einzugsbereich für eine wohnortnahe Versorgung notwendig ist. Maßgeblich für die Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten ist dabei zunächst der Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Antragstellung (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 16 RdNr 14 ff). Auch bei der Drittanfechtung sind aber alle Tatsachenänderungen bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz beachtlich, sofern nicht Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 ff).

41

d) Das nach Abs 1 Satz 2 Anhang 9.1.5 Anlage 9.1 BMV-Ä erforderliche Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der KKn auf Landesebene ist hergestellt. Ein "Einvernehmen" setzt eine Willensübereinstimmung zwischen entscheidender und beteiligter Stelle voraus (vgl BSGE 75, 37, 40 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7 S 40; BSGE 44, 244, 246 = SozR 7323 § 3 Nr 1 S 2; vgl auch BVerwGE 57, 98, 101). Hierzu ist grundsätzlich erforderlich, dass die KKn dem Vorschlag der KÄV zustimmen. Es ist der KÄV auch zumutbar, auf eine zeitnahe Erklärung der KKn hinzuwirken. Den KKn als Kostenträgern muss ihrerseits an einer raschen Feststellung der Versorgungslage und ggf Verbesserung der Versorgung durch eine Zweigpraxis gelegen sein. Da ihnen die Art und Weise - und ebenso die Qualität - ihrer Entscheidung nicht gesetzlich vorgegeben ist, entscheiden die KKn selbst, welche Informationen sie aus ihrer Sicht für eine sachgerechte Entscheidung benötigen. Die KÄV kann sich grundsätzlich darauf beschränken, die bestehende Versorgungslage zu skizzieren und die eigene Entscheidung, hier die Befürwortung des Antrags, darzulegen. Soweit die KKn weitere Informationen benötigen, kann die KÄV davon ausgehen, dass sie angefordert werden. Es obliegt nicht der KÄV, eine Entscheidung der KKn auf einem bestimmten Informationsstand sicherzustellen.

42

Um das Verfahren zügig zu betreiben, kann die KÄV auch eine angemessene Frist für die Äußerung der KKn setzen mit dem ausdrücklichen Zusatz, dass nach Ablauf der Frist von einem Einvernehmen ausgegangen werde. Dabei wird, um eine sachgerechte Überprüfung durch die KKn überhaupt zu ermöglichen, eine Frist von mindestens einem Monat erforderlich, aber auch ausreichend sein. Reagieren die KKn in einem solchen Fall nicht, ist das erforderliche Einvernehmen hergestellt. Im Interesse der Sicherstellung der Versorgung sowie im Interesse der betroffenen Ärzte an Rechtssicherheit reicht es in einer solchen Konstellation ausnahmsweise aus, dass die Landesverbände der KKn das Schreiben der KÄV stillschweigend zur Kenntnis nehmen.

43

Hier haben die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt, dass das Schreiben der KÄV vom 22.10.2008, in dem lediglich kurz der - in der Anlage beigefügte - Antrag der Beigeladenen zu 1. erläutert und das Ergebnis der Auskunft der KÄV Rheinland-Pfalz mitgeteilt wurde, den Anforderungen nicht genügte. Die klägerische Praxis wurde von der Beklagten nämlich überhaupt nicht und von der Beigeladenen zu 1. in ihrem Antrag als "kleines, nicht fachspezifisch nephrologisch geführtes Dialysezentrum" erwähnt. Damit wurde der wesentliche Umstand, dass die beabsichtigte Zweigpraxis in der Versorgungsregion des Klägers liegt, nicht deutlich. Insoweit ausreichende Angaben hierzu hat die Beklagte allerdings im erneuten Schreiben an die Landesverbände der KKn vom 18.5.2011 gemacht. Die KKn haben daraufhin ihr Einverständnis mit der Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung erklärt. Soweit die IKK formuliert hat, sie könne keine Aussage treffen, ist dies ebenfalls als Zustimmung zu werten. Damit wird deutlich, dass aus der Sicht der KK die Kompetenz für eine Entscheidung allein bei der KÄV gesehen wird und mit ihrer abschließenden Beurteilung Einverständnis besteht. Soweit die Beklagte bei ihrer Überprüfung wiederum zu dem Ergebnis kommt, dass eine Zweigpraxisgenehmigung zu erteilen ist, bedarf es der erneuten Herstellung des Einvernehmens daher nicht.

44

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Die Beklagte, der Kläger und die Beigeladene zu 1. tragen danach die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens je zu einem Drittel. Die Änderung aufgrund der Berufung der Beklagten betraf nicht die Verurteilung zur Neubescheidung dem Grunde nach und war daher nicht gesondert zu berücksichtigen. Mit der Revision hat die Beklagte darüber hinaus nur eine Aufhebung der Feststellung der Erledigung des Genehmigungsbescheides erreicht. Die Beigeladene zu 1. hat den gleichen Antrag gestellt wie die Beklagte und war daher mit einem ebensolchen Kostenanteil zu belasten. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. ist nicht veranlasst, weil sie im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 30. August 2016 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die zu 1. klagende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und der (ursprünglich) zu 2. klagende Arzt für Nephrologie wenden sich gegen die Verlängerung der Genehmigung einer Nebenbetriebsstätte für Dialyseleistungen zugunsten des zu 1. beigeladenen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) durch die beklagte KÄV.

2

Die Klägerin zu 1. ist eine aus drei Ärzten für Nephrologie bestehende BAG, bei der der zu 2. klagende Arzt im Anstellungsverhältnis tätig ist. Der klagenden BAG sind drei Versorgungsaufträge nach Anlage 9.1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä; bis zum 31.12.2012 BMV-Ä/Ersatzkassenvertrag-Ärzte) zur Versorgung niereninsuffizienter Patienten mit Dialyseleistungen zugeordnet. Die Beklagte hatte am 27.6.2011 der Klägerin zu 1. zugunsten des Klägers zu 2. einen vierten Versorgungsauftrag erteilt, diesen jedoch auf die Widersprüche von Konkurrenten mit Bescheid vom 30.1.2012 idF des Widerspruchsbescheides vom 16.4.2012 wieder zurückgenommen. Diese Entscheidung ist nach dem Beschluss des Senats vom 30.11.2016 (B 6 KA 35/16 B) bestandskräftig. Der Kläger zu 2. hat seine Revision nach einem Hinweis des Senats zurückgenommen; die Klägerin zu 1. wird deshalb als "Klägerin" bezeichnet.

3

Das zu 1. beigeladene MVZ ist aus einer früheren Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft - BAG) Dres. H. pp hervorgegangen, betreibt eine Praxis mit dem Schwerpunkt Nephrologie in S. und verfügt über zumindest zwei Nebenbetriebsstätten. Mit Bescheid vom 21.5.2003 war dieser früher bestehenden BAG die Genehmigung zur Durchführung von Versorgungsaufträgen ua auch für eine Nebenbetriebsstätte in 66 N. (L. straße) erteilt worden. Die Genehmigung zum Betrieb dieser Nebenbetriebsstätte war zunächst auf zehn Jahre nach Inkrafttreten der Anlage 9.1 BMV-Ä befristet und hätte zum 30.6.2012 geendet. Das zu 1. beigeladene MVZ hatte die Nebenbetriebsstätte, die von Anfang an in den Räumen eines N. Krankenhauses betrieben worden war, im Zuge der Verlegung dieses Krankenhauses von der L. straße in den K. weg in N. verlegt, wo sie sich derzeit noch befindet und auch genutzt wird. Mit Bescheid vom 12.7.2011 verlängerte die beklagte KÄV die Genehmigung zum weiteren Betrieb der Nebenbetriebsstätte im K. weg in 66 N. für weitere zehn Jahre bis zum 30.6.2022. Unter dem 9.7.2012 ordnete sie den Sofortvollzug dieses Bescheides an, der der Klägerin nicht bekanntgegeben worden ist.

4

Die Klägerin hat sich in der Folgezeit sowohl gegen den Bescheid über die Verlängerung der Nebenbetriebsstättengenehmigung bis Juni 2022 (Hauptsacheverfahren B 6 KA 30/16 R) als auch gegen die Vollziehungsanordnung gewehrt. Diese ist nach Entscheidungen des LSG, des BVerfG und zuletzt des Senats im Ergebnis in Kraft geblieben. In seinem Beschluss vom 22.12.2016 (B 6 KA 30/16 R) hat der Senat die Aufhebung der Vollziehung der Verlängerung der Genehmigung abgelehnt, weil vor rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache der Betrieb in der seit Jahren genutzten Nebenbetriebsstätte des Beigeladenen zu 1. in N. im Interesse der Kontinuität der Patientenversorgung nicht in Frage gestellt werden sollte.

5

Im Hauptsacheverfahren hat das SG der Konkurrentenklage mit Urteil vom 19.2.2014 stattgegeben. Es hat die Auffassung vertreten, der Genehmigungsbescheid der Beklagten idF des Widerspruchsbescheides vom 7.3.2013 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in eigenen Rechten. Das SG hat zunächst angenommen, dass sowohl der Statuswechsel bei der Beigeladenen zu 1. - MVZ anstelle einer BAG - wie die räumliche Verlegung der Praxis von der L. straße zum K. weg in N. nichts an dem Bestand der im Mai 2003 erteilten Genehmigung für die Nebenbetriebsstätte geändert habe. Eine bloß räumliche Verlagerung der Dialysepraxis innerhalb eines bestimmten Ortes führe nicht zum Erlöschen der Genehmigung; das habe zur Folge, dass hier nicht eine neue Genehmigung, sondern die Verlängerung einer bereits unter Geltung der alten Dialysevereinbarung erteilten Genehmigung in Rede stehe. Die Klägerin sei berechtigt, die Verlängerung der Genehmigung anzufechten, weil die dafür von der Rechtsprechung des BSG festgestellten Voraussetzungen erfüllt seien.

6

In der Sache sei die Genehmigung formell rechtswidrig, weil die Klägerin als konkurrierende Leistungserbringerin im Versorgungsbereich der Nebenbetriebsstätte an dem Verwaltungsverfahren hätte beteiligt und vor Erlass der Entscheidung nach § 24 SGB X hätte angehört werden müssen. Das sei nicht geschehen. Materiell sei der Bescheid nicht rechtmäßig, weil die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht hinreichend ausgelastet und in der Lage gewesen sei, die bisher in der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. behandelten Patienten ihrerseits mitzuversorgen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt über vier Versorgungsaufträge verfügt habe, selbst wenn der vierte Versorgungsauftrag noch nicht bestandssicher gewesen sei, sodass kein Zweifel bestehe, dass die Klägerin nicht hinreichend ausgelastet gewesen sei.

7

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1. hat das LSG das sozialgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Nach dessen Auffassung fehlt es von vornherein an einer Anfechtungsberechtigung der Klägerin. Mit der Verlängerung der Betriebsstättengenehmigung werde der Beigeladenen zu 1. keine neue Leistungserbringungsmöglichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung erschlossen, wie das in den bisher von der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG entschiedenen Fällen der Fall gewesen sei, sondern es werde lediglich eine bereits bestehende Leistungserbringungsberechtigung verlängert. Entgegen der Auffassung des BSG könne eine Verlängerung der Genehmigung für eine bereits bestehende Leistungserbringungsberechtigung keine drittschützende Wirkung haben, und Rechte von Konkurrenten deshalb von vornherein nicht betreffen. Wer schon - auch mit einer Nebenbetriebsstätte - an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehme, dränge "nicht in den Markt", sondern befinde sich bereits dort. Jedenfalls fehle die Anfechtungsberechtigung der Klägerin deshalb, weil diese nicht in der Lage gewesen sei, die bisher in der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. versorgten Patienten vollständig in ihrer Praxis zu versorgen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hätten der Klägerin drei Versorgungsaufträge zugestanden, sodass sie nicht über hinreichende Kapazitäten verfügt hätte, alle 31 in der Praxis der Beigeladenen zu 1. versorgten Patienten zu behandeln.

8

Mit der Revision rügt die Klägerin eine fehlerhafte Anwendung des Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 der Anlage 9.1 zum BMV-Ä (Dialysevereinbarung). Sie ist der Auffassung, grundsätzlich komme der Vorschrift über die Verlängerung von Nebenbetriebsstättengenehmigungen drittschützende Wirkung zu. Im Übrigen sei die Anfechtungsberechtigung eines Konkurrenten nicht davon abhängig, dass dieser sämtliche bisher in der Nebenbetriebsstätte des Konkurrenten, der eine entsprechende Genehmigung erhalten habe, behandelten Patienten versorgen könne. Für dieses zusätzliche Kriterium des LSG ergebe sich keine gesetzliche oder bundesmantelvertragliche Grundlage. Im Übrigen sei sie - die Klägerin - tatsächlich auch in der Lage gewesen, die bisher in der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. versorgten Patienten zu betreuen. Das beruhe darauf, dass ihr zum maßgeblichen Zeitpunkt - 30.6.2011 - vier Versorgungsaufträge zugestanden hätten, sodass ohne Weiteres zusätzlich 31 Patienten in ihrer Praxis dialysiert werden könnten. Schließlich habe das LSG nicht offenlassen dürfen, ob Rechtsgrundlage der Genehmigung nach Abs 1 Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä oder nach Abs 3 Anhang 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä sei. Für Genehmigungen nach Abs 1 sei der Drittschutz durch die Rechtsprechung des BSG bereits anerkannt.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 30.8.2016 aufzuheben und die Berufung der Beigeladenen zu 1. gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 19.2.2014 zurückzuweisen.

10

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Die Beklagte weist darauf hin, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, die Patienten, die bisher in der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. in N. versorgt worden seien, zu übernehmen. Die Klägerin habe zum fraglichen Zeitpunkt nur über drei statt - wie sie selbst annähme - über vier Versorgungsaufträge verfügt, weil inzwischen rechtskräftig entschieden sei, dass sie - die Beklagte - den ursprünglich für die Klägerin vorgesehenen vierten Versorgungsauftrag zu Recht und wirksam zurückgenommen habe. Im Übrigen hätte nach der Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 20/15 R vom 3.8.2016 der Klägerin schon der dritte Versorgungsauftrag nicht erteilt werden dürfen, weil ein Konkurrent in N. nicht hinreichend ausgelastet gewesen sei. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, die bedarfsplanerischen Aspekte, die in der Anlage 9.1 BMV-Ä angesprochen worden seien, seien mit höherrangigem Recht unvereinbar und entsprechend sei die gesamte Dialysevereinbarung nichtig.

12

Das zu 1. beigeladene MVZ schließt sich der Auffassung der Beklagten an. Es weist darauf hin, dass es bzw die früher bestehende BAG Dres. H. pp bereits im Rahmen einer genehmigten Zweigpraxis in N. Dialyseleistungen erbracht hätte, bevor die Praxis der Klägerin überhaupt gegründet worden sei. Es sei daher so, dass die klägerische Praxis mit ihrem Hauptstandort in einen Bereich "eingedrungen" sei, in dem die Versorgung der Versicherten durch eine Zweigpraxis ihrer Einrichtung bereits gewährleistet worden sei. Im Hinblick auf dieses zeitliche Verhältnis könne der Klägerin von vornherein kein Recht zugebilligt werden, die Verlängerung der Genehmigungen, die die Beklagte ihm unter Bestandsschutzgesichtspunkten erteilt habe, anzugreifen. Im Übrigen stehe fest, dass die Klägerin nur über drei Versorgungsaufträge verfügt habe. Zu folgen sei dem LSG dahin, dass die Genehmigung vom 21.5.2003 durch die Verlegung des Standortes der Zweigpraxis innerhalb der Stadt N. nicht nach § 39 SGB X erledigt sei. Die Beigeladene zu 1. sei lediglich mit ihrer Nebenbetriebsstätte im Gebiet der Stadt N. umgezogen; dazu habe es keine Alternative gegeben, weil die Räumlichkeiten, in der die Einrichtung zunächst betrieben worden sei, nach dem Umzug des Krankenhauses nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht Erfolg. Die Klägerin ist berechtigt, die Verlängerung der Genehmigung der Beklagten für die Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. in N. anzufechten (1.). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat indessen nicht abschließend entscheiden, ob die Entscheidung der Beklagten rechtmäßig ist (2.). Das führt zur Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

14

1. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten ist Abs 3 des Anhangs 9.1.5 der Anlage 9.1 BMV-Ä. Ungeachtet der Terminologie von "Anlage 9.1" und "Anhang 9.1.5" handelt es sich um Regelungen im Rang des BMV-Ä selbst, die auf der Grundlage der § 72 Abs 2, § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V von den Vertragspartnern auf Bundesebene vereinbart worden sind. Diese gesetzlichen Bestimmungen sind entgegen der Auffassung der Beklagten trotz ihrer Weite im Hinblick auf die Besonderheiten der Versorgung mit Dialyseleistungen und deren historischen Entwicklung eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung auch zur Regelung versorgungsplanerischer Aspekte.

