Bundessozialgericht Urteil, 06. Nov. 2018 - B 1 KR 30/18 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:061118UB1KR3018R0
bei uns veröffentlicht am06.11.2018

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 und des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2016 sowie der Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2014 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen zu versorgen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte, an einem Kolonkarzinom leidende Kläger beantragte befundgestützt eine Behandlung mit dendritischen Zellen (21.5.2014). Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung (22.5.2014), ohne den Kläger hierüber zu unterrichten. Der MDK meinte, die weder unmittelbar lebensbedrohliche noch dem gleichzustellende Erkrankung sei mit Chemotherapie behandelbar. Die Beklagte lehnte es ab, die Therapie zu bewilligen (Bescheid vom 12.6.2014; Widerspruchsbescheid vom 14.8.2014). Das SG hat die Klage auf Gewährung der Therapie abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Bei der Immuntherapie handele es sich um eine neue, bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlene Behandlungsmethode (§ 135 Abs 1 SGB V). Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Die Leistung gelte nicht nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V als genehmigt. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers rechtzeitig innerhalb der Fünf-Wochen-Frist abgelehnt. Der Lauf dieser Frist sei nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3a S 1 SGB V allein daran geknüpft, dass eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt werde. Zwar habe die Beklagte den Kläger hierüber nicht - wie in § 13 Abs 3a S 2 SGB V gefordert - unterrichtet. Die Verletzung dieser Pflicht führe aber - anders als das BSG meine (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33) - nicht dazu, dass die Drei-Wochen-Frist gelte (Urteil vom 21.2.2017).

3

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 SGB V. Er hält die vom LSG abgelehnte Auffassung des BSG aus näher dargelegten Gründen für vorzugswürdig.

4

Der Kläger beantragt,

        

die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 und des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2014 zu verurteilen, ihm eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen zu gewähren,

hilfsweise,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

        

die Revision zurückzuweisen.

6

Die Beklagte rügt, die Revisionsbegründung genüge auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Großen Senats des BSG vom 13.6.2018 - GS 1/17 - nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG. Es mangele an hinreichendem Sachvortrag zum Tatbestandsmerkmal der subjektiven Erforderlichkeit der beantragten Leistung. Sie hält in der Sache die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist zulässig (dazu 1.) und begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG seine Berufung gegen das die Klage abweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Das LSG-Urteil verletzt materielles revisibles Recht. Die zulässige Klage (dazu 2.) ist begründet. Der Kläger hat aufgrund fingierter Genehmigung seines Antrags einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit der beantragten Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen (dazu 3.). Die Ablehnungsentscheidung der beklagten KK (Bescheid vom 12.6.2014; Widerspruchsbescheid vom 14.8.2014) ist rechtswidrig (dazu 4.).

8

1. Die Revision des Klägers ist zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung entspricht insbesondere den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

9

Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Der Große Senat des BSG hat auf Vorlage des erkennenden Senats in dieser Sache (Beschluss vom 26.9.2017 - B 1 KR 3/17 R - Juris = NZS 2018, 102 = KHE 2017/111) entschieden, dass (1) eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen, und (2) die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis ist, sondern es der Bezeichnung von Tatsachen nur bedarf, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist(BSG Großer Senat Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17).

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Der erkennende Senat ist an diese Entscheidung des Großen Senats gebunden (vgl § 41 Abs 7 S 3 SGG; zur Bindungswirkung vgl Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2018, § 41 Anm 38a bis 38c; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, Stand 19.9.2018, § 41 RdNr 90). Der erkennende Senat muss nicht darauf eingehen, ob und inwieweit vor Zustellung des Beschlusses des Großen Senats ergangene Entscheidungen anderer Senate (vgl zB BSG Beschluss vom 27.6.2018 - B 14 AS 44/17 R - Juris; BSG Beschluss vom 2.7.2018 - B 10 ÜG 2/17 R - Juris) von jener des Großen Senats abweichen.

