Bundessozialgericht Urteil, 24. Juni 2010 - B 10 LW 4/09 R

bei uns veröffentlicht am24.06.2010

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten darüber, ob die beklagte Alterskasse für den Gartenbau dem Kläger für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten hat.

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Nachdem die Beklagte aufgrund eines vom Kläger ausgefüllten Fragebogens dessen Versicherungspflicht zur Alterskasse als gärtnerischer Unternehmer festgestellt und den monatlichen Beitrag festgesetzt hatte (Bescheid vom 16.7.1998), entrichtete dieser regelmäßig Beiträge, ua für den hier streitigen Zeitraum vom 1.7.1998 bis 31.12.1999.

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Mit Schreiben vom 29.1.2004 bat der Kläger um Überprüfung seiner Beitragspflicht; er betreibe ein reines Einzelhandelsunternehmen. Nach Durchführung einer Betriebsbesichtigung nahm die Beklagte den Bescheid über die Veranlagung zur Versicherungspflicht ab 1.7.1998 zurück, weil der Kläger von vorneherein nicht Gärtner gewesen sei. Zugleich erklärte sie: Die für die Zeit vom 1.1.2000 bis 30.4.2004 gezahlten Beiträge seien zu Unrecht entrichtet und würden gemäß § 26 Abs 2 SGB IV erstattet; die Erstattung der vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 zu Unrecht entrichteten Beiträge sei nach § 27 Abs 2 SGB IV wegen Verjährung ausgeschlossen(Bescheid vom 29.4.2004). Den Widerspruch, mit dem der Kläger die Erstattung der für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge begehrte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 8.9.2004).

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Das vom Kläger angerufene Sozialgericht München (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.7.2005). Auf die Berufung des Klägers hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) die Beklagte unter Abänderung der entgegenstehenden Entscheidungen verurteilt, dem Kläger die für den Zeitraum vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten (Urteil vom 27.1.2009). Zur Begründung hat es ua ausgeführt: Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Anspruch des Klägers auf Erstattung der streitigen Beiträge noch nicht verjährt. Zwar verjähre der Erstattungsanspruch gemäß § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden seien. Beanstande der Versicherungsträger jedoch die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginne die Verjährung nach § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV ausnahmsweise erst mit Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung. Diese Sonderregelung sei auch im Bereich der Alterssicherung der Landwirte (AdL) anwendbar. In dem Bescheid vom 29.4.2004 sei sinngemäß eine Beanstandung iS des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV zu sehen. Die Verjährungsfrist beginne damit erst mit Ablauf des Kalenderjahrs 2004. Da durch Erhebung von Widerspruch und Klage der Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist gehemmt werde, sei sie noch nicht abgelaufen.

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Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV. Diese Vorschrift sei in der AdL weder unmittelbar noch mittelbar anwendbar. Bereits ihrem Wortlaut nach sei die Regelung auf die gesetzliche Rentenversicherung zugeschnitten. Die AdL kenne das Rechtsinstitut der Beanstandung nicht. § 202 SGB VI finde im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) keine Entsprechung. Auch § 26 Abs 1 SGB IV rechtfertige die Annahme, dass sich die Beanstandung auf Pflichtbeiträge aus einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis beziehe. Zudem fehle in der AdL eine Ermächtigung, die Beanstandung zu erklären. Außerdem beinhalte ihr hier angefochtener Bescheid keine Beanstandung. Die Nichtanwendbarkeit des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV führe auch nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Die Frist des § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV sei keine Ausschlussfrist. Ihr Ablauf berechtige den Versicherungsträger lediglich, die Erstattung zu verweigern. Die Ausübung dieses Rechts stehe im Ermessen des Versicherungsträgers. Im Rahmen der Ermessensausübung sei auch zu berücksichtigen, dass der Berechtigte vom Vorliegen der Anspruchsvoraussetzung keine Kenntnis gehabt habe. Im Übrigen sei die Ausübung der Verjährungseinrede unzulässig, wenn sie gegen Treu und Glauben verstoße.

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Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 27. Januar 2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2005 zurückzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Wie in der Rentenversicherung erwerbe der Landwirt in der AdL Anwartschaften. Ein rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung von nur scheinbar pflichtversicherten abhängig Beschäftigten und nur scheinbar versicherten selbständigen Landwirten sei nicht ersichtlich. Aufgrund der identischen Verhältnisse im Bereich der AdL und der Rentenversicherung sei § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV analog in der AdL anzuwenden. Das LSG habe auch überzeugend dargelegt, dass im Unterschied zu dem vom Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 26.3.1987 - 11a RLw 3/86 - entschiedenen Fall die Beklagte im Bescheid vom 29.4.2004 die Beitragsentrichtung zumindest sinngemäß beanstandet habe. Zudem würde es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn sich die Beklagte auf die Verjährung der Erstattungsansprüche der für die Jahre 1998/1999 entrichteten Beiträge berufen könnte, obwohl sie selbst durch nicht rechtzeitige und umfassende Aufklärung für die Falschversicherung verantwortlich sei.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte eine Erstattung der streitigen Beiträge zu Unrecht verweigert hat.

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1. Die Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge richtet sich nach den §§ 26 ff SGB IV. Diese Vorschriften gelten gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV auch für die AdL. Nach § 1 Abs 3 SGB IV bleiben allerdings Regelungen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs, die in den Absätzen 1 und 2 genannt sind (also auch in der AdL), unberührt, soweit sie von den Vorschriften dieses Buches abweichen. Insoweit ist hier § 77 ALG einschlägig, der vorsieht, dass bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 SGB IV § 76 Abs 1 Satz 2 und Abs 4 Satz 3 ALG entsprechend gelten. Ebenso gilt danach § 76 Abs 3 ALG entsprechend, soweit zu Lasten der Anrechte aus den zu Unrecht entrichteten Beiträgen ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist. Diese Sonderregelungen treffen die Höhe des Erstattungsanspruchs, nicht jedoch dessen hier streitige Verjährung.

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2. Gemäß § 26 Abs 2 SGB IV sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten. Danach steht dem Kläger - was auch die Beklagte nicht bestreitet - ein Anspruch auf Erstattung auch der für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 entrichteten Beiträge dem Grunde nach zu. Zwar war die Entrichtung dieser Beiträge solange als rechtmäßig anzusehen, als der Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 16.7.1998 Bestand hatte (vgl dazu BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13). Diesen Verwaltungsakt hat die Beklagte jedoch durch ihren insoweit nicht angefochtenen Bescheid vom 29.4.2004 bestandskräftig zurückgenommen. Seitdem ist davon auszugehen, dass die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind. Schließlich stehen dem Erstattungsanspruch nach § 26 Abs 2 SGB IV auch die dort geregelten Ausschlussgründe ("Verfallsklausel") nicht entgegen. Insbesondere ist eine anspruchsschädliche Leistungserbringung nicht ersichtlich.

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3. Wie das LSG zu Recht erkannt hat, kann sich die Beklagte gegen den Erstattungsanspruch des Klägers auch insoweit nicht auf Verjährung berufen, als es die für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 gezahlten Beiträge betrifft. Dies ergibt sich aus § 27 Abs 2 SGB IV, der bestimmt:

Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

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a) Bei Anwendung des Wortlauts des § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV war der Erstattungsanspruch des Klägers betreffend die in den Jahren 1998 und 1999 entrichteten Beiträge im Jahre 2004 bereits verjährt. Denn nach Ablauf des Kalenderjahrs der Entrichtung waren jeweils schon vier Jahre vergangen. Der erkennende Senat lässt offen, ob § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV - wovon der 12. Senat des BSG ausgeht (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2) - einschränkend dahin auszulegen ist, dass der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Sozialversicherungsbeiträge nicht verjährt, solange dem Berechtigten gegenüber durch Verwaltungsakt verbindlich das Bestehen von Versicherungspflicht festgestellt ist.

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Diese Auffassung dürfte nicht nur einer Entscheidung des 2. Senats des BSG widersprechen (vgl BSG SozR 1300 § 44 Nr 31 S 85 ff). Sie erscheint auch nicht als zwingend. Zwar leuchtet es ein, dass Gegenstand der Verjährung nur ein entstandener Anspruch sein kann (vgl BSG SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 13). Daraus folgt jedoch nicht, dass die Verjährungsfrist denknotwendig nicht vor dem Entstehen des Anspruchs beginnen kann. Vielmehr kann der Gesetzgeber, wie zB §§ 199, 200 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung zeigen, insoweit auch auf einen früheren Zeitpunkt abstellen. Es spricht daher viel dafür, dass § 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV den Beginn der vierjährigen Verjährungsfrist verbindlich auf den Ablauf des Kalenderjahrs der Beitragsentrichtung gelegt hat. Das kann dann gegebenenfalls dazu führen, dass einem Beitragserstattungsanspruch, der erst durch die Aufhebung eines die Beitrags- bzw Versicherungspflicht feststellenden Verwaltungsakts entsteht, von vornherein die Einrede der Verjährung entgegengehalten werden kann, wenn die Beitragsentrichtung entsprechend lange zurückliegt.

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b) In Übereinstimmung mit dem LSG hält der erkennende Senat hier § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV für anwendbar. Hervorzuheben ist zunächst, dass sich auch die Geltung dieser Vorschrift für die AdL aus § 1 Abs 1 SGB IV ergibt, da das ALG insoweit keine Sonderregelung iS des § 1 Abs 3 ALG enthält. Eine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne vermag auch die Beklagte nicht anzuführen. Soweit sie der Ansicht ist, die in § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV vorausgesetzte Beanstandung von Beiträgen sei der AdL fremd, folgt ihr der erkennende Senat nicht.

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Schon die Rechtsentwicklung in der früheren Altershilfe für Landwirte zeigt, dass der Gesetzgeber seit jeher von der Möglichkeit einer Beitragsbeanstandung durch die Landwirtschaftlichen Alterskassen (LAK) ausgegangen ist. So wird bereits in § 7 Abs 3 Satz 3 Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl I 1063) auf § 1424 RVO verwiesen, der nach seinem Abs 2 die damals zweijährige Frist für die Geltendmachung von Beitragsrückforderungen mit dem Schluss des Kalenderjahrs einer Beitragsbeanstandung beginnen lässt(vgl dazu auch Noell/Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, 1957, S 33 f). Eine entsprechende Bezugnahme enthält § 12 Abs 5 Satz 4 GAL idF vom 14.9.1965 (BGBl I 1449; vgl Noell/Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, 1966, S 131; s allgemein auch BSG SozR Nr 70 zu § 77 SGG). Nachdem § 1424 RVO - im Zusammenhang mit der Einführung der §§ 26 ff SGB IV - bereits durch Art II § 1 Nr 1 Buchst b Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23.12.1976 (BGBl I 3845) gestrichen worden war, erfolgte eine entsprechende Streichung in § 12 Abs 5 Satz 3 GAL durch Art II § 10 Nr 4 Sozialgesetzbuch (SGB) - Verwaltungsverfahren - vom 18.8.1980 (BGBl I 1469). Dementsprechend wird in der Literatur davon ausgegangen, dass sich die Verjährung des Beitragserstattungsanspruchs in der Altershilfe für Landwirte ab 1.7.1977 nach § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV richtet, wenn die LAK die Rechtswirksamkeit der Beiträge beanstandet hat(vgl Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 1983, S 412).

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Nach Auffassung des erkennenden Senats gibt es keine durchgreifenden systematischen Gründe gegen eine Geltung des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV für die AdL. Zwar mag es sich bei der Beitragsbeanstandung ursprünglich um ein Rechtsinstitut der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung (vgl jetzt das SGB VI) handeln. Jedoch enthält das ab 1995 geltende ALG als Teil der besonderen Rentenversicherung im Grundsatz weitgehend übereinstimmende Regelungen betreffend Beitragsentrichtung (vgl § 71 ALG) und Berücksichtigung von Beitragszeiten (vgl § 17 ALG). Die sicher auch bestehenden Unterschiede zwischen beiden Bereichen (s dazu allgemein BSG, Urteil vom 25.2.2010 - B 10 LW 3/09 R - RdNr 70, zur Veröffentlichung in BSG/SozR vorgesehen) haben dem Gesetzgeber jedenfalls keine Veranlassung gegeben, entsprechend § 1 Abs 3 SGB IV im ALG eine Sonderregelung zu § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV vorzusehen.

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Die §§ 26, 27 SGB IV setzen ein Beanstandungsrecht des Versicherungsträgers voraus, ohne dass sich im SGB VI oder im ALG eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage zur Beanstandung von Beiträgen findet. § 202 SGB VI enthält auch nur Regelungen für den Fall einer Beanstandung von Beiträgen. Insbesondere wird darin angeordnet, dass Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, grundsätzlich als freiwillige Beiträge gelten. Diese Vorschrift findet im ALG sicher vor allem deshalb keine Entsprechung, weil es dort nur in engen Grenzen die Möglichkeit einer freiwilligen Beitragsentrichtung gibt (vgl §§ 4, 5 ALG). Zwar enthält § 26 Abs 1 Satz 1 SGB IV eine spezielle Regelung betreffend die Beanstandung von Pflichtbeiträgen abhängig Beschäftigter. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass die Beiträge von Selbstständigen nicht beanstandet werden können (vgl dazu BSGE 24, 13 = SozR Nr 2 zu § 1421 RVO; BSGE 49, 85 = SozR 2200 § 1422 Nr 1).

