Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 23. Juli 2018 - L 7 AS 692/18 B ER

bei uns veröffentlicht am23.07.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 42 AS 1399/18 ER, 25.06.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 25. Juni 2018 S 42 AS 1399/18 ER wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf.) begehrt vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg.) die Auszahlungen von Leistungen in Höhe von 873,98 EUR gemäß Bewilligungsbescheid vom 20.03.2018, darüber hinaus höhere Leistungen in Höhe von 116,94 Euro für die ihr tatsächlich entstehenden Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH).

Die Bf. ist seit längerem im Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie wohnt zusammen mit ihrem im Jahr 2004 geborenen Sohn, für den sie Unterhalt und Kindergeld erhält. Je nach Zahlungseingang von Unterhalt, gehörte ihr Sohn zeitweilig zur Bedarfsgemeinschaft, zeitweilig nicht.

Am 14.02.2018 beantragte die Bf. beim Bg. die Weiterbewilligung von Leistungen für den Bewilligungszeitraum ab 01.04.2018. Am 16.03.2018 stellte die Bf. auf der Grundlage ihres Weiterbewilligungsantrags Eilantrag zum Sozialgericht München mit dem Begehren, Leistung ab dem 01.04.2018 ohne Zeitverzögerung weiter zu erhalten. Außerdem stünden ihr höhere KdUH zu, nämlich 116,94 Euro monatlich. Ihr Sohn erhalte 651,00 Euro monatlich an Unterhalt und gehöre damit wegen eigenen Einkommens nicht zur Bedarfsgemeinschaft. Nach der Rechtsprechung des BSG sei ihr Anteil an den KdUH zu beurteilen anhand der angemessenen Miete für einen Ein-Personen-Haushalt.

Mit Bewilligungsbescheid vom 20.03.2018 bewilligte der Bg. der Bf. und ihrem im Jahr 2004 geborenen Sohn als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.04.2018 bis 31.03.2019 und zwar für April 2018 bis Oktober 2018 in Höhe von monatlich 873,98 EUR und ab November 2018 885,98 EUR und für Dezember 2018 bis März 2019 monatlich 893,98 EUR, wobei die unterschiedliche Höhe der Zahlung auf der Vollendung des 14. Lebensjahres des Sohnes der Bf. zum 13.11.2018 und der damit entsprechenden Erhöhung des Regelbedarfs beruht. Zuletzt sei unklar gewesen, wieviel Unterhalt der Sohn tatsächlich erhalte. Gegen diesen Bescheid hat die Bf. Widerspruch eingelegt.

Den Eilantrag vom 16.03.2016 lehnte das Sozialgericht München mit Beschluss vom 10.04.2018 ab. Die Bf. und ihr Sohn erhielten zwischenzeitlich aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 20.03.2018 Leistungen. Soweit die Bf. höhere KdUH begehre, stünden ihr diese nicht zu. Sie und ihr Sohn erhielten die vom Bg. festgelegte angemessene Miete für einen 2-Personen-Haushalt. Dass der Sohn der Bg., wie von der Bf. nunmehr im gerichtlichen Verfahren neu vorgetragen, aufgrund seines Einkommens, insbesondere Unterhaltszahlungen in Höhe von 651,00 EUR monatlich, nicht zur Bedarfsgemeinschaft zähle und ihr deshalb entsprechend der Entscheidung des BSG vom 25.04.2018, B 14 AS 14/17 R höhere Leistungen zustünden, da für die Bf. die Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt gelten würde, sei aufgrund der ungeklärten Einkommenssituation des Sohnes der Bg. nicht nachvollziehbar.

Die gegen den Beschluss des SG eingelegte Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 30.05.2018, L 15 AS 372/18 B ER, zurück. Aufgrund der ungeklärten Einkommenslage wirke sich das von der Bf. angeführte Urteil des BSG vom 25.04.2018 B 14 AS 14/17 R nicht aus. Es handle sich um eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft.

