Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:250418UB14AS1417R0
bei uns veröffentlicht am25.04.2018

Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufgehoben und der Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 verurteilt, der Klägerin für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den nach einem in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG geschlossenen Teilvergleich allein streitig gebliebenen Monat Juni 2012.

2

Die 1965 geborene Klägerin bewohnte im Jahr 2012 gemeinsam mit ihrer 1996 geborenen Tochter eine 80 qm große Dreizimmerwohnung, für die insgesamt 505 Euro zu zahlen waren (350 Euro Nettokaltmiete zzgl 80 Euro Nebenkosten sowie Heizkosten von 75 Euro monatlich). Das beklagte Jobcenter übernahm nur die aus seiner Sicht angemessenen Unterkunftskosten. Diese wurden aus dem Tabellenwert für einen Zwei-Personen-Haushalt im Wohnort der Klägerin nach dem WoGG zzgl 10 % abgeleitet. Dementsprechend bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II unter Berücksichtigung ihres Kopfteils von 193,60 Euro, während er bei der Tochter von bedarfsdeckendem Einkommen ausging, sodass sich für diese kein Leistungsanspruch ergab (Bescheid vom 23.5.2012 bezüglich des Monats Juni 2012).

3

Die dagegen erhobene Klage mit der Begründung, es seien die Werte der Wohngeldtabelle für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen, sodass sich eine zulässige Bruttokaltmiete von 321,20 Euro statt von 193,60 Euro errechne, ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 24.6.2016 und Urteil des LSG vom 3.5.2017). Das LSG hat ausgeführt, der Beklagte sei hinsichtlich der angemessenen Bedarfe für Unterkunft zutreffend von den Werten des § 12 WoGG unter Zugrundelegung eines Zwei-Personen-Haushaltes ausgegangen. Die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich reiner Wohngemeinschaften und Haushaltsgemeinschaften zwischen Verwandten, die keine Bedarfsgemeinschaft bildeten, sei auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Bedarfsgemeinschaft von Mutter und Tochter hänge von den Einkommensverhältnissen der letzteren ab, die sich jederzeit ändern könnten. Eine Bedarfsgemeinschaft könne in solchen Fallkonstellationen nicht generalisierend verneint werden, zumal auch hinsichtlich der Wohnverhältnisse nicht zwei Ein-Personen-Haushalte angenommen werden könnten.

4

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, weil sie mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe, sodass, ausgehend von den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, bei ihr die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten zu berücksichtigen sei.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 zu verurteilen, ihr für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und der Beklagte ist unter Änderung des Bescheids vom 23.5.2012 zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2012 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen von 252,50 Euro zu zahlen.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile der Vorinstanzen sowie (nur noch) der Bescheid des beklagten Jobcenters vom 23.5.2012 (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; hierzu letztens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 9 mwN). Die Klägerin hat den Streitgegenstand zulässig auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f), um deren angemessene Höhe gestritten wird.

9

2. Der Sachentscheidung des Senats entgegenstehende Verfahrenshindernisse bestehen nicht. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).

10

Zutreffend richtet sich die Klage gegen das Jobcenter des beklagten Landkreises O. Zwar ist der Bescheid vom 23.5.2012 von der Samtgemeinde H. erlassen worden, doch liegt dem weder eine abweichende Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch eine Wahrnehmungszuständigkeit der Samtgemeinde zugrunde (vgl zu einer solchen BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 9 f). Nur der beklagte Landkreis ist ein zugelassener kommunaler Träger nach § 6a SGB II(Anlage zu § 1 der Kommunalträger-Zulassungsverordnung). Die Samtgemeinde ist vom Beklagten zur Durchführung der diesem als zugelassenen kommunalen Träger obliegenden Aufgaben nur in dessen Namen herangezogen worden (vgl § 3 Abs 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des SGB II vom 16.9.2004 und der darauf basierenden Kooperationsvereinbarung zwischen der Samtgemeinde H. und dem Landkreis O., dort §§ 1 und 2).

11

3. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist § 19 iVm §§ 7 ff sowie § 22 Abs 1 SGB II idF, die das SGB II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) erhalten hat, denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).

12

4. Die Klägerin erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und es lag für sie kein Ausschlusstatbestand vor. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.

13

a) Da die Klägerin die Wohnung nicht alleine, sondern mit ihrer minderjährigen Tochter bewohnte, ist zunächst die Verteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vorzunehmen (vgl zuletzt BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 21/17 R - vorgesehen für SozR 4). Diese hat, ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf zu erfolgen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen nutzt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Hintergrund dieses Kopfteilprinzips sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl zuletzt BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 13 ff).

14

b) Ausgehend von den tatsächlichen Kosten für die Unterkunft (430 Euro) und für die Heizung (75 Euro), also insgesamt 505 Euro, entfällt nach dem Kopfteilprinzip auf die mit ihrer Tochter zusammen wohnende Klägerin ein Betrag von 252,50 Euro.

15

5. Dieser Betrag ist angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II.

16

Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen ist die abstrakt angemessene Referenzmiete zu ermitteln, die sich aus dem Produkt der abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem maßgeblichen Standard ergibt, der sich in einem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im Vergleichsraum niederschlägt (Produkttheorie, stRspr siehe zB BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 21 ff; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70).

17

a) Hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße ist im Rahmen der Produkttheorie von den Werten des sozialen Wohnungsbaus auszugehen. Die Angemessenheit richtet sich grundsätzlich nach den Festlegungen der Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376). Für Niedersachsen gilt die Richtlinie über die soziale Wohnraumförderung (WfB 2003; zuletzt Niedersächsisches Ministerialblatt 2002, 554). Nach deren Ziff 11 ist für Alleinstehende eine Wohnfläche von bis zu 50 qm angemessen, für zwei Haushaltsmitglieder von bis zu 60 qm.

18

Allerdings ist im SGB II nicht auf die Anzahl der Mitglieder eines Haushalts, sondern der Bedarfsgemeinschaft abzustellen, denn die Frage der Angemessenheit kann stets nur im Hinblick auf den Leistungsberechtigten nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden. Nur für diesen Personenkreis ergeben sich im Hinblick auf die Angemessenheit Begrenzungen (stRspr BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21; vgl auch BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 28 ff zu § 6a BKGG). Lebt ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht mit anderen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, ist demnach bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf ihn als Einzelperson abzustellen (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 20 ff). Dies gilt auch für den Fall, dass zwar alle Bewohner einer Familie angehören, dazu gehörende Kinder aber deshalb nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, weil sie über bedarfsdeckendes Einkommen verfügen(BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23).

19

Nach diesen Maßstäben ist für die Angemessenheitsprüfung vorliegend nur auf die Klägerin abzustellen, da die Tochter gemäß der genannten Vorschrift deshalb nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört, weil sie ihren Bedarf aus eigenen Mitteln bestreiten kann.

20

b) Zur Bestimmung der Referenzmiete im Vergleichsraum hat das LSG zutreffend auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG(idF vom 9.12.2010, gültig vom 1.1.2011 bis 31.12.2015) zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 % zurückgegriffen, nachdem es festgestellt hatte, dass es an Datengrundlagen fehlt, aufgrund derer ein schlüssiges Konzept hätte ermittelt werden können, und dass eigene Erhebungen aufgrund fehlender Datengrundlagen für die Vergangenheit nicht mehr vorgenommen werden könnten (vgl BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 25 ff).

21

Für die Samtgemeinde H., in der die Klägerin wohnt, ist die Mietstufe I des Landkreises O. zugrunde zu legen (vgl Anlage zu § 1 Abs 3 WoGV: Mietenstufen der Gemeinden nach Ländern). Danach ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Betrag von 292 Euro, zzgl 10 %, also 321,20 Euro. Die bei der Klägerin zu berücksichtigende Bruttokaltmiete von 215 Euro (430 Euro brutto kalt geteilt durch zwei) liegt damit im Angemessenheitsbereich. Die kopfteiligen Heizkosten von 37,50 Euro sind ohnehin angemessen. Der Klägerin sind damit für Juni 2012 als Bedarf für Unterkunft und Heizung insgesamt 252,50 Euro - abzüglich bereits erbrachter Leistungen - zu zahlen.

22

c) Das Ergebnis, dass bei einem alleinerziehenden Elternteil, der mit einem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen eigenen Bedarf decken kann, für die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft von einem eigenständigen Ein-Personen-Haushalt bzw einer "Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft" auszugehen ist, folgt aus dem "Konstrukt" der Bedarfsgemeinschaft (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1)als Besonderheit des SGB II. Auf eine Haushaltsgemeinschaft kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden, weil eine solche von Verwandten nur in § 9 Abs 5 SGB II geregelt wird(vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34).

23

6. Es bestehen keine durchschlagenden rechtlichen Gründe für eine Korrektur der genannten, auf die Bedarfsgemeinschaft Bezug nehmende Rechtsprechung (vgl dazu neuestens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-4200 § 22) für den Fall einer Alleinerziehenden, die mit ihrem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit ihr gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet. Der vom LSG angeführte Gesichtspunkt, dass sich die Beurteilung, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, in Abhängigkeit vom Einkommen des Kindes jederzeit ändern kann, greift nicht durch. Derartige Änderungen sind der Ausfluss des im SGB II grundsätzlich geltenden Monatsprinzips (stRspr, vgl nur BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 81 RdNr 18) und ergeben sich auch bei einer Einkommensänderung bei der Mutter.

24

Nichts anderes folgt aus der möglichen Änderung der Wohnverhältnisse aufgrund geänderten Einkommens. Entgegen der Auffassung des LSG führt das Abstellen auf das Monatsprinzip nicht zu Zirkelschlüssen. Die Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wohnsituation beruhen auf der Annahme, dass bei einem Kind, das seinen Bedarf aus eigenem Einkommen decken kann, zwingend nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen seien. Dafür ist jedoch insbesondere bei einem Kind, das hinreichend hohen Unterhalt erhält, kein Rechtsgrund zu erkennen. Auszugehen ist vielmehr bei der Bedarfsberechnung vom Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen, denn wenn und soweit das Kind diese und seine übrigen Bedarfe decken kann, gehört es nicht zur Bedarfsgemeinschaft und unterliegt auch nicht den Beschränkungen des SGB II hinsichtlich der Angemessenheit. Eine Beschränkung der Angemessenheitsgrenze für die Mutter auf die Hälfte der Aufwendungen eines Zwei-Personen-Haushalts hätte auch nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Wohnverhältnisse des Kindes, denn wenn die Mutter eine geforderte Kostensenkung durch Umzug oder eine andere Einschränkung ihrer Wohnverhältnisse umsetzen will, wirkt sich dies unmittelbar auf das Kind aus, obwohl dieses seine Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen decken kann. Führt die Mutter keine Kostensenkung durch, muss sie den fehlenden Teil der Aufwendungen für die Unterkunft systemwidrig entweder aus ihrem Regelbedarf finanzieren oder entgegen der Intention des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II aus dem Einkommen des Kindes.

25

Schließlich könnte eine Korrektur im Sinne einer Einschränkung hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten nicht nur bei Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern erfolgen, vielmehr müsste die Ausnahme systemgerecht auf alle Kinder unter 25 Jahren ausgedehnt werden (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II) und würde auch nicht nur bei Alleinerziehenden greifen, sondern auch bei so genannten "Patchwork-Familien", denn auch in diesen Konstellationen kann hinsichtlich eines Kindes aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens eine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft zu verneinen sein. Eine solche nicht genau überschaubare Zahl von Ausnahmen ist mit der klaren normativen Aussage des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht vereinbar.

26

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R

Referenzen - Gesetze

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R zitiert 22 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 96


(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. (2) Eine Abschrift des neuen Ver

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 19 Bürgergeld und Leistungen für Bildung und Teilhabe


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Bürgergeld. Nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Bürgergeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Wohngeldgesetz - WoGG | § 12 Höchstbeträge für Miete und Belastung sowie Entlastung bei den Heizkosten und die Klimakomponente


(1) Die monatlichen Höchstbeträge für Miete und Belastung sind vorbehaltlich des § 11 Absatz 3 nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und nach der Mietenstufe zu berücksichtigen. Sie ergeben sich aus Anlage 1. (2) Die Zugeh

Bundeskindergeldgesetz - BKGG 1996 | § 6a Kinderzuschlag


(1) Personen erhalten für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn1.sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des E

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 6a Zugelassene kommunale Träger


(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesm

Wohngeldverordnung - WoGV | § 1 Anwendungsbereich


(1) Die Miete und der Mietwert im Sinne des Wohngeldgesetzes sind nach den Vorschriften des Teils 2 dieser Verordnung zu ermitteln. (2) Die Belastung im Sinne des Wohngeldgesetzes ist nach Teil 3 dieser Verordnung zu berechnen, soweit nicht nach

Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV | § 1 Zugelassene kommunale Träger


Die in der Anlage bezeichneten kommunalen Träger werden als Träger der Leistung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen. Sie treten insoweit an die Stelle der für ihr Gebiet jeweils zuständigen Agentur für Arb

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R zitiert 9 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 21/17 R

bei uns veröffentlicht am 25.04.2018

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 14. Feb. 2018 - B 14 AS 17/17 R

bei uns veröffentlicht am 14.02.2018

Tenor Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufgehoben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden

Bundessozialgericht Urteil, 30. März 2017 - B 14 AS 18/16 R

bei uns veröffentlicht am 30.03.2017

Tenor Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Mai 2016 geändert und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Jun

Bundessozialgericht Urteil, 19. Okt. 2016 - B 14 AS 53/15 R

bei uns veröffentlicht am 19.10.2016

Tenor Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19. Mai 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 aufgehoben und im Übrigen die Sache zur erneuten Verha

Bundessozialgericht Urteil, 09. März 2016 - B 14 KG 1/15 R

bei uns veröffentlicht am 09.03.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. März 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Bundessozialgericht Urteil, 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R

bei uns veröffentlicht am 16.06.2015

Tenor Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Ents

Bundessozialgericht Urteil, 28. Okt. 2014 - B 14 AS 65/13 R

bei uns veröffentlicht am 28.10.2014

Tenor Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Oktober 2013 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Wid

Bundessozialgericht Urteil, 10. Sept. 2013 - B 4 AS 77/12 R

bei uns veröffentlicht am 10.09.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Feb. 2010 - B 14 AS 73/08 R

bei uns veröffentlicht am 18.02.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung hö
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R.

Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 23. Juli 2018 - L 7 AS 692/18 B ER

bei uns veröffentlicht am 23.07.2018

Tenor I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 25. Juni 2018 S 42 AS 1399/18 ER wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Gründe I. Die Ant

Referenzen

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufgehoben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu zwei Dritteln, im Übrigen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind - nach einem Teilvergleich der Beteiligten im Termin vor dem Senat - höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Kläger im Januar und Februar 2011.

2

Die miteinander verheirateten Kläger lebten gemeinsam mit ihrem unverheirateten 21-jährigen Sohn in einer nur von ihnen gemieteten Wohnung. Alle drei bezogen zunächst als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom beklagten Jobcenter. Nachdem der Sohn ein Gewerbe angemeldet hatte, war er vom Beklagten vergeblich zur Abgabe einer Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aufgefordert worden. Wegen fehlender Mitwirkung des Sohns versagte der Beklagte zunächst allen dreien Leistungen ab Oktober 2010 (Bescheid vom 29.9.2010). Auf die Widersprüche der Kläger hiergegen bewilligte er ihnen vorläufig Alg II (Bescheid vom 15.10.2010 für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011, Änderungsbescheide vom 10.2.2011 und 26.3.2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin nur den jeweiligen Kopfteil der Kläger an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, nicht den "fehlenden" Kopfteil ihres Sohns. Deren hiergegen erhobene Widersprüche, mit denen sie höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für sich wegen der Leistungsversagung gegenüber ihrem Sohn begehrten, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.3.2011). Für Januar und Februar 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern abschließend Alg II (Änderungsbescheid vom 31.3.2011), erneut ohne Berücksichtigung des Kopfteils des Sohns als Bedarf der Kläger. Seit März 2011 leben die Kläger ohne ihren Sohn in einer anderen Wohnung.

3

Die auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen gerichteten Klagen hat das SG abgewiesen (Urteil vom 10.2.2014). Auf die Berufungen der Kläger hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bewilligen (Urteil vom 9.2.2017): Deren Anspruch auf Leistungen für die tatsächlichen, angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sei nicht durch das Kopfteilprinzip begrenzt. Zur Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung sei wie bei einem Wegfall der Leistungen für Unterkunftsaufwendungen im Rahmen von Sanktionen (§§ 31 ff SGB II; Hinweis auf BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68) auch bei einer Versagung wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 SGB I) eine Abweichung vom Kopfteilprinzip erforderlich.

4

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei die Rechtsprechung des BSG zur Abweichung vom Kopfteilprinzip bei Sanktionen vorliegend nicht auf die Versagung übertragbar, denn wegen seiner fehlenden Mitwirkung sei ungewiss, ob der Sohn seinen Kopfteil an den Unterkunftsaufwendungen aus eigenem Einkommen habe tragen können.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufzuheben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet und das Urteil des LSG ist aufzuheben. Auf die Revision des Beklagten sind die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG), weil ihnen kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zusteht.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des LSG, das auf die Berufungen der Kläger das Urteil des SG aufgehoben und den Beklagten zur Bewilligung weiterer Leistungen verurteilt hat, und das klageabweisende Urteil des SG, dessen Wiederherstellung der Beklagte durch Zurückweisung der Berufungen der Kläger erstrebt. Mit ihren Klagen begehren die Kläger höhere als die ihnen zuletzt bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitgegenstands auf die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vgl nur BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff). Streitiger Zeitraum ist nach dem Teilvergleich der Beteiligten vor dem Senat nur noch Januar und Februar 2011.

9

Gegenstand des Verfahrens ist insoweit allein der Bescheid vom 31.3.2011, durch den der Beklagte trotz seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid für Januar und Februar 2011 eine abschließende Entscheidung über Alg II getroffen hat (zur Auslegung eines Änderungsbescheids als "abschließende Entscheidung" vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 26; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 14), die die letzte vorläufige Entscheidung für diese Monate durch Änderungsbescheid vom 26.3.2011 nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2011 und noch vor Klageerhebung ersetzte und erledigte (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; vgl BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 14; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 15; zur Einbeziehung auch von Bescheiden zwischen Erlass des Widerspruchsbescheids und Klageerhebung vgl Klein in jurisPK-SGG, 2017, § 96 RdNr 22; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 96 RdNr 2, 3a).

10

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die für Januar und Februar 2011 mit den insoweit statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrten höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Abweichung vom Kopfteilprinzip.

11

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs der Kläger, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, aber keinen Ausschlusstatbestand erfüllten und in Bedarfsgemeinschaft miteinander lebten, ist § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f). Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

12

3. Nach den Feststellungen des LSG waren die tatsächlichen Aufwendungen für die (auch) von den Klägern genutzte Wohnung angemessen und sind vom Beklagten in voller Höhe im Bescheid vom 31.3.2011 als Bedarf anerkannt sowie der Berechnung des Leistungsanspruchs zugrunde gelegt worden. Indes lebten die beiden Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht allein in der Wohnung, sondern gehörte dem Haushalt als Dritter ihr gemeinsamer volljähriger, unter 25 Jahre alter Sohn an, weshalb ihnen als ihre beiden Kopfteile zu Recht nur zwei Drittel der gesamten Unterkunftsaufwendungen bewilligt worden sind. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist vorliegend von dem hinter dieser Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen stehenden Kopfteilprinzip nicht deshalb zugunsten der Kläger abzuweichen, weil ihrem Sohn wegen dessen fehlender Mitwirkung bei der Einkommensprüfung Leistungen versagt worden sind.

13

a) Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II anzuwendende Kopfteilprinzip zielt bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen auf die grundsicherungsrechtliche Zuweisung individueller Bedarfe für alle Personen. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht nur für Personen anerkannt, soweit diese zu Zahlungen für Unterkunft und Heizung schuldrechtlich gegenüber Dritten verpflichtet sind, während für rechtlich hierzu nicht Verpflichtete keine Bedarfe anerkannt werden. Vielmehr soll durch die Aufteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen für alle gemeinsam eine Wohnung nutzenden Personen die Zuweisung eines individuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in grundsätzlich gleicher Höhe erreicht werden (vgl dazu und zu den Folgen für den individuellen Leistungsanspruch insbesondere von Kindern Harich in jurisPR-SozR 17/2013 Anm 1).

14

b) Diese bedarfsbezogene Herleitung ist prägend für die Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des Kopfteilprinzips im SGB II wie auch zu dessen Ausnahmen (zur Rechtsprechung des BVerwG, an die das BSG anknüpfte, vgl BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68.85 - BVerwGE 79, 17).

15

Nach dieser sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen, nutzt, und es gilt dies unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Die individuelle Bedarfszuweisung nach Kopfteilen ist verwaltungspraktikabel und folgt der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl nur BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 18; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71 RdNr 20 ff; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 16; zur Anwendung des Prinzips auch bei Nachforderungen für Unterkunft und Heizung und selbst nach Auszug: BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 13/16 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 92 RdNr 16; anders, wenn der Nutzung andere bindende vertragliche Regelungen zugrunde liegen: BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 25 ff; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 66 RdNr 16; zur Kritik am Kopfteilprinzip vgl Schürmann, SGb 2010, 166; zur vom Kopfteilprinzip abweichenden Aufteilung beim Kinderzuschlag nach § 6a BKGG vgl BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 23 ff).

16

c) Bei der Bedarfszuweisung durch Aufteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung begrenzend festgeschrieben ist(BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 19; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 17). Demgemäß hat das BSG schon mehrfach Abweichungen vom Kopfteilprinzip als möglich und notwendig angesehen (vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 20 mwN; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 27 f).

17

d) In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der 4. Senat des BSG für den Sonderfall, dass bei einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund einer Sanktion nach §§ 31 ff SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung weggefallen sind, eine Abweichung vom Kopfteilprinzip hinsichtlich der weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitglieder aus bedarfsbezogenen Gründen bejaht. Diese könnten nicht darauf verwiesen werden, von einem Dritten seinen Anteil zu verlangen, wenn das Jobcenter mit bestandskräftigem Bescheid den vollständigen Wegfall der Leistungen für Unterkunft und Heizung verfügt und der Dritte auch kein Einkommen oder Vermögen habe, aus dem er seinen Anteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestreiten könne (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 14, 21 f). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 19).

18

Diese Abweichung vom Kopfteilprinzip und die aus ihr folgende Erhöhung der Einzelansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung setzt voraus, dass sie aus bedarfsbezogenen Gründen geboten ist (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 21 f; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14). Verfügt das dritte Bedarfsgemeinschaftsmitglied, für das Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nicht erbracht werden, über Einkommen oder Vermögen, aus dem es seinen Kopfteil - oder ggf Teile davon - bestreiten kann, ist insoweit eine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen nicht geboten, denn es ist nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wirtschaftlich leistungsfähigen Dritten ein kostenfreies Wohnen zu ermöglichen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14, 22).

19

Zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des Dritten ist auf §§ 11 ff SGB II abzustellen, weil nur in Höhe der Differenz zwischen seinem Kopfteil und des von ihm einzusetzenden Einkommens oder Vermögens ein ungedeckter Bedarf vorliegt, der eine entsprechende Abweichung vom Kopfteilprinzip und höhere Leistungen an die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus den genannten bedarfsbezogenen Gründen rechtfertigt(BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 23).

20

e) Aufgrund des Versagungsbescheids des Beklagten vom 29.9.2010 sind dem Sohn der Kläger zwar im Januar und Februar 2011 keine Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden. Doch war nach den Feststellungen des LSG Anlass hierfür dessen fehlende Mitwirkung bei der Prüfung, ob und ggf in welchem Umfang er über zu berücksichtigendes Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit verfügte. Aufgrund dieser fehlenden, nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG zudem nicht nachgeholten Mitwirkung ist ungewiss, ob überhaupt und ggf in welchem Umfang der Kopfteil des Sohns bei einer Abweichung vom Kopfteilprinzip bei den Klägern zu berücksichtigen sein könnte, ob und ggf inwieweit bei ihnen also ein ungedeckter Bedarf verblieben ist (vgl zum Kindergeld des sanktionierten volljährigen Kindes BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 24).

21

f) Diese Ungewissheit über die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II bei Versagungen nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung bei der Feststellung zu berücksichtigenden Einkommens rechtfertigt, anders als beim durch das Jobcenter verfügten Wegfall des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nach §§ 31 ff SGB II, keine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen. Ist die Hilfebedürftigkeit eines dritten Haushaltsmitglieds, bei deren Vorliegen dessen Kopfteil als Bedarf anerkannt und übernommen würde, ungeklärt, lässt dies den Bedarf der anderen Mitglieder unberührt. Dies unterscheidet Versagungen von Sanktionen, weil aufgrund dieser vorübergehend trotz Hilfebedürftigkeit des Dritten dessen Bedarf für Unterkunft und Heizung nicht übernommen wird. Die Folgen des "fehlenden" Kopfteils für die anderen Mitglieder des Haushalts aufgrund einer Versagung gegenüber einem dritten Mitglied, weil dieses die ua in §§ 60 ff SGB I iVm § 9 und §§ 11 ff SGB II zum Ausdruck kommenden Verhaltenserwartungen nicht erfüllt, sind nicht durch höhere Einzelansprüche der anderen Haushaltsmitglieder auszugleichen(dazu im Einzelnen 4. und 5.).

22

4. Dies gilt auch dann, wenn die Mitglieder des Haushalts mit dem Dritten, ist dieser hilfebedürftig, eine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Werden die mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II verbundenen rechtlichen Erwartungen nicht erfüllt, "funktioniert" die Bedarfsgemeinschaft nicht (zum Begriff "funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 41; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 48; zum Begriff "nicht-funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl Peters in Estelmann, SGB II, § 9 RdNr 62, Stand März 2016; jeweils zur Frage der Verteilung der Mittel in der Bedarfsgemeinschaft). Mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II als typisierte Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft ist verbunden, dass die häusliche familiäre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein kann, weil anzunehmen ist, dass deren Mitglieder in besonderer Weise füreinander einstehen und bereit sind, ihren Lebensunterhalt auch jenseits zwingender rechtlicher Verpflichtungen gegenseitig zu sichern (vgl BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 RdNr 53, 63; zu den Anforderungen an einen Haushalt von Eltern mit einem volljährigen Kind als eine Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 23 ff). Werden diese rechtlichen Erwartungen tatsächlich nicht erfüllt, führt dies grundsätzlich nicht zu höheren Leistungsansprüchen für einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Doch berechtigt dies zur Auflösung des gemeinsamen Haushalts und damit der Bedarfsgemeinschaft, selbst wenn das im Einzelfall zu höheren individuellen Leistungsansprüchen führen kann (vgl dazu BVerfG, aaO, RdNr 64 ff; BSG, aaO, RdNr 30). Hierbei kommt auch die Inanspruchnahme der Beratung und Unterstützung durch das Jobcenter, insbesondere in den Fällen eines Eltern-Kind-Konflikts, in Betracht (vgl dazu Breitkreuz in BeckOK, SGB II, § 22 RdNr 8b, Stand September 2017).

23

Dies gilt auch vorliegend: Würde der Sohn der Kläger über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft gewesen, gleichwohl aber Mitglied des gemeinsamen Haushalts, weshalb die Kläger weiterhin nur einen Anspruch auf zwei Drittel der Unterkunftsaufwendungen gehabt hätten - soweit dem aufgrund der Einkommenshöhe nicht die Vermutung nach § 9 Abs 5 SGB II entgegen gestanden hätte, dass sie Leistungen vom Sohn erhalten. Würde dieser nicht oder nur teilweise über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Kläger gewesen und hätten diese einen Anspruch auf ihre beiden Kopfteile der Unterkunftsaufwendungen gehabt. Würde in der ersten Konstellation der dem Haushalt angehörige, nicht hilfebedürftige Sohn seinen Kopfteil aus Einkommen nicht beigetragen haben, hätte dies den Leistungsanspruch der hilfebedürftigen Kläger nicht erhöht. Soweit der Sohn selbst bei Hilfebedürftigkeit in der zweiten Konstellation wegen der Versagung seinen Kopfteil aus Leistungen nicht beigetragen hat, ändert auch dies nichts am Anspruch der Kläger nur auf ihre Kopfteile. Auf den "fehlenden" Kopfteil, wenn dessen Tragung durch den Sohn aus Einkommen oder aus Leistungen nicht erreicht werden kann, ist in der einen wie der anderen Konstellation nicht durch höhere Leistungen für die Kläger zu reagieren. Das LSG musste deshalb auch keine Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens des Sohns anstellen.

24

5. Die Ablehnung eines höheren Anspruchs der Kläger auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Abweichung vom Kopfteilprinzip steht weder im Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des BSG, die vorübergehend höhere Ansprüche bei Sanktionen gegenüber Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt hat, noch zur Rechtsprechung des Senats, nach der vom Kopfteilprinzip abzuweichen ist, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen Zeitraum nicht nutzt, der auch zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a SGB II führt(Ortsabwesenheit eines Bedarfsgemeinschaftsmitglieds: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 19; im Pflegeheim lebendes Bedarfsgemeinschaftsmitglied: BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 23).

25

Der Hintergrund für diese vom Kopfteil als Maßstab für die Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen bestehenden Ausnahmen ist die Sicherung des Grundbedürfnisses Wohnen, die in diesen Fällen nur über Ansprüche der jeweiligen leistungsberechtigten Person sichergestellt werden kann (BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 40/15 R - SozR 4-1500 § 75 Nr 24 RdNr 43). So liegt es vorliegend indes nicht. Denn in den streitigen Monaten lebte der Sohn der Kläger weiterhin mit diesen in einem Haushalt und nutzte gemeinsam mit ihnen die Wohnung, die seinen aktuellen Unterkunftsbedarf deckte, und bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in diesen Monaten konnte sein aktueller anteiliger Unterkunftsbedarf durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sichergestellt werden. Die Erbringung dieser Leistungen war zudem trotz der Versagung noch durch Nachholung der Mitwirkung erreichbar (§ 67 SGB I).

26

6. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger aus anderen Gründen als einer Abweichung vom Kopfteilprinzip Anspruch auf höhere als die ihnen bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung haben könnten, lassen sich weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen der Beteiligten entnehmen. Insbesondere lässt sich den ungerügt gebliebenen Feststellungen des LSG nicht entnehmen, dass der gemeinsamen Nutzung der Wohnung durch die Kläger und ihren Sohn bindende vertragliche Regelungen zwischen den Familienmitgliedern zugrunde lagen, die für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip streiten könnten.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. Der Teilkostenerstattung für das Widerspruchsverfahren liegt zugrunde, dass der Beklagte zunächst auch gegenüber den Klägern wegen fehlender Mitwirkung ihres Sohns Leistungen ganz versagt hatte, weshalb die auf deren Widersprüche hiergegen ergangene Leistungsbewilligung eine Teilabhilfe ist (vgl § 63 SGB X).

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Oktober 2013 geändert und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Juli 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2012 verurteilt, den Klägerinnen jeweils pro Monat für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 30. September 2011 Sozialgeld in Höhe von 251,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat den Klägerinnen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu 9/10 zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten nur noch um Ansprüche der Klägerinnen auf Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Die am 1998 geborene Klägerin zu 1 und die am 22.7.2002 geborene Klägerin zu 2 sind die Kinder der am 1974 geborenen H. und des am 1969 geborenen A., beide wohnhaft in Bocholt. Die Eltern der Klägerinnen stehen im Bezug von Arbeitslosengeld II bei der beklagten Stadt Bocholt, die im eigenen Namen anstelle des als Optionskommune zugelassenen Kreises Borken diese Aufgabe wahrnimmt. Die Mutter der Klägerinnen ist tunesische Staatsangehörige, der Vater ist - wie die Klägerinnen selbst - deutscher Staatsangehöriger. Die Klägerinnen besuchen eine Schule in Tunesien und wohnen dort bei ihren Großeltern, während der tunesischen Sommerferien halten sie sich bei ihren Eltern auf, so auch im Jahr 2011 vom 1.7. bis zum 30.9.2011. Ihre Anträge auf Bewilligung von Sozialgeld für diese Zeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6.7.2011 ab. Die Widersprüche der Klägerinnen wies das Jobcenter des Kreises Borken mit Widerspruchsbescheid vom 11.6.2012 zurück, weil die Klägerinnen entgegen § 30 Abs 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) und § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hätten. Aufgrund des Schulbesuchs in Tunesien liege ihr Lebensmittelpunkt und damit ihr gewöhnlicher Aufenthalt in Tunesien.