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Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Rechtsinstitut der Beanstandung allein auf die Fälle einer Entrichtung von Pflichtbeiträgen ohne vorherige bescheidmäßige Feststellung der Versicherungspflicht anwendbar ist. Vielmehr hat das BSG bereits entschieden, dass der Träger der Handwerkerversicherung Beiträge ab einem bestimmten Zeitpunkt als unwirksam beanstanden kann, wenn er zunächst die Versicherungs- und Beitragspflicht eines selbstständigen Handwerkers festgestellt hat, die Voraussetzungen dafür aber später entfallen sind (vgl BSGE 49, 85 = SozR 2200 § 1422 Nr 1).

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Schließlich sprechen auch Sinn und Zweck der Beanstandung für eine Anwendung des Rechtsinstituts im Bereich der AdL. Die Beanstandung dient der verbindlichen Feststellung der Unwirksamkeit von Beiträgen, auf deren Berücksichtigung beim Erwerb von Rentenanwartschaften der Versicherte sonst vertrauen würde (vgl dazu allgemein BSGE 58, 154, 156 = SozR 2100 § 27 Nr 4 S 12). Diesem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes dient gerade auch § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV. Wird nämlich der auf der erfolgten Beitragsentrichtung beruhende Vorsorgeplan des Versicherten durch die Beanstandung enttäuscht, so soll die Erstattung dieser Beiträge nicht daran scheitern, dass die nach der Beitragsentrichtung beginnende Verjährungsfrist (§ 27 Abs 2 Satz 1 SGB IV) im Zeitpunkt der Beanstandung schon abgelaufen ist (vgl BSGE 68, 269, 271 = SozR 3-2400 § 27 Nr 1 S 4). Es ist nicht ersichtlich, warum dieser Sinn und Zweck der Beanstandung und der darauf bezogenen Verjährungsregelung des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV nicht auch im Bereich der AdL zum Tragen kommen soll.

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c) Die Verjährung des Erstattungsanspruchs des Klägers begann hier erst mit Ablauf des Jahres 2004, weil die Beklagte die Rechtswirksamkeit der für die Zeit vom 1.7.1998 bis 31.12.1999 gezahlten Beiträge mit Bescheid vom 29.4.2004 beanstandet hat.

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Bei der Beanstandung handelt es sich zwar um einen Verwaltungsakt (vgl dazu BSG SozR 1300 § 31 Nr 3; BSG, Urteil vom 22.3.1984 - 11 RA 66/83 - juris RdNr 11); dieser muss aber nicht selbstständig oder gesondert ergehen. Vielmehr kommt eine Beanstandung regelmäßig auch in einem Bescheid zum Ausdruck, der einen die Versicherungs- oder Beitragspflicht feststellenden Verwaltungsakt rückwirkend aufhebt und über die Erstattung der danach zu Unrecht entrichteten Beiträge entscheidet (vgl dazu BSGE 49, 85, 89 = SozR 2200 § 1422 Nr 1 S 2; BSG, Beschluss vom 27.9.1990 - 4 BA 208/89 - juris RdNr 7). Soweit sich aus den Entscheidungen des 11a. Senats vom 26.3. und 16.12.1987 (BSGE 61, 226, 228 = SozR 1200 § 39 Nr 5 S 4; BSG, Urteil vom 26.3.1987 - 11a RLw 2/86 - juris RdNr 13; BSG, Urteil vom 16.12.1987 - 11a RLw 2/87 - juris RdNr 12) zur Altershilfe für Landwirte etwas anderes ergibt, hält der erkennende Senat an dieser Rechtsprechung für die AdL nicht fest.

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Da es das Rechtsinstitut der Beanstandung in der AdL gibt, ist die zuständige LAK auch verpflichtet, es anzuwenden, um im Interesse des Versicherten Klarheit zu schaffen und die gesetzlich vorgesehenen Wirkungen der Beanstandung zum Tragen kommen zu lassen (vgl dazu BSGE 58, 154, 156 = SozR 2100 § 27 Nr 4 S 12). Daraus ergibt sich für das Gericht die Befugnis, einen Verwaltungsakt, der - wie der Bescheid vom 29.4.2004 - im Verhältnis zu dem Versicherten inhaltlich die Feststellung der Unwirksamkeit von Beiträgen verbindlich regelt, dahin auszulegen, dass er eine Beanstandung iS des § 27 Abs 2 Satz 2 SGB IV enthält.

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d) Die am 1.1.2004 begonnene Verjährung ist noch nicht abgelaufen, weil sie durch die vom Kläger gegen den Bescheid vom 29.4.2004 eingelegten Rechtsbehelfe gehemmt worden ist (vgl § 27 Abs 3 SGB IV iVm § 204 BGB).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 1 Versicherte kraft Gesetzes


(1) Versicherungspflichtig sind 1. Landwirte,2. mitarbeitende Familienangehörige. (2) Landwirt ist, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße (Absatz 5) erreicht. Unt

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 26 Beanstandung und Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge


(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsp

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 1 Sachlicher Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Buches gelten für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung (Versicherungszweige). Die Vorschriften dieses Buches gelten

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 27 Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs


(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 200 Beginn anderer Verjährungsfristen


Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 17 Anrechenbare Zeiten


(1) Auf die Wartezeit von fünf, 15 und 35 Jahren werden Beitragszeiten angerechnet. Ferner werden angerechnet 1. Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gezahlt sind,2. Zeiten, in denen Versicherungs

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 5 Freiwillige Weiterversicherung


(1) Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren und die nicht mehr versicherungspflichtig sind, können die Versicherung freiwillig fortsetzen, wenn sie 1. die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben,2. die Wartezeit von 15 Jahren noch nicht e

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 4 Freiwillige Versicherung


(1) Ehegatten von ehemaligen Landwirten können sich freiwillig versichern, wenn 1. sie weder versicherungspflichtig, versicherungsfrei noch von der Versicherungspflicht befreit sind,2. sie das 18. Lebensjahr vollendet und die Regelaltersgrenze noch n

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 76 Umfang und Wirkung


(1) Erstattet wird die Hälfte der vom Versicherten getragenen Beiträge. Vor Ermittlung des Erstattungsbetrages werden erbrachte Zuschüsse zum Beitrag gegen die für den gleichen Zeitraum gezahlten Beiträge aufgerechnet. (2) Sind Leistungen mit Ausnah

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 202 Irrtümliche Pflichtbeitragszahlung


Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, aber nicht zurückgefordert werden, gelten als freiwillige Beiträge. Werden die Beiträge zurückgefordert, dürfen für diese Zeiträume innerh

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 71 Fälligkeit und Wirksamkeit von Beiträgen


(1) Der Beitrag ist jeweils am Fünfzehnten eines Kalendermonats fällig. (2) Beiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. Im übrigen gelten § 197 Abs. 2 bis 4 und § 198 des Sechsten Bu

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 77 Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge


Bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt § 76 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 entsprechend; § 76 Abs. 3 gilt entsprechend, soweit zu Lasten der Anrechte aus den zu Unrecht entrichteten Bei

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(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, aber nicht zurückgefordert werden, gelten als freiwillige Beiträge. Werden die Beiträge zurückgefordert, dürfen für diese Zeiträume innerhalb von drei Monaten, nachdem die Beanstandung unanfechtbar geworden ist, freiwillige Beiträge gezahlt werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nur, wenn die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der Zeit bestand, in der die Beiträge als gezahlt gelten oder für die Beiträge gezahlt werden sollen. Fordern Arbeitgeber die von ihnen getragenen Beitragsanteile zurück, sind die Versicherten berechtigt, den an die Arbeitgeber zu erstattenden Betrag zu zahlen.

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Die Vorschriften dieses Buches gelten für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung (Versicherungszweige). Die Vorschriften dieses Buches gelten mit Ausnahme des Ersten und Zweiten Titels des Vierten Abschnitts und des Fünften Abschnitts auch für die Arbeitsförderung. Die Bundesagentur für Arbeit gilt im Sinne dieses Buches als Versicherungsträger.

(2) Die §§ 18f, 18g und 19a gelten auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende.

(3) Regelungen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches, die in den Absätzen 1 und 2 genannt sind, bleiben unberührt, soweit sie von den Vorschriften dieses Buches abweichen.

(4) (weggefallen)

Bei der Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch gilt § 76 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 entsprechend; § 76 Abs. 3 gilt entsprechend, soweit zu Lasten der Anrechte aus den zu Unrecht entrichteten Beiträgen ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist. Zu Unrecht entrichtete Beiträge, die bereits verjährt sind, gelten als zu Recht entrichtete Beiträge. § 26 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung.

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Erstattet wird die Hälfte der vom Versicherten getragenen Beiträge. Vor Ermittlung des Erstattungsbetrages werden erbrachte Zuschüsse zum Beitrag gegen die für den gleichen Zeitraum gezahlten Beiträge aufgerechnet.

(2) Sind Leistungen mit Ausnahme eines Zuschusses zum Beitrag in Anspruch genommen worden, werden nur die Beiträge erstattet, die für Zeiten nach dem Erlaß des letzten Leistungsbescheides gezahlt worden sind. Beiträge werden nicht erstattet, soweit ein Erstattungsanspruch gegen Dritte bestanden hat oder besteht.

(3) Ist ein Zuschlag zur oder ein Abschlag von der Steigerungszahl zu berücksichtigen, wird der Erstattungsbetrag um die Hälfte des Betrages erhöht oder gemindert, der im Zeitpunkt des Endes der Ehezeit als Beitrag für den Zuschlag oder den Abschlag zu zahlen gewesen wäre; die Minderung ist bis zur Höhe des auf die Ehezeit entfallenden Erstattungsbetrages vorzunehmen. Sind Beiträge zur Wiederauffüllung der aufgrund eines Versorgungsausgleichs geminderten Anrechte gezahlt worden, erhöht sich der Erstattungsbetrag um die Hälfte des hierfür aufgewendeten Betrages.

(4) Der Antrag auf Erstattung kann nicht auf einzelne Beitragszeiten beschränkt werden. Mit der Beitragserstattung wird das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Verwaltungsakte über die Erbringung von Zuschüssen zum Beitrag sind mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten bestehen nicht mehr.

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Die Vorschriften dieses Buches gelten für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung (Versicherungszweige). Die Vorschriften dieses Buches gelten mit Ausnahme des Ersten und Zweiten Titels des Vierten Abschnitts und des Fünften Abschnitts auch für die Arbeitsförderung. Die Bundesagentur für Arbeit gilt im Sinne dieses Buches als Versicherungsträger.

(2) Die §§ 18f, 18g und 19a gelten auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende.

(3) Regelungen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches, die in den Absätzen 1 und 2 genannt sind, bleiben unberührt, soweit sie von den Vorschriften dieses Buches abweichen.

(4) (weggefallen)

(1) Versicherungspflichtig sind

1.
Landwirte,
2.
mitarbeitende Familienangehörige.

(2) Landwirt ist, wer als Unternehmer ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen der Landwirtschaft betreibt, das die Mindestgröße (Absatz 5) erreicht. Unternehmer ist, wer seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Beschränkt haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft oder Mitglieder einer juristischen Person gelten als Landwirt, wenn sie hauptberuflich im Unternehmen tätig und wegen dieser Tätigkeit nicht kraft Gesetzes in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind.

(3) Der Ehegatte eines Landwirts nach Absatz 2 gilt als Landwirt, wenn beide Ehegatten nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte nicht voll erwerbsgemindert nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch ist; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Dies gilt nur für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes, nicht aber für den Anwendungsbereich anderer Gesetze, insbesondere nicht den des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Die Ehegatten sind verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach Übernahme des Unternehmens der Landwirtschaft oder, sofern die Eheschließung nach der Übernahme des Unternehmens der Landwirtschaft erfolgt, innerhalb von drei Monaten nach der Eheschließung gegenüber der landwirtschaftlichen Alterskasse zu erklären, welcher Ehegatte das Unternehmen als Landwirt nach Absatz 2 betreibt. Sie können innerhalb dieser Frist auch erklären, daß sie beide das Unternehmen gemeinschaftlich betreiben. Wird eine Erklärung nicht fristgerecht abgegeben, bestimmt die landwirtschaftliche Alterskasse, welcher Ehegatte Landwirt nach Absatz 2 ist. Tritt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ein, kann innerhalb von drei Monaten gegenüber der landwirtschaftlichen Alterskasse erneut erklärt werden, welcher der Ehegatten das Unternehmen betreibt oder daß beide das Unternehmen gemeinschaftlich betreiben. Betreibt jeder der Ehegatten ein Unternehmen der Landwirtschaft, sind beide Landwirte nach Absatz 2. Die Sätze 1 bis 7 gelten entsprechend für Ehegatten von Unternehmern, die ein Unternehmen der Imkerei, der Binnenfischerei oder der Wanderschäferei betreiben.

