Bundesgerichtshof Beschluss, 03. März 2004 - IV ZB 43/03

bei uns veröffentlicht am03.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 43/03
vom
3. März 2004
in dem Prozeßkostenhilfeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 (in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom
27. Juli 2001)

a) Ein die Prozeßkostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nach
der Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Falle seiner Unanfechtbarkeit
keine materielle Rechtskraft.

b) Einem neuerlichen Antrag auf Prozeßkostenhilfe kann es aber am
Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
BGH, Beschluß vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 3. März 2004

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I. Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Klage auf Zahlung von 62.440,76 Erbinnen ihres verstorbenen Lebensgefährten. Sie hatte zuvor bereits in einem anderen Zivilrechtsstreit drei Prozeßkostenhilfegesuche gestellt, die sämtlich auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts in der Hauptsache das gleiche Begehren verfolgt hatten und vom Landgericht jeweils wegen mangelnder Erfolgsaussicht der Klage zurückgewiesen worden waren. Dagegen jeweils erhobene Beschwerden hatte das Oberlandesgericht zurückgewiesen, zuletzt - nach Inkrafttreten der Neufassung der Zivilprozeßordnung - mit Beschluß vom 3. September 2002.
Den neuerlichen Antrag hat das Landgericht wegen mangelnder Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hält den Antrag

für unzulässig, weil die Rechtskraft der vorgenannten früheren Entscheidung entgegenstehe. Mit der Einführung der befristeten Beschwerde gegen ablehnende Prozeßkostenhilfe-Entscheidungen (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung vom 27. Juli 2001) habe der Gesetzgeber erkennbar abschließende Entscheidungen über solche Gesuche herbeiführen wollen.
Dagegen wendet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II. Das nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg, weil der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerliche Entscheidung über ihr Prozeßkostenhilfegesuch fehlt.
1. Allerdings trifft es nicht zu, daß der Zulässigkeit des neuerlichen Prozeßkostenhilfegesuchs die Rechtskraft der früheren Beschwerdeentscheidung vom 3. September 2002 entgegensteht. Denn ein die Prozeßkostenhilfe versagender Beschluß erlangt auch nach der Neufassung der Zivilprozeßordnung im Falle seiner Unanfechtbarkeit keine materielle Rechtskraft.
Beschlüsse sind der materiellen Rechtskraft nur dann fähig, wenn sie in formelle Rechtskraft erwachsen und inhaltlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung enthalten (vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1984 - III ZR 86/83 - NJW 1985, 1335 unter II 1 a; vom 17. Oktober 1985 - III ZR 105/84 - WM 1986, 331 unter II 2 c, gg, jeweils m.w.N.; OLG Oldenburg

FamRZ 2003, 1302 = VersR 2003, 1420 m.w.N.; B. Werner, Rechtskraft und Innenbindung zivilprozessualer Beschlüsse im Erkenntnis- und summarischen Verfahren [1983] S. 38 f., 85 ff. m.w.N.; Gottwald in MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 322 Rdn. 28).

a) Zwar sind nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO Beschlüsse, welche Prozeßkostenhilfe versagen , mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Das hat zur Folge, daß sie nach Ablauf der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO n.F.) unanfechtbar und damit formell rechtskräftig werden (vgl. dazu Musielak, ZPO 3. Aufl. § 329 Rdn. 17).

b) Ungeachtet des nunmehr befristeten Rechtsbehelfs fehlt es aber weiterhin an einer der materiellen Rechtskraft fähigen Entscheidung.
aa) Ob eine solche vorliegt, ist am Zweck des in den §§ 322, 325 ZPO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens zu messen. Dessen Sinn liegt nach der heute vorherrschenden prozessualen Betrachtungsweise (vgl. dazu Gaul in Festschrift für Henckel, [1995] S. 235, 246 ff.; Musielak, aaO § 322 Rdn. 4, 5, 9 ff.; Gottwald, aaO Rdn. 6-15; Leipold in Stein/Jonas, ZPO Bd. 4/1 21. Aufl. § 322 Rdn. 19 ff.; Vollkommer in Zöller , ZPO 24. Aufl. vor § 322 Rdn. 14 ff., 19, jeweils m.w.N.) hauptsächlich in der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Parteienstreits , der über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden soll. Dieses ne bis in idem-Gebot liegt dort im Interesse des Ansehens der Gerichte, der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Parteien (vgl. BGHZ 93, 287, 289), wo beliebige Wiederholungen des Streits über