3

Das Sozialgericht (SG) Münster hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 14.10.2013), weil für die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland erforderlich sei, der fehle. Diese Voraussetzung ergebe sich aus einem Zusammenspiel der Vorschriften des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und § 30 Abs 1 SGB I. Eine davon abweichende anderweitige Regelung, wie sie in § 37 SGB I vorgesehen sei, gebe es nicht. Der Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Grundgesetz ) gebiete es nicht, jede die Familie treffende Belastung auszugleichen und eröffne dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, der nicht überschritten sei.

4

Mit ihren vom SG zugelassenen Sprungrevisionen rügen die Klägerinnen eine Verletzung der §§ 30, 37 SGB I und des § 7 SGB II sowie von Art 6 GG, weil der Bezug von Sozialgeld keinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland voraussetze. Ihre ursprünglich ebenfalls erhobenen Ansprüche auf Schulbedarf haben die Klägerinnen im Revisionsverfahren zuletzt nicht weiterverfolgt.

5

Die Klägerinnen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14. Oktober 2013 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 6. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2012 zu verurteilen, ihnen jeweils pro Monat Sozialgeld in Höhe von 251,00 Euro vom 1. Juli bis zum 30. September 2011 zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässigen Revisionen der Klägerinnen sind im aufrechterhaltenen Umfang begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz), da ihnen die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld in Höhe ihres Regelbedarfs für die Zeit ihres Aufenthalts in Deutschland vom 1.7. bis zum 30.9.2011 zustehen.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch diese Ansprüche der Klägerinnen auf Sozialgeld, die die Beklagte mit Bescheid vom 6.7.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.6.2012 abgelehnt hat. Die Geltendmachung nur des Regelbedarfs und nicht auch von Leistungen für Unterkunft und Heizung ist nach dem 31.12.2010 weiterhin ein abtrennbarer prozessualer Anspruch, soweit er - wie vorliegend - Gegenstand einer abtrennbaren Verfügung des angegriffenen Bescheids ist (vgl BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff mwN). Die Klägerinnen haben ihre Ansprüche zutreffend mit der statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4, § 56 SGG)geltend gemacht.

9

2. Die beklagte Stadt ist die richtige Beklagte, auch wenn sie nicht Träger der geltend gemachten Leistungen ist, sondern der Kreis Borken, dem sie angehört, weil ihr die Aufgaben des Trägers zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen sind (Wahrnehmungszuständigkeit) und sie daher im Außenverhältnis verpflichtet ist (vgl BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R - BSGE 112, 61 = SozR 4-3500 § 90 Nr 5, RdNr 10; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - juris RdNr 15; Söhngen in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl 2014, § 99 RdNr 18/21). Der Kreis Borken ist gemäß § 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung (idF vom 1.12.2010, BGBl I 1758) iVm § 6a Abs 2 SGB II als Optionskommune zugelassen. Seine alleinige Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nicht dadurch auf die Beklagte übergegangen, dass ihr der Kreis Borken gemäß § 6 Abs 2 SGB II iVm § 5 Abs 2 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (vom 16.12.2004, GVBl NRW 821) iVm § 1 Abs 1 der Satzung des Kreises Borken über die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II im Kreis Borken vom 20.1.2005 in der Fassung der Änderungssatzung vom 17.11.2006 die Durchführung der ihm als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende obliegenden Aufgaben nach dem SGB II zur Entscheidung im eigenen Namen übertragen hat (vgl zur Parallelvorschrift des § 99 Abs 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 21/06 R - BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr 3, RdNr 11 f). Die Vorschrift des § 6 Abs 2 SGB II ermöglicht eine Heranziehung der kreisangehörigen Städte zur Aufgabenwahrnehmung und ist damit eine Rechtsgrundlage für die Übertragung der Wahrnehmungszuständigkeit, nicht aber der weiteren Übertragung der Trägerschaft für die Leistungen.

10

3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere war der Kreis Borken, der den Widerspruchsbescheid erlassen hat, nicht notwendig beizuladen. Er ist nicht Dritter im Sinne des § 75 Abs 2 Alt 1 SGG, da er die ihm obliegenden Aufgaben durch die Beklagte wahrnimmt (vgl BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 13/11 R - BSGE 112, 61 = SozR 4-3500 § 90 Nr 5, RdNr 11). Auch ein Fall der unechten notwendigen Beiladung gemäß § 75 Abs 2 Alt 2 SGG liegt nicht vor, da - wie bereits ausgeführt - Träger der Leistungen der Kreis Borken ist und allenfalls streitig sein könnte, ob der Träger selbst oder die Beklagte verpflichtet ist. Darauf kommt es jedoch mangels Rüge nicht an (vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 13; BSG Urteil vom 16.11.1978 - 3 RK 79/77 - SozR 1500 § 75 Nr 20; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 13b mwN aus der Rspr des BSG).

11

4. Örtlich zuständig für die von den Klägerinnen geltend gemachten Leistungen für die Zeit ihres Aufenthalts bei ihren Eltern ist infolge deren gewöhnlichen Aufenthalts in Bocholt die beklagte Stadt Bocholt (§ 36 Satz 1 SGB II; vgl im Übrigen § 36 Satz 3 SGB II für Leistungen an Minderjährige während der Zeit der Ausübung des Umgangsrechts).

12

5. Rechtsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche auf Sozialgeld sind § 19 Abs 1 Satz 2 und § 7 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Nr 4 SGB II. Danach erhalten nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben, Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches haben.

13

Diese Voraussetzungen wurden von den Klägerinnen in der strittigen Zeit erfüllt. Sie hatten keine Ansprüche auf die im Vierten Kapitel des SGB XII geregelten Leistungen im Alter und bei Erwerbsminderung, bildeten mit ihren Eltern eine temporäre Bedarfsgemeinschaft (dazu a) und waren nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte (dazu b).

14

a) Die Klägerinnen bildeten mit ihren erwerbsfähigen, leistungsberechtigten Eltern, die nach § 7 Abs 3 Nr 1, 3 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft waren, eine temporäre Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Gehören die Kinder nur zeitweise diesem Haushalt an, liegt eine sog temporäre Bedarfsgemeinschaft vor (BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 50/12 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 35; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1).

15

Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des SG und der übereinstimmenden Klarstellung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gehörten die minderjährigen, unverheirateten Klägerinnen, die sonst bei ihren Großeltern lebten, im strittigen Zeitraum dem Haushalt ihrer Eltern an und verfügten über kein Einkommen und Vermögen.

16

b) Die Klägerinnen waren nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte. Eine ausdrückliche Definition des Begriffs "nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte" enthält das SGB II nicht. Eine eigenständige, über die fehlende Erwerbsfähigkeit hinausgehende Anspruchsvoraussetzung ist der Formulierung des § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht zu entnehmen. § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II enthält nur eine Legaldefinition des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, während § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II den Begriff "Leistungsberechtigter" nicht enthält, sondern nur von "Personen" spricht, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Daran, dass die Klägerinnen nicht erwerbsfähig waren, besteht aufgrund ihres Alters von zwölf und neun Jahren kein Zweifel (vgl §§ 2, 5 Jugendarbeitsschutzgesetz).

17

aa) Diese Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nicht um die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II für erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu erweitern. Die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II steht im Einklang mit § 19 Abs 1 Satz 1 SGB II und enthält die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II durch erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Die Regelung des § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II steht im Einklang mit § 19 Abs 1 Satz 2 SGB II und normiert die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialgeld durch nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte. Beide Regelungen stehen nebeneinander und auch die einleitende Formulierung des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II "Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen …" wird durch eine entsprechende Formulierung in § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II ergänzt, wonach "Leistungen … auch Personen (erhalten), die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben".

18

Dieses Nebeneinander für sich stehender Anspruchsgrundlagen schließt es aus, § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II als Ergänzung zu den Voraussetzungen der § 19 Abs 1 Satz 2 und § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II zu verstehen, zumal die in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Voraussetzungen auf nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte entweder nicht passen oder bereits in den in § 19 Abs 1 Satz 2 oder § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II genannten Merkmalen enthalten sind. Von den in der Legaldefinition der "erwerbsfähigen Leistungsberechtigten" in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II enthaltenen Tatbestandsmerkmalen passt der in Nr 1 geregelte "Altersrahmen" nicht zu den Voraussetzungen des Sozialgeldbezugs. Die Erwerbsfähigkeit der Nr 2 stellt das Abgrenzungsmerkmal zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie dem Zugang zu Arbeitslosengeld II oder zu Sozialgeld (§ 19 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 SGB II) dar. Die in der Nr 3 genannte Hilfebedürftigkeit enthält für Kinder keine weitere Anspruchsvoraussetzung, da bei fehlender Hilfebedürftigkeit bereits keine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft vorliegt (§ 7 Abs 3 Nr 4 SGB II). Es könnte daher aus dem Katalog des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II ausschließlich die Nr 4 - der gewöhnliche Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland - als Voraussetzung des Sozialgeldbezugs für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte herangezogen werden. Der hierin geregelte räumliche Anknüpfungspunkt ist jedoch bereits in dem - oben bejahten - Erfordernis der Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten enthalten, sodass nicht zu erkennen ist, wozu es einer weiteren Voraussetzung für die Begründung eines räumlichen Anknüpfungspunkts bedarf.

19

bb) Dem steht die Regelung des § 30 Abs 1 SGB I nicht entgegen, nach der die Vorschriften dieses Gesetzbuchs für alle Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

20

Die Norm regelt den Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich des Sozialgesetzbuchs. Sie beruht auf dem völkerrechtlich hergeleiteten Territorialitätsprinzip, welches es Staaten verbietet, Hoheitsgewalt außerhalb des eigenen Staatsgebietes auszuüben, bzw gebietet, Hoheitsakte nur auf dem eigenen Staatsgebiet zu erlassen. Die Vorschrift verbietet es indes nicht, Rechtsfolgen insbesondere auf dem Gebiet des Leistungsrechts auch mit Auslandsbezug zu regeln oder an diesen anzuknüpfen (Hauck/Noftz, SGB I, Stand 7/2014, K § 30 RdNr 1 ff; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 30 RdNr 5 ff; Schlegel in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 30 RdNr 16 ff). Die Anknüpfung an den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt steht dabei im Sinne einer Rahmenregelung unter dem Vorbehalt abweichender Regelungen (§ 30 Abs 2 und § 37 SGB I). Eine solche abweichende Regelung muss nicht ausdrücklich normiert sein, sondern kann sich aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschriften eines Sozialleistungsbereiches oder ihrem Sinn und Zweck ergeben (vgl schon die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 7/868 S 29; Didong in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 37 RdNr 9; Fastabend in Hauck/Noftz, SGB I, Stand 7/2014, K § 37 RdNr 9 mwN).

21

Eine solche abweichende Regelung ergibt sich für das SGB II aus der aufgezeigten Auslegung von § 19 Abs 1 Satz 2, § 7 Abs 2 Satz 1 SGB II im Verhältnis zu § 19 Abs 1 Satz 1, § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II bei nichterwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Fällen der vorliegenden Art. Diese Vorschriften knüpfen an die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten an, der seinerseits seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben muss(§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB II), sodass sich der räumliche und persönliche Anwendungsbereich für nichterwerbsfähige Leistungsberechtigte über das Erfordernis der Bedarfsgemeinschaft aus dem SGB II ergibt und die allgemeine Regelung in § 30 Abs 1 SGB I insoweit verdrängt wird.

22

cc) Gestützt wird diese Auslegung durch systematische Gründe, weil den Büchern des Sozialgesetzbuches insgesamt nicht zu entnehmen ist, dass Leistungen grundsätzlich von einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abhängig sein sollen.

23

Innerhalb des SGB II ist § 36 Satz 4 SGB II zu entnehmen, dass auch erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort an dem Ort ihres tatsächlichen Aufenthalts Leistungen zu erbringen sind (vgl die Gesetzesbegründung BT-Drucks 16/1410 S 27). § 23 Abs 1 Satz 1 SGB XII verlangt für die Leistung von Sozialhilfe an Ausländer in Deutschland lediglich deren tatsächlichen Aufenthalt in Deutschland. Soweit die Beklagte § 24 SGB XII(Sozialhilfe für Deutsche im Ausland) anführt, ist darauf hinzuweisen, dass diese Regelung der obigen Auslegung nicht entgegensteht, sondern für sie spricht, weil aus § 24 SGB XII kein Leistungsausschluss während eines Besuches eines Deutschen im Inland ableitbar ist. Denn die Vorschrift ist nur bei einem Aufenthalt im Ausland anwendbar, wie sich bereits aus dem Wortlaut ihres Absatzes 1 Satz 2 und der Anknüpfung an die Verhältnisse im Ausland in den Absätzen 2 und 3 ergibt. Die Leistungen nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) werden jungen Menschen und ihren Personensorgeberechtigten gewährt, die (nur) ihren tatsächlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 6 Abs 1 Satz 1 SGB VIII).

24

dd) Diese Auslegung stimmt mit Verfassungsrecht und in deutsches Recht überführtem Völkerrecht überein. Nach diesem ist das Grundrecht des Kindes auf staatliche Gewährleistung der elterlichen Pflege und Erziehung (Art 2 Abs 1 iVm Art 6 Abs 2 Satz 1 GG) zu beachten (vgl BVerfG Urteil vom 19.2.2013 - 1 BvL 1/11, 1 BvR 31 BvR 3247/09 - BVerfGE 133, 59 RdNr 41 ff mwN), dem durch den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Übereinkommen (der Vereinten Nationen) über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Gesetz vom 17.2.1992, BGBl II 121) die Rechte und Wertungen dieses Übereinkommens an die Seite treten. Die fehlende Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG), die verfassungsrechtlich nicht von einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland abhängig ist (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12), von Kindern während ihres Aufenthalts bei ihren Eltern in Deutschland bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt wäre mit diesen Wertentscheidungen und der eingegangenen internationalen Verpflichtung nicht vereinbar.

25

6. Die auf den Regelbedarf nach § 23 Nr 1 SGB II beschränkte Höhe des Sozialgeldes der Klägerinnen folgt aus ihrem Antrag, der zu Recht vom Fehlen der weiteren in § 19 Abs 1 Satz 3 SGB II genannten Bedarfe ausgeht.

26

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerinnen mit ihrem Antrag auf Sozialgeld durchgedrungen sind, nicht hingegen mit dem zunächst noch verfolgten Antrag auf Schulbedarf.

(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1.
geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,
2.
sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,
3.
sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,
4.
sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und
5.
sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.
Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung aufgrund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

Die in der Anlage bezeichneten kommunalen Träger werden als Träger der Leistung nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen. Sie treten insoweit an die Stelle der für ihr Gebiet jeweils zuständigen Agentur für Arbeit.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19. Mai 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 aufgehoben und im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Berücksichtigung von an den Großvater gezahltem Kindergeld beim Enkel als Einkommen für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010.

2

Der am 27.12.1994 geborene Kläger lebte im Haushalt des Großvaters, der sein alleiniger Vormund war und für ihn Kindergeld erhielt (für Dezember 2009 164 Euro, ab Januar 2010 184 Euro). Auf Antrag des Klägers bewilligte die beklagte Stadt M., die im eigenen Namen anstelle des als Optionskommune zugelassenen Kreises M. diese Aufgabe wahrnimmt, ihm mit Bescheiden vom 15.12.2009 und 18.12.2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 31.12.2010. Dabei berücksichtigte sie die von dem Kläger bezogene Halbwaisenrente sowie das an den Großvater gezahlte Kindergeld als Einkommen. Gegen beide Bescheide legte der Kläger ua wegen der Anrechnung des Kindergelds als Einkommen Widerspruch ein. Mit Bescheiden vom 9.2.2010 und 24.2.2010 erhöhte die Beklagte die an den Kläger zu zahlenden Leistungen für Februar und März 2010 aufgrund einer Reduzierung des Warmwasserabzugs. Auch gegen diese Bescheide legte der Kläger Widerspruch ein. Weitere Änderungsbescheide ergingen für die Folgemonate. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 wies der Kreis den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.12.2009 als unbegründet zurück, und mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 wies er den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9.2.2010 zurück.

3

In dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren hat das SG die Zeit ab dem 1.3.2010 abgetrennt und das vorliegende Verfahren auf die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 beschränkt. Unter Abweisung der Klage im Übrigen hat das SG den "Bescheid vom 15.12.2009 und 18.12.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 9.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.6.2010" geändert und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 27.12.2009 bis 31.1.2010 zu gewähren (Urteil vom 19.5.2015). Ua hat es ausgeführt, dass das an den Großvater gezahlte Kindergeld als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen sei. Dies folge zwar nicht unmittelbar aus § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil der Kläger und sein Großvater keine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II bilden würden. Dennoch könne das Kindergeld beim Kläger als tatsächliches Einkommen angerechnet werden, weil der Kläger mit seinem Großvater in einem Haushalt lebe und dieser das für den Kläger gezahlte Kindergeld für diesen verwendet habe. Ob die Verwendung für von der Regelleistung umfasste oder für andere Bedarfe erfolgt sei, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass geeignetes Einkommen vorhanden gewesen sei, um den grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu decken. Auf Antrag des Klägers unter Vorlage der Zustimmung der Beklagten hat das SG mit Beschluss vom 10.9.2015 die Sprungrevision gegen das Urteil zugelassen, "soweit die Klage auf die Gewährung von weiteren Leistungen nach dem SGB II für die Regelleistung gerichtet ist."

4

Mit seiner Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung des § 11 SGB II wegen der Anrechnung des an seinen Großvater gezahlten Kindergelds als Einkommen. Eine solche Anrechnung komme nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht in Betracht, weil danach nur Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder diesen als Einkommen zuzurechnen sei und der Kläger und sein Großvater keine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Ohne weitere Rechtsgrundlagen zu nennen, stelle das SG in seinem Urteil dar, dass das Kindergeld bei ihm - dem Kläger - tatsächlich als Einkommen angerechnet werden könne, weil das Kindergeld für ihn verwendet worden sei. Auf die allgemeine Anrechnungsregel des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II könne nicht zurückgegriffen werden, weil diese durch die speziellere Regelung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II zur Anrechnung des Kindergelds verdrängt werde. Im Übrigen sei das Kindergeld nie an ihn ausgezahlt oder auf ein Konto von ihm überwiesen worden, sodass § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II schon tatbestandlich nicht einschlägig wäre.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19. Mai 2015 sowie die Bescheide des Beklagten vom 15. Dezember 2009 und vom 9. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2010 zu ändern, den Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 27. Dezember 2009 bis zum 28. Februar 2010 höheres Arbeitslosengeld II - ohne Berücksichtigung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung - zu zahlen.

6

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist insofern begründet, als das Urteil des SG vom 19.5.2015 und der Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 (siehe speziell dazu unter 3.) aufzuheben sind und im Übrigen die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 SGG). Eine endgültige Entscheidung seitens des BSG ist mangels ausreichender Feststellungen nicht möglich.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben dem Urteil des SG der Bescheid der Beklagten vom 15.12.2009 in der Fassung des ihn ändernden Bescheids vom 9.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.6.2010 und der ebenfalls hinsichtlich des Bescheides vom 9.2.2010 ergangene Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 sowie die vom Kläger begehrten höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne solche für die Unterkunft und Heizung - für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010.

9

2. Die beklagte Stadt M. ist die richtige Beklagte, auch wenn sie nicht Träger der geltend gemachten Leistungen ist, sondern der als Optionskommune zugelassene Kreis M., dem sie angehört, weil ihr die Aufgaben des Trägers zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen sind (Wahrnehmungszuständigkeit) und sie daher im Außenverhältnis verpflichtet ist (vgl nur BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 9 mwN).

10

3. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Insbesondere war der Kreis, der die Widerspruchsbescheide erlassen hat, nicht notwendig beizuladen (BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 10 mwN).

11

Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig (vgl § 161 Abs 1 SGG). Dies gilt auch hinsichtlich ihrer Beschränkung auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II - ohne solche für die Unterkunft und Heizung -, weil der Beschluss des SG über die Zulassung der Sprungrevision vom 10.9.2015 in diesem Sinne zu verstehen ist, wie die weitere Formulierung in ihm zeigt, die Zulassung werde "abgelehnt, soweit die Klage auf die Gewährung von weiteren Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft und Heizung gerichtet ist". Ebenso wie eine Klage kann eine Sprungrevision auf die Geltendmachung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ohne solche für die Unterkunft und Heizung einerseits und auf höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung andererseits zulässigerweise beschränkt werden (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff; zuletzt BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff).

12

Der Kläger verfolgt sein Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Mit dieser wendet er sich nach wie vor zu Recht gegen den ersten Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 15.12.2009, mit dem ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 27.12.2009 bis 31.12.2010 bewilligt wurden. Der nachfolgende mit "Duplikat" überschriebene "Bescheid" vom 18.12.2009 hatte denselben Inhalt und war nur eine wiederholende Verfügung ohne eigenen Regelungsinhalt und demgemäß kein Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X(vgl nur Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 32). Der Bescheid vom 9.2.2010, mit dem die Beklagte die an den Kläger zu zahlenden Leistungen für Februar und März 2010 aufgrund einer Reduzierung des Warmwasserabzugs erhöhte, war nach seinem Inhalt eine umfassende Neubewilligung der Leistungen des Klägers ab dem 1.2.2010 und ersetzte damit ab diesem Zeitpunkt den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 15.12.2009 (§ 39 Abs 2 SGB X). Der nachfolgende, mit "Duplikat" überschriebene "Bescheid" vom 24.2.2010 hatte denselben Inhalt und war - ebenfalls - nur eine wiederholende Verfügung. Die anschließend ergangenen Bescheide der Beklagten gegenüber dem Kläger sind für das vorliegende Verfahren unbeachtlich, weil sie keine Regelungen in Bezug auf die vorliegend strittige Zeit enthalten.

13

Das hinsichtlich des angefochtenen Bescheides vom 15.12.2009 notwendige Vorverfahren nach § 78 SGG ist durch den Widerspruchsbescheid des Kreises M. vom 25.6.2010 abgeschlossen worden. Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens (§ 86 SGG) - und von diesem Widerspruchsbescheid umfasst - ist auch der Bescheid vom 9.2.2010 geworden, weil er den zuvor genannten Bescheid ab 1.2.2010 ersetzt hat. Der weitere vom Kreis gegenüber dem Kläger erlassene Widerspruchsbescheid vom 5.7.2010 wegen des Bescheides vom 9.2.2010, der aufgrund des Begehrens des Klägers Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ist aufzuheben, weil es für diesen Widerspruchsbescheid nach der zuvor aufgezeigten Einbeziehung des Bescheides vom 9.2.2010 in das schon laufende Widerspruchsverfahren, das zum Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 führte, keinen Rechtsgrund gab.

14

4. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers gegenüber der beklagten Stadt auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne solche für die Unterkunft und Heizung - vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II, das vor dem streitbefangenen Zeit zuletzt geändert worden war durch das Gesetz vom 17.7.2009 (BGBl I 1990). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

15

Zwar ist eine frühere, durch eine Änderung des Gesetzes abgelöste alte Fassung des Gesetzes kein aktuell geltendes Recht mehr, aufgrund der gesetzlichen Konzeption der Übergangsvorschriften im SGB II (vgl zB dessen § 66), die Ausdruck des aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art 20 Abs 3 GG folgenden Grundsatz des Vertrauensschutzes auch bei Rechtsänderungen sind, ist jedoch im SGB II vom sog Geltungszeitraumprinzip auszugehen, nach dem das Recht anzuwenden ist, das zu der Zeit galt, in der die maßgeblichen Rechtsfolgen eingetreten sind, wenn es an einer speziellen Regelung mangelt (vgl BSG Urteil vom 12.5.2011 - B 11 AL 24/10 R - SozR 4-1300 § 107 Nr 4 RdNr 22; Stölting in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 66 RdNr 4 ff; Stotz in Gagel, SGB II/SGB III, § 33 SGB II RdNr 96 f, Stand der Einzelkommentierung 3/2016; vgl zum SGB III: BSG Urteil vom 6.2.2003 - B 7 AL 72/01 R - SozR 4-4100 § 119 Nr 1 Juris-RdNr 14). Denn das SGB II dient der Deckung einer aktuellen Bedarfslage im jeweiligen Zeitpunkt, wie zahlreiche Regelungen belegen (vgl zB § 11 Abs 2, §§ 37, 41 SGB II).

16

Der Kläger erfüllte die Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2, 4 SGB II als erwerbsfähiger Leistungsberechtigter, weil er nach den für den Senat bindenden Feststellungen des SG(§ 163 SGG) am 27.12.1994 geboren ist, erwerbsfähig war und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, und die Voraussetzungen von § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 4a oder 5 SGB II nicht vorlagen.

17

Der Kläger und sein Großvater bildeten, obwohl sie in einem gemeinsamen Haushalt lebten, keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II, weil die dort enumerativ aufgezählten Konstellationen nicht das Zusammenleben nur der Großeltern oder eines Großelternteils mit ihrem oder seinem Enkelkind erfassen(zu einer Drei-Generationen-Bedarfsgemeinschaft: BSG Urteil vom 17.7.2014 - B 14 AS 54/13 R - BSGE 116, 200 = SozR 4-4200 § 7 Nr 37). Wegen der Verwandtschaft zwischen ihnen lag jedoch eine Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs 5 SGB II vor.

18

Der Kläger hatte einen Bedarf an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne solche für Unterkunft und Heizung - in Höhe der Regelleistung von 359 Euro (§ 20 Abs 1, 2 Satz 1 SGB II iVm der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009 vom 17.6.2009, BGBl I 1342), Anhaltspunkte für einen anderen einzubeziehenden Bedarf bestehen nicht.

19

Ob und in welchem Umfang der Kläger hilfebedürftig nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3, §§ 9 ff SGB II war, kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden. Als Einkommen nach § 11 SGB II zu berücksichtigen ist die von ihm bezogene Halbwaisenrente, zu deren Höhe im Urteil des SG unterschiedliche Angaben gemacht werden (S 3 Abs 3: 187,77 Euro, S 9 Abs 3: 169,28 Euro), was im wiedereröffneten erstinstanzlichen Verfahren zu klären ist.

20

Von dem Einkommen des Klägers ist die Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro (§ 6 Abs 1 Nr 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom 23.7.2009, BGBl I 2340 ) abzusetzen, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des SG über entsprechende eigene Versicherungen verfügte.

21

Nicht als Einkommen des Klägers zu berücksichtigen ist das an den Großvater für den Kläger gezahlte Kindergeld (dazu 5.). Aufgrund der nicht näher konkretisierten Feststellung des SG, der Großvater habe das Kindergeld für den Kläger verwandt, kommt jedoch eine Berücksichtigung des Geldes als (allgemeine) Einnahme des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II in Betracht(dazu 6.). Zudem hat das SG nicht beachtet, dass der Kläger und sein Großvater eine Haushaltsgemeinschaft bilden (vgl § 9 Abs 5 SGB II) und aus diesem Grund eine weitere Sachaufklärung, insbesondere hinsichtlich des Einkommens und der zu vermutenden Leistung des Großvaters an den Kläger, notwendig ist (dazu 7.).

22

5. Das an den Großvater gezahlte Kindergeld kann nicht als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II(heute § 11 Abs 1 Satz 5 SGB II in der Fassung des 9. SGB II-Änderungsgesetzes vom 26.7.2016, BGBl I 1824 - im Folgenden 9. SGB II-ÄndG) berücksichtigt werden.

23

Kindergeld ist grundsätzlich Einkommen des Kindergeldberechtigten (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 25). Kindergeldberechtigt sind außer den Eltern ua die Großeltern, wenn sie - neben weiteren Voraussetzungen - ihren Enkel in ihren Haushalt aufgenommen haben (vgl §§ 62, 63 Abs 1 Satz 1 Nr 3 Einkommenssteuergesetz; §§ 1, 2 Abs 1 Nr 3 Bundeskindergeldgesetz > ). Abweichend hiervon wird im SGB II das Kindergeld in bestimmten Fällen dem Kind und nicht dem Kindergeldberechtigten als Einkommen zugerechnet: Satz 2 des § 11 Abs 1 SGB II bestimmt, dass der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG als Einkommen dem jeweiligen Kind zuzurechnen ist, nach dessen Satz 3 gilt dies auch für das Kindergeld für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird. Eine weitere - vorliegend nicht einschlägige - Sonderregelung enthält § 1 Abs 1 Nr 8 ALG II-VO, wonach Kindergeld für Kinder des Hilfebedürftigen nicht als dessen Einkommen zu berücksichtigen ist, soweit es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird.

24

a) Eine Zurechnung des an den Großvater für den Kläger gezahlten Kindergelds als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II scheidet bereits tatbestandlich aus. Der Kläger und sein Großvater bildeten - wie schon ausgeführt - in der hier maßgeblichen Zeit keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II.

25

b) Für eine erweiternde Auslegung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II auf Fallgestaltungen der vorliegenden Art, wie sie die Beklagte vertritt, ist kein Raum.

26

Nach Sinn und Zweck zielt die Zurechnungsregelung in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II darauf ab, durch das Kindergeld ggf zusammen mit dem Kinderzuschlag nach § 6a BKGG und möglichen weiteren Leistungen Hilfebedürftigkeit des Kindes nach dem SGB II zu vermeiden(BT-Drucks 15/1516, S 53; BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 7/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 10 RdNr 16; Strnischa in Oestreicher, SGB II/SGB XII, § 11 SGB II RdNr 63, Stand der Einzelkommentierung März 2016; Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II RdNr 38, Stand der Einzelkommentierung Dezember 2015). Bereits der Wortlaut ("ist … zuzurechnen") macht deutlich, dass diese Vorschrift lediglich die normative Zurechnung erzielten Einkommens betrifft, ohne die Einkommensqualität oder den Zufluss des Kindergelds selbst regeln zu wollen, zumal die Zurechnung (zunächst) beim Kind nur soweit erfolgt, wie es zur Deckung seines Bedarfs benötigt wird, und nichts daran ändert, dass das Kindergeld dem Grunde nach Einkommen des Kindergeldberechtigten bleibt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20).

27

Bei § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II handelt es sich nicht um eine dem grundsicherungsrechtlichen Faktizitätsgedanken zuwiderlaufende fiktive Berücksichtigung tatsächlich nicht vorhandenen Einkommens. Die Regelung gründet vielmehr auf der gesetzlichen Vermutung, dass das den Eltern zufließende Kindergeld in einer familiären Gemeinschaft, die ihren Gesamtbedarf aus Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken kann und deshalb - im familienrechtlichen Sinne - eine Notgemeinschaft bildet, tatsächlich auch den Kindern zur Deckung ihres Bedarfs zugute kommt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20). Bildet der Kindergeldberechtigte - wie hier - mit dem Kind dagegen keine Bedarfsgemeinschaft, weil kein Eltern-Kind-Verhältnis besteht, ist dieser Vermutung die Grundlage entzogen, sodass eine Zurechnung des Kindergelds an das Kind fiktiv wäre.

28

Aus der Entstehungsgeschichte der Norm lässt sich ebenfalls nicht ableiten, dass das Kindergeld im SGB II stets dem Kind als Einkommen zugerechnet werden soll, wenn es das Kindergeld zur Existenzsicherung benötigt. In der Ursprungsfassung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II war das Erfordernis "Bedarfsgemeinschaft" noch nicht enthalten. Ursprünglich sah der Gesetzestext die Zurechnung des Kindergelds als Einkommen "bei dem minderjährigen Kind" vor, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird (BT-Drucks 15/1516, S 11), ohne auf die Bedarfsgemeinschaft überhaupt Bezug zu nehmen oder die Zugehörigkeit des Kindes zur Bedarfsgemeinschaft des kindergeldberechtigten Elternteils ausdrücklich zur Tatbestandsvoraussetzung zu machen. Erst durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) wurde in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II das Wort "minderjährige" durch die Wörter "zur Bedarfsgemeinschaft gehörende" ersetzt. Dadurch sollte ausweislich der Begründung des Ausschusses für Arbeit und Soziales, auf dessen Vorschlag die Änderung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II zurückgeht, der Änderung der Formulierung in § 7 Abs 3 SGB II zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern Rechnung getragen werden (BT-Drucks 16/688 S 14). Die Gesetzesbegründung bezeichnet die Änderung des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II daher auch nur als "Folgeänderung" zu dieser Einbeziehung der unter 25-Jährigen(BT-Drucks 16/688 S 14).