(4) Unternehmen der Landwirtschaft sind Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues, der Fischzucht und der Teichwirtschaft; die hierfür genutzten Flächen gelten als landwirtschaftlich genutzte Flächen. Zur Bodenbewirtschaftung gehören diejenigen wirtschaftlichen Tätigkeiten von nicht ganz kurzer Dauer, die der Unternehmer zum Zwecke einer überwiegend planmäßigen Aufzucht von Bodengewächsen ausübt, sowie die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, sofern diese nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung rechnet. Der Bodenbewirtschaftung wird auch eine den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienende Pflege stillgelegter Flächen zugerechnet, wenn

1.
eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung hierzu besteht,
2.
die Tätigkeit nicht im Rahmen eines Unternehmens des Garten- und Landschaftsbaus ausgeübt wird und
3.
das Unternehmen ohne die stillgelegten Flächen mindestens die Hälfte der Mindestgröße (Absatz 5) erreicht.
Als Unternehmen der Landwirtschaft gelten auch die Imkerei, die Binnenfischerei und die Wanderschäferei. Betreibt ein Versicherter mehrere Unternehmen, gelten sie als ein Unternehmen.

(5) Ein Unternehmen der Landwirtschaft erreicht dann die Mindestgröße, wenn sein Wirtschaftswert einen von der landwirtschaftlichen Alterskasse unter Berücksichtigung der örtlichen oder regionalen Gegebenheiten festgesetzten Grenzwert erreicht; der Ertragswert für Nebenbetriebe bleibt hierbei unberücksichtigt. Ein Unternehmen der Imkerei muß grundsätzlich mindestens 100 Bienenvölker umfassen. Ein Unternehmen der Binnenfischerei muß grundsätzlich mindestens 120 Arbeitstage jährlich erfordern. Ein Unternehmen der Wanderschäferei muß grundsätzlich eine Herde von mindestens 240 Großtieren umfassen.

(6) Der Wirtschaftswert ist der durch die Finanzbehörden nach dem Bewertungsgesetz im Einheitswertbescheid für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen festgesetzte Wirtschaftswert. Pachtflächen sowie verpachtete oder nachhaltig nicht landwirtschaftlich genutzte Flächen sind mit dem durchschnittlichen Hektarwert der entsprechenden Nutzung der Eigentumsfläche zu bewerten und bei der Festlegung des Wirtschaftswertes des Unternehmens entsprechend zu berücksichtigen. Dies gilt auch für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, die nach § 69 des Bewertungsgesetzes dem Grundvermögen zugerechnet werden. Ist der gesamte Betrieb gepachtet, ist der für den Verpächter maßgebende Wirtschaftswert anzusetzen. Ist der Wirtschaftswert des Unternehmens ganz oder teilweise nicht zu ermitteln, ist er zu schätzen. Weichen bei gartenbaulicher Nutzung die dem Einheitswertbescheid zugrunde liegenden betrieblichen Verhältnisse von den tatsächlichen ab, sind die Flächen nach ihrer tatsächlichen Nutzung zu bewerten.

(7) Landwirt nach Absatz 2 ist nicht, wer ein Unternehmen der Landwirtschaft ohne die Absicht der nachhaltigen Gewinnerzielung betreibt.

(8) Mitarbeitende Familienangehörige sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade und
3.
Pflegekinder
eines Landwirtes oder seines Ehegatten, die in seinem Unternehmen hauptberuflich tätig sind. Pflegekinder sind Personen, die mit dem Landwirt oder seinem Ehegatten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Der Beitrag ist jeweils am Fünfzehnten eines Kalendermonats fällig.

(2) Beiträge sind wirksam, wenn sie gezahlt werden, solange der Anspruch auf ihre Zahlung noch nicht verjährt ist. Im übrigen gelten § 197 Abs. 2 bis 4 und § 198 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(1) Auf die Wartezeit von fünf, 15 und 35 Jahren werden Beitragszeiten angerechnet. Ferner werden angerechnet

1.
Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gezahlt sind,
2.
Zeiten, in denen Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch oder den vor dem 1. Januar 1992 geltenden entsprechenden rentenrechtlichen Vorschriften bestand und
3.
Zeiten, in denen eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch oder den vor dem 1. Januar 1992 geltenden entsprechenden rentenrechtlichen Vorschriften bestand oder die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt gewesen wären, wenn Versicherungspflicht nach den Vorschriften der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hätte.
Zeiten nach Satz 2 werden nicht angerechnet, wenn diese Zeiten bereits mit Beiträgen belegt sind oder nur deshalb nicht mit Beiträgen belegt sind, weil der Versicherte von der nach § 1 Abs. 2 bestehenden Versicherungspflicht befreit worden ist.

(2) Die Wartezeit von fünf Jahren ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit erwerbsgemindert nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch geworden oder gestorben sind. Satz 1 findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren.

(3) Ist zugunsten von Versicherten ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden, wird auf die Wartezeit die volle Anzahl an Monaten angerechnet, die sich ergibt, wenn die Steigerungszahl für übertragene oder begründete Anrechte durch die Zahl 0,0157 geteilt wird. War der Ausgleichsberechtigte zuletzt als mitarbeitender Familienangehöriger tätig, tritt an die Stelle der Zahl 0,0157 die Zahl 0,0079. Von den auf die Wartezeit nach den Sätzen 1 und 2 anrechenbaren Monaten werden die in der Ehezeit zurückgelegten Monate abgezogen, soweit sie bereits auf die Wartezeit anrechenbar sind. § 52 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

2

Die Klägerin ist die Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des am 22.3.1947 geborenen und am 16.4.2008 verstorbenen früheren Landwirts W. B., der bei der beklagten Landwirtschaftlichen Alterskasse versichert war (im Folgenden: der Versicherte). Diesem gewährte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1.10.2006 (§ 13 ALG) . Dabei verminderte sie den sog allgemeinen Rentenwert wegen Inanspruchnahme der Rente vor Vollendung des 63. Lebensjahres um 10,8 % (Bescheid vom 5.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007).

3

Das Sozialgericht Hannover (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.6.2008). Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat die Berufung der Klägerin, mit der diese - wie schon im Klageverfahren - die Verfassungswidrigkeit des der Rentenminderung zugrunde liegenden § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG geltend gemacht hat, zurückgewiesen (Urteil vom 18.9.2008). Zur Begründung hat das LSG im Wesentlichen ausgeführt: Unstreitig habe die Beklagte § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG zutreffend angewandt. Die Vorschrift sei unter keinem Gesichtspunkt verfassungswidrig. Insbesondere liege eine den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG verletzende willkürliche Gleichbehandlung der in der Alterssicherung der Landwirte (AdL) versicherten Landwirte mit den Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) nicht vor.

4

Mit der - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision macht die Klägerin eine Unvereinbarkeit des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG mit dem GG geltend. Zunächst sei Art 14 Abs 1 GG verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unterfielen Rentenansprüche und Rentenanwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 Satz 1 GG. § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG greife in das eigentumsrechtlich geschützte Anwartschaftsrecht des Versicherten auf eine Erwerbsminderungsrente ein, indem er den allgemeinen Rentenwert um einen Abschlag von 10,8 % mindere. § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG stelle keine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung iS des Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar, weil es an einer verfassungsrechtlich gebotenen Rechtfertigung fehle. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei verletzt, denn es mangele an einem legitimen Zweck für die Einführung von Abschlägen auf Erwerbsminderungsrenten nach dem ALG.

5

Auch Art 3 Abs 1 GG sei verletzt. Vorliegend sei zum einen die Gruppe der Erwerbsminderungsrentner nach dem ALG mit der Gruppe der Erwerbsminderungsrentner nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sachwidrig gleichgesetzt worden, indem die in der RV eingeführte Abschlagsregelung pauschal auf die AdL übertragen worden sei. Die Versicherungssysteme der gesetzlichen RV und der AdL wiesen jedoch in ihrer jeweiligen Ausgestaltung (hinsichtlich der Beiträge bzw der Finanzierung wie auch der Leistungen und ihrer Voraussetzungen) erhebliche Unterschiede auf. So habe die Abschlagsregelung bei Erwerbsminderungsrenten in der AdL ganz andere Folgen, und es existierten andere Begleitumstände als in der gesetzlichen RV. Darüber hinaus liege eine unzulässige Gleichbehandlung von Alters- und Erwerbsminderungsrentnern in der AdL vor.

6

Schließlich verstoße die Neuregelung auch gegen den verfassungsrechtlich verbürgten Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Einführung der Minderungsregelung werde gerade in Fällen wie demjenigen des Versicherten, der kurz vor Vollendung des 60. Lebensjahres die Erwerbsminderungsrente in Anspruch genommen habe, nur unzureichend abgefedert.

7

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18.9.2008 und des SG Hannover vom 25.6.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 5.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.1.2007 zu verurteilen, ihr als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes die diesem gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.10.2006 bis 30.4.2008 unter Berücksichtigung eines unverminderten allgemeinen Rentenwertes zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Revision für unbegründet.

10

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Der Klägerin, die als Sonderrechtsnachfolgerin gemäß § 56 SGB I das Begehren des Versicherten, ihres verstorbenen Ehemannes, weiterverfolgt, eine höhere als die diesem für die Zeit vom 1.10.2006 bis zum 30.4.2008 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines nicht nach § 23 Abs 8 Satz 1 und Satz 2 ALG verminderten allgemeinen Rentenwerts zu erhalten, steht der von ihr geltend gemachte Anspruch nicht zu (dazu unter 1.). Darin liegt nach Überzeugung des Senats keine Grundrechtsverletzung (dazu unter 2.).

12

1. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer höheren Erwerbsminderungsrente setzt zunächst voraus, dass dem Versicherten ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente nach § 13 ALG zustand. Ob die Voraussetzungen des § 13 ALG gegeben sind, kann durch den Senat nicht abschließend geprüft werden, da die Instanzgerichte hierzu keinerlei Feststellungen getroffen haben. Gleichwohl muss die Sache nicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen werden, weil - auch bei unterstelltem Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 ALG - ein Anspruch auf höhere Rente nach den dann maßgeblichen Vorschriften nicht in Betracht kommt.

13

Die Höhe der dem Versicherten nach § 13 ALG mit Bescheid vom 5.12.2006 für die Zeit ab 1.10.2006 gewährten Erwerbsminderungsrente richtet sich nach § 23 ALG. Maßgeblich war zunächst dessen Fassung vom 24.7.2003 (BGBl I 1526) , die bis zum 30.4.2007 gegolten hat. Die mit Wirkung ab 1.5.2007 erfolgte Einfügung der Sätze 6 und 7 in § 23 Abs 2 ALG durch das Gesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung. Soweit das Gesetz vom 20.4.2007 mit Wirkung ab 1.1.2008 auch § 23 Abs 8 ALG geändert hat, wirkt sich dies nach der Übergangsvorschrift des § 93a Abs 1 und 3 ALG hier nicht aus. Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente des Versicherten, wenn die Steigerungszahl, der Rentenartfaktor und der allgemeine Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Dabei ist die Steigerungszahl nach Maßgabe von § 23 Absätze 2, 3 und 5 ALG, der Rentenartfaktor nach § 23 Abs 6 ALG zu ermitteln. Der allgemeine Rentenwert bestimmt sich im Grundsatz nach § 23 Abs 4 ALG. Bei Inanspruchnahme von Renten vor Erreichen eines bestimmten Lebensalters ist dieser gemäß § 23 Absätze 8 bis 11 ALG zu vermindern. Schließlich ist bei Rentenbeginn zwischen dem 1.7.1995 und dem 30.6.2009 nach den Übergangsregelungen der §§ 97 und 99 ALG ggf ein Zuschlag hinzuzufügen, der sich anhand einer Vergleichsberechnung mit dem Anspruch ergibt, der nach dem bis zum 31.12.1994 geltenden Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) zu errechnen gewesen wäre.

14

Ausgehend von diesen Regelungen hat die Beklagte die Rentenhöhe der dem Versicherten gewährten Erwerbsminderungsrente zutreffend berechnet. Sie hat insbesondere zu Recht einen um 10,8 % geminderten allgemeinen Rentenwert in die Rentenberechnung eingestellt. Dies folgt aus § 23 Abs 8 ALG in der Fassung vom 24.7.2003, die wie folgt lautet:

        

"(8) Für jeden Kalendermonat,
1. für den eine Rente wegen Erwerbsminderung vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird,
2. (…)
3. (…)
vermindert sich der allgemeine Rentenwert um 0,3 vom Hundert (Abschlag); dies gilt nicht hinsichtlich eines nach Absatz 5 zu gewährenden Zuschlags zu Renten wegen Todes. Bei Renten wegen Erwerbsminderung und bei Renten wegen Todes beträgt der Abschlag höchstens 10,8 vom Hundert, es sei denn, aus den diesen Renten zugrunde liegenden Steigerungszahlen wurde bereits eine vorzeitige Altersrente ermittelt. Der verminderte allgemeine Rentenwert gilt auch für Bezugszeiten nach Vollendung des 65. Lebensjahres."

