Bundessozialgericht Beschluss, 17. Aug. 2017 - B 1 KR 6/17 C

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:170817BB1KR617C0
bei uns veröffentlicht am17.08.2017

Tenor

Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 23. März 2017 wird zurückgewiesen, die Anhörungsrüge des Klägers gegen diesen Beschluss wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1

I. Der Kläger streitet als Sonderrechtsnachfolger seiner bei der beklagten Krankenkasse versichert gewesenen, am 8.9.2010 verstorbenen Mutter (Versicherte) um Erstattung von 2292,80 Euro Restkosten für von der Versicherten in Spanien in Anspruch genommene Krankenbehandlung. Das Begehren ist bei der Beklagten, dem SG und dem LSG ohne Erfolg geblieben (LSG-Urteil vom 30.8.2016, zugestellt am 19.9.2016). Der erkennende Senat hat den Antrag des Klägers abgelehnt, ihm einen Notanwalt beizuordnen (§ 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 1 ZPO), weil er den Antrag (2.11.2016) erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde (19.10.2016) gestellt hat und keine Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorgelegen haben (BSG Beschluss vom 23.3.2017).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner "Gegenvorstellung (§ 160 SGG) / Beschwerde" gegen den BSG-Beschluss.

3

II. Die Gegenvorstellung bleibt ohne Erfolg (dazu 1.), die Anhörungsrüge ist zu verwerfen (dazu 2.).

4

1. Eine Gegenvorstellung kann nur gegen eine - vorliegend insoweit nicht gegebene - abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden (vgl BFH Beschluss vom 6.12.2011 - IX S 19/11 - BFH/NV 2012, 438, RdNr 1; BVerfGE 122, 190, 203 = Juris RdNr 39). Die Gegenvorstellung ist nämlich kein gesetzlich geregelter Rechtsbehelf. Es ist ausgeschlossen, gesetzlich geregelte Bindungen des Gerichts an seine eigenen Entscheidungen, wie insbesondere die Innenbindung während des laufenden Verfahrens nach § 202 S 1 SGG iVm § 318 ZPO, ohne gegenläufige gesetzliche Grundlage zu übergehen(vgl BVerfGE 122, 190, 203 = Juris RdNr 39; BSG Beschluss vom 19.3.2013 - B 1 KR 6/13 C - RdNr 5). Der ablehnende Beschluss, einen Notanwalt beizuordnen, entfaltet nach seinem Sachgehalt Innenbindung des Gerichts. Grundsätzlich unterliegt er der Beschwerde (zur Beschwerde vgl §§ 172 Abs 1, 202 S 1 SGG iVm § 78b Abs 2 ZPO). Anders als bei der erneuten Beantragung von Prozesskostenhilfe (vgl dazu BGH Beschluss vom 3.3.2004 - IV ZB 43/03 - Juris RdNr 8 ff = NJW 2004, 1805, 1806; BFHE 226, 109, 114) gibt es keine Gründe, von einer Innenbindung abzusehen (iE ebenso - nur noch Anhörungsrüge - Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 78b RdNr 9; Toussaint in MünchKomm zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 78b RdNr 15; vgl auch Jacoby in Stein/Jonas, ZPO, Bd 2 §§ 78 - 147, 23. Aufl 2016, § 78b RdNr 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl 2017, § 78b RdNr 7; ohne ausdrückliche Positionierung BGH Beschluss vom 20.6.2006 - VI ZR 255/05 - Juris RdNr 3 = VersR 2007, 132 RdNr 3; BGH Beschluss vom 17.10.2013 - V ZR 1/13 - Juris RdNr 4; BGH Beschluss vom 13.3.2013 - V ZR 1/13 - Juris RdNr 4).