29

Zwar erfolgte die Bezugnahme auf die Bedarfsgemeinschaft in § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II entstehungsgeschichtlich damit nicht zur(ggf klarstellenden) Beschränkung der Kindergeldzurechnung auf zur Bedarfsgemeinschaft des Kindergeldberechtigten gehörende Kinder (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 13 RdNr 20). Eine intendierte Ausweitung der Kindergeldzurechnung auf Fälle, in denen der Kindergeldberechtigte mit dem Kind keine Bedarfsgemeinschaft bildet, das Kindergeld aber vom Kind zur Existenzsicherung benötigt wird, lässt sich den Gesetzgebungsmaterialien indes nicht entnehmen. Hätte der Gesetzgeber eine derart weitreichende Zurechnung des Kindergelds beabsichtigt, hätte es nahegelegen, dies in der Gesetzesbegründung zu dokumentieren, zumal die gewählte Formulierung ("zur Bedarfsgemeinschaft gehörende") einer solchen Auslegung im Wege steht und eine andere, offenere Formulierung dann hätte erwartet werden dürfen.

30

c) Die Anrechnung des an den Großvater gezahlten Kindergelds als Einkommen bei dem Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aufgrund des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG geboten.

31

Unbeschadet der Klärung, ob überhaupt eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vorliegt, weil zwischen der Lebenssituation von Kindern, die mit zumindest einem Elternteil, und solchen, die nur mit Großeltern zusammenleben, erhebliche Unterschiede bestehen, kann die von der Beklagten angenommene Ungleichbehandlung beider Gruppen verschieden behoben werden: Die eine Gruppe kann ebenso wie die andere, die andere kann ebenso wie die eine, und beide können auf neue, dritte Weise behandelt werden (Pieroth/Schlink, Grundrechte, 28. Aufl 2012, § 11 IV 1 RdNr 515; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Art 3 RdNr 40). Die Festlegung, wie die Ungleichbehandlung behoben wird, obliegt jedoch nicht der Verwaltung oder den Gerichten, sondern dem Gesetzgeber, wenn der Verwaltung beim Normvollzug vom geltenden Recht keine Handlungsspielräume eingeräumt worden sind - wie vorliegend. Für eine über den Wortlaut des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II hinausgehende, den Kläger belastende Auslegung der Norm unter Berufung auf Art 3 Abs 1 GG seitens der Beklagten ist insofern kein Raum.

32

6. In Betracht kommt hingegen eine Berücksichtigung des Kindergelds - und sei es nur zum Teil - als (allgemeine) Einnahme des Klägers nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, weil nach der nicht näher konkretisierten Feststellung des SG der Großvater "das Kindergeld" für den Kläger verwandt hat. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme bestimmter (Sozial-)Leistungen, die hier nicht vorliegen.

33

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Anrechnung eventueller Einkommenszuflüsse nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, die auf der Verwendung des dem Großvater normativ zugeordneten Kindergelds durch diesen zugunsten des Klägers beruhen, nicht durch die Vorschrift des § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II ausgeschlossen. Beide Vorschriften stehen nicht in einem sich ausschließenden Verhältnis, insbesondere ist § 11 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht die speziellere Vorschrift zu § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II, die diesen verdrängt. Vielmehr ordnet der Satz 3 gerade die Zurechnung des Kindergelds in einem bestimmten Umfang als Einkommen des Kindes an, selbst wenn es nicht Kindergeldberechtigter ist (vgl dazu 5.), und erweitert damit das zu berücksichtigende Einkommen nach Satz 1.

34

b) Dass die Verwendung des Kindergelds durch den Großvater für den Kläger bei diesem zu einer Einnahme führen kann, folgt aus dem weiten Begriff der Einnahme, der auch Zuwendungen in Geldeswert damals umfasste. Die ab 1.8.2016 geltende, geänderte Rechtslage aufgrund des 9. SGB II-ÄndG, nach der nur noch Einnahmen in Geldeswert, die im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundes- oder eines Jugendfreiwilligendienstes zufließen, zu berücksichtigen sind (vgl Neufassung des § 11 Abs 1 Satz 1, 2 SGB II) ist nicht anzuwenden, weil Leistungen für die Zeit vom 27.12.2009 bis zum 28.2.2010 umstritten sind und das damals geltende Recht anzuwenden ist (siehe unter 4.).

35

Bei der Anwendung des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II wird das SG in den Blick zu nehmen haben, dass zwischen Bar- und Sachzuwendungen sowie Verpflegung zu differenzieren und neben § 11 Abs 3 SGB II insbesondere die Alg II-V zu beachten ist, zB wäre Verpflegung nach § 1 Abs 1 Nr 11 Alg II-V nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Sachleistungen in Geldeswert können nur als Einkommen berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, den grundsicherungsrechtlichen Bedarf zu mindern, denn Grundlage für die Anrechnung von Einkommen und Vermögen ist, dass durch diese ein bestimmter grundsicherungsrechtlich relevanter Bedarf gedeckt werden kann, sodass zusätzliche Grundsicherungsleistungen in der entsprechenden Höhe entbehrlich sind (ebenso Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, § 11 SGB II RdNr 25, Stand der Einzelkommentierung 12/2015; Klaus in GK-SGB II, VI-1 § 11 RdNr 32, Stand der Einzelkommentierung 12/2013).

36

Welche Barbeträge und welche Sachleistungen der Großvater dem Kläger zugewandt hat und welchen grundsicherungsrechtlichen Bedarf letztere deckten, wird das SG aufzuklären haben. Allgemeine Erwägungen, wie zB "dem Kläger (könne) das Kindergeld als tatsächliches Einkommen bedarfsmindernd angerechnet werden", dürfen zu Lasten des Klägers nicht berücksichtigt werden, solange nicht feststeht, dass der Großvater dem Kläger "das Kindergeld" als Geldbetrag in Höhe des jeweiligen Zahlbetrags zugewandt hat.

37

7. Weiteres beim Kläger zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen könnte sich aus der Vermutung des § 9 Abs 5 SGB II ergeben, weil er mit seinem Großvater eine Haushaltsgemeinschaft bildete(vgl zur Vermutung, dass Verwandte an mit ihnen in einem Haushalt lebende Hilfebedürftige Leistungen erbringen, hinsichtlich des Einkommens § 1 Abs 2 Alg II-V).

38

Inwieweit der Großvater ein entsprechendes Einkommen oder Vermögen hatte und Leistungen gegenüber dem Kläger erbrachte, wird das SG aufzuklären haben (zur Auskunftspflicht des Großvaters gegenüber der Beklagten: § 60 Abs 1, 2 SGB II).

39

Über die Kosten des Revisionsverfahrens wird das SG ebenfalls zu entscheiden haben.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist die Höhe des Alg II des Klägers von August 2013 bis Januar 2014 nach einem Umzug.

2

Der 1990 geborene, unverheiratete Kläger lebte bis Sommer 2013 im Haushalt seiner Mutter in H (Landkreis L) und bezog bis 31.7.2013 als Angehöriger einer Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und Geschwistern Alg II vom Jobcenter Landkreis L Dieses wies ihn zur Verbesserung seiner Eingliederungschancen einer Maßnahme in der Nähe von Ha zu, in deren Rahmen er dort internatsmäßig untergebracht werden sollte. Am 1.8.2013 zog der Kläger zu seiner Freundin A, die er 2008 kennengelernt hatte und die seit ihrem Auszug aus dem elterlichen Haushalt bei den Eheleuten K in deren Wohnung im Haus S in G wohnte. Eine vorherige Zusicherung des Leistungsträgers nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II holte der Kläger nicht ein. Frau A bezog ebenso wie die Eheleute K Alg II vom beklagten Jobcenter. Nach dem Einzug des Klägers reduzierte der Beklagte die Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Eheleute K auf die Hälfte der monatlichen Aufwendungen (zwei von vier Kopfteilen); einen Kopfteil von Frau A berücksichtigte der Beklagte bei der Leistungsbewilligung für sie nicht.

3

Auf Antrag des Klägers vom 1.8.2013 bewilligte der Beklagte ihm Alg II für die Zeit vom 1.8.2013 bis 31.1.2014 in Höhe von monatlich 306 Euro (Bescheid vom 12.8.2013). Dabei berücksichtigte er neben dem Regelbedarf nur in dieser Höhe keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er einen höheren Regelbedarf und die anteiligen Bedarfe für Unterkunft und Heizung geltend machte, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 4.9.2013): Der Kläger sei als Unter-25-Jähriger ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen, weshalb nach § 22 Abs 5 SGB II Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht anerkannt werden könnten und nach § 20 Abs 3 SGB II der monatliche Regelbedarf 306 Euro betrage. Durch Änderungsbescheid vom 23.11.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger für Januar 2014 einen Regelbedarf in Höhe von 313 Euro unter Hinweis auf die zum 1.1.2014 neu festgesetzten Regelbedarfe.

4

Die auf höhere Leistungen gerichtete Klage wies das SG ab (Urteil vom 12.12.2014). Die Berufung des Klägers wies das LSG zurück (Urteil vom 22.9.2016): Der im streitigen Zeitraum noch nicht 25 Jahre alte Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten höheren Leistungen, weil er ohne die wegen seines ersten Umzugs aus dem elterlichen Haushalt erforderliche vorherige Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II umgezogen sei und von einer Zusicherung vorliegend auch nicht nach § 22 Abs 5 Satz 3 SGB II abgesehen werden könne. Das Erfordernis einer Zusicherung und die leistungsrechtlichen Folgen eines Umzugs ohne Zusicherung seien nicht verfassungswidrig.

5

Mit seiner vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der Ansprüche auf den höheren Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II und auf Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sowie eine Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Bei der verfassungsrechtlich gebotenen restriktiven Anwendung des § 22 Abs 5 SGB II sei eine Zusicherung nicht erforderlich, wenn vor dem Umzug kein Vertrag über die Unterkunft abgeschlossen worden sei, sondern die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ausschließlich entstünden, weil der Betroffene in einen anderen Haushalt einziehe und das Jobcenter die Unterkunftsaufwendungen nach dem Kopfteilprinzip zwischen den Haushaltsangehörigen verteile. So liege es hier, weil der Kläger keine eigene Wohnung bezogen und keinen eigenen Mietvertrag unterschrieben habe, sondern sich einem bestehenden Haushalt angeschlossen habe. Seine Bedarfe für Unterkunft und Heizung ergäben sich aus der Verteilung der Unterkunftsaufwendungen nach dem Kopfteilprinzip auf die Haushaltsangehörigen.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2016 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 12. Dezember 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 12. August 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2013 und des Änderungsbescheids vom 23. November 2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit von August 2013 bis Januar 2014 höheres Arbeitslosengeld II zu zahlen.

7

Der Beklagte verweist auf das angefochtene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Auf der Grundlage der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob dem Begehren des Klägers nach höheren Leistungen die leistungsrechtlichen Folgen der unterlassenen Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II entgegenstehen.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile des LSG und des SG und der Bescheid des Beklagten vom 12.8.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.9.2013 sowie der Änderungsbescheid vom 23.11.2013, der für Januar 2014 eine ersetzende Neuregelung enthält und nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist. Mit seiner zulässig auf den Erlass eines Grundurteils im Höhenstreit (§ 130 Abs 1 SGG; BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 10) gerichteten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrt der Kläger als höhere Leistungen den Regelbedarf für eine alleinstehende Person nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II statt des ihm nur bewilligten geringeren Regelbedarfs nach § 20 Abs 3 iVm Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe seines Kopfteils an den Aufwendungen für die (auch) von ihm bewohnte Wohnung. Streitig ist der Zeitraum von August 2013 bis Januar 2014.

10

2. Rechtsgrundlage des geltend gemachten höheren Leistungsanspruchs des Klägers sind § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 20 Abs 2 Satz 1 und § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f).

11

3. Der Kläger erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (erwerbsfähiger Leistungsberechtigter), aber keinen Ausschlusstatbestand.

12

Er bildete im streitigen Zeitraum von August 2013 bis Januar 2014 keine Bedarfsgemeinschaft mit anderen Personen, sondern war alleinstehend. Alleinstehend - iS des § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II(dazu 4.) - ist, wer keiner Bedarfsgemeinschaft mit anderen hilfebedürftigen Personen angehört bzw allein für seine Person "eine Bedarfsgemeinschaft" bildet (BSG vom 17.7.2014 - B 14 AS 54/13 R - BSGE 116, 200 = SozR 4-4200 § 7 Nr 37, RdNr 27; zur Auslegung des § 20 Abs 2 SGB II mit Blick auf den Zweck der Zuweisung des Regelbedarfs vgl BSG vom 1.12.2016 - B 14 AS 21/15 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 26 RdNr 16). Der Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter gehörte der Kläger nach seinem Auszug nicht mehr an. Mit den Eheleuten K bildete er nach seinem Einzug keine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 2 oder 4 SGB II, weil zu diesen keine Eltern-Kind-Beziehung bestand. Nach den Feststellungen des LSG ergeben sich zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger im streitigen Zeitraum mit Frau A eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 Nr 1 und 3 Buchst c, Abs 3a SGB II bildete, weil danach beide in dieser Zeit, die mit dem Einzug des Klägers in die Wohnung der Eheleute K am 1.8.2013 begann, nicht als Partner und Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt als Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zusammenlebten (zu den Anforderungen an die Feststellung ihres Bestehens vgl BSG vom 23.8.2012 - B 4 AS 34/12 R - BSGE 111, 250 = SozR 4-4200 § 7 Nr 32, RdNr 13 ff, BSG vom 12.10.2016 - B 4 AS 60/15 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 51 RdNr 25 ff).

13

4. Als Regelbedarf werden nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II bei Personen, die alleinstehend sind, im streitigen Zeitraum von August bis Dezember 2013 monatlich 382 Euro und im Januar 2014 391 Euro anerkannt (Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2013 vom 18.10.2012, BGBl I 2175; Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2014 vom 16.10.2013, BGBl I 3857).

14

Abweichend von § 20 Abs 2 Satz 1 ist nach § 20 Abs 3 SGB II bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs 5 SGB II umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres der in § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II genannte, geringere Betrag als Regelbedarf anzuerkennen. Ob diese Abweichung vorliegend zulasten des Klägers eingreift, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden (dazu 7.).

15

Anhaltspunkte für das Bestehen eines Mehrbedarfs (§ 21 SGB II) des Klägers lassen sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen.

16

5. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dies setzt bei Mitnutzung einer Wohnung keine vertragliche Verpflichtung zur Tragung von Aufwendungen für diese voraus. Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II anzuwendende Kopfteilprinzip weist vielmehr bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen unabhängig von schuldrechtlichen Verpflichtungen jeder Person einen gleich hohen individuellen Bedarf zu, soweit nicht abweichende vertragliche Vereinbarungen bestehen oder sonst eine Abweichung vom Kopfteilprinzip anzuerkennen ist(BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 13 ff).

17

Ob der Kläger Anspruch auf die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe seines Kopfteils an den Aufwendungen für die Wohnung der Eheleute K hat oder ob dem die abweichende Regelung des § 22 Abs 5 SGB II entgegensteht, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden(dazu 7.).

18

Auf die Frage der Angemessenheit ggf anzuerkennender Aufwendungen des Klägers käme es vorliegend schon mangels Kostensenkungsaufforderung nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht an.

19

6. Dass zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen den Bedarfen des Klägers im streitigen Zeitraum entgegenstehen könnte, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Vielmehr hat nach diesen der Beklagte mit seinen angefochtenen Bescheiden den von ihm für den Kläger anerkannten Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB II in voller Höhe ohne Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen bewilligt.

20

7. Ob Ansprüchen des Klägers auf den Regelbedarf nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II und auf anteilige Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II widerstreitet, dass er als Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ohne vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers umgezogen ist, oder ob vorliegend die Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II nicht erforderlich war, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht entscheiden.

21

a) § 22 Abs 5 SGB II bestimmt: Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (Satz 1). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn 1. die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, 2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder 3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt (Satz 2). Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen (Satz 3). Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen (Satz 4).

22

b) Der Kläger ist als unter 25 Jahre alte volljährige erwerbsfähige leistungsberechtigte Person aus der bisherigen elterlichen Wohnung ausgezogen und mit seinem Einzug in die Wohnung der Eheleute K in eine andere Unterkunft iS des § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II umgezogen, ohne zuvor eine Zusicherung eingeholt zu haben. Es handelte sich um seinen erstmaligen Umzug, sodass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II stets nur auf den erstmaligen Umzug(so Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 185 f; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 265 f, 268, Stand 10/12; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 194 f) oder auch auf Folgeumzüge (so Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 194) Anwendung zu finden vermag. Mit seinem Umzug hat der Kläger als Alleinstehender "eine Bedarfsgemeinschaft" neu begründet (zu diesem Aspekt eines Umzugs iS des § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II vgl Luik, aaO, § 22 RdNr 202).

23

c) Das Zusicherungserfordernis vor einem Umzug und die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung greifen nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II nur dann, wenn eine Person, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in eine Unterkunft umzieht, über die durch den jungen Erwachsenen vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird (vgl Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 185, 191; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 203). Zwar kann eine Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II, anders als die nach § 22 Abs 4 SGB II, auch ohne ein konkretes Wohnungsangebot für eine zu beziehende Wohnung eingeholt werden(vgl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 273, 275, Stand 10/12). Doch das Erfordernis der Zusicherung nach § 22 Abs 5 SGB II erfasst nur Umzüge in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird. Allein ein Umzug löst nicht bereits das Zusicherungserfordernis aus.

24

aa) Nach seinem Wortlaut setzt § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres voraus, dass der kommunale Träger die Anerkennung "vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft" zugesichert hat. Hiernach bedarf es der Zusicherung nicht bei jedem Umzug, sondern nur vor einem Umzug in eine Unterkunft, über die ein Vertrag abgeschlossen wird.

25

bb) Der Sinn und Zweck des Zusicherungserfordernisses und der leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung, wie er durch die Materialien zum Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) bestätigt wird, ergibt nichts Anderes.

26

Durch § 20 Abs 2a SGB II(als Vorläuferregelung zu § 20 Abs 3 SGB II in Kraft getreten am 1.7.2006) und § 22 Abs 2a SGB II(als Vorläuferregelung zu § 22 Abs 5 SGB II in Kraft getreten am 1.4.2006) sollte als Folgeregelung zur Einbeziehung von im Haushalt lebenden volljährigen Kindern, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, in eine Bedarfsgemeinschaft mit den Eltern oder einem Elternteil der Anreiz vermindert werden, auf Kosten der Allgemeinheit erstmalig eine eigene Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung (heute: Regelbedarf) zu beziehen. Künftig sollten diese Personen grundsätzlich vor Abschluss des Mietvertrags die Zustimmung des Leistungsträgers einholen müssen (Beschlussempfehlung und Bericht vom 15.2.2006, BT-Drucks 16/688 S 14; zu den Motiven des Gesetzgebers s auch Berlit, info also 2006, 51, 52 ff: Begrenzung des kostenträchtigen Erstbezugs einer eigenen Wohnung; zur rechtstatsächlichen Ausgangslage vor der Neuregelung s Wenner, SozSich 2005, 413).

27

Diese Anknüpfung der Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II an einen Vertrag ist auch sachgerecht, denn für sie spricht die Warnfunktion des beabsichtigten Vertragsschlusses über die neue Unterkunft. Bevor ein hilfebedürftiger junger Erwachsener rechtsverbindliche vertragliche Pflichten mit Blick auf nach einem Umzug zu tragende Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für eine neue Unterkunft eingeht, besteht für diesen grundsätzlich Veranlassung, die künftige Anerkennung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung als Bedarfe nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II durch den kommunalen Träger bei fortbestehender Hilfebedürftigkeit zu klären. Bei einem Umzug, der nicht mit der Eingehung vertraglicher Zahlungsverpflichtungen für die neue Unterkunft verbunden ist, kommt diese Warnfunktion nicht zum Tragen.

28

cc) Es besteht kein Anlass, das Zusicherungserfordernis und damit auch die leistungsrechtlichen Folgen seiner Nichteinhaltung über den nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte nur erfassten Fall des Umzugs in eine Unterkunft, über die vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird, hinaus auf jegliche Umzüge von Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, anzuwenden. Dagegen spricht, dass bereits zum 1.7.2006 mit § 22 Abs 2a Satz 4 SGB II(heute: § 22 Abs 5 Satz 4 SGB II) eine Regelung zur Vermeidung einer Umgehung des Zusicherungserfordernisses eingeführt wurde (Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706), die nicht auf die Einbeziehung jeglicher Umzüge zielt (zum Anwendungsbereich dieser Missbrauchsklausel vgl Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 192, 216 ff).

29

Gegen die Anwendung des Zusicherungserfordernisses bei einem Umzug, der nicht mit dem Abschluss eines Vertrags über die Unterkunft verbunden ist, sprechen mit Blick auf die leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des Zusicherungserfordernisses zudem verfassungsrechtliche Erwägungen. Die durch § 20 Abs 3 und § 22 Abs 5 SGB II vorgesehenen leistungsbegrenzenden Ausnahmeregelungen für junge Erwachsene sind wegen ihrer Strenge eng auszulegen, um deren von Verfassungs wegen zu schützende Belange zu wahren und ihnen eine grundsicherungsrechtlich folgenlose Auflösung des bisherigen gemeinsamen Haushalts mit den Eltern oder einem Elternteil nicht über das durch § 22 Abs 5 SGB II nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift gebotene Maß hinaus zu erschweren(vgl BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 30; vgl auch Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 190). Hieran ist nach dem Beschluss des BVerfG vom 27.7.2016 (1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15) festzuhalten.

30

Zwar hat das BVerfG das - mit der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffen gewesene - Zusicherungserfordernis des § 22 Abs 2a SGB II(heute: § 22 Abs 5 SGB II) bei seiner Entscheidung berücksichtigt, für zumutbar gehalten und als Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts für zu rechtfertigen angesehen. Doch es hat dabei ausdrücklich nicht darüber entschieden, ob es verfassungsrechtlich zu rechtfertigen ist, Bedürftigen bei Auszug aus der Wohnung einer Bedarfsgemeinschaft ohne Zustimmung des Leistungsträgers weiter nur 80 % der existenzsichernden Regelleistung für Alleinstehende und keinerlei Kosten der Unterkunft und Heizung zu zahlen, obgleich der existenznotwendige Bedarf stets zu sichern ist (BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15, RdNr 66 f). Die hierin anklingende verfassungsrechtliche Relevanz der leistungsrechtlichen Folgen einer Nichteinhaltung des Zusicherungserfordernisses streitet dafür, es in seiner Anwendung beschränkt zu lassen auf die Umzüge in eine Unterkunft, über die durch den Leistungsberechtigten vor dem Umzug ein Vertrag abgeschlossen wird.

31

d) Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben kann der Senat nicht beurteilen, ob der ohne vorherige Zusicherung erfolgte Umzug des Klägers dem Zusicherungserfordernis nach § 22 Abs 5 SGB II unterlag. Es fehlen konkrete tatsächliche Feststellungen des LSG dazu, ob der Umzug mit der Eingehung vertraglicher Verpflichtungen durch den Kläger zur Zahlung von Aufwendungen für seine neue Unterkunft verbunden war. Weder den Abschluss eines Vertrags durch den Kläger über die Unterkunft, der vor seinem Abschluss Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung des kommunalen Trägers über die Zusicherung nach § 22 Abs 5 Satz 1 SGB II hätte sein können, noch das Fehlen eines Vertrags über die Unterkunft hat das LSG konkret festgestellt. Dies wird das LSG zu klären haben, das den Abschluss eines Vertrags vor dem Umzug ungeprüft gelassen hat.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufgehoben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu zwei Dritteln, im Übrigen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind - nach einem Teilvergleich der Beteiligten im Termin vor dem Senat - höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Kläger im Januar und Februar 2011.

2

Die miteinander verheirateten Kläger lebten gemeinsam mit ihrem unverheirateten 21-jährigen Sohn in einer nur von ihnen gemieteten Wohnung. Alle drei bezogen zunächst als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom beklagten Jobcenter. Nachdem der Sohn ein Gewerbe angemeldet hatte, war er vom Beklagten vergeblich zur Abgabe einer Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aufgefordert worden. Wegen fehlender Mitwirkung des Sohns versagte der Beklagte zunächst allen dreien Leistungen ab Oktober 2010 (Bescheid vom 29.9.2010). Auf die Widersprüche der Kläger hiergegen bewilligte er ihnen vorläufig Alg II (Bescheid vom 15.10.2010 für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011, Änderungsbescheide vom 10.2.2011 und 26.3.2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin nur den jeweiligen Kopfteil der Kläger an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, nicht den "fehlenden" Kopfteil ihres Sohns. Deren hiergegen erhobene Widersprüche, mit denen sie höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für sich wegen der Leistungsversagung gegenüber ihrem Sohn begehrten, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.3.2011). Für Januar und Februar 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern abschließend Alg II (Änderungsbescheid vom 31.3.2011), erneut ohne Berücksichtigung des Kopfteils des Sohns als Bedarf der Kläger. Seit März 2011 leben die Kläger ohne ihren Sohn in einer anderen Wohnung.

3

Die auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen gerichteten Klagen hat das SG abgewiesen (Urteil vom 10.2.2014). Auf die Berufungen der Kläger hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bewilligen (Urteil vom 9.2.2017): Deren Anspruch auf Leistungen für die tatsächlichen, angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sei nicht durch das Kopfteilprinzip begrenzt. Zur Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung sei wie bei einem Wegfall der Leistungen für Unterkunftsaufwendungen im Rahmen von Sanktionen (§§ 31 ff SGB II; Hinweis auf BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68) auch bei einer Versagung wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 SGB I) eine Abweichung vom Kopfteilprinzip erforderlich.

4

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei die Rechtsprechung des BSG zur Abweichung vom Kopfteilprinzip bei Sanktionen vorliegend nicht auf die Versagung übertragbar, denn wegen seiner fehlenden Mitwirkung sei ungewiss, ob der Sohn seinen Kopfteil an den Unterkunftsaufwendungen aus eigenem Einkommen habe tragen können.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufzuheben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet und das Urteil des LSG ist aufzuheben. Auf die Revision des Beklagten sind die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG), weil ihnen kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zusteht.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des LSG, das auf die Berufungen der Kläger das Urteil des SG aufgehoben und den Beklagten zur Bewilligung weiterer Leistungen verurteilt hat, und das klageabweisende Urteil des SG, dessen Wiederherstellung der Beklagte durch Zurückweisung der Berufungen der Kläger erstrebt. Mit ihren Klagen begehren die Kläger höhere als die ihnen zuletzt bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitgegenstands auf die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vgl nur BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff). Streitiger Zeitraum ist nach dem Teilvergleich der Beteiligten vor dem Senat nur noch Januar und Februar 2011.

9

Gegenstand des Verfahrens ist insoweit allein der Bescheid vom 31.3.2011, durch den der Beklagte trotz seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid für Januar und Februar 2011 eine abschließende Entscheidung über Alg II getroffen hat (zur Auslegung eines Änderungsbescheids als "abschließende Entscheidung" vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 26; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 14), die die letzte vorläufige Entscheidung für diese Monate durch Änderungsbescheid vom 26.3.2011 nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2011 und noch vor Klageerhebung ersetzte und erledigte (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; vgl BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 14; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 15; zur Einbeziehung auch von Bescheiden zwischen Erlass des Widerspruchsbescheids und Klageerhebung vgl Klein in jurisPK-SGG, 2017, § 96 RdNr 22; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 96 RdNr 2, 3a).

10

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die für Januar und Februar 2011 mit den insoweit statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrten höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Abweichung vom Kopfteilprinzip.

11

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs der Kläger, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, aber keinen Ausschlusstatbestand erfüllten und in Bedarfsgemeinschaft miteinander lebten, ist § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f). Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

12

3. Nach den Feststellungen des LSG waren die tatsächlichen Aufwendungen für die (auch) von den Klägern genutzte Wohnung angemessen und sind vom Beklagten in voller Höhe im Bescheid vom 31.3.2011 als Bedarf anerkannt sowie der Berechnung des Leistungsanspruchs zugrunde gelegt worden. Indes lebten die beiden Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht allein in der Wohnung, sondern gehörte dem Haushalt als Dritter ihr gemeinsamer volljähriger, unter 25 Jahre alter Sohn an, weshalb ihnen als ihre beiden Kopfteile zu Recht nur zwei Drittel der gesamten Unterkunftsaufwendungen bewilligt worden sind. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist vorliegend von dem hinter dieser Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen stehenden Kopfteilprinzip nicht deshalb zugunsten der Kläger abzuweichen, weil ihrem Sohn wegen dessen fehlender Mitwirkung bei der Einkommensprüfung Leistungen versagt worden sind.

13

a) Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II anzuwendende Kopfteilprinzip zielt bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen auf die grundsicherungsrechtliche Zuweisung individueller Bedarfe für alle Personen. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht nur für Personen anerkannt, soweit diese zu Zahlungen für Unterkunft und Heizung schuldrechtlich gegenüber Dritten verpflichtet sind, während für rechtlich hierzu nicht Verpflichtete keine Bedarfe anerkannt werden. Vielmehr soll durch die Aufteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen für alle gemeinsam eine Wohnung nutzenden Personen die Zuweisung eines individuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in grundsätzlich gleicher Höhe erreicht werden (vgl dazu und zu den Folgen für den individuellen Leistungsanspruch insbesondere von Kindern Harich in jurisPR-SozR 17/2013 Anm 1).

14

b) Diese bedarfsbezogene Herleitung ist prägend für die Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des Kopfteilprinzips im SGB II wie auch zu dessen Ausnahmen (zur Rechtsprechung des BVerwG, an die das BSG anknüpfte, vgl BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68.85 - BVerwGE 79, 17).

15

Nach dieser sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen, nutzt, und es gilt dies unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Die individuelle Bedarfszuweisung nach Kopfteilen ist verwaltungspraktikabel und folgt der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl nur BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 18; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71 RdNr 20 ff; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 16; zur Anwendung des Prinzips auch bei Nachforderungen für Unterkunft und Heizung und selbst nach Auszug: BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 13/16 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 92 RdNr 16; anders, wenn der Nutzung andere bindende vertragliche Regelungen zugrunde liegen: BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 25 ff; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 66 RdNr 16; zur Kritik am Kopfteilprinzip vgl Schürmann, SGb 2010, 166; zur vom Kopfteilprinzip abweichenden Aufteilung beim Kinderzuschlag nach § 6a BKGG vgl BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 23 ff).

16

c) Bei der Bedarfszuweisung durch Aufteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung begrenzend festgeschrieben ist(BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 19; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 17). Demgemäß hat das BSG schon mehrfach Abweichungen vom Kopfteilprinzip als möglich und notwendig angesehen (vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 20 mwN; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 27 f).

17

d) In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der 4. Senat des BSG für den Sonderfall, dass bei einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund einer Sanktion nach §§ 31 ff SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung weggefallen sind, eine Abweichung vom Kopfteilprinzip hinsichtlich der weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitglieder aus bedarfsbezogenen Gründen bejaht. Diese könnten nicht darauf verwiesen werden, von einem Dritten seinen Anteil zu verlangen, wenn das Jobcenter mit bestandskräftigem Bescheid den vollständigen Wegfall der Leistungen für Unterkunft und Heizung verfügt und der Dritte auch kein Einkommen oder Vermögen habe, aus dem er seinen Anteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestreiten könne (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 14, 21 f). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 19).

18

Diese Abweichung vom Kopfteilprinzip und die aus ihr folgende Erhöhung der Einzelansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung setzt voraus, dass sie aus bedarfsbezogenen Gründen geboten ist (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 21 f; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14). Verfügt das dritte Bedarfsgemeinschaftsmitglied, für das Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nicht erbracht werden, über Einkommen oder Vermögen, aus dem es seinen Kopfteil - oder ggf Teile davon - bestreiten kann, ist insoweit eine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen nicht geboten, denn es ist nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wirtschaftlich leistungsfähigen Dritten ein kostenfreies Wohnen zu ermöglichen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14, 22).