ein und denselben Streitstoff ausgeschlossen werden sollen (BGHZ 123, 30, 34).
bb) Der Gegenstand des Prozeßkostenhilfeverfahrens ist einem solchen prozessualen Streitgegenstand aus mehreren Gründen nicht hinreichend vergleichbar, um - im Falle der Ablehnung - die entsprechende Anwendung des ne bis in idem-Gebots zu rechtfertigen.
(1) Zu Recht weist die Beschwerdebegründung darauf hin, daß es schon an einem kontradiktorischen Parteienstreit fehlt. Denn das Prozeßkostenhilfeverfahren ist außerhalb und innerhalb des Zivilprozesses nach der gesetzlichen Regelung in den §§ 114 ff. ZPO ein nicht streitiges , seinem Charakter nach der staatlichen Daseinsfürsorge zuzurechnendes Antragsverfahren, in dem sich als Beteiligte nur der Antragsteller und das Gericht als Bewilligungsstelle gegenüberstehen (BGHZ 89, 65, 66; OVG Münster DVBl 1983, 952, 953 f.; BGH, Beschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554 unter II 2).
(2) Kennzeichnend für den der materiellen Rechtskraft fähigen und ihre Grenzen beschreibenden Begriff des prozessualen Streitgegenstandes ist es weiter, daß er unter anderem dem Zweck dient, die Parteien mit nachträglichem Vorbringen auszuschließen. Denn der Klagegrund geht über die Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale einer Rechtsgrundlage ausfüllen, hinaus. Zum Klagegrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. BGHZ 117, 1, 6). Hat er es im Vorprozeß unterlassen, Tatsachen vorzutragen, die bei

natürlicher Anschauung zu dem angesprochenen Lebenssachverhalt gehörten , wirkt die materielle Rechtskraft auch gegenüber einer neuen Klage , die auf die nunmehr vorgetragenen Tatsachen gestützt wird. Dies gilt insbesondere hinsichtlich solcher Tatsachen, die nur eine Ergänzung des im Vorprozeß vorgetragenen Tatsachenstoffs darstellen oder die damals als unschlüssig erkannte Klage erst schlüssig machen (BGHZ 117, 1, 6 f. m.w.N.).
Im Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe besteht ein solches Präklusionsbedürfnis grundsätzlich nicht. Das ergibt sich schon daraus, daß das Verfahren lediglich darauf gerichtet ist, dem mittellosen Antragsteller erst den Zugang zum gerichtlichen Verfahren und zu einem angemessenen juristischen Beistand zu eröffnen. Die Anforderungen an seinen Sachvortrag dürfen schon deshalb nicht überspannt werden. Weiter sprechen Gründe der Praktikabilität dafür, ein Nachschieben von Gründen im Rahmen erneuter Antragstellung grundsätzlich zu ermöglichen. Anderenfalls wäre der Antragsteller gezwungen, sich zur Darlegung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung zunächst nicht lediglich auf den Vortrag der von ihm für wesentlich erachteten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu beschränken, sondern alle denkbaren tatsächlichen Umstände und rechtlichen Aspekte vorsorglich vorzutragen. Ein solcher Aufwand erschiene angesichts dessen , daß der Antragsteller nicht notwendig von einem Rechtsanwalt vertreten ist und anderenfalls die entstehenden Kosten eines Rechtsanwalts zunächst noch nicht abgedeckt sind, unverhältnismäßig (vgl. dazu HessVGH AnwBl 1993, 45 f.).