5

Die Gegenvorstellung des Klägers kann auch in der Sache keinen Erfolg haben, wenn man sie für zulässig erachtet. Zu Recht hat es der erkennende Senat abgelehnt, dem Kläger einen Notanwalt beizuordnen. Der Kläger hat seinen Beiordnungsantrag erst nach Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde (19.10.2016) gestellt. Es hat nicht für den Fristenlauf an der dafür erforderlichen ordnungsgemäßen Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 30.8.2016 gefehlt, wie der Kläger meint. Die Urteilsverkündung des LSG ist in der von der Vorsitzenden und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschriebenen Niederschrift wirksam protokolliert (§ 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 6 und 7, § 163 Abs 1 S 1 ZPO). Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf die Protokollierung der Verkündung des Urteils nicht der Genehmigung der Beteiligten (§ 122 SGG iVm § 162 Abs 1 S 1 ZPO). Gründe für eine Wiedereinsetzung sind vom Kläger weder dargetan noch sonst ersichtlich. Wer die Beiordnung eines Notanwalts nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolglos beantragt, kann nicht besser stehen als derjenige, der eine Rechtsmittelfrist hat verstreichen lassen. Soweit keine Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, darf sich das Beschwerde- und Revisionsgericht nicht über die eingetretene Rechtskraft hinwegsetzen.

6

2. Die Anhörungsrüge gegen die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger legt die Voraussetzung einer entscheidungserheblichen Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht (vgl § 178a Abs 1 S 1 Nr 2 SGG) nicht dar (§ 178a Abs 2 S 5 SGG). Er bezeichnet keine derartige Verletzung, sondern greift - wie oben dargelegt - bloß die vermeintliche Unrichtigkeit des Beschlusses des erkennenden Senats vom 23.3.2017 an.

7

3. Der Beschluss über die Anhörungsrüge ist unanfechtbar (§ 178a Abs 4 S 3 SGG). Der Senat weist daraufhin, dass er vergleichbare Eingaben des Klägers zukünftig nicht mehr verbescheidet. Macht ein Beteiligter wiederholt mit im Kern gleichen Begründungen Eingaben, bedarf es auf Dauer nicht mehr der Entscheidung hierüber (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 17 RdNr 7).

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfa

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(1) Das Protokoll enthält 1. den Ort und den Tag der Verhandlung;2. die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;3. die Bezeichnung des Rechtsstreits;4. die Namen der erschienenen Parteien, Neben

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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gründe

1

1. Die Gegenvorstellung der Kläger, Beschwerdeführer, Antragsteller und Rügeführer (Kläger) ist unzulässig, weil sie nicht statthaft ist. Eine Gegenvorstellung kann nur noch gegen eine --vorliegend nicht gegebene-- abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden (vgl. auch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. November 2008  1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190). Im Übrigen wäre die Gegenvorstellung, selbst wenn ihre Statthaftigkeit unterstellt würde, nur zulässig, wenn substantiiert dargelegt würde, die angegriffene Entscheidung beruhe auf schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder sie entbehre jeder gesetzlichen Grundlage. Hiervon ist im Streitfall --auch jetzt-- nicht auszugehen.

2

2. Die Anhörungsrüge ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurde im Verfahren IX K 1/11 nicht verletzt.

3

Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht, die Beteiligten über den Verfahrensstoff zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat. Hiervon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

4

3. Die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 14. November 2006 IX S 14/06, BFH/NV 2007, 474). Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses, Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 43/03
vom
3. März 2004
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom
27. Juli 2001)

a) Ein die Prozeßkostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nach
der Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Falle seiner Unanfechtbarkeit
keine materielle Rechtskraft.

b) Einem neuerlichen Antrag auf Prozeßkostenhilfe kann es aber am
Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
BGH, Beschluß vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 3. März 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Klage auf Zahlung von 62.440,76 Erbinnen ihres verstorbenen Lebensgefährten. Sie hatte zuvor bereits in einem anderen Zivilrechtsstreit drei Prozeßkostenhilfegesuche gestellt, die sämtlich auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts in der Hauptsache das gleiche Begehren verfolgt hatten und vom Landgericht jeweils wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage zurückgewiesen worden waren. Dagegen jeweils erhobene Beschwerden hatte das Oberlandesgericht zurückgewiesen, zuletzt - nach Inkrafttreten der Neufassung der Zivilprozeßordnung - mit Beschluß vom 3. September 2002.
Den neuerlichen Antrag hat das Landgericht wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hält den Antrag

