Bundessozialgericht Beschluss, 29. Aug. 2012 - B 10 LW 5/12 B

bei uns veröffentlicht am29.08.2012

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Streitig ist die Zuerkennung einer Regelaltersrente (RAR) nach § 11 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) ohne Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft(§ 11 Abs 1 Nr 3, § 21 ALG).

2

Die von der im Jahre 1940 geborenen Klägerin beantragte RAR wurde von der beklagten Alterskasse durch Bescheid vom 9.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2010 unter Hinweis auf die bisher nicht erfolgte Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens abgelehnt. Klage und Berufung der Klägerin blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.2.2011; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19.10.2011).

3

Mit ihrer gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG eingelegten Beschwerde macht die Klägerin als Zulassungsgrund eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.

4

II. Die Beschwerde ist zulässig.

5

Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 160a Abs 1 S 2 und Abs 2 S 1 und 2 SGG). Sie genügt den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 S 3 SGG. Die Klägerin hat mehrere auf die Rechtmäßigkeit der sog Hofabgabeklausel als Anspruchsvoraussetzung für die RAR abzielende Fragen aufgeworfen, nämlich

a)    

ob § 11 iVm § 21 ALG mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG vereinbar sind,

b)    

ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen Art 14 Abs 1 GG verfassungswidrig ist und

c)    

ob die Hofabgabeklausel des § 21 ALG wegen Verstoßes gegen die nach Art 2 Abs 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit verfassungswidrig ist.

6

Die Klägerin will damit eine revisionsgerichtliche Prüfung und Entscheidung über die Frage erreichen, ob die Verpflichtung zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nach § 11 Abs 1 Nr 3 und § 21 ALG - nach wie vor - eine wirksame Voraussetzung für den Anspruch auf RAR ist oder ob sie wegen Verstoßes gegen die genannten Vorschriften des GG verfassungswidrig und damit unwirksam ist. Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit der Frage nach der Verletzung des Art 3 Abs 1 GG Fragen nach tatsächlichen Umständen, nämlich zur Erfüllung der Überprüfungspflicht durch den Gesetzgeber und zur heutigen Eignung der Hofabgabeklausel zur Förderung des Strukturwandels in der Landwirtschaft, gestellt hat, will sie damit ersichtlich die geltend gemachte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes untermauern.

7

Die Klägerin hat die (konkrete) Klärungsfähigkeit der Rechtsfragen in dem angestrebten Revisionsverfahren sowie deren Breitenwirkung hinreichend substantiiert aufgezeigt. Auch die Darlegung der (abstrakten) Klärungsbedürftigkeit reicht aus, denn die Klägerin hat Gründe angeführt, die eine erneute Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen begründen könnten. Eine Rechtsfrage ist allerdings nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits höchstrichterlich beantwortet ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 51; BSG SozR 1500 § 160a Nr 13 und 65). Falls zu der Rechtsfrage schon Rechtsprechung eines obersten Bundesgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vorliegt, kommt es darauf an, ob sie erneut klärungsbedürftig geworden ist, weil zB im neueren Schrifttum neue Argumente angeführt oder erhebliche Einwände vorgebracht werden (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; Nr 23 S 42; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f, jeweils mwN). Eine Rechtsfrage kann auch dann wieder klärungsbedürftig werden, wenn sich im Geltungsbereich einer unveränderten gesetzlichen Bestimmung allein die tatsächlichen Lebensverhältnisse ändern (s Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 320). Dafür spricht, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG eine ursprünglich verfassungsmäßige Norm wegen Veränderungen der maßgeblichen Umstände als verfassungswidrig beurteilt werden kann (BVerfGE 59, 336, 357; 97, 271, 293). Diese Kriterien hat die Klägerin bei ihrem umfangreichen Beschwerdevorbringen berücksichtigt.

8

Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin angesprochenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig.

9

Die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Anspruchsvoraussetzung für Renten aus dem System der Alterssicherung der Landwirte besteht durchgehend seit der Schaffung einer Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27.7.1957 (BGBl I 1063 - GAL -) und ist mit der Umwandlung des Sicherungssystems in eine Alterssicherung der Landwirte durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung - ASRG - vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) in das ALG übernommen worden. Es wurden im Laufe der Zeit mehrfach Modifizierungen der Anforderungen an eine Unternehmensabgabe (heute § 21 ALG) vorgenommen (s zusammenfassend: Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Gesetz zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vom 12.4.2012 , Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Stand März 2012; zur Darstellung der Gesetzesentwicklung im Einzelnen s Bundessozialgericht Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 20 - 28 mwN). Die letzte Änderung hat § 21 ALG durch das LSV-NOG mit Wirkung ab 19.4.2012 (Art 14 Abs 2 iVm Art 4 Nr 5 LSV-NOG) erfahren.

10

In der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ist das Erfordernis der Hofabgabe stets als mit höherrangigem Recht im Einklang beurteilt worden. Erstmals hat das BSG durch Urteile vom 22.11.1963 (- 7 RLw 50/62 - SozEntsch BSG 10/H c6 § 8 Nr 12) und 24.11.1964 (- 7 RLw 29/63 - BSGE 22, 92 = SozR Nr 5 zu GAL § 2 aF) entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs 1 Buchst c GAL aF, wonach Voraussetzung für den Anspruch auf Altersgeld die Abgabe des Unternehmens ist, nicht gegen Art 2, 3, 12 und 14 GG verstößt. Diese Rechtsprechung wurde in der Folgezeit fortgeführt und zuletzt durch Urteil vom 25.2.2010 (- B 10 LW 1/09 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 30 ff mwN) bekräftigt.

11

Das BVerfG hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen ebenfalls als verfassungsrechtlich einwandfrei und insbesondere im Einklang mit Art 3 Abs 1 GG beurteilt (s zusammenfassend BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 5 RdNr 32). Schon in seiner Entscheidung vom 15.4.1969 (- 1 BvL 18/68 - BVerfGE 25, 314 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) zur Verfassungsmäßigkeit strengerer Voraussetzungen für den Anspruch auf Hinterbliebenenrente in der Altershilfe für Landwirte gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung hat das Gericht - beiläufig - die Hofabgabepflicht erwähnt, ohne diese zu kritisieren. Die Entscheidungen vom 30.5.1980 (- 1 BvR 313/80 - SozR 5850 § 2 Nr 6) und 18.12.1981 (- 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8)betrafen die Pflicht zur Unternehmensabgabe als Anspruchsvoraussetzung für ein Altersgeld. In der Entscheidung vom 20.9.1999 (- 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1)zu den beitrags- und leistungsrechtlichen Folgen der Nichtabgabe des Unternehmens nach Vollendung des 65. Lebensjahres hat das BVerfG diese Rechtsprechung fortgeführt. Schließlich betrifft die Entscheidung vom 1.3.2004 (- 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr 3) die Einbeziehung privater Forstwirte in die Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG. Auch darin wurde die Hofabgabepflicht als durch die damit verfolgten Ziele legitimiert angesehen. Zuletzt hat das BVerfG in einem dem vorliegenden Verfahren ähnlichen Rechtsstreit, in dem das BSG die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen hatte (Beschluss vom 16.1.2012 - B 10 LW 4/11 B -), die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Kammerbeschluss vom 8.6.2012 - 1 BvR 523/12 -).

12

Mit dieser Rechtsprechung sind die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen entschieden. Sie sind - bisher - auch nicht wieder klärungsbedürftig geworden. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe veranlassen keine gegenteilige Beurteilung.

13

Soweit sie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungssatz des Art 3 Abs 1 GG rügt, greift die Klägerin die Hofabgabepflicht in erster Linie mit zwei Hauptargumenten an:

1.    

Die Hofabgabe sei unter den heutigen - veränderten - Verhältnissen nicht mehr geeignet, das ursprünglich verfolgte Ziel eines Strukturwandels in der Landwirtschaft zu erreichen, weil ältere Landwirte keine Hofnachfolger mehr fänden und die wirtschaftlichen Zwänge inzwischen derart seien, dass es der Hofabgabepflicht nicht mehr bedürfe. Ihre Wirkung werde weiter verringert durch die steigende Zahl von Nebenerwerbslandwirten, die von der Versicherungspflicht nach dem ALG befreit seien. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich dieser Umstände seine Überprüfungspflicht verletzt.

2.    

Es bestünden erhebliche Vollzugsdefizite, weil in ca 30 bis 40 % aller Abgabefälle eine bloße Scheinabgabe vorliege, bei der der Altlandwirt nicht nur weiter mitarbeite, sondern auch das volle unternehmerische Risiko trage.

14

Weiter macht sie geltend: Die Verknüpfung von Hofabgabepflicht und Gewährung des Rentenanspruchs verletze auch den Schutz des Eigentums nach Art 14 Abs 1 GG sowie die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art 2 Abs 1 GG. Das Gesetz zwinge zwar nicht zur Hofabgabe, enthalte aber dem Landwirt den Rentenanspruch vor. Hierfür gebe es keinen legitimierenden Grund.

15

Die von der Klägerin zur Begründung eines jetzt bestehenden Verfassungsverstoßes dargestellten, gegenüber den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts veränderten tatsächlichen Verhältnisse bedürfen keiner vertieften Betrachtung und Feststellung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass die Hofabgabepflicht zur Erreichung ihrer gesetzten Ziele ungeeignet geworden ist.

16

Die Behauptung des - weitgehenden - Nichtvorhandenseins geeigneter Hofnachfolger ist rechtlich unerheblich, weil § 21 ALG auf die Abgabe bzw die Aufgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens durch den Altlandwirt zielt und diese Abgabe nicht auf die Übernahme des Unternehmens durch einen Nachfolger begrenzt ist(s § 21 ALG). Insofern verfolgt die Abgabepflicht - wie die Klägerin selbst einräumt - weiter gefasste strukturpolitische Ziele. Auch die Behauptung, allein der heutige "wirtschaftliche Druck" zwinge zur Hofabgabe, belegt nicht die Überflüssigkeit einer gesetzlichen Pflicht zur Abgabe des Unternehmens als Voraussetzung für einen Rentenanspruch. Ersichtlich gibt es eine erhebliche Zahl von "älteren" Landwirten, die sich dem behaupteten wirtschaftlichen Zwang nicht beugen und ihr Unternehmen weiterführen wollen. Diese machen im Gegenteil ua geltend, sie seien zur Weiterführung des landwirtschaftlichen Unternehmens aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen. Im Übrigen stellt die Hofabgabepflicht für ältere Landwirte, die ihre Flächen ohnehin abgeben, kein besonderes Rentenhindernis dar.

17

In tatsächlicher Hinsicht wird das Beschwerdevorbringen zur mangelnden strukturpolitischen Eignung der Hofabgabepflicht nicht ausreichend belegt. Insbesondere greift die Klägerin dabei zum Teil auf ältere Quellen zurück (zB "Gutachten von Maydell", das unter dem Titel "Weiterentwicklung des landwirtschaftlichen Sozialrechts" in der Schriftenreihe des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Buchform bereits im Jahre 1988 veröffentlicht worden ist). Ihren Ausführungen ist zudem in vollem Umfang widersprochen worden (s Fleuth/Liebscher, SdL 1/2012, 77, 82). Die in der Beschwerdebegründung angeführte "Ausarbeitung, Fragen zur Hofabgabeklausel im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages" geht lediglich davon aus, dass "mittlerweile im Bundesgebiet nur mehr in einem Drittel der Betriebe … Nachfolger aus der Familie zur Übernahme bereit" seien. Die Ausarbeitung geht insoweit zu Unrecht davon aus, dass die Hofabgabepflicht seit 1957 im Wesentlichen unverändert geblieben sei (s auch Fleuth/Liebscher, aaO 82), und berücksichtigt daher nicht hinreichend, dass nach § 21 ALG neben der Nachfolge innerhalb der Familie in großem Umfang andere Vorgehensweisen zur Verfügung stehen und von zur Abgabe verpflichteten Landwirten genutzt werden können.

18

Schließlich sind die gesetzgebenden Körperschaften dem ihnen vorgetragenen Verlangen nach Abschaffung der Hofabgabepflicht aufgrund einer entsprechenden Prüfung nicht gefolgt. Vielmehr hat der Gesetzgeber im LSV-NOG die Voraussetzungen der Unternehmensabgabe zwar weiter modifiziert (s insbesondere § 21 Abs 8 S 2 und Abs 9 ALG), an der Verpflichtung selbst jedoch festgehalten. Verfassungsrechtlich ist insoweit von Bedeutung, dass der Gesetzgeber nicht nur eine - rechtlich durch das GG begrenzte - Gestaltungsfreiheit, sondern hinsichtlich tatsächlicher Umstände auch einen Einschätzungsspielraum hat, der sich insbesondere auf die zu erwartenden Wirkungen gesetzlicher Vorschriften bezieht (s BSG Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 3/09 R - BSGE 106, 1 = SozR 4-5868 § 23 Nr 1, RdNr 48, 49 mwN). Der Gesetzgeber des LSV-NOG bzw des ALG geht nach wie vor davon aus, dass der Hofabgabepflicht auch unter den heutigen Verhältnissen in der deutschen Landwirtschaft eine positive Auswirkung auf deren Struktur zukommt (s Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung BR-Drucks 698/11 S 72, zu der in den Plenarberatungen des Bundestages keine abweichenden Äußerungen zu finden sind, vgl Plenarprotokolle 17/147 und 17/158). Diese Beurteilung steht im Übrigen, worauf die Beklagte hingewiesen hat, im Einklang mit den Stellungnahmen des Deutschen Bauernverbandes und der Deutschen Landjugend.