15

a. § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V regelt die allgemeine Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge zur vertraglichen Regelung der vertragsärztlichen Versorgung. Nach diesen Vorschriften ist die vertragsärztliche Versorgung unter anderem durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist, wobei die KÄBV mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge in Bundesmantelverträgen zu regeln hat.

16

aa. Die gesetzlichen Ermächtigungen in § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V sind hinreichend bestimmt. Die Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG sind hier nicht anwendbar. Dessen Vorgabe, dass Ermächtigungsgrundlagen nach Inhalt, Zweck und Ausmaß bestimmt sein müssen, betrifft Rechtsverordnungen, nicht aber Normsetzungen, die in anderer Gestalt als durch Rechtsverordnungen erfolgen (vgl BVerfGE 33, 125, 157 f; 44, 322, 349; 97, 332, 343). Dementsprechend bedarf es für die im SGB V vorgesehene Normsetzung der sog gemeinsamen Selbstverwaltung keiner gemäß Art 80 Abs 1 Satz 2 GG eng umrissenen gesetzlichen Grundlage (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 22). Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auf § 72 Abs 2 iVm § 82 Abs 1 Satz 1 und § 135 Abs 2 SGB V gestützte Regelungen der Träger der gemeinsamen Selbstverwaltung zur Sicherung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung verfassungsrechtlich zulässig sind(vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 18 ff; BSGE 115, 235 = SozR 4-2500 § 135 Nr 21, RdNr 32 unter Hinweis auf BVerfGK 18, 345 sowie BVerfG SozR 4-2500 § 135 Nr 16). Insofern fehlt es den Vertragspartnern auch nicht an der erforderlichen demokratischen Legitimation (vgl BSGE 82, 41, 46 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 15 ff zum Bundesausschuss für Ärzte, heute: Gemeinsamer Bundesausschuss).

17

§ 72 Abs 2 und § 82 Abs 1 Satz 1 SGB V decken die von den Vertragspartnern in der Anlage 9.1 BMV-Ä für den Bereich der Dialyseversorgung vereinbarten Regelungen. Die Vertragspartner haben damit entsprechend dem gesetzlichen Auftrag spezielle Regelungen für eine ausreichende und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen getroffen. Diese stehen, wie in § 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä ausdrücklich aufgeführt, im Zusammenhang mit den Regelungen der Sonderbedarfsplanung gemäß der Bedarfsplanungs-Richtlinie Ärzte (BedarfsplRL) des GBA, der BlutreinigungsV, der Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA und den Regelungen der KÄBV zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte nach § 95d SGB V. Der GBA nimmt in der auf der Grundlage von § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9 SGB V erlassenen BedarfsplRL auf die BlutreinigungsV und die Anlage 9.1 BMV-Ä Bezug. Nach § 37 Abs 4 BedarfsplRL ist die Anlage 9.1 BMV-Ä bei den Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Zulassung wegen eines Bedarfs - zur Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung oder wegen des Erfordernisses eines weiteren Arztes nach der BlutreinigungsV - in der Dialyseversorgung zu berücksichtigen. Die Zulassung ist im Fall gemeinsamer Berufsausübung auf die Dauer der gemeinsamen Berufsausübung beschränkt. Die BlutreinigungsV regelt die fachlichen, organisatorischen und apparativen Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung von Dialysebehandlungen und verweist in § 2 Satz 2 für das Genehmigungsverfahren auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Auch die Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse des GBA enthält in § 2 Abs 3 einen Hinweis auf die Anlage 9.1 BMV-Ä. Aus dem Zusammenhang und der jeweiligen Bezugnahme wird deutlich, dass die bedarfsplanerischen Elemente der Anlage 9.1 BMV-Ä, die auch die Bindung des Versorgungsauftrags an die Dialysepraxis und die Einschränkungen bei der Genehmigungsfähigkeit von Zweigpraxen oder Nebenbetriebsstätten umfassen, eng mit einer der KÄV obliegenden Qualifikations- und Fachkundeprüfung verzahnt sind. So ist Ausgangspunkt für die Beurteilung eines Bedarfs der in § 5 Abs 7 Buchst c Satz 5 BlutreinigungsV unter Qualitätssicherungsaspekten festgelegte "Arzt-Patienten-Schlüssel". Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungsstruktur wird sodann anhand der für die konkrete Praxis maßgeblichen Versorgungsregion und anhand des tatsächlichen Auslastungsgrades der in der Versorgungsregion bestehenden Praxen beantwortet. Durch dieses spezielle Konstrukt für die Feststellung eines konkreten Versorgungsbedarfs für einen besonderen Leistungsbereich wird die Zuständigkeit des GBA für die generelle vertragsärztliche Bedarfsplanung nicht berührt. Die Belange der Verbände der Krankenkassen sind im Verfahren durch das Erfordernis des Einvernehmens gewahrt (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 34). Dieses in sich schlüssige Konzept beruht auf ineinandergreifenden Elementen der Qualitätssicherung, der Regulierung des Marktzugangs durch normative Planungsvorgaben an Hand eines Arzt-Patienten-Schlüssels, der Schaffung von Versorgungsregionen und der Sicherung der wirtschaftlichen Versorgung an den gewachsenen Standorten der zugelassenen oder ermächtigten Leistungserbringer auch durch Schutz vor zusätzlichen, nicht zur Bedarfsdeckung erforderlichen Leistungsanbietern.

18

Dass auch der Gesetzgeber von einer umfassenden und sachgerecht wahrgenommenen Kompetenz der Partner der Bundesmantelverträge ausgegangen ist, wird darin deutlich, dass er sich in Kenntnis der Regelungen in Anlage 9.1 BMV-Ä seit Jahrzehnten einer umfassenden gesetzlichen Regelung der Versorgung der Versicherten mit Dialyse enthalten hat. Er hat lediglich punktuelle Einzelregelungen - etwa in § 126 Abs 3 SGB V zur Vergütung nichtärztlicher Dialyseleistungen - getroffen. Auch die Existenz von ärztlich geleiteten Einrichtungen, die den Dialysemarkt stark prägen, und das spezielle Nebeneinander von ärztlichen und nichtärztlichen technischen und pflegerischen Leistungen, auf die der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 4.5.1994 (BSGE 74, 154 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 6) hingewiesen hat, haben dem Gesetzgeber keinen Anlass zu eigenständigen Regelungen gegeben. Daraus hat der Senat wegen der bestehenden Besonderheiten im Versorgungsbereich Dialyse abgeleitet, dass der auf § 31 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) iVm § 9 der Anlage 9.1 BMV-Ä beruhende Status ermächtigter Einrichtungen demjenigen zugelassener Vertragsärzte entspricht (vgl SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 24). Da der Gesetzgeber darauf verzichtet hat, detaillierte Vorgaben für die Struktur der Dialyseversorgung zu machen oder eine entsprechende Ermächtigung an den GBA vorzusehen, ist derzeit davon auszugehen, dass die Sicherstellung der Versorgung vorrangig den Vertragspartnern auf Bundesebene überantwortet ist.

19

bb. Die Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind durch wichtige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die sich aus diesem Konzept der Regelungen zur Dialyseversorgung ergebenden örtlichen Beschränkungen für die Genehmigung weiterer Versorgungsaufträge in Versorgungsregionen, in denen (noch) keine hinreichende Auslastung der bestehenden Dialysepraxen gegeben ist, dienen der Sicherung der Versorgungsqualität sowie der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung der nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Sie tragen - gerade im mit außergewöhnlich hohen Kosten verbundenen Bereich der Dialysebehandlung - zur finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung bei und dienen damit einem Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung (BVerfGE 68, 193, 218 = SozR 5495 Art 5 Nr 1 S 3; BVerfGE 70, 1, 30 = SozR 2200 § 376d Nr 1 S 11 f; BVerfGE 82, 209, 230), der sogar Eingriffe, die Beschränkungen der Berufswahl nahekommen, rechtfertigen würde (vgl BVerfGE 82, 209, 229 ff; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 4 RdNr 23-24 mwN; BSGE 82, 41, 44 ff = SozR 3-2500 § 103 Nr 2 S 13 ff). Gefördert wird, insbesondere durch den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis, zudem die gemeinschaftliche Berufsausübung, die nicht nur als organisatorische Erleichterung, sondern vor allem aus Gründen der Versorgungsqualität erwünscht ist. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der versicherten Bevölkerung mit qualitativ hochwertigen Leistungen ist dabei ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut (vgl BSGE 82, 55, 61 = SozR 3-2500 § 135 Nr 9 S 43; BSG SozR 3-2500 § 72 Nr 8 S 22). Die Normgeber haben hierbei in nicht zu beanstandender Weise die Besonderheiten im Leistungsbereich der Dialyseversorgung berücksichtigt. Diese unterscheidet sich grundlegend von anderen Leistungsbereichen wie etwa der Radiologie oder der Labormedizin, die ebenfalls von den Leistungserbringern erhebliche Investitionen verlangen. Dabei kann offenbleiben, inwiefern die für den Betrieb einer Dialysepraxis entstehenden Kosten mit anderen Fachgebieten vergleichbar sind. Gerade bei der Versorgung von Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz, die eine Dialysebehandlung in der Regel lebenslang mehrmals die Woche und über mehrere Stunden benötigen, kommt der Kontinuität und Wohnortnähe der Versorgung ein besonderer Stellenwert zu, da die Behandlung tief in die persönliche Lebensführung eingreift. Um eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung von Dialysepatienten (vgl zu den entstehenden Fahrkosten Anlage 2 der Krankentransport-Richtlinie des GBA) sicherzustellen, hat der Normgeber ein Konzept entwickelt, in dem zum einen mit der Bildung von Versorgungsregionen eine räumliche Komponente berücksichtigt wurde. Zum anderen wurde mit dem Abstellen auf einen bestimmten Auslastungsgrad der in der Versorgungsregion tätigen Praxen eine für die Leistungserbringer wirtschaftliche Praxisführung gewährleistet. Dieser Bestandsschutz der bereits tätigen Praxen dient der Verhinderung eines Wettbewerbs, der zu Unwirtschaftlichkeiten in der Versorgung insgesamt und durch Verdrängung von Leistungserbringern zu einer unerwünschten räumlichen Konzentration oder zu Versorgungslücken führen kann. Die wirtschaftliche Sicherung bestehender Praxen liegt auch im Interesse des Patientenwohls, weil hierdurch verhindert werden soll, dass die Versorgung der Patienten mit Dialyseleistungen durch die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz bestehender Praxen in Frage gestellt wird (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26). Dass gerade in kostenintensiven Leistungsbereichen die Gefahr einer Konzentration weniger Praxen an insgesamt attraktiven Standorten besteht, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung der Versorgung mit radiologischen Leistungen.

20

cc. Der Eingriff ist auch insgesamt verhältnismäßig. Die angegriffenen Regelungen der Anlage 9.1 BMV-Ä sind geeignet und erforderlich zur Erreichung des genannten Gemeinwohlbelangs. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen bezogen auf die maßgeblichen Gemeinwohlziele in einem angemessenen Verhältnis. Im Rahmen der Abwägung der Schwere des Eingriffs gegenüber den der Regelung zugrunde liegenden Gemeinwohlinteressen durfte der Normsetzer diesen Belangen den Vorrang einräumen. Wie bereits dargelegt, hätte sich ohne den Verbleib des Versorgungsauftrags in der Dialysepraxis die Zahl der Leistungserbringer in der Dialyseversorgung ohne Begrenzung erhöhen können. Das würde die Intentionen des Normgebers, zum einen mit der Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang einen Anreiz zu setzen, in der nephrologischen Versorgung niereninsuffizienter Patienten tätig zu werden, und zum anderen eine wirtschaftliche Versorgung mit Dialyseleistungen insgesamt durch eine Begrenzung der Zahl der Leistungserbringer zu bewirken, zuwiderlaufen. Die Einschränkungen der Berufsfreiheit des einzelnen Arztes stehen nicht außer Verhältnis zu den gewichtigen Gemeinwohlbelangen. Zum einen kann ein Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie bzw ein Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie (vgl Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer vom 23.10.2015 Ziffer 13.7 S 84) nephrologische Leistungen auch außerhalb der Dialyse erbracht werden. Zum anderen stehen dem aus einer Dialysepraxis ausscheidenden Arzt auch weiterhin Betätigungsmöglichkeiten in diesem Bereich offen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Dialyseleistungen in aller Regel in ärztlichen Kooperationen erbracht werden. Ein Arzt, der aus einer BAG ausscheidet, kann zwar seinen Versorgungsauftrag nicht mitnehmen, er kann aber den in einer anderen BAG, einem MVZ oder bei einer der in diesem Versorgungssegment stark vertretenen ermächtigten ärztlich geleiteten Einrichtungen (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30) frei gewordenen Versorgungsauftrag übernehmen. Gerade in einem Markt, der - zT historisch bedingt - stark von Leistungserbringern wie dem Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation mit einer Vielzahl angestellter Ärzte oder in Kooperation tätiger selbstständiger Ärzte geprägt wird, sind die beruflichen Möglichkeiten einer fachlich hoch spezialisierten Gruppe wie der Nephrologen auch ohne die Bindung des Versorgungsauftrags an eine Person vielfältig. Schließlich kann eine Einzelpraxis, die Dialysen anbietet, unter den Voraussetzungen des § 5 Abs 7 Buchst c BlutreinigungsV ohne Bedarfsprüfung um einen weiteren Arzt verstärkt werden(vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 32 f). In Fällen einer Praxisnachfolge ist die Übertragung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags in § 4 Abs 2 Anlage 9.1 BMV-Ä vorgesehen. Nur für den Fall der Gründung einer neuen Dialysepraxis besteht die Notwendigkeit, die Genehmigung der Übernahme eines Versorgungsauftrags unter den in der Anlage 9.1 BMV-Ä genannten Voraussetzungen zu beantragen. Die damit verbundene räumliche Einschränkung der Berufstätigkeit ist angesichts der überragenden Bedeutung der mit dem Regelungskonzept der Anlage 9.1 BMV-Ä verfolgten Gemeinwohlbelange hinzunehmen. Dementsprechend bestehen auch keine Bedenken gegen die Regelung von Einschränkungen der Genehmigungsfähigkeit von Nebenbetriebsstätten für die Dialyseversorgung, wie sie in der Anlage 9.1 BMV-Ä und in deren Anhang 9.1.5 normiert sind. Solche spezifischen Bedenken zur Regelung über Nebenbetriebsstätten macht die Beklagte auch nicht geltend.