19

Zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des Dritten ist auf §§ 11 ff SGB II abzustellen, weil nur in Höhe der Differenz zwischen seinem Kopfteil und des von ihm einzusetzenden Einkommens oder Vermögens ein ungedeckter Bedarf vorliegt, der eine entsprechende Abweichung vom Kopfteilprinzip und höhere Leistungen an die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus den genannten bedarfsbezogenen Gründen rechtfertigt(BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 23).

20

e) Aufgrund des Versagungsbescheids des Beklagten vom 29.9.2010 sind dem Sohn der Kläger zwar im Januar und Februar 2011 keine Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden. Doch war nach den Feststellungen des LSG Anlass hierfür dessen fehlende Mitwirkung bei der Prüfung, ob und ggf in welchem Umfang er über zu berücksichtigendes Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit verfügte. Aufgrund dieser fehlenden, nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG zudem nicht nachgeholten Mitwirkung ist ungewiss, ob überhaupt und ggf in welchem Umfang der Kopfteil des Sohns bei einer Abweichung vom Kopfteilprinzip bei den Klägern zu berücksichtigen sein könnte, ob und ggf inwieweit bei ihnen also ein ungedeckter Bedarf verblieben ist (vgl zum Kindergeld des sanktionierten volljährigen Kindes BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 24).

21

f) Diese Ungewissheit über die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II bei Versagungen nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung bei der Feststellung zu berücksichtigenden Einkommens rechtfertigt, anders als beim durch das Jobcenter verfügten Wegfall des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nach §§ 31 ff SGB II, keine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen. Ist die Hilfebedürftigkeit eines dritten Haushaltsmitglieds, bei deren Vorliegen dessen Kopfteil als Bedarf anerkannt und übernommen würde, ungeklärt, lässt dies den Bedarf der anderen Mitglieder unberührt. Dies unterscheidet Versagungen von Sanktionen, weil aufgrund dieser vorübergehend trotz Hilfebedürftigkeit des Dritten dessen Bedarf für Unterkunft und Heizung nicht übernommen wird. Die Folgen des "fehlenden" Kopfteils für die anderen Mitglieder des Haushalts aufgrund einer Versagung gegenüber einem dritten Mitglied, weil dieses die ua in §§ 60 ff SGB I iVm § 9 und §§ 11 ff SGB II zum Ausdruck kommenden Verhaltenserwartungen nicht erfüllt, sind nicht durch höhere Einzelansprüche der anderen Haushaltsmitglieder auszugleichen(dazu im Einzelnen 4. und 5.).

22

4. Dies gilt auch dann, wenn die Mitglieder des Haushalts mit dem Dritten, ist dieser hilfebedürftig, eine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Werden die mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II verbundenen rechtlichen Erwartungen nicht erfüllt, "funktioniert" die Bedarfsgemeinschaft nicht (zum Begriff "funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 41; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 48; zum Begriff "nicht-funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl Peters in Estelmann, SGB II, § 9 RdNr 62, Stand März 2016; jeweils zur Frage der Verteilung der Mittel in der Bedarfsgemeinschaft). Mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II als typisierte Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft ist verbunden, dass die häusliche familiäre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein kann, weil anzunehmen ist, dass deren Mitglieder in besonderer Weise füreinander einstehen und bereit sind, ihren Lebensunterhalt auch jenseits zwingender rechtlicher Verpflichtungen gegenseitig zu sichern (vgl BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 RdNr 53, 63; zu den Anforderungen an einen Haushalt von Eltern mit einem volljährigen Kind als eine Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 23 ff). Werden diese rechtlichen Erwartungen tatsächlich nicht erfüllt, führt dies grundsätzlich nicht zu höheren Leistungsansprüchen für einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Doch berechtigt dies zur Auflösung des gemeinsamen Haushalts und damit der Bedarfsgemeinschaft, selbst wenn das im Einzelfall zu höheren individuellen Leistungsansprüchen führen kann (vgl dazu BVerfG, aaO, RdNr 64 ff; BSG, aaO, RdNr 30). Hierbei kommt auch die Inanspruchnahme der Beratung und Unterstützung durch das Jobcenter, insbesondere in den Fällen eines Eltern-Kind-Konflikts, in Betracht (vgl dazu Breitkreuz in BeckOK, SGB II, § 22 RdNr 8b, Stand September 2017).

23

Dies gilt auch vorliegend: Würde der Sohn der Kläger über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft gewesen, gleichwohl aber Mitglied des gemeinsamen Haushalts, weshalb die Kläger weiterhin nur einen Anspruch auf zwei Drittel der Unterkunftsaufwendungen gehabt hätten - soweit dem aufgrund der Einkommenshöhe nicht die Vermutung nach § 9 Abs 5 SGB II entgegen gestanden hätte, dass sie Leistungen vom Sohn erhalten. Würde dieser nicht oder nur teilweise über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Kläger gewesen und hätten diese einen Anspruch auf ihre beiden Kopfteile der Unterkunftsaufwendungen gehabt. Würde in der ersten Konstellation der dem Haushalt angehörige, nicht hilfebedürftige Sohn seinen Kopfteil aus Einkommen nicht beigetragen haben, hätte dies den Leistungsanspruch der hilfebedürftigen Kläger nicht erhöht. Soweit der Sohn selbst bei Hilfebedürftigkeit in der zweiten Konstellation wegen der Versagung seinen Kopfteil aus Leistungen nicht beigetragen hat, ändert auch dies nichts am Anspruch der Kläger nur auf ihre Kopfteile. Auf den "fehlenden" Kopfteil, wenn dessen Tragung durch den Sohn aus Einkommen oder aus Leistungen nicht erreicht werden kann, ist in der einen wie der anderen Konstellation nicht durch höhere Leistungen für die Kläger zu reagieren. Das LSG musste deshalb auch keine Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens des Sohns anstellen.

24

5. Die Ablehnung eines höheren Anspruchs der Kläger auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Abweichung vom Kopfteilprinzip steht weder im Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des BSG, die vorübergehend höhere Ansprüche bei Sanktionen gegenüber Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt hat, noch zur Rechtsprechung des Senats, nach der vom Kopfteilprinzip abzuweichen ist, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen Zeitraum nicht nutzt, der auch zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a SGB II führt(Ortsabwesenheit eines Bedarfsgemeinschaftsmitglieds: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 19; im Pflegeheim lebendes Bedarfsgemeinschaftsmitglied: BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 23).

25

Der Hintergrund für diese vom Kopfteil als Maßstab für die Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen bestehenden Ausnahmen ist die Sicherung des Grundbedürfnisses Wohnen, die in diesen Fällen nur über Ansprüche der jeweiligen leistungsberechtigten Person sichergestellt werden kann (BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 40/15 R - SozR 4-1500 § 75 Nr 24 RdNr 43). So liegt es vorliegend indes nicht. Denn in den streitigen Monaten lebte der Sohn der Kläger weiterhin mit diesen in einem Haushalt und nutzte gemeinsam mit ihnen die Wohnung, die seinen aktuellen Unterkunftsbedarf deckte, und bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in diesen Monaten konnte sein aktueller anteiliger Unterkunftsbedarf durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sichergestellt werden. Die Erbringung dieser Leistungen war zudem trotz der Versagung noch durch Nachholung der Mitwirkung erreichbar (§ 67 SGB I).

26

6. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger aus anderen Gründen als einer Abweichung vom Kopfteilprinzip Anspruch auf höhere als die ihnen bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung haben könnten, lassen sich weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen der Beteiligten entnehmen. Insbesondere lässt sich den ungerügt gebliebenen Feststellungen des LSG nicht entnehmen, dass der gemeinsamen Nutzung der Wohnung durch die Kläger und ihren Sohn bindende vertragliche Regelungen zwischen den Familienmitgliedern zugrunde lagen, die für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip streiten könnten.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. Der Teilkostenerstattung für das Widerspruchsverfahren liegt zugrunde, dass der Beklagte zunächst auch gegenüber den Klägern wegen fehlender Mitwirkung ihres Sohns Leistungen ganz versagt hatte, weshalb die auf deren Widersprüche hiergegen ergangene Leistungsbewilligung eine Teilabhilfe ist (vgl § 63 SGB X).

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zustehen.

2

Die alleinstehende Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 48 qm große Wohnung in München. Sie hatte eine mietvertragliche Verpflichtung in Höhe von 745 Euro (690 Euro Nettokaltmiete zzgl 55 Euro Betriebskosten) monatlich. Die Vorauszahlung für die Gasversorgung betrug 97 Euro im Monat (lediglich im Februar 2008: 107 Euro wegen einer Nachforderung; Bruttowarmmiete 835,67 Euro).

3

Ende August 2006 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Nettokaltmiete die zulässige Höchstgrenze von 397,30 Euro monatlich überschreite. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich bis Ende Februar 2007 um eine Minderung der Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 1.3.2007 werde die Unterkunftsleistung auf die angemessene Höhe abgesenkt.

4

Für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II, welches Leistungen für KdUH in Höhe von 813 Euro monatlich umfasste (Bescheid vom 29.11.2006 idF des Bescheides vom 19.12.2006). Ab 1.3.2007 senkte er die Leistungen für die Kaltmiete auf die von ihm als angemessen befundene Mietobergrenze herab (Bescheide vom 13.2.2007). Für den Zeitraum bis 31.5.2007 hat das LSG mit dem hier angefochtenen Urteil vom 11.7.2012 diese Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Hiergegen sind die Beteiligten nicht in die Revision gegangen.

5

Für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin schlussendlich Leistungen für KdUH in Höhe von 496,45 Euro für ihre brutto-kalten Mietaufwendungen (441,45 Euro Nettokaltmiete + 55 Euro Betriebskosten) und übernahm im Verlaufe des Gerichtsverfahrens ihre Aufwendungen für Gas abzüglich der Warmwasserpauschale in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 23.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009). Ebenso verfuhr der Beklagte für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 (Bescheid vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008). Durch Bescheid vom 7.5.2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009) setzte der Beklagte diese Praxis für den Leistungszeitraum vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2008 zunächst fort. Ab dem 1.7.2008 erhöhte er jedoch den Leistungsanteil für die Bruttokaltmiete der Klägerin auf 504,21 Euro (Nettokaltmiete 449,21 Euro + 55 Euro kalte Nebenkosten) und wies unter Einbeziehung dieser Änderung (Bescheid vom 3.7.2008) den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 25.9.2008 zurück (idF der Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und 29.4.2009).

6

Das SG hat die miteinander verbundenen Klagen auf Übernahme der tatsächlichen Mietaufwendungen abgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Soweit es den Zeitraum vom 1.3. bis 31.5.2007 betrifft, hat es die Bescheide wie benannt aufgehoben. Zudem hat es den Beklagten unter Abänderung der weiteren Bescheide verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus KdUH in Höhe von 9,88 Euro für den Monat Februar 2008 - für eine Heizkostennachforderung - und in Höhe von jeweils 0,12 Euro für die Monate Juli bis November 2008 wegen unzutreffender Anwendung der Rundungsregelung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zwar fehle es dem Beklagten an einem schlüssigen, nachvollziehbaren Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdUH iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt übernommenen Aufwendungen der Klägerin für die Bruttokaltmiete in Höhe von 496,45 Euro im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.6.2008 und 504,21 Euro im Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 seien jedoch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G K angemessen gewesen. Die für den Mietspiegel 2007 der Stadt München erhobenen und vom Sachverständigen ausgewerteten Daten betreffend Wohnungen "um die 50 qm" - in der Gestalt von gewichteten 243 Wohnungen zwischen 46 und 54 qm - bildeten eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Erfassung lediglich von Bestandsmieten und die Nichtberücksichtigung preisgebundenen Wohnraums stünden dem nicht entgegen. Zudem beruhe der Mietspiegel 2007 auf dem für den streitgegenständlichen Zeitraum aussagekräftigsten Zahlenmaterial, welches selbst auf einer repräsentativen Stichprobe fuße. Die Auswertung des Datenmaterials durch den Sachverständigen habe unter Anwendung statistisch anerkannter Methoden stattgefunden und ergeben, dass mit den gewährten Mitteln ausreichend angemessener Wohnraum im Stadtgebiet München gefunden werden könne. Es drohe auch keine Konzentration von Leistungsempfängern in bestimmten sozialen Brennpunkten/Stadtbezirken. Ebenso wenig könne unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin festgestellt werden, dass eine abstrakt angemessene Wohnung nicht tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können. Zutreffend erfolgt sei auch der Abzug der Warmwasserpauschale aus den vom Beklagten übernommenen monatlichen Abschlägen für die Versorgung der Klägerin mit Erdgas (Urteil vom 11.7.2012).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Angemessenheit des § 22 SGB II rechtsfehlerhaft angewandt. Zutreffende Konsequenz aus der Feststellung, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete, hätte die Annahme einer Unmöglichkeit zur Kostensenkung sowie der Verurteilung zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen sein müssen. Die vom Beklagten herangezogene Mietobergrenze sei zu gering. Bei seinen Ermittlungen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht zutreffend umgesetzt. Die erhobenen und ermittelten Daten seien nicht repräsentativ. Zudem käme es bei Übertragung der Daten zu einer "Ghettoisierung". Die Annahme, zur gewährten Mietobergrenze sei 1/5 der Wohnungen in München generell zu diesem Preis verfügbar, sei unzutreffend. Bereits die dem Sachverständigen gestellten Fragen seien teilweise problematisch. Die Beweisanordnung sei schon durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel vorbestimmt gewesen. Das LSG habe bei der Fragestellung antizipiert, dass die Rohdaten des Mietspiegels und eine diesbezügliche Konzentration auf 20 % des maßgeblichen Wohnraums geeignet seien, ein zutreffendes Bild des Mietmarkts im streitgegenständlichen Zeitraum zu zeichnen. Die 20 %-Grenze sei willkürlich gezogen. Tatsächlich dürften nicht nur 5,3 % der Gesamtbevölkerung Wohnungen im unteren Marktsegment suchen, sodass ein Verweis auf die vom LSG in die Auswertung nicht einbezogenen Sozialwohnungen problematisch sei. Dies zeige sich bereits daran, dass nicht Ortsansässige auf solche Wohnungen mindestens fünf Jahre warten müssten. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben seien auch Aspekte, die zu einer Erhöhung der Quadratmeterpreisberechnung geführt hätten, wie zB ein Zuschlag für eine Küche. Auch bei absoluter Betrachtung sei die Stichprobe viel zu gering, um daraus die Verfügbarkeit von Wohnraum ableiten zu können. Es gäbe auf dem Münchener Mietmarkt nicht etwa 20 % Wohnungen um 50 qm, sondern nur zwischen 1,31 % und 4,8 %. Das LSG habe zudem in entscheidungserheblicher Art und Weise gegen § 103 SGG verstoßen, indem es einem Antrag auf Vernehmung des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung eV, gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt S, als Sachverständigen keine Folge geleistet habe. Das LSG habe auch, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass eine weitere Beweisaufnahme aus seiner Sicht entbehrlich sei.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 sowie Änderung der Bescheide des Beklagten vom 23. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. August 2007, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie des Änderungsbescheides vom 29. April 2009, des Bescheides vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. April 2009 und des Bescheides vom 7. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2008, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 und in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2008 sowie 29. April 2009, zu verurteilen, ihr über die bereits im Urteil des Landessozialgerichts zuerkannten Leistungen hinaus für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietzahlungsverpflichtung zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das LSG sei der Rechtsprechung des BSG gefolgt, als es selbst Ermittlungen zur Angemessenheit der Mietobergrenze vorgenommen habe. Die Zugrundelegung einer 20 %-Grenze durch das LSG fülle das durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebene "untere Marktsegment" aus. Zudem habe das LSG keine Abschläge bei der Miete berücksichtigt, sondern dies vielmehr für unzulässig erachtet. Die erhobenen Daten seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch repräsentativ. Regressionsmietspiegel, wie der für München erstellte, kämen mit einer kleineren Stichprobe als sog Tabellenmietspiegel aus. Die im Mietspiegel erfassten Bestandsmieten seien lediglich solche aus den letzten vier Jahren vor der Stichprobe. Die Daten für den Mietspiegel seien zwar im Auftrag der Stadt München, aber durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut erhoben und ausgewertet worden.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat der Klägerin schlussendlich im hier streitigen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe iS des § 22 Abs 1 SGB II erbracht.

13

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2008, als sie in den Bescheiden des Beklagten für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, 1.12.2007 bis 31.5.2008 und 1.6.2008 bis 30.11.2008 festgestellt worden sind.

14

Nicht Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 1.3.2007. Der erkennende Senat brauchte daher nicht darüber zu befinden, ob sich das LSG zur Begründung seiner Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 45 SGB X gestützt hat oder nicht § 48 SGB X hätte zugrundelegen müssen. Denn es liegt nahe, bei der Umsetzung einer angekündigten Absenkung der Leistungen für Unterkunft von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse auszugehen. Die Klägerin hat sich jedoch in ihrer Revision nicht gegen die Höhe der Leistungen in diesem Zeitraum gewandt - obwohl sie niedriger waren, als ihre tatsächlichen Aufwendungen - und der unterlegene Beklagte ist nicht in die Revision gegangen. Das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig geworden.

15

Ebenfalls rechtskräftig geworden ist die Entscheidung des LSG im Hinblick auf die zu Lasten des Beklagten vorgenommene Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) und die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 9,88 Euro für die Gaskostennachforderung im Monat Februar 2008. Der Beklagte ist auch hiergegen nicht in die Revision gegangen.

16

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihre Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl auch BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11). Hieran hat sich - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - durch die Neufassung des § 19 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) für laufende Verfahren über vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte - wie es auch hier der Fall ist - nichts geändert (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

17

3. An dem Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 SGB II an die einkommens- und vermögenslose, alleinstehende Klägerin bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel.

18

4. Die der Klägerin von dem Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft in Höhe von 496,45 Euro für ihre Mietaufwendungen (brutto/kalt) ab dem 1.6.2007 und 504,21 Euro (ebenfalls brutto/kalt) ab dem 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Höhe der Leistungen sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als im Hinblick auf den pauschalierten Regelbedarf - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höhe zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach. Die Begrenzung der Leistungen für KdU - die Aufwendungen der Klägerin für Heizkosten hat der Beklagte schlussendlich in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale erbracht - ab dem 1.6.2007 auf die vom Beklagten befundene Höhe ist im vorliegenden Fall rechtmäßig.

19

a) Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 17). Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

20

aa) Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG hier zutreffend mit 50 qm bestimmt. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 12). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität ist aber wenigstens solange, wie nicht eine Satzung über die angemessenen KdU iS von §§ 22a ff SGB II vorliegt, in welcher grundsätzlich andere Wohnraumgrößen festgelegt werden können(vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), an diesem Maßstab festzuhalten. Nach den Bestimmungen des Freistaates Bayern in den Wohnraumförderbestimmungen (Wohnraumförderbestimmungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.11.2002 und vom 4.12.2007 ) ist auch für die Stadt München eine angemessene Wohnungsgröße von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen.

21

bb) Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommende Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen muss, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - RdNr 13). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet(BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - , RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).

22

cc) Auch soweit das LSG die gesamte Stadt München als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Der Senat hat bereits für Großstädte wie München entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen gehe. Daher seien die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Hiervon kann nach den Feststellungen des LSG bei dem vom Mietspiegel München umfassten Stadtgebiet ausgegangen werden; die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben.

23

dd) Das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze sowie das Ergebnis der Überprüfung sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Überprüfung der vom Beklagten angenommenen Referenzmiete, zur Bestimmung also, wie hoch die angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung einfachen Standards einer bestimmten Größe in einem bestimmten Vergleichsraum sind, ist es Ziel, einen Mietpreis hierfür zu ermitteln, um so die angemessenen Aufwendungen bestimmen zu können ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 17).

24

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus. Es ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 7). Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

25

Dabei ist es zuvörderst Angelegenheit der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit von ihm vorzulegen. Entscheidet der Leistungsträger - wie auch hier - ohne eine hinreichende Datengrundlage, führt dies entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass automatisch die Leistungen für KdU in tatsächlich entstehender Höhe zu übernehmen wären. Vielmehr ist die Verwaltung im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1, 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, geht diese Ermittlungspflicht zwar nicht ohne Weiteres auf das SG über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht schlüssig erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind (idS BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 27; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 21; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34). Andererseits haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate jedoch bereits entschieden, dass dann, wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, diese im Rahmen der Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

26

Gemessen an diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Tatsachengericht hier die für die Ermittlung der angemessenen KdU erforderlichen Daten vom Grundsicherungsträger eingeholt bzw angefordert und diese anschließend durch einen Sachverständigen hat auswerten lassen. Das LSG durfte sich ebenfalls im Rahmen seiner Ermittlungen hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO) an dem Datenbestand orientieren, der für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt München erhoben wurde.

27

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Tatsachenvorgabe auch nicht mit durchgreifenden Zweifeln behaftet. Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Grundsicherungsträger für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (ausschließlich) an dieser Art des Datenbestandes orientieren dürfen. Für das gerichtliche Ermittlungsverfahren gelten keine strengeren Anforderungen (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

28

ee) Ebenso genügt das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und ab dem 1.7.2008 von 504,21 Euro brutto kalt sowie das Ergebnis der Überprüfung im konkreten Fall den Vorgaben des BSG. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum sei (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 20):

-       

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

-       

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

-       

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

-       

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

-       

Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

-       

Validität der Datenerhebung,

-       

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

-       

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

29

Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Durch den Rückgriff des LSG auf die Daten des Münchner Mietspiegels 2007 wird die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die Stadt München) begrenzt - der Vergleichsraum ist damit genau eingegrenzt und es werden nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen, sondern Daten über das gesamte Stadtgebiet erhoben (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Einer Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG auch nicht festzustellen. Abgesehen davon, dass die entgegengesetzte Behauptung der Klägerin eine - der Revision entzogene (vgl § 163 SGG) - Tatsachenbehauptung darstellt, erfolgt hier nach den Feststellungen des LSG keine Begrenzung des Raumes der Datenerhebung auf besonders "heruntergekommene" und daher "billige" Stadtbezirke, sondern die Ermittlung bezieht sich auf das Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum. Zwar folgt aus dieser Betrachtung nach dem Sachverständigengutachten, dass in einigen Stadtbezirken Münchens Wohnungen mit einer Größe "um 50 qm" und einer Bruttokaltmiete bis zu 450 Euro nicht zu finden sind. Dieses Ergebnis betrifft jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Frage, ob die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist. Soweit sie hier die Forderung des BSG nach einer Vermeidung von Ghettoisierung behandelt, hat der Senat im Übrigen Zweifel, ob angesichts des vom LSG festgestellten Vorhandenseins von Wohnungen zu einem Mietzins noch unterhalb der von dem Beklagten als Referenzgröße angenommenen (450 Euro ./. rund 500 Euro) in 18 von 26 Stadtbezirken das Risiko einer Ghettobildung besteht.

30

Nicht zu beanstanden ist auch die Vorgehensweise des LSG auf den Datenbestand des qualifizierten Mietspiegels für München zurückzugreifen, obwohl bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist und Wohnraum nicht berücksichtigt wird, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, weil §§ 558 ff BGB nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung findet. Mit der Entscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (s nur BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29), ist die Konsequenz verknüpft, dass alsdann keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen (anderes für andere Datenquellen: BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 102 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22). Die hiervon ausgehenden Wirkungen auf die Mietpreisgrenze werden jedoch dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (vgl § 558 Abs 2 BGB; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3). Dadurch wird erreicht, dass nur aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden. Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird.

31

Der Rechtsprechung des BSG folgend hat das LSG auch zutreffend die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34; BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können. Ebenso wenig ist es hier zu beanstanden, dass durch den Rückgriff auf die Bruttokaltmiete sämtliche kalten Nebenkosten in die Überprüfung der vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Denn bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es nicht darauf an, ob existenzsicherndes Wohnen in (gedachten) Wohnungen möglich ist, in denen der in den Betriebskostenarten, wie zB Kosten für Straßen- und Gehwegreinigung, Hausreinigung, Gartenpflege und Schneebeseitigung durch Dritte, Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss und Aufzug, zum Ausdruck kommende Wohnungsstandard nicht gewährleistet ist. Es geht vielmehr darum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21). Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG daher für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34 zu Betriebskostenübersichten und die Bildung eines Durchschnittswertes). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment - auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment - eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist. Dies wirkt sich im Übrigen auch nur zugunsten der Leistungsberechtigten aus.

32

Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG hat das LSG bei der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes eine Größenbeschränkung vorgenommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris; vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung der Wohnungsgröße nach den maßgeblichen Wohnraumfördervorschriften verwiesen. Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes durch den Sachverständigen auf Wohnungen "um die 50 qm" gebilligt hat. Eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 qm aufweisen, würde zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führen. Die Gewichtung auf 243 Wohnungen unter Berücksichtigung der aus dem Datenbestand entfernten Wohnungen begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da hinter den gelöschten Datensätzen der ursprünglich 331 Wohnungen auch für das schlüssige Konzept nicht heranzuziehende Wohnungen waren.

33

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das LSG die Begrenzung der Datenerhebung auf die Zeitpunkte 1.7.2007 und 1.7.2008 vorgenommen hat. Das BSG hat es insoweit für die Datenerhebung im Rahmen eines schlüssigen Konzepts für erforderlich gehalten, dass "Angaben über den Beobachtungszeitraum" gemacht werden können (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Auch ist das im Beobachtungszeitraum verwendete Zahlenmaterial nach den Feststellungen des LSG hinreichend aussagekräftig. Die für den Münchner Mietspiegel 2007 verwendeten Daten wurden zwar zum Stichdatum 1.1.2006 erhoben. Der Sachverständige hat die Werte für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum jedoch in vertretbarer Art und Weise nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik für die weiteren zugrunde gelegten Stichdaten 1.7.2007 und 1.7.2008 fortgeschrieben. Die Klägerin wurde hierdurch nicht schlechter gestellt, als sich aus den Ausführungen des LSG zu der für den Münchner Mietspiegel 2011 erfolgten Datenerhebung ergibt, da die Stichprobe keinen solchen Preisanstieg ergeben hat, wie nach der Hochrechnung der Ergebnisse des Mietspiegels 2007 erwartet.

34

Soweit das LSG auf die Daten des Mietspiegels für München zurückgegriffen hat, hält dies, wie oben bereits ausgeführt, einer Überprüfung Stand. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" hat das LSG hier eine "Stichprobe" zur Basis seiner Überprüfung der Angemessenheitsgrenze des Beklagten gemacht (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 24). Insoweit gilt, dass eine Anlehnung hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden ist (vgl zum Stichprobenumfang: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f). Im Hinblick auf einen qualifizierten Mietspiegel hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass bei dessen Erstellung die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert werde (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 24; s auch Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfinde. Daher sei die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung für einen Mietspiegel auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28). Einwände gegen die Methodik der Erhebung der Daten für den Münchner Mietspiegel 2007 sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die Kritik an den gezogenen Schlüssen genügt insoweit nicht, um die statistische Methodik der Datenerhebung in Frage zu stellen.

35

Denn es handelt sich auch bei der für den Raum München gezogenen Stichprobe des Regressionsmietspiegels 2007 um eine repräsentative Stichprobe. Beim Regressionsmietspiegel wird davon ausgegangen, dass die Miete einer Wohnung sich aus der Bewertung ihrer Wohnwertmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal leistet dabei einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 40). Daher kommen Regressionsmietspiegel im Vergleich zum Tabellenmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus. Denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 39). Für die Stichprobe gilt, dass sie proportional vorzunehmen ist, also dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 35). Das LSG hat im Anschluss an den von ihm ernannten Sachverständigen aus einer Stichprobe von mehr als 3000 Wohnungen im gesamten Münchener Stadtgebiet 331 Wohnungen "um die 50 qm" (bestimmt als gewichteter Wohnungsbestand zwischen 46 und 54 qm) zugrunde gelegt. Dieses Verfahren der Stichprobe entspricht dem aktuellen Stand der Forschung, wie auch das LSG in seinem Urteil ausgeführt hat.

36

Dass die für die Erstellung des Münchener Mietspiegels 2007 erhobenen Daten und für das Urteil des LSG zugrunde gelegten Wohnungen "um die 50 qm" keine qualitativen Merkmale einfachen Standards aufwiesen, steht der Auswertung und Verwendung dieser Daten nicht entgegen, denn offensichtlich weisen diese Wohnungen einen höheren als den unteren Standard auf und bewegen sich dennoch im maßgeblichen Preissektor. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Wohnungen, die einen geringeren Standard aufweisen, zu noch günstigeren Konditionen angemietet werden können. Die vom LSG verwendete Datengrundlage ist auf diese Art und Weise zugunsten der Klägerin vergrößert worden. Die vom Sachverständigen vorgenommene und vom LSG akzeptierte Gewichtung der Wohnungen um 50 qm, die dazu beiträgt, dass die Stichprobe letztlich 243 Wohnungen umfasst, führt im Übrigen dazu, dass Wohnungen, die nicht dem Standard entsprechen, der im Rahmen der Überprüfung durch das "schlüssige Konzept" zugrunde zu legen ist, aus der Auswertung von vornherein ausgeschieden worden sind.

37

Dass das LSG von den ermittelten Wohnungen "um die 50 qm" letztlich die unteren 20 % des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises im Vergleichsraum ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" und nach der Größe beinhaltet - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt wird. Es sind hier bereits bei der Datenerhebung lediglich Wohnungen mit mehr als einfachstem Standard in einer Größe von 46 bis 54 qm zugrunde gelegt worden. In die Erhebung einbezogen werden damit zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf die Grenze "20%" zurückgegriffen werden. Dies entspricht einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG überschreitet im Vergleichsraum München auch mindestens 1/5 der Wohnungen mit grundsicherungsrechtlich zugrunde zu legendem Standard nicht die festgestellte Mietobergrenze, die der Beklagte gewählt hat, sondern liegt noch unter dieser.

38

Soweit die Klägerin vorbringt, für den vom Beklagten festgesetzten und vom LSG bestätigten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in München eine Wohnung um 50 qm anzumieten, hält diese Behauptung einer Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten nicht Stand. Das BSG hält daran fest, dass dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, davon auszugehen ist, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 30). Soweit die Klägerin in der Ergänzung ihrer Revisionsbegründung auf die Daten des Münchner Vereins Haus und Grund eV abstellt, rügt sie im Grunde die Auswahl der Datengrundlage, die hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden ist.

39

ff) Darin, dass das Berufungsgericht einem schriftsätzlich angekündigten Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Unternehmen "Haus & Grund", vertreten durch Herrn Rechtsanwalt S, nicht gefolgt ist, liegt auch kein Verstoß gegen die Sachermittlungspflicht (vgl § 103 SGG). Das LSG musste sich nicht gedrängt fühlen, dem Beweisantrag der Klägerin nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachzukommen. Gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO obliegt es dem Tatsachengericht, dem Sachverständigen den der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt - hier den für die Erstellung des Münchner Mietspiegels 2007 erhobenen Datenbestand - vorzugeben. Daraus folgt, dass auch ein anderer als der vom Gericht ernannte Sachverständige seine sachverständigen Schlussfolgerungen aus diesem Datenbestand hätte ableiten müssen. Dass bei Anwendung derselben oder einer anderen mathematisch-statistischen Methode grundlegend andere Ergebnisse gefolgt wären, ist weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich.

40

Dass das LSG eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte, bedurfte auch keines ausdrücklichen Hinweises an die Klägerin. Eine Hinweispflicht besteht in erster Linie nur dann, wenn ein Beteiligter ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 109 RdNr 9a). Im Übrigen hat sich aus der Ladung des Gerichts zum Termin ergeben, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigt war. Die Tatsacheninstanzen sind zudem nicht verpflichtet, auf das Stellen eines Beweisantrages - wie hier ohnehin schriftsätzlich seitens der Klägerin angekündigt - hinzuwirken (vgl BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - juris RdNr 10) oder zu einer in Aussicht genommenen Beweiswürdigung Hinweise zu geben (BSG Beschluss vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93; BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - HVBG-INFO 2003, 1724; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 99). Darauf liefe ein solcher von der Klägerin verlangter Hinweis jedoch hinaus.

