Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2012 - B 14 AS 148/11 R

bei uns veröffentlicht am23.05.2012

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), insbesondere die Berücksichtigung eines Teils von Tagespflegegeld nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) als Einkommen.

2

Die im Jahr 1959 geborene, alleinstehende Klägerin bezieht seit dem 1.1.2005 Arbeitslosengeld II (Alg II). Aufgrund von Verträgen vom 21.9.2004 mit einem Jugendamt der Stadt H betreut sie seit dem 1.10.2004 als Tagespflegekinder gemäß § 23 SGB VIII D. (geboren 31.12.1996), C. (geboren 26.9.2000) und J.-C. (geboren 3.9.2002). Im Jahr 2006 kam der am 5.2.2006 geborene J. hinzu. Alle Kinder sind Geschwister. Die Klägerin erhielt von September 2006 bis August 2007 monatlich folgende Leistungen vom Jugendamt: Für D. und C. jeweils Pflegegeld in Höhe von 228 Euro, einschließlich eines Erziehungsbeitrags - vom Landessozialgericht (LSG) "Erziehungsgeldanteil" genannt - von jeweils 118 Euro, für J.-C. ein Pflegegeld von 343 Euro, einschließlich eines Erziehungsbeitrags von 200 Euro, und für J. ein Pflegegeld von 403 Euro, einschließlich eines Erziehungsbeitrags von 260 Euro. Die Rechtsvorgängerin des beklagten Jobcenters bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1.1. bis 30.6.2007 Alg II in Höhe von monatlich 290,50 Euro. Es ging von einer Regelleistung von 345 Euro plus anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung von 299 Euro, insgesamt 644 Euro aus und setzte einen Betrag in Höhe von 353,50 Euro als Einkommen ab. Der Einkommensanrechnung zugrunde gelegt wurde ein Erziehungsbeitrag für alle Kinder von jeweils 202 Euro und dieser Betrag wurde einmal voll und einmal zu 75 % angesetzt (202 x 75 vH = 151,50 + 202 = 353,50; Bescheid vom 8.12.2006 idF des Änderungsbescheids vom 6.2.2007; Widerspruchsbescheid vom 14.2.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Änderung der genannten Bescheide verurteilt, der Klägerin vom 1.1. bis 30.6.2007 monatlich weitere 49 Euro zu zahlen und die Berufung zugelassen (Urteil vom 9.4.2008). Das LSG hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 16.6.2011). Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des SG im Wesentlichen ausgeführt: Der Bedarf der Klägerin sei mit 644 Euro pro Monat zutreffend berechnet worden, dies hätten die Beteiligten mittels Teilvergleich unstreitig gestellt. Auf diesen Bedarf sei nach § 11 Abs 4 SGB II in der damals geltenden Fassung nur Einkommen in Höhe von 304,50 Euro monatlich anzurechnen. Zur Berechnung des zu berücksichtigenden Erziehungsbeitrags sei von dem Durchschnitt der tatsächlich zugeflossenen Erziehungsbeiträge auszugehen und nicht von der zeitlichen Reihenfolge der Pflegeverhältnisse der Kinder zur leistungsberechtigten Person. Ein Abstellen auf das Datum des Betreuungsvertrages führe zu keiner Lösung, wenn wie vorliegend mehrere von demselben Tag seien. Zudem erscheine es wenig sachgerecht, da dies bei unterschiedlich hohen Erziehungsbeiträgen zu zufälligen Ergebnissen führen könne. Sinn und Zweck des § 11 Abs 4 SGB II in der damaligen Fassung sei es vielmehr, den Betrag zu bestimmen, ab welchem die Lage der Erziehungsbeiträge erhaltenden leistungsberechtigten Person sich so günstig darstelle, dass SGB II-Leistungen nicht mehr gerechtfertigt seien. Auch der Gesetzgeber sei von gleich hohen Erziehungsbeiträgen ausgegangen (vgl BT-Drucks 16/1410 S 21). Mit den im Gesetz verwandten Begriffen "erstes", "zweites" usw Pflegekind werde keine Rangfolge gebildet, sondern lediglich die Anzahl der vereinnahmten Erziehungsbeiträge bestimmt und deren unterschiedliche Anrechnungsweise. Der durchschnittliche Erziehungsbeitrag der Klägerin liege bei 174 Euro (2 x 118 + 200 + 260 = 696 : 4), sodass als Einkommen für das dritte Kind 130 Euro (75 % von 174) und für das vierte Kind 174 Euro, insgesamt 304,50 Euro zu berücksichtigen seien. Dies führe zu einem weiteren Zahlbetrag von monatlich 49 Euro an die Klägerin (Bedarf 644 Euro abzüglich zu berücksichtigender Erziehungsbeiträge von 304,50 Euro, ergibt 339,50 Euro, abzüglich schon gezahlter 290,50 Euro, verbleiben 49 Euro).

4

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 11 Abs 4 SGB II in der damaligen Fassung und macht geltend: Entgegen der Auffassung des LSG könne für die Bestimmung des ersten, zweiten usw Pflegekindes nur das Datum des Betreuungsvertrages herangezogen werden, da diese Daten die tatsächliche Rangfolge und damit auch die anzurechnenden tatsächlich gezahlten Erziehungsbeiträge festlegten. Daher sei J. unstreitig das vierte Pflegekind. Die vom LSG angeführten Zufälligkeiten seien ähnlich wie bei Stichtagsregelungen hinzunehmen.

5

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Juni 2011 und des Sozialgerichts Hamburg vom 9. April 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist auf verschiedene von dem Beklagten im Laufe des Verfahrens angewandte Berechnungsmodelle hin. Auch bestehe die Gefahr, dass die Kinder nach der Höhe der Erziehungsbeiträge ausgewählt würden, was aus pädagogischer und sozialpolitischer Sicht nicht wünschenswert sei.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des LSG ist zurückzuweisen. Die Klägerin hat unter Abänderung des angefochtenen Bewilligungsbescheides vom 8.12.2006 idF des Änderungsbescheides vom 6.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.2.2007 gegen den Beklagten Anspruch auf weiteres Alg II in Höhe von 49 Euro monatlich für die Zeit vom 1.1. bis 30.6.2007.

9

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind das die Berufung des Beklagten zurückweisende Urteil des LSG sowie das Urteil des SG, die Abänderung der angefochtenen Bescheide sowie die der Klägerin vom SG zugesprochenen weiteren 49 Euro Alg II pro Monat für die genannte Zeit. Dem Teilvergleich der Beteiligten vor dem LSG über das "Unstreitigstellen" des Bedarfs der Klägerin kann keine Beschränkung des Streitgegenstandes entnommen werden, weil dies an den genannten Entscheidungen und dem umstrittenen Betrag auch nach dem Willen der Beteiligten nichts ändert.

10

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachten und vom SG und LSG zugesprochenen höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Form von Alg II sind § 7 Abs 1 Satz 1, § 19 Satz 1, §§ 20, 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllt die im Leistungsbezug nach dem SGB II stehende Klägerin wie dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG zu entnehmen ist.

11

Der Zahlbetrag von zumindest 49 Euro pro Monat in der strittigen Zeit ergibt sich aus einem Bedarf der Klägerin von 644 Euro (dazu 1) und einem zu berücksichtigenden Einkommen von 304,50 Euro (dazu 2), die als Differenz zumindest zu einem Alg II-Anspruch von 339,50 Euro führen, während der Beklagte in den entsprechend abzuändernden Bescheiden nur 290,50 Euro bewilligte (644 - 204,50 = 339,50 - 290,50 = 49). Inwieweit die Klägerin ggf Anspruch auf einen höheren Betrag hat, zB wegen der Rundungsregelung in § 41 Abs 2 SGB II in der in der strittigen Zeit geltenden Fassung aufgrund des Grundsicherungsfortentwicklungsgesetzes vom 20.7.2006 (BGBl I 1706 - GSiFoG), kann dahinstehen, weil nur der Beklagte, nicht aber die Klägerin Rechtsmittel eingelegt hat. Das SGB II ist hier in dieser damals geltenden Fassung anzuwenden, weil um Leistungen in einem abgeschlossenen Bewilligungszeitraum gestritten wird.

12

1. Der Bedarf der alleinstehenden Klägerin belief sich in der strittigen Zeit vom 1.1. bis 30.6.2007 auf monatlich 644 Euro.

13

a) Dies folgt nicht aus dem vom LSG angeführten Teilvergleich der Beteiligten über das "Unstreitigstellen" dieses Betrags. Denn die Höhe des Bedarfs ist neben der vorliegend zwischen den Beteiligten umstrittenen Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ein wesentliches Element zur Berechnung des Anspruchs der Klägerin auf Alg II gegen den Beklagten.

14

Einzelne Berechnungselemente eines Anspruchs können jedoch nicht "herausverglichen" werden, wenn wie vorliegend - zu Recht - eine Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben wurde und das LSG neben dem Gestaltungsausspruch hinsichtlich der angefochtenen Verwaltungsakte ein Leistungsurteil über einen bestimmten Betrag gefällt hat. Die Überlegungen zur ausnahmsweisen Zulässigkeit einer Elementfeststellungsklage (vgl Bundessozialgericht vom 24.10.1996 - 4 RA 108/95 - SozR 3-2600 § 58 Nr 9 S 58) sind auf eine Leistungsklage nicht übertragbar.

15

Im Übrigen ist der Senat bei einer zulässigen Revision verpflichtet, das angefochtene Urteil im Rahmen der Anträge nicht nur hinsichtlich der erhobenen Rügen, sondern materiell-rechtlich umfassend zu überprüfen, speziell bei einem Anspruch auf Alg II hinsichtlich aller Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach (vgl § 170 Abs 1 Satz 2, § 202 Sozialgerichtsgesetz iVm § 557 Abs 3 Zivilprozessordnung; vgl speziell zum SGB II: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18 ff mwN; BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23 RdNr 13). Erklären die Beteiligten eines Rechtsstreits übereinstimmend, dass sie die Ermittlung zB des Bedarfs für zutreffend halten, so kann das Gericht hieraus im Rahmen seiner Beweiswürdigung den Schluss ziehen, dass eine weitere Überprüfung der entsprechenden Feststellungen der Verwaltung entbehrlich ist.

16

b) Die Höhe des Bedarfs der Klägerin errechnet sich aufgrund der Feststellungen des LSG wie folgt: Die Regelleistung für alleinlebende Personen, wie die Klägerin, betrug in der strittigen Zeit 345 Euro (§ 20 Abs 2 SGB II idF des SGB II-Änderungsgesetzes vom 24.3.2006, BGBl I 558). Als Leistungen für Unterkunft und Heizung sind gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II 249 Euro zu erbringen. Mehr hat die Klägerin als tatsächliche Aufwendungen, soweit ersichtlich, nicht geltend gemacht und Bedenken gegen die Angemessenheit dieses Betrages in einer Großstadt wie H bestehen nicht, zumal der Beklagte insofern keine Rügen erhoben hat. Weitere Bedarfe sind den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen und seitens der Beteiligten wurden keine dahingehenden Rügen erhoben. Insbesondere besteht kein Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 SGB II, weil es sich nur um eine Tagespflege und nicht um eine Vollzeitpflege mit Aufnahme der Pflegekinder in den Haushalt wie im Urteil des Senats vom 27.1.2009 (B 14/7b AS 8/07 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 4) handelte.

17

2. Diesem Bedarf ist ein zu berücksichtigendes Einkommen von 304,50 Euro monatlich gemäß § 9 Abs 1, § 11 SGB II gegenüberzustellen. Zu berücksichtigendes Vermögen (§ 9 Abs 1, § 12 SGB II) kann den Feststellungen des LSG nicht entnommen werden.

18

Als Einkommen sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen mit Ausnahme bestimmter Leistungen, wie zB der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in der damaligen Fassung). Die allein festgestellten Einnahmen der Klägerin in Form des Tagespflegegeldes für die Pflegekinder nach § 23 SGB VIII, gezahlt von der Stadt H, sind grundsätzlich zu berücksichtigen, weil sie nicht unter die dort aufgeführten Ausnahmen fallen.

19

Nach dem in der strittigen Zeit geltenden § 11 Abs 4 SGB II wird als Einkommen jedoch "abweichend von den Absätzen 1 bis 3 … der Teil des Pflegegeldes nach dem Achten Buch, der für den erzieherischen Einsatz gewährt wird,
1. für das erste und zweite Pflegekind nicht,
2. für das dritte Pflegekind zu 75 vH,
3. für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe
berücksichtigt." Der Teil des Pflegegeldes, der für den erzieherischen Einsatz gewährt wird, wird im Folgenden ebenso wie in der Ausgangsentscheidung des BSG (Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3) und in der Gesetzesbegründung für diese Regelung (BT-Drucks 16/1410 S 21) als "Erziehungsbeitrag" bezeichnet.

20

Dass es sich bei dem Pflegegeld für die Tagespflege nach § 23 SGB VIII um Pflegegeld im Sinne dieser Vorschrift handelt, wird schon aus der nun differenzierten Formulierung in der Nachfolgevorschrift des § 11a Abs 3 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) deutlich. Dass nur der Erziehungsbeitrag und nicht das gesamte Pflegegeld als Einkommen zu berücksichtigen ist, folgt aus dem Wortlaut des § 11 Abs 4 SGB II in der früheren Fassung. Die Nicht-Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags für ein erstes und zweites Pflegekind als Einkommen ist zwischen den Beteiligten ebenso wenig umstritten, wie die Berücksichtigung des Erziehungsbeitrags für ein drittes zu 75 % und eines Erziehungsbeitrags für ein viertes zu 100 %. Davon geht auch das LSG zu Recht in seinem Urteil aus.

21

Hinsichtlich der umstrittenen Feststellungen der als Einkommen zu berücksichtigenden Erziehungsbeiträge für das dritte Kind mit 130,50 Euro (75 % von 174) und für das vierte Kind von 174 Euro, insgesamt 304,50 Euro, ist dem LSG ebenfalls entgegen dem Vorbringen der Revision zu folgen.

22

Das LSG hat zu Recht den Durchschnitt aller Erziehungsbeiträge, die die Klägerin für ihre vier Pflegekinder erhalten hat, der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens zugrunde gelegt und diesen mit 174 Euro zutreffend berechnet (<118 + 118 + 200 + 260>: 4 = 174). Denn die für die Auffassung des Beklagten notwendige Reihung und Rangfolgenbildung mit der Bestimmung eines ersten bis vierten Pflegekindes ist dem Wortlaut des § 11 Abs 4 SGB II in der damaligen Fassung nicht zu entnehmen und steht im Widerspruch zu dessen systematischer und teleologischer Auslegung sowie der Gesetzesbegründung.