19

Die von der Klägerin als "Vollzugsdefizite" bezeichneten Unzulänglichkeiten bei der Anwendung des Gesetzes sind nicht geeignet, das Gesetz selbst in Frage zu stellen. Schon der Ausgangspunkt der Argumentation (Vorliegen zahlreicher "Scheinabgaben") wird von anderer Seite widersprochen. So wird darauf hingewiesen, dass die Hofabgabepflicht keineswegs verhindern wolle, dass der Altlandwirt nach der Abgabe rein tatsächlich weiter auf dem Hof arbeite (Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 17/5691 S 4). Daher sei es verfehlt, bei einer weiteren betrieblichen Mitarbeit der früheren Landwirte von Scheinpachtverträgen zu sprechen (BT-Drucks 17/5691 aaO). Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat sich zu dieser Problematik wie folgt geäußert (s Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Informationen zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im LSV-NOG, Stand März 2012, S 5):

"Im Falle der Abgabe innerhalb der Familie ändert sich an der Arbeitsverteilung zuweilen wenig und der abgebende Landwirt ist weiterhin in erheblichem Umfang im Betrieb tätig. Gelegentlich wird dies zum Anlass genommen, dies als 'Scheinabgabe' zu bezeichnen. Das ist deshalb nicht zutreffend, weil eine Mitarbeit des Altenteilers mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang steht. Es wird keine Einstellung der Arbeit im Betrieb verlangt, weil dies praxisfremd wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass im Zeitpunkt der Unternehmensabgabe das unternehmerische Risiko vollständig auf den Nachfolger übergeht."

20

Unabhängig davon begründen bloße Vollzugsdefizite eines strukturell auf eine gleichmäßige Rechtsanwendung angelegten Gesetzes keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG zum Steuerrecht verlangt der Gleichheitssatz allerdings, dass die Abgabepflichtigen durch das Gesetz nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, so kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen und die Steuerpflichtigen in ihrem Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit verletzen (BVerfGE 84, 239, 268 ff). Diese Rechtsprechung hat das BSG auf die Beiträge zur Sozialversicherung, konkret die Beiträge zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung, übertragen und entschieden, dass eine tatsächliche Belastungsungleichheit, die lediglich durch behebbare Vollzugsmängel bei der Beitragserhebung verursacht werde, noch nicht zu einer gleichheitswidrigen Lastenverteilung führe (BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 1 RdNr 25).

21

So liegt es auch hier. Das Aufdecken und die Sanktionierung von Umgehungen der Hofabgabepflicht obliegt den Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung. Die behaupteten Vollzugsdefizite sind strukturell im Gesetz selbst nicht angelegt. Es ist auch nicht ersichtlich und nicht vorgetragen, dass sie nicht behebbar seien. Zurzeit kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sie zu einer Verfassungswidrigkeit der Hofabgabepflicht führen würden.

22

Soweit die Klägerin Rechtsfragen im Hinblick auf Art 14 Abs 1 und Art 2 Abs 1 GG aufgeworfen hat, enthält die Beschwerdebegründung keine weiteren Argumente für eine erneute Klärungsbedürftigkeit der betreffenden Fragen.

23

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist mit der Kostenfolge entsprechend § 193 SGG zurückzuweisen. Im - hier vorliegenden - Leistungsstreit sind landwirtschaftliche Unternehmer als "Versicherte" iS des § 183 S 1 SGG anzusehen. Sie werden damit von der Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift erfasst.

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(1) Landwirte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn

1.
sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(2) Mitarbeitende Familienangehörige haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(3) Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Landwirte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn

1.
sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(2) Mitarbeitende Familienangehörige haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(3) Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz Fehlens einer sog Hofabgabe.

2

Der 1964 geborene Kläger ist seit dem 1.3.1992 Gesellschafter und Geschäftsführer der W. GmbH. Außer ihm sind drei weitere Personen an der Gesellschaft beteiligt. Der Kläger ist bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich teilweise erwerbsgemindert.

3

Seinen Rentenantrag vom 1.3.2006 lehnte die beklagte Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) mit Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.4.2007 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger nicht aus der GmbH ausgeschieden sei (§ 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 iVm § 21 Abs 8 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte) . Schon unter dem 26.6.2006 hatte die Beklagte den Kläger auf diese fehlende Anspruchsvoraussetzung hingewiesen.

4

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.6.2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.2.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Der Anspruch setze voraus, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Werde ein Unternehmen der Landwirtschaft von mehreren Personen gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben, gelte das Unternehmen gemäß § 21 Abs 8 Satz 1 ALG nur dann als abgegeben, wenn der Unternehmer ausgeschieden sei. Dies erfordere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass sich der Unternehmer gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst habe (Urteil des BSG vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R -) . Im Falle der Beteiligung an einer GmbH müsse der Betroffene seine Gesellschaftsanteile abgegeben haben. Das sei hier nicht der Fall.

5

§ 21 Abs 8 ALG sei verfassungskonform und stehe insbesondere in Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Personengruppe, welcher der Kläger angehöre, nämlich die GmbH-Gesellschafter eines landwirtschaftlichen Unternehmens, werde im Verhältnis zu keiner anderen Personengruppe gleichheitswidrig benachteiligt, insbesondere nicht im Verhältnis zu Personen, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der allgemeinen Rentenversicherung erhielten, bei denen das Erfordernis der Abgabe des Unternehmens indes nicht bestehe. Die Notwendigkeit der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung einer Rente aus der landwirtschaftlichen Altersversorgung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu beanstanden. Verstöße gegen Art 14 und Art 12 GG seien ebenfalls nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Verfassungsrecht. Die in dem angefochtenen Urteil angewendete Vorschrift des § 21 Abs 8 ALG verstoße gegen Art 3, 12 und 14 GG. Ein Ausscheiden aus der GmbH, die über keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen verfüge, sei ihm auch nicht möglich, da er für deren Schulden Bürgschaften geleistet habe. Das angefochtene Urteil beruhe zudem auf unvollständigen und damit fehlerhaften Feststellungen, da der Inhalt der Bundestags-Protokolle zum Gesetzgebungsverfahren des ALG nicht festgestellt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2009, das Urteil des SG Speyer vom 26. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Revision des Klägers für unbegründet.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Zutreffend hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Wie die beklagte LAK zu Recht entschieden hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

12

Der aufgrund des Rentenantrages vom 1.3.2006 zu beurteilende Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des ALG vom 29.7.1994 (BGBl I 1890 idF der bis zur Revisionsentscheidung ergangenen Änderungsgesetze, zuletzt durch das Gesetz vom 21.12.2008 ) . Nach dessen § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 haben Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI sind, sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 3 Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.

13

Ob der Kläger die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 3 des § 13 Abs 1 Satz 1 ALG erfüllt, kann das Revisionsgericht aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Entsprechender Feststellungen bedarf es indes hier nicht, denn der Anspruch des Klägers scheitert jedenfalls an der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, weil er das Unternehmen der Landwirtschaft nicht - wie erforderlich - abgegeben hat (1). Die gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG iVm § 21 ALG gesetzlich verankerte Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft für landwirtschaftliche Unternehmer gilt ausnahmslos auch für den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; entgegen dem Klageziel und dem Vorbringen des Klägers ergibt sich weder durch Auslegung noch durch richterliche Rechtsfortbildung die Möglichkeit, von ihr im vorliegenden Fall abzusehen (2). Sie verstößt nicht gegen das Grundgesetz (3).

14

1) Die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert nach § 21 Abs 1 ALG grundsätzlich die Übertragung des Eigentums an den genutzten Flächen. Dem stehen nach § 21 Abs 2 und Abs 4 ALG Tatbestände gleich, die eine langjährige Unmöglichkeit, Flächen landwirtschaftlich zu nutzen, umschreiben. Weitere der Abgabe gleichgestellte Tatbestände enthalten § 21 Abs 5 bis 7 ALG. Eine (tatsächliche) Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert danach einen prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7 RdNr 23 mwN) . Nach § 21 Abs 8 Satz 1 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft, das ua von mehreren gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben wird, nur dann als abgegeben, wenn der (Mit-)Unternehmer aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, also sich gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst hat(s BSG Urteil vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R - SozR 4-5868 § 30 Nr 1 RdNr 25 zu dem dem § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 wortlautgleichen, für die Regelaltersrente geltenden § 11 Abs 1 Nr 3 ALG iVm § 21 Abs 8 Satz 1 ALG) .

15

Sofern der landwirtschaftliche Unternehmer an einer GmbH (juristische Person nach § 13 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) beteiligt ist, ist danach erforderlich aber auch ausreichend, dass er sich von seinen Anteilen an der GmbH dauerhaft trennt. Er muss sich seiner Anteile am Stammkapital (s §§ 5, 3 GmbHG) vollständig entäußern. Die Funktion eines Geschäftsführers der GmbH müsste der Unternehmer nicht zugleich aufgeben. Bei Zahlung eines Arbeitsentgelts für die Tätigkeit als (Nur-)Geschäftsführer wäre er als abhängig Beschäftigter gemäß § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Andererseits führte die alleinige Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer zwar zu einem Entfallen der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte (s § 1 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Satz 3 ALG, wonach die Mitgliedschaft in einer juristischen Person und die hauptberufliche Tätigkeit im Unternehmen kumulativ vorliegen müssen) , indes wäre damit das Unternehmen der Landwirtschaft nicht iS des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG abgegeben.

16

Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben, denn er ist nach wie vor Gesellschafter der W. GmbH. Dies hat das LSG festgestellt. Diese Feststellung ist für das Revisionsgericht bindend, denn sie ist von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden (§ 163 SGG). Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand des Klägers, er könne sich wegen der von ihm übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen nicht von seinem Anteil an der GmbH trennen, führt nicht weiter. Denn Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen.

17

2) Durch Gesetzesauslegung oder durch richterliche Rechtsfortbildung kann von dem gesetzlichen Erfordernis der sog Hofabgabe auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht abgesehen werden.

18

Der Wortlaut des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, wonach Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben, wenn sie das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben haben - und die weiteren Voraussetzungen der Nr 1 bis 3 dieser Vorschrift erfüllen -, ist vom Wortsinn her eindeutig bestimmt. Ebenso klar ist der Wortlaut des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG, der das Ausscheiden des landwirtschaftlichen Unternehmers aus der das Unternehmen betreibenden juristischen Person verlangt. Beiden Vorschriften lässt sich durch juristische Auslegungsmethoden kein vom Wortlaut abweichender Sinn geben. Der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN; s BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81) . Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

19

Auch durch Methoden richterlicher Rechtsfortbildung kann weder von der Voraussetzung der sog Hofabgabe noch von der Voraussetzung des Ausscheidens des Landwirts aus der das Unternehmen tragenden juristischen Person abgesehen werden. Der vom Kläger mehr schlagwortartig und ohne nähere Begründung gebrauchte Begriff einer "planwidrigen Lücke" deutet in die Richtung einer Analogie oder einer teleologischen Reduktion des Gesetzes. Beide Formen der Korrektur eines Gesetzes im Rahmen der Rechtsanwendung verlangen das Vorliegen einer aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie den Absichten des Gesetzgebers erkennbaren planwidrigen Lücke des Gesetzes. Die analoge Anwendung einer anderen gesetzlichen Bestimmung zur Lückenfüllung setzt das Vorliegen einer sog offenen Lücke im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Die Reduktion des Gesetzes im Sinne einer Nichtbeachtung einer ausdrücklichen Regelung verlangt das Bestehen einer sog verdeckten Lücke, bezogen auf eine über den Plan des Gesetzgebers hinausreichende Regelung (zur Ausfüllung von Gesetzeslücken s insgesamt Larenz/Canaris, aaO, 191 ff, 194 insbesondere 198, 202, 210; zur Analogie s BVerfGE 82, 6, 11 ff; 82, 286, 304 f; zur dort noch als Form der Gesetzesauslegung angesehenen teleologischen Reduktion s BVerfGE 35, 263, 279; 88, 145, 166, 167) . Zu einer derartigen Korrektur der §§ 13, 21 ALG im Hinblick auf die Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das über keine eigenen Flächen verfügt, durch einen an einer juristischen Person beteiligten Landwirt, der teilweise erwerbsgemindert ist, besteht indes keine Möglichkeit, weil die Vorschriften des ALG keine planwidrige Lücke aufweisen. Es handelt sich vielmehr um eine abschließende Regelung.