41

b) Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung (vgl zur Kostensenkungsaufforderung BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 38)iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 mWv 1.8.2006, BGBl I 1706). Danach sind die tatsächlichen Mietaufwendungen - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

42

Der Beklagte hat die Klägerin mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 29.8.2006, aufgefordert, die KdU zu senken und nach dem Unterlassen jeglicher Kostensenkungsversuche durch die Klägerin eine Absenkung auf die von ihm als angemessen erachtete Höhe der kalten Nettomietaufwendungen in Höhe von 397,30 Euro zum 1.3.2007 angekündigt. Dabei ist es für den hier nur noch streitigen Zeitraum ab dem 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 ohne Bedeutung, dass der Beklagte die "Sechsmonatsfrist" iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, in der dem Leistungsberechtigten in der Regel die Möglichkeit eingeräumt wird, die nach Auffassung des Beklagten zu hohen Aufwendungen zu senken, zunächst unzutreffend berechnet hatte. Jedenfalls ab dem 1.6.2007 konnte der Beklagte die Unterkunfts- und Heizkosten absenken, denn die Klägerin war über die vom Beklagten als zutreffend befundene Angemessenheitsgrenze hinreichend informiert und ihr war die Kostensenkung auch nicht unmöglich.

43

Der Beklagte hat zwar in seiner Kostensenkungsaufforderung als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt. Diese Angabe muss in dem hier streitigen Zeitraum jedoch noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der erkennende Senat es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren ist (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; s auch BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34).

44

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 19, unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris RdNr 34). Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens des Grundsicherungsträgers lediglich ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).

45

Gründe, die der Klägerin eine Kostensenkung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch nicht um eine Kostensenkung bemüht oder anderweitig nachgewiesen, dass es ihr nicht möglich oder zumutbar war, Wohnraum zu der vom Beklagten vorgegebenen Mietobergrenze anzumieten.

46

5. Der Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Gaslieferung/Heizung in Höhe von 6,22 Euro für den Monat Juni 2007, 6,26 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 und 6,33 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2008 bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Höhere Leistungen wegen der Heizkostennachforderung für den Monat Februar 2008 und unter Berücksichtigung der Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II, wie durch das LSG geschehen, stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat insoweit auch keine Einwände gegen die Entscheidung des LSG erhoben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. März 2015 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines Kinderzuschlags nach § 6a BKGG für den Monat September 2010.

2

Die 1964 geborene Klägerin ist die Mutter der am 7.11.1986 geborenen Y, des am 16.11.1988 geborenen D und des am 19.4.1995 geborenen K. Gemeinsam bewohnten sie im streitgegenständlichen Monat eine Wohnung in F., für die eine monatliche Warmmiete von 555,97 Euro zu entrichten war. Die Klägerin erzielte im September 2010 ein Erwerbseinkommen in Höhe von 1268,66 Euro brutto, auf das Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 192,74 Euro entfielen. Zudem erhielt sie für jedes Kind Kindergeld. D erhielt im September 2010 eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 788 Euro, Y und K hatten keine Einkünfte.

3

Am 12.8.2010 beantragte die Klägerin, die zuvor Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte, die Gewährung eines Kinderzuschlags für die Zeit ab dem 1.9.2010. Die beklagte Familienkasse lehnte den Antrag ab, weil das ermittelte anzurechnende Einkommen der Klägerin in Höhe von 926,73 Euro die in ihrem Fall geltende Höchsteinkommensgrenze von 814,52 Euro im Monat September 2010 überschreite und ab Oktober 2010 das Einkommen und Vermögen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ausreiche, um ihren Bedarf zu decken (Bescheid vom 18.8.2010, Widerspruchsbescheid vom 20.12.2010).

4

Auf die hiergegen erhobene, im Laufe des Verfahrens auf die Gewährung eines Kinderzuschlags für September 2010 beschränkte Klage hat das SG Freiburg die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide verurteilt, der Klägerin für September 2010 einen Kinderzuschlag in Höhe von 155 Euro zu gewähren (Urteil vom 20.7.2012). Die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten hat das LSG Baden-Württemberg nach vorheriger Beiladung des zuständigen Jobcenters zurückgewiesen (Urteil vom 20.3.2015). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Klägerin erfülle im strittigen Monat sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung des Kinderzuschlags. Ihr anzurechnendes Gesamteinkommen belaufe sich auf 943,27 Euro (anrechnungsfähiges Erwerbseinkommen in Höhe von 789,05 Euro zuzüglich des den Bedarf von D übersteigenden Kindergelds in Höhe von 154,22 Euro) und liege unter dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft - bestehend aus der Klägerin und ihren Kindern Y und K - in Höhe von 1052,14 Euro. Die Mindesteinkommensgrenze werde überschritten, die Höchsteinkommensgrenze dagegen nicht. Sie betrage im vorliegenden Fall 966,71 Euro. Bei der Ermittlung der Höchsteinkommensgrenze seien die auf die Klägerin entfallenden Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) nicht nach den Bestimmungen des SGB II und damit nicht nach der sogenannten Kopfteilmethode zu berechnen, sondern in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus dem jeweils letzten Existenzminimumbericht der Bundesregierung ergebe. Dabei sei nicht nur von den Wohnkosten der zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Mitglieder auszugehen, sondern von den Wohnkosten aller zum Haushalt gehörenden Personen. Die Berechnung des Kinderzuschlags in Höhe von 155 Euro sei zutreffend erfolgt.

5

Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie eine Verletzung des § 6a BKGG rügt. Das LSG habe die Höchsteinkommensgrenze fehlerhaft berechnet. Die Wohnkosten seien vor Aufteilung nach dem Existenzminimumbericht um den Kopfteil zu bereinigen, der auf nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder entfalle.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Freiburg vom 20. Juli 2012 und das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 20. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

9

Die vom LSG zugelassene und auch im Übrigen zulässige Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 SGG). Das Urteil des LSG ist aufzuheben, weil die Klägerin gegen die Beklagte für September 2010 keinen Anspruch auf einen Kinderzuschlag nach § 6a BKGG hat. Die Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht um zu entscheiden, ob eine Verurteilung des beigeladenen Jobcenters nach § 75 Abs 5 SGG zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II in Betracht kommt.

10

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid der Beklagten vom 18.8.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.12.2010, mit dem ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Kinderzuschlags unter anderem für September 2010 abgelehnt worden ist. Die Klägerin hat ihre Klage bereits erstinstanzlich auf diesen Monat beschränkt (zur Zulässigkeit der zeitlichen Beschränkung des Streitgegenstandes vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 32/07 R - RdNr 16; BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 153/11 R - BSGE 111, 211 = SozR 4-4200 § 20 Nr 17, RdNr 11).

11

2. Verfahrensrechtliche Hindernisse stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Die Klägerin verfolgt den von ihr geltend gemachten und von der Beklagten abgelehnten Anspruch auf Kinderzuschlag zu Recht mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1, 5 SGG).

12

3. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kinderzuschlag ist § 6a BKGG (hier idF des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung vom 16.7.2009, BGBl I 1959). Danach erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz erhalten, über ein bestimmtes Mindesteinkommen verfügen, ein bestimmtes Höchsteinkommen und -vermögen nicht überschreiten und durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird(vgl BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 3 RdNr 15; BSG Urteil vom 17.2.2015 - B 14 KG 1/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 69 RdNr 12).

13

Die drei Kinder der Klägerin lebten im streitgegenständlichen Monat in deren Haushalt, waren unverheiratet, hatten das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Klägerin erhielt für sie Kindergeld. Ihr Einkommen lag über der Mindesteinkommensgrenze für Alleinerziehende, weil sie ein monatliches Erwerbseinkommen in Höhe von 1268,66 Euro erzielte.

14

Die Klägerin erfüllt für den streitgegenständlichen Monat jedoch nicht die Voraussetzungen des § 6a Abs 1 Nr 3 BKGG, weil ihr zu berücksichtigendes Einkommen über der Höchsteinkommensgrenze lag, die aus dem nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG für sie maßgebenden Bedarf zuzüglich des Gesamtkindergeldzuschlags nach § 6a Abs 2 BKGG in Höhe von jeweils bis zu 140 Euro für jedes zuschlagsberechtigende Kind gebildet wird. Die Höchsteinkommensgrenze der Klägerin betrug 930,63 Euro, die sich aus ihrem Bedarf von 650,63 Euro und dem Gesamtkinderzuschlag von 280 Euro für Y und K ergibt, weil nur diese beiden Kinder, nicht aber D mit ihr eine Bedarfsgemeinschaft bildeten, während sie ein zu berücksichtigendes Einkommen von 943,27 Euro hatte.

15

4. Von ihren drei dem Haushalt angehörenden, unverheirateten und unter 25jährigen Kindern bildeten nur Y und K, die keine Einnahmen hatten, mit der Klägerin im September 2010 eine Bedarfsgemeinschaft. D war dagegen aufgrund ausreichenden eigenen Einkommens nicht hilfebedürftig iS des § 9 Abs 1 SGB II und deshalb gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft.

16

Sein Bedarf nach den Vorschriften des SGB II belief sich auf 420,81 Euro und setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 287 Euro (vgl § 20 Abs 2 Satz 2 SGB II iVm der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1.7.2009 vom 17.6.2009 ) abzüglich 5,18 Euro Warmwasserbereitungskosten (80 % von 6,47 Euro, vgl BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5, RdNr 26; Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 20 RdNr 49)zuzüglich des auf ihn kopfteilig entfallenden Anteils der KdUH in Höhe von 138,99 Euro (vgl zur Anwendung der Kopfteilmethode im SGB II: BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28).

17

Dem stand ein zu berücksichtigendes Einkommen gegenüber in Höhe von 575,03 Euro aus seiner Ausbildungsvergütung in Höhe von 391,03 Euro zuzüglich Kindergeld in Höhe von 184 Euro, das ihm aufgrund der Regelung in § 11 Abs 1 Satz 4, 3 SGB II als Einkommen im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zuzurechnen ist. Die zu berücksichtigende Höhe der Ausbildungsvergütung folgt aus der Bereinigung des Bruttobetrags von 788 Euro um Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nach § 11 Abs 1 Nr 1, 2 SGB II in der damals geltenden Fassung(im Folgenden SGB II aF) in Höhe von 159,37 Euro und der Pauschale nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF von 100 Euro und der Freibeträge nach § 30 Satz 2 Nr 2 iVm Satz 3 SGB II aF in Höhe von 137,60 Euro.

18

Das Ausscheiden von D aus der Bedarfsgemeinschaft führt dazu, dass für ihn kein Kinderzuschlag bei der Berechnung der Höchsteinkommensgrenze anzusetzen ist. Denn nur für Kinder, die der Bedarfsgemeinschaft angehören, kann Kinderzuschlag gewährt werden (vgl BSG Beschluss vom 19.6.2012 - B 4 KG 2/11 B - RdNr 7; Knels in GK-SGB II, VI-3 § 6a BKGG RdNr 28, Stand der Einzelkommentierung 2/2012). Der Kinderzuschlag dient dem Zweck, einen offenen Bedarf des Kindes zu decken, damit nicht allein deswegen von den Eltern Leistungen nach dem SGB II in Anspruch genommen werden müssen (Kühl in Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGB II, 4. Aufl 2015, § 6a BKGG RdNr 20; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 12, Stand der Einzelkommentierung IV/14). Besteht dagegen bei einem Kind keine Hilfebedürftigkeit aufgrund ausreichenden eigenen Einkommens und scheidet dieses Kind deshalb aus der Bedarfsgemeinschaft aus, kann für dieses Kind kein Bedarf bestehen, der über den Kinderzuschlag zu decken wäre. Dementsprechend ist dieses Kind bei der Berechnung der Höchsteinkommensgrenze nicht mit zu berücksichtigen, weil durch die Höchsteinkommensgrenze allein festgestellt werden soll, ob Eltern in der Lage sind, für ihren eigenen und den Unterhalt ihrer Kinder selbst aufzukommen (Schnell in Estelmann, SGB II, § 6a BKGG RdNr 43, Stand der Einzelkommentierung 12/2013; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 91, Stand der Einzelkommentierung IV/14).

19

5. Der im Rahmen der Höchsteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Nr 3 BKGG zu berücksichtigende Bedarf der Klägerin beträgt 650,63 Euro und setzt sich zusammen aus einem Betrag von 395,61 Euro(Regelleistung abzüglich Kosten der Warmwasserbereitung zuzüglich Mehrbedarf für Alleinerziehung) und 255,02 Euro anteilige KdUH.

20

§ 6a Abs 1 Nr 3 BKGG verweist zur Berechnung des Bedarfs im Rahmen der Ermittlung der Höchsteinkommensgrenze auf den nach Abs 4 Satz 1 maßgebenden Betrag. Nach dieser Vorschrift bemisst sich der anzusetzende elterliche Bedarf nach dem jeweils maßgebenden Arbeitslosengeld II (Alg II) nach § 19 Satz 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706). Danach setzt sich das Alg II zusammen aus der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II, eventuellen Mehrbedarfen nach § 21 SGB II(zur Berücksichtigung des Mehrbedarfs nach § 21 SGB II im Rahmen der Ermittlung des Bedarfs nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 11/0AS 11/07 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 1 RdNr 17; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 KG 1/08 R - RdNr 15; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 KG 2/09 R - RdNr 14) sowie den angemessenen KdUH.

21

a) Die Regelleistung nach § 20 SGB II, abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung, sowie der Mehrbedarf für Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 Nr 2 SGB II beliefen sich bei der Klägerin auf insgesamt 395,61 Euro(Regelleistung in Höhe von 359 Euro § 20 abs 2 satz 1 des zweiten buches sozialgesetzbuch für die zeit ab 1. juli 2009 vom 17.6.2009 (bgbl i 1342)> abzüglich 6,47 Euro Warmwasserbereitungskosten zuzüglich des Mehrbedarfs für Alleinerziehung in Höhe von 43,08 Euro).

22

b) Der für die Klägerin zu berücksichtigende Anteil an den KdUH beträgt 255,02 Euro.

23

Die Berechnung der anteiligen KdUH bei der Ermittlung der Höchsteinkommensgrenze richtet sich grundsätzlich nach § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG. Danach sind die KdUH in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im jeweils letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten entsprechenden Kosten für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergibt. Zur bis zum 30.9.2008 erforderlichen Berechnung der Mindesteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG(idF des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Kinderbetreuungsausbau" und zur Entfristung des Kinderzuschlags vom 18.12.2007, BGBl I 3022), die sich seinerzeit ebenfalls nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG richtete, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Anteile an den KdUH nicht kopfteilig, sondern nach dem für den Streitzeitraum geltenden Existenzminimumbericht der Bundesregierung aufzuteilen sind(BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 11/0AS 11/07 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 1 RdNr 17 ff; BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 KG 1/08 R - RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 KG 2/09 R - RdNr 15). Diese Rechtsprechung hat der Senat nach der Änderung des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG(durch das Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 24.9.2008, BGBl I 1854) auf die Berechnung der Höchsteinkommensgrenze nach § 6a Abs 1 Nr 3 BKGG übertragen(BSG Urteil vom 14.3.2012 - B 14 KG 1/11 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 3 RdNr 21). Die Aufteilung der KdUH-Anteile erfolgt bei der Berechnung der Höchsteinkommensgrenze damit ebenfalls nach dem für den Streitzeitraum geltenden Existenzminimumbericht der Bundesregierung. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

24

c) Die Aufteilungsregel des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG gilt jedoch nur für die Verteilung der KdUH innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft. Auf die Fälle, in denen die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit einer oder mehreren weiteren Person(en) zugleich auch eine Haushaltsgemeinschaft bilden, ist § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG nicht anwendbar.

25

Der Wortlaut des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG, in dem die Aufteilung nach dem Existenzminimumbericht angeordnet wird, trifft keine Aussage zur Aufteilung der KdUH innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft. Aus den Gesetzgebungsmaterialien geht jedoch hervor, dass bei der Aufteilung der KdUH nach dem jeweils geltenden Existenzminimumbericht nur die Aufteilung der Kosten innerhalb der Bedarfsgemeinschaft im Blick waren. In dem ersten Entwurf des § 6a Abs 4 BKGG(vgl Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/1516, S 37) war die Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten nach dem Existenzminimumbericht noch nicht vorgesehen. Diese Regelung ist erst durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) eingefügt worden und maßgeblich auf den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zurückzuführen. In der Ausschussbegründung zur Einfügung der Regelung in § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG heißt es(vgl BT-Drucks 15/2997, S 26): "In § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG wird die untere Einkommens- bzw Vermögensgrenze bestimmt, ab der Berechtigte Kinderzuschlag erhalten können und bei deren genauer Erreichung der Kinderzuschlag in voller Höhe gezahlt wird. Die Bestimmung dieser Einkommens- bzw Vermögensgrenze setzt eine Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft voraus. Die Aufteilung in Anlehnung an den Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern im neuen Satz 2 stellt eine sachgerechte Lösung dar." (Hervorhebung durch den Senat)

26

Dieses Ergebnis ist auch systematisch stimmig. § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG ist eine Konkretisierung des Abs 4 Satz 1 sowie des § 6a Abs 1 Nr 3 BKGG. § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG muss insofern im Kontext mit § 6a Abs 1 BKGG ausgelegt werden. Nach § 6a Abs 1 BKGG erhalten Personen für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn die weiteren in der Norm genannten Voraussetzungen gegeben sind. Mit der Formulierung "in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben" greift § 6a Abs 1 BKGG erkennbar die Formulierung aus § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II auf, wonach "die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben" zur Bedarfsgemeinschaft gehören, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (ebenso: Seewald in Seewald, Kindergeldrecht, § 6a BKGG RdNr 8, Stand der Einzelkommentierung September 2013; Kühl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 6a BKGG RdNr 32). § 6a Abs 1 BKGG setzt entgegen der Auffassung des LSG und dem Eindruck aufgrund des im einleitenden Satzteil verwandten Begriffs "Haushalt" also gerade nicht nur das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft voraus, sondern verlangt vielmehr das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II zwischen den Eltern und ihren Kindern(ebenso Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 64, Stand der Einzelkommentierung IV/14; Knels in GK-SGB II, VI-3 § 6a BKGG RdNr 27, Stand der Einzelkommentierung 4/2012; aA Schnell in Estelmann, SGB II, § 6a BKGG RdNr 32, Stand der Einzelkommentierung 12/2013, der meint, die Vorschrift knüpfe an den in § 9 Abs 5 SGB II verwendeten Begriff der Haushaltsgemeinschaft an, ohne dies jedoch näher zu begründen).

27

Dieser Bezug zwischen der Formulierung in § 6a Abs 1 BKGG und der Formulierung in § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II wird auch bei einem Vergleich der Textgeschichte beider Vorschriften deutlich. In seiner ursprünglichen Fassung benannte § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) die zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Kinder als "die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners, soweit sie nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts beschaffen können". § 6a Abs 1 BKGG(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) bezeichnete die Kinder, für die ein Kinderzuschlag in Betracht kommen sollte, ursprünglich als die "in ihrem Haushalt lebende(n) Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben". Zum 1.7.2006 wurden beide Vorschriften geändert (durch das Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558, dort Art 1 und Art 4). In § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II wurde die Altersgrenze von 25 Jahren eingeführt. Zeitgleich wurde auch § 6a Abs 1 Satz 1 BKGG dahingehend angepasst, dass der Kinderzuschlag nunmehr für im Haushalt des Antragstellers lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, gewährt werden kann.

28

Diese Auslegung, dass nur die Unterkunfts- und Heizkosten innerhalb der Bedarfsgemeinschaft - nicht aber innerhalb einer bloßen Haushaltsgemeinschaft - von der Aufteilungsanordnung nach dem Existenzminimumbericht erfasst sind, steht auch mit dem Sinn und Zweck des Kinderzuschlags nach § 6a BKGG im Einklang. Der Kinderzuschlag soll verhindern, dass Eltern und mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebende Kinder nur wegen des Unterhalts der Eltern für die Kinder auf Alg II oder Sozialgeld verwiesen werden (vgl BT-Drucks 15/1516, S 83). Es soll demnach der Bezug von Leistungen nach dem SGB II durch den Bezug von Kinderzuschlag vermieden werden (BSG Beschluss vom 19.6.2012 - B 4 KG 2/11 B - RdNr 8). Nur wenn mit dem Kind eine Bedarfsgemeinschaft gebildet wird - und nicht nur eine Haushaltsgemeinschaft - kann dieses Gesetzesziel realisiert werden (ebenso Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 64, Stand der Einzelkommentierung IV/14; Knels in GK-SGB II, VI-3 § 6a BKGG RdNr 27, Stand der Einzelkommentierung 4/2012).

29

d) Bilden die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft mit einer oder mehreren weiteren Person(en) zugleich eine Haushaltsgemeinschaft, sind die KdUH der Haushaltsgemeinschaft zunächst kopfteilig aufzuteilen.

30

In der ursprünglichen Fassung des § 6a BKGG hatte der Gesetzgeber zunächst gänzlich von der Verteilung der Unterkunfts- und Heizkosten nach dem Existenzminimumbericht abgesehen(vgl Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, BT-Drucks 15/1516, S 37). Offenbar hatte er eine Aufteilung der KdUH nach den zum Sozialhilferecht entwickelten Maßgaben zunächst als sachgerechte Methode zur Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten auch im Rahmen des § 6a BKGG angesehen. Das BVerwG hatte zum BSHG die Aufteilung der Unterkunftskosten zwischen den Mitgliedern einer Haushaltsgemeinschaft nach der Kopfteilmethode für im Regelfall ausreichend gehalten (vgl BVerwG Urteil vom 21.1.1988 - 5 C 68/85 - BVerwGE 79, 17, 20).

31

Erst durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) wurde, wie zuvor dargestellt, in § 6a Abs 4 BKGG die Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft nach dem Existenzminimumbericht mit dem Argument eingefügt, dies stelle für die Bedarfsgemeinschaft eine sachgerechte Lösung dar(vgl BT-Drucks 15/2997, S 26). Dies lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber für Bedarfsgemeinschaften eine vom Regelfall abweichende besondere Aufteilungsmethode für erforderlich hielt, für Haushaltsgemeinschaften es aber bei der Regel der Aufteilung nach der Kopfteilmethode belassen wollte, denn sonst hätte es nahegelegen, auch die Haushaltsgemeinschaft in die Regelung des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG miteinzubeziehen.

32

Die Anwendung der Kopfteilmethode hinsichtlich der Aufteilung der Unterkunfts- und Heizkosten innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft stellt auch eine sachgerechte Lösung dar (ebenso Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 109, Stand der Einzelkommentierung IV/14; Schnell in Estelmann, SGB II, § 6a BKGG RdNr 61, Stand der Einzelkommentierung 12/2013; Conradis in Rancke, Mutterschutz/Elterngeld/Betreuungsgeld/Elternzeit, 4. Aufl 2015, § 6a BKGG RdNr 10; Schwitzky, Kinderzuschlag oder Arbeitslosengeld II?, 2. Aufl 2008, S 46; aA Kievel, ZfF 2005, 97, 100 f). Auch wenn der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG eine familienpolitisch eigenständige Leistung ist(vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 11/0AS 11/07 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 1 RdNr 21), so ist die Berechnung der Anspruchsvoraussetzungen des § 6a BKGG in weiten Teilen doch eng mit der Berechnung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II verknüpft(vgl § 6a Abs 1 Nr 3 und 4, Abs 3, Abs 4 Satz 1 BKGG, in denen auf Berechnungsvorschriften nach dem SGB II verwiesen wird). Ein Gleichlauf der Berechnungsmethode hinsichtlich der Verteilung der KdUH innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft bei § 6a BKGG und nach dem SGB II ist insofern nicht nur naheliegend, sondern vor dem Hintergrund der zahlreichen Verweisungen des § 6a BKGG auf das SGB II sogar geboten.

33

Eine Anwendung des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG auf die Aufteilung der KdUH einer Haushaltsgemeinschaft kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil der Existenzminimumbericht der Bundesregierung von seiner Zielrichtung her auf das Zusammenleben von Eltern mit ihren Kindern ausgerichtet ist, wobei er auch nur Kinder bis zum Alter von 18 Jahren zum Gegenstand hat(vgl zum im vorliegenden Fall anwendbaren Existenzminimumbericht der Bundesregierung für das Jahr 2010 , BT-Drucks 16/11065, S 1 und 4). Sachverhalte, in denen die KdUH von in Haushaltsgemeinschaft zusammenlebenden Personen untereinander aufzuteilen sind, die nicht allesamt zueinander im Verhältnis Eltern - Kind stehen (zB Haushaltsgemeinschaft bestehend aus Großeltern, Eltern und Kind) oder bei der die Kinder das 18. Lebensjahr bereits überschritten haben, werden von dem Existenzminimumbericht nicht erfasst. Bei solchen Sachverhalten ist darüber hinaus auch die Annahme zweifelhaft, dass der zusätzliche Wohnbedarf der weiteren Personen lediglich 12 qm betrage, was im Existenzminimumbericht jedoch bei der Aufteilung der Wohnkosten zwischen Eltern und minderjährigen Kindern unterstellt wird (vgl BT-Drucks 16/11065, S 3). Für alleinstehende Erwachsene wird im Existenzminimumbericht jedenfalls von einem Wohnraumbedarf von 30 qm und für ein Ehepaar - ohne Kinder - von einem Wohnbedarf von 60 qm ausgegangen (vgl BT-Drucks 16/11065, S 5). Für erwachsene Personen scheint der Existenzminimumbericht daher bereits selbst von einem Wohnbedarf von deutlich über 12 qm auszugehen.

34

e) Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass von den gesamten Unterkunfts- und Heizkosten der Klägerin und ihrer drei Kinder in Höhe von 555,97 Euro im Monat September 2010 lediglich dreiviertel auf die Bedarfsgemeinschaft - bestehend aus der Klägerin und ihren beiden Kindern Y und K - entfielen, mithin ein Betrag in Höhe von 416,97 Euro. Dieser Betrag ist sodann innerhalb dieser Bedarfsgemeinschaft nach dem für das Jahr 2010 geltenden Siebten Existenzminimumbericht der Bundesregierung (BT-Drucks 16/11065) aufzuteilen. Bei einer Bedarfsgemeinschaft bestehend aus einem Elternteil und zwei Kindern entfiel danach auf den Elternteil ein Anteil von 61,16 % der Kosten (vgl BT-Drucks 16/11065, S 3, 4 und 5: KdUH von Alleinstehenden: 3.288 Euro <2520 Euro Bruttokaltmiete + 768 Euro Heizkosten>; KdUH von einem Kind: 1044 Euro <840 Euro Bruttokaltmiete + 204 Euro Heizkosten>; Kosten zwei Kinder: 2088 Euro; Verhältnis Kosten Alleinstehender zu Gesamtkosten mit zwei Kindern: 61,16 % <3288 Euro zu 5376 Euro>). Es errechnet sich ein Betrag von 255,02 Euro.

35

6. Die Höchsteinkommensgrenze von 930,63 Euro wird von der Klägerin im September 2010 aufgrund ihres zu berücksichtigenden Einkommens von 943,27 Euro überschritten, das sich aus ihrem zu berücksichtigen Erwerbseinkommen von 789,05 Euro sowie dem Kindergeldüberhang bei ihrem Kind D von 154,22 Euro zusammensetzt.

36

Das anrechenbare Erwerbseinkommen der Klägerin von 789,05 Euro errechnet sich wie folgt: Von dem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1268,66 Euro sind gemäß § 11 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und Nr 2 SGB II Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 192,74 Euro und ein Absetzungsbetrag von 100 Euro gemäß § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II abzuziehen. Außerdem abzuziehen ist ein weiterer Freibetrag in Höhe von 186,87 Euro. Dieser setzt sich aus dem Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 1 SGB II aF für Einkommen zwischen 100 Euro und 800 Euro in Höhe von 140 Euro und dem Freibetrag nach § 30 Satz 2 Nr 2 iVm Satz 3 SGB II aF für Einkommen von 800 Euro bis 1500 Euro in Höhe von hier 46,87 Euro zusammen.

37

Der von D nicht benötigte Teil des Kindergeldes, der als Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen ist, der sog Kindergeldüberhang, errechnet sich mit 154,22 Euro (391,03 Euro zu berücksichtigendes Erwerbseinkommen des D plus 184 Euro Kindergeld abzüglich 420,81 Euro Bedarf; zur Berechnung des zu berücksichtigenden Kindergeldüberhangs allein nach den Vorschriften des SGB II vgl BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 KG 2/09 R - RdNr 15).

38

Die Anrechnung des von D nicht benötigten Kindergeldüberhangs bei der Klägerin folgt bereits aus dem Wortlaut der maßgeblichen Vorschrift. Anders als bei der Regelung zur Mindesteinkommensgrenze in § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG ist das Kindergeld bei der Ermittlung des anzurechnenden Einkommens im Rahmen der Höchsteinkommensgrenze in § 6a Abs 2 Nr 3 BKGG gerade nicht ausgenommen(ebenso Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, Anhang § 6a BKGG RdNr 22). Der Zurechnung des Kindergeldüberhangs bei dem kindergeldberechtigten Elternteil steht auch nicht entgegen, dass § 6a Abs 1 Nr 3 BKGG über den Verweis auf § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG bei der Bedarfsermittlung im Rahmen der Höchsteinkommensgrenze fingiert, die Eltern hätten keine Kinder(so aber Schnell in Estelmann, SGB II, § 6a BKGG RdNr 49, Stand der Einzelkommentierung 12/2013). Die Regelung des § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG betrifft allein die Bedarfsseite. Hinsichtlich der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens lässt sich der Norm keine Ausnahme von der Berücksichtigung des Kindergeldüberhangs nach § 11 Abs 1 Satz 1 und 3 SGB II entnehmen.

39

Die Anrechnung des Kindergeldüberhangs entspricht auch dem Sinn und Zweck des Kinderzuschlags und dem Zweck der Höchsteinkommensgrenze. Es soll nur in denjenigen Fällen ein Kinderzuschlag gewährt werden, in denen Eltern nur wegen des Unterhaltsbedarfs für ihre Kinder nicht in der Lage sind, für ihren eigenen und den Unterhalt ihrer Kinder selbst aufzukommen (BT-Drucks 15/1516, S 84; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, K § 6a BKGG RdNr 91, Stand der Einzelkommentierung IV/14). Der nicht durch das Kindergeld und Wohngeld abgedeckte Unterhaltsbedarf der Kinder wird typisiert durch den Gesamtkinderzuschlag abgebildet (Seewald in Seewald, Kindergeldrecht, § 6a BKGG RdNr 22, Stand der Einzelkommentierung Februar 2015). Die Höchsteinkommensgrenze wiederum ist der Maßstab, ob der Kindergeldberechtigte nicht nur seinen Lebensunterhalt, sondern auch den weiteren Bedarf seiner Kinder in Form des Gesamtkinderzuschlags aus eigenem Einkommen und Vermögen decken kann. Um dies zu ermitteln, sind sämtliche Einkünfte zu berücksichtigen, sofern sie nicht ausdrücklich ausgenommen sind (wie zB das Wohngeld). Kindergeld, das von einem Kind zur Sicherung des eigenen Unterhalts nicht benötigt wird, steht nach § 11 Abs 1 Satz 1, 4, 3 SGB II dem kindergeldberechtigten Elternteil als Einkommen zur Verfügung.

40

Es ist nicht erkennbar, warum der Kindergeldberechtigte dieses, vom Kind nicht benötigte Einkommen nicht zur Deckung seines Lebensunterhalts oder des seiner weiteren Kinder einsetzen soll. Die gegenteilige Auffassung (Schnell in Estelmann, SGB II, § 6a BKGG RdNr 49, Stand der Einzelkommentierung 12/2013)übersieht, dass nur Kindergeld als Einkommen bei den Eltern angerechnet werden kann, das von dem jeweiligen Kind zur eigenen Bedarfsdeckung nicht oder nicht in vollem Umfang benötigt wird, sodass bereits deswegen bei diesem Kind eine Aufstockung des Kindergelds durch den Kinderzuschlag ausscheidet. Im Übrigen entspricht diese Auslegung auch der Systematik des SGB II, wonach Kindergeld gemäß § 1 Abs 1 Nr 8 Alg II-VO(in der bis zum 31.12.2010 gültigen Fassung) nur dann nicht bei dem Kindergeldberechtigten als Einkommen angerechnet wird, wenn es nachweislich an das nicht im Haushalt des Hilfebedürftigen lebende Kind weitergeleitet wird (vgl hierzu auch BSG Urteil vom 16.4.2013 - B 14 AS 81/12 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 2 RdNr 26). Ein Systembruch wird auf diese Weise vermieden.