21

b. Der Anwendung der privilegierenden Übergangsregelung des Abs 3 Anhang 9.1.5 auf den angefochtenen Verlängerungsbescheid steht nicht entgegen, dass die Beklagte der "Rechtsvorgängerin" des zu 1. beigeladenen MVZ, der BAG Dres. H. pp, unter dem 21.5.2003 die Genehmigung für eine Nebenbetriebsstätte in der L. straße in N. erteilt hatte, während sich deren Standort nunmehr im K. weg befindet. Weder der "Übergang" der Praxis von einer BAG in ein MVZ (aa), noch die Verlagerung des Standortes (bb) haben zur Folge, dass eine Verlängerung der 2003 erteilten Genehmigung nicht mehr möglich wäre.

22

aa. Die ursprünglich der BAG Dres. H. pp mit Hauptsitz in S. erteilte Genehmigung für eine Nebenbetriebsstätte in N. hat ihre Wirksamkeit nicht im Sinne einer Erledigung nach § 39 Abs 2 SGB X dadurch verloren, dass diese BAG nicht mehr besteht. Am Standort der von dieser BAG geführten Praxis wird nämlich mit übereinstimmendem Versorgungsauftrag (Dialyse) ein MVZ betrieben, das nach den Feststellungen des LSG aus der BAG "hervorgegangen" ist. Es bedarf an dieser Stelle keiner näheren Aufklärung, wie genau und unter Beteiligung welcher Ärzte sich dieses "Hervorgehen" vollzogen hat. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die grundlegenden Unterschiede im Teilnahmestatus des Vertragsarztes und des angestellten Arztes in einem MVZ der Annahme entgegenstehen, der eine Status setze sich gleichsam automatisch im anderen fort (Urteil vom 17.10.2012 - SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; s auch zum Ausschluss der Praxisnachfolge allein durch einen angestellten Arzt in der Zweigpraxis einer BAG Urteil vom 20.3.2013 - SozR 4-2500 § 103 Nr 12 RdNr 42). Auf der anderen Seite ist klar, dass der Gesetzgeber Vertragsärzten die Möglichkeit geben wollte, ihrer Tätigkeit auch als Vertragsärzte oder als angestellte Ärzte in einem - uU von ihnen selbst gegründeten - MVZ nachzugehen (§ 103 Abs 4a Satz 1 SGB V). Für den Versorgungsbereich Dialyse setzt ein entsprechender Statuswechsel faktisch die Übernahme der bisherigen Versorgungsaufträge voraus. Diese werden heute standortbezogen einer Praxis ungeachtet ihrer Rechtsform (Einzelpraxis, BAG, MVZ) erteilt und verbleiben dort, auch wenn ein Arzt die Kooperation verlässt (näher Senatsurteile vom 15.3.2017 - B 6 KA 18/16 R - und - B 6 KA 20/16 R -). Deshalb muss ein Versorgungsauftrag grundsätzlich auch in einer Praxis verbleiben, wenn diese ihre rechtliche Form der Kooperation ändert, auch wenn damit Statusänderungen verbunden sind und eine Anstellungsgenehmigung etwa eine Sonderbedarfszulassung (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V) nicht iS des § 96 SGG ersetzt(BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21). Selbst wenn, wozu der Senat neigt, die KÄV gehalten ist, den Versorgungsauftrag auch förmlich den geänderten Statusverhältnissen am jeweiligen Praxisstandort anzupassen, hätte das in erster Linie klarstellenden Charakter. Soweit einer Praxis neben einem oder mehreren Versorgungsaufträgen auch Zweigpraxen für Dialyseleistungen zugeordnet sind, teilen diese als Annex der Versorgungsaufträge deren Schicksal, bleiben also einer Praxis grundsätzlich nach einem Statuswechsel erhalten.

23

bb. Auch die Verlegung der Nebenbetriebsstätte innerhalb von N. hat die Genehmigung nach Abs 3 Anhang 9.1.5 aus dem Jahr 2003 nicht erledigt. Allerdings bedarf die Verlegung einer Zweigpraxis der Genehmigung der KÄV; das ergibt sich sinngemäß aus dem generellen Genehmigungserfordernis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV und speziell für Dialysen aus Abs 1 des Anhangs 9.1.5 zu Anlage 9.1 BMV-Ä. Vor Erteilung der Genehmigung sind ua standortbezogene Gesichtspunkte zu prüfen; das schließt es aus, dass eine Genehmigung ohne Einschaltung der KÄV an den neuen Standort einer Zweigpraxis "mitgenommen" wird. Hier besteht indessen die besondere Lage, dass die Beklagte das Genehmigungserfordernis verneint und die Beigeladene zu 1. für berechtigt gehalten hat, nach der Schließung der Klinik in N., in dessen Räumen die Nebenbetriebsstätte zunächst betrieben worden war, diese zusammen mit dem Klinikum zu verlegen. Diese Entscheidung steht jedenfalls im Hinblick auf die Entscheidung nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 generell der Genehmigung der Verlegung gleich. Das beruht darauf, dass die Beigeladene zu 1. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Genehmigung der Verlegung erhalten hätte, und ihr aus dem Umstand, dass die Beklagte ein förmliches Verfahren nicht für erforderlich hielt, kein Nachteil erwachsen darf.

24

Die Beklagte war mit der Verlegung einverstanden, und die Beigeladene zu 1. hatte auf die Genehmigung einen Anspruch, der sich nach den Maßstäben des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV iVm den Regelungen des § 4 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä und nicht derjenigen für eine Verlegung des Vertragsarztsitzes selbst nach § 24 Abs 7 Ärzte-ZV bestimmt. Aspekte der Bedarfsplanung spielen bei der Genehmigung von Zweigpraxen außerhalb der Dialyseversorgung keine Rolle (BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 12 RdNr 23), und auch die erstmalige übergangsrechtliche Genehmigung einer schon betriebenen Zweigpraxis nach Abs 3 Satz 1 Anhang 9.1.5 für zehn Jahre erfolgte ausdrücklich ohne Bedarfsprüfung. Deshalb hätte die Klägerin die (unterstellte) Genehmigung der Beklagten zur Verlegung der Nebenbetriebsstätte innerhalb von N. während der Zehn-Jahres-Frist auch nicht anfechten können, weil bei der Verlegung einer bedarfsunabhängig gestatteten Zweigpraxis Belange von Konkurrenten keine Rolle spielen (vgl zur fehlenden Anfechtbarkeit von Entscheidungen nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV durch Dritte BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 3 und zum Zusammenhang von neu gegründeten Nebenbetriebsstätten und planerischen Erwägungen bei Dialysestandorten BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 30). Zudem hat sich die Konkurrenzlage zwischen dem Standort der Klägerin und der hier umstrittenen Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. durch deren Verlegung nicht nennenswert geändert. Der alte Standort befand sich innerhalb desselben Postleitzahlenbezirks der Praxis der Klägerin, der neue befindet sich in einem benachbarten Bezirk innerhalb von Neunkirchen.

25

c. Die Klägerin ist berechtigt, die zugunsten der Beigeladenen zu 1. ergangene Entscheidung der Beklagten vom 12.7.2011 anzufechten. Nach Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 ist eine ursprünglich auf zehn Jahre befristete Zweigpraxisgenehmigung um weitere zehn Jahre unter zwei unterschiedlichen Voraussetzungen zu verlängern. Wenn die Zweigpraxis nicht in der Versorgungsregion einer anderen Praxis liegt, hat die KÄV die Genehmigung ohne weitere Prüfung zu verlängern. Befindet sich die Zweigpraxis jedoch - wie hier - in der Versorgungsregion einer anderen Praxis, besteht der Anspruch auf Verlängerung nur, "wenn ein Jahr vor Fristablauf festgestellt wird, dass die Zweigpraxis die wohnortnahe Versorgung … gewährleistet". Diese Vorschrift hat (auch) die Belange der Praxis aus der jeweiligen Versorgungsregion im Blick und hat insoweit auch drittschützenden Charakter. Die Betreiber dieser Praxis können deshalb berechtigt sein, eine zugunsten des Inhabers einer Hauptpraxis aus einer anderen Versorgungsregion ergangene Verlängerungsentscheidung der KÄV anzufechten.

26

aa. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 17; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 30 RdNr 17) erfolgt die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten zweistufig. Danach ist zunächst zu klären, ob der Kläger berechtigt ist, die dem Konkurrenten erteilte Begünstigung "anzufechten". Ist das zu bejahen, muss geprüft werden, ob die Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde in der Sache zutrifft. Eine Berechtigung eines Vertragsarztes, eine zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidung anzufechten (sog defensive Konkurrentenklage), besteht nur dann, wenn (1.) der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten und (2.) dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert wird und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt wird, sowie (3.) der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig ist (stRspr, vgl BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG Urteil vom 28.10.2015 - B 6 KA 43/14 R - SozR 4-5540 § 6 Nr 2). Diese Maßstäbe gelten auch für Drittanfechtungsklagen im Rahmen der Versorgung mit Dialyseleistungen (so BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 40/14 R - SozR 4-1500 § 54 Nr 39 RdNr 19; Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 20/15 R - SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 7 sowie Urteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 18/16 R, ebenfalls zu Dialyseleistungen).

27

bb. Diese Anforderungen sind hier zu Gunsten der Klägerin erfüllt. Auch wenn die Beklagte der Beigeladenen zu 1. keinen neuen Status verliehen, sondern nur (erneut) eine Genehmigung für eine Zweigpraxis erteilt hat, ist eine Anfechtungsberechtigung nicht ausgeschlossen. Der Senat hat bereits entschieden, dass sowohl die Erteilung von Dialyseversorgungsaufträgen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis (§ 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä) wie die Erteilung einer Zweigpraxisgenehmigung dort (§ 4 Abs 3 iVm Abs 1 Anhang 9.1.5) im Hinblick auf die Besonderheiten der Versorgungsplanung bei Dialyseleistungen statusähnlichen Charakter haben und dem Begünstigten nicht nur einen weiteren Leistungsbereich eröffnen (Urteil vom 11.2.2015, SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 30). Insoweit gilt etwas anderes als für die Genehmigung einer Zweigpraxis nach § 24 Abs 3 Ärzte-ZV, die unabhängig von bedarfsplanerischen Erwägungen erteilt wird (zuletzt dazu Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 37/14 R - SozR 4-5520 § 24 Nr 12 RdNr 22). Auch die Verlängerung einer bereits erteilten und genutzten Zweigpraxisgenehmigung für Dialysen hat in diesem Sinne statusähnlichen Charakter; unter diesem Aspekt gelten dieselben Grundsätze wie bei der Anfechtung von Ermächtigungsentscheidungen (§ 116 SGB V) der Zulassungsgremien. Ob die erstmalige Erteilung einer Ermächtigung oder deren weitere Verlängerung durch einen konkurrierenden Vertragsarzt angegriffen wird, ist für die Anfechtungsberechtigung selbst ohne Bedeutung.

28

cc. Die Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung sind hier erfüllt. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1. bieten identische Leistungen an und konkurrieren in N. um dieselben Patienten. Das stellen auch weder das LSG noch die Beteiligten in Frage. Umstritten ist allein, ob über die Fortführung der statusähnlichen Position der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. für weitere zehn Jahre nur unter Berücksichtigung des Leistungsangebotes der Klägerin entschieden werden darf. Das ist entgegen der Auffassung des LSG der Fall.

29

Der drittschützende Charakter des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 zu Anlage 9.1 BMV-Ä folgt aus dessen Wortlaut sowie dem systematischen Verhältnis der beiden Entscheidungsvarianten je nachdem, ob die Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen (Haupt-)Praxis liegt. Wenn die Entscheidung der KÄV über eine weitere Verlängerung der Genehmigung um zehn Jahre (auch) von diesem Umstand abhängt, müssen das Angebot und die Auslastung der in der Versorgungsregion gelegenen Hauptpraxis Bedeutung für die Prüfung der KÄV haben. Es ist nämlich fernliegend anzunehmen, die KÄV müsse bei Zweigpraxen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis nur prüfen, ob dort überhaupt eine wohnortnahe Versorgung stattfindet. Wenn ein ursprünglich genehmigter Standort einer Nebenbetriebsstätte für Dialysen überhaupt nicht mehr genutzt wird, fehlt mutmaßlich das rechtliche Interesse, von der KÄV eine Verlängerung der Genehmigung zu erhalten.

30

Schließlich stellt Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 darauf ab, ob "die Zweigpraxis … die wohnortnahe Versorgung gewährleistet". Die Bezugnahme auf die "Gewährleistung" hat nicht nur empirisch-tatsächlichen, sondern auch normativ-wertenden Charakter und enthält einen Bezug zur Sicherstellung der Versorgung. Dass lässt beispielhaft § 6 Abs 3 Anlage 9.1 BMV-Ä erkennen. Danach ist ein Versorgungsauftrag in der Versorgungsregion einer anderen Praxis zu genehmigen, wenn "Gründe der Sicherstellung" das "erfordern". Das ist der Fall, wenn "die wohnortnahe Versorgung … gewährleistet werden muss". Zwar enthält § 6 Abs 3 mit der Wendung "gewährleistet werden muss" einen von Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 geringfügig abweichenden Wortlaut ("gewährleistet"), doch rechtfertigt das nicht die generelle Verneinung des drittschützenden Charakters der Vorschrift des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5. Ähnlich wie die Beurteilung eines Sicherstellungsbedarfs für zusätzliche Zweigpraxen nach § 4 Abs 3 Anlage 9.1 iVm Abs 1 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5, die sich in der Versorgungsregion einer anderen Dialysepraxis befinden (dazu BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 39), erfordert auch die Beurteilung der "Gewährleistung" einer wohnortnahen Versorgung nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 eine Beurteilung der Versorgungssituation in der betroffenen Region. Allerdings sind die Anforderungen an die Feststellung der "Gewährleistung" niedriger als an die Bejahung der "Notwendigkeit" einer Zweigpraxis für Dialyse nach der Rechtsprechung des Senats. Ein reales Versorgungsdefizit, wie es Voraussetzung für die erstmalige Genehmigung einer Zweigpraxis ist, muss bei der auf übergangsrechtlichen Erwägungen beruhenden Verlängerung einer schon erteilten Genehmigung nicht festgestellt werden. Anderenfalls hätte es der Sonderregelung in Abs 3 Satz 3 für Zweigpraxen, deren Bedarf nie geprüft worden war, nicht bedurft. Die Beurteilung der "Gewährleistung" der wohnortnahen Versorgung ermöglicht der KÄV vielmehr eine umfassende Berücksichtigung aller relevanten Umstände, also etwa der Situation der (Haupt-)Praxen in der jeweiligen Versorgungsregion und deren Auslastung, den Patientenzahlen in der betroffenen Zweigstelle, der Erreichbarkeit der einzelnen Standorte und auch der Verkehrsverhältnisse. Die Entscheidung der KÄV nach Abs 3 Anhang 9.1.5 Satz 3 ist - anders als diejenige nach Abs 1 Buchst b Satz 2 - nicht in dem Sinne vorgeprägt, dass eine Genehmigung nicht in Betracht kommt, wenn die Umstände eine eindeutige Bejahung eines Versorgungsdefizites nicht zulassen. Die KÄV kann in die maßgebliche Abwägung, für die ihr ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zusteht (vgl BSG, aaO, RdNr 40), auch zukunftsbezogene Überlegungen einbeziehen, also etwa die kontinuierliche wirtschaftliche Auslastung der Standorte, die ab dem endgültigen Ende einer umstrittenen Zweigpraxis, die offensichtlich unter Sicherstellungsaspekten nicht benötigt wird, für die Versorgung zur Verfügung stehen müssen. Ebenso ist eine Abwägung zwischen den Interessen der Hauptpraxen in der jeweiligen Versorgungsregion an einer stabilen wirtschaftlichen Auslastung und den Interessen der Versicherten an Versorgungsangeboten möglichst nahe an ihrem Wohnumfeld geboten. Da im Rahmen dieser Abwägung auch die Belange der Praxen in der Region, für deren Versorgung sie nach § 6 Abs 1 Satz 1 Anlage 9.1 vorrangig verantwortlich und zuständig sind, einbezogen werden müssen, entfaltet die Regelung in Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 insoweit auch drittschützende Wirkung.