20

a) Die Pflicht zur Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft wurde bereits mit der Schaffung des gesetzlichen Systems der Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl I 1063) als Anspruchsvoraussetzung für alle darin vorgesehenen Renten eingeführt. Während § 2 Abs 1 Buchst c GAL in der Ursprungsfassung von 1957 noch die "Übergabe an den Hoferben" oder eine "sonstige Entäußerung" verlangte, wurde erstmals in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1961 (BGBl I 845) der Begriff der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens eingeführt. Nach § 2 Abs 3 GAL 1961 ist Abgabe die Übergabe des landwirtschaftlichen Unternehmens oder ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft.

21

In der Fassung der Bekanntmachung vom 23.5.1963 (BGBl I 353) sah das GAL nach Vollendung des 65. Lebensjahres das Altersgeld (§ 2 Abs 1) und für erwerbsunfähige landwirtschaftliche Unternehmer das sog vorzeitige Altersgeld (§ 2 Abs 2) vor. Beide Rentenarten hatten nach § 2 Abs 1 Buchst c sowie Abs 2 Buchst c GAL zur Voraussetzung, dass der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen abgegeben hat. Die Absätze 3 bis 8 des § 2 GAL 1963 enthielten detaillierte Bestimmungen zu Begriff und Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens. Die Vorschriften umfassten alle denkbaren Möglichkeiten und beschränkten sich nicht auf die häufigsten Abgabeformen der Übergabe und sonstigen Entäußerung (vgl Noell/Rüller, Die Altershilfe der Landwirte, 6. Aufl 1965, S 69) . Dazu gehört auch die Beendigung eines Vertrages über gepachtete Flächen (vgl zB BSG SozR 5850 § 2 Nr 13) . Die Abgabepflicht sollte auch für das neu in das GAL eingefügte vorzeitige Altersgeld (s dazu BT-Drucks IV/1092, S 1 u 2) das Ziel erreichen, für den Abgebenden in Zukunft eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen, um eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten und die frühzeitige Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (s schon BT-Drucks IV/1092, S 2; vgl BSG SozR Nr 6 zu § 2 GAL aF, Aa 9 f; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 2 S 9; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7, RdNr 23; BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981 - 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8, Kammerbeschluss vom 20.9.1999 - 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) .

22

Mit der Änderung des GAL durch das Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten und den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vom 13.5.1976 (BGBl I 1197) wurden in § 1 Abs 3 Satz 2 GAL Bestimmungen über die Unternehmereigenschaft bei Betreiben eines landwirtschaftlichen Unternehmens von mehreren Personen gemeinsam, durch eine Personenhandelsgesellschaft oder eine juristische Person eingefügt. In § 2 Abs 3 GAL wurde ein Satz eingefügt, wonach, sofern ein landwirtschaftliches Unternehmen iS des § 1 Abs 3 Satz 2 GAL betrieben wird, ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft nur eintritt, wenn der Unternehmer aus dem Unternehmen ausscheidet.

23

b) Mit der zum 1.1.1995 erfolgten Umgestaltung der Altershilfe der Landwirte nach dem GAL in die Alterssicherung der Landwirte nach dem ALG durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) hat der Gesetzgeber an der Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft festgehalten. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung betont insoweit ausdrücklich, dass die Hofabgabe Voraussetzung für eine laufende Geldleistung bleibe (BR-Drucks 508/93, S 65) und "nach wie vor als Voraussetzung einer Rentenleistung beibehalten wird" (BR-Drucks 508/93, S 73 zu § 21) .

24

Das ALG hat das nach § 2 Abs 2 GAL bei Bestehen von Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 Abs 2 Reichsversicherungsordnung vorgesehene vorzeitige Altersgeld durch die in der gesetzlichen Rentenversicherung seit jeher existierende Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ersetzt(§ 13 ALG) . Für die zeitgleiche Einführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit sah der Gesetzgeber des ALG - wie bisher - keinen Raum (s Wirth, Reform des landwirtschaftlichen Alterssicherungsrechts, RV 1994, 201, 203; insbesondere Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447, der dafür systematische Gründe benennt) .

25

Das ALG hat zudem die Vorschriften über die Pflicht zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das von mehreren Personen gemeinsam betrieben wird, aus § 2 Abs 3 GAL iVm § 1 Abs 3 Satz 2 GAL in § 21 Abs 8 ALG übernommen. Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 21 Abs 8 ALG erläutert insofern, dass Abs 8 in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht die Abgabevoraussetzungen bei Mitunternehmern regelt(BR-Drucks 508/93, S 74 zu § 21) .

26

c) Mit Wirkung zum 1.1.2001 sind durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) in § 13 ALG - zeitgleich mit der Rechtsänderung in der gesetzlichen Rentenversicherung - anstelle der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Renten wegen teilweiser und wegen voller Erwerbsminderung eingeführt worden. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung verweist § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ALG auf § 43 SGB VI, sodass die dortigen, allein auf die zeitliche Arbeitsbelastbarkeit eines Versicherten bezogenen Kriterien auch in der Alterssicherung der Landwirte gelten.

27

Die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens wurde auch für diese Rentenarten wie auch für die Regelaltersrente nach § 11 ALG und die vorzeitige Altersrente nach § 12 ALG unter Fortschreibung des § 21 Abs 8 ALG beibehalten. Die Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen zum RRErwerbG erwähnt in Bezug auf die Neufassung bzw Änderung des § 13 ALG die beibehaltene Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens zwar nicht ausdrücklich(s BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 4 - § 13 -) . Jedoch wird die Änderung des § 21 ALG, mit der insbesondere die Begriffe "Erwerbsunfähigkeit" und "erwerbsunfähig" durch die Worte "Erwerbsminderung" und "erwerbsgemindert" ersetzt worden sind, dahin begründet, dass es sich um Folgeänderungen des § 13 handele(BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 8 - § 21 -) . Daraus wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber nach dem ALG idF des RRErwerbG auch Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung an landwirtschaftliche Unternehmer nur leisten will, wenn das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Zuletzt wurde der aus einem Satz bestehende § 21 Abs 8 ALG durch das Gesetz vom 19.12.2007 (BGBl I 3024) um einen - allerdings nur Gesellschaften bürgerlichen Rechts betreffenden (s Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Kassel, Alterssicherung der Landwirte - Kommentar, Stand Januar 2009, § 21 ALG 4.4) - Satz 2 ergänzt.

28

Die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in das ALG stellt eine Erweiterung der Leistungen in der Alterssicherung der Landwirte dar, die teilweise leistungsgeminderte Versicherte in Anspruch nehmen können, aber nicht müssen. Dem Gesetzgeber des ALG hätte es in diesem Zusammenhang sicher freigestanden, aus ähnlichen Erwägungen, wie sie für die Nichteinführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit zum 1.1.1995 maßgeblich gewesen sind (s Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447), von der Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für Landwirte ganz abzusehen. Insbesondere hätte man dafür anführen können, dass nach wie vor selbst die Rente wegen voller Erwerbsminderung wie auch die Altersrenten nur auf eine teilweise Absicherung der Landwirte abzielten, sodass für eine demgegenüber halbierte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenartfaktor nach § 23 Abs 6 ALG als Teil der Rentenformel des § 23 Abs 1 ALG 0,5 statt 1,0) kein Bedarf zu erkennen sei. Letztlich ist damit die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz des an die Hofabgabe gebundenen Anspruchs verglichen mit dem Rechtszustand bis zum 31.12.2000 eine Begünstigung und keine Belastung der Gemeinschaft der versicherten Landwirte. Anders als im Fall des Klägers, bei dem die Inanspruchnahme der Teilrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit möglicherweise kein adäquater Ersatz für das trotz reduziertem Arbeitseinsatz erzielbare Einkommen als landwirtschaftlicher Unternehmer darstellt, kann diese Rente für einen sog Nebenerwerbslandwirt bei gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und möglicherweise eines zusätzlichen Arbeitsentgelts aus Teilzeittätigkeit durchaus erwägenswert sein.

29

d) Die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen der Altershilfe und der Alterssicherung der Landwirte belegt, dass trotz der Reform der Rentenarten bis hin zu den Renten wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung nach § 13 ALG idF des RRErwerbG das Erfordernis der Hofabgabe für Einzellandwirte und Landwirte in Personenmehrheiten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen als wesentliches Strukturelement stets aufrechterhalten worden ist. Einer Nichtanwendung im Rahmen des § 13 ALG durch richterliche Rechtsfortbildung ist die Hofabgabepflicht daher nicht zugänglich. Dies gilt sowohl für landwirtschaftliche Unternehmen, die über keine eigenen Flächen verfügen, als auch für Landwirte, die (nur) teilweise erwerbsgemindert sind.

30

3) Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die Voraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft in der Alterssicherung der Landwirte ausnahmslos auch für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt.

31

Die sog Hofabgabepflicht nach dem GAL und dem ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (BSG SozR 5850 § 2 Nr 1; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7) und ausdrücklich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden beurteilt worden (BSGE 22, 92, 94 f = SozR Nr 5 zu § 2 GAL aF Aa 7; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3, S 21) . Auch soweit § 21 Abs 8 ALG betroffen war, hat das BSG keine durchgreifenden Bedenken gehabt(s BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3; BSG SozR 4-5868 § 30 Nr 1) .

32

Das BVerfG hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt. Der Beschluss des BVerfG vom 30.5.1980 (- 1 BvR 313/80 - SozR 5850 § 2 Nr 6) betraf die erforderliche Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für ein Altersgeld, ebenso die Entscheidung des BVerfG vom 18.12.1981 (- 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8) . Die Entscheidung des BVerfG vom 20.9.1999 (- 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) hatte die Abgabepflicht als Voraussetzung für das Entfallen der Beitragspflicht nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum Gegenstand. Schließlich behandelte die Entscheidung des BVerfG vom 1.3.2004 (- 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr 3) die Einbeziehung der Ehegatten privater Forstwirte in die Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG.

33

Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen. Das BVerfG (aaO) hat mehrfach entschieden, dass die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar sind.

34

Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (s dazu insbesondere BSGE 22, 92, 94 f = SozR, aaO; BVerfG SozR 5850 § 2 Nr 6 und 8 S 16). Gleichermaßen ist deswegen auch Art 14 Abs 1 GG (Schutz des Eigentums) schon in seinem Schutzbereich nicht betroffen (BSGE 22, 92, 96 = SozR, aaO), soweit sich der Kläger als Mitglied einer GmbH und damit in seinem Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt sieht.

35

Art 14 Abs 1 GG kann zudem im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der sog Hofabgabe hier schon deswegen nicht verletzt sein, weil die seit 1992 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung in einem Zeitraum liegt, in dem durchgängig die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat. Die von ihm erworbenen Rentenanwartschaften waren deshalb von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet.

36

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist durch die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ebenfalls nicht verletzt. Zwar trifft der Hinweis des Klägers zu, dass anders als nach dem ALG in der gesetzlichen Rentenversicherung die Abgabe eines Unternehmens für den Anspruch auf eine Rente und insbesondere für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorausgesetzt wird. Diese Ungleichbehandlung der Rentenanspruchsteller ist jedoch wegen der vorliegenden strukturellen Unterschiede zwischen den Sicherungssystemen nach dem ALG und nach dem SGB VI gerechtfertigt. Schon früh hat das BVerfG hinsichtlich der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrenten entschieden, dass die strukturellen Unterschiede der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherung der unselbstständig Beschäftigten einerseits und die Alterssicherung der Landwirte als Versicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer andererseits die unterschiedliche Ausgestaltung der Systeme rechtfertigen (vgl BVerfGE 25, 314 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) . Dies gilt auch für die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung.

37

Selbst wenn man die Gruppe der nach dem ALG versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer mit der Gruppe der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen (s § 2 SGB VI) vergleicht, lässt sich die Hofabgabepflicht wegen der damit verfolgten strukturpolitischen Ziele hinreichend begründen. Eine Notwendigkeit entsprechender, auf die Zusammensetzung der Gesamtheit der Versicherten zielender Maßnahmen hat der Gesetzgeber im SGB VI für die von § 2 SGB VI erfassten vielfältigen Bereiche selbstständiger Tätigkeit nicht gesehen; für die große Gruppe der selbstständigen Landwirte hat er sie indes im Hinblick auf die strukturellen Gegebenheiten der Landwirtschaft aus nachvollziehbaren Erwägungen angenommen.