41

7. Gleichwohl konnte der Senat nicht abschließend entscheiden, weil offen ist, ob eine Verurteilung des beigeladenen Jobcenters nach § 75 Abs 5 SGG zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II in Betracht kommt. Obwohl nach der Konzeption des § 6a BKGG bei Überschreitung der Höchsteinkommensgrenze ein etwaiger offener Bedarf der Klägerin und ihrer Kinder Y und K in erster Linie mittels Wohngeldbezug gedeckt werden soll, könnte im vorliegenden Fall eine Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Betracht kommen.

42

Zunächst müsste allerdings feststehen, in welcher Höhe eine Bedarfsunterdeckung bei der Klägerin und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern Y und K besteht. Ausgehend von ihrem Bedarf nach dem SGB II von 1376,22 Euro (Regelleistungen von 359 Euro für die Klägerin und jeweils 287 Euro für Y und K, abzüglich der Warmwasserbereitungskosten von 6,47 Euro bei der Klägerin und jeweils 5,18 Euro bei Y und K, zuzüglich des Mehrbedarfs für Alleinerziehung in Höhe von 43,08 Euro für die Klägerin und zuzüglich der anteiligen KdUH in Höhe von jeweils 138,99 Euro) besteht eine Unterdeckung von mindestens 88,95 Euro, weil ihr zu berücksichtigendes Einkommen maximal 1287,27 Euro beträgt (zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin von 943,27 Euro zuzüglich des Kindergelds für Y und K in Höhe von 184 Euro und 190 Euro, abzüglich der Versicherungspauschale von 30 Euro bei Y gemäß § 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-VO). Wenn K über eine eigene Versicherung verfügt (vgl dazu BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 38 RdNr 24), was das LSG festzustellen haben wird, ist die Unterdeckung jedoch größer.

43

Offen ist auch, ob für die Klägerin und ihre Kinder Y und K die Möglichkeit besteht, das vorrangig in Anspruch zu nehmende Wohngeld (vgl § 5 Abs 1, § 12a SGB II) noch nachträglich zu erhalten. Das LSG wird aufzuklären haben, ob sie im Jahr 2010 für September 2010 einen Wohngeldantrag gestellt haben. Falls dies der Fall sein sollte, wird das LSG weiter ermitteln müssen, ob über den Antrag bereits eine bestandskräftige Entscheidung getroffen worden ist.

44

Sollten die Klägerin und Y sowie K dagegen in 2010 noch keinen Antrag auf Wohngeld gestellt haben, könnte eine nachträgliche Antragstellung über § 25 Abs 3 WoGG zu erwägen sein. Voraussetzung hierfür wäre die - bislang offenbar noch nicht erfolgte - Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II, die zu den in § 7 Abs 1 WoGG genannten Leistungen zählen, für den Monat September 2010. Der erforderliche Antrag der Klägerin und ihrer Kinder auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II könnte in der Stellung des Antrags auf Kinderzuschlag gesehen werden, der nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz zugleich als Antrag der Klägerin (und über § 38 Abs 1 SGB II auch ihrer Kinder Y und K) auf Leistungen nach dem SGB II ausgelegt werden könnte (vgl zur Antragsfiktion über den Meistbegünstigungsgrundsatz BSG Urteil vom 10.5.2011 - B 4 KG 1/10 R - BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr 2, RdNr 26). Bei Ablehnung dieses Antrags könnte gemäß § 25 Abs 3 WoGG noch nachträglich(innerhalb eines Monats nach Kenntnis der Ablehnung) ein Antrag auf Gewährung von Wohngeld durch die Klägerin sowie Y und K gestellt werden (vgl BMVBS-Erlass vom 30.12.2004 - SW 23-30 09 98 - 2, S 7), durch das die Bedarfsunterdeckung ausgeglichen werden könnte. Aus diesem Grund dürfte auch die Beiladung der zuständigen Wohngeldbehörde nach § 75 Abs 1 Satz 1 SGG geboten sein. Zwar ist eine Verurteilung der Wohngeldbehörde nach § 75 Abs 5 SGG zur Gewährung von Wohngeld ausgeschlossen, weil die Wohngeldbehörde kein in dieser Vorschrift genannter Leistungsträger ist, zumal für Streitigkeiten hinsichtlich des Wohngelds die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist(vgl § 51 SGG iVm § 40 Abs 1 VwGO). Gleichwohl würde die Wohngeldbehörde über die Beiladung an die Ausführungen des LSG in dessen Urteil hinsichtlich der Leistungen nach dem SGB II mit möglichen Folgen für die Anwendung des § 25 Abs 3 WoGG gebunden.

45

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Personen erhalten für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn

1.
sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben,
2.
sie mit Ausnahme des Wohngeldes, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags über Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in Höhe von mindestens 900 Euro oder, wenn sie alleinerziehend sind, in Höhe von mindestens 600 Euro verfügen, wobei Beträge nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht abzusetzen sind, und
3.
bei Bezug des Kinderzuschlags keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch besteht, wobei die Bedarfe nach § 28 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch außer Betracht bleiben. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit ist das für den Antragsmonat bewilligte Wohngeld zu berücksichtigen. Wird kein Wohngeld bezogen und könnte mit Wohngeld und Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit vermieden werden, ist bei der Prüfung Wohngeld in der Höhe anzusetzen, in der es voraussichtlich für den Antragsmonat zu bewilligen wäre.

(1a) Ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht abweichend von Absatz 1 Nummer 3, wenn

1.
bei Bezug von Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit besteht, der Bedarfsgemeinschaft zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit aber mit ihrem Einkommen, dem Kinderzuschlag und dem Wohngeld höchstens 100 Euro fehlen,
2.
sich bei der Ermittlung des Einkommens der Eltern nach § 11b Absatz 2 bis 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch wegen Einkommen aus Erwerbstätigkeit Absetzbeträge in Höhe von mindestens 100 Euro ergeben und
3.
kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Zweiten oder nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erhält oder beantragt hat.

(2) Der monatliche Höchstbetrag des Kinderzuschlags deckt zusammen mit dem für ein erstes Kind nach § 66 des Einkommensteuergesetzes zu zahlenden Kindergeld ein Zwölftel des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums eines Kindes für das jeweilige Kalenderjahr mit Ausnahme des Anteils für Bildung und Teilhabe. Steht dieses Existenzminimum eines Kindes zu Beginn eines Jahres nicht fest, ist insoweit der für das Jahr geltende Betrag für den Mindestunterhalt eines Kindes in der zweiten Altersstufe nach der Mindestunterhaltsverordnung maßgeblich. Als Höchstbetrag des Kinderzuschlags in dem jeweiligen Kalenderjahr gilt der Betrag, der sich zu Beginn des Jahres nach den Sätzen 1 und 2 ergibt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Vorjahres. Der Betrag nach Satz 3 erhöht sich ab 1. Juli 2022 um einen Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro.

(3) Ausgehend vom Höchstbetrag mindert sich der jeweilige Kinderzuschlag, wenn das Kind nach den §§ 11 bis 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen hat. Bei der Berücksichtigung des Einkommens bleiben das Wohngeld, das Kindergeld und der Kinderzuschlag außer Betracht. Der Kinderzuschlag wird um 45 Prozent des zu berücksichtigenden Einkommens des Kindes monatlich gemindert. Ein Anspruch auf Zahlung des Kinderzuschlags für ein Kind besteht nicht, wenn zumutbare Anstrengungen unterlassen wurden, Ansprüche auf Einkommen des Kindes geltend zu machen. § 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Vermögen nur berücksichtigt wird, wenn es erheblich ist. Ist das zu berücksichtigende Vermögen höher als der nach den Sätzen 1 bis 5 verbleibende monatliche Anspruch auf Kinderzuschlag, so dass es den Kinderzuschlag für den ersten Monat des Bewilligungszeitraums vollständig mindert, entfällt der Anspruch auf Kinderzuschlag. Ist das zu berücksichtigende Vermögen niedriger als der monatliche Anspruch auf Kinderzuschlag, ist der Kinderzuschlag im ersten Monat des Bewilligungszeitraums um einen Betrag in Höhe des zu berücksichtigenden Vermögens zu mindern und ab dem folgenden Monat Kinderzuschlag ohne Minderung wegen des Vermögens zu zahlen.

(4) Die Summe der einzelnen Kinderzuschläge nach den Absätzen 2 und 3 bildet den Gesamtkinderzuschlag.

(5) Der Gesamtkinderzuschlag wird in voller Höhe gewährt, wenn das nach den §§ 11 bis 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kinderzuschlags zu berücksichtigende Einkommen der Eltern einen Betrag in Höhe der bei der Berechnung des Bürgergeldes zu berücksichtigenden Bedarfe der Eltern (Gesamtbedarf der Eltern) nicht übersteigt und kein zu berücksichtigendes Vermögen der Eltern nach § 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vorhanden ist. Als Einkommen oder Vermögen der Eltern gilt dabei dasjenige der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit Ausnahme des Einkommens oder Vermögens der in dem Haushalt lebenden Kinder. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Zur Feststellung des Gesamtbedarfs der Eltern sind die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im 12. Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten entsprechenden Bedarfen für Alleinstehende, Ehepaare, Lebenspartnerschaften und Kinder ergibt.

(6) Der Gesamtkinderzuschlag wird um das zu berücksichtigende Einkommen der Eltern gemindert, soweit es deren Bedarf übersteigt. Wenn das zu berücksichtigende Einkommen der Eltern nicht nur aus Erwerbseinkünften besteht, ist davon auszugehen, dass die Überschreitung des Gesamtbedarfs der Eltern durch die Erwerbseinkünfte verursacht wird, wenn nicht die Summe der anderen Einkommensteile für sich genommen diesen maßgebenden Betrag übersteigt. Der Gesamtkinderzuschlag wird um 45 Prozent des Betrags, um den die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgebenden Betrag übersteigen, monatlich gemindert. Anderes Einkommen oder Vermögen der Eltern mindern den Gesamtkinderzuschlag in voller Höhe. Bei der Berücksichtigung des Vermögens gilt Absatz 3 Satz 6 und 7 entsprechend.

(7) Über den Gesamtkinderzuschlag ist jeweils für sechs Monate zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum beginnt mit dem Monat, in dem der Antrag gestellt wird, jedoch frühestens nach Ende eines laufenden Bewilligungszeitraums. Änderungen in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen während des laufenden Bewilligungszeitraums sind abweichend von § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht zu berücksichtigen, es sei denn, die Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft oder der Höchstbetrag des Kinderzuschlags ändert sich. Wird ein neuer Antrag gestellt, unverzüglich nachdem der Verwaltungsakt nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch wegen einer Änderung der Bedarfsgemeinschaft aufgehoben worden ist, so beginnt ein neuer Bewilligungszeitraum unmittelbar nach dem Monat, in dem sich die Bedarfsgemeinschaft geändert hat.

(8) Für die Ermittlung des monatlich zu berücksichtigenden Einkommens ist der Durchschnitt des Einkommens aus den sechs Monaten vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgeblich. Bei Personen, die den selbst genutzten Wohnraum mieten, sind als monatliche Bedarfe für Unterkunft und Heizung die laufenden Bedarfe für den ersten Monat des Bewilligungszeitraums zugrunde zu legen. Bei Personen, die an dem selbst genutzten Wohnraum Eigentum haben, sind als monatliche Bedarfe für Unterkunft und Heizung die Bedarfe aus den durchschnittlichen Monatswerten des Kalenderjahres vor Beginn des Bewilligungszeitraums zugrunde zu legen. Liegen die entsprechenden Monatswerte für den Wohnraum nicht vor, soll abweichend von Satz 3 ein Durchschnitt aus den letzten vorliegenden Monatswerten für den Wohnraum zugrunde gelegt werden, nicht jedoch aus mehr als zwölf Monatswerten. Im Übrigen sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu Beginn des Bewilligungszeitraums maßgeblich.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeiträume vom 1.1.2005 bis zum 31.5.2005 sowie vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2006.

2

Die Klägerin zu 1 ist 1963 geboren. Ihr Ehemann ist 1938 geboren und bezieht eine Altersrente. Aus der Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, die am 1985 geborene M, der am 1987 geborene J, der Kläger zu 2, die am 1990 geborene Jo, die Klägerin zu 3, die am 1995 geborene Ma, die Klägerin zu 4 und der am 2002 geborene Ja , der Kläger zu 5. Für die ersten drei Kinder wurde im streitigen Zeitraum Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro und für die beiden jüngsten Kinder in Höhe von jeweils 179 Euro gezahlt.

3

Die Familie bewohnte im streitigen Zeitraum ein 1999 angemietetes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 131,5 qm (138 qm abzüglich Heizungsraum von 6,5 qm). Hierfür war eine Kaltmiete von 1390 DM vereinbart, die sich jeweils zum 1.7. eines Jahres um 30 DM = 15,33 Euro erhöhte. Zu der Kaltmiete kamen in den streitigen Zeiträumen 14,13 Euro für Kabelanschluss, 25 Euro für die Miete einer Garage und 17,11 Euro monatlich für sonstige Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Heizungswartung, Schornsteinfegerkosten). Für die Abfallentsorgung waren am 4.3., 1.6., 1.9. und 1.12. 2005 und 2006 jeweils 115,20 Euro zu zahlen. Die zehn Mal jährlich anfallenden Abschläge für Strom, Erdgas, Wasser und Abwasser betrugen im Jahr 2005 insgesamt 283 Euro und im Jahr 2006 insgesamt 352 Euro.

4

Die Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 11.1.2005 für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 28.2.2005 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 970,82 Euro, für den Monat März 2005 in Höhe von 923,98 Euro und für die Zeit vom 1.4.2005 bis zum 31.5.2005 in Höhe von 660,58 Euro monatlich. Als Kosten für Unterkunft und Heizung legte die Beklagte eine Kaltmiete in Höhe von 524,40 Euro, Heizkosten in Höhe von 113,16 Euro sowie Nebenkosten in Höhe von 81,80 Euro der Leistungsberechnung zu Grunde. Im anschließenden Widerspruchsverfahren bewilligte sie mit Bescheid vom 3.3.2005 für den Monat März Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 926,43 Euro und für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.5.2005 in Höhe von 592,05 Euro monatlich. Insgesamt wurden für März 2005 Unterkunftskosten in Höhe von 511,69 Euro bewilligt, für April und Mai jeweils 411,05 Euro. Auch hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein.

5

Wegen einer Neuberechnung der Nebenkosten senkte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 8.4.2005 die Leistungen für März 2005 auf 902,17 Euro und für Mai auf 587,87 Euro ab, für April 2005 blieb es bei 592,05 Euro. Nachdem die Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatten, bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.4.2005 den Klägern für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 28.2.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 1017,50 Euro, für den Monat März in Höhe von 948,57 Euro und für die Monate April und Mai 2005 jeweils 635,38 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 3.3.2005 als unzulässig und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

6

Mit Bescheid vom 11.5.2005 hat die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1.6.2005 bis zum 30.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 635,38 Euro monatlich bewilligt, wobei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 424,38 Euro berücksichtigt wurden. Der Klägerin zu 1, die sich zum 1.8.2005 als Musikerin selbstständig gemacht hat, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.8.2005 Einstiegsgeld nach § 16 Abs 2 Nr 5 und § 29 SGB II für die Zeit vom 1.8.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 279,90 Euro. In dieser Höhe erfolgte auch eine Folgebewilligung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2006.

7

Mit Bescheid vom 7.11.2005 hat die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.5.2006 monatliche Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 117 Euro bewilligt. Dabei berücksichtigte sie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 424,38 Euro sowie laufendes Einkommen aus Selbstständigkeit der Klägerin zu 1 in Höhe von 518,38 Euro monatlich. Mit Änderungsbescheid vom 4.1.2006 bewilligte die Beklagte für den Monat Januar Leistungen in Höhe von 635,38 Euro.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.2006 hat die Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bewilligungsbescheid vom 7.11.2005 zurückgewiesen. Die anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung für den Sieben-Personen-Haushalt der Familie betrügen insgesamt 742,14 Euro. Der Anteil der Kläger belaufe sich auf 424,35 Euro. Schließlich hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.5.2006 den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 4.1.2006 zurückgewiesen.

9

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Beklagte mit Urteil vom 11.7.2006 verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Kaltmiete und der anteiligen Kabelgebühren vom 1.1.2005 bis zum 31.1.2006 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Unter Berücksichtigung von zwei Erwachsenen, vier Schulkindern und einem Kleinkind ergebe sich eine angemessene Wohnungsgröße von 130 qm. Zwar wohne die Familie derzeit in einer unangemessen großen Wohnung. Eine andere kostengünstigere Wohnung sei im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht verfügbar und zugänglich gewesen. Da die Kläger mietvertraglich zur Übernahme der Kosten verpflichtet seien, müssten auch die Kosten für den Kabelanschluss übernommen werden.

10

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die Kläger zu 2 bis 5 ins Rubrum aufgenommen. Die Beteiligten haben sich darauf geeinigt, den Bewilligungsabschnitt vom 1.6.2005 bis zum 30.11.2005 aus dem Berufungsverfahren auszuklammern. Die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 10.6.2008 zurückgewiesen. Das Streitverhältnis sei auf höhere Leistungen für die Unterkunft beschränkt. Nach der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen zum Vollzug des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen sei eine Wohnfläche von 135 qm für einen Haushalt mit sieben Familienmitgliedern als angemessen anzusehen. Eine verwertbare Mietdatenbank zur Frage der Angemessenheit der Miete liege nicht vor. Die von der Beklagten selbst durchgeführten Ermittlungen seien mangelhaft, weil bei der Erhebung nicht nach der Größe der Wohnung differenziert worden sei. Die Beklagte habe nicht die konkreten Wohnflächen festgehalten, sondern lediglich bei einzelnen Anbietern die Anzahl der Zimmer der Wohnungen. Dies lasse jedoch keinen Rückschluss auf die Wohnfläche der betreffenden Wohnungen zu. Bedenklich sei auch die Berechnungsmethode der Beklagten, soweit sie zunächst Durchschnittswerte für die einzelnen Anbieter gebildet habe, um dann aus diesen erneut einen Durchschnitt zu bilden. Ebenfalls bedenklich sei, dass die Beklagte bestimmte Anbieter mit besonders hohen Quadratmeterpreisen ohne nähere Begründung aus ihren Ermittlungen herausgenommen habe. Das untere Segment bestimme sich nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz der betreffenden Wohnungen und nicht allein nach dem Preis. Da die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen keinen ausreichenden Rückschluss auf den im streitigen Zeitraum angemessenen Quadratmeterpreis erlaubten, müsse vorliegend grundsätzlich der tatsächliche Mietzins als angemessen zu Grunde gelegt werden. Der Senat sehe sich nicht in der Lage, die Ermittlungen der Beklagten aus dem Jahr 2004 für das hier einschlägige Wohnungssegment hinreichend nachzuvollziehen und zu ersetzen. Hinsichtlich des Kabelanschlusses habe der Vermieter klargestellt, dass das Haus der Familie zu einer Wohnanlage gehöre, für die ein einheitlicher Kabelanschlussvertrag bestanden habe.

11

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG habe zu hohe bzw falsche Anforderungen an die Ermittlungen zum angemessenen Quadratmeterpreis von Mietwohnungen gestellt. Da es für die Stadt Zweibrücken keinen Mietspiegel gebe, habe sie eigene Ermittlungen angestellt, indem sie ein halbes Jahr lang den Wohnungsmarkt - auch unter Berücksichtigung der Wohnungsangebote in der lokalen Zeitung - beobachtet, sich mit einer Vielzahl von Maklern und mit den örtlich vorhandenen größeren Wohnungsbaugesellschaften in Verbindung gesetzt und so die Durchschnittswerte der von diesen angebotenen Wohnungen ermittelt habe. Die vom LSG geforderte Differenzierung nach Wohnungsgrößen würde zu einem unzumutbaren bürokratischen Aufwand führen, weil in aller Regel bei Wohnungsanzeigen lediglich die Anzahl der Zimmer sowie der entsprechende Quadratmeterpreis genannt werde. Auch die anschließend notwendige Eingruppierung der Erkenntnisse nach den einzelnen für unterschiedlich große Bedarfsgemeinschaften angemessenen Wohnungsgrößen führe zu einem nicht zu bewältigenden Verwaltungsaufwand. Des Weiteren wäre wegen der Dynamik am Wohnungsmarkt eine ständige Erhebung erforderlich. Kleineren Bedarfsgemeinschaften wären im Ergebnis höhere Kosten der Unterkunft je Quadratmeter zu bewilligen als größeren. Eine solche Verwaltungspraxis verstoße aber gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 Grundgesetz. Sofern das LSG bemängele, dass die Beklagte bestimmte Anbieter mit besonders hohen Quadratmeterpreisen aus ihren Berechnungen herausgenommen habe, verkenne es, dass die Beklagte berechtigt sei, Vermieter herauszunehmen, die überwiegend Wohnungen im oberen Mietsegment anbieten. Kosten für den Kabelanschluss seien nach Sinn und Zweck nicht von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erfasst.

12

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des SG Speyer vom 11.7.2006 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 10.6.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Kläger beantragen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

14

Sie halten die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht abschließend beurteilt werden, in welcher Höhe den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen.

16

1. Streitgegenstand sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II für die Zeiträume vom 1.1. bis 31.5.2005 und vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2006. Zu Recht hat das LSG im Hinblick auf das prozessuale Meistbegünstigungsprinzip (vgl BSGE 97, 217, 219 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 2 f, jeweils RdNr 11) die Kläger zu 2 bis 5 ins Rubrum aufgenommen. Einer Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin zu 1 bedurfte es hingegen nicht, weil er gemäß § 7 Abs 4 SGB II nicht leistungsberechtigt war(vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 25 mwN).

17

Entgegen der Auffassung des LSG begehren die Kläger für die streitigen Zeiträume uneingeschränkt höhere Leistungen für den Lebensunterhalt und nicht lediglich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Eine Beschränkung des Streitverhältnisses auf die Leistungen nach § 22 SGB II ist zwar zulässig, weil die Leistungen für Unterkunft und Heizung als dem kommunalen Träger zuzurechnende Leistungen(vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II) einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen können (BSGE 97, 217, 222 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6 f, jeweils RdNr 18 ff). Erforderlich für eine solche Beschränkung ist allerdings, dass sie ausdrücklich (insbesondere durch die Antragstellung) und unmissverständlich erklärt wird. Ansonsten sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3).

18

Eine diesen Anforderungen genügende, das Streitverhältnis auf die Leistungen nach § 22 SGB II beschränkende Erklärung liegt nicht vor. Die Kläger haben im Verfahren vor dem SG Leistungen nach dem SGB II "unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Kaltmiete und der anteiligen Kabelgebühren sowie der anteiligen tatsächlichen Mietnebenkosten" beantragt. Sie haben damit die Unterkunftskosten lediglich als einen streitigen Berechnungsfaktor besonders hervorgehoben, ohne erkennbar die Überprüfung insgesamt auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränken zu wollen.

19

2. Die Kläger sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 und 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Bei der Bestimmung ihrer Bedarfe ist zunächst für die Klägerin zu 1 eine Regelleistung in Höhe von 311 Euro gemäß § 20 Abs 2 und 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), für die Kläger zu 2 und 3 in Höhe von 276 Euro und für die Kläger zu 4 und 5 in Höhe von 207 Euro, § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II, zu Grunde zu legen. Mit Vollendung seines 18. Lebensjahres war der Kläger zu 2 nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) nicht mehr Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, sondern bildete eine eigene Bedarfsgemeinschaft, sodass ab diesem Zeitpunkt für ihn eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro in Ansatz zu bringen war. Da die Vorschriften zur Regelleistung und zum Sozialgeld auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227) weiterhin anwendbar und der Gesetzgeber nicht zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet ist, verbleibt es für den streitigen Zeitraum bei den gesetzlich festgelegten Leistungen.

20

3. In welcher Höhe neben den Bedarfen an Regelleistungen ein nach § 22 SGB II zu deckender Bedarf besteht, kann anhand der Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Welche tatsächlichen Kosten in den hier streitigen Zeiträumen entstanden sind, hat das LSG nicht abschließend festgestellt. Zwar hat das LSG die Kaltmiete seit dem 1.7.2004 mit 812,96 Euro beziffert, dieser Betrag stimmt jedoch mit dem zuvor für dasselbe Datum genannten Betrag von 1540 DM nicht überein. Unklar bleibt auch, ob und welche Abschläge in den streitigen Zeiträumen für Strom, Erdgas, Wasser und Abwasser zu zahlen waren (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

21

Der Beklagten und dem LSG sind im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II bei der Bestimmung des Bedarfs der Kläger für die Unterkunft Rechtsfehler unterlaufen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ist unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren (vgl BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19 ff; stRspr zuletzt Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R): Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Diese Prüfung haben weder die Beklagte noch das LSG rechtsfehlerfrei vorgenommen.

22

a) Angemessen war bis zum 2005, dem Datum des Eintritts der Volljährigkeit des Klägers zu 2, für eine aus fünf Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine Wohnungsgröße von 105 qm, danach von 90 qm für die Bedarfsgemeinschaft, die die Klägerin zu 1 weiter mit den Klägern zu 3 bis 5 bildete und für den Kläger zu 2 als gesonderte Bedarfsgemeinschaft eine Wohnungsgröße von 45 qm. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich nach den Werten, die die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) bzw ehedem auf Grund des § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues (Wohnungsbauförderungsgesetz - WoBauFördG 1994) vom 6.6.1994 (BGBl I 1184) festgelegt haben (BSGE 97, 254, 258 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 32, jeweils RdNr 19; krit BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 15 ff). In Rheinland-Pfalz ist bis Februar 2007 mit den als Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen vom 20.12.2004 (MinBl 2005, 116) ergangenen Wohnraumförderungsbestimmungen lediglich eine landesrechtliche Regelung nach § 5 Abs 2 WoFG erlassen worden, nicht jedoch eine Regelung nach § 10 Abs 1 WoFG. Das LSG ist deshalb zutreffend von der Fortgeltung der Verwaltungsvorschrift des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen zum Vollzug des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen vom 17.12.1991 (MinBl 1992, 36) ausgegangen, die in Ziffer 5.10 bestimmt, dass für eine Einzelperson eine Fläche von bis zu 45 qm, für einen Haushalt mit vier Familienmitgliedern eine Fläche von bis zu 90 qm und für jedes weitere Familienmitglied weitere 15 qm als in der Regel angemessen anzusehen ist (vgl bereits Urteil des Senats vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine vom Regelfall abweichende Beurteilung der flächenmäßigen Angemessenheit ist nicht geboten.

23

Abzustellen ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nicht auf die Zahl der Familienmitglieder, die eine Wohnung gemeinsam nutzen, sondern allein auf die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Frage der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft stets nur im Hinblick auf den Hilfebedürftigen nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden kann (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21). Nur für diesen Personenkreis ergeben sich durch dieses Kriterium Begrenzungen. Zwar stellen die einschlägigen Wohnraumförderungsbestimmungen auf die Zahl der Haushaltsmitglieder ab. Abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs 5 SGB II, die eine gesetzliche Vermutungsregel für die Berücksichtigung von Einkommen enthält(vgl näher Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 32/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft aber nicht. Rechtlich relevant ist im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Personenmehrheit ansonsten nur dann, wenn sie eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II bildet. Insofern gelten für den Fall, dass verwandte Personen eine Wohnung gemeinsam nutzen, keine Besonderheiten. Nur soweit die enumerativ genannten Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft vorliegen, ist die Anzahl der einbezogenen Familienmitglieder bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße zu berücksichtigen. Da es sich bei der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße lediglich um eine Bezugsgröße für die nach der Produkttheorie zu ermittelnde Angemessenheit der Kosten handelt, ist mit ihrer Bestimmung keine Aussage darüber verbunden, welche Wohnfläche die gesamte Familie - unter Einschluss auch der nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Mitglieder - tatsächlich nutzen kann.

24

Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 9). Die auf die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen. Diese sind jeweils nur für die Bedarfsgemeinschaft festzustellen. Für die Bedarfsgemeinschaft, die der Kläger zu 2 ab seiner Volljährigkeit bildete, ist die Angemessenheit des auf ihn nach Kopfzahlen entfallenden Anteils gesondert festzustellen. Dabei ist als Rechengröße die für eine Einzelperson angemessene Wohnfläche zu Grunde zu legen. Eine ungerechtfertigte Besserstellung des Klägers zu 2 ergibt sich hieraus nicht, weil er nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II (in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung) nicht mehr der durch besondere Verbundenheit und erhöhte gegenseitige Verantwortlichkeit gekennzeichneten Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und seinen Geschwistern angehörte (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 22).

25

b) Zutreffend ist das LSG - zumindest konkludent - vom Gebiet der Stadt Zweibrücken als dem für die Bestimmung der preislichen Angemessenheit zutreffenden räumlichen Vergleichsmaßstab ausgegangen. Das BSG hat bereits wiederholt entschieden, dass der räumliche Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen. Deshalb ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend (BSGE 97, 231, 238 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 S 23 f, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254, 260 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 33, jeweils RdNr 21). Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 21). Der Senat hat bereits entschieden, dass die kreisfreie Stadt Zweibrücken mit ca 35 000 Einwohnern als räumlicher Vergleichsmaßstab gilt (Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R).

26

c) Auch wenn von dem Gebiet der Stadt Zweibrücken als dem räumlichen Vergleichsmaßstab auszugehen ist, lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) im streitgegenständlichen Zeitraum mangels ausreichender Feststellungen revisionsgerichtlich nicht bestimmen. Zu Grunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231, 238 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 S 23, jeweils RdNr 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254, 259 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 S 32, jeweils RdNr 20). Um ausgehend davon den angemessenen Quadratmeterpreis zu ermitteln, ist es nicht erforderlich, auf einfache oder qualifizierte Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzustellen bzw solche Mietspiegel erstellen zu lassen, soweit sie insbesondere im ländlichen Raum fehlen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 7 S 66 RdNr 23). Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein (zu den Anforderungen im Einzelnen vgl Urteile des BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - und vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R -; Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven, DSGT-Praktikerleitfaden, S 87 ff).

27

Das Konzept der Beklagten bzw des kommunalen Trägers, dessen Aufgaben von ihr wahrgenommen werden, wird diesen Anforderungen in mehreren Punkten nicht gerecht. Der Senat hat hierzu bereits mit Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R -, das den Zeitraum vom 1.4. bis 30.9.2005 betraf, entschieden und dabei sowohl bemängelt, dass bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises nicht nach Wohnungsgrößen differenziert wurde, als auch, dass die Beklagte bei der Bildung des Richtwerts bestimmte Wohnungsanbieter von vornherein außer Betracht gelassen hat sowie zunächst anbieterbezogene Durchschnittswerte und aus diesen Durchschnittswerten dann wiederum ein arithmetisches Mittel gebildet hat.

28

Der Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Verwaltung grundsätzlich die Entscheidung über das Vorgehen bei der Ermittlung der angemessenen Wohnungskosten auf Grund eines die lokalen Marktgegebenheiten berücksichtigenden schlüssigen Konzepts trifft. Ob anlässlich der später im Jahr 2006 seitens der Beklagten durchgeführten (Nach-)Ermittlungen die soeben beschriebenen Schwächen des Konzepts (vollständig) behoben worden und ggf die Erhebungen auf die streitigen Zeiträume übertragbar sind, kann hier ebenso wenig wie in dem am 20.8.2009 entschiedenen Fall abschließend beurteilt werden. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass das Fehlen eines schlüssigen Konzepts für die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises, wie im vorliegenden Falle, im Endergebnis dazu führen kann, dass das Tatsachengericht auch den tatsächlichen Quadratmeterpreis ohne weitere Prüfung als angemessen zu Grunde legen darf, wie es das LSG im vorliegenden Falle getan hat.