Am 07.06.2018 stellte die Bf. erneut Eilantrag zum Sozialgericht München, diesmal mit dem Begehren, den Beschluss des Sozialgerichts München vom 10.04.2016 in Gestalt des Beschlusses des Landessozialgerichts vom 30.05.2018 abzuändern und den Bg. ab Antragstellung vorläufig zu höheren SGB-II-Leistungen an die Bf. zu verpflichten. Ihr Sohn erhalte nachweisbar 651,00 EUR an Unterhaltszahlungen, so dass er nicht zur Bedarfsgemeinschaft zähle und sie Anspruch auf höhere KdUH habe.

Mit Beschluss vom 25.06.2018 lehnte das Sozialgericht München die Abänderung der Beschlüsse ab. Der Eilantrag sei unzulässig. Die gerichtlichen Eilentscheidungen seien rechtskräftig. Es fehle ein Rechtsschutzbedürfnis, weil die Bf. sich nicht vorher an den Bg. bezüglich der Abänderung gewandt habe.

Zumindest sei der Abänderungsantrag unbegründet. Ein Abänderungsgrund bestehe nicht. Bei einem Gesamtbedarf in Höhe von 1.677,89 der Bf. und für deren Sohn, stünden dem Einkommen und Leistungen in einer Gesamthöhe von 1.718,98 EUR gegenüber. Die Bedarfsgemeinschaft erhalte monatlich 873,98 EUR vom Bg. Hinzu kämen 194,00 EUR an Kindergeld für den Sohn sowie Unterhaltszahlungen von 651,00 EUR an den Sohn. Aufgrund eines Rentenbewilligungsbescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 13.06.2018 erhalte die Bf. ohnehin ab 01.07.2018 Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 1.131,97 EUR monatlich.

Ein Anordnungsgrund sei ebenfalls nicht glaubhaft, weil die Bf. monatlich lediglich 116,94 EUR zusätzlich beantragt habe. Dieser Betrag liege unterhalb von 30% des Regelbedarfs der Bf. Insoweit würde es sich - sollte man dem Begehren der Bf. im Eilverfahren entsprechen - um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache handeln, wenn diese Kürzung nicht zur Anwendung käme.

Auch sei ein Anordnungsanspruch deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil die Bf. inzwischen Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe. Es läge nahe, dass sie nicht erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II sein könnte und damit nicht mehr zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II gehöre.

Hiergegen hat die Bf. Beschwerde eingelegt und dabei beantragt, dass ihr „unverändert höhere Leistungen“ sowie „Leistungen für den Monat Juli 01.07.2018 bis 31.07.2018 (gegebenenfalls als Darlehen/Vorschuss)“ gezahlt werden.

Der Bg. habe inzwischen den laufenden Bewilligungsbescheid vom 20.03.2018 mit Bescheid vom 19.06.2018 aufgehoben. Hiergegen habe sie Widerspruch am 22.06.2018 eingelegt. Es bleibe zumindest bei der Zahlungspflicht aus dem Bewilligungsbescheid, also 873,18 EUR monatlich. Insbesondere müsse der Bg. Leistungen zu Beginn des Julis erbringen, da die Rente erst am Ende des Monats ausgezahlt würde. Es drohten irreparable Nachteile, insbesondere Kündigung der Wohnung bei Nichtzahlung der Miete. Ihr aktueller Kontostand wäre 1,46 EUR. Darüber hinaus stünden ihr höhere Leistungen wegen KdUH zu.

Der Bg. hält sich nicht mehr für zuständig.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Aufhebungsbescheid des Bg. vom 19.06.2018 ist Gegenstand des Verfahrens geworden, da er den laufenden Bewilligungsbescheid vom 20.03.2018 betrifft, der Gegenstand des Eilverfahrens vor dem Sozialgericht war. Ebenfalls Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren, für Juli Leistungen ggf. als Vorschuss/Darlehen zu erhalten, da das Begehren in dem vom Bewilligungsbescheid vom 20.3.2018 umfassten Zeitraum fällt, über den das Sozialgericht entschieden hat.