23

Der Wortlaut des § 11 Abs 4 SGB II aF mit den Begriffen "erstes", "zweites", "drittes", "viertes" beinhaltet nicht zwangsläufig eine zeitliche Reihenfolge der Pflegekinder, sondern zunächst nur eine Regelung über das Ausmaß der anzurechnenden Erziehungsbeiträge. Im Übrigen würde eine zeitliche Reihenfolge ein Kriterium für diese Reihung aufstellen, das dem Gesetz nicht zu entnehmen ist und hinsichtlich dessen keine Klarheit besteht. Während die Revisionsbegründung auf das Datum des Betreuungsvertrages abstellen will (ebenso ohne weitere Begründung: Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 6/2010, K § 11 RdNr 732),will das von der Revision angeführte LSG Mecklenburg-Vorpommern den Betreuungsbeginn zum Maßstab machen (Urteil vom 18.12.2008 - L 8 AS 60/08 - RdNr 84). Beide Kriterien müssen aber nicht zu derselben zeitlichen Reihenfolge führen. Welchem der Vorzug zu geben ist, kann dem Gesetz nicht entnommen werden, zumal auch ein Abstellen auf das Alter der Kinder als dritte Möglichkeit denkbar erscheint (so für die Anrechnung von Kindergeld: Hasske in Estelmann, SGB II, Stand 4/2008, § 11 RdNr 130).

24

Gegen eine solche Reihung oder Rangfolge sprechen systematische Gründe und der Zweck der Regelung.

25

Denn unter systematischen Gründen muss der Zusammenhang mit § 11 Abs 3 SGB II in der damaligen Fassung über die als Einkommen nicht zu berücksichtigenden zweckbestimmten Einnahmen beachtet werden, der für das Urteil des BSG vom 29.3.2007 (B 7b AS 12/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 3) entscheidend war, das nachfolgend zu § 11 Abs 4 SGB II in der hier einschlägigen Fassung führte. In diesem Urteil, das Leistungen vor dem Inkrafttreten dieser Fassung des § 11 Abs 4 SGB II betraf, hat das BSG den Erziehungsbeitrag, wenn in einem Haushalt nur bis zu zwei Pflegekinder betreut werden, als nicht zu berücksichtigende zweckbestimmte Einnahme nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II angesehen(bestätigt durch BSG vom 1.7.2009 - B 4 AS 9/09 R - SGb 2010, 367 mit Anmerkung Münder). Auf der andere Seite wurde in dem Urteil vom 29.3.2007 schon auf die "Gerechtfertigkeitsprüfung" gemäß § 11 Abs 3 SGB II in der früheren Fassung hingewiesen, nach der eine zweckbestimmte Einnahme als Einkommen zu berücksichtigen ist, wenn sie die Lage der leistungsberechtigten Person so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären(BSG vom 29.3.2007, aaO, RdNr 21). In die Gesetzesbegründung zur Schaffung des § 11 Abs 4 SGB II idF des GSiFoG wurden diese Überlegungen übernommen(BT-Drucks 16/1410 S 21).

26

Zweck der Regelung ist es, aufgrund dieses Zusammenhangs bei bis zu zwei Kindern die Erziehungsbeiträge nicht als Einkommen zu berücksichtigen und bei einer größeren Anzahl von Kindern den gesamten Erziehungsbeitrag nur zu einem Teil zu berücksichtigen, weil dann die Grenze des nicht zu berücksichtigenden Einkommens auch im Hinblick auf die so genannte Gerechtfertigkeitsprüfung überschritten ist.

27

Diese Grenze kann jedoch nicht von Zufälligkeiten abhängen, sondern muss aufgrund des Gleichheitssatzes aus Art 3 Abs 1 Grundgesetz in vergleichbaren Situationen auch zu vergleichbaren Ergebnissen führen. Dies wird jedoch nur gewährleistet, wenn auf den Durchschnitt der jeweils gezahlten Erziehungsbeiträge abgestellt wird und nicht auf den Erziehungsbeitrag für das jeweilige Kind, das mehr oder weniger zufällig als das vierte Kind gerechnet wird. Die Zufälligkeit der Ergebnisse zeigt auch der vorliegende Fall, in dem der Erziehungsbeitrag für den nach Auffassung des Beklagten unstreitig als viertes Kind anzusehenden J. 260 Euro beträgt. Wenn jedoch D. oder C. als viertes Kind zu berücksichtigen wären, läge der als Einkommen voll zu berücksichtigende Erziehungsbeitrag bei nur 118 Euro. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision und des von ihr angeführten Urteils des LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 18.12.2008 (L 8 AS 60/08) nicht nur eine Zufälligkeit wie bei Stichtagsregelungen, sondern ein systematisches Problem von unterschiedlichen Grenzen bei der Gerechtfertigkeitsprüfung trotz sonst vergleichbarer Lage.

28

Des Weiteren würde eine Reihung der Pflegekinder zB nach dem Datum der Betreuungsverträge weitere Abgrenzungsfragen aufwerfen und im Widerspruch zu den Zielen des SGB VIII stehen, die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen zu fördern. Ggf könnte versucht werden, durch die Beendigung des alten Vertrages und den Abschluss eines neuen Vertrages die Reihenfolge zu ändern oder auch durch andere Strategien die Erziehungsbeiträge für das erste und das zweite Pflegekind zu optimieren.

29

Im Übrigen ging auch die Gesetzesbegründung von einem solchen einheitlichen Betrag für die Erziehungsbeiträge aus, wie der Bezugnahme auf die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV mit 202 Euro pro Kind und Monat zu entnehmen ist (BT-Drucks 16/1410 S 21) und dem das Abstellen auf den Durchschnitt der Erziehungsbeiträge Rechnung trägt.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

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(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

(1) Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.

(1a) Der Regelbedarf wird in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz und den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Soweit in diesem Buch auf einen Regelbedarf oder eine Regelbedarfsstufe verwiesen wird, ist auf den Betrag der für den jeweiligen Zeitraum geltenden Neuermittlung entsprechend § 28 des Zwölften Buches in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz abzustellen. In Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 des Zwölften Buches erfolgt, ist auf den Betrag abzustellen, der sich für den jeweiligen Zeitraum entsprechend der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung nach den §§ 28a und 40 des Zwölften Buches ergibt.

(2) Als Regelbedarf wird bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Für sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft wird als Regelbedarf anerkannt:

1.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 4, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
2.
monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 3 in den übrigen Fällen.

(3) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 ist bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Absatz 5 umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannte Betrag als Regelbedarf anzuerkennen.

(4) Haben zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet, ist als Regelbedarf für jede dieser Personen monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anzuerkennen.

(5) (weggefallen)

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.

(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

(1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Kindertagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung an die Kindertagespflegeperson.

(2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst

1.
die Erstattung angemessener Kosten, die der Kindertagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen,
2.
einen Betrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung nach Maßgabe von Absatz 2a,
3.
die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer angemessenen Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Kindertagespflegeperson und
4.
die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung.

(2a) Die Höhe der laufenden Geldleistung wird von den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Der Betrag zur Anerkennung der Förderungsleistung der Kindertagespflegeperson ist leistungsgerecht auszugestalten. Dabei sind der zeitliche Umfang der Leistung und die Anzahl sowie der Förderbedarf der betreuten Kinder zu berücksichtigen.

(3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Kindertagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden.

(1) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandspauschalen nach § 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese Einnahmen einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro im Kalenderjahr nicht überschreiten,
6.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes
7.
Erbschaften.

(2) Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(3) Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen

1.
die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a)
für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b)
für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig,
2.
die Leistungen nach § 23 des Achten Buches,
3.
die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sowie vergleichbare Leistungen der Begabtenförderungswerke; § 14b Absatz 2 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bleibt unberührt,
4.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch mit Ausnahme der Bedarfe nach § 64 Absatz 3 Satz 1 des Dritten Buches sowie
5.
Reisekosten zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 127 Absatz 1 Satz 1 des Dritten Buches in Verbindung mit § 73 des Neunten Buches.

(4) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie die Lage der Empfängerinnen und Empfänger nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(5) Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit

1.
ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder
2.
sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

(6) Überbrückungsgeld nach § 51 des Strafvollzugsgesetzes oder vergleichbare Leistungen nach landesrechtlichen Regelungen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(7) Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden. Satz 1 gilt nicht für eine Ausbildungsvergütung, auf die eine Schülerin oder ein Schüler einen Anspruch hat.

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Juni 2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern für den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wie folgt zu gewähren:

01. Juli 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 389,47 € und 01. Dezember bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 414,72 €.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern 3/4 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Kläger für den Bewilligungszeitraum von Juli bis Dezember 2007 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und hierbei insbesondere, inwieweit das Pflegegeld zu berücksichtigen ist.

2

Der im Jahre 1978 geborene Kläger zu 1. ist erwerbslos und bezog seit 2005 bis zum Juni 2007 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Er lebt zusammen mit seiner Partnerin, der Klägerin zu 2., und deren Kinder F. E. (geboren im September 1998) und D. (geboren im März 2000).

3

Seit dem 01. Juni 2006 bewohnen die Kläger ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von insgesamt 120 m². Im Untergeschoss des Hauses (64,57 m²) werden derzeit fünf Kleinkinder in Tagespflege betreut. Laut Mietvertrag vom 04. Mai 2006 beträgt die Miete für das gesamte Haus 600,00 €. Die Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäude- und Grundstückshaftpflicht, Straßenreinigungsgebühren, Müllgebühren) betragen 50,00 € monatlich. Die Aufwendungen für Heizung einschließlich der Warmwasseraufbereitung betragen 150,00 € monatlich. Die Stromkosten für das Haus betragen 82,00 € monatlich. Wassergebühren fallen in Höhe von 70,00 € monatlich an.

4

Für die Kinder wurde Kindergeld in Höhe von je 154,00 € monatlich und ein Unterhaltsvorschuss in Höhe von je 149,00 € monatlich gezahlt.

5

Der Kläger zu 1. bezog Wohngeld in Höhe von monatlich 134,57 €. Der Klägerin zu 2. wurde Wohngeld in Höhe von 32,43 € monatlich bewilligt.

6

Die Klägerin zu 2. hatte weiter Einkommen als Tagesmutter. Für die Betreuung eines Ganz-Tags-Kindes erhielt sie 415,52 €; für ein Kind in Teilzeitpflege 249,31 € monatlich. Im Einzelnen wurden im streitbefangenen Zeitraum die folgenden Kinder in Tagespflege betreut:

7

- P. E. seit 01. September 2006 bis 31. August 2007 ganztags,

- F. P. seit 01. September 2006 ganztags,

- C. seit 01. Februar 2007 bis 30. November 2007 Teilzeit,

- T. E. seit 01. Mai 2007 Teilzeit, ab 01. Dezember 2007ganztags,

- C2 seit 01. Juni 2007 ganztags,

- S. seit 01. September 2007 Teilzeit,

- F. J. seit 01. Dezember Teilzeit.

8

Die Klägerin zu 2. hatte Aufwendungen für eine private Krankenversicherung in Höhe von 150,00 €. Die Beiträge für eine private Rentenversicherung betrugen 50,00 € monatlich. Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung wurden in Höhe von 19,99 € monatlich geltend gemacht.

9

Am 05. Juni 2007 beantragte der Kläger zu 1. die Fortzahlung des Alg II ab dem 01. Juli 2007.

10

Mit Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2007 lehnte diese den Antrag ab und führte unter anderem zur Begründung aus, dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege.

11

Mit dem dagegen am 17. Juli 2007 erhobenen Widerspruch reichte er bei der Beklagten eine umfangreiche Auflistung aller, insbesondere der im Zusammenhang mit der Tagespflege, anfallenden Aufwendungen ein.

12

Am 20. Juli 2007 beantragte der Kläger zu 1. einstweiligen Rechtsschutz beim SG Rostock unter dem Az. S 12 ER 188/07 - AS und erhob nach Erlass des ablehnenden Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 am 28. August 2007 Klage vor dem SG.

13

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern mit Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 - den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, vor dem Hintergrund, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei, bestehe keine Eilbedürftigkeit. Zu den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens wurde ausgeführt, dass die streitige Rechtsfrage, ob § 11 Abs. 4 SGB II auf Tagesmütter anzuwenden sei, bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Es handele sich um eine höchst schwierige Rechtsfrage. Es sprächen sowohl Argumente für als auch gegen eine Anwendbarkeit. Nahezu alleiniges, aber immerhin gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II sei die Gesetzesbegründung, in der die Tagesmütter ausdrücklich angesprochen würden. Gegen eine Anwendung der Vorschrift sprächen diverse Aspekte der teleologischen Auslegung. Während bei Pflegeeltern in Vollzeitpflege noch der ehrenamtliche sozialbetreuerische Aspekt im Vordergrund stehe, gebe es keine Zweifel daran, dass die Tagesmutter-Tätigkeit auch in erster Linie ausgeübt werde, um hieraus Einkommen zu erzielen. Beide Tätigkeiten würden auch in anderen Rechtsgebieten (Steuerrecht und Rentenversicherungsrecht) erheblich unterschiedlich behandelt. Bei weitreichender Privilegierung der Tagesmutter-Tätigkeit im Bereich der Grundsicherung stelle sich zudem die Frage, inwieweit eine Tagesmutter dann andere Gelegenheiten zur Einnahmeerzielung abschlagen dürfte. Da es nicht Aufgabe der Grundsicherungsträger sei, für ausreichend Betreuungsmöglichkeiten im Sinne des SGB VIII zu sorgen, dürfe eine Privilegierung bei der Vermittlung in eine Tätigkeit zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit gerade nicht erfolgen.

14

Der Kläger zu 1. hat zur Begründung unter anderem vorgebracht, dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 2007 das Einkommen aus der Tagespflege fehlerhaft in voller Höhe angerechnet habe. Es handele sich nicht um eine erwerbsmäßige Tagespflege, da nicht mehr als fünf Kinder betreut würden. Die Klägerin zu 2. sei von der Steuerpflicht und der Rentenversicherungspflicht befreit. Er berufe sich auf die seit dem 01. Januar 2007 geltende Rechtslage und sei der Auffassung, dass § 11 Abs. 4 SGB II Anwendung finden müsse.

15

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand einvernehmlich in der mündlichen Verhandlung des SG vom 26. Juni 2008 auf den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli bis 31. Dezember 2007 beschränkt. Die Beklagte hat sich verpflichtet, die Leistungen für nachfolgende Bewilligungsabschnitte nach Rechtskraft des Urteils im anhängigen Verfahren neu zu berechnet.

16

Die Kläger haben beantragt,

17

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 zu verpflichten, für den Bewilligungsabschnitt ab 01. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in gesetzmäßiger Höhe zu gewähren.