38

Ein Vergleich der Gruppe der Landwirte, die für eine das Unternehmen tragende GmbH Bürgschaftsverpflichtungen eingegangen sind, mit Landwirten ohne entsprechende Bürgschaften, aber mit eigenen Darlehensschulden lässt keine ungerechtfertigte Gleichbehandlung des zur ersten Gruppe gehörenden Klägers durch das alle landwirtschaftlichen Unternehmer treffende Rentenerfordernis der Unternehmensabgabe erkennen. Es mag in diesem Zusammenhang zwar zutreffen, dass Banken vor der Vergabe von Krediten an eine GmbH angesichts der auf das Stammkapital beschränkten Haftung der Gesellschaft persönliche Bürgschaften der Gesellschafter verlangen (und erhalten). Es ist indes hier auch zu berücksichtigen, dass es der unternehmerischen Freiheit des Einzelnen unterliegt zu entscheiden, in welcher Rechtsform ein Unternehmen der Landwirtschaft geführt werden soll. Überdies ist nicht ersichtlich, warum die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe für einen Bürgen größer sein sollen als für einen Einzellandwirt, der für alle Darlehensverbindlichkeiten unmittelbar persönlich haftet. Jedenfalls muss der Gesetzgeber auf derartige Gegebenheiten, die auf freien unternehmerischen Entscheidungen beruhen, nicht mit Ausnahmen vom Hofabgabeerfordernis reagieren.

39

Entsprechendes gilt, soweit der Kläger sinngemäß eine sachwidrige Gleichbehandlung von Landwirten mit voller und teilweiser Erwerbsminderung rügt. Schon im Hinblick auf die strukturpolitische Funktion der Hofabgabe war der Gesetzgeber nicht gehalten, von diesem Erfordernis bei teilweise erwerbsgeminderten Landwirten abzusehen. Zum einen bleibt diesen auch im Falle einer Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens grundsätzlich die Möglichkeit, ihrem Beruf entsprechend ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen in abhängiger Beschäftigung, zB als Verwalter oder Geschäftsführer, oder in selbstständiger Tätigkeit, zB als Berater, nachzugehen. Zum anderen steht es ihnen frei, ihr landwirtschaftliches Unternehmen weiter zu betreiben und auf die ohnehin recht geringe Rente zu verzichten.

40

Schließlich lässt auch der vom Kläger betonte Umstand, dass die W. GmbH Weinbau ausschließlich auf gepachteten Flächen betreibt, hinsichtlich der Hofabgabepflicht eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung mit auf Eigentumsflächen betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen nicht erkennen. Seit jeher wird Landwirtschaft sowohl auf Eigentumsflächen als auch auf Pachtflächen betrieben, und zwar in den unterschiedlichsten Formen (ausschließlich Eigentum oder Pacht aber auch Mischformen mit unterschiedlichem Umfang). Da nicht ersichtlich ist, dass gerade die Abgabe von Pachtflächen regelmäßig andere oder gar größere Schwierigkeiten mit sich brächte als die Abgabe von Eigentumsflächen, ist schon im Ansatz nicht zu erkennen, dass hinsichtlich der Unternehmensabgabe Differenzierungen geboten gewesen sein könnten. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der ausschließlich auf Pachtflächen wirtschaftet, kann von vornherein nicht damit rechnen, dass er im Alter oder im Falle der Erwerbsminderung durch den Verkauf oder die Verpachtung von Flächen ein gewisses Einkommen erzielen kann. Folglich obliegt es ihm, in anderer Weise Vorsorge zu treffen, um eine als Teilsicherung konzipierte Rente aus der Alterssicherung der Landwirte zu ergänzen. Es würde dem Versicherungsprinzip widersprechen, wenn er aus der Alterssicherung der Landwirte bei gleichen Beiträgen leichter eine Erwerbsminderungsrente erhalten könnte als ein Landwirt, der eigene Flächen bewirtschaftet.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

2

Die Klägerin ist die Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des am 22.3.1947 geborenen und am 16.4.2008 verstorbenen früheren Landwirts W. B., der bei der beklagten Landwirtschaftlichen Alterskasse versichert war (im Folgenden: der Versicherte). Diesem gewährte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.10.2006 (§ 13 ALG) . Dabei verminderte sie den sog allgemeinen Rentenwert wegen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 63. Lebensjahres um 10,8 % (Bescheid vom 5.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007).

3

Das Sozialgericht Hannover (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.6.2008). Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Berufung der Klägerin, mit der diese - wie schon im Klageverfahren - die Verfassungswidrigkeit des der Rentenminderung zugrunde liegenden § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG geltend gemacht hat, zurückgewiesen (Urteil vom 18.9.2008). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Unstreitig habe die Beklagte § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG zutreffend angewandt. Die Vorschrift sei unter keinem Gesichtspunkt verfassungswidrig. Insbesondere liege eine den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG verletzende willkürliche Gleichbehandlung der in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) versicherten Landwirte mit den Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) nicht vor.

4

Mit der - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision macht die Klägerin eine Unvereinbarkeit des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG mit dem GG geltend. Zunächst sei Art 14 Abs 1 GG verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unterfielen Rentenansprüche und Rentenanwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG. § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG greife in das eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaftsrecht des Versicherten auf eine Erwerbsminderungsrente ein, indem er den allgemeinen Rentenwert um einen Abschlag von 10,8 % mindere. § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG stelle keine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar, weil es an einer verfassungsrechtlich gebotenen Rechtfertigung fehle. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei verletzt, denn es mangele an einem legitimen Zweck für die Einführung von Abschlägen auf Erwerbsminderungsrenten nach dem ALG.

5

Auch Art 3 Abs 1 GG sei verletzt. Vorliegend sei zum einen die Gruppe der Erwerbsminderungsrentner nach dem ALG mit der Gruppe der Erwerbsminderungsrentner nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sachwidrig gleichgesetzt worden, indem die in der RV eingeführte Abschlagsregelung pauschal auf die AdL übertragen worden sei. Die Versicherungssysteme der gesetzlichen RV und der AdL wiesen jedoch in ihrer jeweiligen Ausgestaltung (hinsichtlich der Beiträge bzw der Finanzierung wie auch der Leistungen und ihrer Voraussetzungen) erhebliche Unterschiede auf. So habe die Abschlagsregelung bei Erwerbsminderungsrenten in der AdL ganz andere Folgen, und es existierten andere Begleitumstände als in der gesetzlichen RV. Darüber hinaus liege eine unzulässige Gleichbehandlung von Alters- und Erwerbsminderungsrentnern in der AdL vor.

6

Schließlich verstoße die Neuregelung auch gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Einführung der Minderungsregelung werde gerade in Fällen wie demjenigen des Versicherten, der kurz vor Vollendung des 60. Lebensjahres die Erwerbsminderungsrente in Anspruch genommen habe, nur unzureichend abgefedert.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.9.2008 und des SG Hannover vom 25.6.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 5.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007 zu verurteilen, ihr als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes die diesem gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.10.2006 bis 30.4.2008 unter Berücksichtigung eines unverminderten allgemeinen Rentenwertes zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Revision für unbegründet.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Der Klägerin, die als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 SGB I das Begehren des Versicherten, ihres verstorbenen Ehemannes, weiterverfolgt, eine höhere als die diesem für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 30.4.2008 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines nicht nach § 23 Abs 8 Satz 1 und Satz 2 ALG verminderten allgemeinen Rentenwerts zu erhalten, steht der von ihr geltend gemachte Anspruch nicht zu (dazu unter 1.). Darin liegt nach Überzeugung des Senats keine Grundrechtsverletzung (dazu unter 2.).

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1. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer höheren Erwerbsminderungsrente setzt zunächst voraus, dass dem Versicherten ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach § 13 ALG zustand. Ob die Voraussetzungen des § 13 ALG gegeben sind, kann durch den Senat nicht abschließend geprüft werden, da die Instanzgerichte hierzu keinerlei Feststellungen getroffen haben. Gleichwohl muss die Sache nicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen werden, weil - auch bei unterstelltem Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 ALG - ein Anspruch auf höhere Rente nach den dann maßgeblichen Vorschriften nicht in Betracht kommt.

13

Die Höhe der dem Versicherten nach § 13 ALG mit Bescheid vom 5.12.2006 für die Zeit ab 1.10.2006 gewährten Erwerbsminderungsrente richtet sich nach § 23 ALG. Maßgeblich war zunächst dessen Fassung vom 24.7.2003 (BGBl I 1526) , die bis zum 30.4.2007 gegolten hat. Die mit Wirkung ab 1.5.2007 erfolgte Einfügung der Sätze 6 und 7 in § 23 Abs 2 ALG durch das Gesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Soweit das Gesetz vom 20.4.2007 mit Wirkung ab 1.1.2008 auch § 23 Abs 8 ALG geändert hat, wirkt sich dies nach der Übergangsvorschrift des § 93a Abs 1 und 3 ALG hier nicht aus. Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente des Versicherten, wenn die Steigerungszahl, der Rentenartfaktor und der allgemeine Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Dabei ist die Steigerungszahl nach Maßgabe von § 23 Absätze 2, 3 und 5 ALG, der Rentenartfaktor nach § 23 Abs 6 ALG zu ermitteln. Der allgemeine Rentenwert bestimmt sich im Grundsatz nach § 23 Abs 4 ALG. Bei Inanspruchnahme von Renten vor Erreichen eines bestimmten Lebensalters ist dieser gemäß § 23 Absätze 8 bis 11 ALG zu vermindern. Schließlich ist bei Rentenbeginn zwischen dem 1.7.1995 und dem 30.6.2009 nach den Übergangsregelungen der §§ 97 und 99 ALG ggf ein Zuschlag hinzuzufügen, der sich anhand einer Vergleichsberechnung mit dem Anspruch ergibt, der nach dem bis zum 31.12.1994 geltenden Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) zu errechnen gewesen wäre.

14

Ausgehend von diesen Regelungen hat die Beklagte die Rentenhöhe der dem Versicherten gewährten Erwerbsminderungsrente zutreffend berechnet. Sie hat insbesondere zu Recht einen um 10,8 % geminderten allgemeinen Rentenwert in die Rentenberechnung eingestellt. Dies folgt aus § 23 Abs 8 ALG in der Fassung vom 24.7.2003, die wie folgt lautet:

        

"(8) Für jeden Kalendermonat,
1. für den eine Rente wegen Erwerbsminderung vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird,
2. (…)
3. (…)
vermindert sich der allgemeine Rentenwert um 0,3 vom Hundert (Abschlag); dies gilt nicht hinsichtlich eines nach Absatz 5 zu gewährenden Zuschlags zu Renten wegen Todes. Bei Renten wegen Erwerbsminderung und bei Renten wegen Todes beträgt der Abschlag höchstens 10,8 vom Hundert, es sei denn, aus den diesen Renten zugrunde liegenden Steigerungszahlen wurde bereits eine vorzeitige Altersrente ermittelt. Der verminderte allgemeine Rentenwert gilt auch für Bezugszeiten nach Vollendung des 65. Lebensjahres."

15

Da der Versicherte die Erwerbsminderungsrente 42 Monate vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, hat die Beklagte den allgemeinen Rentenwert nach § 23 Abs 8 Satz 2 ALG rechnerisch zutreffend um den Höchstwert von 10,8 % gemindert. Die Richtigkeit der Berechnungen ist im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht streitig.

16

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG nicht gegen das GG. Zwar kann sich die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 SGB I auch auf eine verfassungswidrige Verkürzung von Grundrechten des Versicherten berufen, weil sie mit ihrer Klage die Zahlung einer höheren als der dem Versicherten gewährten Rente erstrebt und folglich die Geltendmachung eines nicht höchstpersönlichen Anspruchs des Versicherten fortführt (vgl hierzu BVerfGE 88, 366, 374) . Die von ihr behauptete Verletzung von Grundrechten in der Person des verstorbenen Versicherten liegt indes nicht vor.

17

a) Die Klägerin kann zunächst nicht mit Erfolg geltend machen, durch die Zugrundelegung eines um 10,8 % geminderten allgemeinen Rentenwertes für die Berechnung der Erwerbsminderungsrente des Versicherten sei dieser in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (Eigentumsgarantie) verletzt worden.

18

Rentenansprüche und -anwartschaften werden vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art 14 Abs 1 GG erfasst (vgl BVerfGE 122, 151, 180 ff; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50 mwN; stRspr). Dazu gehören auch die Rentenanwartschaften in der AdL (vgl BSG, Urteil vom 30.3.2006 - Az B 10 LW 3/04 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 2; Entsprechendes lässt sich mittelbar auch der Rechtsprechung des BVerfG entnehmen, vgl BVerfGE 25, 314, 321 f = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) .

19

Der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG ist vorliegend dadurch tangiert, dass im Vergleich zur bis zum 31.12.2000 geltenden Rechtslage eine Verschlechterung für den verstorbenen Versicherten insoweit eingetreten ist, als aufgrund seiner Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres der allgemeine Rentenwert um 10,8 % gemindert wurde.

20

Die monatliche Verminderung des allgemeinen Rentenwerts um 10,8 % (also von 12,06 auf 10,76) geht zurück auf das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) , mit welchem erstmals in § 23 Abs 8 ALG eine Regelung über die Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Erwerbsminderungsrenten eingeführt wurde. Im Falle des Versicherten bewirkte die Regelung des § 23 Abs 8 ALG in der hier maßgeblichen Fassung, die insoweit gegenüber der Fassung des RRErwerbG keine wesentliche Änderung erfahren hat, (unter Außerachtlassung anzurechnenden Einkommens im Monat Oktober 2006) eine monatliche Absenkung des Rentenbetrages (Netto) von 232,42 Euro auf 207,36 Euro, also um 25,06 Euro, was in etwa 10,8 % entspricht.