15

Da der Versicherte die Erwerbsminderungsrente 42 Monate vor Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen hat, hat die Beklagte den allgemeinen Rentenwert nach § 23 Abs 8 Satz 2 ALG rechnerisch zutreffend um den Höchstwert von 10,8 % gemindert. Die Richtigkeit der Berechnungen ist im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht streitig.

16

2. Entgegen der Ansicht der Klägerin verstößt § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG nicht gegen das GG. Zwar kann sich die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin nach § 56 SGB I auch auf eine verfassungswidrige Verkürzung von Grundrechten des Versicherten berufen, weil sie mit ihrer Klage die Zahlung einer höheren als der dem Versicherten gewährten Rente erstrebt und folglich die Geltendmachung eines nicht höchstpersönlichen Anspruchs des Versicherten fortführt (vgl hierzu BVerfGE 88, 366, 374) . Die von ihr behauptete Verletzung von Grundrechten in der Person des verstorbenen Versicherten liegt indes nicht vor.

17

a) Die Klägerin kann zunächst nicht mit Erfolg geltend machen, durch die Zugrundelegung eines um 10,8 % geminderten allgemeinen Rentenwertes für die Berechnung der Erwerbsminderungsrente des Versicherten sei dieser in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 GG (Eigentumsgarantie) verletzt worden.

18

Rentenansprüche und -anwartschaften werden vom verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nach Art 14 Abs 1 GG erfasst (vgl BVerfGE 122, 151, 180 ff; BVerfGE 117, 272, 292 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 50 mwN; stRspr). Dazu gehören auch die Rentenanwartschaften in der AdL (vgl BSG, Urteil vom 30.3.2006 - Az B 10 LW 3/04 R - SozR 4-5868 § 13 Nr 2; Entsprechendes lässt sich mittelbar auch der Rechtsprechung des BVerfG entnehmen, vgl BVerfGE 25, 314, 321 f = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) .

19

Der Schutzbereich des Art 14 Abs 1 GG ist vorliegend dadurch tangiert, dass im Vergleich zur bis zum 31.12.2000 geltenden Rechtslage eine Verschlechterung für den verstorbenen Versicherten insoweit eingetreten ist, als aufgrund seiner Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres der allgemeine Rentenwert um 10,8 % gemindert wurde.

20

Die monatliche Verminderung des allgemeinen Rentenwerts um 10,8 % (also von 12,06 auf 10,76) geht zurück auf das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) , mit welchem erstmals in § 23 Abs 8 ALG eine Regelung über die Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Erwerbsminderungsrenten eingeführt wurde. Im Falle des Versicherten bewirkte die Regelung des § 23 Abs 8 ALG in der hier maßgeblichen Fassung, die insoweit gegenüber der Fassung des RRErwerbG keine wesentliche Änderung erfahren hat, (unter Außerachtlassung anzurechnenden Einkommens im Monat Oktober 2006) eine monatliche Absenkung des Rentenbetrages (Netto) von 232,42 Euro auf 207,36 Euro, also um 25,06 Euro, was in etwa 10,8 % entspricht.

21

Zwar hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen jedenfalls teilweisen Ausgleich der Minderung des allgemeinen Rentenwerts durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten vorgesehen. Der Erwerbsgeminderte wird nach § 19 Abs 1 ALG nunmehr so gestellt, als ob er bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres weitergearbeitet hätte, während vorher die Zeit ab dem 55. Lebensjahr lediglich zu einem Drittel berücksichtigt wurde (vgl § 19 Abs 1 ALG in den bis zum 1.1.2001 geltenden Fassungen) . Allerdings findet § 19 Abs 1 ALG aufgrund der Regelung des § 19 Abs 3 ALG ua dann keine Anwendung, wenn die erforderliche Vorversicherungszeit (§ 13 Abs 1 Satz 1 Nr 2 ALG) nur aufgrund von in der gesetzlichen RV anerkannten Beitragszeiten (§ 13 Abs 2 Nr 2 ALG) erfüllt ist. Zwar hat das LSG dazu keine Feststellungen getroffen, jedoch ist nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides davon auszugehen, dass diese Vorschrift im Falle des Versicherten, der seit dem 1.1.1998 keine Beitragszeiten in der AdL mehr zurückgelegt hat, zum Tragen gekommen ist. Denn bei diesem sind keine Zurechnungszeiten berücksichtigt worden. Dementsprechend hat die Minderung des allgemeinen Rentenwerts um 10,8 % bei ihm auch zu einer Nettorentenminderung in diesem Umfang geführt.

22

Die an Art 14 Abs 1 GG zu messende Rentenminderung stellt eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung durch den Gesetzgeber iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG dar.

23

Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz für Rentenanwartschaften nach Art 14 GG schließt deren Umgestaltung durch eine Änderung des Rentenversicherungsrechts nicht schlechthin aus. Insbesondere eine Anpassung an veränderte Bedingungen und im Zuge einer solchen Umgestaltung auch eine wertmäßige Verminderung von Anwartschaften lässt die Eigentumsgarantie grundsätzlich zu (vgl BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) . Die konkrete Reichweite des Eigentumsschutzes ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums durch den Gesetzgeber nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG (vgl BVerfGE 53, 257, 292 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 70, 101, 110 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 75, 78, 97 = SozR 2200 § 1246 Nr 142 S 461 f; BVerfGE 100, 1, 37 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) . Soweit in schon bestehende Anwartschaften eingegriffen wird, ist zu berücksichtigen, dass in ihnen von vornherein die Möglichkeit von Änderungen in gewissen Grenzen angelegt ist. Eine Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspräche dem Rentenversicherungsverhältnis, das im Unterschied zum Privatversicherungsverhältnis von Anfang an nicht auf dem reinen Versicherungsprinzip, sondern wesentlich auch auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) .

24

Eingriffe in rentenrechtliche Anwartschaften müssen allerdings einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sein (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 70, 101, 111 = SozR 2200 § 1260c Nr 17 S 64; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 122, 151, 182; stRspr) . Dabei verengt sich die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in dem Maße, in dem Rentenanwartschaften durch den personalen Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (vgl BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) . Die eigene Leistung kommt dabei vor allem in einkommensbezogenen Beitragszahlungen zum Ausdruck (vgl BVerfGE 53, 257, 291 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; BVerfGE 69, 272, 301 = SozR 2200 § 165 Nr 81 S 128 f; BVerfGE 100, 1, 33 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; stRspr) . Sie rechtfertigt es, dass der durch sie begründeten rentenrechtlichen Rechtsposition ein höherer Schutz gegen staatliche Eingriffe zuerkannt wird als einer Anwartschaft, soweit sie nicht auf Beitragsleistungen beruht (vgl BVerfGE 122, 151, 180 ff; BVerfGE 116, 96 ff = SozR 4-5050 § 22 Nr 5; BVerfGE 58, 81, 112 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; stRspr) .

25

Knüpft der Gesetzgeber - wie hier - an ein bereits bestehendes Versicherungsverhältnis an und verändert er die in dessen Rahmen begründete Anwartschaft zum Nachteil des Versicherten, so ist darüber hinaus ein solcher Eingriff am rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes zu messen, der für die vermögenswerten Güter und damit auch für die rentenrechtliche Anwartschaft in Art 14 GG eine eigene Ausprägung erfahren hat (vgl BVerfGE 58, 81, 120 = SozR 2200 § 1255a Nr 7 S 12; BVerfGE 64, 87, 104 = SozR 5121 Art 2 § 2 Nr 1; BVerfGE 71, 1, 11 f = SozR 5120 Art 2 § 2 Nr 1 S 2; BVerfGE 76, 220, 244 f = SozR 4100 § 242b Nr 3 S 16; BVerfGE 122, 151, 187; stRspr) .

26

Der Gesetzgeber ist mit der zur Prüfung gestellten Vorschrift des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG im Rahmen seiner Befugnis geblieben, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten. Der in der gesetzlichen Regelung liegende Eingriff in die Anwartschaft des Versicherten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt (dazu unter aa) und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (dazu unter bb). § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verstößt im Übrigen auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (dazu unter cc).

27

aa) Die zum 1.1.2001 durch das RRErwerbG in § 23 Abs 8 ALG erfolgte Einführung der Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres dient verfassungsrechtlich relevanten erheblichen Gemeinwohlinteressen. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, in welchem diese Neuregelung erlassen wurde.

28

Die Einführung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG ist Bestandteil einer größeren Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Gesetzgeberischer Ausgangspunkt war eine Neuregelung des Rechts der Erwerbsminderungsrenten in der gesetzlichen RV (dazu unter (1)); im Zuge derselben hat er auch die Regelungen des ALG zur Höhe der Erwerbsminderungsrenten geändert (dazu unter (2)).

29

(1) Ein Schwerpunkt des RRErwerbG vom 20.12.2000 war (neben einer Ersetzung der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten durch Renten wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung) die Einführung der Berechnungsregelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI, nach welcher in der gesetzlichen RV der Zugangsfaktor bei Inanspruchnahme von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung - damals: des 63. Lebensjahres - um 0,003 Punkte pro Lebensjahr abgesenkt wird (so die jetzt maßgebliche Auslegung durch die zuständigen Rentensenate des BSG, vgl Urteil vom 14.8.2008 - B 5 R 32/07 R - BSGE 101, 193 ff = SozR 4-2600 § 77 Nr 5; Urteile vom 14.8.2008 - B 5 R 88/07 R und B 5 R 140/07 R -; bestätigt nochmals durch das Urteil vom 25.11.2008 - B 5 R 112/08 R - juris; anders noch der - inzwischen nicht mehr zuständige - 4. Senat des BSG, vgl BSGE 96, 209 = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, jeweils RdNr 22 f) . Wie der 5. Senat des BSG bereits ausgeführt hat, ist diese Absenkungsregelung wiederum Teil einer Gesamtstrategie, mit der in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten auf die demografische Entwicklung der Versichertengemeinschaft reagiert und die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung langfristig gesichert werden sollte. Sie enthielt zunächst die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Minderung des Zugangsfaktors für vorzeitige Altersrenten durch das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) und wurde mit einer nochmaligen Anhebung von Rentenaltersgrenzen durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007 (BGBl I 554) in jüngster Vergangenheit fortgeführt (vgl auch dessen Begründung, BT-Drucks 16/3794 S 1) . Damit sollte in der gesetzlichen RV eine sozial angemessene und finanziell tragfähige Alterssicherungspolitik verwirklicht und ein wichtiger Beitrag zu mehr Wachstum und Beschäftigung geleistet werden (vgl Nationaler Strategiebericht der Bundesregierung, Sozialschutz und soziale Eingliederung vom 9.8.2006, BR-Drucks 583/06 S 33) .

30

In diesem Gesamtzusammenhang steht auch die Absenkung des Zugangsfaktors für Erwerbsminderungs-, Erziehungs- und Hinterbliebenenrenten nach Maßgabe des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Auch diese Regelung verfolgt entsprechende finanzielle Ziele. Dem Gesetzgeber ging es zwar einerseits darum, eine "Flucht" vor einer abgesenkten vorzeitigen Altersrente in die bis dahin ungeminderte Erwerbsminderungsrente zu verhindern und so eine sachgerechte und sozial ausgewogene Risikoabgrenzung zwischen Renten- und Arbeitslosenversicherung zu statuieren (vgl BT-Drucks 14/4230 S 23) . Andererseits wollte er aber auch dem versicherungsmathematischen Ungleichgewicht entgegensteuern, das in einem früh beginnenden Rentenbezug liegt. Der Vorteil der früheren Inanspruchnahme einer Rente besteht darin, dass die Summe der gezahlten Rentenleistungen statistisch gesehen höher ist als bei einem späteren Rentenbeginn, weil die Rentenlaufzeit statistisch insgesamt länger ist. Ein früher Renteneintritt bedeutet daher trotz der durch fehlende Beitragszeiten bedingten geringeren Rente eine Mehrbelastung der Versichertengemeinschaft, die durch einen abgesenkten Zugangsfaktor begrenzt werden kann (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 23) . Auch dieser Äquivalenzgedanke findet sich in der Gesetzesbegründung zum RRErwerbG wieder (BT-Drucks 14/4230 S 26 zu Nr 16 und zu Nr 22) .