1. Für den Zeitraum ab 01.07.2018 ist der Eilantrag abzulehnen, da der Bg. ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zuständiger Leistungsträger ist.

a) Im Hinblick auf den Aufhebungsbescheid, gegen den die Bf. Widerspruch eingelegt hat, ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nunmehr als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat der Bg. den Bewilligungsbescheid vom 20.03.2018 aufgrund des Rentenbescheids vom 13.06.2018 mit Aufhebungsbescheid vom 19.06.2018 mit Wirkung zum 01.07.2018 aufgehoben. Die Bf. erhält vorrangige Leistungen vom Rentenversicherungsträger wegen voller Erwerbsminderung ab Juli 2018. Die Bf. ist nicht mehr leistungsberechtigt nach dem SGB II. Soweit die Bf. evtl. zu ihrer Rente ergänzend Leistungen nach dem SGB XII erhalten könnte, muss sie sich an den dafür zuständigen Träger wenden.

b) Der Antrag der Bf. auf Darlehen/Vorschuss für Juli 2018 bis zur Auszahlung der Rente Ende Juli ist als Antrag auf Regelungsanordnung zulässig.

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Ab Juli 2018 ist die Rentenversicherung zuständiger Leistungsträger für vorrangige Leistungen. Soweit die Bf. zu Beginn des Monats Julis aufgrund der Leistungserbringung durch den Rentenversicherungsträger erst zum Ende des Monats eventuell in eine Notlage kommen sollte, müsste sie sich an die Rentenversicherung wenden, der ab Juli 2018 für sie zuständig ist, und gegebenenfalls von der Rentenversicherung einen Vorschuss, auch im Wege eines Eilverfahrens, verlangen. Für ergänzende Leistungen nach dem SGB XII müsste sich die Bf. an den zuständigen Träger nach dem SGB XII wenden.

2. Für den Zeitraum bis 30.06.2018 hat der Eilantrag ebenfalls keinen Erfolg.

Ein Anordnungsgrund ist nicht ersichtlich. Die Bf. begehrt für sich selbst rückwirkend um 116,94 Euro monatlich höhere KdUH. Eilbedürftigkeit ist schon deshalb nicht ersichtlich, weil die die Bf. nicht dargelegt bzw. glaubhaft gemacht hat, dass es in diesem Zeitraum überhaupt zu Mietrückständen gekommen ist. Offenbar hat die Bf. die Miete in der Vergangenheit gezahlt wie sich aus der Begründung ihrer Beschwerde im Schreiben vom 28.06.2018 ergibt, wenn die Bf. darin ausführt, dass bei Nichtzahlung der Miete im Juli 2018 ein Mietrückstand entstehen würde.

Nach alledem ist die Beschwerde der Bf. insgesamt unbegründet und sämtliche Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und der Erwägung, dass die Bf. mit ihrem Begehren erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

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Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 177


Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialger

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

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Bundessozialgericht Urteil, 25. Apr. 2018 - B 14 AS 14/17 R

bei uns veröffentlicht am 25.04.2018

Tenor Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufgehoben und der Beklagte unter

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Tenor

Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufgehoben und der Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 verurteilt, der Klägerin für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung für den nach einem in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG geschlossenen Teilvergleich allein streitig gebliebenen Monat Juni 2012.

2

Die 1965 geborene Klägerin bewohnte im Jahr 2012 gemeinsam mit ihrer 1996 geborenen Tochter eine 80 qm große Dreizimmerwohnung, für die insgesamt 505 Euro zu zahlen waren (350 Euro Nettokaltmiete zzgl 80 Euro Nebenkosten sowie Heizkosten von 75 Euro monatlich). Das beklagte Jobcenter übernahm nur die aus seiner Sicht angemessenen Unterkunftskosten. Diese wurden aus dem Tabellenwert für einen Zwei-Personen-Haushalt im Wohnort der Klägerin nach dem WoGG zzgl 10 % abgeleitet. Dementsprechend bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II unter Berücksichtigung ihres Kopfteils von 193,60 Euro, während er bei der Tochter von bedarfsdeckendem Einkommen ausging, sodass sich für diese kein Leistungsanspruch ergab (Bescheid vom 23.5.2012 bezüglich des Monats Juni 2012).