18

Die Beklagte hat beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte hat zur Begründung unter anderem vorgebracht, es liege keine Hilfebedürftigkeit vor. Das Einkommen aus der Tagespflege sei anzurechnen. Bei Ermittlung des anzurechnenden Einkommens sei § 11 Abs. 4 SGB II nicht anzuwenden. Die Beklagte hat insoweit auf die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R -, in dem über das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII entschieden worden sei, verwiesen. Das BSG habe ausführlich zur Anrechnung des Erziehungsbeitrages Stellung genommen und sich mit den Intentionen des Gesetzgebers auseinandergesetzt, der "ausweislich der Gesetzesmaterialien zum SGB XIII ... durch die verbesserten materiellen Leistungen für Pflegekinder im SGB VIII breitere Bevölkerungsschichten zur Aufnahme fremder Kinder habe motivieren wollen". Diese Anreizfunktion beizubehalten, sei auch bei Personen, die im SGB II-Leistungsbezug stünden, geboten. Hervorzuheben sei, dass das BSG nur auf das Pflegegeld nach SGB VIII eingegangen sei. Im Umkehrschluss folge daraus, dass das BSG von einer Nichtberücksichtigung des Erziehungsbeitrages bei der Kindertagespflege ausgehe. Tagesmütter arbeiteten nicht ehrenamtlich, sondern verstünden sich als Erbringerin einer Dienstleistung, für die sie eine angemessene Vergütung erwarteten. Diese Vergütung sei in vollem Umfang bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens zu berücksichtigen.

21

Das SG hat die Beklagte durch Urteil vom 26. Juni 2008 unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 verurteilt, den Klägern für den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wie folgt zu gewähren: 01. Juli 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 495,00 € und 01. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 518,00 €.

22

Zur Begründung - auf die im Einzelnen Bezug genommen wird - hat es unter anderem ausgeführt, die Kläger seien im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II gewesen und hätten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehabt.

23

Der Bedarf der aus den Klägern bestehenden Bedarfsgemeinschaft betrage insgesamt 1.541,22 € monatlich. Er setze sich zusammen aus den Regelleistungen gemäß § 20 SGB II, die hier insgesamt 1.040,00 € betrage (je 312,00 € für die Kläger zu 1. und zu 2. und je 208,00 € für die beiden minderjährigen Kinder), und den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II, die hier tatsächlich 501,22 € monatlich betrügen.

24

Bei den Aufwendungen für Unterkunft (Miete einschließlich Betriebskosten) habe das Gericht lediglich 65 % der Aufwendungen (422,50 €) berücksichtigt, da 35 % des Hauses für die Tagespflege genutzt würden und damit nicht der Unterkunft dienten. Die Heizkosten seien ebenfalls nur zu 65 % als unterkunftsbezogen zu berücksichtigen und betrügen damit 97,30 €. Da die Heizkosten die Kosten der Warmwasseraufbereitung enthielten, die durch die Regelleistungen bereits abgedeckt würden, seien die Heizkosen weiter um die in der Regelleistung insoweit vorgesehenen Pauschbeträge zu mindern (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - veröffentlicht bei Juris). Für die hier maßgebenden Regelleistungen betrage die Warmwasserpauschale für die Kläger zu 1. und zu 2. je 5,63 € monatlich, für die beiden minderjährigen Kinder je 3,47 € monatlich. Für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt ergäben sich danach Kosten für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von monatlich 18,78 €. Die Heizkosten betrügen demnach 78,72 € monatlich (97,50 € minus 18,78 €).

25

Gegen die Angemessenheit dieser Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestünden keine Bedenken, weil insbesondere die Kaltmiete einschließlich Betriebskosten in Höhe von 422,50 € nicht die nach der Richtlinie der Beklagten angemessenen Aufwendungen (425,00 €) überstiegen. Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung in Höhe von 78,72 € unangemessen seien, sehe das Gericht nicht. Insbesondere könne den Klägern insoweit kein unwirtschaftliches Verhalten unterstellt werden. Soweit die Beklagte in ihrer Richtlinie vom 29. Mai 2006 niedrigere Heizkostenpauschalen vorsehe (für einen 4-Personen-Haushalt 90 m² x 0,80 € = 72,00 €) habe das Gericht erhebliche Bedenken, ob diese Pauschale den tatsächlichen Hauskostenpreisen Rechnung trage. So habe die Beklagte selbst noch in ihrer Richtlinie vom 31. August 2005 eine Hauskostenpauschale von 0,90 € je m² anerkannt, diese jedoch in der jetzt geltenden Richtlinie vom 29. Mai 2006 trotz gestiegener Heizkostenpreise auf 0,80 € je m² abgesenkt.

26

Diesem Bedarf stehe das folgende anzurechnende Einkommen gegenüber:

27

Zunächst sei Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II in Höhe von insgesamt 773,00 € zu berücksichtigen, das sich aus dem Kindergeld (308,00 €), den Unterhaltsvorschüssen (insgesamt 298,00 €) und dem Wohngeld (insgesamt 167,00 €) ergebe.

28

Weiter zu berücksichtigen sei das Einkommen aus Tagespflege. Insgesamt habe das Einkommen aus Tagespflege in der Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum 31. August 2007 monatlich 1.745,18 € betragen. Ab dem 01. September 2007 habe das Einkommen 1.578,97 € monatlich und ab dem 01. Dezember 2007 wieder 1.745,18 € betragen.

29

Ein Teil dieser Einnahmen sei nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu werten, da es sich insoweit um zweckbestimmte Einnahmen handele, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienten und deren Anrechnung nicht gerechtfertigt erscheine (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1a SGB II). So werde ein Betrag von je 13,00 € je Kind monatlich als Erstattung der hälftigen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung und ein weiterer Betrag in Höhe von 2,20 € je Kind monatlich zu den Aufwendungen für eine Unfallversicherung gezahlt. Diese Beträge würden von der Klägerin zu 2. auch weitgehend zweckentsprechend verwandt. Soweit die tatsächlichen Aufwendungen für die Alterssicherung (50,00 € monatlich) niedriger seien, als die vom Landkreis hierfür vorgesehenen 65,00 € (fünf Kinder x 13,00 €), werde durch den verbleibenden Betrag in Höhe von 15,00 € die Lage der Klägerin zu 2. nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Die Gesamteinnahmen seien demnach zunächst um 76,00 € (fünf Kinder x 15,20 € monatlich) zu bereinigen.

30

Von diesem Betrag seien weiter pauschal 30 % der so bereinigten Einnahmen für den angemessenen Sachaufwand abzusetzen. Die Beträge zur Kindertagespflege seien insoweit ebenfalls zweckbestimmt im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 1a SGB II, als sie neben den oben angeführten Aufwendungen für die Unfallversicherung und Altersversorgung einen Betrag von 20 bis 30 % für den mit der Tagespflege verbundenen Sachaufwand enthielten (vgl. im Einzelnen Begründung zum Beschluss Nr. IV 19/2006 des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss -, Leistungsakte Bl. 535-537). Das Gericht gehe davon aus, dass der Sachaufwand für die Tagespflege pauschal mit 30 % anzusetzen sei und dass die Klägerin zu 2. diese Beträge auch zweckentsprechend verwende. Der wesentliche Sachaufwand bestehe hier aus den Aufwendungen für die Räumlichkeiten der Tagespflege, die einschließlich der nachgewiesenen Stromkosten insgesamt 385,70 € monatlich betrügen (35 % von 800,00 € Miete einschließlich Nebenkosten und Kosten für Heizung/Warmwasseraufbereitung + 35 % der nachgewiesenen Stromkosten in Höhe von monatlich 32,00 €). Damit verblieben 115,05 € für weitere Sachaufwendungen wie z. B. Spiel- und Bastelmaterial, Reinigungsmittel und Verwaltungsaufwendungen. Dieser Betrag erscheine notwendig und angemessen, um die laufenden Aufwendungen zu decken. Soweit die Klägerin zu 2. darüber hinaus zahlreiche weitere Aufwendungen geltend gemacht habe, seien diese nicht als Aufwendungen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Verbindung mit § 2b in Verbindung mit § 2, 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom Einkommen abzusetzen. Das Gericht gehe insoweit davon aus, dass Aufwendungen für zusätzliche Angebote wie Ausflüge, musikalische Früherziehung in der Musikschule und Abschiedsfeste von den Eltern der betreuten Kinder gesondert und - wie bei Kindertagesstätten üblich - zusätzlich zum Elternbeitrag zu zahlen seien.

31

Gemäß des zum 01. Januar 2007 in Kraft getretenen § 11 Abs. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) sei das verbleibende Einkommen aus Tagespflege, das für den erzieherischen Einsatz gewährt werde, nur teilweise zu berücksichtigen, nämlich

32

1. für das erste und das zweite Pflegekind nicht

2. für das dritte Pflegekind zu 75 v. H. und

3. für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe.

33

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf den hier streitigen Fall der Tagespflege anzuwenden. Dieses ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, der sich allgemein auf das "Pflegegeld nach dem 8. Buch" beziehe und keine Beschränkung auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII vorsehe. Zum anderen sei auch die Gesetzesbegründung ein gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II (vgl. LSG M-V, Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 -). Die Gesetzesbegründung nehme ausdrücklich auch auf die Tagespflege Bezug und beschreibe, dass sich das Pflegegeld (nach §§ 23, 39 SGB VIII) aus dem Entgelt für die tatsächlichen Ausgaben für das Kind (Aufwendungsersatz) und dem Erziehungsgeld (Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz) zusammensetze. Der Erziehungsbetrag solle nur teilweise auf die Leistungen angerechnet werden (vgl. BT-Drucksache 16/1410 S. 21). Den Umstand, dass die Kindertagespflege zum Teil professionell betrieben werde, habe der Gesetzgeber des § 11 Abs. 4 SGB II allein in der Weise berücksichtigt, dass bei zunehmender Anzahl der Pflegekinder der Erziehungsbeitrag ab dem dritten Pflegekind zu 75 v. H. und ab dem vierten Pflegekind in voller Höhe als Einkommen berücksichtigt werde.

34

Etwas anderes folge auch nicht aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des BSG vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - veröffentlicht in Juris. Die Entscheidung beziehe sich ausdrücklich nur auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII und auf die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006, vor Inkrafttreten des hier streitigen § 11 Abs. 4 SGB II.

35

Schließlich sprächen auch die vom LSG in seinem Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 - angeführten Aspekte der telelogischen Auslegung nicht gegen eine Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II.

36

Nach Auffassung der Kammer könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Tagespflegepersonen ihre Tätigkeit in der Regel erwerbswirtschaftlich ausübten, sodass eine Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II nicht gerechtfertigt erscheine. Die Motivation von Pflegepersonen, ein Kind in Vollzeit- oder Teilzeitpflege aufzunehmen, könne sehr vielfältig sein und hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Unabhängig vom Einzelfall gehe das Gericht jedoch sowohl bei der Vollzeit- als auch bei der Tagespflege regelmäßig davon aus, dass je schlechter die wirtschaftliche Situation der Tagespflegeperson und ihrer Familie sei und je mehr Pflegekinder betreut würden, der sozialbetreuerische Aspekt in den Hintergrund trete und durch die Absicht und Notwendigkeit, mit dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen, verdrängt werde. Diesem Umstand habe der Gesetzgeber letztlich in der Weise Rechnung getragen, dass das Pflegegeld (Erziehungsbeitrag) ab dem vierten Pflegekind voll angerechnet werde.

37

Gegen eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von Tagespflegepersonen spreche auch die in der Gesetzesbegründung dargelegte Vergütungsstruktur des SGB VIII, wonach die Tagespflegeperson kein Entgelt für eine Dienstleistung erhalte, sondern ihr lediglich ein (pauschalisierter) Ersatz für ihre Sachaufwendungen und ein Betrag in Anerkennung der Erziehungsleistung (Erziehungsbeitrag) gewährt werde. Die Höhe des Erziehungsbeitrages für das einzelne Kind sei mit einem erwerbswirtschaftlichen Lohn nicht annähernd vergleichbar. So betrage der Stundenlohn für eine Ganztagspflege (maximal 50 Stunden die Woche bei 20 Arbeitstagen im Monat) 1,40 € pro betreutem Kind (280,22 € € 200 Stunden), der Stundenlohn für eine Teilzeitpflege (maximal 30 Stunden die Woche bei 20 Arbeitstagen) betrage nur 1,26 € pro betreutem Kind. Lediglich bei der Betreuung mehrerer Tagespflegekinder errechne sich ein Stundenlohn, wie er bei einer gering bezahlten Erwerbstätigkeit erzielt werden könnte.

38

Die Privilegierung der Tagespflege in § 11 Abs. 4 SGB II beinhalte auch keinen Wertungswiderspruch zu anderen Grundsätzen der Grundsicherung, insbesondere zum Grundsatz des Forderns (§ 2 SGB II). Die Tagespflegeperson sei bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung in gleicher Weise wie jeder andere Hilfebedürftige verpflichtet, aktiv an allen Maßnahmen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitzuwirken und gegebenenfalls die Tagespflege aufzugeben, um eine besser bezahlte Tätigkeit aufzunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 2. tatsächlich oder rechtlich, z. B. auf Grund der von ihr mit den Eltern der Pflegekinder abgeschlossenen Betreuungsverträge, an einer Arbeitsaufnahme gehindert sei, sehe das Gericht nicht. Der Betreuungsvertrag (Leistungsakte Bl. 73 ff.) enthalte eine Klausel, die eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ermögliche. Ein wichtiger Grund in diesem Sinne dürfte auch anzunehmen sein, wenn die Tagespflege zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden müsse. Im Übrigen dürfte sich dieses Problem praktisch nicht stellen, da die Tagespflege häufig für die betroffenen Pflegepersonen die einzige Möglichkeit darstelle, Arbeit zu finden. Die Zuweisung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II dürfte für Tagespflegepersonen jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn sie in dem Umfang wie von der Klägerin zu 2. ausgeführt werde, weil sie dann als Arbeit zu werten sei.

39

Nach alledem sei § 11 Abs. 4 SGB II hier anzuwenden. Der maßgebende Erziehungsbeitrag errechne sich wie folgt:

40

Für einen Ganztagsplatz:

        

Kosten eines Ganztagesplatzes

415,52 €

- Aufwendungen für Unfallversicherung

 2,20 €

- Aufwendungen für Alterssicherung

 13,00 €

Zwischensumme:

400,32 €

- 30 % Sachaufwendungen

120,10 €

- Erziehungsbeitrag (70 % von 400,32 €)

280,22 €

                 

Für einen Teilzeitplatz:

        

Kosten eines Teilzeitplatzes

249,31 €

- Aufwendungen für Unfallversicherung

 2,20 €

- Aufwendungen für Alterssicherung

 13,00 €

Zwischensumme:

234,11 €

- 30 % Sachaufwendungen

 70,23 €

- Erziehungsbeitrag (70 % von 234,11 €)

163,87 €

41

Bei der Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II gehe das Gericht davon aus, dass die Reihenfolge der Aufnahme der Pflegekinder darüber entscheide, welches erstes, zweites, drittes, viertes oder weiteres Pflegekind sei.