31

Damit dient die Einführung einer Absenkungsregelung für Erwerbsminderungsrenten in der gesetzlichen RV ersichtlich dem Ziel, die Funktions- und Leistungsfähigkeit der RV im Interesse aller zu erhalten und den - vor allem durch den demographischen Wandel bedingten - veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Es ging dem Gesetzgeber insoweit vor allem um eine Verlangsamung der nach früherem Recht zu erwarten gewesenen Erhöhungen des Beitragssatzes in der RV und der entsprechenden Mehrausgaben des Bundes (so das BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 35, unter Verweis auf BT-Drucks 14/4230 S 36 mit Tabelle Nr 1) .

32

Das BVerfG hat bereits mehrfach entschieden, dass finanzielle Erwägungen dieser Art, also das Ziel der Stabilisierung der Finanzen eines Versicherungssystems wie der gesetzlichen RV, einen legitimen Grund für den Eingriff in Rentenanwartschaften darstellen (vgl jüngst zB BVerfGE 122, 151, 183; BVerfGE 117, 272, 297 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 63) . Mit Blick darauf hat der 5. Senat des BSG auch die durch § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI bedingten Änderungen im Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung schon allein aufgrund der finanziellen Erwägungen für verfassungsgemäß erachtet (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5) .

33

(2) Im Ergebnis ist auch die mit demselben Reformgesetz eingeführte Minderungsregel des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verfassungsrechtlich nicht anders zu bewerten. Sie beinhaltet eine dem § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI in den Auswirkungen auf den Rentenanspruch entsprechende Regelung und ist ebenfalls durch erhebliche finanzielle Gemeinwohlbelange gerechtfertigt. Diese liegen in der Verschränkung von RV und AdL hinsichtlich des Beitrags-/Leistungsverhältnisses begründet.

34

(a) Schon im Zuge der Vorbereitungen der Reform der gesetzlichen Regelungen zu den Erwerbsminderungsrenten war die Absicht formuliert worden, die in der gesetzlichen RV vorgesehenen Änderungen in engem zeitlichen Zusammenhang durch gleichgerichtete und wirkungsgleiche Maßnahmen in anderen ganz oder überwiegend öffentlich finanzierten Alterssicherungssystemen zu flankieren (vgl Wirth, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204 unter Verweis auf die Vorschläge der Kommission zur Fortentwicklung der Rentenversicherung) . Daher hat der Gesetzgeber durch das RRErwerbG einen Rentenabschlag in der AdL eingeführt, der demjenigen in der allgemeinen RV - unter Berücksichtigung der Besonderheiten der landwirtschaftlichen Alterssicherung - entsprechen sollte (vgl BT-Drucks 14/4230 S 1 und 24; BT-Drucks 14/4630 S 2) und tatsächlich auch entspricht. In der gesetzlichen RV erfolgt die Absenkung gemäß § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI im Rahmen des Zugangsfaktors. Da die Renten nach dem ALG jedoch ohne Zugangsfaktor berechnet werden, musste die Neuregelung im ALG abweichend gestaltet werden.

35

Anders als in der gesetzlichen RV spielt bei der Beitragsbemessung gemäß § 68 ALG die Höhe des in der aktiven Erwerbsphase des Landwirts erzielten Einkommens keine Rolle; es wird vielmehr ein für alle Versicherten gleich hoher Einheitsbeitrag erhoben (vgl dazu Koch/Möller-Schlotfeldt in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherungsrecht, § 65 RdNr 12) . Dementsprechend ergibt sich die Rentenhöhe nach § 23 Abs 1 ALG nicht unter Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten, deren Höhe von erzieltem und den geleisteten Beiträgen zugrunde liegendem Erwerbseinkommen sowie einem Zugangsfaktor abhängt, sondern anstelle dessen anhand der Steigerungszahl, die ausschließlich bestimmt wird durch die Anzahl der mit Beitrags- oder Zurechnungszeiten belegten Kalendermonate.

36

Infolge dieser Besonderheiten ordnet § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG in der hier maßgeblichen Fassung eine Minderung des allgemeinen Rentenwerts um 0,3 % für jeden Kalendermonat an, für den eine Rente wegen Erwerbsminderung vor Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen wird. Die Anwendung der Minderungsregelung bei Inanspruchnahme einer Rente vor dem 63. Lebensjahr führt rechnerisch zu denselben Nettobetragsminderungen wie in der gesetzlichen RV: In beiden Rentenformeln ist im Ergebnis einer der in die Formel eingestellten Faktoren durch den Minderungsfaktor ergänzt, wobei der Abschlag um 0,3 % pro Kalendermonat vorzeitiger Inanspruchnahme in der AdL dem in der RV verwendeten Faktor (1 - 0,003 pro Kalendermonat) entspricht. In beiden Gesetzen finden sich im Übrigen Regelungen, die den Abschlag auf höchstens 10,8 % begrenzen.

37

(b) Die Minderungsregelung im ALG wird ebenso wie die im SGB VI durch gewichtige finanzielle Interessen gerechtfertigt, die einen verfassungsrechtlich beachtlichen Gemeinwohlbelang darstellen. Nur durch diese Maßnahme wird nämlich in der AdL die Aufrechterhaltung der Beitragsstabilität gewährleistet, ohne dass es ungebremst zu Mehrausgaben des Bundes kommt. Das hängt insbesondere mit der seit 1995 bestehenden Anbindung des Beitragsrechts der AdL an die gesetzliche RV zusammen.

38

Die AdL wurde 1957 zunächst als ein rein auf Beitragsfinanzierung beruhendes Solidarsystem eingeführt (vgl hierzu Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995, S 26) , dessen Einnahmen allein durch den erhobenen Einheitsbeitrag gespeist wurden. Aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft und des damit einhergehenden Schwundes an Beitragszahlern nahmen an diesem System allerdings schon bald mehr Leistungsbezieher als Beitragszahler teil; der demographische Wandel wirkte sich dort also viel früher aus als in der gesetzlichen RV (vgl hierzu Hagedorn/Mehl, Sozialpolitische Reformen für die deutsche Landwirtschaft: Herausforderungen und Empfehlungen, Internationale Revue für Soziale Sicherheit, 54, 1/2001, 101 ff; Deisler, Die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung in Deutschland, SdL 2005, 26, 29) . Infolgedessen stieg der monatliche Einheitsbeitrag sprunghaft an (von 36 DM im Jahr 1973 auf 220 DM im Jahr 1989; vgl dazu mit weiteren Zahlenbeispielen Rombach, Alterssicherung der Landwirte, 1995, S 25 f).

39

Diese Entwicklung machte eine umfassende Agrarsozialreform erforderlich, die durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG 1995) vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) umgesetzt wurde (vgl hierzu die Gesetzesbegründung in BR-Drucks 508/93, S 62 ff) . Da man das der landwirtschaftlichen Altersvorsorge eigene System der Erhebung eines Einheitsbeitrags (allerdings ergänzt durch einkommensabhängige Beitragszuschüsse) beibehalten wollte (vgl BR-Drucks aaO, S 66) , war es erforderlich, das Beitrags-/Leistungsverhältnis der AdL an systemexternen Maßstäben auszurichten, um dauerhaft eine Stabilität des Einheitsbeitrags zu gewährleisten. Als Referenzsystem wurde dabei aus Gründen einer möglichst gleichförmigen Entwicklung aller Alterssicherungssysteme dasjenige System herangezogen, das für den größten Teil der Bevölkerung gilt, nämlich die gesetzliche RV (vgl Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 98 f; Hagedorn/Mehl, Sozialpolitische Reformen für die deutsche Landwirtschaft: Herausforderungen und Empfehlungen, Internationale Revue für Soziale Sicherheit 2001, 101,108) . Inhalt der Agrarsozialreform war es daher unter anderem, in der AdL die Beiträge von der Entwicklung der Ausgaben abzukoppeln und diese stattdessen an der Entwicklung der Beiträge in der gesetzlichen RV zu orientieren (vgl BR-Drucks aaO, S 72; vgl dazu von Einem, Das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung, ZfS 1995, 1, 4) .

40

Ermöglicht wurde diese Neustrukturierung durch eine gleichzeitige Umstellung des gesamten Finanzierungssystems der AdL. Es wurde die sogenannte Defizithaftung des Bundes eingeführt (vgl dazu Deisler, Die Alterssicherung der Landwirte nach der Agrarsozialreform 1995, DRV 1996, 825, 845) . Seither wird eine Differenz zwischen Beitragseinnahmen und Ausgaben im Sinne einer Ausfallgarantie durch den Bund ausgeglichen. Aufgrund der weiterhin rückläufigen Zahl der Beitragszahler in der AdL macht der durch den Bund finanzierte Anteil deutlich mehr als die Hälfte (zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung: 72 %) aller Ausgaben aus (vgl Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2001, SdL 2002, 132, 137; vgl zur entsprechenden Weiterentwicklung den Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2009, BT-Drucks 17/55 S 6, demzufolge mittlerweile bereits 77 % aller Kosten aus Bundesmitteln finanziert werden; vgl zu dieser Entwicklung auch Koch, LSV im Wandel - Änderungen im agrarsozialen System, WzS 2008, 257, 259, sowie Mehl, Reformen des agrarsozialen Sicherungssystems in der BRD: Rückblick und Ausblick, SdL 1999, 241, 246) .

41

Durch die beschriebene Anbindung der AdL an die gesetzliche RV ist es dem Gesetzgeber gelungen, den Beitragszahlern seither eine hohe Beitragsstabilität zu garantieren, die die AdL weitgehend unabhängig von dem Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsbeziehern macht (vgl Stüwe, Ein Jahr Agrarsozialreformgesetz, SdL 1996, 59, 70; Wirth, Reform des landwirtschaftlichen Alterssicherungsrechts, rv 1994, 201, 205) . Strukturelle Veränderungen in der Landwirtschaft können also nicht mehr zu unerwartet starken Beitragserhöhungen führen (vgl Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 37; vgl auch Stüwe, Ein Jahr Agrarsozialreformgesetz, SdL 1996, 59, 61) . Allerdings sind umgekehrt durch die mit dem ASRG 1995 erfolgte Annäherung der AdL an die gesetzliche RV auch entscheidende Weichen für die weitere Rechtsentwicklung der AdL gestellt worden (vgl Deisler, Die Agrarsozialpolitik aus Sicht der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, SdL 2004, 89, 96) .

42

Folge der sich im Grundsatz als für die Beitragszahler günstig darstellenden Neustrukturierung des Beitragssystems in der AdL ist es nämlich, dass Gesetzesänderungen in der gesetzlichen RV, die das Beitrags-/Leistungsverhältnis dort in erheblichem Maße betreffen, in entsprechender Weise in der AdL nachvollzogen werden müssen (vgl Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 98 f; ders, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204 f; ders, Anhebung der Altersgrenzen in der Alterssicherung der Landwirte und weitere Änderungen im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, SdL 2006, 261, 263) , wenn man nicht dahin zurückkehren will, den Einheitsbeitrag in der AdL wieder abhängig zu machen von systeminternen Schwankungen. Denkbar wäre allenfalls noch, das entstehende Missverhältnis in der AdL durch eine entsprechende Ausweitung der Defizithaftung des Bundes aufzufangen. Dies führte jedoch zu dem widersinnigen Ergebnis, dass Gesetzesänderungen zum Beitrags-/Leistungsverhältnis, die in der gesetzlichen RV zur Verlangsamung von Beitragserhöhungen und Ausgabensteigerungen des Bundes (vgl dazu BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 35) eingeführt werden, im System der AdL wiederum Mehrausgaben des Bundes nach sich zögen, die zu vermeiden gerade die Absicht des Gesetzgebers war (vgl dazu auch den Lagebericht der Bundesregierung über die AdL 2001, SdL 2002, 132, 138) .

43

Die Einführung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG erklärt sich damit dadurch, dass das 1995 zur Beitragsstabilisierung geschaffene System der extern orientierten Beitragsbemessung in der AdL bewahrt werden sollte. Denn eine so erhebliche Einschränkung des Leistungsrechts in der gesetzlichen RV, wie sie durch die Einführung der Abschlagsregelung des § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI erfolgt ist, führt auch zu einer wesentlichen Änderung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der gesetzlichen RV. Unter diesen Bedingungen ist in der AdL nur dann - ohne Rückkehr in die früheren Beitragssteigerungen und ohne Ausweitung der Defizithaftung des Bundes - ein weiterhin konstanter Beitrag möglich, wenn dort eine gleichgewichtige Rechtsänderung erfolgt (vgl Wirth, Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte im Rahmen des Rentenreformgesetzes 1999, SdL 1997, 204, 205) .