21

Zwar hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen jedenfalls teilweisen Ausgleich der Minderung des allgemeinen Rentenwerts durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten vorgesehen. Der Erwerbsgeminderte wird nach § 19 Abs 1 ALG nunmehr so gestellt, als ob er bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres weitergearbeitet hätte, während vorher die Zeit ab dem 55. Lebensjahr lediglich zu einem Drittel berücksichtigt wurde (vgl § 19 Abs 1 ALG in den bis zum 1.1.2001 geltenden Fassungen) . Allerdings findet § 19 Abs 1 ALG aufgrund der Regelung des § 19 Abs 3 ALG ua dann keine Anwendung, wenn die erforderliche Vorversicherungszeit (§ 13 Abs 1 Satz 1 Nr 2 ALG) nur aufgrund von in der gesetzlichen RV anerkannten Beitragszeiten (§ 13 Abs 2 Nr 2 ALG) erfüllt ist. Zwar hat das LSG dazu keine Feststellungen getroffen, jedoch ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, dass diese Vorschrift im Falle des Versicherten, der seit dem 1.1.1998 keine Beitragszeiten in der AdL mehr zurückgelegt hat, zum Tragen gekommen ist. Denn bei diesem sind keine Zurechnungszeiten berücksichtigt worden. Dementsprechend hat die Minderung des allgemeinen Rentenwerts um 10,8 % bei ihm auch zu einer Nettorentenminderung in diesem Umfang geführt.

22

Die an Art 14 Abs 1 GG zu messende Rentenminderung stellt eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar.

23

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz für Rentenanwartschaften nach Art 14 GG schließt deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht schlechthin aus. Insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften lässt die Eigentumsgarantie grundsätzlich zu (vgl BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) . Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG (vgl BVerfGE 53, 257, 292 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 70, 101, 110 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 75, 78, 97 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 461 f; BVerfGE 100, 1, 37 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) . Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) .

24

Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 122, 151, 182; stRspr) . Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) . Die eigene Leistung kommt dabei vor allem in einkommensbezogenen Beitragszahlungen zum Ausdruck (vgl BVerfGE 53, 257, 291 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; BVerfGE 69, 272, 301 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 128 f; BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) . Sie rechtfertigt es, dass der durch sie begründeten rentenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als einer Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 122, 151, 180 ff; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; stRspr) .

25

Knüpft der Gesetzgeber - wie hier - an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen, der für die vermögenswerten Güter und damit auch für die rentenrechtliche Anwartschaft in Art 14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl BVerfGE 58, 81, 120 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; BVerfGE 64, 87, 104 = SozR 5121 Art 2 § 2 Nr 1; BVerfGE 71, 1, 11 f = SozR 5120 Art 2 § 2 Nr 1 S 2; BVerfGE 76, 220, 244 f = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 16; BVerfGE 122, 151, 187; stRspr) .

26

Der Gesetzgeber ist mit der zur Prüfung gestellten Vorschrift des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG im Rahmen seiner Befugnis geblieben, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten. Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Anwartschaft des Versicherten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt (dazu unter aa) und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (dazu unter bb). § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verstößt im Übrigen auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (dazu unter cc).

27

aa) Die zum 1.1.2001 durch das RRErwerbG in § 23 Abs 8 ALG erfolgte Einführung der Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres dient verfassungsrechtlich relevanten erheblichen Gemeinwohlinteressen. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, in welchem diese Neuregelung erlassen wurde.

28

Die Einführung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG ist Bestandteil einer größeren Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Gesetzgeberischer Ausgangspunkt war eine Neuregelung des Rechts der Erwerbsminderungsrenten in der gesetzlichen RV (dazu unter (1)); im Zuge derselben hat er auch die Regelungen des ALG zur Höhe der Erwerbsminderungsrenten geändert (dazu unter (2)).

29

(1) Ein Schwerpunkt des RRErwerbG vom 20.12.2000 war (neben einer Ersetzung der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten durch Renten wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung) die Einführung der Berechnungsregelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI, nach welcher in der gesetzlichen RV der Zugangsfaktor bei Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung - damals: des 63. Lebensjahres - um 0,003 Punkte pro Lebensjahr abgesenkt wird (so die jetzt maßgebliche Auslegung durch die zuständigen Rentensenate des BSG, vgl Urteil vom 14.8.2008 - B 5 R 32/07 R - BSGE 101, 193 ff = SozR 4-2600 § 77 Nr 5; Urteile vom 14.8.2008 - B 5 R 88/07 R und B 5 R 140/07 R -; bestätigt nochmals durch das Urteil vom 25.11.2008 - B 5 R 112/08 R - juris; anders noch der - inzwischen nicht mehr zuständige - 4. Senat des BSG, vgl BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, jeweils RdNr 22 f) . Wie der 5. Senat des BSG bereits ausgeführt hat, ist diese Absenkungsregelung wiederum Teil einer Gesamtstrategie, mit der in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten auf die demografische Entwicklung der Versichertengemeinschaft reagiert und die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung langfristig gesichert werden sollte. Sie enthielt zunächst die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Minderung des Zugangsfaktors für vorzeitige Altersrenten durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) und wurde mit einer nochmaligen Anhebung von Rentenaltersgrenzen durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) in jüngster Vergangenheit fortgeführt (vgl auch dessen Begründung, BT-Drucks 16/3794 S 1) . Damit sollte in der gesetzlichen RV eine sozial angemessene und finanziell tragfähige Alterssicherungspolitik verwirklicht und ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung geleistet werden (vgl Nationaler Strategiebericht der Bundesregierung, Sozialschutz und soziale Eingliederung vom 9.8.2006, BR-Drucks 583/06 S 33) .

30

In diesem Gesamtzusammenhang steht auch die Absenkung des Zugangsfaktors für Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten nach Maßgabe des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Auch diese Regelung verfolgt entsprechende finanzielle Ziele. Dem Gesetzgeber ging es zwar einerseits darum, eine "Flucht" vor einer abgesenkten vorzeitigen Altersrente in die bis dahin ungeminderte Erwerbsminderungsrente zu verhindern und so eine sachgerechte und sozial ausgewogene Risikoabgrenzung zwischen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu statuieren (vgl BT-Drucks 14/4230 S 23) . Andererseits wollte er aber auch dem versicherungsmathematischen Ungleichgewicht entgegensteuern, das in einem früh beginnenden Rentenbezug liegt. Der Vorteil der früheren Inanspruchnahme einer Rente besteht darin, dass die Summe der gezahlten Rentenleistungen statistisch gesehen höher ist als bei einem späteren Rentenbeginn, weil die Rentenlaufzeit statistisch insgesamt länger ist. Ein früher Renteneintritt bedeutet daher trotz der durch fehlende Beitragszeiten bedingten geringeren Rente eine Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft, die durch einen abgesenkten Zugangsfaktor begrenzt werden kann (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 23) . Auch dieser Äquivalenzgedanke findet sich in der Gesetzesbegründung zum RRErwerbG wieder (BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 16 und zu Nr 22) .

31

Damit dient die Einführung einer Absenkungsregelung für Erwerbsminderungsrenten in der gesetzlichen RV ersichtlich dem Ziel, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der RV im Interesse aller zu erhalten und den - vor allem durch den demographischen Wandel bedingten - veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Es ging dem Gesetzgeber insoweit vor allem um eine Verlangsamung der nach früherem Recht zu erwarten gewesenen Erhöhungen des Beitragssatzes in der RV und der entsprechenden Mehrausgaben des Bundes (so das BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 35, unter Verweis auf BT-Drucks 14/4230 S 36 mit Tabelle Nr 1) .

32

Das BVerfG hat bereits mehrfach entschieden, dass finanzielle Erwägungen dieser Art, also das Ziel der Stabilisierung der Finanzen eines Versicherungssystems wie der gesetzlichen RV, einen legitimen Grund für den Eingriff in Rentenanwartschaften darstellen (vgl jüngst zB BVerfGE 122, 151, 183; BVerfGE 117, 272, 297 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 63) . Mit Blick darauf hat der 5. Senat des BSG auch die durch § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bedingten Änderungen im Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung schon allein aufgrund der finanziellen Erwägungen für verfassungsgemäß erachtet (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5) .

33

(2) Im Ergebnis ist auch die mit demselben Reformgesetz eingeführte Minderungsregel des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verfassungsrechtlich nicht anders zu bewerten. Sie beinhaltet eine dem § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI in den Auswirkungen auf den Rentenanspruch entsprechende Regelung und ist ebenfalls durch erhebliche finanzielle Gemeinwohlbelange gerechtfertigt. Diese liegen in der Verschränkung von RV und AdL hinsichtlich des Beitrags-/Leistungsverhältnisses begründet.

34

(a) Schon im Zuge der Vorbereitungen der Reform der gesetzlichen Regelungen zu den Erwerbsminderungsrenten war die Absicht formuliert worden, die in der gesetzlichen RV vorgesehenen Änderungen in engem zeitlichen Zusammenhang durch gleichgerichtete und wirkungsgleiche Maßnahmen in anderen ganz oder überwiegend öffentlich finanzierten Alterssicherungssystemen zu flankieren (vgl Wirth, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204 unter Verweis auf die Vorschläge der Kommission zur Fortentwicklung der Rentenversicherung) . Daher hat der Gesetzgeber durch das RRErwerbG einen Rentenabschlag in der AdL eingeführt, der demjenigen in der allgemeinen RV - unter Berücksichtigung der Besonderheiten der landwirtschaftlichen Alterssicherung - entsprechen sollte (vgl BT-Drucks 14/4230 S 1 und 24; BT-Drucks 14/4630 S 2) und tatsächlich auch entspricht. In der gesetzlichen RV erfolgt die Absenkung gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI im Rahmen des Zugangsfaktors. Da die Renten nach dem ALG jedoch ohne Zugangsfaktor berechnet werden, musste die Neuregelung im ALG abweichend gestaltet werden.

35

Anders als in der gesetzlichen RV spielt bei der Beitragsbemessung gemäß § 68 ALG die Höhe des in der aktiven Erwerbsphase des Landwirts erzielten Einkommens keine Rolle; es wird vielmehr ein für alle Versicherten gleich hoher Einheitsbeitrag erhoben (vgl dazu Koch/Möller-Schlotfeldt in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherungsrecht, § 65 RdNr 12) . Dementsprechend ergibt sich die Rentenhöhe nach § 23 Abs 1 ALG nicht unter Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten, deren Höhe von erzieltem und den geleisteten Beiträgen zugrunde liegendem Erwerbseinkommen sowie einem Zugangsfaktor abhängt, sondern anstelle dessen anhand der Steigerungszahl, die ausschließlich bestimmt wird durch die Anzahl der mit Beitrags- oder Zurechnungszeiten belegten Kalendermonate.

36

Infolge dieser Besonderheiten ordnet § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG in der hier maßgeblichen Fassung eine Minderung des allgemeinen Rentenwerts um 0,3 % für jeden Kalendermonat an, für den eine Rente wegen Erwerbsminderung vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird. Die Anwendung der Minderungsregelung bei Inanspruchnahme einer Rente vor dem 63. Lebensjahr führt rechnerisch zu denselben Nettobetragsminderungen wie in der gesetzlichen RV: In beiden Rentenformeln ist im Ergebnis einer der in die Formel eingestellten Faktoren durch den Minderungsfaktor ergänzt, wobei der Abschlag um 0,3 % pro Kalendermonat vorzeitiger Inanspruchnahme in der AdL dem in der RV verwendeten Faktor (1 - 0,003 pro Kalendermonat) entspricht. In beiden Gesetzen finden sich im Übrigen Regelungen, die den Abschlag auf höchstens 10,8 % begrenzen.

37

(b) Die Minderungsregelung im ALG wird ebenso wie die im SGB VI durch gewichtige finanzielle Interessen gerechtfertigt, die einen verfassungsrechtlich beachtlichen Gemeinwohlbelang darstellen. Nur durch diese Maßnahme wird nämlich in der AdL die Aufrechterhaltung der Beitragsstabilität gewährleistet, ohne dass es ungebremst zu Mehrausgaben des Bundes kommt. Das hängt insbesondere mit der seit 1995 bestehenden Anbindung des Beitragsrechts der AdL an die gesetzliche RV zusammen.