42

Für den Abschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. August 2007 bleibe der Erziehungsbeitrag für die Tagespflege der Kinder P. E. und F. P. (beide ganztags) anrechnungsfrei. Der Beitrag für C. (Teilzeit) bleibe nur in Höhe von 25 % (40,97 €) anrechnungsfrei. Für den Abschnitt 01. September 2007 bis 30. November 2007 bleibe der Erziehungsbeitrag für F. P. (ganztags) und C. (Teilzeit) anrechnungsfrei. Der Beitrag für T. E. (Teilzeit) bleibe nur in Höhe von 25 % (40,97 €) anrechnungsfrei. Für den Dezember bleibe anrechnungsfrei der Betrag für F. P. und T. E. (beide ganztags). Der Beitrag für C2 (ganztags) bleibe zu 25 % (70,05 €) anrechnungsfrei. Der Erziehungsbeitrag für die jeweils übrigen Kinder sei in voller Höhe anzurechnen.

43

Insgesamt sei das Einkommen aus Kindertagespflege nach alledem wie folgt zu berücksichtigen:

44

01. Juli 2007 bis 31. August 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.745,18 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

500,75 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

560,44 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

40,97 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

567,02 €

45

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

46

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

93,14 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

273,63 €

anzurechnendes Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.046,63 €

                 

01. September 2007 bis 30. November 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.578,97 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

450,89 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

444,09 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

40,97 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

567,02 €

47

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

48

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

93,14 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

273,63 €

Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.046,63 €

                 

01. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.745,18 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

500,75 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

560,44 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

70,05 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

537,94 €

49

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

50

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

87,62 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

250,33 €

Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.023,33 €

51

Unter Anrechnung dieses Einkommens ergäben sich für den streitbefangenen Zeitraum die folgenden Leistungsansprüche der Kläger:

52

vom 01. Juli 2007 bis 31. August 2007
in Höhe von monatlich

494,59 €

        

(495,00 € gerundet)

                 

vom 01. September bis zum 31. Dezember 2007
in Höhe von monatlich

517,80 €

        

(518,00 € gerundet)

53

Aus den genannten Gründen sei der Klage stattzugeben.

54

Gegen das der Beklagten am 07. Juli 2008 zugestellte Urteil hat diese am 07. August 2008 Berufung zum Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, das Sozialgericht wende in seinem Urteil fehlerhaft die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auf den angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung einer geeigneten Tagespflegeperson an, welcher an die Klägerin zu 2. gemäß § 23 SGB VIII im Rahmen der laufenden Geldleistung gezahlt werde. Damit stelle das SG Rostock die Geldleistung nach § 23 SGB VIII unzutreffend den gewährten Kosten für die Erziehung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII gleich.

55

Tatsächlich müsse zwischen der Geldleistung nach § 23 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII und derjenigen nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII unterschieden werden. Nach § 23 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII werde ein angemessener Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung gewährt. Der Förderungsauftrag nach § 22 Abs. 3 SGB VIII umfasse neben der Bildung und Betreuung des Kindes auch die Erziehung eines Kindes, sodass der Anteil in dem angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung, der für die Erziehung gewährt werde, nur im Verhältnis zu den weiteren Bestandteilen des Förderungsauftrages gesehen werden könne. Eine ausdrückliche Erwähnung eines Erziehungsbeitrages, wie das SG Rostock es ausführe, finde sich weder im § 22 noch im § 23 Abs. 1, 2 SGB VIII. Hingegen sei in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ausdrücklich von den Kosten für die Erziehung die Rede. Dies mache deutlich, dass eine Differenzierung zwischen den gewährten Geldleistungen nach § 23 Abs. 1 SGB VIII - insbesondere bei dem angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII - und dem Erziehungsbeitrag nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vorgenommen werden müsse. Gestützt werde diese Auffassung dadurch, dass in dem Beschluss Nr. IV 19/2006 vom 29. März 2006 des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss - (vgl. Bl. 535-537 der Verwaltungsvorgänge), bei welchem zwischen angemessenem Sachaufwand und angemessenem Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung unterschieden werde, mithin der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII übernommen worden sei. Da also im § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII lediglich von einer laufenden Geldleistung die Rede sei, mit der auch der Anteil der Tätigkeit, der für die Erziehung erbracht werde, anerkannt werde, könne § 11 Abs. 4 SGB II bei der Berechnung von anzurechnendem Einkommen aus der Tätigkeit als Tagespflegeperson keine Anwendung finden. In § 11 Abs. 4 SGB II sei ausschließlich der Erziehungsbeitrag genannt. Der Gesetzgeber habe auch nicht mit einem Geldbetrag, der für den erzieherischen Anteil der Tätigkeit einer Tagespflegeperson erbracht werde, den in § 11 Abs. 4 SGB II aufgeführten Betrag gemeint. Dafür spreche, dass in der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/1410 S. 21, wie das SG in seiner Begründung richtig ausführe, zwar die Tagespflege genannt sei. Der Gesetzgeber selbst gehe aber von einem Erziehungsbeitrag von derzeit 202,00 € aus, welcher von dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. empfohlen werde. Dieser Betrag liege unter dem, den das SG Rostock bei seiner Berechnung des Einkommens zugrunde lege. Das SG bringe von den erzielten Einnahmen der Klägerin zu 2. 70 % als Erziehungsbeitrag in Ansatz und stütze dieses auf den oben genannten Beschluss des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss -, der 70 bis 80 % als angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung in Ansatz bringe. Der sich dadurch ergebende Anteil sei mithin höher, als der Gesetzgeber es selbst vorsehe. Soweit in der Gesetzesbegründung die Tagespflege genannt sei, sei dieses als redaktionelles Versehen anzusehen, da tatsächlich ein beschränkter Regelungsgehalt beabsichtigt und geregelt worden sei. In der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, woraus sich Pflegegeld im Sinne des § 11 Abs. 4 SGB II zusammensetze. Zum einen setze sich dieses aus dem Entgelt für die tatsächlichen Aufwendungen für das Kind oder im Zusammenhang mit der Tagespflege (Aufwendungsersatz) zusammen. Die Aufwendungen für das Kind entstünden aber nach Ansicht der Beklagten nur, wenn das Kind in Vollzeitpflege sei. Mit den Aufwendungen für das Kind seien die Kosten nach § 39 SGB VIII gemeint, nämlich der notwendige Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen, denn der § 23 SGB VIII kenne Kosten für das Kind nicht. Weiter werde in der Gesetzesbegründung Erziehungsgeld erwähnt, was tatsächlich die Kosten für die Erziehung seien - also der Erziehungsaufwand nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Für die Tagespflege nach § 22 SGB VIII werde lediglich der angemessene Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung gewährt.

56

Unterstützt werde diese Auffassung mit dem von den Klägern im Rahmen des Eilverfahrens (S 12 ER 188/07, L 10 B 313/07) beigefügten Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 24. Mai 2007 zur einkommenssteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistung für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege. In diesem Schreiben werde deutlich gemacht, dass egal, wie viele Kinder von einer Tagespflegeperson betreut würden, diese Tätigkeit immer eine selbstständige Tätigkeit sei, da sie vorrangig auf die Erzielung von Einkommen ausgerichtet sei. Hingegen werde bei der Vollzeitpflege erst von einer widerleglichen Vermutung für eine Erwerbstätigkeit ausgegangen, wenn die Summe der Erziehungsbeiträge pro Pflegehaushalt im Jahr 24.000,00 € übersteige. Ausdrücklich hinzuweisen sei an dieser Stelle darauf, dass in dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums bei der Kindertagespflege ein Erziehungsbeitrag nicht genannt werde. Letztlich finde die Beklagte ihre Auffassung auch in der Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom 20. November 2006 bestätigt. In der Pressemitteilung werde zu den Auswirkungen der SGB-II-Änderung auf die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII Stellung genommen. Eine Erwähnung der Tagespflege nach § 22 SGB VIII erfolge nicht. Die Beklagte sehe darin die Bestätigung, dass die Neuregelung des § 11 Abs. 4 SGB II sich nicht auf die gewährten Geldleistungen nach § 23 SGB VIII beziehe. Im Übrigen werde sich der Begründung des LSG M-V zur Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 4 SGB II bei Tagesmüttern in dem vorgegangen Eilverfahren angeschlossen. Danach stehe die Einkommenserzielung im Rahmen der Tagesmuttertätigkeit im Gegensatz zu einer Vollzeitpflege regelmäßig im Vordergrund. Soweit das SG argumentativ ausführe, dass sowohl bei der Vollzeit- als auch bei der Tagespflege regelmäßig davon auszugehen sei, dass, je schlechter die wirtschaftliche Situation der Tagespflegeperson und ihrer Familie sei und um je mehr Pflegekinder betreut würden, der sozialbetreuerische Aspekt in den Hintergrund trete und der finanzielle Aspekt in den Vordergrund rücke, diesem vom Gesetzgeber durch die Anrechnung des vollen Erziehungsbeitrages bei dem vierten Kind Rechnung getragen worden sei, werde die grundsätzlich verschiedenartige Konzeption der Vollzeit- und Tagespflege verkannt. Die in § 11 Abs. 4 SGB II enthaltene volle Berücksichtigung des vierten Kindes spiegele insoweit lediglich den Willen des Gesetzgebers wider, auch bei Vollzeitpflege den wirtschaftlichen Aspekt nicht gänzlich unberücksichtigt zu lassen. Soweit das SG in seiner Begründung auf die Vergütungsstruktur des SGB VIII Bezug nehme, sei diesem entgegen zu halten, dass die Tagesmuttertätigkeit, wie das LSG richtig ausgeführt habe, anders als die Pflegeelterntätigkeit steuerrechtlich als gewerblich selbstständige Tätigkeit einzustufen sei, also erwerbswirtschaftlich Berücksichtigung finde. Soweit das SG weiter ausführe, dass die Pflegetätigkeit jeder Zeit zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden könne, übersehe es den vom LSG aufgezeigten Wertungswiderspruch. Danach müsse eine Privilegierung des Einkommens aus der Tagesmuttertätigkeit entfallen, da anderenfalls zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit die Tätigkeit für wesentlich schlechter bezahlte Erwerbstätige aufgebeben werden müsste, um nicht eine Subventionierung von Betreuungseinrichtung durch den Grundsicherungsträger auszulösen. Die jederzeitige Möglichkeit der Beendigung der Tagesmuttertätigkeit sei insoweit unerheblich.

57

Darüber hinaus dürfte die Berechnung des SG selbst unter Beachtung von § 11 Abs. 4 SGB II fehlerhaft sein. So sei darauf hinzuweisen, dass durch den vorgenommenen Abzug von Sachaufwendungen in Höhe von 30 % der gesamten Einnahmen aus der Tagesmuttertätigkeit und der nachfolgend vom verbleibenden Einkommen abgesetzte Anteil der nach Auffassung des SG von § 11 Abs. 4 SGB II privilegierten Pflegegelder, eine ungerechtfertigte doppelte Begünstigung der Einkommensberechnung eintrete. Zudem sei auch die vorgenommene Privilegierung nach der Reihenfolge der Annahme der Kinder nicht sachgerecht, da es insoweit tatsächlich vom Zufall abhänge, in welcher Höhe eine Privilegierung eintrete. Argumente, die gegen die Bildung eines Durchschnittswertes sprächen, seien insoweit nicht ersichtlich. Ferner sei die Berechnung des Freibetrages fehlerhaft. Entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 4 SGB II fänden bei einer Anwendung der Privilegierung die Abs. 1 bis 3 des § 11 SGB II keine Anwendung.

58

Die Beklagte beantragt,

59

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Juni 2008

60

aufzuheben und die Klage abzuweisen.

61

Die Kläger beantragen,

62

die Berufung zurückzuweisen.

63

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es sei falsch aus welcher Sicht die Beklagte die Berufung führe, denn auch nach erneuter Anfrage des Bundesverbandes für Kindertagespflege bestätige dieser das Urteil nach weiteren Anfragen bei Rechtsexperten. Das Jobcenter versuche die Rechtsprechung zu ihren Gunsten umzulegen, um eine weitläufige Kostenersparnis zu erzielen; dieses ließen sie nach geltendem Recht nicht zu, da es weitaus größere Auswirkungen auf die gesamte Kindertagespflege habe, um den Erhalt der Kindertagespflege bundesweit zu sichern und zu erhalten, so wie es auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorsehe. Eine Rechtsprechung gegen das gefallene Urteil sei kinderfeindlich mit den dann erheblichen Auswirkungen bundesweit. Die Anrechnung des § 11 Abs. 4 SGB II sei zulässig und im deutschen Recht anwendbar.

64

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

65

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nur im tenorierten Umfang begründet.

66

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist hier lediglich der Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli bis 31. Dezember 2007, da die Beteiligten sich einvernehmlich auf diesen Bewilligungsabschnitt beschränkt haben und sich die Beklagte verpflichtet hat, die Leistungen für nachfolgende Bewilligungsabschnitte nach Rechtskraft des Urteils im anhängigen Verfahren neu zu berechnen.

67

Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die Kläger im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II gewesen sind und Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehabt haben.

68

Zutreffend hat das SG darüber hinaus einen Bedarf der aus den Klägern bestehenden Bedarfsgemeinschaft von insgesamt 1.541,22 € monatlich festgestellt. Diesbezüglich sei auf die Entscheidungsgründe der ersten Instanz zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Dieser Bedarf ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

69

Zutreffend hat das SG darüber hinaus festgestellt, dass diesem Bedarf zunächst ein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II in Höhe von insgesamt 373,00 € gegenüber steht, dass sich aus dem Kindergeld (308,00 €), den Unterhaltsvorschüssen (insgesamt 298,00 €) und dem Wohngeld (insgesamt 197,00 €) ergibt.

70

Zutreffend - und auch zwischen den Beteiligten unstreitig - hat das SG angenommen, dass das Einkommen aus der Tagespflege grundsätzlich zu berücksichtigen ist.

71

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das SG hier zutreffend angenommen, dass die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf den Fall der Tagespflege anzuwenden ist.

72

Gemäß des zum 01. Januar 2007 in Kraft getretenen § 11 Abs. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) wird abweichend von den Abs. 1 bis 3 der Teil des Pflegegeldes nach dem 8. Buch, der für erzieherischen Einsatz gewährt wird,

73

1. für das 1. und 2. Pflegekind nicht,

2. für das 3. Pflegekind zu 75 v. H.,

3. für das 4. und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt.