44

Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber mit der Übertragung der Neuregelungen im Bereich der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf die AdL einen wichtigen Gemeinwohlbelang verfolgt. Er setzt auf diese Weise - als Konsequenz aus der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Einführung einer Abschlagsregelung in der gesetzlichen RV durch § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI (vgl hierzu nochmals das BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5) - den eingeschlagenen Weg zur Garantie stabiler Beitragssätze und folglich im Ergebnis auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des berufsständischen Systems der AdL fort (zu einer entsprechenden, schon damals gerechtfertigten Zielsetzung im Rahmen des ASRG 1995; vgl auch BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 2) . Indem der Gesetzgeber eine Minderung auf der Leistungsseite wählt, verhindert er gleichzeitig, dass die Defizithaftung des Bundes systembedingt noch weiter zu erhöhen ist. Es waren mithin für die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG sowohl finanzielle als auch systemerhaltende Erwägungen maßgebend (vgl dazu auch nochmals den Lagebericht der Bundesregierung über die AdL 2001, SdL 2002, 132, 138).

45

Zwar hat der Gesetzgeber diese Motivlage nur angedeutet, indem er von einer "Übertragung der Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf die AdL" gesprochen hat (vgl BT-Drucks 14/4230 S 1, 24) . Dass er insoweit die spezifische Verschränkung der beiden Systeme für maßgeblich erachtet hat, lässt sich jedoch daran erkennen, dass er in der weiteren Begründung durchgängig das Erfordernis der Schaffung einer Regelung "wie in der gesetzlichen RV" oder "in Anlehnung an die Rentenberechnung nach dem SGB VI" betont hat (vgl BT-Drucks aaO, S 32 f) .

46

Auf den von der Klägerin erhobenen Einwand, dass das durch den Gesetzgeber für die gesetzliche RV formulierte Motiv der Verhinderung einer Ausweichreaktion aus der Altersrente in die Erwerbsminderungsrente auf die AdL nicht übertragen werden könne (mit diesem Einwand im Übrigen auch Giese, Die Reform der Renten wegen Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung und ihre Auswirkungen auf die Alterssicherung der Landwirte, SdL 2000, 129 f) , kommt es daher verfassungsrechtlich nicht entscheidend an.

47

bb) Die damit im öffentlichen Interesse liegende Minderung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente aus der AdL vor Vollendung des 63. Lebensjahres war auch verhältnismäßig im weiteren Sinne, dh geeignet, erforderlich und zumutbar.

48

(1) Die Regelung war zunächst geeignet, das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel zu erreichen. Dem Gesetzgeber steht - wie dies das BVerfG erneut in seinem Beschluss vom 27.2.2007 (BVerfGE 117, 272, 295 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 58 f) zum Ausdruck gebracht hat - im Sozialversicherungsrecht wie in allen komplexen, von künftigen Entwicklungen abhängigen Regelungsbereichen ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Bei der Ausgestaltung von Versicherungsverhältnissen (wozu auch Leistungsverhältnisse in der AdL gehören) benötigt der Rentengesetzgeber Flexibilität, die ihm nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht verwehrt werden kann. Dabei kommt ihm im Bereich der AdL eine besonders hohe Gestaltungsfreiheit zu, weil dort die Rentenanwartschaften durch einen - verglichen mit den vom Bund zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln - weit kleineren Anteil eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind als in der gesetzlichen RV (vgl dazu BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 37 f = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f; dies hebt das BVerfG selbst im Übrigen an anderer Stelle ausdrücklich hervor, vgl BVerfGE 25, 314, 323 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) .

49

Das angestrebte Ziel der Aufrechterhaltung von stabilen Einheitsbeiträgen trotz fortschreitenden demographischen und strukturellen Wandels unter gleichzeitiger Verhinderung von nach oben schnellenden Mehrausgaben des Bundes wird durch das in § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG angelegte Schritthalten mit der Regelung der gesetzlichen RV erreicht. Die in der AdL erhobenen Einheitsbeiträge bleiben infolge ihrer weiterhin bestehenden Orientierung am Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen RV im Grundsatz stabil. Die Vorschrift über die Minderung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Erwerbsminderungsrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres bewegt sich daher innerhalb des aufgezeigten verfassungsrechtlichen Einschätzungsspielraums.

50

(2) Die Regelung genügt auch dem Gebot der Erforderlichkeit. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht des Versicherten nicht oder doch weniger einschränkendes Mittel hätte wählen können.

51

Der Gesetzgeber kann insbesondere nicht darauf verwiesen werden, eine Einsparung in anderen, von dem betroffenen Gesetz nicht erfassten Bereichen zu erzielen (vgl BVerfGE 116, 96, 127 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 91 mwN; BVerfGE 122, 151, 184; stRspr) . Mildere Mittel sind nämlich nicht solche, die die Kostenlast oder die Kosteneinsparungen lediglich verschieben (vgl BVerfGE 109, 64, 86) .

52

Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, auf andere Maßnahmen auszuweichen, insbesondere - im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen - die Beitragssätze zu erhöhen, die Bestandsrenten abzusenken oder auf eine Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung zu verzichten (vgl BVerfGE 109, 64, 86) . Um dem Erforderlichkeitsgebot Rechnung zu tragen, ist er ebenso wenig gehalten, einen noch höheren Bundeszuschuss vorzusehen und ggf für diesen Zweck Steuern einzuführen oder zu erhöhen (vgl BVerfGE, aaO) . Daher kann der Gesetzgeber auch hier nicht darauf verwiesen werden, den Bundeszuschuss noch weiter anzuheben.

53

Denkbar war allenfalls noch eine erneute Umgestaltung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL. Dies hätte je nach Ausgestaltung für den Versicherten möglicherweise zu einem günstigeren Ergebnis führen können. Ob dies auch für die Versichertengemeinschaft insgesamt gilt, erscheint zweifelhaft. Jedenfalls unterfällt die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Anpassung der Rentenformel an die Änderungen in der gesetzlichen RV und gegen eine erneute Systemumstellung typischerweise dem gesetzgeberischen Ermessen.

54

(3) Die Absenkung des allgemeinen Rentenwerts bei Inanspruchnahme einer Rente wegen Erwerbsminderung vor Vollendung des 63. Lebensjahres ist schließlich auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dies gilt im Falle des Versicherten selbst dann, wenn diesem die gesetzgeberische Teilkompensation der Minderungsregelung durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten nach § 19 Abs 1 ALG nicht zugute gekommen ist.

55

Maßgeblich ist, unter welchen Voraussetzungen wie viele Grundrechtsträger wie intensiven Beeinträchtigungen ausgesetzt sind; daher ist immer eine Zusammenschau der Gesamtumstände vorzunehmen (vgl BVerfGE 100, 313, 376) . Diese ergeben hier ein insgesamt hinnehmbares Ausmaß der Beeinträchtigung. Insoweit war zunächst zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG nicht in schon bestehende Rentenansprüche, sondern in Rentenanwartschaften eingreift. Anwartschaften sind wegen des großen Zeitraums zwischen ihrem Erwerb und der Entstehung des Rentenanspruchs naturgemäß stärker einer Veränderung der für die Rentenberechnung maßgeblichen Verhältnisse unterworfen (vgl BVerfGE 122, 151, 181 f; BSGE 92, 206 = SozR 4-2600 § 237 Nr 1, jeweils RdNr 43) und genießen nicht denselben eigentumsrechtlichen Schutz wie die Rente. Auch insoweit ist im Übrigen für die AdL zu berücksichtigen, dass die Rentenanwartschaft zum weitaus größeren Teil aus Steuermitteln, nicht dagegen aus eingezahlten Beiträgen realisiert wird. Dies verringert das Gewicht der eigentumsrechtlich geschützten Position gegenüber den gesetzgeberischen Zielen zusätzlich (vgl hierzu BVerfGE 53, 257, 293 = SozR 7610 § 1587 Nr 1 S 4 ff; BVerfGE 100, 1, 38 = SozR 3-8570 § 10 Nr 3 S 51 f) .

56

Weiter ist maßgeblich, dass durch die gewählte Minderungsregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG - wie in der gesetzlichen RV - gerade diejenigen betroffen sind, die aufgrund früheren Rentenbeginns (statistisch gesehen) längere Rentenlaufzeiten als Versicherte erwarten können, die erst im vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehenen Alter Rente beanspruchen (vgl hierzu Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 34) . Auf die gesamte Rentendauer gesehen wird daher den Rentenbeziehern, deren Rente früher beginnt, (statistisch) im Vergleich zu solchen, deren Rente später beginnt, kein Weniger an Leistungen, sondern vielmehr nur nicht mehr ein versicherungsmathematisches Mehr an Leistungen gewährt (vgl hierzu auch das BVerfGE 122, 151, 185 f und 189 f, das im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit von Abschlägen bei vorzeitiger Inanspruchnahme von Altersrente in der gesetzlichen Rentenversicherung davon ausgeht, dass - trotz Abschlag - noch immer die Personen mit früherem Rentenbeginn auf die gesamte Laufzeit gesehen ein Mehr an Leistungen erhalten) . Der einzelne Versicherte wird in versicherungsmathematischer Pauschalierung mit den von ihm selbst verursachten Mehrkosten belastet, indem sein voraussichtlich längerer Rentenbezug durch Rentenabschläge ausgeglichen wird, die von dem Ausmaß des Vorziehens seines Rentenbeginns abhängen. Die Regelung setzt mithin an der Verursachung der Mehrkosten an und beschränkt sich auf die Verursacher (vgl ebenso BVerfGE 122, 151, 185 f) .

57

Zudem ist die Minderungsregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG zum einen von vornherein auf 10,8 % als Höchstmaß begrenzt, zum anderen wurde ihre Einführung gemäß § 19 Abs 1 ALG durch verlängerte Zurechnungszeiten flankiert, die zu einer teilweisen Kompensation der Rentenminderung führen (vgl Schellmann, Die Zurechnungszeit in der landwirtschaftlichen Alterssicherung, SdL 2002, 265, 266; Giese, Die neue Erwerbsminderungsrente in der Alterssicherung der Landwirte, SdL 2002, 228, 232) . Dies hat entsprechend auch der 5. Senat des BSG in seinen Ausführungen zur Verneinung einer Verfassungswidrigkeit von § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB VI betont (vgl BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 39) . Allerdings ist der Klägerin einzuräumen, dass die Erwerbsminderungsrenten in der AdL nicht mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze enden. Der Rentenbezieher muss also einmal bestehende Rentenabschläge auf Dauer in Kauf nehmen, ohne etwa - wie in der gesetzlichen RV - eine zu erwartende Altersrente durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge aufstocken zu können (vgl dazu BSG aaO, jeweils RdNr 44) . Einer Entrichtung freiwilliger Beiträge zur Anhebung der laufenden Erwerbsminderungsrente steht hier die Regelung des § 5 Abs 1 Nr 3 ALG entgegen.

58

Dem gegenüber ist zu berücksichtigen, dass aus der AdL bezogene Renten lediglich eine Teilsicherung des Landwirtes darstellen. Die Landwirte sind daneben regelmäßig durch die Vermögenssubstanz ihres Unternehmens abgesichert. Bei dessen Weitergabe entstehen Ansprüche auf Altenteilsleistungen oder auf Pachtzinsen, oder es wird (beim Verkauf) verrentbares Geldkapital realisiert (vgl Koch, LSV im Wandel - Änderungen im agrarsozialen Sondersystem, WzS 2008, 257, 258; Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 2) . Im Übrigen dürfen Landwirte als selbstständige Unternehmer darauf verwiesen werden, in erster Linie selbst für den Aufbau einer individuell angemessenen Altersvorsorge verantwortlich zu sein (vgl Deisler, aaO; Flecken, Die Reform der Alterssicherung der Landwirte, SozVers 1995, 57) . In der AdL wirkt sich daher die Minderung der Renten - gerechnet auf die gesamte Alterssicherung - grundsätzlich geringer aus als in der gesetzlichen RV.

59

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte stellt sich die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG aus Sicht des Senats als verhältnismäßig dar. Dies gilt selbst im konkreten Fall des Versicherten, der seit 1.1.1998 keine Beiträge zur AdL mehr entrichtet hat und daher gemäß § 19 Abs 3 ALG nicht von der Kompensationsregelung des § 19 Abs 1 ALG profitiert hat.

60

Zunächst trifft § 23 Abs 8 Nr 1 ALG auch Personen wie den Versicherten schon deshalb nicht unverhältnismäßig hart, weil auch ihnen die Deckelung der Minderung auf 10,8 % nach § 23 Abs 8 Satz 2 ALG zugute kommt. Vor allem aber greift bei solchen Versicherten die Kompensationsregelung des § 19 Abs 1 ALG nur deshalb nicht, weil der Betreffende in den letzten Jahren vor der Erwerbsminderung nicht in der AdL versichert war (vgl § 19 Abs 3 ALG) . Mithin kann er aus diesem System auch keine Kompensation erwarten. Hat er zuletzt Zeiten in der gesetzlichen RV zurückgelegt, kommt bei gleichzeitiger Geltendmachung von Rentenansprüchen aus diesem System ggf dort die Kompensationsregelung nach §§ 53, 253a SGB VI zum Tragen. Insgesamt war die Minderungsregelung daher auch konkret dem Versicherten zumutbar.