für unzulässig, weil die Rechtskraft der vorgenannten früheren Entscheidung entgegenstehe. Mit der Einführung der befristeten Beschwerde gegen ablehnende Prozeßkostenhilfe-Entscheidungen (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom 27. Juli 2001) habe der Gesetzgeber erkennbar abschließende Entscheidungen über solche Gesuche herbeiführen wollen.
Dagegen wendet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II. Das nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg, weil der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerliche Entscheidung über ihr Prozeßkostenhilfegesuch fehlt.
1. Allerdings trifft es nicht zu, daß der Zulässigkeit des neuerlichen Prozeßkostenhilfegesuchs die Rechtskraft der früheren Beschwerdeentscheidung vom 3. September 2002 entgegensteht. Denn ein die Prozeßkostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nach der Neufassung der Zivilprozeßordnung im Falle seiner Unanfechtbarkeit keine materielle Rechtskraft.
Beschlüsse sind der materiellen Rechtskraft nur dann fähig, wenn sie in formelle Rechtskraft erwachsen und inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1984 - III ZR 86/83 - NJW 1985, 1335 unter II 1 a; vom 17. Oktober 1985 - III ZR 105/84 - WM 1986, 331 unter II 2 c, gg, jeweils m.w.N.; OLG Oldenburg

FamRZ 2003, 1302 = VersR 2003, 1420 m.w.N.; B. Werner, Rechtskraft und Innenbindung zivilprozessualer Beschlüsse im Erkenntnis- und summarischen Verfahren [1983] S. 38 f., 85 ff. m.w.N.; Gottwald in MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 322 Rdn. 28).

a) Zwar sind nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO Beschlüsse, welche Prozeßkostenhilfe versagen , mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das hat zur Folge, daß sie nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO n.F.) unanfechtbar und damit formell rechtskräftig werden (vgl. dazu Musielak, ZPO 3. Aufl. § 329 Rdn. 17).

b) Ungeachtet des nunmehr befristeten Rechtsbehelfs fehlt es aber weiterhin an einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung.
aa) Ob eine solche vorliegt, ist am Zweck des in den §§ 322, 325 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu messen. Dessen Sinn liegt nach der heute vorherrschenden prozessualen Betrachtungsweise (vgl. dazu Gaul in Festschrift für Henckel, [1995] S. 235, 246 ff.; Musielak, aaO § 322 Rdn. 4, 5, 9 ff.; Gottwald, aaO Rdn. 6-15; Leipold in Stein/Jonas, ZPO Bd. 4/1 21. Aufl. § 322 Rdn. 19 ff.; Vollkommer in Zöller , ZPO 24. Aufl. vor § 322 Rdn. 14 ff., 19, jeweils m.w.N.) hauptsächlich in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits , der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll. Dieses ne bis in idem-Gebot liegt dort im Interesse des Ansehens der Gerichte, der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Parteien (vgl. BGHZ 93, 287, 289), wo beliebige Wiederholungen des Streits über

ein und denselben Streitstoff ausgeschlossen werden sollen (BGHZ 123, 30, 34).
bb) Der Gegenstand des Prozeßkostenhilfeverfahrens ist einem solchen prozessualen Streitgegenstand aus mehreren Gründen nicht hinreichend vergleichbar, um - im Falle der Ablehnung - die entsprechende Anwendung des ne bis in idem-Gebots zu rechtfertigen.
(1) Zu Recht weist die Beschwerdebegründung darauf hin, daß es schon an einem kontradiktorischen Parteienstreit fehlt. Denn das Prozeßkostenhilfeverfahren ist außerhalb und innerhalb des Zivilprozesses nach der gesetzlichen Regelung in den §§ 114 ff. ZPO ein nicht streitiges , seinem Charakter nach der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurechnendes Antragsverfahren, in dem sich als Beteiligte nur der Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberstehen (BGHZ 89, 65, 66; OVG Münster DVBl 1983, 952, 953 f.; BGH, Beschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554 unter II 2).
(2) Kennzeichnend für den der materiellen Rechtskraft fähigen und ihre Grenzen beschreibenden Begriff des prozessualen Streitgegenstandes ist es weiter, daß er unter anderem dem Zweck dient, die Parteien mit nachträglichem Vorbringen auszuschließen. Denn der Klagegrund geht über die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zum Klagegrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. BGHZ 117, 1, 6). Hat er es im Vorprozeß unterlassen, Tatsachen vorzutragen, die bei