31

dd. Soweit eine davon abweichende Auffassung auch mit dem Hinweis begründet wird, durch den Verlängerungsanspruch hätten die Partner des BMV-Ä "gewachsenen Patientenbindungen" Rechnung tragen wollen, kann dem nur eingeschränkt gefolgt werden. Die Regelung in Abs 3 Satz 3 des Anhangs 9.1.5 ist zum 1.7.2009 eingefügt worden, um bei "im Rahmen der schon bestehenden Übergangsregelung erteilten Genehmigungen einer Zweigpraxis … eine weitere Verlängerungsmöglichkeit zu schaffen" (DÄ 2009, A-1476). Damit ist gerade keine voraussetzungslose Verlängerung um weitere zehn Jahre geschaffen, sondern bestimmt worden, dass eine weitere Genehmigung in Betracht kommt, auch wenn ggf die Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt sind, unter denen nach Abs 1 schon seit dem Inkrafttreten des Anhangs 9.1.5 im Mai 2003 Zweigpraxen für Dialyse unter Sicherstellungsaspekten erstmalig genehmigt werden können. Die Ergänzung des Abs 3 um Satz 3 zielt deshalb auf einen schonenden Ausgleich der Belange des Betreibers einer Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis mit den Interessen des Betreibers dieser Praxis an einer wirtschaftlich tragfähigen Auslastung und ggf auch an einer Ausweitung seines Angebotes in dieser Region. Dazu passt es systematisch, dass auch die zweite Verlängerung befristet ist, also nicht auf die dauerhafte Implementation eines standortbezogenen Angebotes zielt. Insoweit haben die Partner des BMV-Ä ein sinnvolles und in sich stimmiges Konzept verfolgt: Nach Ablauf von zehn Jahren ist die Versorgungslage bei Zweigpraxen in der Versorgungsregion einer anderen Praxis zumindest umfassend zu prüfen, und nach weiteren zehn Jahren endet endgültig jede übergangsrechtliche Privilegierung von noch unter der alten Rechtslage (bis 30.6.2002) errichteten Nebenbetriebsstätten. Eine Garantie, einen unter Versorgungsaspekten überflüssigen Standort mit einer Zweigpraxis für Dialysen außerhalb der Versorgungsregion der eigenen Hauptpraxis zeitlich unbeschränkt fortführen zu können, haben die Vertragspartner zu keinem Zeitpunkt gegeben.

32

ee. Eine unzumutbare Belastung auch der Beigeladenen zu 1. ist mit der Prüfung von standortbezogenen Versorgungsaspekten nicht verbunden. Das MVZ mit Hauptsitz in S. hatte hinreichend Zeit, sich nach der ersten bedarfsunabhängigen Verlängerung bis 2012 darauf einzustellen, dass jedenfalls im Hinblick auf die ihm bekannten konkurrierenden Angebote in der Versorgungsregion, zu der N. gehört, auf die Behandlungsplätze in ihrer Zweigpraxis ggf verzichtet werden muss. Wer auf der Grundlage einer nach unterschiedlichen Rechtsnormen ausgerichteten Befristung ein Versorgungsangebot macht bzw aufrechterhält, muss immer damit rechnen, dass dieses nach Ablauf der Frist nicht mehr mit Aussicht auf damit verbundene Gewinnerzielung fortgeführt werden kann. Auch insoweit gilt für 2012 nichts anderes als später für 2022 gelten würde.

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2. Der Senat vermag auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen, ob der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.7.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7.3.2013 rechtmäßig ist. Die Gestaltung des Verwaltungsverfahrens der Beklagten führt hier nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide (a). Der Senat kann aber nicht beurteilen, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt hinreichend ausgelastet war (b).

34

a. Die Beklagte hat die Klägerin vor Erlass des Bescheides zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. am 12.7.2011 nicht auf der Grundlage des § 12 Abs 2 SGB X zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen und auch nicht nach § 24 Abs 1 SGB X angehört. Das begründet jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Verfahrensfehler, der zur Aufhebung des Bescheides führen würde.

35

§ 24 Abs 1 SGB X gebietet die Anhörung eines "Beteiligten", in dessen Rechte der zu erlassende Bescheid eingreift. Der Beteiligtenbegriff im Sinne dieser Vorschrift ist technisch zu verstehen; § 24 Abs 1 verweist auf die Beteiligtenstellung iS des § 12 Abs 1 und 2 SGB X(Siefert in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 24 RdNr 11). Da die Klägerin weder nach § 12 Abs 1 SGB X kraft Gesetzes am Verfahren zur Verlängerung der Genehmigung der Zweigpraxis der Beigeladenen zu 1. beteiligt war noch von der Beklagten nach Abs 2 zum Verfahren hinzugezogen worden war, könnte sich ein Verfahrensfehler allenfalls daraus ergeben, dass die Klägerin förmlich hätte beteiligt werden müssen. Das war jedoch nicht der Fall.

36

aa. Wer an einem Verfahren nicht beteiligt ist, aber meint, wegen rechtlicher Betroffenheit hinzugezogen werden zu müssen, muss einen Antrag auf Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 SGB X stellen; auch im Hinblick auf die notwendige Formalisierung der Beteiligtenstellung muss diese gegenüber der Behörde durchgesetzt werden, um nach Hinzuziehung (auch) Anhörungs- und Äußerungsrechte zu erhalten (vgl Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Dezember 2016, § 24 RdNr 20). Hier wäre von vornherein keine Hinzuziehung der Klägerin auf der Grundlage des § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X in Betracht gekommen; deshalb war die Beklagte nicht nach dem 2. Halbsatz dieser Vorschrift verpflichtet, die Klägerin zu benachrichtigen, um ihr die Antragstellung auf Beteiligung zu ermöglichen. § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X normiert eine solche Pflicht nur, wenn ein Verwaltungsakt "rechtsgestaltende Wirkung" für einen Dritten hat. Rechtsgestaltende Wirkung zu Lasten der Klägerin iS des § 12 Abs 2 Satz 2 SGB X hat die Entscheidung über die Verlängerung der Genehmigung der Nebenbetriebsstätte des Beigeladenen zu 1. jedoch nicht. Die Weiterführung der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. begründet oder verändert nicht unmittelbar Rechte der Klägerin (vgl Roller in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 12 RdNr 11). Deren wirtschaftliche Interessen, die im Hinblick auf ihre Stellung als Leistungsanbieter in der Region N. nach dem System der Anlage 9.1 BMV-Ä auch rechtlich geschützt sind, wurden durch die Perpetuierung des Leistungsangebotes der Beigeladenen zu 1. tangiert. Das Recht der Teilnahme der Klägerin an der Dialyseversorgung auf der Grundlage der ihr zugeordneten Versorgungsaufträge wird aber durch die zugunsten der Beigeladenen zu 1. ergangene Entscheidung der Beklagten nicht beschränkt. Insoweit liegen die Dinge anders, wenn zwei Praxen bei steigender Patientenzahl um einen zusätzlichen Versorgungsauftrag konkurrieren oder wenn ein Verlängerungsantrag nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 zu Anlage 9.1 BMV-Ä mit einem Antrag einer Hauptpraxis aus der Versorgungsregion auf Genehmigung einer (eigenen) Zweigpraxis am Ort der schon bestehenden Nebenbetriebsstätte konkurriert (vgl dazu Senatsurteil vom 15.3.2017 - B 6 KA 22/16 R).

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bb. Eine Pflicht der Beklagten, die Klägerin im Hinblick auf deren "rechtliche Interessen" auch ohne Antrag von Amts wegen zu beteiligen (§ 12 Abs 2 Satz 1 SGB X), hat nicht bestanden. Die Ausübung des Ermessens nach dieser Vorschrift ist an der Rechtsauffassung der Behörde auszurichten; sie kann über die Hinzuziehung nur solcher Personen entscheiden, von denen sie annimmt oder den Umständen nach annehmen muss, dass die Voraussetzungen einer Beteiligung erfüllt sein können, deren rechtliche Interessen also berührt sind. Die Ausrichtung der Verfahrensgestaltung vorrangig auf die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Behörde gilt etwa auch für den Umfang der Anhörung. Die "entscheidungserheblichen Tatsachen" im Sinne des § 24 Abs 1 SGB X sind solche, die die Behörde dafür hält(vgl Siefert, aaO, RdNr 13 mwN). Dass das Gericht diese Auffassung evtl für falsch hält, begründet keinen Verfahrensfehler. Dieser Maßstab gilt auch für die Heilung von Anhörungsmängeln im Widerspruchs- oder Klageverfahren. Solange die Behörde zu den Umständen anhört, die sie für maßgeblich hält, kann die Heilungswirkung auch eintreten, wenn diese Auffassung materiell-rechtlich unzutreffend ist (vgl Steinwedel in Kasseler Komm, § 41 SGB X, Stand 1.12.2016, RdNr 16). Dementsprechend besteht für eine Ermessensbetätigung nach § 12 Abs 2 Satz 1 SGB X kein Anlass, wenn die Behörde eine rechtliche Betroffenheit eines Dritten aus Rechtsgründen verneint. Auch § 35 Abs 2 Nr 1 SGB X kann nicht anders angewandt werden. Hat die Behörde antragsgemäß entschieden und auf eine Begründung verzichtet, weil sie davon ausgeht, der Verwaltungsakt greife nicht "in Rechte eines anderen" ein, kann diese Beurteilung aus der Sicht des Gerichts in der Sache falsch sein, führt aber nicht gleichsam rückwirkend zu einem Verfahrensfehler.

38

Die Beklagte hat hier - bestätigt zuletzt durch das LSG - eine rechtliche Betroffenheit der Klägerin verneint und hatte deshalb keinen Anlass, die Klägerin förmlich an dem Verfahren zu beteiligen. Nichts anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang aus dem Urteil des Senats vom 17.10.2012 (SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 28). In diesem auch die Dialyseversorgung betreffenden Urteil hat der Senat auf eine Verpflichtung der KÄV hingewiesen, vor der Erteilung von Versorgungsaufträgen solche Ärzte und Praxen zu informieren und zu beteiligen, "zu deren Gunsten Drittschutz besteht". Damit wird ersichtlich auf die Situation abgehoben, dass die KÄV eine Entscheidung auf der Grundlage einer Norm trifft, deren drittschützender Charakter geklärt ist, und ihr der Kreis der davon erfassten Ärzte im Kern bekannt ist. Eine solche Lage bestand hier nicht; der drittschützende Charakter des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 ist zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über den Antrag der Beigeladenen zu 1. von keinem LSG angenommen und erst durch das Urteil des Senats vom heutigen Tag (15.3.2017) geklärt worden.

39

b. Die angefochtenen Bescheide werden aber, wie das SG im Ergebnis richtig entschieden hat, den materiellen Anforderungen des Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 nicht gerecht. Anzuknüpfen ist insoweit zunächst an die Regelungen über die erstmalige Genehmigung einer Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis nach § 4 Abs 3, § 6 Abs 3 Anlage 9.1 sowie Abs 1 Satz 2 Buchst b Satz 2 Anhang 9.1.5. Dazu hat der Senat in seinem Urteil vom 11.2.2015 (SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5) ausgeführt, dass zunächst eine Prüfung der Auslastung der klagenden Praxis erforderlich ist. Die Vereinbarung der Partner auf Bundesebene verfolgt das Ziel, die Versorgung mit Dialyseleistungen über wirtschaftlich tragfähige Praxen zu erreichen. Dabei kommt dem Merkmal einer "hinreichenden Auslastung" zentrale Bedeutung zu. Mittelbar spielt insoweit jedenfalls bei defensiven Konkurrentenklagen gegen projektierte oder schon bestehende Zweigpraxen der Aspekt eine Rolle, ob die klagende Praxis die vom konkurrierenden Anbieter potenziell oder tatsächlich in der Zweigpraxis versorgten Patienten betreuen kann. Das richtet sich auch danach, ob - wie im Rahmen des Abs 3 Satz 3 aaO - feststeht, wieviele Patienten zu übernehmen wären, insbesondere wenn es außer dem Angebot der Klägerin und dem der schon bestehenden Zweigstelle des Konkurrenten keine weitere zumutbaren und erreichbaren Standorte gibt. Daraus kann jedoch entgegen der Auffassung des LSG nicht abgeleitet werden, dass die Verlängerung einer Genehmigung nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 auch bei fehlender Auslastung der klagenden Praxis immer hinzunehmen ist, wenn nicht gesichert ist, dass die klagende Praxis alle Patienten der Nebenbetriebsstätte nahtlos weiter versorgen könnte. Das wird der komplexen Abwägungsentscheidung, die die KÄV bei der Entscheidung über die Verlängerung der Genehmigung zu prüfen hat, nicht gerecht.

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aa. Die Prüfung der Auslastung stellt nach dem Senatsurteil vom 3.8.2016 (B 6 KA 20/15 R - SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 7) keine Momentaufnahme bezogen auf den Entscheidungstag dar, sondern erfordert eine Bewertung, ob eine hinreichende Auslastung auch prognostisch - in der Zukunft - zu erwarten ist (RdNr 21 ff). Die Prüfung der Auslastung setzt systematisch bei einer vorgegebenen Arzt-Patienten-Relation an; insoweit nimmt § 6 Abs 1 Satz 2 Anlage 9.1 BMV-Ä auf die Vorgaben der in der Qualitätssicherungsvereinbarung angegebenen Arzt-Patienten-Relation Bezug und definiert eine "hinreichende" Auslastung dahin, dass zumindest 90 % dieser Patientenzahl - je nach Zahl der Versorgungsaufträge - erreicht wird.

41

Zutreffend ist das LSG insoweit davon ausgegangen, dass für die Auslastungsprüfung bei der Klägerin auf drei und nicht auf vier Versorgungsaufträge abzustellen ist. Den mit Bescheid vom 27.6.2011 von der Beklagten erteilten höheren Versorgungsauftrag hat diese auf den Widerspruch von zwei mit der Klägerin konkurrierenden Praxen am 30.1.2012 wieder aufgehoben, ohne dass die Klägerin von diesem zusätzlichen Auftrag schon Gebrauch machen konnte. Diese Aufhebung ist nach dem Beschluss des Senats vom 30.11.2016 (B 6 KA 35/16 B) bestandskräftig. Maßgeblich ist insoweit, dass es für die Auslastung vorrangig auf die rechtmäßigen tatsächlichen Verhältnisse ankommt. Das bedeutet, dass Versorgungsaufträge, die vollziehbar sind und tatsächlich genutzt werden, bei der Bedarfsdeckung auch dann nicht generell außer Betracht bleiben dürfen, wenn sie wegen der Anfechtung durch einen Konkurrenten nicht bestandssicher sind (Beschluss vom 30.11.2016 - B 6 KA 35/16 B - RdNr 13). Versorgungsaufträge, die aber wegen des Widerspruchs von Konkurrenten, fehlender Vollziehungsanordnung oder umgehender Rücknahme durch die KÄV nicht genutzt worden sind und von vornherein für eine "kontinuierliche" Versorgung ausscheiden, müssen entsprechend bei der Auslastungsprüfung unberücksichtigt bleiben.

42

Ob die Klägerin anhand der im Senatsurteil vom 3.8.2016 entwickelten Maßstäbe unter Berücksichtigung von drei Versorgungsaufträgen hinreichend ausgelastet ist, kann auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht verlässlich beurteilt werden. Die Beteiligten machen unterschiedliche Angaben zu den Fallzahlen der Klägerin, und es wird nicht hinreichend deutlich, ob jeweils der gebotene Abzug von 6 % der Patientenzahlen für Heimdialysepatienten vorgenommen worden ist. Dazu wird das LSG genaue Feststellungen zu treffen haben. Feststellungen des LSG aus dem auch die Klägerin betreffenden Verfahren B 6 KA 20/16 R, über das der Senat heute (15.3.2017) entschieden hat, können vom Revisionsgericht nicht zu Lasten der Beigeladenen zu 1. verwertet werden.