61

cc) Schließlich genügt die Neuregelung durch das RRErwerbG auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die für den Eingriff (Minderung des allgemeinen Rentenwerts) maßgebliche Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG hat nicht im Sinne einer echten Rückwirkung zu Ungunsten des Versicherten in eine Rechtsposition eingegriffen, die dieser bereits vor Inkrafttreten des RRErwerbG zum 1.1.2001 innehatte. Vielmehr wurde ihm Rente ab dem 1.10.2006 und damit fast sechs Jahre nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG bewilligt.

62

Ist die gesetzliche Regelung wie hier geeignet, erforderlich und angemessen zum Erreichen eines gewichtigen Gemeinwohlbelangs, war der Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips nur gehalten, auf die legitimen Interessen der zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung rentennahen Jahrgänge durch Erlass einer Übergangsregelung Rücksicht zu nehmen, die eine auf Rentenzugänge ab dem Stichtag ohne Einschränkung sofort wirksame Anwendung der Neuregelung verhindert (vgl BVerfGE 116, 96, 133 f = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 RdNr 106 ff) . Insoweit ist allerdings keine Übergangsregelung erforderlich, die es den Berechtigten ermöglicht, die durch die Neuregelung bewirkte Verringerung der Rente durch eine Maßnahme der zusätzlichen und insbesondere privaten Altersvorsorge auszugleichen. Die Übergangszeit muss (lediglich) so bemessen sein, dass die Berechtigten in der Lage sind, ihre Lebensführung darauf einzustellen, dass ihnen auf Dauer (deutlich) niedrigere Renten zustehen werden als ihnen zuvor in Aussicht gestellt worden sind (vgl BVerfG, aaO) . Insoweit hat das BVerfG insbesondere eine schrittweise Anwendung von Abschlagsregelungen uä vorgeschlagen.

63

Gemessen daran ist eine Verletzung des verfassungsrechtlich verbürgten Vertrauensgrundsatzes hier zu verneinen. In § 93a ALG hat der Gesetzgeber eine dreijährige Übergangszeit eingeräumt, die sich für den Versicherten nicht ausgewirkt hat, weil er erst fast sechs Jahre nach Einführung der Regelung Rente wegen Erwerbsminderung beansprucht hat. Damit war er nach Auffassung des Senats nicht mehr ein rentennaher Jahrgang im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Innerhalb des bestehenden Zeitraums konnte sich der Versicherte vielmehr hinreichend auf die zu erwartenden Einbußen einstellen und seinen Lebensstandard ggf dementsprechend anpassen.

64

b) Die Regelung des § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG verstößt auch unter keinem Gesichtspunkt gegen Art 3 Abs 1 GG.

65

Der darin enthaltene Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 75, 348, 357 = SozR 2200 § 555a Nr 3; stRspr) . Ebenso verbietet Art 3 Abs 1 GG aber auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem; insoweit enthält das Grundrecht ein Differenzierungsgebot (vgl BVerfGE 103, 310, 318; BVerfGE 116, 164, 180) .

66

Vorliegend ist keine verfassungswidrige Gleichbehandlung der Erwerbsminderungsrentner in der AdL mit denjenigen anzunehmen, die eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen RV beziehen (dazu unter aa). Ebenso wenig werden innerhalb der AdL Erwerbsminderungsrentner und Altersrentner in verfassungswidriger Weise gleich behandelt (dazu unter bb). Schließlich liegt auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Erwerbsminderungsrentnern untereinander vor (dazu unter cc).

67

aa) Nach Überzeugung des Senats wird Art 3 Abs 1 GG zunächst nicht dadurch verletzt, dass sowohl Erwerbsminderungsrentner in der AdL als auch Erwerbsminderungsrentner in der gesetzlichen RV einen Rentenabschlag hinnehmen müssen.

68

Zwar hat der Gesetzgeber mit § 77 Abs 2 Satz 1 Nr 3 iVm Satz 2 SGB VI und § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 2 ALG zwei Regelungen geschaffen, die - bei jeweils gleichaltrigen Antragstellern - grundsätzlich eine übereinstimmende Minderung des Nettorentenzahlbetrags zur Folge haben. Lediglich der Berechnungsfaktor, an welchem die Minderung festgemacht wird, unterscheidet sich in den beiden Regelungen bedingt durch die Abweichungen in den Rentenformeln. Der Gesetzgeber war jedoch nicht gehalten, in den beiden Versicherungssystemen unterschiedliche Minderungsregelungen zu treffen bzw die Rentner in der AdL ganz von der Rentenminderung bei frühzeitiger Inanspruchnahme auszunehmen.

69

Im Bereich der Sozialversicherung hat der Gesetzgeber auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG einen weiten Spielraum, und zwar nicht zuletzt bei der Finanzierung sozialer Sicherungssysteme (vgl BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 4-2500 § 266 Nr 8 RdNr 86 f) . Daher kann er unterschiedliche Konzepte für verschiedene Gebiete entwickeln (so etwa BVerfGE 97, 271, 297 = SozR 3-2940 § 58 Nr 1 S 11 f zur unterschiedlichen Ausgestaltung der Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie im Beamtenrecht) . Allerdings muss er dies nicht schon allein deshalb, weil zwei gesonderte Versicherungssysteme vorliegen. Das BVerfG hat - im Rahmen der Prüfung einer vom Gesetzgeber gewählten Ungleichbehandlung - die Beantwortung der Frage, inwieweit schon die Zugehörigkeit vergleichbarer Fälle zu verschiedenen Ordnungssystemen zur Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung ausreicht, in neuerer Zeit offen gelassen und sogar umgekehrt eine bestimmte Systemzugehörigkeit - anders als sachliche Gründe - nicht als Begründung für eine Ungleichbehandlung ausreichen lassen (vgl etwa BVerfGE 85, 176, 186 zu Unterschieden im Vergleich zwischen Beamtenversorgungsgesetz und Reichsversicherungsordnung) . In entsprechender Weise muss gelten, dass nach Art 3 Abs 1 GG eine Ungleichbehandlung auch nicht schon deshalb geboten ist, weil es sich um vergleichbare Sachverhalte in zwei verschiedenen Versicherungssystemen handelt. Vielmehr ist stets im Einzelnen zu beurteilen, inwieweit die Versicherungssysteme tatsächlich solche Verschiedenheiten aufweisen, dass die eine Gruppe in einem ganz bestimmten Punkt anders zu behandeln ist als eine andere Gruppe. Nach Auffassung des Senats ergibt ein Vergleich der AdL mit der gesetzlichen RV nicht, dass erwerbsgeminderte Versicherte, die eine Rente frühzeitig in Anspruch nehmen, in der AdL allein deshalb keinen Abschlag hinnehmen müssten, weil sie in ein anderes Sicherungssystem eingeordnet sind. Die Systeme weisen keine Unterschiede solcher Art auf, dass gerade die Rentenabschlagsregelung in der AdL entfallen müsste.

70

Allgemein ist der Klägerin darin Recht zu geben, dass die beiden Versicherungssysteme in wesentlichen Punkten unterschiedlich ausgestaltet sind. Die AdL unterliegt als eigenständiges soziales Sicherungssystem einer eigenen Sachgesetzlichkeit (vgl hierzu BVerfGE 25, 314, 321 f = SozR Nr 77 zu Art 3 GG; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 1) . So ist sie aufgrund der vom Gesetzgeber angenommenen geringeren Schutzbedürftigkeit der Landwirte lediglich als Teilsicherung konzipiert, während die gesetzliche RV grundsätzlich eine Vollversicherung darstellt. Anders als in der RV wird in der AdL schon seit 1957 ein Einheitsbetrag erhoben mit der Folge, dass lediglich die Anzahl der Beitragsjahre und nicht auch die bisherigen Einkünfte, Einfluss auf die Rentenhöhe hat. Unterschiede bestehen weiter im Leistungsrecht. Der wichtigste Unterschied bei den Leistungsvoraussetzungen betrifft die Alters- und die Erwerbsminderungsrenten. Da der Gesetzgeber mit der Ausgestaltung der AdL auch strukturpolitische Ziele verfolgt (vgl BSG SozR 4-5868 § 13 Nr 1 RdNr 13) , ist der Landwirt gehalten, vor Inanspruchnahme einer Rente seinen Hof nach Maßgabe des § 21 ALG abzugeben. Zwar finden sich in der AdL weniger Leistungsarten als in der gesetzlichen RV, dafür aber spezifisch auf die Situation eines Landwirts abgestimmte Leistungen, namentlich die Gewährung einer Betriebs- und Haushaltshilfe zur Überbrückung von krankheitsbedingten Ausfallzeiten (vgl hierzu Koch/Möller-Schlotfeldt in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherungsrecht, § 62 RdNr 19 ff; Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 17 ff) .

71

Allerdings weisen die Systeme auch erhebliche Gemeinsamkeiten auf. Bei beiden Versicherungssystemen handelt es sich nicht nur um Zwangsversicherungen, die von öffentlichrechtlichen Körperschaften durchgeführt werden, sondern der Gesetzgeber hat die AdL in der konkreten Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses im Laufe der Jahre auch zunehmend der gesetzlichen RV angenähert. Seit der Agrarsozialreform 1995 besteht eine Pflicht zur lückenlosen Beitragszahlung auch in der AdL nicht mehr. Nunmehr gilt in beiden Sicherungssystemen das Anwartschaftsprinzip. Insoweit erfolgte schon 1995 eine Angleichung der AdL an die Ausgestaltung der Versicherungsverhältnisse in der gesetzlichen RV (vgl dazu BSG, SozR 4-5868 § 13 Nr 2 RdNr 15; Wirth, 50 Jahre Alterssicherung der Landwirte, SdL 2007, 96, 97) . Dabei werden die Leistungen - jedenfalls auch - durch die monatlichen Beiträge der Versicherten gedeckt, die zwar nicht aufgrund differierender Höhe, wohl aber durch ihre im Laufe des Versicherungslebens zusammen gekommene Anzahl die Rentenhöhe bestimmt. Es gilt also - in abgeschwächter Form - auch in der AdL das Versicherungsprinzip. Zugleich sind beide Systeme ebenfalls als Solidarsysteme ausgestaltet. Dem Versicherungsprinzip steht daher - hier wie dort - auch der Gedanke des sozialen Ausgleichs gegenüber (vgl dazu BVerfGE 76, 256, 304 f) . Nicht zuletzt mit Blick auf diese Gemeinsamkeiten ist die AdL bereits seit 1995 an dem Beitrags-/Leistungsverhältnis der gesetzlichen RV ausgerichtet. Seitdem verändert sich der allgemeine Rentenwert in der AdL auch jährlich zum 1.7. entsprechend dem Prozentsatz, um den der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen RV angepasst wird (§ 23 Abs 4, §§ 25, 26 ALG) .

72

Zwar war es möglicherweise nicht zwingend geboten, dass der Gesetzgeber mit der RRErwerbG auch weiterhin in der AdL den Änderungen der gesetzlichen RV gefolgt ist; er hätte an dieser Stelle auch eine Abkehr vom Maßstab der RV und hin zu einer neuen Konzeption des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL vornehmen können. Verpflichtet war er dazu in jedem Falle nicht. Durch die aufgeführten Unterschiede ergab sich keine Pflicht zu einer Differenzierung auch in dem hier streitigen Punkt. Insbesondere mit Blick auf die gerade beim Beitrags-/Leistungsverhältnis bestehenden Gemeinsamkeiten beider Systeme stand es vielmehr innerhalb der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, diesbezügliche Änderungen in beiden Systemen gleichermaßen vorzunehmen.

73

Der Vortrag der Klägerin, die Besonderheiten in der AdL geböten einen Verzicht auf die Einführung einer Minderungsregelung, wie sie § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG enthält, könnte auch dahin verstanden werden, dass sie das Fehlen einer Folgerichtigkeit innerhalb des Systems der AdL geltend machen will. Vom Gesetzgeber wird nämlich innerhalb eines Ordnungssystems ein hinreichendes Maß an Folgerichtigkeit einfachgesetzlicher Wertungen verlangt (vgl dazu Osterloh in Sachs, GG, 5. Aufl 2009, Art 3 RdNr 98 ff mwN) . Zwar enthält eine Systemwidrigkeit für sich genommen noch keinen Verstoß gegen die Gleichheit vor dem Gesetz (vgl BVerfGE 85, 238, 247) . Jedoch müssen Gründe für die Durchbrechung des vom Gesetzgeber gewählten Ordnungsprinzips in ihrem Gewicht und ihrer Intensität der Abweichung von der zugrunde gelegten Ordnung entsprechen, um überzeugend zu sein (vgl BVerfGE 18, 366, 372 f = SozR Nr 56 zu Art 3 GG Ab 46 ff, BVerfGE 67, 70, 84 f) . Das Gebot der Folgerichtigkeit bindet damit an einen vorherigen Rechtsgedanken in dem Sinne, dass bei weiteren Regelungen für eine Abweichung ein vernünftiger oder plausibler Grund zu fordern ist (vgl BVerfGE 81, 156, 207 = SozR 3-4100 § 128 Nr 1 S 19 f; vgl auch BSGE 90, 56, 60 = SozR 3-4300 § 137 Nr 2 S 10 f) . Allerdings ist verfassungsrechtlicher Maßstab nicht, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl zB BVerfGE 122, 151, 174) .