38

Die AdL wurde 1957 zunächst als ein rein auf Beitragsfinanzierung beruhendes Solidarsystem eingeführt (vgl hierzu Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995, S 26) , dessen Einnahmen allein durch den erhobenen Einheitsbeitrag gespeist wurden. Aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft und des damit einhergehenden Schwundes an Beitragszahlern nahmen an diesem System allerdings schon bald mehr Leistungsbezieher als Beitragszahler teil; der demographische Wandel wirkte sich dort also viel früher aus als in der gesetzlichen RV (vgl hierzu Hagedorn/Mehl, Sozialpolitische Reformen für die deutsche Landwirtschaft: Herausforderungen und Empfehlungen, Internationale Revue für Soziale Sicherheit, 54, 1/2001, 101 ff; Deisler, Die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung in Deutschland, SdL 2005, 26, 29) . Infolgedessen stieg der monatliche Einheitsbeitrag sprunghaft an (von 36 DM im Jahr 1973 auf 220 DM im Jahr 1989; vgl dazu mit weiteren Zahlenbeispielen Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995, S 25 f).

39

Diese Entwicklung machte eine umfassende Agrarsozialreform erforderlich, die durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) umgesetzt wurde (vgl hierzu die Gesetzesbegründung in BR-Drucks 508/93, S 62 ff) . Da man das der landwirtschaftlichen Altersvorsorge eigene System der Erhebung eines Einheitsbeitrags (allerdings ergänzt durch einkommensabhängige Beitragszuschüsse) beibehalten wollte (vgl BR-Drucks aaO, S 66) , war es erforderlich, das Beitrags-/Leistungsverhältnis der AdL an systemexternen Maßstäben auszurichten, um dauerhaft eine Stabilität des Einheitsbeitrags zu gewährleisten. Als Referenzsystem wurde dabei aus Gründen einer möglichst gleichförmigen Entwicklung aller Alterssicherungssysteme dasjenige System herangezogen, das für den größten Teil der Bevölkerung gilt, nämlich die gesetzliche RV (vgl Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 98 f; Hagedorn/Mehl, Sozialpolitische Reformen für die deutsche Landwirtschaft: Herausforderungen und Empfehlungen, Internationale Revue für Soziale Sicherheit 2001, 101,108) . Inhalt der Agrarsozialreform war es daher unter anderem, in der AdL die Beiträge von der Entwicklung der Ausgaben abzukoppeln und diese stattdessen an der Entwicklung der Beiträge in der gesetzlichen RV zu orientieren (vgl BR-Drucks aaO, S 72; vgl dazu von Einem, Das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, ZfS 1995, 1, 4) .

40

Ermöglicht wurde diese Neustrukturierung durch eine gleichzeitige Umstellung des gesamten Finanzierungssystems der AdL. Es wurde die sogenannte Defizithaftung des Bundes eingeführt (vgl dazu Deisler, Die Alterssicherung der Landwirte nach der Agrarsozialreform 1995, DRV 1996, 825, 845) . Seither wird eine Differenz zwischen Beitragseinnahmen und Ausgaben im Sinne einer Ausfallgarantie durch den Bund ausgeglichen. Aufgrund der weiterhin rückläufigen Zahl der Beitragszahler in der AdL macht der durch den Bund finanzierte Anteil deutlich mehr als die Hälfte (zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung: 72 %) aller Ausgaben aus (vgl Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2001, SdL 2002, 132, 137; vgl zur entsprechenden Weiterentwicklung den Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2009, BT-Drucks 17/55 S 6, demzufolge mittlerweile bereits 77 % aller Kosten aus Bundesmitteln finanziert werden; vgl zu dieser Entwicklung auch Koch, LSV im Wandel - Änderungen im agrarsozialen System, WzS 2008, 257, 259, sowie Mehl, Reformen des agrarsozialen Sicherungssystems in der BRD: Rückblick und Ausblick, SdL 1999, 241, 246) .

41

Durch die beschriebene Anbindung der AdL an die gesetzliche RV ist es dem Gesetzgeber gelungen, den Beitragszahlern seither eine hohe Beitragsstabilität zu garantieren, die die AdL weitgehend unabhängig von dem Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsbeziehern macht (vgl Stüwe, Ein Jahr Agrarsozialreformgesetz, SdL 1996, 59, 70; Wirth, Reform des landwirtschaftlichen Alterssicherungsrechts, rv 1994, 201, 205) . Strukturelle Veränderungen in der Landwirtschaft können also nicht mehr zu unerwartet starken Beitragserhöhungen führen (vgl Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 37; vgl auch Stüwe, Ein Jahr Agrarsozialreformgesetz, SdL 1996, 59, 61) . Allerdings sind umgekehrt durch die mit dem ASRG 1995 erfolgte Annäherung der AdL an die gesetzliche RV auch entscheidende Weichen für die weitere Rechtsentwicklung der AdL gestellt worden (vgl Deisler, Die Agrarsozialpolitik aus Sicht der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, SdL 2004, 89, 96) .

42

Folge der sich im Grundsatz als für die Beitragszahler günstig darstellenden Neustrukturierung des Beitragssystems in der AdL ist es nämlich, dass Gesetzesänderungen in der gesetzlichen RV, die das Beitrags-/Leistungsverhältnis dort in erheblichem Maße betreffen, in entsprechender Weise in der AdL nachvollzogen werden müssen (vgl Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 98 f; ders, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204 f; ders, Anhebung der Altersgrenzen in der Alterssicherung der Landwirte und weitere Änderungen im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, SdL 2006, 261, 263) , wenn man nicht dahin zurückkehren will, den Einheitsbeitrag in der AdL wieder abhängig zu machen von systeminternen Schwankungen. Denkbar wäre allenfalls noch, das entstehende Missverhältnis in der AdL durch eine entsprechende Ausweitung der Defizithaftung des Bundes aufzufangen. Dies führte jedoch zu dem widersinnigen Ergebnis, dass Gesetzesänderungen zum Beitrags-/Leistungsverhältnis, die in der gesetzlichen RV zur Verlangsamung von Beitragserhöhungen und Ausgabensteigerungen des Bundes (vgl dazu BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 35) eingeführt werden, im System der AdL wiederum Mehrausgaben des Bundes nach sich zögen, die zu vermeiden gerade die Absicht des Gesetzgebers war (vgl dazu auch den Lagebericht der Bundesregierung über die AdL 2001, SdL 2002, 132, 138) .

43

Die Einführung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG erklärt sich damit dadurch, dass das 1995 zur Beitragsstabilisierung geschaffene System der extern orientierten Beitragsbemessung in der AdL bewahrt werden sollte. Denn eine so erhebliche Einschränkung des Leistungsrechts in der gesetzlichen RV, wie sie durch die Einführung der Abschlagsregelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI erfolgt ist, führt auch zu einer wesentlichen Änderung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der gesetzlichen RV. Unter diesen Bedingungen ist in der AdL nur dann - ohne Rückkehr in die früheren Beitragssteigerungen und ohne Ausweitung der Defizithaftung des Bundes - ein weiterhin konstanter Beitrag möglich, wenn dort eine gleichgewichtige Rechtsänderung erfolgt (vgl Wirth, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204, 205) .

44

Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber mit der Übertragung der Neuregelungen im Bereich der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf die AdL einen wichtigen Gemeinwohlbelang verfolgt. Er setzt auf diese Weise - als Konsequenz aus der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Einführung einer Abschlagsregelung in der gesetzlichen RV durch § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI (vgl hierzu nochmals das BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5) - den eingeschlagenen Weg zur Garantie stabiler Beitragssätze und folglich im Ergebnis auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des berufsständischen Systems der AdL fort (zu einer entsprechenden, schon damals gerechtfertigten Zielsetzung im Rahmen des ASRG 1995; vgl auch BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 2) . Indem der Gesetzgeber eine Minderung auf der Leistungsseite wählt, verhindert er gleichzeitig, dass die Defizithaftung des Bundes systembedingt noch weiter zu erhöhen ist. Es waren mithin für die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG sowohl finanzielle als auch systemerhaltende Erwägungen maßgebend (vgl dazu auch nochmals den Lagebericht der Bundesregierung über die AdL 2001, SdL 2002, 132, 138).

45

Zwar hat der Gesetzgeber diese Motivlage nur angedeutet, indem er von einer "Übertragung der Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf die AdL" gesprochen hat (vgl BT-Drucks 14/4230 S 1, 24) . Dass er insoweit die spezifische Verschränkung der beiden Systeme für maßgeblich erachtet hat, lässt sich jedoch daran erkennen, dass er in der weiteren Begründung durchgängig das Erfordernis der Schaffung einer Regelung "wie in der gesetzlichen RV" oder "in Anlehnung an die Rentenberechnung nach dem SGB VI" betont hat (vgl BT-Drucks aaO, S 32 f) .

46

Auf den von der Klägerin erhobenen Einwand, dass das durch den Gesetzgeber für die gesetzliche RV formulierte Motiv der Verhinderung einer Ausweichreaktion aus der Altersrente in die Erwerbsminderungsrente auf die AdL nicht übertragen werden könne (mit diesem Einwand im Übrigen auch Giese, Die Reform der Renten wegen Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung und ihre Auswirkungen auf die Alterssicherung der Landwirte, SdL 2000, 129 f) , kommt es daher verfassungsrechtlich nicht entscheidend an.

47

bb) Die damit im öffentlichen Interesse liegende Minderung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente aus der AdL vor Vollendung des 63. Lebensjahres war auch verhältnismäßig im weiteren Sinne, dh geeignet, erforderlich und zumutbar.

48

(1) Die Regelung war zunächst geeignet, das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel zu erreichen. Dem Gesetzgeber steht - wie dies das BVerfG erneut in seinem Beschluss vom 27.2.2007 (BVerfGE 117, 272, 295 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 58 f) zum Ausdruck gebracht hat - im Sozialversicherungsrecht wie in allen komplexen, von künftigen Entwicklungen abhängigen Regelungsbereichen ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Bei der Ausgestaltung von Versicherungsverhältnissen (wozu auch Leistungsverhältnisse in der AdL gehören) benötigt der Rentengesetzgeber Flexibilität, die ihm nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht verwehrt werden kann. Dabei kommt ihm im Bereich der AdL eine besonders hohe Gestaltungsfreiheit zu, weil dort die Rentenanwartschaften durch einen - verglichen mit den vom Bund zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln - weit kleineren Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind als in der gesetzlichen RV (vgl dazu BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; dies hebt das BVerfG selbst im Übrigen an anderer Stelle ausdrücklich hervor, vgl BVerfGE 25, 314, 323 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) .

49

Das angestrebte Ziel der Aufrechterhaltung von stabilen Einheitsbeiträgen trotz fortschreitenden demographischen und strukturellen Wandels unter gleichzeitiger Verhinderung von nach oben schnellenden Mehrausgaben des Bundes wird durch das in § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG angelegte Schritthalten mit der Regelung der gesetzlichen RV erreicht. Die in der AdL erhobenen Einheitsbeiträge bleiben infolge ihrer weiterhin bestehenden Orientierung am Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen RV im Grundsatz stabil. Die Vorschrift über die Minderung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres bewegt sich daher innerhalb des aufgezeigten verfassungsrechtlichen Einschätzungsspielraums.

50

(2) Die Regelung genügt auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht des Versicherten nicht oder doch weniger einschränkendes Mittel hätte wählen können.

51

Der Gesetzgeber kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, eine Einsparung in anderen, von dem betroffenen Gesetz nicht erfassten Bereichen zu erzielen (vgl BVerfGE 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91 mwN; BVerfGE 122, 151, 184; stRspr) . Mildere Mittel sind nämlich nicht solche, die die Kostenlast oder die Kosteneinsparungen lediglich verschieben (vgl BVerfGE 109, 64, 86) .

52

Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen, insbesondere - im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen - die Beitragssätze zu erhöhen, die Bestandsrenten abzusenken oder auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu verzichten (vgl BVerfGE 109, 64, 86) . Um dem Erforderlichkeitsgebot Rechnung zu tragen, ist er ebenso wenig gehalten, einen noch höheren Bundeszuschuss vorzusehen und ggf für diesen Zweck Steuern einzuführen oder zu erhöhen (vgl BVerfGE, aaO) . Daher kann der Gesetzgeber auch hier nicht darauf verwiesen werden, den Bundeszuschuss noch weiter anzuheben.

53

Denkbar war allenfalls noch eine erneute Umgestaltung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL. Dies hätte je nach Ausgestaltung für den Versicherten möglicherweise zu einem günstigeren Ergebnis führen können. Ob dies auch für die Versichertengemeinschaft insgesamt gilt, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls unterfällt die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Anpassung der Rentenformel an die Änderungen in der gesetzlichen RV und gegen eine erneute Systemumstellung typischerweise dem gesetzgeberischen Ermessen.

54

(3) Die Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dies gilt im Falle des Versicherten selbst dann, wenn diesem die gesetzgeberische Teilkompensation der Minderungsregelung durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten nach § 19 Abs 1 ALG nicht zugute gekommen ist.