11

Die Revisionsbegründung des Klägers genügt den bindend vorgegebenen Anforderungen. Zu Recht ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel, dass der Kläger einen bestimmten Antrag stellt und die verletzte Rechtsnorm bezeichnet. Er rügt die Verletzung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V. Er zeigt aber auch - entgegen der Ansicht der Beklagten - hinreichend die Gründe auf, die nach seiner Auffassung aufgrund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen des LSG-Urteils dieses als unrichtig erscheinen lassen: Zu Unrecht sei das LSG von der Fünf-Wochen-Frist (§ 13 Abs 3a S 1 2. Alt SGB V) ausgegangen, obwohl ihn die Beklagte nicht über die Einschaltung des MDK informiert habe. Maßgeblich sei die Drei-Wochen-Frist (§ 13 Abs 3a S 1 1. Alt SGB V). Da keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt sei, gelte die Leistung nach Ablauf der Frist entsprechend der Rspr des erkennenden Senats (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33)und Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen der Ansicht des LSG als genehmigt (vgl § 13 Abs 3a S 6 SGB V).

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Die Beklagte verkennt die Anforderungen, indem sie rügt, der Kläger habe die für das Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlichen Tatsachen nicht bezeichnet, nämlich keine Tatsachen zu dem Tatbestandsmerkmal der subjektiven Erforderlichkeit der beantragten Leistung. Der Kläger muss nach den Vorgaben des Beschlusses des Großen Senats nicht darlegen, dass eine vom LSG angenommene Abweichung von einer Entscheidung des BSG entscheidungserheblich ist (vgl BSG Großer Senat Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - Juris RdNr 39). Einer Wiedergabe der getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bedarf es bei bloßen Sachrügen in aller Regel nicht. Die vorinstanzlichen Feststellungen sind allen Beteiligten und dem Gericht aufgrund ihrer Kenntnis der angegriffenen Entscheidung bekannt. Ihre Wiederholung in der Revisionsbegründung zu fordern, wäre eine bloße, unnötige Förmelei. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Revisionsbegründung das Revisionsgericht vom eigenständigen Lesen und Durchdringen des Urteils entlasten soll. Die Rechtsausführungen für die Sachrüge in der Revisionsbegründung müssen lediglich verdeutlichen, wieso der Revisionskläger sich aus seiner Sicht durch die Rechtsanwendung der Vorinstanz verletzt sieht (vgl BSG Großer Senat Beschluss vom 13.6.2018 - GS 1/17 - Juris RdNr 37 mwN).

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2. Gegenstand des Rechtsstreits sind zwei in einer Klage im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) zusammen verfolgte zulässige Klagebegehren: Die allgemeine Leistungsklage auf Versorgung mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen (dazu a) und die (isolierte) Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung (dazu b).

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a) Die von dem Kläger erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig. Nach § 54 Abs 5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Hierfür genügt es, dass ein bindender Verwaltungsakt (§ 77 SGG) vorliegt, der Leistungsträger aber gleichwohl nicht leistet (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 22 f; s ferner Zeihe in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2018, § 54 RdNr 43b). Ist die Genehmigung einer beantragten Leistung kraft Fiktion erfolgt, steht dies der Bewilligung der beantragten Leistung durch einen Leistungsbescheid gleich. Die Genehmigungsfiktion bewirkt ohne Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs 1 SGB X) einen in jeder Hinsicht voll wirksamen Verwaltungsakt iS von § 31 S 1 SGB X. Durch den Eintritt der Fiktion verwandelt sich der hinreichend inhaltlich bestimmte Antrag in den Verfügungssatz des fingierten Verwaltungsakts. Er hat zur Rechtsfolge, dass das in seinem Gegenstand durch den Antrag bestimmte Verwaltungsverfahren beendet ist und dem Versicherten unmittelbar ein Anspruch auf Versorgung mit der Leistung zusteht (vgl zum Ganzen BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 8 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