3

Die dagegen erhobene Klage mit der Begründung, es seien die Werte der Wohngeldtabelle für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen, sodass sich eine zulässige Bruttokaltmiete von 321,20 Euro statt von 193,60 Euro errechne, ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 24.6.2016 und Urteil des LSG vom 3.5.2017). Das LSG hat ausgeführt, der Beklagte sei hinsichtlich der angemessenen Bedarfe für Unterkunft zutreffend von den Werten des § 12 WoGG unter Zugrundelegung eines Zwei-Personen-Haushaltes ausgegangen. Die bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung bezüglich reiner Wohngemeinschaften und Haushaltsgemeinschaften zwischen Verwandten, die keine Bedarfsgemeinschaft bildeten, sei auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragbar. Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Bedarfsgemeinschaft von Mutter und Tochter hänge von den Einkommensverhältnissen der letzteren ab, die sich jederzeit ändern könnten. Eine Bedarfsgemeinschaft könne in solchen Fallkonstellationen nicht generalisierend verneint werden, zumal auch hinsichtlich der Wohnverhältnisse nicht zwei Ein-Personen-Haushalte angenommen werden könnten.

4

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, weil sie mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft gebildet habe, sodass, ausgehend von den Werten für einen Ein-Personen-Haushalt, bei ihr die Hälfte der tatsächlichen Unterkunftskosten zu berücksichtigen sei.

5

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2017 und des Sozialgerichts Stade vom 24. Juni 2016 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom 23. Mai 2012 zu verurteilen, ihr für Juni 2012 als Leistungen für die Unterkunft und Heizung 252,50 Euro zu zahlen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und der Beklagte ist unter Änderung des Bescheids vom 23.5.2012 zu verurteilen, der Klägerin für Juni 2012 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen von 252,50 Euro zu zahlen.

8

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Urteile der Vorinstanzen sowie (nur noch) der Bescheid des beklagten Jobcenters vom 23.5.2012 (§ 96 Abs 1 SGG, § 39 Abs 2 SGB X; hierzu letztens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 9 mwN). Die Klägerin hat den Streitgegenstand zulässig auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f), um deren angemessene Höhe gestritten wird.

9

2. Der Sachentscheidung des Senats entgegenstehende Verfahrenshindernisse bestehen nicht. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG).

10

Zutreffend richtet sich die Klage gegen das Jobcenter des beklagten Landkreises O. Zwar ist der Bescheid vom 23.5.2012 von der Samtgemeinde H. erlassen worden, doch liegt dem weder eine abweichende Trägerschaft für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende noch eine Wahrnehmungszuständigkeit der Samtgemeinde zugrunde (vgl zu einer solchen BSG vom 28.10.2014 - B 14 AS 65/13 R - BSGE 117, 186 = SozR 4-4200 § 7 Nr 39, RdNr 9 f). Nur der beklagte Landkreis ist ein zugelassener kommunaler Träger nach § 6a SGB II(Anlage zu § 1 der Kommunalträger-Zulassungsverordnung). Die Samtgemeinde ist vom Beklagten zur Durchführung der diesem als zugelassenen kommunalen Träger obliegenden Aufgaben nur in dessen Namen herangezogen worden (vgl § 3 Abs 1 des Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des SGB II vom 16.9.2004 und der darauf basierenden Kooperationsvereinbarung zwischen der Samtgemeinde H. und dem Landkreis O., dort §§ 1 und 2).

11

3. Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung ist § 19 iVm §§ 7 ff sowie § 22 Abs 1 SGB II idF, die das SGB II zuletzt vor dem streitbefangenen Zeitraum durch das Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl I 3057) erhalten hat, denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 15 mwN).

12

4. Die Klägerin erfüllte nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Grundvoraussetzungen des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II und es lag für sie kein Ausschlusstatbestand vor. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind.

13

a) Da die Klägerin die Wohnung nicht alleine, sondern mit ihrer minderjährigen Tochter bewohnte, ist zunächst die Verteilung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vorzunehmen (vgl zuletzt BSG vom 25.4.2018 - B 14 AS 21/17 R - vorgesehen für SozR 4). Diese hat, ohne Rücksicht darauf, wen insoweit die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen treffen, im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf zu erfolgen, wenn die leistungsberechtigte Person eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, insbesondere mit anderen Familienangehörigen nutzt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Personen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft sind oder nicht. Hintergrund dieses Kopfteilprinzips sind Gründe der Verwaltungsvereinfachung sowie die Überlegung, dass die gemeinsame Nutzung einer Wohnung durch mehrere Personen deren Unterkunftsbedarf insgesamt abdeckt und in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Erfüllung des Grundbedürfnisses Wohnen nicht zulässt (stRspr seit BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr 3, RdNr 28 f; vgl zuletzt BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 22, RdNr 13 ff).