55

Maßgeblich ist, unter welchen Voraussetzungen wie viele Grundrechtsträger wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind; daher ist immer eine Zusammenschau der Gesamtumstände vorzunehmen (vgl BVerfGE 100, 313, 376) . Diese ergeben hier ein insgesamt hinnehmbares Ausmaß der Beeinträchtigung. Insoweit war zunächst zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG nicht in schon bestehende Rentenansprüche, sondern in Rentenanwartschaften eingreift. Anwartschaften sind wegen des großen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und der Entstehung des Rentenanspruchs naturgemäß stärker einer Veränderung der für die Rentenberechnung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen (vgl BVerfGE 122, 151, 181 f; BSGE 92, 206 = SozR 4-2600 § 237 Nr 1, jeweils RdNr 43) und genießen nicht denselben eigentumsrechtlichen Schutz wie die Rente. Auch insoweit ist im Übrigen für die AdL zu berücksichtigen, dass die Rentenanwartschaft zum weitaus größeren Teil aus Steuermitteln, nicht dagegen aus eingezahlten Beiträgen realisiert wird. Dies verringert das Gewicht der eigentumsrechtlich geschützten Position gegenüber den gesetzgeberischen Zielen zusätzlich (vgl hierzu BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) .

56

Weiter ist maßgeblich, dass durch die gewählte Minderungsregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG - wie in der gesetzlichen RV - gerade diejenigen betroffen sind, die aufgrund früheren Rentenbeginns (statistisch gesehen) längere Rentenlaufzeiten als Versicherte erwarten können, die erst im vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Alter Rente beanspruchen (vgl hierzu Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 34) . Auf die gesamte Rentendauer gesehen wird daher den Rentenbeziehern, deren Rente früher beginnt, (statistisch) im Vergleich zu solchen, deren Rente später beginnt, kein Weniger an Leistungen, sondern vielmehr nur nicht mehr ein versicherungsmathematisches Mehr an Leistungen gewährt (vgl hierzu auch das BVerfGE 122, 151, 185 f und 189 f, das im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung davon ausgeht, dass - trotz Abschlag - noch immer die Personen mit früherem Rentenbeginn auf die gesamte Laufzeit gesehen ein Mehr an Leistungen erhalten) . Der einzelne Versicherte wird in versicherungsmathematischer Pauschalierung mit den von ihm selbst verursachten Mehrkosten belastet, indem sein voraussichtlich längerer Rentenbezug durch Rentenabschläge ausgeglichen wird, die von dem Ausmaß des Vorziehens seines Rentenbeginns abhängen. Die Regelung setzt mithin an der Verursachung der Mehrkosten an und beschränkt sich auf die Verursacher (vgl ebenso BVerfGE 122, 151, 185 f) .

57

Zudem ist die Minderungsregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG zum einen von vornherein auf 10,8 % als Höchstmaß begrenzt, zum anderen wurde ihre Einführung gemäß § 19 Abs 1 ALG durch verlängerte Zurechnungszeiten flankiert, die zu einer teilweisen Kompensation der Rentenminderung führen (vgl Schellmann, Die Zurechnungszeit in der landwirtschaftlichen Alterssicherung, SdL 2002, 265, 266; Giese, Die neue Erwerbsminderungsrente in der Alterssicherung der Landwirte, SdL 2002, 228, 232) . Dies hat entsprechend auch der 5. Senat des BSG in seinen Ausführungen zur Verneinung einer Verfassungswidrigkeit von § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI betont (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 39) . Allerdings ist der Klägerin einzuräumen, dass die Erwerbsminderungsrenten in der AdL nicht mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze enden. Der Rentenbezieher muss also einmal bestehende Rentenabschläge auf Dauer in Kauf nehmen, ohne etwa - wie in der gesetzlichen RV - eine zu erwartende Altersrente durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge aufstocken zu können (vgl dazu BSG aaO, jeweils RdNr 44) . Einer Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Anhebung der laufenden Erwerbsminderungsrente steht hier die Regelung des § 5 Abs 1 Nr 3 ALG entgegen.

58

Dem gegenüber ist zu berücksichtigen, dass aus der AdL bezogene Renten lediglich eine Teilsicherung des Landwirtes darstellen. Die Landwirte sind daneben regelmäßig durch die Vermögenssubstanz ihres Unternehmens abgesichert. Bei dessen Weitergabe entstehen Ansprüche auf Altenteilsleistungen oder auf Pachtzinsen, oder es wird (beim Verkauf) verrentbares Geldkapital realisiert (vgl Koch, LSV im Wandel - Änderungen im agrarsozialen Sondersystem, WzS 2008, 257, 258; Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 2) . Im Übrigen dürfen Landwirte als selbstständige Unternehmer darauf verwiesen werden, in erster Linie selbst für den Aufbau einer individuell angemessenen Altersvorsorge verantwortlich zu sein (vgl Deisler, aaO; Flecken, Die Reform der Alterssicherung der Landwirte, SozVers 1995, 57) . In der AdL wirkt sich daher die Minderung der Renten - gerechnet auf die gesamte Alterssicherung - grundsätzlich geringer aus als in der gesetzlichen RV.

59

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte stellt sich die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG aus Sicht des Senats als verhältnismäßig dar. Dies gilt selbst im konkreten Fall des Versicherten, der seit 1.1.1998 keine Beiträge zur AdL mehr entrichtet hat und daher gemäß § 19 Abs 3 ALG nicht von der Kompensationsregelung des § 19 Abs 1 ALG profitiert hat.

60

Zunächst trifft § 23 Abs 8 Nr 1 ALG auch Personen wie den Versicherten schon deshalb nicht unverhältnismäßig hart, weil auch ihnen die Deckelung der Minderung auf 10,8 % nach § 23 Abs 8 Satz 2 ALG zugute kommt. Vor allem aber greift bei solchen Versicherten die Kompensationsregelung des § 19 Abs 1 ALG nur deshalb nicht, weil der Betreffende in den letzten Jahren vor der Erwerbsminderung nicht in der AdL versichert war (vgl § 19 Abs 3 ALG) . Mithin kann er aus diesem System auch keine Kompensation erwarten. Hat er zuletzt Zeiten in der gesetzlichen RV zurückgelegt, kommt bei gleichzeitiger Geltendmachung von Rentenansprüchen aus diesem System ggf dort die Kompensationsregelung nach §§ 53, 253a SGB VI zum Tragen. Insgesamt war die Minderungsregelung daher auch konkret dem Versicherten zumutbar.

61

cc) Schließlich genügt die Neuregelung durch das RRErwerbG auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die für den Eingriff (Minderung des allgemeinen Rentenwerts) maßgebliche Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG hat nicht im Sinne einer echten Rückwirkung zu Ungunsten des Versicherten in eine Rechtsposition eingegriffen, die dieser bereits vor Inkrafttreten des RRErwerbG zum 1.1.2001 innehatte. Vielmehr wurde ihm Rente ab dem 1.10.2006 und damit fast sechs Jahre nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG bewilligt.

62

Ist die gesetzliche Regelung wie hier geeignet, erforderlich und angemessen zum Erreichen eines gewichtigen Gemeinwohlbelangs, war der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips nur gehalten, auf die legitimen Interessen der zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung rentennahen Jahrgänge durch Erlass einer Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen, die eine auf Rentenzugänge ab dem Stichtag ohne Einschränkung sofort wirksame Anwendung der Neuregelung verhindert (vgl BVerfGE 116, 96, 133 f = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 106 ff) . Insoweit ist allerdings keine Übergangsregelung erforderlich, die es den Berechtigten ermöglicht, die durch die Neuregelung bewirkte Verringerung der Rente durch eine Maßnahme der zusätzlichen und insbesondere privaten Altersvorsorge auszugleichen. Die Übergangszeit muss (lediglich) so bemessen sein, dass die Berechtigten in der Lage sind, ihre Lebensführung darauf einzustellen, dass ihnen auf Dauer (deutlich) niedrigere Renten zustehen werden als ihnen zuvor in Aussicht gestellt worden sind (vgl BVerfG, aaO) . Insoweit hat das BVerfG insbesondere eine schrittweise Anwendung von Abschlagsregelungen uä vorgeschlagen.

63

Gemessen daran ist eine Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensgrundsatzes hier zu verneinen. In § 93a ALG hat der Gesetzgeber eine dreijährige Übergangszeit eingeräumt, die sich für den Versicherten nicht ausgewirkt hat, weil er erst fast sechs Jahre nach Einführung der Regelung Rente wegen Erwerbsminderung beansprucht hat. Damit war er nach Auffassung des Senats nicht mehr ein rentennaher Jahrgang im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Innerhalb des bestehenden Zeitraums konnte sich der Versicherte vielmehr hinreichend auf die zu erwartenden Einbußen einstellen und seinen Lebensstandard ggf dementsprechend anpassen.

64

b) Die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verstößt auch unter keinem Gesichtspunkt gegen Art 3 Abs 1 GG.

65

Der darin enthaltene Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 75, 348, 357 = SozR 2200 § 555a Nr 3; stRspr) . Ebenso verbietet Art 3 Abs 1 GG aber auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem; insoweit enthält das Grundrecht ein Differenzierungsgebot (vgl BVerfGE 103, 310, 318; BVerfGE 116, 164, 180) .

66

Vorliegend ist keine verfassungswidrige Gleichbehandlung der Erwerbsminderungsrentner in der AdL mit denjenigen anzunehmen, die eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen RV beziehen (dazu unter aa). Ebenso wenig werden innerhalb der AdL Erwerbsminderungsrentner und Altersrentner in verfassungswidriger Weise gleich behandelt (dazu unter bb). Schließlich liegt auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Erwerbsminderungsrentnern untereinander vor (dazu unter cc).

67

aa) Nach Überzeugung des Senats wird Art 3 Abs 1 GG zunächst nicht dadurch verletzt, dass sowohl Erwerbsminderungsrentner in der AdL als auch Erwerbsminderungsrentner in der gesetzlichen RV einen Rentenabschlag hinnehmen müssen.

68

Zwar hat der Gesetzgeber mit § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB VI und § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG zwei Regelungen geschaffen, die - bei jeweils gleichaltrigen Antragstellern - grundsätzlich eine übereinstimmende Minderung des Nettorentenzahlbetrags zur Folge haben. Lediglich der Berechnungsfaktor, an welchem die Minderung festgemacht wird, unterscheidet sich in den beiden Regelungen bedingt durch die Abweichungen in den Rentenformeln. Der Gesetzgeber war jedoch nicht gehalten, in den beiden Versicherungssystemen unterschiedliche Minderungsregelungen zu treffen bzw die Rentner in der AdL ganz von der Rentenminderung bei frühzeitiger Inanspruchnahme auszunehmen.

69

Im Bereich der Sozialversicherung hat der Gesetzgeber auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG einen weiten Spielraum, und zwar nicht zuletzt bei der Finanzierung sozialer Sicherungssysteme (vgl BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86 f) . Daher kann er unterschiedliche Konzepte für verschiedene Gebiete entwickeln (so etwa BVerfGE 97, 271, 297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 11 f zur unterschiedlichen Ausgestaltung der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie im Beamtenrecht) . Allerdings muss er dies nicht schon allein deshalb, weil zwei gesonderte Versicherungssysteme vorliegen. Das BVerfG hat - im Rahmen der Prüfung einer vom Gesetzgeber gewählten Ungleichbehandlung - die Beantwortung der Frage, inwieweit schon die Zugehörigkeit vergleichbarer Fälle zu verschiedenen Ordnungssystemen zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung ausreicht, in neuerer Zeit offen gelassen und sogar umgekehrt eine bestimmte Systemzugehörigkeit - anders als sachliche Gründe - nicht als Begründung für eine Ungleichbehandlung ausreichen lassen (vgl etwa BVerfGE 85, 176, 186 zu Unterschieden im Vergleich zwischen Beamtenversorgungsgesetz und Reichsversicherungsordnung) . In entsprechender Weise muss gelten, dass nach Art 3 Abs 1 GG eine Ungleichbehandlung auch nicht schon deshalb geboten ist, weil es sich um vergleichbare Sachverhalte in zwei verschiedenen Versicherungssystemen handelt. Vielmehr ist stets im Einzelnen zu beurteilen, inwieweit die Versicherungssysteme tatsächlich solche Verschiedenheiten aufweisen, dass die eine Gruppe in einem ganz bestimmten Punkt anders zu behandeln ist als eine andere Gruppe. Nach Auffassung des Senats ergibt ein Vergleich der AdL mit der gesetzlichen RV nicht, dass erwerbsgeminderte Versicherte, die eine Rente frühzeitig in Anspruch nehmen, in der AdL allein deshalb keinen Abschlag hinnehmen müssten, weil sie in ein anderes Sicherungssystem eingeordnet sind. Die Systeme weisen keine Unterschiede solcher Art auf, dass gerade die Rentenabschlagsregelung in der AdL entfallen müsste.