15

Die allgemeine Leistungsklage tritt nicht hinter die Feststellungsklage zurück (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Mit der allgemeinen Leistungsklage kann ein Kläger effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 S 1 GG) erlangen, wenn sich eine KK - wie hier - weigert, eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Leistung zu erbringen. Ihm bleibt nur die Leistungsklage, um einen Vollstreckungstitel zu erhalten (§ 199 Abs 1 Nr 1 SGG). Eine Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegen die öffentliche Hand ist nicht vorgesehen (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23; BSGE 75, 262, 265 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 15). Die allgemeine Leistungsklage und nicht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) ist statthaft. Denn der Kläger stützt sein Begehren gerade auf den Eintritt der fingierten Genehmigung seines Antrags (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V), auf einen fingierten Leistungsbescheid, der in Bestandskraft erwachsen ist. § 86 SGG findet keine Anwendung.

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b) Die gegen die Ablehnungsentscheidung neben der allgemeinen Leistungsklage erhobene isolierte Anfechtungsklage ist zulässig (vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Die Beklagte setzte mit ihrer Leistungsablehnung nicht das mit Eintritt der Genehmigungsfiktion beendete, ursprüngliche Verwaltungsverfahren fort, sondern eröffnete ein neues eigenständiges Verfahren.

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3. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Versorgung mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen als Naturalleistung. Er entstand kraft fingierter Genehmigung des Antrags (dazu a). Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung sind erfüllt. § 13 Abs 3a SGB V (idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013, BGBl I 277) erfasst die von dem Kläger beantragte Leistung nicht nur zeitlich (vgl dazu BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 15 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 9), sondern auch als ihrer Art nach der Genehmigungsfiktion zugängliche Leistungsart (dazu b). Der Kläger war leistungsberechtigt (dazu c). Er erfüllte mit seinem Antrag die Voraussetzungen eines genehmigungsfähigen, den Lauf der Frist auslösenden Antrags auf Versorgung mit einer Immuntherapie (dazu d). Der Kläger durfte die beantragte Leistung für erforderlich halten (dazu e). Die Beklagte hielt die gebotene Frist für eine Verbescheidung nicht ein (dazu f). Die Genehmigung ist schließlich auch nicht später erloschen (dazu g).

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a) Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Ein solcher Anspruch auf Leistung, den ein Versicherter aufgrund fingierter Genehmigung erlangt, gehört zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV - (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 LS 1, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; aA, aber ohne neue Argumente Schneider, NZS 2018, 753, 756 ff; Felix, KrV 2018, 177, 182). Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 16, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt, die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Der Wortlaut des § 13 Abs 3a S 6 SGB V steht dem Naturalleistungsanspruch nicht bloß nicht entgegen, sondern gebietet diesen sogar. Ohne den nachfolgenden S 7 bliebe es allein bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl § 2 Abs 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsehen (vgl § 13 Abs 1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz. § 13 Abs 3a S 7 SGB V begrenzt den sich aus der Genehmigungsfiktion ergebenden Anspruch schon nach seinem Wortlaut nicht, sondern erweitert die Handlungsoptionen neben der Inanspruchnahme der Leistung in Natur um die Selbstbeschaffung mit Kostenerstattung. Dies vermeidet eine sachwidrige Ungleichbehandlung iS von Art 3 Abs 1 GG. Denn nur der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Berechtigten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht auch der Sanktionscharakter der Norm (vgl ausführlich BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 16 f, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 12 f mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25; Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).

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b) Die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V ist auf den Antrag des Klägers sachlich anwendbar. Die Regelung erfasst ua Ansprüche auf Krankenbehandlung, nicht dagegen Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung oder auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gerichtet sind (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 18, auch für BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 14 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 11 ff); auf letztere finden die §§ 14 f SGB IX Anwendung(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V). Der Kläger begehrt demgegenüber die Gewährung von Krankenbehandlung in Form von ärztlicher Behandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 1 iVm § 28 Abs 1 SGB V), ggf auch Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 SGB V).

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c) Der Kläger ist als bei der Beklagten Versicherter leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen ua in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK (vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 19, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 16 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 22).