29

Allerdings sind die Kosten der Unterkunft in einem solchen Fall nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz (WoGG aF). Diese Konsequenz aus der Nichterbringbarkeit eines schlüssigen Konzepts kann das Gericht allerdings erst ziehen, wenn es zuvor (erfolglos) den Versuch unternommen hat, die insoweit unzulänglichen Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 2.7.2009, B 14 AS 33/08 R). Das LSG wird dementsprechend zunächst noch weitere Ermittlungen anzustellen haben, ob und inwieweit die von den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Aufwendungen für die Unterkunft angemessen gewesen sind. Es wird nach der Logik der Verteilung der Verantwortung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts zunächst die Ermittlungen der Beklagten aufgreifen und diese ggf um ihre konzeptionellen Schwächen bereinigen können. Es wird überdies zB - soweit vorhanden - auch auf private Mietdatenbanken zurückgreifen können, die die Voraussetzungen der §§ 558c, 558d BGB nicht erfüllen, aber dazu geeignet sind, zumindest annäherungsweise Aufschluss über die Angemessenheit zu geben(vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, RdNr 16). Gegebenenfalls kann es sich auch selbst eines Sachverständigen bedienen. Erst wenn diese Ermittlungen zu keinem weiteren Erfolg führen, kann, wovon das LSG im Grundsatz zu Recht ausgegangen ist, eine Verurteilung der Beklagten zur Tragung der tatsächlichen Aufwendungen der Kläger erfolgen.

30

Das LSG wird, nachdem es die Angemessenheit der Unterkunftskosten abstrakt bestimmt hat, gegebenenfalls auch festzustellen haben, ob sich den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum eine konkrete Unterkunftsalternative geboten hat (vgl BSGE 97, 254, 260 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 33, jeweils RdNr 22; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 150, RdNr 19).

31

4. Das LSG wird schließlich zu prüfen haben, ob und ggf in welcher Höhe den Bedarfen der Kläger zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gegenüberstand. Ebenso wird es zu überprüfen haben, ob, soweit Änderungsbescheide zu Leistungskürzungen führten, die Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide zu Lasten der Kläger vorlagen.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.

2

Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.

3

Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.

4

Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.

5

Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.

6

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.

7

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).

11

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).

12

2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.

13

Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).

14

3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.

15

Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).

16

4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

17

Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).

18

5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

19

Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

20

Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

        
21

Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

22

Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

23

Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.

24

Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).

25

6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.

26

Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).

27

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

28

Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).

29

Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.

30

Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro <693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %> ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).

31

7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.

32

Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).

33

Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.

34

Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.

35

8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung -(BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).

36

9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.

37

10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Miete und der Mietwert im Sinne des Wohngeldgesetzes sind nach den Vorschriften des Teils 2 dieser Verordnung zu ermitteln.

(2) Die Belastung im Sinne des Wohngeldgesetzes ist nach Teil 3 dieser Verordnung zu berechnen, soweit nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 des Wohngeldgesetzes von einer vollständigen Wohngeld-Lastenberechnung abgesehen werden kann.

(3) Die Mietenstufen für Gemeinden ergeben sich aus der dieser Verordnung beigefügten Anlage.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung höherer Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeiträume vom 1.1.2005 bis zum 31.5.2005 sowie vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2006.

2

Die Klägerin zu 1 ist 1963 geboren. Ihr Ehemann ist 1938 geboren und bezieht eine Altersrente. Aus der Ehe sind fünf Kinder hervorgegangen, die am 1985 geborene M, der am 1987 geborene J, der Kläger zu 2, die am 1990 geborene Jo, die Klägerin zu 3, die am 1995 geborene Ma, die Klägerin zu 4 und der am 2002 geborene Ja , der Kläger zu 5. Für die ersten drei Kinder wurde im streitigen Zeitraum Kindergeld in Höhe von jeweils 154 Euro und für die beiden jüngsten Kinder in Höhe von jeweils 179 Euro gezahlt.

3

Die Familie bewohnte im streitigen Zeitraum ein 1999 angemietetes Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 131,5 qm (138 qm abzüglich Heizungsraum von 6,5 qm). Hierfür war eine Kaltmiete von 1390 DM vereinbart, die sich jeweils zum 1.7. eines Jahres um 30 DM = 15,33 Euro erhöhte. Zu der Kaltmiete kamen in den streitigen Zeiträumen 14,13 Euro für Kabelanschluss, 25 Euro für die Miete einer Garage und 17,11 Euro monatlich für sonstige Nebenkosten (Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Heizungswartung, Schornsteinfegerkosten). Für die Abfallentsorgung waren am 4.3., 1.6., 1.9. und 1.12. 2005 und 2006 jeweils 115,20 Euro zu zahlen. Die zehn Mal jährlich anfallenden Abschläge für Strom, Erdgas, Wasser und Abwasser betrugen im Jahr 2005 insgesamt 283 Euro und im Jahr 2006 insgesamt 352 Euro.

4

Die Beklagte bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 11.1.2005 für die Zeit vom 1.1.2005 bis zum 28.2.2005 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 970,82 Euro, für den Monat März 2005 in Höhe von 923,98 Euro und für die Zeit vom 1.4.2005 bis zum 31.5.2005 in Höhe von 660,58 Euro monatlich. Als Kosten für Unterkunft und Heizung legte die Beklagte eine Kaltmiete in Höhe von 524,40 Euro, Heizkosten in Höhe von 113,16 Euro sowie Nebenkosten in Höhe von 81,80 Euro der Leistungsberechnung zu Grunde. Im anschließenden Widerspruchsverfahren bewilligte sie mit Bescheid vom 3.3.2005 für den Monat März Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 926,43 Euro und für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.5.2005 in Höhe von 592,05 Euro monatlich. Insgesamt wurden für März 2005 Unterkunftskosten in Höhe von 511,69 Euro bewilligt, für April und Mai jeweils 411,05 Euro. Auch hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein.

5

Wegen einer Neuberechnung der Nebenkosten senkte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 8.4.2005 die Leistungen für März 2005 auf 902,17 Euro und für Mai auf 587,87 Euro ab, für April 2005 blieb es bei 592,05 Euro. Nachdem die Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatten, bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 21.4.2005 den Klägern für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 28.2.2005 monatliche Leistungen in Höhe von 1017,50 Euro, für den Monat März in Höhe von 948,57 Euro und für die Monate April und Mai 2005 jeweils 635,38 Euro. Mit Widerspruchsbescheid vom 3.5.2005 verwarf die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 3.3.2005 als unzulässig und wies den Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurück.

6

Mit Bescheid vom 11.5.2005 hat die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1.6.2005 bis zum 30.11.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 635,38 Euro monatlich bewilligt, wobei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 424,38 Euro berücksichtigt wurden. Der Klägerin zu 1, die sich zum 1.8.2005 als Musikerin selbstständig gemacht hat, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.8.2005 Einstiegsgeld nach § 16 Abs 2 Nr 5 und § 29 SGB II für die Zeit vom 1.8.2005 bis 30.11.2005 in Höhe von 279,90 Euro. In dieser Höhe erfolgte auch eine Folgebewilligung für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.1.2006.

7

Mit Bescheid vom 7.11.2005 hat die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1.12.2005 bis zum 31.5.2006 monatliche Leistungen für Kosten der Unterkunft in Höhe von 117 Euro bewilligt. Dabei berücksichtigte sie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 424,38 Euro sowie laufendes Einkommen aus Selbstständigkeit der Klägerin zu 1 in Höhe von 518,38 Euro monatlich. Mit Änderungsbescheid vom 4.1.2006 bewilligte die Beklagte für den Monat Januar Leistungen in Höhe von 635,38 Euro.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 2.3.2006 hat die Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bewilligungsbescheid vom 7.11.2005 zurückgewiesen. Die anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung für den Sieben-Personen-Haushalt der Familie betrügen insgesamt 742,14 Euro. Der Anteil der Kläger belaufe sich auf 424,35 Euro. Schließlich hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.5.2006 den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 4.1.2006 zurückgewiesen.

9

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Beklagte mit Urteil vom 11.7.2006 verurteilt, den Klägern Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Kaltmiete und der anteiligen Kabelgebühren vom 1.1.2005 bis zum 31.1.2006 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Unter Berücksichtigung von zwei Erwachsenen, vier Schulkindern und einem Kleinkind ergebe sich eine angemessene Wohnungsgröße von 130 qm. Zwar wohne die Familie derzeit in einer unangemessen großen Wohnung. Eine andere kostengünstigere Wohnung sei im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht verfügbar und zugänglich gewesen. Da die Kläger mietvertraglich zur Übernahme der Kosten verpflichtet seien, müssten auch die Kosten für den Kabelanschluss übernommen werden.

10

Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die Kläger zu 2 bis 5 ins Rubrum aufgenommen. Die Beteiligten haben sich darauf geeinigt, den Bewilligungsabschnitt vom 1.6.2005 bis zum 30.11.2005 aus dem Berufungsverfahren auszuklammern. Die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 10.6.2008 zurückgewiesen. Das Streitverhältnis sei auf höhere Leistungen für die Unterkunft beschränkt. Nach der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen zum Vollzug des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen sei eine Wohnfläche von 135 qm für einen Haushalt mit sieben Familienmitgliedern als angemessen anzusehen. Eine verwertbare Mietdatenbank zur Frage der Angemessenheit der Miete liege nicht vor. Die von der Beklagten selbst durchgeführten Ermittlungen seien mangelhaft, weil bei der Erhebung nicht nach der Größe der Wohnung differenziert worden sei. Die Beklagte habe nicht die konkreten Wohnflächen festgehalten, sondern lediglich bei einzelnen Anbietern die Anzahl der Zimmer der Wohnungen. Dies lasse jedoch keinen Rückschluss auf die Wohnfläche der betreffenden Wohnungen zu. Bedenklich sei auch die Berechnungsmethode der Beklagten, soweit sie zunächst Durchschnittswerte für die einzelnen Anbieter gebildet habe, um dann aus diesen erneut einen Durchschnitt zu bilden. Ebenfalls bedenklich sei, dass die Beklagte bestimmte Anbieter mit besonders hohen Quadratmeterpreisen ohne nähere Begründung aus ihren Ermittlungen herausgenommen habe. Das untere Segment bestimme sich nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz der betreffenden Wohnungen und nicht allein nach dem Preis. Da die von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen keinen ausreichenden Rückschluss auf den im streitigen Zeitraum angemessenen Quadratmeterpreis erlaubten, müsse vorliegend grundsätzlich der tatsächliche Mietzins als angemessen zu Grunde gelegt werden. Der Senat sehe sich nicht in der Lage, die Ermittlungen der Beklagten aus dem Jahr 2004 für das hier einschlägige Wohnungssegment hinreichend nachzuvollziehen und zu ersetzen. Hinsichtlich des Kabelanschlusses habe der Vermieter klargestellt, dass das Haus der Familie zu einer Wohnanlage gehöre, für die ein einheitlicher Kabelanschlussvertrag bestanden habe.

11

Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten. Das LSG habe zu hohe bzw falsche Anforderungen an die Ermittlungen zum angemessenen Quadratmeterpreis von Mietwohnungen gestellt. Da es für die Stadt Zweibrücken keinen Mietspiegel gebe, habe sie eigene Ermittlungen angestellt, indem sie ein halbes Jahr lang den Wohnungsmarkt - auch unter Berücksichtigung der Wohnungsangebote in der lokalen Zeitung - beobachtet, sich mit einer Vielzahl von Maklern und mit den örtlich vorhandenen größeren Wohnungsbaugesellschaften in Verbindung gesetzt und so die Durchschnittswerte der von diesen angebotenen Wohnungen ermittelt habe. Die vom LSG geforderte Differenzierung nach Wohnungsgrößen würde zu einem unzumutbaren bürokratischen Aufwand führen, weil in aller Regel bei Wohnungsanzeigen lediglich die Anzahl der Zimmer sowie der entsprechende Quadratmeterpreis genannt werde. Auch die anschließend notwendige Eingruppierung der Erkenntnisse nach den einzelnen für unterschiedlich große Bedarfsgemeinschaften angemessenen Wohnungsgrößen führe zu einem nicht zu bewältigenden Verwaltungsaufwand. Des Weiteren wäre wegen der Dynamik am Wohnungsmarkt eine ständige Erhebung erforderlich. Kleineren Bedarfsgemeinschaften wären im Ergebnis höhere Kosten der Unterkunft je Quadratmeter zu bewilligen als größeren. Eine solche Verwaltungspraxis verstoße aber gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art 3 Grundgesetz. Sofern das LSG bemängele, dass die Beklagte bestimmte Anbieter mit besonders hohen Quadratmeterpreisen aus ihren Berechnungen herausgenommen habe, verkenne es, dass die Beklagte berechtigt sei, Vermieter herauszunehmen, die überwiegend Wohnungen im oberen Mietsegment anbieten. Kosten für den Kabelanschluss seien nach Sinn und Zweck nicht von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erfasst.

12

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des SG Speyer vom 11.7.2006 und des LSG Rheinland-Pfalz vom 10.6.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

13

Die Kläger beantragen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

14

Sie halten die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf Grund der Feststellungen des LSG kann nicht abschließend beurteilt werden, in welcher Höhe den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II zustehen.

16

1. Streitgegenstand sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II für die Zeiträume vom 1.1. bis 31.5.2005 und vom 1.12.2005 bis zum 31.1.2006. Zu Recht hat das LSG im Hinblick auf das prozessuale Meistbegünstigungsprinzip (vgl BSGE 97, 217, 219 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 2 f, jeweils RdNr 11) die Kläger zu 2 bis 5 ins Rubrum aufgenommen. Einer Einbeziehung des Ehemannes der Klägerin zu 1 bedurfte es hingegen nicht, weil er gemäß § 7 Abs 4 SGB II nicht leistungsberechtigt war(vgl BSG SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 25 mwN).

17

Entgegen der Auffassung des LSG begehren die Kläger für die streitigen Zeiträume uneingeschränkt höhere Leistungen für den Lebensunterhalt und nicht lediglich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Eine Beschränkung des Streitverhältnisses auf die Leistungen nach § 22 SGB II ist zwar zulässig, weil die Leistungen für Unterkunft und Heizung als dem kommunalen Träger zuzurechnende Leistungen(vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II) einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen können (BSGE 97, 217, 222 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 S 6 f, jeweils RdNr 18 ff). Erforderlich für eine solche Beschränkung ist allerdings, dass sie ausdrücklich (insbesondere durch die Antragstellung) und unmissverständlich erklärt wird. Ansonsten sind bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (vgl nur BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3).

18

Eine diesen Anforderungen genügende, das Streitverhältnis auf die Leistungen nach § 22 SGB II beschränkende Erklärung liegt nicht vor. Die Kläger haben im Verfahren vor dem SG Leistungen nach dem SGB II "unter Berücksichtigung der anteiligen tatsächlichen Kaltmiete und der anteiligen Kabelgebühren sowie der anteiligen tatsächlichen Mietnebenkosten" beantragt. Sie haben damit die Unterkunftskosten lediglich als einen streitigen Berechnungsfaktor besonders hervorgehoben, ohne erkennbar die Überprüfung insgesamt auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränken zu wollen.

19

2. Die Kläger sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 und 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Bei der Bestimmung ihrer Bedarfe ist zunächst für die Klägerin zu 1 eine Regelleistung in Höhe von 311 Euro gemäß § 20 Abs 2 und 3 SGB II(in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), für die Kläger zu 2 und 3 in Höhe von 276 Euro und für die Kläger zu 4 und 5 in Höhe von 207 Euro, § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II, zu Grunde zu legen. Mit Vollendung seines 18. Lebensjahres war der Kläger zu 2 nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004 (BGBl I 2014) nicht mehr Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, sondern bildete eine eigene Bedarfsgemeinschaft, sodass ab diesem Zeitpunkt für ihn eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro in Ansatz zu bringen war. Da die Vorschriften zur Regelleistung und zum Sozialgeld auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09 - SGb 2010, 227) weiterhin anwendbar und der Gesetzgeber nicht zu einer rückwirkenden Neuregelung verpflichtet ist, verbleibt es für den streitigen Zeitraum bei den gesetzlich festgelegten Leistungen.

20

3. In welcher Höhe neben den Bedarfen an Regelleistungen ein nach § 22 SGB II zu deckender Bedarf besteht, kann anhand der Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Welche tatsächlichen Kosten in den hier streitigen Zeiträumen entstanden sind, hat das LSG nicht abschließend festgestellt. Zwar hat das LSG die Kaltmiete seit dem 1.7.2004 mit 812,96 Euro beziffert, dieser Betrag stimmt jedoch mit dem zuvor für dasselbe Datum genannten Betrag von 1540 DM nicht überein. Unklar bleibt auch, ob und welche Abschläge in den streitigen Zeiträumen für Strom, Erdgas, Wasser und Abwasser zu zahlen waren (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 13/08 R - RdNr 16, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

21

Der Beklagten und dem LSG sind im Rahmen der Angemessenheitsprüfung gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II bei der Bestimmung des Bedarfs der Kläger für die Unterkunft Rechtsfehler unterlaufen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ist unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren (vgl BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19 ff; stRspr zuletzt Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R): Nach der in einem ersten Schritt vorzunehmenden Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und des Wohnungsstandards ist in einem zweiten Schritt festzustellen, welcher räumliche Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der Angemessenheit maßgebend ist. Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine abstrakt angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Abschließend ist zu prüfen, ob der Hilfesuchende eine solchermaßen abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte anmieten können, ob also eine konkrete Unterkunftsalternative bestanden hat. Diese Prüfung haben weder die Beklagte noch das LSG rechtsfehlerfrei vorgenommen.

22

a) Angemessen war bis zum 2005, dem Datum des Eintritts der Volljährigkeit des Klägers zu 2, für eine aus fünf Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine Wohnungsgröße von 105 qm, danach von 90 qm für die Bedarfsgemeinschaft, die die Klägerin zu 1 weiter mit den Klägern zu 3 bis 5 bildete und für den Kläger zu 2 als gesonderte Bedarfsgemeinschaft eine Wohnungsgröße von 45 qm. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisquellen grundsätzlich nach den Werten, die die Länder auf Grund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) bzw ehedem auf Grund des § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues (Wohnungsbauförderungsgesetz - WoBauFördG 1994) vom 6.6.1994 (BGBl I 1184) festgelegt haben (BSGE 97, 254, 258 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 32, jeweils RdNr 19; krit BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 15 ff). In Rheinland-Pfalz ist bis Februar 2007 mit den als Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Finanzen vom 20.12.2004 (MinBl 2005, 116) ergangenen Wohnraumförderungsbestimmungen lediglich eine landesrechtliche Regelung nach § 5 Abs 2 WoFG erlassen worden, nicht jedoch eine Regelung nach § 10 Abs 1 WoFG. Das LSG ist deshalb zutreffend von der Fortgeltung der Verwaltungsvorschrift des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen zum Vollzug des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen vom 17.12.1991 (MinBl 1992, 36) ausgegangen, die in Ziffer 5.10 bestimmt, dass für eine Einzelperson eine Fläche von bis zu 45 qm, für einen Haushalt mit vier Familienmitgliedern eine Fläche von bis zu 90 qm und für jedes weitere Familienmitglied weitere 15 qm als in der Regel angemessen anzusehen ist (vgl bereits Urteil des Senats vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine vom Regelfall abweichende Beurteilung der flächenmäßigen Angemessenheit ist nicht geboten.

23

Abzustellen ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nicht auf die Zahl der Familienmitglieder, die eine Wohnung gemeinsam nutzen, sondern allein auf die Zahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Frage der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft stets nur im Hinblick auf den Hilfebedürftigen nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden kann (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21). Nur für diesen Personenkreis ergeben sich durch dieses Kriterium Begrenzungen. Zwar stellen die einschlägigen Wohnraumförderungsbestimmungen auf die Zahl der Haushaltsmitglieder ab. Abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs 5 SGB II, die eine gesetzliche Vermutungsregel für die Berücksichtigung von Einkommen enthält(vgl näher Urteil des Senats vom heutigen Tag - B 14 AS 32/08 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), kennt das SGB II die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft aber nicht. Rechtlich relevant ist im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Personenmehrheit ansonsten nur dann, wenn sie eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs 3 SGB II bildet. Insofern gelten für den Fall, dass verwandte Personen eine Wohnung gemeinsam nutzen, keine Besonderheiten. Nur soweit die enumerativ genannten Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft vorliegen, ist die Anzahl der einbezogenen Familienmitglieder bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße zu berücksichtigen. Da es sich bei der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße lediglich um eine Bezugsgröße für die nach der Produkttheorie zu ermittelnde Angemessenheit der Kosten handelt, ist mit ihrer Bestimmung keine Aussage darüber verbunden, welche Wohnfläche die gesamte Familie - unter Einschluss auch der nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Mitglieder - tatsächlich nutzen kann.

24

Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 9). Die auf die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen. Diese sind jeweils nur für die Bedarfsgemeinschaft festzustellen. Für die Bedarfsgemeinschaft, die der Kläger zu 2 ab seiner Volljährigkeit bildete, ist die Angemessenheit des auf ihn nach Kopfzahlen entfallenden Anteils gesondert festzustellen. Dabei ist als Rechengröße die für eine Einzelperson angemessene Wohnfläche zu Grunde zu legen. Eine ungerechtfertigte Besserstellung des Klägers zu 2 ergibt sich hieraus nicht, weil er nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II (in der bis zum 30.6.2006 geltenden Fassung) nicht mehr der durch besondere Verbundenheit und erhöhte gegenseitige Verantwortlichkeit gekennzeichneten Bedarfsgemeinschaft mit seiner Mutter und seinen Geschwistern angehörte (vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 22).

25

b) Zutreffend ist das LSG - zumindest konkludent - vom Gebiet der Stadt Zweibrücken als dem für die Bestimmung der preislichen Angemessenheit zutreffenden räumlichen Vergleichsmaßstab ausgegangen. Das BSG hat bereits wiederholt entschieden, dass der räumliche Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfesuchende im Regelfall ihr soziales Umfeld beizubehalten vermögen. Deshalb ist für den räumlichen Vergleichsmaßstab in erster Linie der Wohnort des Hilfesuchenden maßgebend (BSGE 97, 231, 238 f = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 S 23 f, jeweils RdNr 24; BSGE 97, 254, 260 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 33, jeweils RdNr 21). Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr 21). Der Senat hat bereits entschieden, dass die kreisfreie Stadt Zweibrücken mit ca 35 000 Einwohnern als räumlicher Vergleichsmaßstab gilt (Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R).

26

c) Auch wenn von dem Gebiet der Stadt Zweibrücken als dem räumlichen Vergleichsmaßstab auszugehen ist, lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) im streitgegenständlichen Zeitraum mangels ausreichender Feststellungen revisionsgerichtlich nicht bestimmen. Zu Grunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231, 238 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 S 23, jeweils RdNr 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254, 259 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3 S 32, jeweils RdNr 20). Um ausgehend davon den angemessenen Quadratmeterpreis zu ermitteln, ist es nicht erforderlich, auf einfache oder qualifizierte Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzustellen bzw solche Mietspiegel erstellen zu lassen, soweit sie insbesondere im ländlichen Raum fehlen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss allerdings auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, RdNr 16; vgl auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 7 S 66 RdNr 23). Dabei müssen die Faktoren, die das Produkt "Mietpreis" bestimmen, in die Auswertung eingeflossen sein (zu den Anforderungen im Einzelnen vgl Urteile des BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - und vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R -; Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven, DSGT-Praktikerleitfaden, S 87 ff).

27

Das Konzept der Beklagten bzw des kommunalen Trägers, dessen Aufgaben von ihr wahrgenommen werden, wird diesen Anforderungen in mehreren Punkten nicht gerecht. Der Senat hat hierzu bereits mit Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R -, das den Zeitraum vom 1.4. bis 30.9.2005 betraf, entschieden und dabei sowohl bemängelt, dass bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises nicht nach Wohnungsgrößen differenziert wurde, als auch, dass die Beklagte bei der Bildung des Richtwerts bestimmte Wohnungsanbieter von vornherein außer Betracht gelassen hat sowie zunächst anbieterbezogene Durchschnittswerte und aus diesen Durchschnittswerten dann wiederum ein arithmetisches Mittel gebildet hat.

28

Der Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die Verwaltung grundsätzlich die Entscheidung über das Vorgehen bei der Ermittlung der angemessenen Wohnungskosten auf Grund eines die lokalen Marktgegebenheiten berücksichtigenden schlüssigen Konzepts trifft. Ob anlässlich der später im Jahr 2006 seitens der Beklagten durchgeführten (Nach-)Ermittlungen die soeben beschriebenen Schwächen des Konzepts (vollständig) behoben worden und ggf die Erhebungen auf die streitigen Zeiträume übertragbar sind, kann hier ebenso wenig wie in dem am 20.8.2009 entschiedenen Fall abschließend beurteilt werden. Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass das Fehlen eines schlüssigen Konzepts für die Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises, wie im vorliegenden Falle, im Endergebnis dazu führen kann, dass das Tatsachengericht auch den tatsächlichen Quadratmeterpreis ohne weitere Prüfung als angemessen zu Grunde legen darf, wie es das LSG im vorliegenden Falle getan hat.

29

Allerdings sind die Kosten der Unterkunft in einem solchen Fall nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz (WoGG aF). Diese Konsequenz aus der Nichterbringbarkeit eines schlüssigen Konzepts kann das Gericht allerdings erst ziehen, wenn es zuvor (erfolglos) den Versuch unternommen hat, die insoweit unzulänglichen Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 2.7.2009, B 14 AS 33/08 R). Das LSG wird dementsprechend zunächst noch weitere Ermittlungen anzustellen haben, ob und inwieweit die von den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum geleisteten Aufwendungen für die Unterkunft angemessen gewesen sind. Es wird nach der Logik der Verteilung der Verantwortung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts zunächst die Ermittlungen der Beklagten aufgreifen und diese ggf um ihre konzeptionellen Schwächen bereinigen können. Es wird überdies zB - soweit vorhanden - auch auf private Mietdatenbanken zurückgreifen können, die die Voraussetzungen der §§ 558c, 558d BGB nicht erfüllen, aber dazu geeignet sind, zumindest annäherungsweise Aufschluss über die Angemessenheit zu geben(vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 149, RdNr 16). Gegebenenfalls kann es sich auch selbst eines Sachverständigen bedienen. Erst wenn diese Ermittlungen zu keinem weiteren Erfolg führen, kann, wovon das LSG im Grundsatz zu Recht ausgegangen ist, eine Verurteilung der Beklagten zur Tragung der tatsächlichen Aufwendungen der Kläger erfolgen.

30

Das LSG wird, nachdem es die Angemessenheit der Unterkunftskosten abstrakt bestimmt hat, gegebenenfalls auch festzustellen haben, ob sich den Klägern im streitgegenständlichen Zeitraum eine konkrete Unterkunftsalternative geboten hat (vgl BSGE 97, 254, 260 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 S 33, jeweils RdNr 22; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, FEVS 60, 145, 150, RdNr 19).

31

4. Das LSG wird schließlich zu prüfen haben, ob und ggf in welcher Höhe den Bedarfen der Kläger zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gegenüberstand. Ebenso wird es zu überprüfen haben, ob, soweit Änderungsbescheide zu Leistungskürzungen führten, die Voraussetzungen für eine Änderung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide zu Lasten der Kläger vorlagen.

32

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufgehoben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu zwei Dritteln, im Übrigen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten sind - nach einem Teilvergleich der Beteiligten im Termin vor dem Senat - höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Kläger im Januar und Februar 2011.

2

Die miteinander verheirateten Kläger lebten gemeinsam mit ihrem unverheirateten 21-jährigen Sohn in einer nur von ihnen gemieteten Wohnung. Alle drei bezogen zunächst als Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom beklagten Jobcenter. Nachdem der Sohn ein Gewerbe angemeldet hatte, war er vom Beklagten vergeblich zur Abgabe einer Erklärung zum Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit aufgefordert worden. Wegen fehlender Mitwirkung des Sohns versagte der Beklagte zunächst allen dreien Leistungen ab Oktober 2010 (Bescheid vom 29.9.2010). Auf die Widersprüche der Kläger hiergegen bewilligte er ihnen vorläufig Alg II (Bescheid vom 15.10.2010 für die Zeit vom 1.10.2010 bis 31.3.2011, Änderungsbescheide vom 10.2.2011 und 26.3.2011). Dabei berücksichtigte der Beklagte bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin nur den jeweiligen Kopfteil der Kläger an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, nicht den "fehlenden" Kopfteil ihres Sohns. Deren hiergegen erhobene Widersprüche, mit denen sie höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für sich wegen der Leistungsversagung gegenüber ihrem Sohn begehrten, blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.3.2011). Für Januar und Februar 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern abschließend Alg II (Änderungsbescheid vom 31.3.2011), erneut ohne Berücksichtigung des Kopfteils des Sohns als Bedarf der Kläger. Seit März 2011 leben die Kläger ohne ihren Sohn in einer anderen Wohnung.

3

Die auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftsaufwendungen gerichteten Klagen hat das SG abgewiesen (Urteil vom 10.2.2014). Auf die Berufungen der Kläger hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu bewilligen (Urteil vom 9.2.2017): Deren Anspruch auf Leistungen für die tatsächlichen, angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sei nicht durch das Kopfteilprinzip begrenzt. Zur Vermeidung einer Bedarfsunterdeckung sei wie bei einem Wegfall der Leistungen für Unterkunftsaufwendungen im Rahmen von Sanktionen (§§ 31 ff SGB II; Hinweis auf BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68) auch bei einer Versagung wegen fehlender Mitwirkung (§ 66 SGB I) eine Abweichung vom Kopfteilprinzip erforderlich.

4

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Entgegen der Auffassung des LSG sei die Rechtsprechung des BSG zur Abweichung vom Kopfteilprinzip bei Sanktionen vorliegend nicht auf die Versagung übertragbar, denn wegen seiner fehlenden Mitwirkung sei ungewiss, ob der Sohn seinen Kopfteil an den Unterkunftsaufwendungen aus eigenem Einkommen habe tragen können.

5

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 9. Februar 2017 aufzuheben und die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 10. Februar 2014 zurückzuweisen.

6

Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet und das Urteil des LSG ist aufzuheben. Auf die Revision des Beklagten sind die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des SG zurückzuweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG), weil ihnen kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zusteht.

8

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des LSG, das auf die Berufungen der Kläger das Urteil des SG aufgehoben und den Beklagten zur Bewilligung weiterer Leistungen verurteilt hat, und das klageabweisende Urteil des SG, dessen Wiederherstellung der Beklagte durch Zurückweisung der Berufungen der Kläger erstrebt. Mit ihren Klagen begehren die Kläger höhere als die ihnen zuletzt bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitgegenstands auf die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vgl nur BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff). Streitiger Zeitraum ist nach dem Teilvergleich der Beteiligten vor dem Senat nur noch Januar und Februar 2011.

9

Gegenstand des Verfahrens ist insoweit allein der Bescheid vom 31.3.2011, durch den der Beklagte trotz seiner Bezeichnung als Änderungsbescheid für Januar und Februar 2011 eine abschließende Entscheidung über Alg II getroffen hat (zur Auslegung eines Änderungsbescheids als "abschließende Entscheidung" vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 31/14 R - SozR 4-4200 § 40 Nr 9 RdNr 26; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 14), die die letzte vorläufige Entscheidung für diese Monate durch Änderungsbescheid vom 26.3.2011 nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30.3.2011 und noch vor Klageerhebung ersetzte und erledigte (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; vgl BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 14; BSG vom 5.7.2017 - B 14 AS 36/16 R - SozR 4-1500 § 86 Nr 3 RdNr 15; zur Einbeziehung auch von Bescheiden zwischen Erlass des Widerspruchsbescheids und Klageerhebung vgl Klein in jurisPK-SGG, 2017, § 96 RdNr 22; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 96 RdNr 2, 3a).

10

2. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die für Januar und Februar 2011 mit den insoweit statthaften kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG) begehrten höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Abweichung vom Kopfteilprinzip.