natürlicher Anschauung zu dem angesprochenen Lebenssachverhalt gehörten , wirkt die materielle Rechtskraft auch gegenüber einer neuen Klage , die auf die nunmehr vorgetragenen Tatsachen gestützt wird. Dies gilt insbesondere hinsichtlich solcher Tatsachen, die nur eine Ergänzung des im Vorprozeß vorgetragenen Tatsachenstoffs darstellen oder die damals als unschlüssig erkannte Klage erst schlüssig machen (BGHZ 117, 1, 6 f. m.w.N.).
Im Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe besteht ein solches Präklusionsbedürfnis grundsätzlich nicht. Das ergibt sich schon daraus, daß das Verfahren lediglich darauf gerichtet ist, dem mittellosen Antragsteller erst den Zugang zum gerichtlichen Verfahren und zu einem angemessenen juristischen Beistand zu eröffnen. Die Anforderungen an seinen Sachvortrag dürfen schon deshalb nicht überspannt werden. Weiter sprechen Gründe der Praktikabilität dafür, ein Nachschieben von Gründen im Rahmen erneuter Antragstellung grundsätzlich zu ermöglichen. Anderenfalls wäre der Antragsteller gezwungen, sich zur Darlegung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zunächst nicht lediglich auf den Vortrag der von ihm für wesentlich erachteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu beschränken, sondern alle denkbaren tatsächlichen Umstände und rechtlichen Aspekte vorsorglich vorzutragen. Ein solcher Aufwand erschiene angesichts dessen , daß der Antragsteller nicht notwendig von einem Rechtsanwalt vertreten ist und anderenfalls die entstehenden Kosten eines Rechtsanwalts zunächst noch nicht abgedeckt sind, unverhältnismäßig (vgl. dazu HessVGH AnwBl 1993, 45 f.).

cc) Es entsprach deshalb bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 127 Abs. 2 ZPO übereinstimmender Auffassung in Lehre und Rechtsprechung, daß Prozeßkostenhilfe versagende Beschlüsse der materiellen Rechtskraft nicht fähig sind (vgl. dazu BVerfGE 56, 139, 145; OVG Münster aaO; OLG Köln OLGZ 1989, 67, 68; OVG Bremen NVwZ-RR 1992, 219, 220; OLG Bamberg FamRZ 1997, 756, 757; Philippi in Zöller, ZPO 24. Aufl. § 117 Rdn. 6 m.w.N.; Fischer in Musielak , ZPO 3. Aufl. § 127 Rdn. 6 m.w.N.).
dd) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts (ebenso OLG Oldenburg aaO, 1303) kann den Gesetzgebungsmaterialien zur Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO (BT-Drucks 14/4722 S. 68, 75 f.) keine anderslautende gesetzgeberische Wertung entnommen werden. Vielmehr diente die Einführung des fristgebundenen Rechtsmittels lediglich dem Zweck, im Interesse der Rechtssicherheit eine zeitnahe Beschwerdeentscheidung zu gewährleisten und die Gerichte davor zu schützen, alte Verfahren nach langem Zeitablauf wieder aufgreifen zu müssen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung im Auge gehabt, hätte es nahegelegen, in die Erwägungen einzubeziehen, daß auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren seit langem anerkannt ist, daß Prozeßkostenhilfe ablehnende Beschlüsse trotz fristgebundener Beschwerde (§ 147 Abs. 1 VwGO) nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. HessVGH aaO; OVG Münster aaO).
2. Dennoch hat das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht die Zulässigkeit des erneuten Prozeßkostenhilfegesuchs der Antragstellerin verneint. Denn ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerliche Entscheidung, nachdem auf der Grundlage desselben Lebenssachver-