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d) Der Kläger beantragte als Leistung hinreichend bestimmt eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen. Damit eine Leistung als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Der Antrag hat eine Doppelfunktion als Verfahrenshandlung (vgl dazu oben II 2. a) und als materiell-rechtliche Voraussetzung (vgl zur Doppelfunktion zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits iS von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 20, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 23). Ein Verwaltungsakt ist - zusammengefasst - inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sein Adressat objektiv in der Lage ist, den Regelungsgehalt des Verfügungssatzes zu erkennen und der Verfügungssatz ggf eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bildet. So liegt es, wenn der Verfügungssatz in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, sein Verhalten daran auszurichten. Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich im Einzelnen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (stRspr; vgl nur BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 17 mwN). Der Verfügungssatz, einen Naturalleistungsanspruch auf eine bestimmte Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) zu gewähren, verschafft dem Adressaten - wie dargelegt - ua eine Rechtsgrundlage dafür, mittels Leistungsklage einen Vollstreckungstitel auf das Zuerkannte zu erhalten (vgl näher BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 18 mwN).

22

Der Antrag des Klägers vom 21.5.2014 genügte diesen Anforderungen. Er war auf die Versorgung mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen gerichtet, ohne dass sich der Kläger auf eine bestimmte Leistungsart - stationär oder ambulant - oder die Art der ggf behandelnden Praxis bzw des ggf behandelnden Krankenhauses festgelegt hätte (vgl entsprechend BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 19 mwN).

23

e) Der Antrag des Klägers betraf auch eine Leistung, die er für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich an, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck.

24

Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen (vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 21 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 26).

25

Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) entgegen. Die in der Durchbrechung dieser Grundsätze liegende Ungleichbehandlung Versicherter ist als gezielte, durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen noch vor dem allgemeinen Gleichheitssatz (vgl Art 3 Abs 1 GG) gerechtfertigt (vgl BSG Urteil vom 24.4.2018 - B 1 KR 13/16 R - Juris RdNr 22, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 137e Nr 1 vorgesehen). § 13 Abs 3a SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von den genannten Anforderungen ab, indem er in seinem S 6 selbst in den Fällen, in denen eine KK einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur "zufällig" rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese objektiv ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat. Wären nur die auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche außerhalb von § 13 Abs 3a SGB V gerichteten Anträge fiktionsfähig, wäre die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V obsolet(vgl BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 22 mwN; dies verkennend zB LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KRL 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff = NZS 2014, 663; Schneider, NZS 2018, 753, 756 f, zudem unzutreffend auf die ursprüngliche geplante Regelung in Art 2 Nr 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung abstellend; ebenso v. Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f und Knispel, SGb 2014, 374 ff sowie GesR 2017, 749, 752 f; zur Unmaßgeblichkeit des Ursprungsentwurfs in Art 2 Nr 1 PatRVerbG vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 17, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; die erst vom Ausschuss für Gesundheit eingefügte Genehmigungsfiktion sollte es dem Versicherten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen, vgl BT-Drucks 17/11710 S 30).

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Die von dem Kläger begehrte Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (vgl etwa LSG Baden-Württemberg Urteil vom 22.2.2017 - L 5 KR 1653/15 - Juris = KHE 2017/6 zu § 2 Abs 1a SGB V - Immuntherapie zur Behandlung des rezidivierten Glioblastoms). Dem steht nicht entgegen, dass es sich um eine neue, bislang nicht vom GBA empfohlene Methode zur Behandlung des Kolonkarzinoms handelt (§ 135 Abs 1 SGB V). Der Kläger durfte aufgrund der fachlichen Befürwortung seines Antrags durch Dr. G. die Immuntherapie zur Behandlung seines Kolonkarzinoms für geeignet und erforderlich halten, ohne Einzelheiten zu den Voraussetzungen ambulanter und stationärer Leistungserbringung oder des § 2 Abs 1a SGB V wissen zu müssen(vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 37 RdNr 22).

27

f) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der ab dem 21.5.2014 (dazu aa) beginnenden Drei-Wochen-Frist (dazu bb), sondern erst nach Fristablauf (dazu cc).