74

Eine Durchbrechung der vom Gesetzgeber für die AdL aufgestellten Prinzipien vermag der Senat aus den schon aufgezeigten Erwägungen nicht festzustellen. Die Minderung des allgemeinen Rentenwerts gemäß § 23 Abs 8 Satz 1 Nr 1 ALG setzt vielmehr umgekehrt konsequent eine 1995 eingeschlagene Systemänderung in der AdL (Orientierung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses an der gesetzlichen RV) fort. Offenbar geht auch die Klägerin, indem sie lediglich die Minderungsregel selbst beanstandet, davon aus, dass in der 1995 durch die Agrarsozialreform vollzogenen Verschränkung der beiden Versicherungssysteme, die damals für die Mitglieder in der AdL günstig war, kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG - etwa aufgrund einer zu starken Systemannäherung - liegt. Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn durch zeitgleiche Einführung von Abschlagsregelungen letztlich nur das Fortbestehen von Systemparallelität erreicht wird.

75

Die Neuregelung steht auch im Übrigen nicht zu grundsätzlichen Strukturprinzipien der AdL in Widerspruch. Inwieweit etwa die von der Klägerin angesprochene agrarpolitische Zielsetzung der Hofabgabe vor Erwerbsminderungsrentenbezug Maßstäbe setzen soll für die Ausgestaltung des Beitrags-/Leistungsverhältnisses in der AdL, erschließt sich dem Senat nicht. Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich die Minderung des Anspruchs auf Erwerbsminderungsrente bei frühzeitiger Inanspruchnahme durchaus gut mit dem auch in der AdL bestehenden Versicherungsprinzip vereinbaren, welches sich darin zeigt, dass die Leistungshöhe von der Anzahl der Beitragsjahre abhängt. Sie verwirklicht auch in der AdL den Ausgleich voraussichtlich längerer Laufzeiten einer Rente (vgl hierzu Deisler in Ruland/Rürup, Alterssicherung und Besteuerung, § 3 Die Alterssicherung der Landwirte, RdNr 34) und dient damit unter statistischen Gesichtspunkten einer konsequenteren Umsetzung des Versicherungsprinzips.

76

Lediglich ergänzend sei angefügt, dass der - verfassungsrechtlich ohnehin unerhebliche - Einwand der Klägerin, der Gesetzgeber habe das von ihm selbstgesteckte Ziel, systembedingte Besonderheiten berücksichtigen zu wollen, nicht erreicht, vom Senat nicht nachvollzogen werden kann. Der Gesetzgeber hat vielmehr gerade umgekehrt die Übertragung der rentenrechtlichen Neuregelungen auf die in der AdL bestehenden Eigentümlichkeiten der Rentenformel abgestimmt und daher sehr wohl die systembedingten Besonderheiten bei der konkreten Anknüpfung der Rentenminderung berücksichtigt.

77

bb) Anders als die Klägerin meint, war der Gesetzgeber durch das im Gleichheitssatz enthaltene Differenzierungsgebot auch nicht gehalten, die Erwerbsminderungsrenten in der AdL wegen gewichtiger Unterschiede zu den Altersrenten von den dort eingeführten Rentenabschlägen ganz auszunehmen. Der Klägerin ist zwar darin zuzustimmen, dass ein Versicherter es letztlich nicht in der Hand hat, den Zeitpunkt einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung selbst zu bestimmen. Jedoch kann zB auch der Ehegatte eines schon in Altersrente befindlichen Landwirts aufgrund des Hofabgabeerfordernisses nach § 11 Abs 1 Nr 3 iVm § 21 Abs 9 ALG praktisch gezwungen sein, einen Antrag auf Altersrente zu stellen, um eine Entziehung der Rente des ehemaligen Landwirts zu verhindern. Insofern haben die Unterschiede zwischen Alters- und Erwerbsminderungsrenten nicht das ihnen von der Klägerin beigemessene Gewicht. Sie sind durch den für Erwerbsminderungsrenten auf 10,8 % begrenzten Abschlag und die erhöhte Zurechnungszeit bei jüngeren Erwerbsminderungsrentnern angemessen berücksichtigt (so entsprechend für ähnliche faktische Zwangslagen in der gesetzlichen RV BSGE 101, 193 = SozR 4-2600 § 77 Nr 5, jeweils RdNr 43) . Aus Sicht des Senats war es im Hinblick auf den Gleichheitssatz im Übrigen nicht nur gerechtfertigt, sondern möglicherweise sogar geboten, das Versicherungsprinzip konsequent nicht nur für Altersrentner, sondern auch zulasten der Erwerbsminderungsrentner umzusetzen, den Bund also nicht nur durch Minderung der Alters-, sondern auch der Erwerbsminderungsrenten von einem weiteren Kostenanstieg freizustellen.

78

cc) Die Klägerin wendet schließlich ein, durch die vom Gesetzgeber gewählte Kombination von Minderungsregelung einerseits und Erweiterung der Zurechnungszeiten andererseits sei gerade die Gruppe der knapp unter 60-jährigen, zu denen der Versicherte bei Rentenbeginn gehörte, besonders stark betroffen worden. Insoweit macht sie eine Verletzung des Gleichheitssatzes im Hinblick darauf geltend, dass sich die Gesetzesänderung bei Erwerbsminderungsrentnern unterschiedlich auswirkt.

79

Diesem Vorbringen vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen. Das BVerfG hat erst jüngst wieder klargestellt, dass die Bildung derartiger Vergleichsgruppen schon den Grundprinzipien eines als Solidarsystem ausgestalteten Versicherungssystems zuwider läuft (vgl BVerfGE 122, 151, 188 f zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung, nach welcher die Gruppe von Versicherten im Alter von knapp 88 Jahren und mehr bezogen auf die Höhe der Altersrente aufgrund einer Abschlagsregelung schlechter gestellt wird als die Gruppe von Versicherten knapp unter 88 Jahren und weniger) . Ein solcher Vergleich verkenne - so das BVerfG (aaO) - im Übrigen, dass die soziale Rente keine Rendite aus den Beitragsleistungen sei, sondern getroffene Regelungen zum Ausgleich längerer Rentenbezugszeiten immer nur versicherungsmathematische Annäherungen an die Abbildung des individuellen Risikos, kürzer oder länger Rente in Anspruch nehmen zu können, und damit nur eine Typisierung darstellen könnten. Ein Abstellen auf Unterschiede bei der individuellen Inanspruchnahme von Rentenleistungen verbiete sich daher.

80

Diese Erwägungen sind auch der Klägerin entgegen zu halten. Auch im Rahmen der AdL ist von einer Regelung, die für die Erwerbsminderungsrente das Risiko unterschiedlich langer Rentenbezugszeiten abbilden soll, keine absolute Einzelfallgerechtigkeit zu verlangen, sondern lediglich, dass die gefundene Lösung eine vertretbare Typisierung der Berücksichtigung dieses Risikos enthält. Dies ist nach Überzeugung des Senats hier der Fall. Durch die Berücksichtigung zusätzlicher Zurechnungszeiten werden gerade jüngere Rentenbezieher, für die sich wegen einer verhältnismäßig geringen Anzahl rentenrelevanter Zeiten die Minderungsregelung sonst besonders stark auswirkt, teilweise entlastet. Dass der Gesetzgeber insoweit die Grenze berücksichtigungsfähiger Zurechnungszeiten auf Zeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres begrenzt hat, mag nicht als die gerechteste Lösung erscheinen, stellt aber innerhalb des eingeführten Gesamtkonzepts noch eine zulässige Pauschalierung dar. Die vom Gesetzgeber erlassene Regelung ist insgesamt gesehen als eine einerseits verhältnismäßige, andererseits versicherungsmathematisch nachvollziehbare Annäherung an die Abbildung des individuellen Risikos zu werten, kürzer oder länger Rente in Anspruch nehmen zu können.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Vorschriften dieses Buches gelten für die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung (Versicherungszweige). Die Vorschriften dieses Buches gelten mit Ausnahme des Ersten und Zweiten Titels des Vierten Abschnitts und des Fünften Abschnitts auch für die Arbeitsförderung. Die Bundesagentur für Arbeit gilt im Sinne dieses Buches als Versicherungsträger.

(2) Die §§ 18f, 18g und 19a gelten auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende.

(3) Regelungen in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches, die in den Absätzen 1 und 2 genannt sind, bleiben unberührt, soweit sie von den Vorschriften dieses Buches abweichen.

(4) (weggefallen)

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

Beiträge, die in der irrtümlichen Annahme der Versicherungspflicht gezahlt und deshalb beanstandet worden sind, aber nicht zurückgefordert werden, gelten als freiwillige Beiträge. Werden die Beiträge zurückgefordert, dürfen für diese Zeiträume innerhalb von drei Monaten, nachdem die Beanstandung unanfechtbar geworden ist, freiwillige Beiträge gezahlt werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nur, wenn die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung in der Zeit bestand, in der die Beiträge als gezahlt gelten oder für die Beiträge gezahlt werden sollen. Fordern Arbeitgeber die von ihnen getragenen Beitragsanteile zurück, sind die Versicherten berechtigt, den an die Arbeitgeber zu erstattenden Betrag zu zahlen.

(1) Ehegatten von ehemaligen Landwirten können sich freiwillig versichern, wenn

1.
sie weder versicherungspflichtig, versicherungsfrei noch von der Versicherungspflicht befreit sind,
2.
sie das 18. Lebensjahr vollendet und die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben,
3.
sie eine Rente nicht beziehen und
4.
der ehemalige Landwirt eine Rente bezieht.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Versicherungspflicht endet, wenn der Antrag innerhalb von drei Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht gestellt wird, anderenfalls mit dem Tag des Eingangs des Antrags bei der landwirtschaftlichen Alterskasse.

(3) Die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung endet mit Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn

1.
die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 und 3 nicht mehr erfüllt sind oder
2.
die Regelaltersgrenze erreicht ist.

(1) Personen, die zuletzt als Landwirt versichert waren und die nicht mehr versicherungspflichtig sind, können die Versicherung freiwillig fortsetzen, wenn sie

1.
die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben,
2.
die Wartezeit von 15 Jahren noch nicht erfüllt haben,
3.
noch keine Rente beziehen,
4.
die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben und
5.
die Fortsetzung der Versicherung innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende der Versicherungspflicht beantragen.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem ersten Tag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Versicherungspflicht endet.

(3) Die Berechtigung zur freiwilligen Weiterversicherung endet mit Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 4 nicht mehr erfüllt sind.

(1) Sind Pflichtbeiträge in der Rentenversicherung für Zeiten nach dem 31. Dezember 1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden, gilt § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge. Gleiches gilt für zu Unrecht entrichtete Beiträge nach Ablauf der in § 27 Absatz 2 Satz 1 bestimmten Frist.

(2) Zu Unrecht entrichtete Beiträge sind zu erstatten, es sei denn, dass der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs auf Grund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, Leistungen erbracht oder zu erbringen hat; Beiträge, die für Zeiten entrichtet worden sind, die während des Bezugs von Leistungen beitragsfrei sind, sind jedoch zu erstatten.

(3) Der Erstattungsanspruch steht dem zu, der die Beiträge getragen hat. Soweit dem Arbeitgeber Beiträge, die er getragen hat, von einem Dritten ersetzt worden sind, entfällt sein Erstattungsanspruch.

(4) In den Fällen, in denen eine Mehrfachbeschäftigung vorliegt und nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 vorliegen, hat die Einzugsstelle nach Eingang der Entgeltmeldungen von Amts wegen die Ermittlung einzuleiten, ob Beiträge zu Unrecht entrichtet wurden. Die Einzugsstelle kann weitere Angaben zur Ermittlung der zugrunde zu legenden Entgelte von den Meldepflichtigen anfordern. Die elektronische Anforderung hat durch gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung zu erfolgen. Dies gilt auch für die Rückübermittlung der ermittelten Gesamtentgelte an die Meldepflichtigen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Das Verfahren gilt für Abrechnungszeiträume ab dem 1. Januar 2015. Das Nähere zum Verfahren, zu den zu übermittelnden Daten sowie den Datensätzen regeln die Gemeinsamen Grundsätze nach § 28b Absatz 1.

(1) Der Erstattungsanspruch ist nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen. Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(2) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Beanstandet der Versicherungsträger die Rechtswirksamkeit von Beiträgen, beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Kalenderjahrs der Beanstandung.

(3) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung wird auch durch Antrag auf Erstattung oder durch Erhebung eines Widerspruchs gehemmt. Die Hemmung endet sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag oder den Widerspruch.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.