74

Auch der Senat ist in Übereinstimmung mit der ersten Instanz entgegen der Auffassung der Beklagten der Ansicht, dass die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf die Tagespflege anzuwenden ist. Dies ergibt sich bereits aus dem reinen Wortlaut der Norm, die lediglich Pflegegeld nach dem 8. Buch benennt. Eine Unterscheidung in die Leistungen nach § 23 SGB VIII (Tagesmütter) und § 39 SGB VIII (Pflegeeltern) wird in § 11 Abs. 4 SGB II eben nicht vorgenommen und vor allem nicht etwa nur das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII benannt. Ferner wird nicht in irgendeiner Weise klargestellt, dass der Abs. 4 nicht auch die Leistungen des § 23 SGB VIII umfasst.

75

Darüber hinaus sieht auch der Senat in der seinerzeitigen Gesetzesbegründung ein gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II auf die Tagespflege (vgl. BT-Drucksache 16/1410 zu b, S. 21). Dort wird ausdrücklich beschrieben, dass das Pflegegeld nach dem SGB VIII sich aus dem Zusammenhang mit der Tagespflege (Aufwendungsersatz) und Erziehungsgeld (Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz) oder aus Entgelt für tatsächliche Ausgaben für das Kind zusammensetzt. Somit wird in der Gesetzesbegründung eindeutig auch die Tagespflege im Sinne des § 23 SGB VIII benannt, und ist diese auch gemeint, sodass es sich nicht lediglich um ein redaktionelles Versehen - wovon die Beklagte ausgeht - handelt (vgl. auch SGB-II-Kommentar Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 11 Rn. 45-46; Münder SGB-II-Kommentar, 2. Aufl. 2007 RdNr. 58; Schlegel und Voelzke in Juris-Praxiskommentar 2. Aufl. 2007 Rz. 100 ff.).

76

Wenn die Beklagte ausführlich auf die Unterschiede der Leistungen nach § 23 und § 39 SGB VIII abstellt, mag dies durchaus zutreffend sein, ändert jedoch nichts daran, dass in der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II lediglich pauschal nur das Pflegegeld nach dem 8. Buch benannt ist und eben nicht nach den einzelnen Pflegeleistungen unterschieden wird.

77

Gegen eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Tagespflegepersonen spricht auch nach Ansicht des Senates die in der Gesetzesbegründung dargestellte Abgeltung des Pflegegeldes. Hiermit soll der Aufwendungsersatz, der mit der Tagespflege in Zusammenhang steht, abgegolten werden und daneben lediglich ein Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz, das sogenannte Erziehungsgeld, gewährt werden. Es handelt sich somit nicht etwa um eine Vergütung der Tagespflege, sondern lediglich um den Ersatz entstehender Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tagespflege und um die Anerkennung des geleisteten erzieherischen Einsatzes.

78

Auch der Senat ist, in Übereinstimmung mit der Ansicht der ersten Instanz, der Auffassung, dass dem Umstand, dass bei der Betreuung mehrerer Tageskinder daraus die Erzielung eines Einkommens in den Vordergrund tritt in der Weise in der Regelung des § 11 Abs. 4 Rechnung getragen wird, dass der Erziehungsbeitrag lediglich für die erste beiden Pflegekinder anrechnungsfrei ist, dass 3. Pflegekind zu 75 v. H. und ab dem 4. Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt wird. Eine tatsächliche erwerbswirtschaftliche Tätigkeit wird somit auf Grund der Anrechnungsvorschriften ab dem 3. Kind unterbunden.

79

Der Senat sieht in der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 4 SGB II auf die Tagespflege ebenfalls keinen Wertungswiderspruch zu anderen Grundsätzen der Grundsicherung, insbesondere zum Grundsatz des Forderns gemäß § 2 SGB II. Auch Tagespflegepersonen sind bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung in gleicher Weise wie andere Hilfebedürftige verpflichtet, aktiv an allen Maßnahmen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitzuwirken und auch ggf. die Tagespflege aufzugeben. Hier sei darauf hingewiesen, dass die hier vorliegenden Betreuungsverträge eine Klausel enthalten, die eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ermöglichen. Dieser ist auch nach Ansicht des Senates anzunehmen, wenn die Tagespflege zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden muss.

80

Auf Grund der Anrechnungsvorschriften des § 11 Abs. 4 SGB II sieht der Senat eben nicht die Gefahr, dass ein Fordern auf Grund einer Tagespflegetätigkeit nicht mehr gegeben ist, da eben nur die erste beiden Kinder anrechnungsfrei bleiben und die weitere Kinderbetreuung sehr wohl berücksichtigt wird, sodass die Betreuung einer Vielzahl von Kindern in Tagespflege den Hilfebedürftigen sogar auf Grund der Anrechnungsmodalitäten aus dem Alg-II-Bezug herausdrängen würde und somit gar kein Anspruch bestünde. Bei lediglich zwei anrechnungsfreien und einem 1/4-anrechnungsfreien 3. Pflegekind können nach Ansicht des Senates keine derartigen Einnahmen erzielt werden, die dem Grundsatz des Forderns widersprechen, da durch eine "normale Arbeitsaufnahme" in der Regel höhere Einkünfte zu erzielen sind.

81

Gegen die Anwendung der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II spricht auch nicht die von der Beklagten ins Feld geführte Entscheidung des BSG vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - veröffentlicht in Juris. Diese Entscheidung bezieht sich zum einen ausdrücklich nur auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII (Pflegeeltern) und nicht nach § 23 SGB VIII (Tagesmütter) und zum anderen ausdrücklich auch nur auf die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006, also nur auf die Zeit vor Inkrafttreten des hier streitigen § 11 Abs. 4 SGB II. Im vorliegenden Fall handelt es sich zum einen nicht um Pflegeeltern und zum anderen wird hier über einen Zeitraum im Jahre 2007 gestritten, zu dem sich das BSG ausdrücklich nicht geäußert hat.

82

Der 8. Senat setzt sich mit seiner Entscheidung auch nicht in Widerspruch zum Beschluss des LSG M-V vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07, da hier der 10. Senat, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens im Ergebnis als offen angesehen hat.

83

Der Senat stimmt somit im Ergebnis der ersten Instanz insoweit zu, als auch er die Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II für anwendbar erachtet.

84

Der Senat folgt der ersten Instanz ebenfalls dahingehend, dass die Kinder nach ihrem zeitlichen Eintritt zu berücksichtigen sind. Dies mag - wie die Beklagte zu Recht bemängelt - Zufälligkeiten gerade bezüglich ganztags- oder halbtagsbetreuter Kinder beinhalten. Nach Ansicht des Senates sind diese Zufälligkeiten schlicht hinzunehmen, da diese Vorgehensweise der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II entspricht und eben dort nicht z. B. vom Durchschnitt der Kinder ausgegangen wird. Derartige Zufälligkeiten sind ähnlich wie Stichtagsregelung hinzunehmen.

85

Hinsichtlich der weiteren Berechnungsmodalitäten vermag sich der Senat den Ausführungen der ersten Instanz aber nicht anzuschließen.

86

Der Senat kann der ersten Instanz nicht dahingehend folgen, dass ein Teil der Einnahmen nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu werten sei, da es sich insoweit um zweckbestimmte Einnahmen handele. Nach Ansicht des Senates bestimmt die Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II auf Grund der Formulierung "abweichend von den Abs. 1 bis 3" eindeutig, dass eine Anwendung der Abs. 1 bis 3 ausgeschlossen ist, wenn es zu der Anwendung des Abs. 4 kommt. Demnach kann hier lediglich nur der Abs. 4 des § 11 SGB II zur Anwendung kommen und weitere Absetzungen - wie von der ersten Instanz vorgenommen - auf Grund der Regelungen des § 11 Abs. 1 bis 3 SGB II scheiden hier aus. § 11 Abs. 4 SGB II trifft ausdrücklich eine von den Abs. 1 bis 3 abweichende Sonderregelung (Eicher/Spellbrink SGB-II-Kommentar RdNr. 49; Schlegel/Voelzke, Juris-Praxiskommentar RdNr. 102).

87

Hinsichtlich der Höhe des für den erzieherischen Einsatzes gewährten Pflegegeldes ist diese nach Ansicht des Senates - entgegen den Ausführungen der ersten Instanz - der Gesetzesbegründung (vgl. Drucksache 1614 c) folgend mit 202,00 € (Ganztag) und 101,00 € (Teilzeit) pro Kind und Monat zu bewerten (vgl. Schlegel/Voelzke in Juris-Praxiskommentar 2. Aufl. 2007 § 11 Rn. 100).

88

Nach alledem ist das Einkommen nach § 11 Abs. 4 SGB II wie folgt zu berücksichtigen:

89

Juli

                    

1. P. E.

Ganztag

keine Anrechnung

2. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C.

Teilzeit

 75,75 € (75 % von 101,00 €)

4. T.

Teilzeit

101,00 € volle Anrechnung

5. C2

Ganztag

202,00 € volle Anrechnung

insgesamt:

        

378,75 €

                          

August

                 

1. P. E.

Ganztag

keine Anrechnung

2. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C.

Teilzeit

 75,75 €

4. T.

Teilzeit

101,00 €

5. C2

Ganztag

202,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

September

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

Oktober

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

November

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

Dezember

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. T.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C2

Ganztag

151,50 €

4. S.

Teilzeit

101,00 €

5. F. J.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

353,50 €

90

Auf Grund obiger Berechnungen ergibt sich, dass das zu berücksichtigende Pflegegeld für den erzieherischen Einsatz für die Monate Juli bis November - trotz wechselnder Kinder - 378,75 € beträgt, sodass sich für diese Monate ein Fehlbedarf in Höhe von 389,47 € ergibt (1.541,22 € Bedarf - 773,00 € [Kindergeld 308,00 €/Unterhaltsvorschüsse 298,00 € und Wohngeld 197,00 €] - 378,75 € zu berücksichtigendes Pflegegeld gemäß § 11 Abs. 4 SGB II = 389,47 €).

91

Für den Monat Dezember ergibt sich auf Grund des zu berücksichtigenden Pflegegeld gemäß § 11 Abs. 4 SGB II in Höhe von 353,50 € folgende Berechnung: 1.541,22 € - 773,00 € - 353,50 € = 414,72 € Fehlbetrag für Dezember.

92

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

93

Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 SGG).

(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne dieses Buches zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch für Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen. Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen. Der Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen. Dies gilt auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.

(2) Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dies gilt auch für Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden.

(3) Würde der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung einer als Nachzahlung zufließenden Einnahme, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht wird, in diesem Monat entfallen, so ist diese Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich ab dem Monat des Zuflusses mit einem entsprechenden monatlichen Teilbetrag zu berücksichtigen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Juni 2008 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern für den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wie folgt zu gewähren:

01. Juli 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 389,47 € und 01. Dezember bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 414,72 €.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat den Klägern 3/4 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Kläger für den Bewilligungszeitraum von Juli bis Dezember 2007 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende haben und hierbei insbesondere, inwieweit das Pflegegeld zu berücksichtigen ist.

2

Der im Jahre 1978 geborene Kläger zu 1. ist erwerbslos und bezog seit 2005 bis zum Juni 2007 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Er lebt zusammen mit seiner Partnerin, der Klägerin zu 2., und deren Kinder F. E. (geboren im September 1998) und D. (geboren im März 2000).

3

Seit dem 01. Juni 2006 bewohnen die Kläger ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von insgesamt 120 m². Im Untergeschoss des Hauses (64,57 m²) werden derzeit fünf Kleinkinder in Tagespflege betreut. Laut Mietvertrag vom 04. Mai 2006 beträgt die Miete für das gesamte Haus 600,00 €. Die Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäude- und Grundstückshaftpflicht, Straßenreinigungsgebühren, Müllgebühren) betragen 50,00 € monatlich. Die Aufwendungen für Heizung einschließlich der Warmwasseraufbereitung betragen 150,00 € monatlich. Die Stromkosten für das Haus betragen 82,00 € monatlich. Wassergebühren fallen in Höhe von 70,00 € monatlich an.

4

Für die Kinder wurde Kindergeld in Höhe von je 154,00 € monatlich und ein Unterhaltsvorschuss in Höhe von je 149,00 € monatlich gezahlt.

5

Der Kläger zu 1. bezog Wohngeld in Höhe von monatlich 134,57 €. Der Klägerin zu 2. wurde Wohngeld in Höhe von 32,43 € monatlich bewilligt.

6

Die Klägerin zu 2. hatte weiter Einkommen als Tagesmutter. Für die Betreuung eines Ganz-Tags-Kindes erhielt sie 415,52 €; für ein Kind in Teilzeitpflege 249,31 € monatlich. Im Einzelnen wurden im streitbefangenen Zeitraum die folgenden Kinder in Tagespflege betreut:

7

- P. E. seit 01. September 2006 bis 31. August 2007 ganztags,

- F. P. seit 01. September 2006 ganztags,

- C. seit 01. Februar 2007 bis 30. November 2007 Teilzeit,

- T. E. seit 01. Mai 2007 Teilzeit, ab 01. Dezember 2007ganztags,

- C2 seit 01. Juni 2007 ganztags,

- S. seit 01. September 2007 Teilzeit,

- F. J. seit 01. Dezember Teilzeit.

8

Die Klägerin zu 2. hatte Aufwendungen für eine private Krankenversicherung in Höhe von 150,00 €. Die Beiträge für eine private Rentenversicherung betrugen 50,00 € monatlich. Aufwendungen für eine Kfz-Haftpflichtversicherung wurden in Höhe von 19,99 € monatlich geltend gemacht.

9

Am 05. Juni 2007 beantragte der Kläger zu 1. die Fortzahlung des Alg II ab dem 01. Juli 2007.

10

Mit Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2007 lehnte diese den Antrag ab und führte unter anderem zur Begründung aus, dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege.

11

Mit dem dagegen am 17. Juli 2007 erhobenen Widerspruch reichte er bei der Beklagten eine umfangreiche Auflistung aller, insbesondere der im Zusammenhang mit der Tagespflege, anfallenden Aufwendungen ein.

12

Am 20. Juli 2007 beantragte der Kläger zu 1. einstweiligen Rechtsschutz beim SG Rostock unter dem Az. S 12 ER 188/07 - AS und erhob nach Erlass des ablehnenden Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 am 28. August 2007 Klage vor dem SG.

13

Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das LSG Mecklenburg-Vorpommern mit Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 - den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, vor dem Hintergrund, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei, bestehe keine Eilbedürftigkeit. Zu den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens wurde ausgeführt, dass die streitige Rechtsfrage, ob § 11 Abs. 4 SGB II auf Tagesmütter anzuwenden sei, bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Es handele sich um eine höchst schwierige Rechtsfrage. Es sprächen sowohl Argumente für als auch gegen eine Anwendbarkeit. Nahezu alleiniges, aber immerhin gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II sei die Gesetzesbegründung, in der die Tagesmütter ausdrücklich angesprochen würden. Gegen eine Anwendung der Vorschrift sprächen diverse Aspekte der teleologischen Auslegung. Während bei Pflegeeltern in Vollzeitpflege noch der ehrenamtliche sozialbetreuerische Aspekt im Vordergrund stehe, gebe es keine Zweifel daran, dass die Tagesmutter-Tätigkeit auch in erster Linie ausgeübt werde, um hieraus Einkommen zu erzielen. Beide Tätigkeiten würden auch in anderen Rechtsgebieten (Steuerrecht und Rentenversicherungsrecht) erheblich unterschiedlich behandelt. Bei weitreichender Privilegierung der Tagesmutter-Tätigkeit im Bereich der Grundsicherung stelle sich zudem die Frage, inwieweit eine Tagesmutter dann andere Gelegenheiten zur Einnahmeerzielung abschlagen dürfte. Da es nicht Aufgabe der Grundsicherungsträger sei, für ausreichend Betreuungsmöglichkeiten im Sinne des SGB VIII zu sorgen, dürfe eine Privilegierung bei der Vermittlung in eine Tätigkeit zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit gerade nicht erfolgen.