halts bereits drei gerichtliche Entscheidungen über ihren Antrag ergangen sind (vgl. dazu OLG Bamberg FamRZ 1997 aaO; OLG Köln aaO; OVG Bremen aaO; Philippi, aaO m.w.N.; Fischer, aaO m.w.N.; Wax in MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 117 Rdn. 4).
Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 255/05
vom
20. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Wellner, die Richterin Diederichsen und die
Richter Stöhr und Zoll

beschlossen:
1. Die als Gegenvorstellung zu behandelnde Eingabe des Klägers , eingegangen am 15. Mai 2006, gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Bestellung eines Notanwalts ablehnenden Senatsbeschluss vom 25. April 2006 wird zurückgewiesen , da sie keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung gibt. 2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2005 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der verlängerten Frist von einem beim Revisionsgericht zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist (§ 544 Abs. 2 und 4 ZPO). Beschwerdewert: 150.000 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche in Form von Verdienstausfall aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 16. August 1998 geltend, bei dem er als Radfahrer auf einem Fuß- und Radweg mit der Beklagten zu 1, die aus einer Toreinfahrt heraustrat, zusammenstieß und zu Fall kam. Es ist rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den weiteren materiellen Schaden aus diesem Unfall zu ersetzen, soweit der Anspruch nicht auf öffentliche Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder übergehen wird. Das Landgericht hat die Klage auf den von ihm geltend gemachten Verdienstausfallschaden abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde möchte der Kläger nach Zulassung der Revision sein Klagebegehren weiterverfolgen.
2
Für die Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde hat er zunächst die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, diesen Antrag jedoch zurückgenommen , da ihm sein Rechtsschutzversicherer Versicherungsschutz gewährt hat. Auf Antrag des vom Kläger beauftragten Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof N., der die Nichtzulassungsbeschwerde form- und fristgerecht eingelegt hat, wurde die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zuletzt bis zum 15. Mai 2006 verlängert. Mit Schreiben vom 17. März 2006 und 25. März 2006 beantragte der Kläger in eigener Person Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines weiteren beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalts, da er sich durch Rechtsanwalt N. nicht hinreichend beraten sehe und die Rechtsschutzversicherung nicht bereit sei, die Kosten für einen zweiten Anwalt zu übernehmen. Rechtsanwalt N. hat inzwischen sein Mandat niederge- legt. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. April 2005 die Begehren des Klägers zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Gegenvorstellung, mit der die Anträge auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Notanwalts erneut gestellt werden. Außerdem begehrt der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3
1. Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b Abs. 1 ZPO ist auch unter Berücksichtigung des im Schreiben vom 5. bis 11. Mai 2006 enthaltenen Vorbringens offensichtlich unbegründet. Da der Kläger einen Rechtsanwalt beauftragt hatte, der zu seiner Vertretung bereit war, kann keine Rede davon sein, dass er keinen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof finden konnte. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers ist die Einreichung einer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung daran gescheitert, dass der beauftragte Rechtsanwalt nicht bereit ist, den rechtlichen Überlegungen des Klägers zu folgen und sie zur Grundlage eines Begründungsschriftsatzes zu machen. Indes hat der Kläger darauf kein Recht. Sinn und Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof ist, die Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu stärken. Die Rechtssuchenden sollen kompetent beraten werden und im Vorfeld von aussichtslosen Rechtsmitteln Abstand nehmen können, was ihnen Kosten erspart. Zugleich soll der Bundesgerichtshof von unzulässigen Rechtsmitteln entlastet werden (vgl. BVerfG, VersR 2003, 1556, 1557). Dem liefe zuwider, wenn der Kläger einen Anspruch darauf hätte, seine Rechtsansichten gegen den Anwalt durchzuset- zen. Auch stünde eine solche Auffassung in Widerspruch zur Eigenverantwortung des Rechtsanwalts (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - XI ZR 96/94 - NJW 1995, 537).
4
Der Kläger ist auch nicht bedürftig im Sinne des § 114 ZPO, da die Deckungszusage seiner Rechtsschutzversicherung zur angemessenen Verfolgung seiner Ansprüche ausreichend ist.
5
2. Darüber hinaus hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch keine Erfolgsaussicht. Die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist am 15. Mai 2006 abgelaufen, ohne dass die Beschwerde begründet worden wäre. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 544 Abs. 2 und 4 ZPO).
6
Dem Kläger ist keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu bewilligen (§ 233 ZPO).
7
Zum einen ist der in der Gegenvorstellung enthaltene Wiedereinsetzungsantrag nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt gestellt worden und damit unzulässig (§§ 236 Abs. 1, 544, 78 ZPO). Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er keinen Anwalt hatte, der einen Wiedereinsetzungsantrag hätte stellen können. Er mag zwar an der Einhaltung der Beschwerdebegründungsfrist gehindert gewesen sein, solange über seinen Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Notanwaltes gemäß § 78b ZPO noch nicht entschieden worden war. Mit dessen Ablehnung gilt dieses Hindernis jedoch als behoben (vgl. Senat, Beschluss vom 25. September 2001 - VI ZA 6/01 - VersR 2002, 119, 120).
8
Zum anderen hat der Kläger die Fristversäumnis selbst verschuldet. Da er nach seinem Vorbringen am 4. Mai 2006 Kenntnis davon erlangt hat, dass sein Antrag abgelehnt worden ist, hätte er jedenfalls Sorge dafür tragen müssen , dass rechtzeitig ein Antrag auf erneute Verlängerung der am 15. Mai 2006 endenden Beschwerdebegründungsfrist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beantragt wird. Die Gegenvorstellung konnte den Fristenablauf nicht beeinflussen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1979 - IV ZB 52/79 - VersR 1980, 86).
9
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.01.2005 - 5 O 100/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 24.10.2005 - I-1 U 22/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 1/13
vom
17. Oktober 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richter Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und Dr. Czub, die Richterin Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung der Beklagten gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juli 2013 werden zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Juli 2013 den Antrag der Beklagten, ihr einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit einer Anhörungsrüge und einer Gegenvorstellung.