43

Weiterhin wird, wenn sich eine nicht hinreichende Auslastung der Klägerin ergeben sollte, zu klären sein, ob die bisher in der Nebenbetriebsstätte der Beigeladenen zu 1. - nach deren Angaben 31 - versorgten Patienten nach Auslaufen des Betriebs dort nahtlos zumutbar weiter versorgt werden können. Dabei ist das gesamte Versorgungsangebot und nicht nur die Praxis der Klägerin in die Prüfung einzubeziehen. Der Prüfungsansatz stimmt insoweit nicht mit demjenigen überein, der für die erstmalige Genehmigung einer Dialysezweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis maßgeblich ist (dazu BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 40). Im Rahmen von Verlängerungsentscheidungen nach Abs 3 Satz 3 Anhang 9.1.5 steht, anders als bei Entscheidungen nach Abs 1, nämlich fest, wie viele Patienten in der streitbefangenen Zweigpraxis behandelt werden. Wenn für einen relevanten Anteil der bisher dort versorgten Patienten keine zumutbaren Alternativen bestehen, weil die Klägerin wegen (hypothetisch) nur ganz knapp unterschrittenen Auslastungsgrenzen sie nicht übernehmen kann und andere wohnortnahe Angebote nicht existieren, kann sich die hier angefochtene Verlängerung der Genehmigung auch dann als rechtmäßig erweisen, wenn die Klägerin rechnerisch (knapp) nicht ausgelastet sein sollte.

44

bb. Der Senat übersieht nicht, dass in dem nach der Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren neben Tatsachenfeststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) auch Aspekte von Bedeutung sein können, hinsichtlich derer der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zukommt. Der Senat sieht jedoch die vom LSG ohne Rücksicht auf einen Beurteilungsspielraum zu klärende Frage der Auslastung der Klägerin als vorsorglich an, weil es bei Bestätigung einer hinreichenden Auslastung der Klägerin keinen Anlass für weitere Überprüfungen gibt. Sollte sich eine fehlende Auslastung erweisen, könnte die Beklagte zur Vermeidung einer Verzögerung des Verfahrens über die Verlängerung der Genehmigung neu entscheiden; der Bescheid könnte dann ggf nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens werden.

45

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Juli 2014 geändert. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2012 geändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Erteilung einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse erneut zu bescheiden hat. Die Aufhebung erfolgt mit der Maßgabe, dass ihre Wirkungen mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30. Juni 2016 eintreten. Im Übrigen werden die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. zurückgewiesen.

Die Beklagte, der Beigeladene zu 1. und die Klägerin tragen jeweils ein Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 2. bis 7. sind für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse.

2

Klägerin ist eine aus ursprünglich drei Fachärzten für Innere Medizin mit der Schwerpunktbezeichnung Nephrologie bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG). Sie betreibt ein Dialysezentrum in P. mit der Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten.

3

Der Beigeladene zu 1. war zunächst eines der fachärztlichen Mitglieder der BAG. Mit Schreiben vom 30.12.2009 beantragte er zeitgleich beim Zulassungsausschuss und bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) die Verlegung seines Vertragsarztsitzes innerhalb von P. unter Mitnahme seines anteiligen Auftrags zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten. Die Beklagte stellte daraufhin das erforderliche Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen her, erteilte dem Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1.4.2010 für seine neugegründete Einzelpraxis in P. eine zusätzliche Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten (im Folgenden: Dialysegenehmigung) und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus, der Beigeladene zu 1. habe bisher 37 der knapp über 100 Dialysepatienten der Klägerin betreut. Dadurch sei ein besonderes Vertrauensverhältnis entstanden, sodass für eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung dieser Patienten aus Sicherstellungsgründen eine zusätzliche Facharztpraxis in P. erforderlich sei. Widerspruch und Klage der Klägerin wurden mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese bezogen auf die erteilte Dialysegenehmigung nicht anfechtungsberechtigt sei. Auch der Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs blieb ohne Erfolg (Beschluss des SG vom 14.5.2010 - S 65 KA 232/10 ER -, Beschluss des LSG vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER).

4

Das LSG hat das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin sei gegenüber der angefochtenen Dialysegenehmigung (dritt-)anfechtungsberechtigt. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1. würden in einem eng umgrenzten Fachgebiet (hier: der kontinuierlichen Betreuung von Dialysepatienten) im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen. Das Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses liege unter diesen Umständen auf der Hand. Die (Dritt-)Anfechtungsberechtigung der Klägerin scheitere auch nicht daran, dass die angefochtene Dialysegenehmigung keinen eigenen vertragsarztrechtlichen Status vermittle. Das BSG habe bereits entschieden, dass die nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) durchzuführende besondere Bedarfsprüfung (im Hinblick auf die Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur) auch dem Schutz der bereits in dem betroffenen Versorgungsbereich tätigen Leistungserbringer diene und daher Drittschutz für diejenigen vermittele, die bei der Ermittlung des Bedarfs zu berücksichtigen seien. Eine damit vergleichbare Konstellation sei bei der hier maßgeblichen Erteilung einer Dialysegenehmigung nach den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gegeben. Maßgeblich für die Erteilung einer solchen Genehmigung sei, dass unter Berücksichtigung der vor Ort erforderlichen Dialyseformen und -verfahren keine ausreichende wohnortnahe Versorgung der Versicherten bestehe. Dies erfordere regelmäßig die Feststellung eines Versorgungsdefizits durch eine Bedarfsermittlung im zu versorgenden Bereich. Insoweit diene die Regelung ebenfalls dem (Dritt-)Schutz der bereits tätigen Leistungserbringer. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin ihre Anfechtungsberechtigung auch nicht verwirkt.

5

Die angefochtene Entscheidung der Beklagten, dem Beigeladenen zu 1. eine zusätzliche Dialysegenehmigung zu erteilen, sei rechtswidrig. Die dafür in den §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä normierten Voraussetzungen lägen nicht vor. Nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä setze die Erteilung einer Dialysegenehmigung grundsätzlich ua voraus, dass eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die angestrebte Dialysepraxis gewährleistet sei. Hiervon könne ausnahmsweise abgesehen werden, "wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Dies sei der Fall, "wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss" (§ 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä). Erkennbarer Sinn und Zweck dieser Ausnahmeregelung sei es, aus Sicherstellungsgründen einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit in der Dialysebehandlung entgegenwirken zu können, das auch nicht unter Berücksichtigung der Versorgungsstrukturen in benachbarten Planungsbereichen (vgl § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä) abgedeckt werden könne. Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe die Beklagte nicht in sachgerechter Weise ausgefüllt. Bei einer aus Sicherstellungsgründen zu erteilenden Dialysegenehmigung dürfe nicht auf das Vertrauensverhältnis zwischen Dialysearzt und Patient abgestellt werden. Auch die von der Beklagten im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung, nach der die Erteilung einer zusätzlichen Dialysegenehmigung aus Präventionsgründen erforderlich gewesen sei, weil die fachärztlichen Mitglieder der Klägerin (wegen übermäßigen Alkoholkonsums, einer Privatinsolvenz, teilweise gestörter Arzt-Patienten-Beziehungen) eine wohnortnahe Dialyseversorgung nicht mehr zuverlässig hätten sicherstellen können, greife nicht durch, weil die KÄVen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt seien, präventiv - also "auf Vorrat" - zusätzliche Dialysegenehmigungen losgelöst von konkreten Bedarfsermittlungen zu erteilen. Der aus § 136 Abs 2 SGB V resultierenden Verpflichtung der KÄVen zur Durchführung regelmäßiger Qualitätskontrollen in der vertragsärztlichen Versorgung sei die Beklagte vorliegend nicht nachgekommen, obwohl ihr aufgrund der Ermittlungen des Niedersächsischen Zweckverbands zur Approbationserteilung (NiZzA) sowie aufgrund zahlreicher Patientenbeschwerden Hinweise dafür vorgelegen hätten, dass fachärztliche Mitglieder der Klägerin bereits 2009 in stark alkoholisiertem Zustand Dialysebehandlungen durchgeführt haben sollen. Diesen Hinweisen hätte die Beklagte nachgehen und - soweit sie sich als zutreffend herausgestellt hätten - unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Auswahlermessens unverzüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung - ggf durch einen Widerruf der Dialysegenehmigung - ergreifen müssen. Die Erteilung einer zusätzlichen (präventiven) Dialysegenehmigung für nur 30 Patienten könne auch nicht als ein geeignetes Mittel angesehen werden, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung bei der Versorgung niereninsuffizienter Patienten in P. entgegenzuwirken.

6

Dagegen wenden sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. mit der Revision. Die Beklagte macht zur Begründung geltend, das Urteil des LSG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Aufgrund eines Verwaltungsversehens sei dem LSG der Bescheid vom 14.6.2011, mit dem die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Behandlung von 30 Dialysepatienten auf 100 Dialysepatienten erhöht worden sei, nicht mitgeteilt worden. Der Umstand, dass dieser Bescheid dem Urteil des LSG nicht zugrunde gelegen habe, habe sich auf das Urteil ausgewirkt. Aufgrund der unzutreffenden Annahme, dass dem Beigeladenen zu 1. eine Genehmigung für die Betreuung von lediglich 30 Dialysepatienten erteilt worden sei, sei das LSG davon ausgegangen, dass die Genehmigung zur kontinuierlichen Betreuung von bis zu 30 Dialysepatienten kein geeignetes Mittel sein könne, um der von der Beklagten angenommenen Gefährdung der Versorgung niereninsuffizienter Patienten entgegenzuwirken. Das LSG habe ferner seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 103 SGG verletzt, indem es davon abgesehen habe, die vom Beigeladenen zu 1. beigebrachten Stellungnahmen der Patienten zu würdigen, die angebotenen Zeugen zu hören sowie die Akten des NiZzA beizuziehen. Anhand der Akte des NiZzA hätte das LSG erkennen können, dass eine kontinuierliche wohnortnahe Versorgung durch die Klägerin nicht gewährleistet sei.

7

Ferner rügt die Beklagte, das LSG sei zu Unrecht vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1. ausgegangen. Ein Konkurrenzverhältnis liege nicht vor, wenn eine der beiden Praxen das Vertrauen ihrer Patienten verspielt habe. Die bei der Klägerin tätigen Ärzte seien durch negative Pressemeldungen, erhebliche hygienische und qualitative Mängel, unangemessenes Verhalten gegenüber Patienten sowie dem Verdacht auf Alkoholabusus und ein Insolvenzverfahren aufgefallen. Patienten würden weite Wege zur Dialyse in B. und S. auf sich nehmen, um nicht bei der Klägerin behandelt zu werden. Die Klägerin habe selbst eine "Patientenflucht" herbeigeführt.

8

Den ihr zukommenden Beurteilungsspielraum habe sie in nicht zu beanstandender Weise wahrgenommen. Entgegen der Auffassung des LSG könnten die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs im Rahmen der Sonderbedarfszulassung nicht auf die hier maßgebende Frage übertragen werden, ob Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Im vorliegenden Zusammenhang sei der Beurteilungsspielraum weiter als bei der Frage, ob ein lokaler Sonderbedarf bestehe. Sie habe berücksichtigen dürfen, dass aufgrund mehrerer Vorfälle ernsthaft zu befürchten sei, dass allein die Existenz der Klägerin keine Gewähr für eine wohnortnahe Versorgung biete. Da Dialysepraxen gewöhnlich vollständig ausgelastet seien, könne das unvermittelte Schließen einer Dialysepraxis zu einem Versorgungsnotstand mit Gefährdung für Leib und Leben der Patienten führen. Daher müsse bei der Versorgung mit Dialyseleistungen die Möglichkeit bestehen, präventive Maßnahmen zu treffen, sofern die Schließung einer Praxis nach den Umständen hinreichend wahrscheinlich sei. Ohne die Erteilung der Genehmigung an den Beigeladenen zu 1. würden außerdem höhere Fahrtkosten entstehen, die die Krankenkassen zu tragen hätten, wenn die Weigerung der Patienten, sich durch die Klägerin behandeln zu lassen, begründet sei. Selbst wenn die Maßstäbe zur Ermittlung eines lokalen Sonderbedarfs auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen würden, würde daraus nichts anderes folgen. Da sich ein ganzer Patientenstamm begründet weigere, die Dialysebehandlung bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen, sei eine wohnortnahe Versorgung nicht gewährleistet.

9

Der Beigeladene zu 1. macht ebenfalls geltend, dass das Urteil des LSG fehlerhaft sei, weil der Bescheid vom 14.6.2011, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden sei, unberücksichtigt geblieben sei. Ebenso wie die Beklagte vertritt er ferner die Auffassung, dass sich die Bedarfsprüfung im Bereich der Dialyseversorgung grundlegend von der Bedarfsprüfung unterscheide, die bei der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Sonderbedarfszulassung vorzunehmen sei. Für den speziellen Bereich der Dialyseversorgung würden besondere Vorgaben gelten. § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä stelle einen Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen dar. In Verkennung der geltenden Maßstäbe habe das LSG die tatsächlichen Versorgungsgegebenheiten als unmaßgeblich angesehen und seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung verletzt.

10

Die Beklagte und der Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23.7.2014 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Hannover vom 7.3.2012 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

12

Das LSG habe die materiell-rechtlichen Anforderungen an die Erteilung der Dialysegenehmigung nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zutreffend erfasst und ebenso zutreffend dargelegt, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Ebenso wie bei der Sonderbedarfszulassung könne weder ein kurzfristig bestehender Bedarf noch ein möglicherweise in der Zukunft eintretender Bedarf die Erteilung einer Dialysegenehmigung begründen, weil anderenfalls eine dauerhafte Überversorgung eintreten könnte. Bei § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä handele es sich um eine Ausnahmevorschrift, nach der eine Genehmigung nur bei einem qualitativ-lokalen Versorgungsdefizit erteilt werden dürfe. Wann ein qualitativ-lokales Versorgungsdefizit bestehe, werde abschließend durch § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä vorgegeben. Dies sei der Fall, wenn einzelne Dialyseformen und -verfahren nicht wohnortnah gewährleistet werden können. Was unter Dialyseformen und -verfahren zu verstehen sei, werde in § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä definiert. Der Wortlaut der Regelung sei klar und lasse keine Auslegung im Sinne des Beigeladenen zu 1. zu. Überdies sei die Norm als Ausnahmevorschrift grundsätzlich eng auszulegen. Der Normgeber der Anl 9.1 BMV-Ä habe sich für den Fall des Ausscheidens eines Arztes bewusst gegen die Mitnahme eines Teils der Dialysegenehmigung entschieden. Das Ausscheiden eines Praxispartners erlaube nicht die Erteilung einer weiteren Dialysegenehmigung. Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Beigeladenen zu 1. zu einzelnen Patienten sei kein Dialyseverfahren und keine Dialyseform iS des § 3 Abs 1 Satz 3 dritter Spiegelstrich Anl 9.1 BMV-Ä, weshalb eine Genehmigung zugunsten des Beigeladenen zu 1. nach §§ 4, 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht in Betracht komme. Auch ein unterstellter Alkoholabusus eines Partners der Klägerin führe nicht zu einer Gefährdung einzelner Dialyseverfahren oder -formen. Selbst wenn § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä als Auffangvorschrift mit offenem Tatbestand zu verstehen wäre, hätte die Beklagte gemäß § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä die Versorgung in den benachbarten Planungsbereichen berücksichtigen müssen. Sie habe jedoch keine entsprechenden Erhebungen durchgeführt.