cc) Es entsprach deshalb bis zum Inkrafttreten der Neuregelung des § 127 Abs. 2 ZPO übereinstimmender Auffassung in Lehre und Rechtsprechung, daß Prozeßkostenhilfe versagende Beschlüsse der materiellen Rechtskraft nicht fähig sind (vgl. dazu BVerfGE 56, 139, 145; OVG Münster aaO; OLG Köln OLGZ 1989, 67, 68; OVG Bremen NVwZ-RR 1992, 219, 220; OLG Bamberg FamRZ 1997, 756, 757; Philippi in Zöller, ZPO 24. Aufl. § 117 Rdn. 6 m.w.N.; Fischer in Musielak , ZPO 3. Aufl. § 127 Rdn. 6 m.w.N.).
dd) Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts (ebenso OLG Oldenburg aaO, 1303) kann den Gesetzgebungsmaterialien zur Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO (BT-Drucks 14/4722 S. 68, 75 f.) keine anderslautende gesetzgeberische Wertung entnommen werden. Vielmehr diente die Einführung des fristgebundenen Rechtsmittels lediglich dem Zweck, im Interesse der Rechtssicherheit eine zeitnahe Beschwerdeentscheidung zu gewährleisten und die Gerichte davor zu schützen, alte Verfahren nach langem Zeitablauf wieder aufgreifen zu müssen. Hätte der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung im Auge gehabt, hätte es nahegelegen, in die Erwägungen einzubeziehen, daß auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren seit langem anerkannt ist, daß Prozeßkostenhilfe ablehnende Beschlüsse trotz fristgebundener Beschwerde (§ 147 Abs. 1 VwGO) nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. HessVGH aaO; OVG Münster aaO).
2. Dennoch hat das Beschwerdegericht im Ergebnis zu Recht die Zulässigkeit des erneuten Prozeßkostenhilfegesuchs der Antragstellerin verneint. Denn ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine neuerliche Entscheidung, nachdem auf der Grundlage desselben Lebenssachver-

halts bereits drei gerichtliche Entscheidungen über ihren Antrag ergangen sind (vgl. dazu OLG Bamberg FamRZ 1997 aaO; OLG Köln aaO; OVG Bremen aaO; Philippi, aaO m.w.N.; Fischer, aaO m.w.N.; Wax in MünchKomm-ZPO, 2. Aufl. § 117 Rdn. 4).
Terno Dr. Schlichting Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 147


(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Zivilprozessordnung - ZPO | § 325 Subjektive Rechtskraftwirkung


(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, das

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(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.

(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.

(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 43/02
vom
12. September 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR : ja
Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann vom Gegner nicht mit der Rechtsbeschwerde
angefochten werden. Das gilt auch dann, wenn das Ausgangsgericht
irrig die Rechtsbeschwerde zugelassen hat.
BGH, Beschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - LG Kassel
AG Kassel
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. September 2002 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Schlick, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 19. April 2002 - 1 T 17/02 - wird als unzulässig verworfen.

Gründe


I.


Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für eine Schadensersatzklage gegen die Antragsgegnerin (Stadt K. ), der er eine Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht vorwirft. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen , das Landgericht hat auf die sofortige Beschwerde dem Antragsteller antragsgemäß Prozeßkostenhilfe bewilligt. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Antragsgegnerin Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluß die Rechtsbeschwerde statthaft, falls das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluß zugelassen hat. Trotz des weit gefaßten Gesetzeswortlauts gilt dies indes nicht für alle derartigen Beschlüsse (anders möglicherweise Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 574 Rn. 3; s. auch Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 127 Rn. 43). Eine Rechtsbeschwerde ist unzulässig, wenn das Gesetz eine Anfechtung der Entscheidung ausschließt (vgl. Zöller/Gummer, § 574 Rn. 9). Dann bleibt sie, trotz der grundsätzlichen Bindung des Rechtsbeschwerdegerichts an die Zulassungsentscheidung , auch bei irriger Rechtsmittelzulassung unanfechtbar (vgl. für die Revision: BGH, Urteil vom 24. Juni 1987 - IVb ZR 5/86 - NJW 1988, 49, 50 f.; Urteil vom 31. März 1993 - XII ZR 265/91 - DtZ 1993, 243 m.w.N.; für die weitere Beschwerde: BGH, Beschluß vom 28. März 1984 - IVb ZB 774/81 - NJW 1984, 2364; ebenso BFH NVwZ 1999, 696).
So verhält es sich hier.
2. Die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Hiernach findet unter bestimmten Voraussetzungen gegen die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt. Für den Gegner ist dagegen die Gewährung von Prozeßkostenhilfe stets unanfechtbar. Das schließt, entgegen der Meinung der Antragsgegnerin, nicht nur die in § 127 Abs. 2
Satz 2 und Abs. 3 ZPO ausdrücklich erwähnte sofortige Beschwerde aus, son- dern jedes sonst statthafte Rechtsmittel, einschließlich der seit dem 1. Januar 2002 an die Stelle der weiteren Beschwerde getretenen Rechtsbeschwerde.
Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Prozeßkostenhilfe ist eine Leistung staatlicher Daseinsfürsorge, vergleichbar der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen (BVerfGE 35, 348, 355; Senatsurteil BGHZ 109, 163, 168). Der Gegner wird in diesem zwischen Gericht und Antragsteller geführten Nebenverfahren zwar zu den sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung angehört (§ 118 Abs. 1 ZPO). Er wird aber durch die Gewährung von Prozeßkostenhilfe rechtlich nicht beschwert (Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rn. 870; Zöller /Philippi, § 127 Rn. 12, 14), mag sie ihn auch tatsächlich durch die Last der nunmehr nötigen Prozeßführung und das Risiko einer beim späteren Obsiegen zumindest unsicheren Kostenerstattung nicht unerheblich belasten. Die fehlende prozessuale Beschwer führt zur Unzulässigkeit aller Rechtsmittel des Gegners ; § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO bestätigt diesen Gedanken.
Das mit der Einführung der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof verfolgte Ziel des Reformgesetzgebers, auch in Beschwerdesachen für Fragen grundsätzlicher Art eine Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu ermöglichen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks. 14/4722 S. 116), steht nicht entgegen. Das Prozeßkostenhilfeverfahren geht dem Hauptsacheverfahren voraus; es will den Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern ihn zugänglich machen. Erst das Hauptsacheverfahren mit der regelmäßig gebotenen Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 ZPO) eröffnet dem Unbemittelten (wie dem Gegner) die nötige Unterstützung zur Entwick-
lung und Darstellung eines eigenen Rechtsstandpunkts. Zur Beantwortung schwieriger, noch nicht geklärter Fragen des materiellen Rechts, wie sie im allgemeinen Ziel einer Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof wäre, ist das Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe deswegen grundsätzlich nicht bestimmt (vgl. BVerfGE 81, 347, 357; BVerfG NJW 2000, 1936, 1937; s. auch BGH, Beschlüsse vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß der Gesetzgeber eine Rechtsbeschwerde im Verfahren über die Prozeßkostenhilfe kostenrechtlich für möglich hält (Nr. 1953 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz). Diese Regelung kann sich nach den vorstehenden Erwägungen nur auf Rechtsmittel des Antragstellers oder der Staatskasse beziehen. Über deren Zulässigkeit im einzelnen ist hier nicht zu befinden.
Sollte es im Streitfall auch nach Durchführung eines etwaigen Berufungsverfahrens noch auf die vom Landgericht für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen ankommen, kann dem Bedürfnis nach Rechtsvereinheitlichung und Rechtsfortbildung dann durch Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO Rechnung getragen werden.
Rinne Schlick Kapsa Dörr Galke

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.