11

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs der Kläger, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, aber keinen Ausschlusstatbestand erfüllten und in Bedarfsgemeinschaft miteinander lebten, ist § 19 Abs 1 Satz 1 und 3 iVm § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der ab 1.1.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f). Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

12

3. Nach den Feststellungen des LSG waren die tatsächlichen Aufwendungen für die (auch) von den Klägern genutzte Wohnung angemessen und sind vom Beklagten in voller Höhe im Bescheid vom 31.3.2011 als Bedarf anerkannt sowie der Berechnung des Leistungsanspruchs zugrunde gelegt worden. Indes lebten die beiden Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht allein in der Wohnung, sondern gehörte dem Haushalt als Dritter ihr gemeinsamer volljähriger, unter 25 Jahre alter Sohn an, weshalb ihnen als ihre beiden Kopfteile zu Recht nur zwei Drittel der gesamten Unterkunftsaufwendungen bewilligt worden sind. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist vorliegend von dem hinter dieser Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen stehenden Kopfteilprinzip nicht deshalb zugunsten der Kläger abzuweichen, weil ihrem Sohn wegen dessen fehlender Mitwirkung bei der Einkommensprüfung Leistungen versagt worden sind.

13

a) Das im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II anzuwendende Kopfteilprinzip zielt bei der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen auf die grundsicherungsrechtliche Zuweisung individueller Bedarfe für alle Personen. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht nur für Personen anerkannt, soweit diese zu Zahlungen für Unterkunft und Heizung schuldrechtlich gegenüber Dritten verpflichtet sind, während für rechtlich hierzu nicht Verpflichtete keine Bedarfe anerkannt werden. Vielmehr soll durch die Aufteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Kopfteilen für alle gemeinsam eine Wohnung nutzenden Personen die Zuweisung eines individuellen Bedarfs für Unterkunft und Heizung in grundsätzlich gleicher Höhe erreicht werden (vgl dazu und zu den Folgen für den individuellen Leistungsanspruch insbesondere von Kindern Harich in jurisPR-SozR 17/2013 Anm 1).

14

b) Diese bedarfsbezogene Herleitung ist prägend für die Rechtsprechung des BSG zur Anwendung des Kopfteilprinzips im SGB II wie auch zu dessen Ausnahmen (zur Rechtsprechung des BVerwG, an die das BSG anknüpfte, vgl BVerwG vom 21.1.1988 - 5 C 68.85 - BVerwGE 79, 17).

15

Nach dieser sind die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen, nutzt, und es gilt dies unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Die individuelle Bedarfszuweisung nach Kopfteilen ist verwaltungspraktikabel und folgt der Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl nur BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 18; BSG vom 22.8.2013 - B 14 AS 85/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 71 RdNr 20 ff; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 16; zur Anwendung des Prinzips auch bei Nachforderungen für Unterkunft und Heizung und selbst nach Auszug: BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 13/16 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 92 RdNr 16; anders, wenn der Nutzung andere bindende vertragliche Regelungen zugrunde liegen: BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 63 RdNr 25 ff; BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 161/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 66 RdNr 16; zur Kritik am Kopfteilprinzip vgl Schürmann, SGb 2010, 166; zur vom Kopfteilprinzip abweichenden Aufteilung beim Kinderzuschlag nach § 6a BKGG vgl BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 23 ff).

16

c) Bei der Bedarfszuweisung durch Aufteilung der Aufwendungen nach Kopfteilen im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II handelt es sich um eine generalisierende und typisierende Annahme, die jedoch nicht gesetzlich als den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung begrenzend festgeschrieben ist(BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 19; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 17). Demgemäß hat das BSG schon mehrfach Abweichungen vom Kopfteilprinzip als möglich und notwendig angesehen (vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 20 mwN; BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 27 f).

17

d) In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der 4. Senat des BSG für den Sonderfall, dass bei einem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft aufgrund einer Sanktion nach §§ 31 ff SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung weggefallen sind, eine Abweichung vom Kopfteilprinzip hinsichtlich der weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitglieder aus bedarfsbezogenen Gründen bejaht. Diese könnten nicht darauf verwiesen werden, von einem Dritten seinen Anteil zu verlangen, wenn das Jobcenter mit bestandskräftigem Bescheid den vollständigen Wegfall der Leistungen für Unterkunft und Heizung verfügt und der Dritte auch kein Einkommen oder Vermögen habe, aus dem er seinen Anteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bestreiten könne (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 14, 21 f). Dem hat sich der erkennende Senat angeschlossen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 19).

18

Diese Abweichung vom Kopfteilprinzip und die aus ihr folgende Erhöhung der Einzelansprüche auf Leistungen für Unterkunft und Heizung setzt voraus, dass sie aus bedarfsbezogenen Gründen geboten ist (BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 21 f; BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14). Verfügt das dritte Bedarfsgemeinschaftsmitglied, für das Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nicht erbracht werden, über Einkommen oder Vermögen, aus dem es seinen Kopfteil - oder ggf Teile davon - bestreiten kann, ist insoweit eine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen nicht geboten, denn es ist nicht Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende, wirtschaftlich leistungsfähigen Dritten ein kostenfreies Wohnen zu ermöglichen (BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 14, 22).

19

Zur Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens des Dritten ist auf §§ 11 ff SGB II abzustellen, weil nur in Höhe der Differenz zwischen seinem Kopfteil und des von ihm einzusetzenden Einkommens oder Vermögens ein ungedeckter Bedarf vorliegt, der eine entsprechende Abweichung vom Kopfteilprinzip und höhere Leistungen an die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft aus den genannten bedarfsbezogenen Gründen rechtfertigt(BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 23).

20

e) Aufgrund des Versagungsbescheids des Beklagten vom 29.9.2010 sind dem Sohn der Kläger zwar im Januar und Februar 2011 keine Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden. Doch war nach den Feststellungen des LSG Anlass hierfür dessen fehlende Mitwirkung bei der Prüfung, ob und ggf in welchem Umfang er über zu berücksichtigendes Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit verfügte. Aufgrund dieser fehlenden, nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG zudem nicht nachgeholten Mitwirkung ist ungewiss, ob überhaupt und ggf in welchem Umfang der Kopfteil des Sohns bei einer Abweichung vom Kopfteilprinzip bei den Klägern zu berücksichtigen sein könnte, ob und ggf inwieweit bei ihnen also ein ungedeckter Bedarf verblieben ist (vgl zum Kindergeld des sanktionierten volljährigen Kindes BSG vom 2.12.2014 - B 14 AS 50/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 82 RdNr 24).

21

f) Diese Ungewissheit über die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II bei Versagungen nach § 66 SGB I wegen fehlender Mitwirkung bei der Feststellung zu berücksichtigenden Einkommens rechtfertigt, anders als beim durch das Jobcenter verfügten Wegfall des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunftsaufwendungen nach §§ 31 ff SGB II, keine Abweichung vom Kopfteilprinzip aus bedarfsbezogenen Gründen. Ist die Hilfebedürftigkeit eines dritten Haushaltsmitglieds, bei deren Vorliegen dessen Kopfteil als Bedarf anerkannt und übernommen würde, ungeklärt, lässt dies den Bedarf der anderen Mitglieder unberührt. Dies unterscheidet Versagungen von Sanktionen, weil aufgrund dieser vorübergehend trotz Hilfebedürftigkeit des Dritten dessen Bedarf für Unterkunft und Heizung nicht übernommen wird. Die Folgen des "fehlenden" Kopfteils für die anderen Mitglieder des Haushalts aufgrund einer Versagung gegenüber einem dritten Mitglied, weil dieses die ua in §§ 60 ff SGB I iVm § 9 und §§ 11 ff SGB II zum Ausdruck kommenden Verhaltenserwartungen nicht erfüllt, sind nicht durch höhere Einzelansprüche der anderen Haushaltsmitglieder auszugleichen(dazu im Einzelnen 4. und 5.).

22

4. Dies gilt auch dann, wenn die Mitglieder des Haushalts mit dem Dritten, ist dieser hilfebedürftig, eine Bedarfsgemeinschaft bilden würden. Werden die mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II verbundenen rechtlichen Erwartungen nicht erfüllt, "funktioniert" die Bedarfsgemeinschaft nicht (zum Begriff "funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 15; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10, RdNr 41; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 48; zum Begriff "nicht-funktionierende" Bedarfsgemeinschaft vgl Peters in Estelmann, SGB II, § 9 RdNr 62, Stand März 2016; jeweils zur Frage der Verteilung der Mittel in der Bedarfsgemeinschaft). Mit dem Konzept der Bedarfsgemeinschaft im SGB II als typisierte Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft ist verbunden, dass die häusliche familiäre Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein kann, weil anzunehmen ist, dass deren Mitglieder in besonderer Weise füreinander einstehen und bereit sind, ihren Lebensunterhalt auch jenseits zwingender rechtlicher Verpflichtungen gegenseitig zu sichern (vgl BVerfG vom 27.7.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 RdNr 53, 63; zu den Anforderungen an einen Haushalt von Eltern mit einem volljährigen Kind als eine Bedarfsgemeinschaft vgl BSG vom 14.3.2012 - B 14 AS 17/11 R - BSGE 110, 204 = SozR 4-4200 § 9 Nr 10, RdNr 23 ff). Werden diese rechtlichen Erwartungen tatsächlich nicht erfüllt, führt dies grundsätzlich nicht zu höheren Leistungsansprüchen für einzelne Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Doch berechtigt dies zur Auflösung des gemeinsamen Haushalts und damit der Bedarfsgemeinschaft, selbst wenn das im Einzelfall zu höheren individuellen Leistungsansprüchen führen kann (vgl dazu BVerfG, aaO, RdNr 64 ff; BSG, aaO, RdNr 30). Hierbei kommt auch die Inanspruchnahme der Beratung und Unterstützung durch das Jobcenter, insbesondere in den Fällen eines Eltern-Kind-Konflikts, in Betracht (vgl dazu Breitkreuz in BeckOK, SGB II, § 22 RdNr 8b, Stand September 2017).

23

Dies gilt auch vorliegend: Würde der Sohn der Kläger über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht Mitglied ihrer Bedarfsgemeinschaft gewesen, gleichwohl aber Mitglied des gemeinsamen Haushalts, weshalb die Kläger weiterhin nur einen Anspruch auf zwei Drittel der Unterkunftsaufwendungen gehabt hätten - soweit dem aufgrund der Einkommenshöhe nicht die Vermutung nach § 9 Abs 5 SGB II entgegen gestanden hätte, dass sie Leistungen vom Sohn erhalten. Würde dieser nicht oder nur teilweise über seinen Bedarf deckendes Einkommen verfügt haben, wäre er nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Kläger gewesen und hätten diese einen Anspruch auf ihre beiden Kopfteile der Unterkunftsaufwendungen gehabt. Würde in der ersten Konstellation der dem Haushalt angehörige, nicht hilfebedürftige Sohn seinen Kopfteil aus Einkommen nicht beigetragen haben, hätte dies den Leistungsanspruch der hilfebedürftigen Kläger nicht erhöht. Soweit der Sohn selbst bei Hilfebedürftigkeit in der zweiten Konstellation wegen der Versagung seinen Kopfteil aus Leistungen nicht beigetragen hat, ändert auch dies nichts am Anspruch der Kläger nur auf ihre Kopfteile. Auf den "fehlenden" Kopfteil, wenn dessen Tragung durch den Sohn aus Einkommen oder aus Leistungen nicht erreicht werden kann, ist in der einen wie der anderen Konstellation nicht durch höhere Leistungen für die Kläger zu reagieren. Das LSG musste deshalb auch keine Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens des Sohns anstellen.

24

5. Die Ablehnung eines höheren Anspruchs der Kläger auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Abweichung vom Kopfteilprinzip steht weder im Widerspruch zur dargestellten Rechtsprechung des BSG, die vorübergehend höhere Ansprüche bei Sanktionen gegenüber Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt hat, noch zur Rechtsprechung des Senats, nach der vom Kopfteilprinzip abzuweichen ist, wenn ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft die Wohnung über einen Zeitraum nicht nutzt, der auch zu einem Ausschluss von Leistungen nach § 7 Abs 4, 4a SGB II führt(Ortsabwesenheit eines Bedarfsgemeinschaftsmitglieds: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 19; im Pflegeheim lebendes Bedarfsgemeinschaftsmitglied: BSG vom 16.4.2013 - B 14 AS 71/12 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 12 RdNr 23).

25

Der Hintergrund für diese vom Kopfteil als Maßstab für die Aufteilung der Unterkunftsaufwendungen bestehenden Ausnahmen ist die Sicherung des Grundbedürfnisses Wohnen, die in diesen Fällen nur über Ansprüche der jeweiligen leistungsberechtigten Person sichergestellt werden kann (BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 40/15 R - SozR 4-1500 § 75 Nr 24 RdNr 43). So liegt es vorliegend indes nicht. Denn in den streitigen Monaten lebte der Sohn der Kläger weiterhin mit diesen in einem Haushalt und nutzte gemeinsam mit ihnen die Wohnung, die seinen aktuellen Unterkunftsbedarf deckte, und bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit in diesen Monaten konnte sein aktueller anteiliger Unterkunftsbedarf durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II sichergestellt werden. Die Erbringung dieser Leistungen war zudem trotz der Versagung noch durch Nachholung der Mitwirkung erreichbar (§ 67 SGB I).

26

6. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger aus anderen Gründen als einer Abweichung vom Kopfteilprinzip Anspruch auf höhere als die ihnen bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung haben könnten, lassen sich weder den Feststellungen des LSG noch dem Vorbringen der Beteiligten entnehmen. Insbesondere lässt sich den ungerügt gebliebenen Feststellungen des LSG nicht entnehmen, dass der gemeinsamen Nutzung der Wohnung durch die Kläger und ihren Sohn bindende vertragliche Regelungen zwischen den Familienmitgliedern zugrunde lagen, die für eine Abweichung vom Kopfteilprinzip streiten könnten.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG. Der Teilkostenerstattung für das Widerspruchsverfahren liegt zugrunde, dass der Beklagte zunächst auch gegenüber den Klägern wegen fehlender Mitwirkung ihres Sohns Leistungen ganz versagt hatte, weshalb die auf deren Widersprüche hiergegen ergangene Leistungsbewilligung eine Teilabhilfe ist (vgl § 63 SGB X).

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Mai 2016 geändert und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 zurückgewiesen.

Die Revision des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat den Klägern die Kosten des Rechtsstreits für alle drei Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens in einer abschließenden Entscheidung nach einer vorläufigen Entscheidung und insbesondere die Frage, ob das beklagte Jobcenter bei dieser Berechnung von einem Durchschnittseinkommen ausgehen durfte oder den Klägern unter Zugrundelegung ihres tatsächlichen monatlichen Einkommens für Mai und August 2012 höhere Leistungen zustehen.

2

Die beiden 1952 und 1956 geborenen Kläger sind verheiratet und bezogen wegen ihrer ausgeübten geringfügigen Beschäftigungen mit schwankenden Einkommen ergänzend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit Bescheid vom 1.2.2012 bewilligte der Beklagte ihnen Alg II für die Zeit vom 1.3. bis 31.8.2012 in Höhe von insgesamt 846,60 Euro monatlich vorläufig. Dabei legte er einen Gesamtbedarf von 1008,56 Euro zugrunde (Regelbedarf von jeweils 337 Euro zuzüglich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 334,56 Euro, ohne die für einen Stellplatz in Höhe von 5 Euro). Als Einkommen berücksichtigte er ein aus den Einkommensbescheinigungen der Monate Juli bis Dezember 2011 ermitteltes Durchschnittseinkommen von 161,96 Euro.

3

Nachdem die Kläger Bescheinigungen über ihre von Februar bis Juli 2012 tatsächlich erzielten Einkommen, die jeweils im Folgemonat ausgezahlt worden waren, vorgelegt hatten, errechnete der Beklagte daraus ein monatliches Durchschnittseinkommen von 121,72 Euro. Dieses legte er seinem Bescheid vom 4.9.2012 zugrunde, mit dem er für die Zeit vom 1.3. bis 31.8.2012 den Klägern insgesamt monatlich Alg II in Höhe von 886,84 Euro abschließend bewilligte und 40,24 Euro pro Monat nachzahlte. Die Widersprüche der Kläger wurden zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 4.12.2012).

4

Auf ihre Klagen mit dem auf höhere Leistungen für Mai und August 2012 beschränkten Begehren hat das SG den Klägern unter Zugrundelegung des tatsächlich in diesen Monaten zu berücksichtigenden Erwerbseinkommens von 79,24 Euro für Mai und von 117,03 Euro für August weitere Leistungen für Mai 2012 in Höhe von 42,48 Euro und für August 2012 in Höhe von 4,69 Euro zugesprochen. Für eine Berechnungsweise auf Basis eines Durchschnittseinkommens gebe es keine hinreichende Rechtsgrundlage (Urteil vom 12.6.2015). Auf die Beschwerde des Beklagten hat das LSG die Berufung gegen das Urteil des SG zugelassen, die nur der Beklagte eingelegt hat. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die endgültige Höhe der den Klägern für die Monate Mai und August 2012 zu gewährenden Grundsicherungsleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen ist die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen worden (Urteil vom 25.5.2016). Die Kläger hätten ihr Klagebegehren rechtlich zulässig auf die Monate Mai und August 2012 beschränkt, sie hätten jedoch keinen Anspruch auf die begehrten höheren Leistungen, denn es habe im Ermessen des Beklagten gestanden, die Leistungshöhe bei der abschließenden Entscheidung auf der Basis des tatsächlich erzielten Durchschnittseinkommens zu bemessen. § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V aF beinhalte eine Ermächtigung für den Leistungsträger, nach pflichtgemäßem Ermessen eine endgültige Leistungsfestsetzung nach § 40 SGB II aF iVm § 328 SGB III abweichend vom Zuflussprinzip auf der Basis eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens vorzunehmen. Allerdings erweise sich der Bescheid vom 4.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2012 deshalb als rechtswidrig, weil der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen bei der abschließenden Entscheidung nach Durchschnittseinkommen keinen Gebrauch gemacht habe.

5

Sowohl die Kläger als auch der Beklagte haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Kläger rügen eine Verletzung von § 11 Abs 1, § 13 SGB II iVm § 2 Abs 3 Alg II-V aF. Für eine Bestimmung des Einkommens in Abweichung des gesetzlich verankerten Monatsprinzips durch Bildung eines Durchschnittseinkommens fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Eine solche ergebe sich nicht aus § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V aF, weil diese Bestimmung sich nur auf eine in die Zukunft gerichtete Berechnung auf der Grundlage eines Durchschnittseinkommens beziehe. Demgegenüber vertritt der Beklagte die Ansicht, das LSG habe § 13 SGB II iVm § 2 Abs 3 Alg II-V aF verkannt. Er sei ohne Pflicht zur Ermessensausübung einschränkungslos dazu berechtigt gewesen, bei der Berechnung des Leistungsanspruchs ein Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen, was sich insbesondere aus dem Anliegen der Verwaltungsvereinfachung ergebe. Soweit im Wortlaut des § 2 Abs 3 Satz 1 Alg II-V aF das Wort "kann" auftauche, handele es sich nicht um ein Ermessens-Kann, sondern um ein sog Kompetenz-Kann, durch das der Verwaltung die Befugnis eingeräumt werde, eine bestimmte Maßnahme durchzuführen.

6

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Mai 2016 zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 zurückzuweisen.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen und das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Mai 2016 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 12. Juni 2015 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

8

Die Kläger beantragen,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen der Kläger sind begründet, denn sie haben Anspruch auf das begehrte höhere Alg II für die Monate Mai und August 2012. Das Urteil des LSG ist entsprechend zu ändern, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und das Urteil des SG zu bestätigen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das beklagte Jobcenter durfte bei seiner abschließenden Entscheidung der Leistungsberechnung kein Durchschnittseinkommen zugrunde legen, sodass es auf die Frage der Ermessensausübung nicht ankommt und die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen ist (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

10

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind das Urteil des LSG, das für die Kläger positive Urteil des SG sowie der Bescheid des Beklagten vom 4.9.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2012 und die in diesem Bescheid festgesetzte endgültige Höhe des den Klägern für die Monate Mai und August 2012 zu gewährenden Alg II. Die früheren Bescheide über die vorläufige Alg II-Bewilligung an die Kläger haben sich durch diesen Bescheid erledigt (§ 39 Abs 2 SGB X; vgl letztens etwa BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - vorgesehen für SozR 4-4225 § 1 Nr 3, RdNr 14).

11

2. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse oder gerügte Verfahrensmängel stehen einer Entscheidung des Senats nicht entgegen. Ihr Begehren verfolgen die Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Eine Beschränkung ihres Begehrens auf einzelne Monate des im angefochtenen Bescheid geregelten Bewilligungsabschnitts ist zulässig, weil das SGB II von einer monatsweisen Berechnung und Bewilligung der Leistungen im Regelfall ausgeht (§ 41 Abs 1 SGB II).

12

3. Rechtsgrundlage für das von den Klägern für Mai und August 2012 beanspruchte höhere Alg II bei der abschließenden Entscheidung für den vom angefochtenen Bescheid vom 4.9.2012 umfassten Bewilligungszeitraum von März bis August 2012 sind § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II iVm § 328 SGB III und §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in der Neufassung vom 13.5.2011 (BGBl I 850 - im Folgenden SGB II aF). Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ("Geltungszeitraumprinzip", vgl zuletzt BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, RdNr 15). Nicht anzuwenden ist der mit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016 (BGBl I 1824 - im Folgenden: 9. SGB II-ÄndG) eingeführte § 41a SGB II ("Vorläufige Entscheidung"), weil die Übergangsregelungen zu dieser Vorschrift in § 80 Abs 2 SGB II die vorliegende Fallgestaltung nicht erfassen, in der eine abschließende Entscheidung schon getroffen worden ist.

13

4. Die Voraussetzungen für eine abschließende nach einer vorläufigen Entscheidung nach § 40 Abs 2 Nr 1 SGB II aF iVm § 328 Abs 2, 3 SGB III sind erfüllt, weil die vorläufige Entscheidung aufgrund der von den Klägern erzielten Einkommen zu ändern war.

14

5. Die Begehren der Kläger auf höheres Alg II für Mai und August 2012 sind, wie das SG zu Recht entschieden hat, begründet und der angefochtene Bescheid ist zu ändern.

15

Die Kläger erfüllten nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II hinsichtlich des Alters, der Erwerbsfähigkeit, der Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland; ein Ausschlusstatbestand nach § 7 SGB II lag nicht vor. Sie bildeten als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 SGB II).

16

Der Gesamtbedarf der Kläger betrug, wie schon der Beklagte festgestellt hat, 1008,56 Euro. Zu einem Regelbedarf von je 337 Euro pro Monat (§ 20 Abs 4 SGB II aF iVm der Bekanntmachung vom 20.10.2011, BGBl I 2093) kommen die Bedarfe für Unterkunft und Heizung, die mit berücksichtigten insgesamt 334,56 Euro für zwei Personen nach den Ausführungen des LSG angemessen sind. Ob zu Recht 5 Euro für einen Stellplatz unberücksichtigt geblieben sind, weil die Wohnung auch ohne diesen anmietbar gewesen wäre (vgl BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 35), kann dahingestellt bleiben, da Berufung gegen das Urteil des SG nur vom Beklagten eingelegt worden ist.

17

6. Als Einkommen sind hinsichtlich dieses Gesamtbedarfs der Kläger (vgl § 9 Abs 2 SGB II) im Rahmen der abschließenden Entscheidung in den strittigen Monaten Mai und August 2012 nur die Einnahmen zu berücksichtigen, die sie in dem jeweiligen Monat hatten; entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein Durchschnittseinkommen für den gesamten Bewilligungsabschnitt zu errechnen.

18

Die Berechnung und Bewilligung des Alg II ist geprägt vom sog Monatsprinzip, das in zahlreichen Vorschriften des SGB II zu finden ist (vgl § 11 Abs 2 Satz 1, Abs 3 Satz 1, § 20 Abs 1 Satz 3, § 37 Abs 2 Satz 2, § 41 Abs 1 Satz 2 SGB II; BSG vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 27; BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 36/13 R - BSGE 117, 179 = SozR 4-4200 § 37 Nr 7, RdNr 25). Konkret bestimmt § 11 Abs 2 Satz 1 SGB II, dass laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen sind, in dem sie zufließen.

19

Zwar kennen das SGB II und die Alg II-V auch Abweichungen von diesem Monatsprinzip, deren Anwendung erfordert jedoch das Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen. Eine solche abweichende Regelung enthält § 2 Abs 3 Alg II-V in der in der strittigen Zeit geltenden Fassung (Alg II-V aF), den der Beklagte seinen Bescheiden zugrunde gelegt hat und der lautet: "Ist bei laufenden Einnahmen im Bewilligungszeitraum zu erwarten, dass diese in unterschiedlicher Höhe zufließen, kann als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zu Grunde gelegt werden. Als monatliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Monat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.Soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Absatz 2 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vorläufig entschieden wurde, ist das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte monatliche Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung als Einkommen zu Grunde zu legen, wenn das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen das bei der vorläufigen Entscheidung zu Grunde gelegte monatliche Durchschnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt."

20

7. Im vorliegenden Verfahren sind die Voraussetzungen des § 2 Abs 3 Alg II-V aF nicht erfüllt und ist eine andere einschlägige Regelung für eine Abweichung vom Monatsprinzip nicht ersichtlich. Die vom LSG als notwendig angesehene Ermessensausübung seitens des Beklagten war mangels Anwendbarkeit der genannten Vorschrift bei der abschließenden Entscheidung nicht erforderlich.

21

a) Der Satz 1 des § 2 Abs 3 Alg II-V aF regelt nach seinem Wortlaut ("ist zu erwarten") nur die vorläufige, nicht aber die abschließende Entscheidung. Der Satz 2 enthält eine reine Berechnungsregel für die Ermittlung eines Durchschnittseinkommens, aber nicht die Voraussetzungen, unter denen eine solche Berechnung durchzuführen ist. Der Satz 3 enthält zwar eine Regelung für die abschließende Entscheidung und setzt auch die Ermittlung eines Durchschnittseinkommens voraus; er ist jedoch nach seinem Wortlaut nur anzuwenden, wenn das tatsächliche monatliche Durchschnittseinkommen das "vorläufige" monatliche Durchschnittseinkommen um nicht mehr als 20 Euro übersteigt, und er ordnet dann als die Leistungsberechtigten begünstigende Rechtsfolge an, dass der abschließenden Entscheidung das gegenüber dem tatsächlichen Durchschnittseinkommen niedrigere vorläufige Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen ist. Dass diese Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen, und auch der Beklagte ist davon nicht ausgegangen. Denn das der abschließenden Entscheidung des Beklagten zugrunde gelegte tatsächliche Durchschnittseinkommen der Kläger war mit 121,72 Euro niedriger als die 161,96 Euro bei der vorläufigen Entscheidung.

22

b) Durchgreifende Gründe für eine erweiternde Auslegung des Satzes 1, die das LSG angenommen hat (ähnlich Söhngen in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 11 RdNr 66), liegen nicht vor.

23

Entgegen der Auffassung des LSG ist der Wortlaut des Satzes 1 nicht in der Weise unklar, dass sich daraus der Schluss ziehen ließe, die Regelung enthalte auch eine Ermächtigung für eine abschließende Entscheidung auf der Grundlage eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens. Vielmehr ist in diesem Satz allein der dort beschriebene Fall der vorläufigen Entscheidung bei im Bewilligungszeitraum zu erwartenden laufenden Einnahmen in unterschiedlicher Höhe geregelt. Der Wortlaut ("zu erwarten") ist eindeutig nur auf zukünftige Zeiten gerichtet. Die Begründung des "Entwurfs für eine Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld vom November 2007" (www.bmas.de/DE/service/gesetze/verordnung-berechnung-einkommen-arbeitslosen-geld-II-Sozialgeld.html) rechtfertigt für sich genommen kein anderes Ergebnis. In dieser wird nur ausgeführt, dass die Regelung der Verwaltungsvereinfachung in den Fällen dienen solle, in denen zu erwarten ist, dass die Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis im Bewilligungszeitraum in unterschiedlicher Höhe anfallen werden. Diesem Anliegen der Verwaltungsvereinfachung wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass bei der vorläufigen Entscheidung für den Bewilligungszeitraum ein gleichbleibendes Einkommen angesetzt werden kann. Im Übrigen muss bezweifelt werden, dass die Regelung des Satzes 1, wenn sie im Sinne des LSG als Ermächtigungsgrundlage zur Ausübung von Ermessen angesehen wird, überhaupt zu einer Verwaltungsvereinfachung führt.

24

Wenn der Verordnungsgeber eine Berechnung nach Durchschnittseinkommen sowohl für die vorläufige als auch für die abschließende Entscheidung gewollt hätte, wäre diese sprachlich relativ einfach anzuordnen gewesen. Bestärkt wird diese Auslegung des Satzes 1 durch die systematische Zusammenschau mit dem Satz 3, in dem der Verordnungsgeber eine Regelung für abschließende Entscheidungen getroffen hat, wenn auch eine spezielle.

25

c) Durchgreifende Gründe für eine erweiternde Auslegung des § 2 Abs 3 Satz 3 Alg II-V aF liegen ebenfalls nicht vor.

26

Zwar erfordert die Vorschrift die Ermittlung eines tatsächlichen Durchschnittseinkommens im Rahmen der Vorbereitung der abschließenden Entscheidung. Hieraus kann jedoch eine erweiternde Auslegung des ausdrücklich geregelten Falls, dass bei Abweichungen zugunsten des Leistungsberechtigten von nicht mehr als 20 Euro das bei der vorläufigen Entscheidung berücksichtigte monatliche Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung ebenfalls als Einkommen zugrunde zu legen ist und im Ergebnis keine Rückforderung zu erfolgen hat, auf weitere, nicht ausdrücklich geregelte Fälle, nicht abgeleitet werden (Mues in Estelmann, SGB II, § 11 RdNr 60, Stand der Einzelkommentierung 4/2016). Gerade weil der Verordnungsgeber in Satz 1 für die vorläufige Entscheidung unterschiedslos die Möglichkeit eines Durchschnittseinkommens bei schwankenden Einkommen eröffnet hat, kann dies nicht auf die in Satz 3 geregelte abschließende Entscheidung übertragen werden, wenn dort ausdrücklich nur ein Sonderfall geregelt ist. Wie der Vergleich mit Satz 1 zeigt, hatte der Verordnungsgeber durchaus unterschiedliche Entscheidungsvarianten im Blick und er hätte - wenn dies gewollt gewesen wäre - auch in Satz 3 ohne Weiteres eine weitergehendere, auf alle abschließenden Entscheidungen bezogene Regelung treffen können.

27

Aus dem Anliegen der Verwaltungsvereinfachung ergibt sich ebenfalls keine andere Schlussfolgerung. Selbst wenn es einen Verwaltungsmehraufwand bedeutet, zunächst das tatsächliche Durchschnittseinkommen zu berechnen und sodann, wenn es das erwartete, der vorläufigen Entscheidung zugrunde gelegte Durchschnitteinkommen um mehr als 20 Euro übersteigt oder unter diesem liegt, eine monatsgenaue Berechnung nach dem jeweils tatsächlich zugeflossenen Einkommen vorzunehmen, so erspart die Regelung jedenfalls aufwändigere Berechnungen und Rückforderungsbescheide innerhalb der 20 Euro-Grenze.

28

d) Aus diesen Gründen liegen auch keine Anhaltspunkte für eine erweiternde Auslegung der Sätze 1 und 3 in einer Gesamtschau vor. Bestätigt wird dieses Ergebnis im Übrigen durch den zwischenzeitlich im Rahmen des 9. SGB II-ÄndG eingeführten § 41a SGB II, dessen Abs 4 eine differenzierte Regelung zur Berechnung nach Durchschnittseinkommen bei der abschließenden Entscheidung enthält.

29

8. Die abschließende Berechnung der den Klägern für die Monate Mai und August 2012 zustehenden Leistungen (vgl § 9 Abs 2 SGB II) - ausgehend von ihrem Gesamtbedarf und dem zu berücksichtigenden, ihnen tatsächlich in den jeweiligen Monaten zugeflossenen Einkommen in Höhe von 79,24 Euro für Mai und von 117,03 Euro für August 2012 - ergibt die von den Klägern begehrten und vom SG zugesprochenen weiteren 42,48 Euro für Mai und 4,69 Euro für August 2012.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.