13

Dass das LSG den Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 nicht berücksichtigt habe, begründe keinen Verfahrensfehler, weil die Beklagte gegenüber dem LSG die Existenz dieses Bescheides nie offenbart habe. Nach § 96 SGG sei es Aufgabe der Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Beklagten gewesen, den neuen Bescheid in das Klageverfahren einzuführen. Der Beigeladene zu 1. und die Beklagte verhielten sich jedenfalls treuwidrig, wenn sie aus ihrem eigenen Pflichtverstoß einen Verfahrensfehler des Berufungsgerichts ableiten würden.

Entscheidungsgründe

14

Die Revisionen der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. sind teilweise begründet. Das LSG hat das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffenden Gründen aufgehoben. Abweichend von der Entscheidung des LSG waren die Bescheide jedoch mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Beklagte erneut über den Genehmigungsantrag des Beigeladenen zu 1. zu entscheiden hat.

15

1. Entgegen der Auffassung der beiden Revisionsführer leidet das Urteil des LSG nicht an einem im Revisionsverfahren zu beachtenden Verfahrensfehler.

16

a) Die beiden Revisionsführer rügen, dass das LSG über einen Bescheid der Beklagten vom 14.6.2011 unter Verstoß gegen § 96 SGG nicht entschieden habe.

17

Grundsätzlich ist ein Verstoß gegen § 96 SGG auf entsprechende Rüge im Revisionsverfahren zu beachten(vgl BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 4; BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 7 mwN; vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 96 RdNr 12a mwN). Eine Berücksichtigung des Fehlers von Amts wegen im Revisionsverfahren erfolgt nur im umgekehrten Fall, dass das LSG einen Bescheid zu Unrecht einbezogen hat, obwohl die Voraussetzungen des § 96 SGG nicht vorlagen (vgl BSGE 91, 287 = SozR 4-2700 § 160 Nr 1, RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 15). Die Revisionskläger haben die entsprechende Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist und damit fristgemäß erhoben. Es trifft auch zu, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nach § 96 SGG Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden ist(nachfolgend aa). Soweit in der fehlenden Einbeziehung des Bescheides durch das LSG ein Verfahrensfehler zu sehen ist, kann dieser von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. aber jedenfalls im Revisionsverfahren nicht mehr gerügt werden (bb). Auf die Bestandskraft des nicht einbezogenen Bescheides vom 14.6.2011 können sich die Beklagte und der Beigeladene zu 1. nicht berufen (cc).

18

aa) Mit Bescheid vom 11.3.2010 und Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 hat die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags nach § 3 Abs 3 Buchst a Anl 9.1 BMV-Ä beschränkt auf die kontinuierliche Behandlung von bis zu 30 Patienten erteilt. Im Verlauf des anschließenden sozialgerichtlichen Verfahrens, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hatte, hat die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1. den Bescheid vom 14.6.2011 erlassen, mit dem die Zahl der zu behandelnden Patienten unter Einbeziehung des Arztes Sch. von höchstens 30 auf höchstens 100 angehoben wurde. Nach § 96 Abs 1 SGG in der seit dem 1.4.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 (BGBl I 444) wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Der Bescheid vom 14.6.2011 ist danach Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens geworden, weil er den Bescheid vom 11.3.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.6.2010 geändert hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit Bescheid vom 14.6.2011 keine gesonderte Genehmigung zugunsten des Arztes Sch. erteilt worden ist. Die Dialysegenehmigung wird nach § 4 Abs 1a Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt. Dementsprechend bleibt die Genehmigung nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä beim Ausscheiden eines Arztes aus der Dialysepraxis in der Dialysepraxis (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24). Der Bescheid vom 14.6.2011 ist daher - ebenso wie der Bescheid vom 11.3.2010 - nicht gegenüber dem Arzt Sch., sondern gegenüber dem Beigeladenen zu 1. als (bis dahin) einzigem Mitglied der Arztpraxis ergangen. Unter diesen Umständen kann nicht zweifelhaft sein, dass der Bescheid vom 14.6.2011 den Bescheid vom 11.3.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 17.6.2010 iS des § 96 SGG geändert hat(ebenso bei der Ersetzung der einer Arztpraxis erteilten Zusicherung durch die entsprechende Genehmigung und dem anschließenden Übergang dieser Genehmigung auf ein Medizinisches Versorgungszentrum : BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 23 f; anders aber zB bezogen auf die einem MVZ erteilte Anstellungsgenehmigung, die an die Stelle einer dem anzustellenden Arzt zuvor erteilten Sonderbedarfszulassung tritt: BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 21; BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 39/11 R - Juris RdNr 22).

19

bb) Das SG hat den Bescheid vom 14.6.2011 nicht in das Verfahren einbezogen, weil die Beklagte ihrer Pflicht aus § 96 Abs 2 SGG, dem Gericht eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts mitzuteilen, nicht nachgekommen ist und weil auch der Beigeladene zu 1. den Bescheid nicht in das Verfahren eingeführt hat, mit der Folge, dass das Gericht vom Erlass des Bescheides keine Kenntnis erlangt hat. Ferner hat die Beklagte davon abgesehen, den Bescheid gegenüber der Klägerin bekannt zu geben. Da der Bescheid vom 14.6.2011 im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens (Klage am 19.7.2010, SG Urteil vom 7.3.2012) ergangen ist, betrifft die fehlerhaft unterlassene Einbeziehung zunächst nur das Verfahren vor dem SG (zur Erforderlichkeit des Fortwirkens in der Berufungsinstanz vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, Kap VI, RdNr 87). Zwar kann ein vom SG nicht behandelter Bescheid von den Beteiligten in das Berufungsverfahren einbezogen werden, wenn dies dem Willen der Beteiligten entspricht, entweder durch rügelose Einlassung auf entsprechenden Antrag des anderen Beteiligten (BSGE 27, 146, 148 f = SozR Nr 21 zu § 96 SGG; BSGE 45, 49, 50 = SozR 1500 § 96 Nr 6; ähnlich, auf ein entsprechendes "Begehren" des Klägers im Berufungsverfahren abstellend: BSGE 74, 117, 119; noch weitergehend auch unabhängig von einem solchen Begehren: BSG SozR 4-1500 § 96 Nr 4 RdNr 21) oder durch übereinstimmende Anträge (BSGE 61, 45, 48 = SozR 4100 § 113 Nr 5; BSG SozR 4100 § 119 Nr 12 S 53). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend indes nicht gestellt worden.

20

Es kann dahingestellt bleiben, ob das LSG den im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens ergangenen Bescheid unabhängig von entsprechenden Anträgen in das Berufungsverfahren hätte einbeziehen dürfen (zur Frage, ob in der Einbeziehung eines Bescheides durch das LSG, der während des erstinstanzlichen Verfahrens ergangen ist, ein Verfahrensfehler liegt, wenn sich das LSG nicht vergewissert hat, dass dies dem Willen der Beteiligten entspricht, vgl BSG Beschluss vom 30.4.2003 - B 11 AL 203/02 B - Juris RdNr 8) und ob hier in der fehlenden Einbeziehung überhaupt ein Verfahrensfehler bezogen auf das Verfahren vor dem LSG zu sehen ist. Jedenfalls folgt aus dem auch für das Verfahrensrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl zB Vollkommer in Zöller, ZPO, 30. Aufl 2014, Einl RdNr 56 mwN; für das sozialgerichtliche Verfahren vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f), dass die Beklagte und der Beigeladene zu 1. eine Verletzung des § 96 SGG im Revisionsverfahren nicht mehr rügen können. Eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens ("venire contra faktum proprium"). Bezogen auf das gerichtliche Verfahren bewirkt dieser Grundsatz, dass die in einem unlösbaren Widerspruch zu seinem früheren Verhalten stehende Prozesshandlung eines Beteiligten unbeachtlich ist. Daraus kann auch der Ausschluss einer Revisionsrüge folgen (vgl BSG SozR 1500 § 164 Nr 33 S 56; BSG SozR 1300 § 105 Nr 1 S 5 f). Vorliegend hat die Beklagte die fehlende Einbeziehung des Bescheides vom 14.6.2011 durch ihren Verstoß gegen die aus § 96 Abs 2 SGG folgende Vorlagepflicht gegenüber dem Gericht selbst herbeigeführt. Der bereits in dem Verfahren vor dem LSG anwaltlich vertretene Beilgeladene zu 1. hat diesen Verstoß bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG hingenommen. Der Klägerin ist der Bescheid erst im Laufe des Revisionsverfahrens zur Kenntnis gelangt, sodass sie keine Möglichkeit hatte, auf die Einbeziehung des Bescheides hinzuwirken. Unter diesen Umständen verstößt die Rüge eines daraus folgenden Verfahrensfehlers des LSG durch Beklagte und Beigeladenen zu 1. gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

21

cc) Der Umstand, dass der Bescheid vom 14.6.2011 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, hat nicht zur Folge, dass sich die Revisionsführer gegenüber der Klägerin auf dessen Bestandskraft (§ 77 SGG; zu dieser Folge einer unterlassenen Einbeziehung eines Bescheides nach § 96 SGG vgl BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10; BSG Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 29/10 R - FEVS 63, 442, 443 f) berufen könnte. Zwar kann eine erteilte Zulassung - mit Blick auf die Besonderheiten der Statusentscheidung im Vertragsarztrecht - nach der Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff)nur innerhalb eines Jahres von dem Dritten angefochten werden, selbst wenn ihm der Bescheid nicht bekannt gegeben worden ist. Dies gilt nicht nur bezogen auf den statusbegründenden Verwaltungsakt (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 27 RdNr 23 ff), sondern auch bezogen auf eine Dialysegenehmigung (BSG Urteil vom 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 24 ff) und auf deren Zusicherung (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 25). Bereits der Umstand, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Vorlage des Bescheides nach § 96 Abs 2 SGG verletzt hat und dass der Bescheid nur deshalb nicht in das Verfahren einbezogen worden ist, spricht jedoch dagegen, dass sie aus diesem Fehler Rechte für sich herleiten kann(in dieser Richtung bereits BSG Urteil vom 15.12.1977 - 10 RV 35/76 - Juris RdNr 32 am Ende, insoweit nicht abgedruckt in SozR 3100 § 44 Nr 10). Ausschlaggebend ist indes, dass die Entscheidung über die Genehmigung für einen weiteren Arzt nach § 7 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä unabhängig von einer Bedarfsprüfung ergeht, wenn die Zahl der dialysierten Patienten eine bestimmte Grenze überschritten hat. Anders als bei der Genehmigung eines dritten oder vierten Arztes kommt es für die Genehmigung eines zweiten Arztes nicht darauf an, ob die Patienten auch durch andere bereits bestehende Dialysepraxen versorgt werden könnten. Die Genehmigung eines zweiten Arztes ist zudem Annex der Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach und kann von einem Konkurrenten ungeachtet einer eventuell bestehenden Anfechtungsberechtigung nicht unter dem Aspekt des Bedarfs für einen weiteren Arzt zur gerichtlichen Überprüfung gestellt werden (vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 33 ff). Fällt der Versorgungsauftrag dem Grunde nach weg, entfallen damit automatisch auch die Rechtsfolgen der Genehmigung für einen zweiten Arzt. Da die Beklagte hier über die Erteilung des Versorgungsauftrags dem Grunde nach neu entscheiden muss, muss sie auch darüber entscheiden, ob eine Erweiterung unter Einbeziehung eines zweiten Arztes zu genehmigen ist. Einer isolierten Aufhebung des vom LSG nicht in das Verfahren einbezogenen Bescheides bedarf es nicht mehr. Dementsprechend haben die Revisionsführer in der Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich erklärt, dass sie nicht von einer gegenüber der Klägerin eingetretenen Bestandskraft des Bescheides vom 14.6.2011 ausgehen.

22

b) Der von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. geltend gemachte Verstoß des LSG gegen die in § 103 SGG normierte Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nicht vor. In der Ablehnung des Antrags der Beklagten, die vorgelegten Patientenbeschwerden zu berücksichtigen, Akten des NiZzA beizuziehen und Zeugen zu vernehmen, die in der Lage sein sollen, Auskunft ua zum Alkoholkonsum der Mitglieder der klägerischen Praxis zu geben, liegt kein Verfahrensfehler des LSG. Eine Verletzung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung liegt nur vor, wenn sich das Gericht auf der Grundlage seiner eigenen materiell-rechtlichen Auffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 164 RdNr 12a, § 103 RdNr 20 mwN). Da das LSG davon ausgegangen ist, dass Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis generell kein Grund dafür sein könnten, einer anderen Dialysepraxis auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine weitere Genehmigung zu erteilen, sondern dass auf Qualitätsmängel ggf mit dem Widerruf der Genehmigung zu reagieren ist, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, kam es unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts weder auf die Auswertung der von der Beklagten vorgelegten Patientenbeschwerden noch auf den vollständigen Inhalt der Akten des NiZzA oder auf Angaben von Zeugen zum Alkoholkonsum der Praxispartner an. Der Umstand, dass der zugrunde liegenden Rechtsauffassung des LSG nicht vollständig zu folgen ist (vgl im Einzelnen nachfolgend 2 c bb RdNr 42 ff), ist nicht geeignet, einen Verfahrensfehler zu begründen.

23

2. Das LSG hat die Klägerin zutreffend für berechtigt gehalten, die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Genehmigung zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten mit Dialyse anzufechten. Auch hat das LSG die angefochtenen Bescheide zu Recht aufgehoben. Allerdings hatte die Aufhebung mit der Maßgabe zu erfolgen, dass die Beklagte den Antrag des Beigeladenen zu 1. auf Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags erneut zu bescheiden hat.

24

a) Widerspruch und Klage waren zulässig, weil eine Rechtsverletzung jedenfalls nicht ausgeschlossen war.

25

b) Die Prüfung der Begründetheit von Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats zweistufig (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, jeweils RdNr 22 ff und 26 ff; siehe zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 7/14 R - SozR 4-55405540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 23 mwN). Danach ist zunächst zu klären, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, die dem konkurrierenden Arzt erteilte Begünstigung anzufechten. Ist das der Fall, so muss geprüft werden, ob die Entscheidung in der Sache zutrifft.

26

Unter welchen Voraussetzungen Vertragsärzte berechtigt sind, zugunsten anderer Ärzte ergangene Entscheidungen anzufechten (sogenannte defensive Konkurrentenklage) hat das BSG in seinem Urteil vom 7.2.2007 im Anschluss an die Entscheidung des BVerfG vom 17.8.2004 (BVerfG SozR 4-1500 § 54 Nr 4) im Einzelnen dargelegt (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Danach müssen erstens der Kläger und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, weiterhin dem Konkurrenten die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet oder erweitert und nicht nur ein weiterer Leistungsbereich genehmigt werden, und ferner der dem Konkurrenten eingeräumte Status gegenüber demjenigen des Anfechtenden nachrangig sein. Letzteres ist der Fall, wenn die Einräumung des Status an den Konkurrenten vom Vorliegen eines Versorgungsbedarfs abhängt, der von den bereits zugelassenen Ärzten nicht abgedeckt wird (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10, RdNr 19 ff; in der Folgezeit weiterführend BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 17 f, 20, 22 bis 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 19 ff; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 17 ff; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 19 ff; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 24).