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aa) Maßgeblich für den Fristbeginn war der Eingang des Antrags bei der Beklagten. Hierbei ist es unerheblich, ob die betroffene KK meint, der maßgebliche Sachverhalt sei noch aufzuklären. Das folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V: ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; vgl ausführlich zum Fristbeginn BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 25 ff mwN; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 29 ff, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

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Nach diesen Grundsätzen begann die Frist am 22.5.2014 zu laufen. Denn der maßgebliche Antrag des Klägers ging der Beklagten am Mittwoch, dem 21.5.2014 zu (vgl § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB).

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bb) Die Frist endete am Mittwoch, dem 11.6.2014 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB). Nach dem aufgezeigten Regelungssystem galt die gesetzliche Drei-Wochen-Frist (vgl § 13 Abs 3a S 1 Fall 1 SGB V). Die Beklagte informierte den Kläger bereits nicht rechtzeitig innerhalb dieser Frist darüber, dass sie eine Stellungnahme des MDK einholen wollte (vgl § 13 Abs 3a S 2 SGB V; vgl BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 33, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28). Ohne diese gebotene Information kann der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28). Einziger Sinn und Zweck der Unterrichtungspflicht ist es, dem Versicherten Klarheit zu verschaffen, ob die Drei- oder die Fünf-Wochen-Frist gilt (vgl Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1). Dieses Ziel wird nur erreicht, wenn die Verletzung dieser Pflicht sanktioniert wird, indem die Drei-Wochen-Frist maßgeblich bleibt. Entgegen der Auffassung des LSG ist es hierfür nicht ausreichend, lediglich den Versicherten - etwa mithilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - zu schützen, der bereits Dispositionen getroffen hat (so aber Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, K § 13 RdNr 58e; Schifferdecker in Kasseler Komm, SGB V, § 13 RdNr 122a; beide ohne Auseinandersetzung damit, wieso trotz einer von ihnen ausgeschlossenen Genehmigungsfiktion der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auf eine Leistung außerhalb des GKV-Leistungskatalogs gerichtet sein könnte).

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cc) Die Beklagte beschied den Antrag nicht bis zum Fristablauf am 11.6.2014, sondern erst später mit Erlass des Bescheides vom 12.6.2014.

32

g) Die entstandene Genehmigung ist auch nicht später erloschen. Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene des Klägers - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht. In diesem Sinne ist eine KK nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs (BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 35; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 31; anders die Regelung des § 42a Abs 1 S 2 VwVfG). Diese vom erkennenden Senat zu § 13 Abs 3a SGB V entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für Naturalleistungsbegehren wie für Kostenerstattungsbegehren. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen widerspräche der Gesetzeskonzeption, dem Sanktionscharakter der Regelung, die das Interesse aller Versicherten an einem beschleunigten Verwaltungsverfahren schützt. Sie würde mittellose Versicherte sachwidrig ungleich gegenüber jenen behandeln, die sich die Leistung nach fingierter Genehmigung selbst beschaffen können (vgl BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 7/17 R - Juris RdNr 31 mwN = KHE 2017/69).

33

Die Voraussetzungen eines Erlöschenstatbestands sind nicht erfüllt. Die Beklagte regelte mit der Ablehnung der Leistungen weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme, eine Aufhebung oder einen Widerruf (vgl hierzu §§ 45, 47, 48 SGB X) der fingierten Genehmigung (vgl auch BSGE 123, 293 = SozR 4-2500 § 13 Nr 36, RdNr 36 mwN; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32). Geänderte Umstände, die die Genehmigung durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses entfallen lassen könnten, hat weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

34

4. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten (Bescheid vom 12.6.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.8.2014) ist rechtswidrig. Sie verletzt den Kläger in seinem aus der fiktiven Genehmigung seines Antrags ergebenden Leistungsanspruch (vgl dazu oben II 3.).