14

Der Kläger zu 1. hat zur Begründung unter anderem vorgebracht, dass die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 2007 das Einkommen aus der Tagespflege fehlerhaft in voller Höhe angerechnet habe. Es handele sich nicht um eine erwerbsmäßige Tagespflege, da nicht mehr als fünf Kinder betreut würden. Die Klägerin zu 2. sei von der Steuerpflicht und der Rentenversicherungspflicht befreit. Er berufe sich auf die seit dem 01. Januar 2007 geltende Rechtslage und sei der Auffassung, dass § 11 Abs. 4 SGB II Anwendung finden müsse.

15

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand einvernehmlich in der mündlichen Verhandlung des SG vom 26. Juni 2008 auf den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli bis 31. Dezember 2007 beschränkt. Die Beklagte hat sich verpflichtet, die Leistungen für nachfolgende Bewilligungsabschnitte nach Rechtskraft des Urteils im anhängigen Verfahren neu zu berechnet.

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Die Kläger haben beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 zu verpflichten, für den Bewilligungsabschnitt ab 01. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in gesetzmäßiger Höhe zu gewähren.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte hat zur Begründung unter anderem vorgebracht, es liege keine Hilfebedürftigkeit vor. Das Einkommen aus der Tagespflege sei anzurechnen. Bei Ermittlung des anzurechnenden Einkommens sei § 11 Abs. 4 SGB II nicht anzuwenden. Die Beklagte hat insoweit auf die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R -, in dem über das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII entschieden worden sei, verwiesen. Das BSG habe ausführlich zur Anrechnung des Erziehungsbeitrages Stellung genommen und sich mit den Intentionen des Gesetzgebers auseinandergesetzt, der "ausweislich der Gesetzesmaterialien zum SGB XIII ... durch die verbesserten materiellen Leistungen für Pflegekinder im SGB VIII breitere Bevölkerungsschichten zur Aufnahme fremder Kinder habe motivieren wollen". Diese Anreizfunktion beizubehalten, sei auch bei Personen, die im SGB II-Leistungsbezug stünden, geboten. Hervorzuheben sei, dass das BSG nur auf das Pflegegeld nach SGB VIII eingegangen sei. Im Umkehrschluss folge daraus, dass das BSG von einer Nichtberücksichtigung des Erziehungsbeitrages bei der Kindertagespflege ausgehe. Tagesmütter arbeiteten nicht ehrenamtlich, sondern verstünden sich als Erbringerin einer Dienstleistung, für die sie eine angemessene Vergütung erwarteten. Diese Vergütung sei in vollem Umfang bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens zu berücksichtigen.

21

Das SG hat die Beklagte durch Urteil vom 26. Juni 2008 unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2007 verurteilt, den Klägern für den Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wie folgt zu gewähren: 01. Juli 2007 bis 30. November 2007 in Höhe von monatlich 495,00 € und 01. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007 in Höhe von 518,00 €.

22

Zur Begründung - auf die im Einzelnen Bezug genommen wird - hat es unter anderem ausgeführt, die Kläger seien im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II gewesen und hätten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehabt.

23

Der Bedarf der aus den Klägern bestehenden Bedarfsgemeinschaft betrage insgesamt 1.541,22 € monatlich. Er setze sich zusammen aus den Regelleistungen gemäß § 20 SGB II, die hier insgesamt 1.040,00 € betrage (je 312,00 € für die Kläger zu 1. und zu 2. und je 208,00 € für die beiden minderjährigen Kinder), und den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II, die hier tatsächlich 501,22 € monatlich betrügen.

24

Bei den Aufwendungen für Unterkunft (Miete einschließlich Betriebskosten) habe das Gericht lediglich 65 % der Aufwendungen (422,50 €) berücksichtigt, da 35 % des Hauses für die Tagespflege genutzt würden und damit nicht der Unterkunft dienten. Die Heizkosten seien ebenfalls nur zu 65 % als unterkunftsbezogen zu berücksichtigen und betrügen damit 97,30 €. Da die Heizkosten die Kosten der Warmwasseraufbereitung enthielten, die durch die Regelleistungen bereits abgedeckt würden, seien die Heizkosen weiter um die in der Regelleistung insoweit vorgesehenen Pauschbeträge zu mindern (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - veröffentlicht bei Juris). Für die hier maßgebenden Regelleistungen betrage die Warmwasserpauschale für die Kläger zu 1. und zu 2. je 5,63 € monatlich, für die beiden minderjährigen Kinder je 3,47 € monatlich. Für die Bedarfsgemeinschaft insgesamt ergäben sich danach Kosten für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von monatlich 18,78 €. Die Heizkosten betrügen demnach 78,72 € monatlich (97,50 € minus 18,78 €).

25

Gegen die Angemessenheit dieser Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestünden keine Bedenken, weil insbesondere die Kaltmiete einschließlich Betriebskosten in Höhe von 422,50 € nicht die nach der Richtlinie der Beklagten angemessenen Aufwendungen (425,00 €) überstiegen. Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Heizung in Höhe von 78,72 € unangemessen seien, sehe das Gericht nicht. Insbesondere könne den Klägern insoweit kein unwirtschaftliches Verhalten unterstellt werden. Soweit die Beklagte in ihrer Richtlinie vom 29. Mai 2006 niedrigere Heizkostenpauschalen vorsehe (für einen 4-Personen-Haushalt 90 m² x 0,80 € = 72,00 €) habe das Gericht erhebliche Bedenken, ob diese Pauschale den tatsächlichen Hauskostenpreisen Rechnung trage. So habe die Beklagte selbst noch in ihrer Richtlinie vom 31. August 2005 eine Hauskostenpauschale von 0,90 € je m² anerkannt, diese jedoch in der jetzt geltenden Richtlinie vom 29. Mai 2006 trotz gestiegener Heizkostenpreise auf 0,80 € je m² abgesenkt.

26

Diesem Bedarf stehe das folgende anzurechnende Einkommen gegenüber:

27

Zunächst sei Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II in Höhe von insgesamt 773,00 € zu berücksichtigen, das sich aus dem Kindergeld (308,00 €), den Unterhaltsvorschüssen (insgesamt 298,00 €) und dem Wohngeld (insgesamt 167,00 €) ergebe.

28

Weiter zu berücksichtigen sei das Einkommen aus Tagespflege. Insgesamt habe das Einkommen aus Tagespflege in der Zeit vom 01. Juli 2007 bis zum 31. August 2007 monatlich 1.745,18 € betragen. Ab dem 01. September 2007 habe das Einkommen 1.578,97 € monatlich und ab dem 01. Dezember 2007 wieder 1.745,18 € betragen.

29

Ein Teil dieser Einnahmen sei nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu werten, da es sich insoweit um zweckbestimmte Einnahmen handele, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienten und deren Anrechnung nicht gerechtfertigt erscheine (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1a SGB II). So werde ein Betrag von je 13,00 € je Kind monatlich als Erstattung der hälftigen Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung und ein weiterer Betrag in Höhe von 2,20 € je Kind monatlich zu den Aufwendungen für eine Unfallversicherung gezahlt. Diese Beträge würden von der Klägerin zu 2. auch weitgehend zweckentsprechend verwandt. Soweit die tatsächlichen Aufwendungen für die Alterssicherung (50,00 € monatlich) niedriger seien, als die vom Landkreis hierfür vorgesehenen 65,00 € (fünf Kinder x 13,00 €), werde durch den verbleibenden Betrag in Höhe von 15,00 € die Lage der Klägerin zu 2. nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Die Gesamteinnahmen seien demnach zunächst um 76,00 € (fünf Kinder x 15,20 € monatlich) zu bereinigen.

30

Von diesem Betrag seien weiter pauschal 30 % der so bereinigten Einnahmen für den angemessenen Sachaufwand abzusetzen. Die Beträge zur Kindertagespflege seien insoweit ebenfalls zweckbestimmt im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 1a SGB II, als sie neben den oben angeführten Aufwendungen für die Unfallversicherung und Altersversorgung einen Betrag von 20 bis 30 % für den mit der Tagespflege verbundenen Sachaufwand enthielten (vgl. im Einzelnen Begründung zum Beschluss Nr. IV 19/2006 des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss -, Leistungsakte Bl. 535-537). Das Gericht gehe davon aus, dass der Sachaufwand für die Tagespflege pauschal mit 30 % anzusetzen sei und dass die Klägerin zu 2. diese Beträge auch zweckentsprechend verwende. Der wesentliche Sachaufwand bestehe hier aus den Aufwendungen für die Räumlichkeiten der Tagespflege, die einschließlich der nachgewiesenen Stromkosten insgesamt 385,70 € monatlich betrügen (35 % von 800,00 € Miete einschließlich Nebenkosten und Kosten für Heizung/Warmwasseraufbereitung + 35 % der nachgewiesenen Stromkosten in Höhe von monatlich 32,00 €). Damit verblieben 115,05 € für weitere Sachaufwendungen wie z. B. Spiel- und Bastelmaterial, Reinigungsmittel und Verwaltungsaufwendungen. Dieser Betrag erscheine notwendig und angemessen, um die laufenden Aufwendungen zu decken. Soweit die Klägerin zu 2. darüber hinaus zahlreiche weitere Aufwendungen geltend gemacht habe, seien diese nicht als Aufwendungen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Verbindung mit § 2b in Verbindung mit § 2, 2a Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom Einkommen abzusetzen. Das Gericht gehe insoweit davon aus, dass Aufwendungen für zusätzliche Angebote wie Ausflüge, musikalische Früherziehung in der Musikschule und Abschiedsfeste von den Eltern der betreuten Kinder gesondert und - wie bei Kindertagesstätten üblich - zusätzlich zum Elternbeitrag zu zahlen seien.

31

Gemäß des zum 01. Januar 2007 in Kraft getretenen § 11 Abs. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) sei das verbleibende Einkommen aus Tagespflege, das für den erzieherischen Einsatz gewährt werde, nur teilweise zu berücksichtigen, nämlich

32

1. für das erste und das zweite Pflegekind nicht

2. für das dritte Pflegekind zu 75 v. H. und

3. für das vierte und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe.

33

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf den hier streitigen Fall der Tagespflege anzuwenden. Dieses ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Vorschrift, der sich allgemein auf das "Pflegegeld nach dem 8. Buch" beziehe und keine Beschränkung auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII vorsehe. Zum anderen sei auch die Gesetzesbegründung ein gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II (vgl. LSG M-V, Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 -). Die Gesetzesbegründung nehme ausdrücklich auch auf die Tagespflege Bezug und beschreibe, dass sich das Pflegegeld (nach §§ 23, 39 SGB VIII) aus dem Entgelt für die tatsächlichen Ausgaben für das Kind (Aufwendungsersatz) und dem Erziehungsgeld (Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz) zusammensetze. Der Erziehungsbetrag solle nur teilweise auf die Leistungen angerechnet werden (vgl. BT-Drucksache 16/1410 S. 21). Den Umstand, dass die Kindertagespflege zum Teil professionell betrieben werde, habe der Gesetzgeber des § 11 Abs. 4 SGB II allein in der Weise berücksichtigt, dass bei zunehmender Anzahl der Pflegekinder der Erziehungsbeitrag ab dem dritten Pflegekind zu 75 v. H. und ab dem vierten Pflegekind in voller Höhe als Einkommen berücksichtigt werde.

34

Etwas anderes folge auch nicht aus der von der Beklagten angeführten Entscheidung des BSG vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - veröffentlicht in Juris. Die Entscheidung beziehe sich ausdrücklich nur auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII und auf die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006, vor Inkrafttreten des hier streitigen § 11 Abs. 4 SGB II.

35

Schließlich sprächen auch die vom LSG in seinem Beschluss vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07 - angeführten Aspekte der telelogischen Auslegung nicht gegen eine Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II.

36

Nach Auffassung der Kammer könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Tagespflegepersonen ihre Tätigkeit in der Regel erwerbswirtschaftlich ausübten, sodass eine Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II nicht gerechtfertigt erscheine. Die Motivation von Pflegepersonen, ein Kind in Vollzeit- oder Teilzeitpflege aufzunehmen, könne sehr vielfältig sein und hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Unabhängig vom Einzelfall gehe das Gericht jedoch sowohl bei der Vollzeit- als auch bei der Tagespflege regelmäßig davon aus, dass je schlechter die wirtschaftliche Situation der Tagespflegeperson und ihrer Familie sei und je mehr Pflegekinder betreut würden, der sozialbetreuerische Aspekt in den Hintergrund trete und durch die Absicht und Notwendigkeit, mit dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen, verdrängt werde. Diesem Umstand habe der Gesetzgeber letztlich in der Weise Rechnung getragen, dass das Pflegegeld (Erziehungsbeitrag) ab dem vierten Pflegekind voll angerechnet werde.

37

Gegen eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit von Tagespflegepersonen spreche auch die in der Gesetzesbegründung dargelegte Vergütungsstruktur des SGB VIII, wonach die Tagespflegeperson kein Entgelt für eine Dienstleistung erhalte, sondern ihr lediglich ein (pauschalisierter) Ersatz für ihre Sachaufwendungen und ein Betrag in Anerkennung der Erziehungsleistung (Erziehungsbeitrag) gewährt werde. Die Höhe des Erziehungsbeitrages für das einzelne Kind sei mit einem erwerbswirtschaftlichen Lohn nicht annähernd vergleichbar. So betrage der Stundenlohn für eine Ganztagspflege (maximal 50 Stunden die Woche bei 20 Arbeitstagen im Monat) 1,40 € pro betreutem Kind (280,22 € € 200 Stunden), der Stundenlohn für eine Teilzeitpflege (maximal 30 Stunden die Woche bei 20 Arbeitstagen) betrage nur 1,26 € pro betreutem Kind. Lediglich bei der Betreuung mehrerer Tagespflegekinder errechne sich ein Stundenlohn, wie er bei einer gering bezahlten Erwerbstätigkeit erzielt werden könnte.