27

aa) Die Voraussetzung, dass die Klägerin und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten, ist hier erfüllt. Dafür muss ein faktisches Konkurrenzverhältnis vorliegen, durch das plausibel wird, dass der bereits zugelassene Arzt eine nicht nur geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsmöglichkeiten zu befürchten hat. Dementsprechend bedarf es der Überprüfung und Feststellung, dass es in den Leistungsspektren und den Einzugsbereichen von anfechtendem und konkurrierendem Arzt ins Gewicht fallende Überschneidungen gibt (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f; BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 16; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 25). Davon ist der Senat ausgegangen, wenn die Zahl der von dem Konkurrenten mit den gleichen Leistungen behandelten Patienten 5 % der durchschnittlichen Gesamtfallzahl einer Praxis überschreitet (vgl BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 24; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 25 f). Das Vorliegen eines solchen faktischen Konkurrenzverhältnisses ist hier angesichts des Umstands ohne Weiteres plausibel, dass die Klägerin und der Beigeladene zu 1. innerhalb desselben Planungsbereichs und derselben Stadt in geringer räumlicher Entfernung (ca 3,5 km) dieselben speziellen und eng umgrenzten Leistungen (Dialyse) erbringen. Genau auf die Erbringung dieser Leistung bezieht sich die streitgegenständliche Genehmigung. Ins Einzelne gehender Darlegungen des Anfechtenden zum Bestehen eines Konkurrenzverhältnisses bedarf es unter solchen Umständen nicht (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 29).

28

Die genannten tatsächlichen Verhältnisse werden auch von der Beklagten und dem Beigeladenen zu 1. im Grundsatz nicht in Zweifel gezogen. Die Beklagte macht allerdings geltend, dass ein Konkurrenzverhältnis nur entstehen könne, wenn beide Anbieter über ein Leistungsangebot in gleichwertiger fachlicher und qualitativer Hinsicht verfügten. Daran würde es hier fehlen, weil die Klägerin das Vertrauensverhältnis zu den Patienten durch eine negative Presse, Hygienemängel, die Insolvenz eines Praxispartners sowie den Verdacht auf Alkoholabhängigkeit verspielt habe. Damit verkennt die Beklagte jedoch den Begriff der Konkurrenz. Wenn sich ein Konkurrent gegenüber anderen nicht behaupten kann, ändert das nichts am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses, selbst wenn er dies selbst verschuldet haben sollte. Qualitätsmängel bei der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen können - und müssen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen - Anlass für die Entziehung von Approbation, Zulassung bzw speziellen Versorgungsaufträgen sein. Solange aber die gleichen Leistungen im selben räumlichen Bereich tatsächlich angeboten werden, ist vom Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses auszugehen. Für die Frage der Anfechtungsbefugnis kommt es deshalb auf die Qualität der angebotenen Leistungen ebenso wenig an, wie auf die Gründe für bestehende Qualitätsunterschiede.

29

Am Vorliegen eines Konkurrenzverhältnisses hat sich hier durch die noch nicht bestandskräftige Anordnung des Ruhens der Approbation eines der beiden Praxispartner der Klägerin, des Herrn S., nichts geändert, weil die sofortige Vollziehung insoweit nicht angeordnet worden ist. Zwar ist dem Praxispartner S. nach Angaben der Beklagten im Laufe des Revisionsverfahrens auch die Zulassung entzogen worden. Insoweit wurde nach dem Inhalt des vorliegenden (mit Rechtsmitteln angegriffenen, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht bestandskräftigen) Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 25.2.2015 die sofortige Vollziehung angeordnet. Das ändert indes nichts daran, dass die Klägerin als Arztpraxis, der die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse erteilt worden ist, weiterhin existiert und dass diese jedenfalls durch den Praxispartner Dr. L. und ggf einen Nachfolger des Herrn S. weiterhin Dialyseleistungen anbieten und erbringen kann.

30

bb) Die Anfechtungsberechtigung scheitert hier nicht daran, dass die streitgegenständliche Genehmigung keinen vertragsarztrechtlichen Status vermittelt und dass der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung bereits über eine Zulassung als Vertragsarzt verfügte. Zwar hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7.2.2007 (BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10) zur Dialysegenehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren vom 16.6.1997 entschieden, dass bloße Abrechnungsgenehmigungen nicht von Konkurrenten angefochten werden können, weil sie nur die Erweiterung des durch die jeweilige fachbezogene Qualifikation eröffneten Kernbereichs ärztlicher Tätigkeit, nicht aber diesen Kern selbst und den ihm zugrunde liegenden Status betreffen. Der damals entschiedene Fall hatte einen bereits zugelassenen Arzt betroffen, dem die Dialysegenehmigung einen zusätzlichen Leistungsbereich eröffnete. Die Erteilung der Genehmigung hierfür war nach dem damals geltenden Recht (Anl 9.1 BMV-Ä in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung) allein an Qualitäts- bzw Qualifikationsgesichtspunkten auszurichten. Eine solche Konstellation hat der Senat aber für die Erteilung eines (Dialyse-)Versorgungsauftrags nach dem seit 1.7.2002 geltenden neuen Recht nicht mehr angenommen. Der Senat hat für den Fall der Bedarfsabhängigkeit der Genehmigung vielmehr eine Anfechtungsberechtigung der bereits eine Dialysepraxis betreibenden BAG bejaht und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Zusicherung der Genehmigung eines Versorgungsauftrags Voraussetzung für eine Sonderbedarfszulassung des Konkurrenten nach § 24 Satz 1 Buchst e Bedarfsplanungs-Richtlinie(BedarfsplRL aF, entsprechend § 37 Abs 4 BedarfsplRL in der seit dem 1.1.2013 geltenden Fassung) und damit untrennbar mit der Statusentscheidung verbunden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 31). Ferner hat der Senat bereits im Zusammenhang mit der Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen nach § 121a SGB V entschieden, dass die Berechtigung, die die Genehmigung vermittelt, unabhängig davon, ob ein vertragsarztrechtlicher Status bereits besteht oder erst erstrebt wird, geeignet ist, die Wettbewerbsposition des bereits im entsprechenden Bereich tätigen Arztes zu beeinträchtigen(BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 18). Aufgrund des hohen apparativen und personellen Aufwands, der mit der Spezialisierung auf reproduktionsmedizinische Leistungen verbunden ist und der daraus folgenden grundlegenden Unterscheidung von anderen gynäkologischen Praxen ohne diesen Schwerpunkt, kommt die Genehmigung in ihren tatsächlichen Auswirkungen einer Statusentscheidung nahe, auch wenn eine untrennbare Verknüpfung zwischen Genehmigung und Statusentscheidung nicht besteht. Diese Maßstäbe hat der Senat auch seiner Entscheidung vom 11.2.2015 (BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 31) zugrunde gelegt, in der es um die Anfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung für Dialyseleistungen und damit ebenfalls nicht um die Entscheidung über den vertragsarztrechtlichen Status ging. Ausschlaggebend war dabei, dass die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung geeignet ist, die in diesem Versorgungsbereich ausnahmsweise geschützte Wettbewerbsposition des bereits in der Dialyse tätigen Arztes zu beeinträchtigen. Für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Genehmigung zur Erbringung von Dialyse auf der Grundlage von § 6 Abs 3 der seit dem 1.7.2002 geltenden Anl 9.1 BMV(DÄ 2002, A 972) sowie der Vereinbarung gemäß § 135 Abs 2 SGB V zur Ausführung und Abrechnung von Blutreinigungsverfahren (Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren) gilt insofern nichts anderes.

31

cc) Der Klägerin kommt als Genehmigungsinhaberin auch Vorrang gegenüber dem Beigeladenen zu 1. zu. Darauf, ob insoweit eine statusmäßige Gleichordnung besteht oder nicht, kommt es nicht an. Für die Anfechtungsberechtigung ist relevant, ob die Erteilung der Genehmigung davon abhängt, dass der Versorgungsbedarf noch nicht durch die bereits zugelassenen und damit dauerhaft in das Versorgungssystem einbezogenen Ärzte gedeckt ist; die Vorrangigkeit der Bedarfsdeckung durch die bereits zugelassenen Ärzte - womit der Nachrang der neuen Statuserteilung korrespondiert - begründet deren Anfechtungsrecht (zur Sonderbedarfszulassung vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 22; BSGE 103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 22). Ausschlaggebend ist, ob der Norm, auf die sich die zu erteilende Zulassung oder Genehmigung stützt, drittschützende Funktion zugunsten der bereits zugelassenen Ärzte zukommt. Zum Dialyse-Versorgungsauftrag nach dem seit dem 1.7.2002 geltenden Recht hat der Senat bereits wiederholt ausgeführt, dass die dort vorgesehene spezielle Bedarfsprüfung zwar in erster Linie der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen, daneben aber auch dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26; BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 32; BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 37; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 11 RdNr 23). Deutlich wird dies bereits darin, dass nach § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä eine "kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis" gewährleistet sein muss, die wiederum am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen gemessen wird. Damit werden auch dem einzelnen Leistungserbringer, der sich in einem verhältnismäßig kleinen Markt hoch spezialisierter Leistungen bewegt, Erwerbsmöglichkeiten in einem bestimmten Umfang gesichert. Es entspricht sowohl dem Gemeinwohlinteresse an einer wirtschaftlichen Versorgung als auch den Individualinteressen der Leistungserbringer, wenn durch die Verhinderung eines Verdrängungswettbewerbs der Leistungserbringer untereinander die Wirtschaftlichkeit einer Dialysepraxis gewährleistet wird (BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 26 RdNr 26).

32

Die Genehmigung, die die Beklagte dem Beigeladenen zu 1. erteilt hat, hat ihre Grundlage zwar nicht in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä, sondern in § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä, der die Möglichkeit vorsieht, eine Genehmigung gerade unabhängig von den Voraussetzungen des § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu erteilen. Deshalb kommt es hier für die Erteilung der Genehmigung nicht darauf an, ob zB der in § 4 Abs 1 Satz 2 Nr 3 iVm § 6 Abs 1 Anl 9.1 BMV-Ä geregelte Auslastungsgrad der Dialysepraxen in der Versorgungsregion erreicht wird oder ob sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis schneiden. Gleichwohl wird die Genehmigung auch nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä bedarfsabhängig erteilt. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung nach dieser Vorschrift nur erteilt werden darf, wenn "Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern". Die Sicherstellungsgründe, die hier zu berücksichtigen sind, werden in § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä, näher dahin definiert, dass die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Die Bedarfsabhängigkeit auch der Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä wird durch § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä bestätigt, der bestimmt, dass bei der Beurteilung der Versorgungssituation "im Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3" - und damit auch für die Genehmigung nach Abs 3 - sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind.

33

c) Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig, weil die Beklagte die auf § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä gestützte Genehmigung auf der Grundlage unzutreffender Beurteilungsmaßstäbe und ohne die gebotene Bedarfsprüfung unter Einbeziehung auch benachbarter Planungsbereiche erteilt hat.

34

aa) Bezogen auf die vorzunehmende Bedarfsprüfung steht der dafür zuständigen Behörde ein Beurteilungsspielraum zu, der nur darauf zu überprüfen ist, ob ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde gelegt und in sachgerechter Weise gewürdigt worden ist (zur Genehmigung einer Dialyse-Zweigpraxis: BSG SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5 RdNr 40; zur Bedarfsgerechtigkeit bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 121a SGB V: vgl BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 3 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 121a Nr 4 RdNr 20; BSG Beschluss vom 11.2.2015 - B 6 KA 43/14 B - Juris RdNr 10). Bei der gerichtlichen Prüfung, ob diese Anforderungen erfüllt werden, kommt der durch § 35 Abs 1 SGB X vorgeschriebenen Begründung des Bescheides besondere Bedeutung zu. Die Begründungspflicht dient als Korrektiv der in Anbetracht des weitgehenden Beurteilungsspielraums der Behörde eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung der Bescheide (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25; vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 58) und damit dem Interesse des effektiven Rechtsschutzes (zur Wirtschaftlichkeitsprüfung vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG: vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

35

Die Beklagte hat dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung mit der Begründung erteilt, dass es sich bei Dialysepatienten um eine besondere Patientengruppe handele, die aufgrund der wöchentlich regelhaft dreimaligen Dialyse sowie der zumeist lebenslangen Dialysepflicht ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufbaue. Der Beigeladene zu 1. habe bis zu seinem Ausscheiden bei der Klägerin etwa 37 Dialysepatienten versorgt. Diese seien mit Blick auf die kontinuierliche Patientenversorgung am Standort in P. und damit zur Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung weiterhin von dem Beigeladenen zu 1. - an seinem neuen Praxissitz - zu versorgen.

36

Mit dem Ziel einer kontinuierlichen Versorgung der Patienten durch einen aus einer Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt kann die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä - in Übereinstimmung mit der Auffassung des LSG - nicht sachgerecht begründet werden, weil es sich dabei nicht um ein in diesem Zusammenhang zulässiges Entscheidungskriterium handelt (ebenso mit Bezug auf den Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 7.12.2010 - L 3 KA 53/10 B ER - im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes: Krafczyk, MedR 2012, 277 f). Das folgt bereits aus dem Umstand, dass die Genehmigung zur Versorgung mit Dialyse nach § 4 Abs 1a Anl 9.1 BMV-Ä nicht dem einzelnen Arzt, sondern der Arztpraxis erteilt wird und dass der Versorgungsauftrag nach § 4 Abs 1b Anl 9.1 BMV-Ä in der seit dem 1.7.2009 geltenden Fassung in der Dialysepraxis verbleibt, wenn bei gemeinschaftlicher Berufsausübung ein Arzt aus der Dialysepraxis ausscheidet (vgl BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 31 RdNr 24; BSG Urteil 17.10.2012 - B 6 KA 42/11 R - Juris RdNr 23). Die Erteilung eines Versorgungsauftrags nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt verstößt jedenfalls im Grundsatz gegen die ausdrücklich geregelte Bindung des Versorgungsauftrags an die Arztpraxis. Die Erteilung der Genehmigung an den ausscheidenden Arzt kann auch nicht mit dem Ziel der wohnortnahen Versorgung begründet werden, wenn dieser seine Praxis - wie hier - in unmittelbarer Nähe zu der Gemeinschaftspraxis eröffnet, aus der er ausgeschieden ist und wirft im Übrigen die Frage auf, ob die in der Gemeinschaftspraxis verbleibende Genehmigung weiter genutzt werden kann. Nach § 7 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä hängt die Zahl der Ärzte, für die einer Gemeinschaftspraxis eine Genehmigung erteilt wird, von einem bestimmten "Arzt-Patienten-Schlüssel" ab, der nach der Erteilung der weiteren Genehmigung an den aus der Arztpraxis ausscheidenden Arzt unter Umständen nicht mehr zu erreichen sein wird. Auch dies zeigt, dass die Erteilung einer Genehmigung an den aus der Gemeinschaftspraxis ausscheidenden Arzt und damit die Mitnahme des Versorgungsauftrags dem der Anl 9.1 BMV-Ä zugrunde liegenden Konzept widerspricht.

37

Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 1. kann § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä auch nicht als allgemeiner Auffangtatbestand vor allem für atypische Konstellationen verstanden werden. Zwar lässt § 6 Abs 3 Satz 1 Anl 9.1 BMV-Ä die Erteilung von Genehmigungen auch unter Zurückstellung des mit den Vorgaben nach § 6 Abs 1 und 2 Anl 9.1 BMV-Ä angestrebten Ziels der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur zu, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist nach § 6 Abs 3 Satz 2 Anl 9.1 BMV-Ä der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss. Dass ggf das Ziel einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur in gewissem Maße zurückstehen muss, wird durch eine anlässlich der Neuordnung der Dialyseversorgung im Jahr 2002 von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung veröffentlichte Mitteilung bestätigt, in der zu den neu geschaffenen Regelungen der Anl 9.1 BMV-Ä ausgeführt wird: "Vorrang vor den Forderungen der Wirtschaftlichkeit wird der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung gegeben. Demnach können auch dann Genehmigungen von Versorgungsaufträgen für neue Dialysepraxen erteilt werden, wenn die Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung dies erfordert" (DÄ 2002, A 970; vgl auch Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Damit wird § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä jedoch nicht zu einer allgemeinen Härteregelung. Vielmehr gelten die Ausnahmen vom Gebot der wirtschaftlichen Versorgungsstrukturen nur unter der Voraussetzung, dass anderenfalls die wohnortnahe Dialyseversorgung nicht sichergestellt wäre. Der bloße - von der Beklagten angenommene und in den angefochtenen Bescheiden nicht näher begründete - Wunsch von Patienten, weiterhin von dem Arzt betreut zu werden, der die Gemeinschaftspraxis verlässt, ist von vornherein nicht geeignet, ein Sicherstellungserfordernis iS des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä zu begründen. Anderenfalls müsste auf Antrag jede Aufspaltung von Dialysepraxen mit zusätzlichen Versorgungsaufträgen flankiert werden. Eine so weitgehende Einschränkung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit der Dialyseversorgung ist § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nicht zu entnehmen. Da eine Genehmigung nach § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä nur erteilt werden darf, wenn Gründe der Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern und weil dabei nach § 6 Abs 4 Anl 9.1 BMV-Ä sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen und ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen sind, hätte die Beklagte die Genehmigung nur auf der Grundlage entsprechender Ermittlungen zum Bedarf erteilen dürfen.