14

b) Ausgehend von den tatsächlichen Kosten für die Unterkunft (430 Euro) und für die Heizung (75 Euro), also insgesamt 505 Euro, entfällt nach dem Kopfteilprinzip auf die mit ihrer Tochter zusammen wohnende Klägerin ein Betrag von 252,50 Euro.

15

5. Dieser Betrag ist angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II.

16

Bei der Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen ist die abstrakt angemessene Referenzmiete zu ermitteln, die sich aus dem Produkt der abstrakt angemessenen Wohnfläche und dem maßgeblichen Standard ergibt, der sich in einem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im Vergleichsraum niederschlägt (Produkttheorie, stRspr siehe zB BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 21 ff; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70).

17

a) Hinsichtlich der angemessenen Wohnungsgröße ist im Rahmen der Produkttheorie von den Werten des sozialen Wohnungsbaus auszugehen. Die Angemessenheit richtet sich grundsätzlich nach den Festlegungen der Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376). Für Niedersachsen gilt die Richtlinie über die soziale Wohnraumförderung (WfB 2003; zuletzt Niedersächsisches Ministerialblatt 2002, 554). Nach deren Ziff 11 ist für Alleinstehende eine Wohnfläche von bis zu 50 qm angemessen, für zwei Haushaltsmitglieder von bis zu 60 qm.

18

Allerdings ist im SGB II nicht auf die Anzahl der Mitglieder eines Haushalts, sondern der Bedarfsgemeinschaft abzustellen, denn die Frage der Angemessenheit kann stets nur im Hinblick auf den Leistungsberechtigten nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden. Nur für diesen Personenkreis ergeben sich im Hinblick auf die Angemessenheit Begrenzungen (stRspr BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 21; vgl auch BSG vom 9.3.2016 - B 14 KG 1/15 R - SozR 4-5870 § 6a Nr 6 RdNr 28 ff zu § 6a BKGG). Lebt ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht mit anderen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, ist demnach bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf ihn als Einzelperson abzustellen (vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/0AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12 RdNr 20 ff). Dies gilt auch für den Fall, dass zwar alle Bewohner einer Familie angehören, dazu gehörende Kinder aber deshalb nach § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, weil sie über bedarfsdeckendes Einkommen verfügen(BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23).

19

Nach diesen Maßstäben ist für die Angemessenheitsprüfung vorliegend nur auf die Klägerin abzustellen, da die Tochter gemäß der genannten Vorschrift deshalb nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehört, weil sie ihren Bedarf aus eigenen Mitteln bestreiten kann.

20

b) Zur Bestimmung der Referenzmiete im Vergleichsraum hat das LSG zutreffend auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG(idF vom 9.12.2010, gültig vom 1.1.2011 bis 31.12.2015) zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 % zurückgegriffen, nachdem es festgestellt hatte, dass es an Datengrundlagen fehlt, aufgrund derer ein schlüssiges Konzept hätte ermittelt werden können, und dass eigene Erhebungen aufgrund fehlender Datengrundlagen für die Vergangenheit nicht mehr vorgenommen werden könnten (vgl BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 25 ff).

21

Für die Samtgemeinde H., in der die Klägerin wohnt, ist die Mietstufe I des Landkreises O. zugrunde zu legen (vgl Anlage zu § 1 Abs 3 WoGV: Mietenstufen der Gemeinden nach Ländern). Danach ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt ein Betrag von 292 Euro, zzgl 10 %, also 321,20 Euro. Die bei der Klägerin zu berücksichtigende Bruttokaltmiete von 215 Euro (430 Euro brutto kalt geteilt durch zwei) liegt damit im Angemessenheitsbereich. Die kopfteiligen Heizkosten von 37,50 Euro sind ohnehin angemessen. Der Klägerin sind damit für Juni 2012 als Bedarf für Unterkunft und Heizung insgesamt 252,50 Euro - abzüglich bereits erbrachter Leistungen - zu zahlen.