38

Die Privilegierung der Tagespflege in § 11 Abs. 4 SGB II beinhalte auch keinen Wertungswiderspruch zu anderen Grundsätzen der Grundsicherung, insbesondere zum Grundsatz des Forderns (§ 2 SGB II). Die Tagespflegeperson sei bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung in gleicher Weise wie jeder andere Hilfebedürftige verpflichtet, aktiv an allen Maßnahmen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitzuwirken und gegebenenfalls die Tagespflege aufzugeben, um eine besser bezahlte Tätigkeit aufzunehmen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 2. tatsächlich oder rechtlich, z. B. auf Grund der von ihr mit den Eltern der Pflegekinder abgeschlossenen Betreuungsverträge, an einer Arbeitsaufnahme gehindert sei, sehe das Gericht nicht. Der Betreuungsvertrag (Leistungsakte Bl. 73 ff.) enthalte eine Klausel, die eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ermögliche. Ein wichtiger Grund in diesem Sinne dürfte auch anzunehmen sein, wenn die Tagespflege zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden müsse. Im Übrigen dürfte sich dieses Problem praktisch nicht stellen, da die Tagespflege häufig für die betroffenen Pflegepersonen die einzige Möglichkeit darstelle, Arbeit zu finden. Die Zuweisung von Arbeitsgelegenheiten im Sinne von § 16 Abs. 3 SGB II dürfte für Tagespflegepersonen jedenfalls dann nicht in Betracht kommen, wenn sie in dem Umfang wie von der Klägerin zu 2. ausgeführt werde, weil sie dann als Arbeit zu werten sei.

39

Nach alledem sei § 11 Abs. 4 SGB II hier anzuwenden. Der maßgebende Erziehungsbeitrag errechne sich wie folgt:

40

Für einen Ganztagsplatz:

        

Kosten eines Ganztagesplatzes

415,52 €

- Aufwendungen für Unfallversicherung

 2,20 €

- Aufwendungen für Alterssicherung

 13,00 €

Zwischensumme:

400,32 €

- 30 % Sachaufwendungen

120,10 €

- Erziehungsbeitrag (70 % von 400,32 €)

280,22 €

                 

Für einen Teilzeitplatz:

        

Kosten eines Teilzeitplatzes

249,31 €

- Aufwendungen für Unfallversicherung

 2,20 €

- Aufwendungen für Alterssicherung

 13,00 €

Zwischensumme:

234,11 €

- 30 % Sachaufwendungen

 70,23 €

- Erziehungsbeitrag (70 % von 234,11 €)

163,87 €

41

Bei der Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II gehe das Gericht davon aus, dass die Reihenfolge der Aufnahme der Pflegekinder darüber entscheide, welches erstes, zweites, drittes, viertes oder weiteres Pflegekind sei.

42

Für den Abschnitt vom 01. Juli 2007 bis zum 31. August 2007 bleibe der Erziehungsbeitrag für die Tagespflege der Kinder P. E. und F. P. (beide ganztags) anrechnungsfrei. Der Beitrag für C. (Teilzeit) bleibe nur in Höhe von 25 % (40,97 €) anrechnungsfrei. Für den Abschnitt 01. September 2007 bis 30. November 2007 bleibe der Erziehungsbeitrag für F. P. (ganztags) und C. (Teilzeit) anrechnungsfrei. Der Beitrag für T. E. (Teilzeit) bleibe nur in Höhe von 25 % (40,97 €) anrechnungsfrei. Für den Dezember bleibe anrechnungsfrei der Betrag für F. P. und T. E. (beide ganztags). Der Beitrag für C2 (ganztags) bleibe zu 25 % (70,05 €) anrechnungsfrei. Der Erziehungsbeitrag für die jeweils übrigen Kinder sei in voller Höhe anzurechnen.

43

Insgesamt sei das Einkommen aus Kindertagespflege nach alledem wie folgt zu berücksichtigen:

44

01. Juli 2007 bis 31. August 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.745,18 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

500,75 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

560,44 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

40,97 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

567,02 €

45

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

46

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

93,14 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

273,63 €

anzurechnendes Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.046,63 €

                 

01. September 2007 bis 30. November 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.578,97 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

450,89 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

444,09 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

40,97 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

567,02 €

47

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

48

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

93,14 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

273,63 €

Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.046,63 €

                 

01. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2007

        

Einnahmen aus Kindertagespflege

1.745,18 €

                 

- Aufwendungen für Unfallversicherung und Altersicherung

76,00 €

- 30 % Sachaufwendungen

500,75 €

- Erziehungsbeitrag für die ersten zwei Pflegekinder

560,44 €

- 25 % Erziehungsbeitrag für das dritte Pflegekind

70,05 €

                 

Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II

537,94 €

49

Dieses Einkommen sei nach § 11 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Alg-II/Sozialgeld-Verordnung wie folgt zu bereinigen:

50

- Versicherungspauschale für private Versicherungen

30,00 €

- Beiträge zur Krankenversicherung

150,00 €

- Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung

19,99 €

- Freibetrag nach § 30 SGB II

87,62 €

                 

anzurechnendes Einkommen aus Tagespflege

250,33 €

Einkommen insgesamt mit Kindergeld,
Unterhaltsvorschuss, Wohngeld

1.023,33 €

51

Unter Anrechnung dieses Einkommens ergäben sich für den streitbefangenen Zeitraum die folgenden Leistungsansprüche der Kläger:

52

vom 01. Juli 2007 bis 31. August 2007
in Höhe von monatlich

494,59 €

        

(495,00 € gerundet)

                 

vom 01. September bis zum 31. Dezember 2007
in Höhe von monatlich

517,80 €

        

(518,00 € gerundet)

53

Aus den genannten Gründen sei der Klage stattzugeben.

54

Gegen das der Beklagten am 07. Juli 2008 zugestellte Urteil hat diese am 07. August 2008 Berufung zum Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern eingelegt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, das Sozialgericht wende in seinem Urteil fehlerhaft die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auf den angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung einer geeigneten Tagespflegeperson an, welcher an die Klägerin zu 2. gemäß § 23 SGB VIII im Rahmen der laufenden Geldleistung gezahlt werde. Damit stelle das SG Rostock die Geldleistung nach § 23 SGB VIII unzutreffend den gewährten Kosten für die Erziehung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII gleich.

55

Tatsächlich müsse zwischen der Geldleistung nach § 23 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII und derjenigen nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII unterschieden werden. Nach § 23 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII werde ein angemessener Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung gewährt. Der Förderungsauftrag nach § 22 Abs. 3 SGB VIII umfasse neben der Bildung und Betreuung des Kindes auch die Erziehung eines Kindes, sodass der Anteil in dem angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung, der für die Erziehung gewährt werde, nur im Verhältnis zu den weiteren Bestandteilen des Förderungsauftrages gesehen werden könne. Eine ausdrückliche Erwähnung eines Erziehungsbeitrages, wie das SG Rostock es ausführe, finde sich weder im § 22 noch im § 23 Abs. 1, 2 SGB VIII. Hingegen sei in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII ausdrücklich von den Kosten für die Erziehung die Rede. Dies mache deutlich, dass eine Differenzierung zwischen den gewährten Geldleistungen nach § 23 Abs. 1 SGB VIII - insbesondere bei dem angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII - und dem Erziehungsbeitrag nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII vorgenommen werden müsse. Gestützt werde diese Auffassung dadurch, dass in dem Beschluss Nr. IV 19/2006 vom 29. März 2006 des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss - (vgl. Bl. 535-537 der Verwaltungsvorgänge), bei welchem zwischen angemessenem Sachaufwand und angemessenem Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung unterschieden werde, mithin der Wortlaut des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII übernommen worden sei. Da also im § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII lediglich von einer laufenden Geldleistung die Rede sei, mit der auch der Anteil der Tätigkeit, der für die Erziehung erbracht werde, anerkannt werde, könne § 11 Abs. 4 SGB II bei der Berechnung von anzurechnendem Einkommen aus der Tätigkeit als Tagespflegeperson keine Anwendung finden. In § 11 Abs. 4 SGB II sei ausschließlich der Erziehungsbeitrag genannt. Der Gesetzgeber habe auch nicht mit einem Geldbetrag, der für den erzieherischen Anteil der Tätigkeit einer Tagespflegeperson erbracht werde, den in § 11 Abs. 4 SGB II aufgeführten Betrag gemeint. Dafür spreche, dass in der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 16/1410 S. 21, wie das SG in seiner Begründung richtig ausführe, zwar die Tagespflege genannt sei. Der Gesetzgeber selbst gehe aber von einem Erziehungsbeitrag von derzeit 202,00 € aus, welcher von dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. empfohlen werde. Dieser Betrag liege unter dem, den das SG Rostock bei seiner Berechnung des Einkommens zugrunde lege. Das SG bringe von den erzielten Einnahmen der Klägerin zu 2. 70 % als Erziehungsbeitrag in Ansatz und stütze dieses auf den oben genannten Beschluss des Kreistages Güstrow - Jugendhilfeausschuss -, der 70 bis 80 % als angemessenen Beitrag zur Anerkennung der Förderleistung in Ansatz bringe. Der sich dadurch ergebende Anteil sei mithin höher, als der Gesetzgeber es selbst vorsehe. Soweit in der Gesetzesbegründung die Tagespflege genannt sei, sei dieses als redaktionelles Versehen anzusehen, da tatsächlich ein beschränkter Regelungsgehalt beabsichtigt und geregelt worden sei. In der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, woraus sich Pflegegeld im Sinne des § 11 Abs. 4 SGB II zusammensetze. Zum einen setze sich dieses aus dem Entgelt für die tatsächlichen Aufwendungen für das Kind oder im Zusammenhang mit der Tagespflege (Aufwendungsersatz) zusammen. Die Aufwendungen für das Kind entstünden aber nach Ansicht der Beklagten nur, wenn das Kind in Vollzeitpflege sei. Mit den Aufwendungen für das Kind seien die Kosten nach § 39 SGB VIII gemeint, nämlich der notwendige Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen, denn der § 23 SGB VIII kenne Kosten für das Kind nicht. Weiter werde in der Gesetzesbegründung Erziehungsgeld erwähnt, was tatsächlich die Kosten für die Erziehung seien - also der Erziehungsaufwand nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII. Für die Tagespflege nach § 22 SGB VIII werde lediglich der angemessene Beitrag zur Anerkennung der Förderungsleistung gewährt.

56

Unterstützt werde diese Auffassung mit dem von den Klägern im Rahmen des Eilverfahrens (S 12 ER 188/07, L 10 B 313/07) beigefügten Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 24. Mai 2007 zur einkommenssteuerrechtlichen Behandlung der Geldleistung für Kinder in Kindertages- und Vollzeitpflege. In diesem Schreiben werde deutlich gemacht, dass egal, wie viele Kinder von einer Tagespflegeperson betreut würden, diese Tätigkeit immer eine selbstständige Tätigkeit sei, da sie vorrangig auf die Erzielung von Einkommen ausgerichtet sei. Hingegen werde bei der Vollzeitpflege erst von einer widerleglichen Vermutung für eine Erwerbstätigkeit ausgegangen, wenn die Summe der Erziehungsbeiträge pro Pflegehaushalt im Jahr 24.000,00 € übersteige. Ausdrücklich hinzuweisen sei an dieser Stelle darauf, dass in dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums bei der Kindertagespflege ein Erziehungsbeitrag nicht genannt werde. Letztlich finde die Beklagte ihre Auffassung auch in der Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom 20. November 2006 bestätigt. In der Pressemitteilung werde zu den Auswirkungen der SGB-II-Änderung auf die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII Stellung genommen. Eine Erwähnung der Tagespflege nach § 22 SGB VIII erfolge nicht. Die Beklagte sehe darin die Bestätigung, dass die Neuregelung des § 11 Abs. 4 SGB II sich nicht auf die gewährten Geldleistungen nach § 23 SGB VIII beziehe. Im Übrigen werde sich der Begründung des LSG M-V zur Nichtanwendbarkeit von § 11 Abs. 4 SGB II bei Tagesmüttern in dem vorgegangen Eilverfahren angeschlossen. Danach stehe die Einkommenserzielung im Rahmen der Tagesmuttertätigkeit im Gegensatz zu einer Vollzeitpflege regelmäßig im Vordergrund. Soweit das SG argumentativ ausführe, dass sowohl bei der Vollzeit- als auch bei der Tagespflege regelmäßig davon auszugehen sei, dass, je schlechter die wirtschaftliche Situation der Tagespflegeperson und ihrer Familie sei und um je mehr Pflegekinder betreut würden, der sozialbetreuerische Aspekt in den Hintergrund trete und der finanzielle Aspekt in den Vordergrund rücke, diesem vom Gesetzgeber durch die Anrechnung des vollen Erziehungsbeitrages bei dem vierten Kind Rechnung getragen worden sei, werde die grundsätzlich verschiedenartige Konzeption der Vollzeit- und Tagespflege verkannt. Die in § 11 Abs. 4 SGB II enthaltene volle Berücksichtigung des vierten Kindes spiegele insoweit lediglich den Willen des Gesetzgebers wider, auch bei Vollzeitpflege den wirtschaftlichen Aspekt nicht gänzlich unberücksichtigt zu lassen. Soweit das SG in seiner Begründung auf die Vergütungsstruktur des SGB VIII Bezug nehme, sei diesem entgegen zu halten, dass die Tagesmuttertätigkeit, wie das LSG richtig ausgeführt habe, anders als die Pflegeelterntätigkeit steuerrechtlich als gewerblich selbstständige Tätigkeit einzustufen sei, also erwerbswirtschaftlich Berücksichtigung finde. Soweit das SG weiter ausführe, dass die Pflegetätigkeit jeder Zeit zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden könne, übersehe es den vom LSG aufgezeigten Wertungswiderspruch. Danach müsse eine Privilegierung des Einkommens aus der Tagesmuttertätigkeit entfallen, da anderenfalls zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit die Tätigkeit für wesentlich schlechter bezahlte Erwerbstätige aufgebeben werden müsste, um nicht eine Subventionierung von Betreuungseinrichtung durch den Grundsicherungsträger auszulösen. Die jederzeitige Möglichkeit der Beendigung der Tagesmuttertätigkeit sei insoweit unerheblich.

57

Darüber hinaus dürfte die Berechnung des SG selbst unter Beachtung von § 11 Abs. 4 SGB II fehlerhaft sein. So sei darauf hinzuweisen, dass durch den vorgenommenen Abzug von Sachaufwendungen in Höhe von 30 % der gesamten Einnahmen aus der Tagesmuttertätigkeit und der nachfolgend vom verbleibenden Einkommen abgesetzte Anteil der nach Auffassung des SG von § 11 Abs. 4 SGB II privilegierten Pflegegelder, eine ungerechtfertigte doppelte Begünstigung der Einkommensberechnung eintrete. Zudem sei auch die vorgenommene Privilegierung nach der Reihenfolge der Annahme der Kinder nicht sachgerecht, da es insoweit tatsächlich vom Zufall abhänge, in welcher Höhe eine Privilegierung eintrete. Argumente, die gegen die Bildung eines Durchschnittswertes sprächen, seien insoweit nicht ersichtlich. Ferner sei die Berechnung des Freibetrages fehlerhaft. Entsprechend dem Wortlaut des § 11 Abs. 4 SGB II fänden bei einer Anwendung der Privilegierung die Abs. 1 bis 3 des § 11 SGB II keine Anwendung.