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Insofern gilt für die bedarfsabhängige Erteilung eines Versorgungsauftags zur Erbringung von Dialyseleistungen nichts anderes als für bedarfsbezogene Zulassungsentscheidungen. Dazu hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die entscheidenden Stellen ein möglichst genaues Bild der Versorgungslage machen und ermitteln müssen, welche Leistungen in welchem Umfang erforderlich sind, von den bereits zugelassenen Ärzten aber nicht oder nicht ausreichend erbracht werden (vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Bei der Erteilung eines Versorgungsauftrags auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä kommt es darauf an, ob die zusätzliche Praxis zur wohnortnahen Versorgung mit Dialyseleistungen nicht nur allgemein, sondern auch bezogen auf die einzelnen Dialyseformen (Zentrumsdialyse, Heimdialyse, zentralisierte Heimdialyse) und Dialyseverfahren (Peritonealdialyse, Hämodialyse einschließlich Hämofiltration und Hämodiafiltration) iS des § 3 Abs 1 Satz 3 Spiegelstrich 3 Anl 9.1 BMV-Ä benötigt wird. Zur Ermittlung der konkreten Bedarfssituation ist regelmäßig die Befragung der für solche Leistungen in Betracht kommenden Leistungserbringer erforderlich (vgl BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18). Die Angaben der befragten Ärzte müssen sorgfältig ausgewertet, durch weitere Ermittlungen ergänzt und objektiviert werden (vgl im Einzelnen BSG, aaO, RdNr 19). Zu berücksichtigen sind nur reale, nicht dagegen potenzielle Versorgungsangebote, die tatsächlich nicht zur Verfügung stehen, weil Leistungserbringer (evtl trotz freier Kapazitäten und nur wegen nicht vollständiger Erfüllung des Versorgungsauftrags) nicht zur Erbringung weiterer Leistungen bereit (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 32; vgl auch SG Marburg Beschluss vom 10.11.2011 - S 12 KA 790/11 ER - Juris RdNr 37 f; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 101 RdNr 112, 115) oder tatsächlich nicht in der Lage sind. Weil die dazu erforderlichen Feststellungen zur Bedarfslage von der Beklagten nicht getroffen worden sind und weil es deshalb an der erforderlichen Grundlage für die sachgerechte Ausfüllung des ihr zukommenden Beurteilungsspielraums gefehlt hat, ist der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid rechtswidrig.

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bb) Während des Klageverfahrens hat die Beklagte ihre Entscheidung, dem Beigeladenen zu 1. die Genehmigung zu erteilen, auf neue, in der Begründung des Bescheides nicht genannte Gründe gestützt. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob diese erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens von der Beklagten angeführten Gründe Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides haben können, weil auch diese nicht geeignet sind, die Entscheidung zu tragen:

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Im Verfahren vor dem LSG und auch in der Revisionsbegründung hat die Beklagte geltend gemacht, dass in der Praxis der Klägerin unhaltbare Zustände geherrscht hätten, die zu einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu den Patienten geführt hätten, sodass deren wohnortnahe Versorgung nicht mehr gewährleistet gewesen sei. In der klägerischen Praxis würden ua Patienten von Ärzten unter Alkoholeinfluss behandelt; der Praxispartner S. sei alkoholabhängig. Dazu verweist die Beklagte insbesondere auf Beschwerden von Patienten und Schilderungen von Angestellten der Arztpraxis sowie auf das Ergebnis der Ermittlungen des NiZzA einschließlich eines bereits im Jahr 2009 im Rahmen der Gefahrenabwehr auf Veranlassung des NiZzA durch die Polizei in der klägerischen Praxis durchgeführten Alkoholtests, der bei Herrn S. einen Atemalkoholwert von 2,02 ‰ ergeben habe. Ferner wird auf die Privatinsolvenz eines der Praxispartner hingewiesen. Die Frage, ob diese Angaben zutreffen, hat das LSG in seiner Entscheidung mit der Begründung offengelassen, dass es darauf für die Entscheidung nicht ankomme und darauf hingewiesen, dass Instrumente wie der Widerruf der erteilten Dialysegenehmigung nach § 10 Abs 2 Satz 2 Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse(, vom 18.4.2006 BAnz Nr 115a vom 23.6.2006) zur Verfügung stünden, um auf Qualitätsmängel zu reagieren.

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Der Senat stimmt der Auffassung des LSG insoweit zu, als die Beklagte auf Qualitätsmängel in einer Dialysepraxis und eine dadurch bedingte Gefährdung des Patientenwohls in erster Linie mit den im SGB V vorgesehenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung und - soweit erforderlich - mit Zulassungsentziehungen bzw dem Widerruf von Dialysegenehmigungen und nicht mit der Eröffnung von Behandlungsalternativen durch die Erteilung weiterer Genehmigungen zu reagieren hat. Damit werden im Übrigen auch Anreize für Ärzte vermieden, sich nach Trennung von ihrer bisherigen BAG über Kritik an den ehemaligen Kollegen und Unterstützungsschreiben von Patienten die Grundlage für einen zusätzlichen Versorgungsauftrag zu verschaffen. Gegen die Erteilung weiterer Genehmigungen als Reaktion auf Qualitätsmängel in den bestehenden Angeboten spricht aber vor allem, dass die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zur Dialyseversorgung eine Qualitätsentwicklung durch Wettbewerb nicht vorsehen (zu den Zielen der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderungen der Anl 9.1 BMV-Ä: vgl Köhler, DÄ 2002, A 828, A 829). Ebenso wenig wie qualitative Unterschiede in der Leistungserbringung nach ständiger Rechtsprechung des Senats einen Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung oder auf eine Ermächtigung begründen können (vgl BSGE 86, 242, 253 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 37; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 30), können bloße Qualitätsunterschiede die Genehmigung einer weiteren Dialysepraxis rechtfertigen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang eine typisierende Betrachtung zugrunde zu legen, die davon ausgeht, dass die niedergelassenen Gebietsärzte aufgrund ihres gleichwertigen Ausbildungs- und Weiterbildungsstandes dem Versorgungsanspruch der Versicherten in qualitativer Hinsicht voll entsprechen. Für die Gewährleistung der Qualität der ärztlichen Versorgung ist insbesondere die KÄV verantwortlich. Gemäß § 136 Abs 2 Satz 1 SGB V hat diese die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen einschließlich belegärztlicher Leistungen durch Stichproben zu prüfen; in Ausnahmefällen sind auch Vollerhebungen zulässig. Für den Bereich der Dialyse-Behandlung hat der Gemeinsame Bundesausschuss mit der QSD-RL auf der Grundlage der §§ 136 und 137 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V Qualitätsvorgaben festgelegt und in § 10 Abs 2 dieser Richtlinie auch die Folgen von Qualitätsmängeln bis hin zum Widerruf der Dialysegenehmigung geregelt. Die KÄV ist verpflichtet, eine Qualitätssicherungs-Kommission "Dialyse" einzurichten, die die Stichprobenprüfungen nach einem näher geregelten Verfahren durchführt.

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Gleichwohl vermag der Senat die Entscheidung des LSG, dass die Beklagte unter den gegebenen Umständen dem Antrag des beigeladenen Arztes auf der Grundlage des § 6 Abs 3 Anl 9.1 BMV-Ä keinesfalls stattgeben durfte, nicht zu bestätigen. Wenn die Informationen, die die KÄV über die bisherige Praxis erreichen, bei unvoreingenommener Beurteilung zu dem Schluss zwingen, dass die Zustände dort einer regelkonformen Versorgung der Patienten diametral entgegenstehen und wenn sich der KÄV aufdrängen muss, dass es sich nicht um - stets denkbare - vereinzelte Beschwerden unzufriedener Patienten, sondern um ein - auf der Basis einer Vielzahl von Stellungnahmen konzis erscheinendes - Gesamtbild einer chaotischen, unzumutbaren Versorgungssituation handelt, muss die KÄV im Interesse der Patienten, die regelmäßig auf eine Dialyse angewiesen sind, auch mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags reagieren dürfen. Für das Bestehen solcher Verhältnisse haben hier nach den im Urteil des LSG getroffenen Feststellungen und dem Inhalt der in Bezug genommenen Akten jedenfalls konkrete Hinweise insbesondere in Gestalt von Ermittlungsergebnissen des NiZzA sowie zahlreicher Beschwerden von Patienten vorgelegen. Diesen Hinweisen hätte - entgegen der Auffassung des LSG - nicht allein im Zusammenhang mit einer Entscheidung über die Entziehung der Dialysegenehmigung der Klägerin, sondern auch im vorliegenden Zusammenhang nachgegangen werden müssen.

43

Es kann Situationen geben, in denen es für die Patienten unzumutbar ist, ihre Behandlung bei ihrem bisherigen Arzt fortzusetzen und in denen eine Zulassungsentziehung oder ein Widerruf der Genehmigung gerade angesichts der hohen Anforderungen, die das BVerfG zur Gewährleistung der Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sowie mit Blick auf die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) an die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt (vgl BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 40 mwN; Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 95 RdNr 544, § 97 RdNr 72 mwN), jedenfalls nicht zeitnah durchsetzbar sind. Wenn eine nicht gezielt provozierte, objektiv fundierte, besonders schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses zum Arzt nur einen einzelnen Versicherten - etwa im Kontext von mutmaßlichen Behandlungsfehlern - betrifft, muss die Krankenkasse diesem Versicherten unter den im Urteil des 1. Senats des BSG vom 8.9.2015 (B 1 KR 27/14 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR 4) genannten Voraussetzungen die Fahrtkosten zu einem weiter entfernt niedergelassenen Arzt erstatten. Wenn dies nicht nur einzelne Patienten, sondern eine Vielzahl von krankheitsbedingt nur eingeschränkt mobilen Patienten betrifft, kommt jedoch auch die Eröffnung einer zumutbaren Versorgungsalternative in Betracht.

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Allerdings muss die KÄV in solchen Fällen die Erteilung der Genehmigung für den aus der Dialysepraxis ausscheidenden Arzt im Regelfall - was der Senat hiermit allerdings erst für die Zeit nach der Veröffentlichung dieses Urteils klarstellt - grundsätzlich mit dem Widerruf des oder der bisherigen Versorgungsaufträge oder einem Antrag auf Entziehung der Zulassungen verbinden. Die prinzipiell gebotene Verzahnung des Widerrufs des erteilten Versorgungsauftrags aus Gründen der Qualitätssicherung oder der Entziehung der Zulassungen mit der Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags für einen anderen Standort stellt so weit wie möglich sicher, dass Unzuträglichkeiten in einer Praxis nicht zu einer wirtschaftlich nicht sinnvollen Vermehrung von Versorgungsaufträgen führen. Es kann jedenfalls im Grundsatz nicht angenommen werden, dass zwar im Hinblick auf eine angenommene Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Dialyse am bisherigen Standort die Erteilung eines weiteren Versorgungsauftrags aus Sicherstellungsgründen unerlässlich ist, gleichwohl aber die Voraussetzungen eines Widerrufs des Auftrags für die Praxis, in der unzumutbare Zustände herrschen (sollen), nicht gegeben sind.

45

Hat die KÄV den Widerruf der Genehmigung ausgesprochen, ist der Versorgungsauftrag nicht mehr bestandssicher, auch wenn die Entscheidung wegen der Einlegung von Rechtsmitteln noch nicht vollzogen werden kann. Genauso wie nach der Rechtsprechung des Senats eine (noch nicht vollziehbar) widerrufene Approbation nicht Grundlage einer vertragsärztlichen Zulassung sein kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 4 RdNr 14 ff) oder ein Arzt, dem die Zulassung entzogen worden ist, einen Antrag auf Wiederzulassung stellen kann, auch wenn die Entziehung der bisherigen Zulassung noch nicht bestandskräftig geworden ist (BSGE 112, 90 = SozR 4-2500 § 95 Nr 26, RdNr 53; vgl auch BSG Urteil vom 15.7.2015 - B 6 KA 32/14 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, Juris RdNr 34) kann ein - wenn auch noch nicht vollziehbar - widerrufener Versorgungsauftrag die Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags nicht hindern. Das Risiko, dass dann, wenn der Widerruf am Ende nicht bestandskräftig wird, ein unter bedarfsplanerischen Gesichtspunkten nicht erforderlicher (zusätzlicher) Versorgungsauftrag erteilt worden ist, der nicht ohne Weiteres wieder beseitigt werden kann, muss im Interesse der Gewährleistung einer kontinuierlichen und von Vertrauen getragenen Versorgung der Versicherten hingenommen werden.

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Allerdings muss die KÄV, die die Verhältnisse in einer Praxis für unzumutbar hält, vor Erteilung eines zusätzlichen Versorgungsauftrags klären, ob für die Patienten in der für sie in Betracht kommenden Versorgungsregion Alternativen in bereits bestehenden Praxen oder anderen Einrichtungen der ambulanten Dialyseversorgung bestehen. Da die beklagte KÄV bisher nicht geprüft hat, ob zumindest einer der der Klägerin für drei Ärzte zugeteilten Versorgungsaufträge zu widerrufen ist, und auch nicht geprüft hat, ob zumutbare Versorgungsalternativen für die Patienten außerhalb der Praxis des Beigeladenen zu 1. bestehen, muss sie neu über den Antrag dieses Arztes auf Erteilung der Genehmigung entscheiden. Eine Zurückverweisung an das LSG scheidet wegen des der Beklagten nach Durchführung der entsprechenden Ermittlungen zustehenden Beurteilungsspielraums zum Vorliegen eines ungedeckten Versorgungsbedarfs aus (vgl BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 17).

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3. Der Senat hat die angefochtenen Bescheide mit der Maßgabe aufgehoben, dass ihre Wirkung erst mit der neuen Entscheidung der Beklagten, spätestens mit Ablauf des 30.6.2016 eintritt. Mit dieser vorläufigen Regelung wird vermieden, dass die dem Beigeladenen zu 1. erteilte Ermächtigung mit dem vorliegenden Urteil entfällt, noch bevor die Beklagte die Möglichkeit zur Neubescheidung hat. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung wird die Versorgung der Versicherten im Bereich der Dialyse in P. derzeit zu einem erheblichen Teil durch den Beigeladenen zu 1. gewährleistet. Der Senat geht davon aus, dass die gerade im Bereich der Dialyse besonders bedeutsame kontinuierliche Versorgung der Versicherten gefährdet würde, wenn dieses Versorgungsangebot übergangslos entfällt. Gleichzeitig würden dem Beigeladenen zu 1. erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen, die auch durch eine später ergehende, für ihn positive Genehmigungsentscheidung nicht mehr vollständig zu beseitigen wären. Auf der Grundlage dieser Folgenabwägung hat der Senat seine Entscheidung mit der genannten Übergangsregelung verbunden.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von § 155 Abs 1 Satz 1, § 162 Abs 3 VwGO.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.