22

c) Das Ergebnis, dass bei einem alleinerziehenden Elternteil, der mit einem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen eigenen Bedarf decken kann, für die Ermittlung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft von einem eigenständigen Ein-Personen-Haushalt bzw einer "Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft" auszugehen ist, folgt aus dem "Konstrukt" der Bedarfsgemeinschaft (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1)als Besonderheit des SGB II. Auf eine Haushaltsgemeinschaft kann in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden, weil eine solche von Verwandten nur in § 9 Abs 5 SGB II geregelt wird(vgl BSG vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 61/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 12; BSG vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34).

23

6. Es bestehen keine durchschlagenden rechtlichen Gründe für eine Korrektur der genannten, auf die Bedarfsgemeinschaft Bezug nehmende Rechtsprechung (vgl dazu neuestens BSG vom 14.2.2018 - B 14 AS 17/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen in BSGE und SozR 4-4200 § 22) für den Fall einer Alleinerziehenden, die mit ihrem minderjährigen Kind zusammen lebt, das seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann, also mit ihr gemäß § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet. Der vom LSG angeführte Gesichtspunkt, dass sich die Beurteilung, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, in Abhängigkeit vom Einkommen des Kindes jederzeit ändern kann, greift nicht durch. Derartige Änderungen sind der Ausfluss des im SGB II grundsätzlich geltenden Monatsprinzips (stRspr, vgl nur BSG vom 30.3.2017 - B 14 AS 18/16 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 81 RdNr 18) und ergeben sich auch bei einer Einkommensänderung bei der Mutter.

24

Nichts anderes folgt aus der möglichen Änderung der Wohnverhältnisse aufgrund geänderten Einkommens. Entgegen der Auffassung des LSG führt das Abstellen auf das Monatsprinzip nicht zu Zirkelschlüssen. Die Überlegungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wohnsituation beruhen auf der Annahme, dass bei einem Kind, das seinen Bedarf aus eigenem Einkommen decken kann, zwingend nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen seien. Dafür ist jedoch insbesondere bei einem Kind, das hinreichend hohen Unterhalt erhält, kein Rechtsgrund zu erkennen. Auszugehen ist vielmehr bei der Bedarfsberechnung vom Kopfteil der tatsächlichen Aufwendungen, denn wenn und soweit das Kind diese und seine übrigen Bedarfe decken kann, gehört es nicht zur Bedarfsgemeinschaft und unterliegt auch nicht den Beschränkungen des SGB II hinsichtlich der Angemessenheit. Eine Beschränkung der Angemessenheitsgrenze für die Mutter auf die Hälfte der Aufwendungen eines Zwei-Personen-Haushalts hätte auch nicht gerechtfertigte Auswirkungen auf die Wohnverhältnisse des Kindes, denn wenn die Mutter eine geforderte Kostensenkung durch Umzug oder eine andere Einschränkung ihrer Wohnverhältnisse umsetzen will, wirkt sich dies unmittelbar auf das Kind aus, obwohl dieses seine Hälfte der tatsächlichen Aufwendungen decken kann. Führt die Mutter keine Kostensenkung durch, muss sie den fehlenden Teil der Aufwendungen für die Unterkunft systemwidrig entweder aus ihrem Regelbedarf finanzieren oder entgegen der Intention des § 9 Abs 2 Satz 2 SGB II aus dem Einkommen des Kindes.

25

Schließlich könnte eine Korrektur im Sinne einer Einschränkung hinsichtlich der angemessenen Unterkunftskosten nicht nur bei Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern erfolgen, vielmehr müsste die Ausnahme systemgerecht auf alle Kinder unter 25 Jahren ausgedehnt werden (vgl § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II) und würde auch nicht nur bei Alleinerziehenden greifen, sondern auch bei so genannten "Patchwork-Familien", denn auch in diesen Konstellationen kann hinsichtlich eines Kindes aufgrund bedarfsdeckenden Einkommens eine Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft zu verneinen sein. Eine solche nicht genau überschaubare Zahl von Ausnahmen ist mit der klaren normativen Aussage des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nicht vereinbar.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.