58

Die Beklagte beantragt,

59

das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Juni 2008

60

aufzuheben und die Klage abzuweisen.

61

Die Kläger beantragen,

62

die Berufung zurückzuweisen.

63

Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Es sei falsch aus welcher Sicht die Beklagte die Berufung führe, denn auch nach erneuter Anfrage des Bundesverbandes für Kindertagespflege bestätige dieser das Urteil nach weiteren Anfragen bei Rechtsexperten. Das Jobcenter versuche die Rechtsprechung zu ihren Gunsten umzulegen, um eine weitläufige Kostenersparnis zu erzielen; dieses ließen sie nach geltendem Recht nicht zu, da es weitaus größere Auswirkungen auf die gesamte Kindertagespflege habe, um den Erhalt der Kindertagespflege bundesweit zu sichern und zu erhalten, so wie es auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vorsehe. Eine Rechtsprechung gegen das gefallene Urteil sei kinderfeindlich mit den dann erheblichen Auswirkungen bundesweit. Die Anrechnung des § 11 Abs. 4 SGB II sei zulässig und im deutschen Recht anwendbar.

64

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

65

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nur im tenorierten Umfang begründet.

66

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist hier lediglich der Bewilligungsabschnitt vom 01. Juli bis 31. Dezember 2007, da die Beteiligten sich einvernehmlich auf diesen Bewilligungsabschnitt beschränkt haben und sich die Beklagte verpflichtet hat, die Leistungen für nachfolgende Bewilligungsabschnitte nach Rechtskraft des Urteils im anhängigen Verfahren neu zu berechnen.

67

Zutreffend hat das SG festgestellt, dass die Kläger im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig im Sinne von § 9 SGB II gewesen sind und Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gehabt haben.

68

Zutreffend hat das SG darüber hinaus einen Bedarf der aus den Klägern bestehenden Bedarfsgemeinschaft von insgesamt 1.541,22 € monatlich festgestellt. Diesbezüglich sei auf die Entscheidungsgründe der ersten Instanz zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Dieser Bedarf ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

69

Zutreffend hat das SG darüber hinaus festgestellt, dass diesem Bedarf zunächst ein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II in Höhe von insgesamt 373,00 € gegenüber steht, dass sich aus dem Kindergeld (308,00 €), den Unterhaltsvorschüssen (insgesamt 298,00 €) und dem Wohngeld (insgesamt 197,00 €) ergibt.

70

Zutreffend - und auch zwischen den Beteiligten unstreitig - hat das SG angenommen, dass das Einkommen aus der Tagespflege grundsätzlich zu berücksichtigen ist.

71

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das SG hier zutreffend angenommen, dass die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf den Fall der Tagespflege anzuwenden ist.

72

Gemäß des zum 01. Januar 2007 in Kraft getretenen § 11 Abs. 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) wird abweichend von den Abs. 1 bis 3 der Teil des Pflegegeldes nach dem 8. Buch, der für erzieherischen Einsatz gewährt wird,

73

1. für das 1. und 2. Pflegekind nicht,

2. für das 3. Pflegekind zu 75 v. H.,

3. für das 4. und jedes weitere Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt.

74

Auch der Senat ist in Übereinstimmung mit der ersten Instanz entgegen der Auffassung der Beklagten der Ansicht, dass die Vorschrift des § 11 Abs. 4 SGB II auch auf die Tagespflege anzuwenden ist. Dies ergibt sich bereits aus dem reinen Wortlaut der Norm, die lediglich Pflegegeld nach dem 8. Buch benennt. Eine Unterscheidung in die Leistungen nach § 23 SGB VIII (Tagesmütter) und § 39 SGB VIII (Pflegeeltern) wird in § 11 Abs. 4 SGB II eben nicht vorgenommen und vor allem nicht etwa nur das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII benannt. Ferner wird nicht in irgendeiner Weise klargestellt, dass der Abs. 4 nicht auch die Leistungen des § 23 SGB VIII umfasst.

75

Darüber hinaus sieht auch der Senat in der seinerzeitigen Gesetzesbegründung ein gewichtiges Argument für die Anwendung des § 11 Abs. 4 SGB II auf die Tagespflege (vgl. BT-Drucksache 16/1410 zu b, S. 21). Dort wird ausdrücklich beschrieben, dass das Pflegegeld nach dem SGB VIII sich aus dem Zusammenhang mit der Tagespflege (Aufwendungsersatz) und Erziehungsgeld (Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz) oder aus Entgelt für tatsächliche Ausgaben für das Kind zusammensetzt. Somit wird in der Gesetzesbegründung eindeutig auch die Tagespflege im Sinne des § 23 SGB VIII benannt, und ist diese auch gemeint, sodass es sich nicht lediglich um ein redaktionelles Versehen - wovon die Beklagte ausgeht - handelt (vgl. auch SGB-II-Kommentar Eicher/Spellbrink, 2. Aufl. 11 Rn. 45-46; Münder SGB-II-Kommentar, 2. Aufl. 2007 RdNr. 58; Schlegel und Voelzke in Juris-Praxiskommentar 2. Aufl. 2007 Rz. 100 ff.).

76

Wenn die Beklagte ausführlich auf die Unterschiede der Leistungen nach § 23 und § 39 SGB VIII abstellt, mag dies durchaus zutreffend sein, ändert jedoch nichts daran, dass in der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II lediglich pauschal nur das Pflegegeld nach dem 8. Buch benannt ist und eben nicht nach den einzelnen Pflegeleistungen unterschieden wird.

77

Gegen eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Tagespflegepersonen spricht auch nach Ansicht des Senates die in der Gesetzesbegründung dargestellte Abgeltung des Pflegegeldes. Hiermit soll der Aufwendungsersatz, der mit der Tagespflege in Zusammenhang steht, abgegolten werden und daneben lediglich ein Anerkennungsbetrag für den erzieherischen Einsatz, das sogenannte Erziehungsgeld, gewährt werden. Es handelt sich somit nicht etwa um eine Vergütung der Tagespflege, sondern lediglich um den Ersatz entstehender Aufwendungen im Zusammenhang mit der Tagespflege und um die Anerkennung des geleisteten erzieherischen Einsatzes.

78

Auch der Senat ist, in Übereinstimmung mit der Ansicht der ersten Instanz, der Auffassung, dass dem Umstand, dass bei der Betreuung mehrerer Tageskinder daraus die Erzielung eines Einkommens in den Vordergrund tritt in der Weise in der Regelung des § 11 Abs. 4 Rechnung getragen wird, dass der Erziehungsbeitrag lediglich für die erste beiden Pflegekinder anrechnungsfrei ist, dass 3. Pflegekind zu 75 v. H. und ab dem 4. Pflegekind in voller Höhe berücksichtigt wird. Eine tatsächliche erwerbswirtschaftliche Tätigkeit wird somit auf Grund der Anrechnungsvorschriften ab dem 3. Kind unterbunden.

79

Der Senat sieht in der Anwendbarkeit des § 11 Abs. 4 SGB II auf die Tagespflege ebenfalls keinen Wertungswiderspruch zu anderen Grundsätzen der Grundsicherung, insbesondere zum Grundsatz des Forderns gemäß § 2 SGB II. Auch Tagespflegepersonen sind bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung in gleicher Weise wie andere Hilfebedürftige verpflichtet, aktiv an allen Maßnahmen zur Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitzuwirken und auch ggf. die Tagespflege aufzugeben. Hier sei darauf hingewiesen, dass die hier vorliegenden Betreuungsverträge eine Klausel enthalten, die eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund ermöglichen. Dieser ist auch nach Ansicht des Senates anzunehmen, wenn die Tagespflege zu Gunsten einer existenzsichernden Tätigkeit aufgegeben werden muss.

80

Auf Grund der Anrechnungsvorschriften des § 11 Abs. 4 SGB II sieht der Senat eben nicht die Gefahr, dass ein Fordern auf Grund einer Tagespflegetätigkeit nicht mehr gegeben ist, da eben nur die erste beiden Kinder anrechnungsfrei bleiben und die weitere Kinderbetreuung sehr wohl berücksichtigt wird, sodass die Betreuung einer Vielzahl von Kindern in Tagespflege den Hilfebedürftigen sogar auf Grund der Anrechnungsmodalitäten aus dem Alg-II-Bezug herausdrängen würde und somit gar kein Anspruch bestünde. Bei lediglich zwei anrechnungsfreien und einem 1/4-anrechnungsfreien 3. Pflegekind können nach Ansicht des Senates keine derartigen Einnahmen erzielt werden, die dem Grundsatz des Forderns widersprechen, da durch eine "normale Arbeitsaufnahme" in der Regel höhere Einkünfte zu erzielen sind.

81

Gegen die Anwendung der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II spricht auch nicht die von der Beklagten ins Feld geführte Entscheidung des BSG vom 29. März 2007 - B 7b AS 12/06 R - veröffentlicht in Juris. Diese Entscheidung bezieht sich zum einen ausdrücklich nur auf das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII (Pflegeeltern) und nicht nach § 23 SGB VIII (Tagesmütter) und zum anderen ausdrücklich auch nur auf die Rechtslage bis zum 31. Dezember 2006, also nur auf die Zeit vor Inkrafttreten des hier streitigen § 11 Abs. 4 SGB II. Im vorliegenden Fall handelt es sich zum einen nicht um Pflegeeltern und zum anderen wird hier über einen Zeitraum im Jahre 2007 gestritten, zu dem sich das BSG ausdrücklich nicht geäußert hat.

82

Der 8. Senat setzt sich mit seiner Entscheidung auch nicht in Widerspruch zum Beschluss des LSG M-V vom 03. April 2008 - L 10 B 313/07, da hier der 10. Senat, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens im Ergebnis als offen angesehen hat.

83

Der Senat stimmt somit im Ergebnis der ersten Instanz insoweit zu, als auch er die Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II für anwendbar erachtet.

84

Der Senat folgt der ersten Instanz ebenfalls dahingehend, dass die Kinder nach ihrem zeitlichen Eintritt zu berücksichtigen sind. Dies mag - wie die Beklagte zu Recht bemängelt - Zufälligkeiten gerade bezüglich ganztags- oder halbtagsbetreuter Kinder beinhalten. Nach Ansicht des Senates sind diese Zufälligkeiten schlicht hinzunehmen, da diese Vorgehensweise der Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II entspricht und eben dort nicht z. B. vom Durchschnitt der Kinder ausgegangen wird. Derartige Zufälligkeiten sind ähnlich wie Stichtagsregelung hinzunehmen.

85

Hinsichtlich der weiteren Berechnungsmodalitäten vermag sich der Senat den Ausführungen der ersten Instanz aber nicht anzuschließen.

86

Der Senat kann der ersten Instanz nicht dahingehend folgen, dass ein Teil der Einnahmen nicht als Einkommen im Sinne von § 11 SGB II zu werten sei, da es sich insoweit um zweckbestimmte Einnahmen handele. Nach Ansicht des Senates bestimmt die Regelung des § 11 Abs. 4 SGB II auf Grund der Formulierung "abweichend von den Abs. 1 bis 3" eindeutig, dass eine Anwendung der Abs. 1 bis 3 ausgeschlossen ist, wenn es zu der Anwendung des Abs. 4 kommt. Demnach kann hier lediglich nur der Abs. 4 des § 11 SGB II zur Anwendung kommen und weitere Absetzungen - wie von der ersten Instanz vorgenommen - auf Grund der Regelungen des § 11 Abs. 1 bis 3 SGB II scheiden hier aus. § 11 Abs. 4 SGB II trifft ausdrücklich eine von den Abs. 1 bis 3 abweichende Sonderregelung (Eicher/Spellbrink SGB-II-Kommentar RdNr. 49; Schlegel/Voelzke, Juris-Praxiskommentar RdNr. 102).

87

Hinsichtlich der Höhe des für den erzieherischen Einsatzes gewährten Pflegegeldes ist diese nach Ansicht des Senates - entgegen den Ausführungen der ersten Instanz - der Gesetzesbegründung (vgl. Drucksache 1614 c) folgend mit 202,00 € (Ganztag) und 101,00 € (Teilzeit) pro Kind und Monat zu bewerten (vgl. Schlegel/Voelzke in Juris-Praxiskommentar 2. Aufl. 2007 § 11 Rn. 100).

88

Nach alledem ist das Einkommen nach § 11 Abs. 4 SGB II wie folgt zu berücksichtigen:

89

Juli

                    

1. P. E.

Ganztag

keine Anrechnung

2. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C.

Teilzeit

 75,75 € (75 % von 101,00 €)

4. T.

Teilzeit

101,00 € volle Anrechnung

5. C2

Ganztag

202,00 € volle Anrechnung

insgesamt:

        

378,75 €

                          

August

                 

1. P. E.

Ganztag

keine Anrechnung

2. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C.

Teilzeit

 75,75 €

4. T.

Teilzeit

101,00 €

5. C2

Ganztag

202,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

September

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

Oktober

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

November

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. C.

Teilzeit

keine Anrechnung

3. T.

Teilzeit

 75,75 €

4. C2

Ganztag

202,00 €

5. S.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

378,75 €

                          

Dezember

                 

1. F. P.

Ganztag

keine Anrechnung

2. T.

Ganztag

keine Anrechnung

3. C2

Ganztag

151,50 €

4. S.

Teilzeit

101,00 €

5. F. J.

Teilzeit

101,00 €

insgesamt:

        

353,50 €

90

Auf Grund obiger Berechnungen ergibt sich, dass das zu berücksichtigende Pflegegeld für den erzieherischen Einsatz für die Monate Juli bis November - trotz wechselnder Kinder - 378,75 € beträgt, sodass sich für diese Monate ein Fehlbedarf in Höhe von 389,47 € ergibt (1.541,22 € Bedarf - 773,00 € [Kindergeld 308,00 €/Unterhaltsvorschüsse 298,00 € und Wohngeld 197,00 €] - 378,75 € zu berücksichtigendes Pflegegeld gemäß § 11 Abs. 4 SGB II = 389,47 €).

91

Für den Monat Dezember ergibt sich auf Grund des zu berücksichtigenden Pflegegeld gemäß § 11 Abs. 4 SGB II in Höhe von 353,50 € folgende Berechnung: 1.541,22 € - 773,00 € - 353,50 € = 414,72 € Fehlbetrag für Dezember.

92

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

93

Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 SGG).

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.