II.

2
1. Die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO gegen den die Beiordnung eines Notanwalts nach § 78b ZPO ablehnenden Beschluss des Senats ist zulässig; die Partei muss in diesen Fällen nicht von einem am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten sein (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - I ZA 1/11, NJW-RR 2011, 640).
3
Dieser Rechtsbehelf, der sich auf Verstöße gegen Art. 103 Abs. 1 GG beschränkt (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 - I ZR 47/06, NJW 2008, 2126, 2127), ist jedoch unbegründet, weil die von der Beklagten geltend gemachte Verletzung des Verfahrensgrundrechts nicht vorliegt. Der Senat hat das gesamte Vorbringen der Beklagten zur Begründung ihres Antrags vom 21. Juni 2013 einschließlich der ausgehefteten Anschreiben ihres Generalbevollmächtigten an bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte (Anlagen 1 bis 23) und der abschlägigen Antwortschreiben (Anlagen 24 bis 45) zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung erwogen. Soweit die Beklagte in ihrer Anhörungsrüge ausführt, der Senat ihr Vorbringen hätte anders würdigen müssen und - insbesondere in Bezug auf eine Übernahme des Entwurfs einer Nichtzulassungsbeschwerdebegründung ihres zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten durch einen beizuordnenden Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof - nicht die im Beschluss vom 4. Juli 2013 gezogenen Schlüsse hätte ziehen dürfen, hat ihr Vorbringen in Art. 103 Abs. 1 GG keine Grundlage. Dieses Verfahrensgrundrecht verlangt von dem Gericht nicht, sich mit dem Vorbringen einer Partei in einer Weise auseinanderzusetzen, die diese für richtig hält (BVerfGE 80, 270, 286).
4
2. Die Gegenvorstellung gegen den die Beiordnung eines Notanwalts ablehnenden Beschluss des Senats ist zwar, soweit andere Verfahrensverstöße als eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gerügt werden, zulässig (vgl. BVerfGE 122, 190, 200), aber ebenfalls nicht begründet. Das neue Vorbingen gibt zu einer anderen Entscheidung keinen Anlass. § 78b ZPO sieht in Anwaltsprozessen die Bestellung eines Notanwalts durch das Gericht nur für die Parteien vor, die einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden haben, jedoch nicht auch für diejenigen, die in dem Verfahren deshalb ohne anwaltliche Vertretung sind, weil sie einen Anwaltsvertrag gekündigt und die Niederlegung eines weiteren Mandats durch den Rechtsanwalt durch unzulässige, weil dessen Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit für die von ihm verfassten Schriftsätze beeinträchtigende, Weisungen herbeigeführt haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Zurückweisung des Antrags auf Bestellung eines Notanwalts durch den Senat auch nicht als eine unzumutbare, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigende Erschwerung des Zugangs zu einer Rechtsmittelinstanz dar.
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Weinland Kazele