70

Allgemein ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass die beiden Versicherungssysteme in wesentlichen Punkten unterschiedlich ausgestaltet sind. Die AdL unterliegt als eigenständiges soziales Sicherungssystem einer eigenen Sachgesetzlichkeit (vgl hierzu BVerfGE 25, 314, 321 f = SozR Nr 77 zu Art 3 GG; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 1) . So ist sie aufgrund der vom Gesetzgeber angenommenen geringeren Schutzbedürftigkeit der Landwirte lediglich als Teilsicherung konzipiert, während die gesetzliche RV grundsätzlich eine Vollversicherung darstellt. Anders als in der RV wird in der AdL schon seit 1957 ein Einheitsbetrag erhoben mit der Folge, dass lediglich die Anzahl der Beitragsjahre und nicht auch die bisherigen Einkünfte, Einfluss auf die Rentenhöhe hat. Unterschiede bestehen weiter im Leistungsrecht. Der wichtigste Unterschied bei den Leistungsvoraussetzungen betrifft die Alters- und die Erwerbsminderungsrenten. Da der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung der AdL auch strukturpolitische Ziele verfolgt (vgl BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 1 RdNr 13) , ist der Landwirt gehalten, vor Inanspruchnahme einer Rente seinen Hof nach Maßgabe des § 21 ALG abzugeben. Zwar finden sich in der AdL weniger Leistungsarten als in der gesetzlichen RV, dafür aber spezifisch auf die Situation eines Landwirts abgestimmte Leistungen, namentlich die Gewährung einer Betriebs- und Haushaltshilfe zur Überbrückung von krankheitsbedingten Ausfallzeiten (vgl hierzu Koch/Möller-Schlotfeldt in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherungsrecht, § 62 RdNr 19 ff; Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 17 ff) .

71

Allerdings weisen die Systeme auch erhebliche Gemeinsamkeiten auf. Bei beiden Versicherungssystemen handelt es sich nicht nur um Zwangsversicherungen, die von öffentlichrechtlichen Körperschaften durchgeführt werden, sondern der Gesetzgeber hat die AdL in der konkreten Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses im Laufe der Jahre auch zunehmend der gesetzlichen RV angenähert. Seit der Agrarsozialreform 1995 besteht eine Pflicht zur lückenlosen Beitragszahlung auch in der AdL nicht mehr. Nunmehr gilt in beiden Sicherungssystemen das Anwartschaftsprinzip. Insoweit erfolgte schon 1995 eine Angleichung der AdL an die Ausgestaltung der Versicherungsverhältnisse in der gesetzlichen RV (vgl dazu BSG, SozR 4-5868 § 13 Nr 2 RdNr 15; Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 97) . Dabei werden die Leistungen - jedenfalls auch - durch die monatlichen Beiträge der Versicherten gedeckt, die zwar nicht aufgrund differierender Höhe, wohl aber durch ihre im Laufe des Versicherungslebens zusammen gekommene Anzahl die Rentenhöhe bestimmt. Es gilt also - in abgeschwächter Form - auch in der AdL das Versicherungsprinzip. Zugleich sind beide Systeme ebenfalls als Solidarsysteme ausgestaltet. Dem Versicherungsprinzip steht daher - hier wie dort - auch der Gedanke des sozialen Ausgleichs gegenüber (vgl dazu BVerfGE 76, 256, 304 f) . Nicht zuletzt mit Blick auf diese Gemeinsamkeiten ist die AdL bereits seit 1995 an dem Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen RV ausgerichtet. Seitdem verändert sich der allgemeine Rentenwert in der AdL auch jährlich zum 1.7. entsprechend dem Prozentsatz, um den der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen RV angepasst wird (§ 23 Abs 4, §§ 25, 26 ALG) .

72

Zwar war es möglicherweise nicht zwingend geboten, dass der Gesetzgeber mit der RRErwerbG auch weiterhin in der AdL den Änderungen der gesetzlichen RV gefolgt ist; er hätte an dieser Stelle auch eine Abkehr vom Maßstab der RV und hin zu einer neuen Konzeption des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL vornehmen können. Verpflichtet war er dazu in jedem Falle nicht. Durch die aufgeführten Unterschiede ergab sich keine Pflicht zu einer Differenzierung auch in dem hier streitigen Punkt. Insbesondere mit Blick auf die gerade beim Beitrags-/Leistungsverhältnis bestehenden Gemeinsamkeiten beider Systeme stand es vielmehr innerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, diesbezügliche Änderungen in beiden Systemen gleichermaßen vorzunehmen.

73

Der Vortrag der Klägerin, die Besonderheiten in der AdL geböten einen Verzicht auf die Einführung einer Minderungsregelung, wie sie § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG enthält, könnte auch dahin verstanden werden, dass sie das Fehlen einer Folgerichtigkeit innerhalb des Systems der AdL geltend machen will. Vom Gesetzgeber wird nämlich innerhalb eines Ordnungssystems ein hinreichendes Maß an Folgerichtigkeit einfachgesetzlicher Wertungen verlangt (vgl dazu Osterloh in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 3 RdNr 98 ff mwN) . Zwar enthält eine Systemwidrigkeit für sich genommen noch keinen Verstoß gegen die Gleichheit vor dem Gesetz (vgl BVerfGE 85, 238, 247) . Jedoch müssen Gründe für die Durchbrechung des vom Gesetzgeber gewählten Ordnungsprinzips in ihrem Gewicht und ihrer Intensität der Abweichung von der zugrunde gelegten Ordnung entsprechen, um überzeugend zu sein (vgl BVerfGE 18, 366, 372 f = SozR Nr 56 zu Art 3 GG Ab 46 ff, BVerfGE 67, 70, 84 f) . Das Gebot der Folgerichtigkeit bindet damit an einen vorherigen Rechtsgedanken in dem Sinne, dass bei weiteren Regelungen für eine Abweichung ein vernünftiger oder plausibler Grund zu fordern ist (vgl BVerfGE 81, 156, 207 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 19 f; vgl auch BSGE 90, 56, 60 = SozR 3-4300 § 137 Nr 2 S 10 f) . Allerdings ist verfassungsrechtlicher Maßstab nicht, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl zB BVerfGE 122, 151, 174) .

74

Eine Durchbrechung der vom Gesetzgeber für die AdL aufgestellten Prinzipien vermag der Senat aus den schon aufgezeigten Erwägungen nicht festzustellen. Die Minderung des allgemeinen Rentenwerts gemäß § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG setzt vielmehr umgekehrt konsequent eine 1995 eingeschlagene Systemänderung in der AdL (Orientierung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses an der gesetzlichen RV) fort. Offenbar geht auch die Klägerin, indem sie lediglich die Minderungsregel selbst beanstandet, davon aus, dass in der 1995 durch die Agrarsozialreform vollzogenen Verschränkung der beiden Versicherungssysteme, die damals für die Mitglieder in der AdL günstig war, kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG - etwa aufgrund einer zu starken Systemannäherung - liegt. Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn durch zeitgleiche Einführung von Abschlagsregelungen letztlich nur das Fortbestehen von Systemparallelität erreicht wird.

75

Die Neuregelung steht auch im Übrigen nicht zu grundsätzlichen Strukturprinzipien der AdL in Widerspruch. Inwieweit etwa die von der Klägerin angesprochene agrarpolitische Zielsetzung der Hofabgabe vor Erwerbsminderungsrentenbezug Maßstäbe setzen soll für die Ausgestaltung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL, erschließt sich dem Senat nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Minderung des Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente bei frühzeitiger Inanspruchnahme durchaus gut mit dem auch in der AdL bestehenden Versicherungsprinzip vereinbaren, welches sich darin zeigt, dass die Leistungshöhe von der Anzahl der Beitragsjahre abhängt. Sie verwirklicht auch in der AdL den Ausgleich voraussichtlich längerer Laufzeiten einer Rente (vgl hierzu Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 34) und dient damit unter statistischen Gesichtspunkten einer konsequenteren Umsetzung des Versicherungsprinzips.

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Lediglich ergänzend sei angefügt, dass der - verfassungsrechtlich ohnehin unerhebliche - Einwand der Klägerin, der Gesetzgeber habe das von ihm selbstgesteckte Ziel, systembedingte Besonderheiten berücksichtigen zu wollen, nicht erreicht, vom Senat nicht nachvollzogen werden kann. Der Gesetzgeber hat vielmehr gerade umgekehrt die Übertragung der rentenrechtlichen Neuregelungen auf die in der AdL bestehenden Eigentümlichkeiten der Rentenformel abgestimmt und daher sehr wohl die systembedingten Besonderheiten bei der konkreten Anknüpfung der Rentenminderung berücksichtigt.

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bb) Anders als die Klägerin meint, war der Gesetzgeber durch das im Gleichheitssatz enthaltene Differenzierungsgebot auch nicht gehalten, die Erwerbsminderungsrenten in der AdL wegen gewichtiger Unterschiede zu den Altersrenten von den dort eingeführten Rentenabschlägen ganz auszunehmen. Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass ein Versicherter es letztlich nicht in der Hand hat, den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung selbst zu bestimmen. Jedoch kann zB auch der Ehegatte eines schon in Altersrente befindlichen Landwirts aufgrund des Hofabgabeerfordernisses nach § 11 Abs 1 Nr 3 iVm § 21 Abs 9 ALG praktisch gezwungen sein, einen Antrag auf Altersrente zu stellen, um eine Entziehung der Rente des ehemaligen Landwirts zu verhindern. Insofern haben die Unterschiede zwischen Alters- und Erwerbsminderungsrenten nicht das ihnen von der Klägerin beigemessene Gewicht. Sie sind durch den für Erwerbsminderungsrenten auf 10,8 % begrenzten Abschlag und die erhöhte Zurechnungszeit bei jüngeren Erwerbsminderungsrentnern angemessen berücksichtigt (so entsprechend für ähnliche faktische Zwangslagen in der gesetzlichen RV BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 43) . Aus Sicht des Senats war es im Hinblick auf den Gleichheitssatz im Übrigen nicht nur gerechtfertigt, sondern möglicherweise sogar geboten, das Versicherungsprinzip konsequent nicht nur für Altersrentner, sondern auch zulasten der Erwerbsminderungsrentner umzusetzen, den Bund also nicht nur durch Minderung der Alters-, sondern auch der Erwerbsminderungsrenten von einem weiteren Kostenanstieg freizustellen.

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cc) Die Klägerin wendet schließlich ein, durch die vom Gesetzgeber gewählte Kombination von Minderungsregelung einerseits und Erweiterung der Zurechnungszeiten andererseits sei gerade die Gruppe der knapp unter 60-jährigen, zu denen der Versicherte bei Rentenbeginn gehörte, besonders stark betroffen worden. Insoweit macht sie eine Verletzung des Gleichheitssatzes im Hinblick darauf geltend, dass sich die Gesetzesänderung bei Erwerbsminderungsrentnern unterschiedlich auswirkt.

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Diesem Vorbringen vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Das BVerfG hat erst jüngst wieder klargestellt, dass die Bildung derartiger Vergleichsgruppen schon den Grundprinzipien eines als Solidarsystem ausgestalteten Versicherungssystems zuwider läuft (vgl BVerfGE 122, 151, 188 f zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung, nach welcher die Gruppe von Versicherten im Alter von knapp 88 Jahren und mehr bezogen auf die Höhe der Altersrente aufgrund einer Abschlagsregelung schlechter gestellt wird als die Gruppe von Versicherten knapp unter 88 Jahren und weniger) . Ein solcher Vergleich verkenne - so das BVerfG (aaO) - im Übrigen, dass die soziale Rente keine Rendite aus den Beitragsleistungen sei, sondern getroffene Regelungen zum Ausgleich längerer Rentenbezugszeiten immer nur versicherungsmathematische Annäherungen an die Abbildung des individuellen Risikos, kürzer oder länger Rente in Anspruch nehmen zu können, und damit nur eine Typisierung darstellen könnten. Ein Abstellen auf Unterschiede bei der individuellen Inanspruchnahme von Rentenleistungen verbiete sich daher.

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Diese Erwägungen sind auch der Klägerin entgegen zu halten. Auch im Rahmen der AdL ist von einer Regelung, die für die Erwerbsminderungsrente das Risiko unterschiedlich langer Rentenbezugszeiten abbilden soll, keine absolute Einzelfallgerechtigkeit zu verlangen, sondern lediglich, dass die gefundene Lösung eine vertretbare Typisierung der Berücksichtigung dieses Risikos enthält. Dies ist nach Überzeugung des Senats hier der Fall. Durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten werden gerade jüngere Rentenbezieher, für die sich wegen einer verhältnismäßig geringen Anzahl rentenrelevanter Zeiten die Minderungsregelung sonst besonders stark auswirkt, teilweise entlastet. Dass der Gesetzgeber insoweit die Grenze berücksichtigungsfähiger Zurechnungszeiten auf Zeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres begrenzt hat, mag nicht als die gerechteste Lösung erscheinen, stellt aber innerhalb des eingeführten Gesamtkonzepts noch eine zulässige Pauschalierung dar. Die vom Gesetzgeber erlassene Regelung ist insgesamt gesehen als eine einerseits verhältnismäßige, andererseits versicherungsmathematisch nachvollziehbare Annäherung an die Abbildung des individuellen Risikos zu werten, kürzer oder länger Rente in Anspruch nehmen zu können.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).