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 04.07.2008 - 10 O 273/07 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 29.11.2012 - 5 U 152/08 -

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll enthält

1.
den Ort und den Tag der Verhandlung;
2.
die Namen der Richter, des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle und des etwa zugezogenen Dolmetschers;
3.
die Bezeichnung des Rechtsstreits;
4.
die Namen der erschienenen Parteien, Nebenintervenienten, Vertreter, Bevollmächtigten, Beistände, Zeugen und Sachverständigen und im Falle des § 128a den Ort, von dem aus sie an der Verhandlung teilnehmen;
5.
die Angabe, dass öffentlich verhandelt oder die Öffentlichkeit ausgeschlossen worden ist.

(2) Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufzunehmen.

(3) Im Protokoll sind festzustellen

1.
Anerkenntnis, Anspruchsverzicht und Vergleich;
2.
die Anträge;
3.
Geständnis und Erklärung über einen Antrag auf Parteivernehmung sowie sonstige Erklärungen, wenn ihre Feststellung vorgeschrieben ist;
4.
die Aussagen der Zeugen, Sachverständigen und vernommenen Parteien; bei einer wiederholten Vernehmung braucht die Aussage nur insoweit in das Protokoll aufgenommen zu werden, als sie von der früheren abweicht;
5.
das Ergebnis eines Augenscheins;
6.
die Entscheidungen (Urteile, Beschlüsse und Verfügungen) des Gerichts;
7.
die Verkündung der Entscheidungen;
8.
die Zurücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels;
9.
der Verzicht auf Rechtsmittel;
10.
das Ergebnis der Güteverhandlung.

(4) Die Beteiligten können beantragen, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Das Gericht kann von der Aufnahme absehen, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar; er ist in das Protokoll aufzunehmen.

(5) Der Aufnahme in das Protokoll steht die Aufnahme in eine Schrift gleich, die dem Protokoll als Anlage beigefügt und in ihm als solche bezeichnet ist.

(1) Das Protokoll ist von dem Vorsitzenden und von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. Ist der Inhalt des Protokolls ganz oder teilweise mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet worden, so hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Richtigkeit der Übertragung zu prüfen und durch seine Unterschrift zu bestätigen; dies gilt auch dann, wenn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zur Sitzung nicht zugezogen war.

(2) Ist der Vorsitzende verhindert, so unterschreibt für ihn der älteste beisitzende Richter; war nur ein Richter tätig und ist dieser verhindert, so genügt die Unterschrift des zur Protokollführung zugezogenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Ist dieser verhindert, so genügt die Unterschrift des Richters. Der Grund der Verhinderung soll im Protokoll vermerkt werden.

Für das Protokoll gelten die §§ 159 bis 165 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(1) Das Protokoll ist insoweit, als es Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9 oder zu Protokoll erklärte Anträge enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Ist der Inhalt des Protokolls nur vorläufig aufgezeichnet worden, so genügt es, wenn die Aufzeichnungen vorgelesen oder abgespielt werden. In dem Protokoll ist zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

(2) Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 brauchen nicht abgespielt zu werden, wenn sie in Gegenwart der Beteiligten unmittelbar aufgezeichnet worden sind; der Beteiligte, dessen Aussage aufgezeichnet ist, kann das Abspielen verlangen. Soweit Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 in Gegenwart der Beteiligten diktiert worden sind, kann das Abspielen, das Vorlesen oder die Vorlage zur Durchsicht unterbleiben, wenn die Beteiligten nach der Aufzeichnung darauf verzichten; in dem Protokoll ist zu vermerken, dass der Verzicht ausgesprochen worden ist.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.