35

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Bundessozialgericht Urteil, 06. Nov. 2018 - B 1 KR 30/18 R zitiert 33 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 48 Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 45 Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen de

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 2 Leistungen


(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 27 Krankenbehandlung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt 1. Ärztliche Behandlung einsc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 39 Krankenhausbehandlung


(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bish

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 31 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemei

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 39 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 135 Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden


(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 55


(1) Mit der Klage kann begehrt werden 1. die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,2. die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,3. die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörun

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 33 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 56


Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86


Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 37 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden. (2) Ein schriftlicher Verwaltun

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 164


(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das an

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 28 Ärztliche und zahnärztliche Behandlung


(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 47 Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, soweit 1. der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 26 Fristen und Termine


(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer B

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 42a Genehmigungsfiktion


(1) Eine beantragte Genehmigung gilt nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Die Vorschriften über die Bestandsk

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 199


(1) Vollstreckt wird 1. aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt,2. aus einstweiligen Anordnungen,3. aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen,4. aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,5

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 41


(1) Bei dem Bundessozialgericht wird ein Großer Senat gebildet. (2) Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will. (3) Eine Vorlage an den Großen Sen

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

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(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

1. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

2. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

Gründe

1

I. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens streiten über die Versorgung des Klägers mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet an einem Kolonkarzinom. Er beantragte befundgestützt eine Behandlung mit dendritischen Zellen (Antrag vom 21.5.2014). Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung (Schreiben vom 22.5.2014). Sie unterrichtete den Kläger hierüber nicht. Der MDK meinte, die weder unmittelbar lebensbedrohliche noch dem gleichzustellende Erkrankung sei mit einer Chemotherapie behandelbar. Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, die Immuntherapie zu bewilligen (Bescheid vom 12.6.2014, Widerspruchsbescheid vom 14.8.2014). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2017): Bei der Immuntherapie handele es sich um eine neue, bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlene Behandlungsmethode (§ 135 Abs 1 SGB V). Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Die Leistung gelte nicht nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V als genehmigt. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers rechtzeitig innerhalb der Fünf-Wochen-Frist abgelehnt. Der Lauf dieser Frist sei nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3a S 1 SGB V allein daran geknüpft, dass eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt werde. Zwar habe die Beklagte den Kläger hierüber nicht - wie in § 13 Abs 3a S 2 SGB V gefordert - unterrichtet. Die Verletzung dieser Pflicht führe aber - anders als das BSG meine (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33)- nicht dazu, dass die Drei-Wochen-Frist gelte.

3

Der Kläger rügt mit seiner vom LSG wegen Divergenz zugelassenen Revision eine Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 SGB V.

4

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2014 zu verurteilen, ihm eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

6


die Revision zurückzuweisen.

7

Die Beklagte rügt, die Revisionsbegründung genüge mangels hinreichender Angaben zum festgestellten Sachverhalt nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

8

Der 1. Senat hat dem Großen Senat (GrS) mit Beschluss vom 26.9.2017 - B 1 KR 3/17 R - (Juris) gemäß § 41 Abs 4 SGG folgende Fragen vorgelegt:

        

"1.     

Muss die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, Tatsachen bezeichnen, die den gerügten Mangel ergeben, insbesondere die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen angeben, um den Anforderungen der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen?

        

2.    

Erfordert die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, nach der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG, dass sie die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers aufgrund einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil unrichtig erscheinen lassen, ohne eigens Tatsachen zu bezeichnen, insbesondere ohne die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen anzugeben?"

9

Der 1. Senat hält im Hinblick auf die im Anfragebeschluss näher dargestellten - offenen und verdeckten - Differenzen in der Rechtsprechung verschiedener Senate zur Auslegung und Anwendung des § 164 Abs 2 S 3 SGG eine grundsätzliche Klärung der Anforderungen an eine Revisionsbegründung für erforderlich.

10

II. Der GrS entscheidet über den Vorlagebeschluss des 1. Senats wegen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in seiner Stammbesetzung nach § 41 Abs 5 S 1 SGG(dazu A.). Er fasst beide vom 1. Senat gestellten Fragen im Wege der Auslegung zu der (einen) Frage zusammen (dazu B.), ob eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen? Die danach zulässige Vorlagefrage(dazu C.) beantwortet der GrS dahin, dass 1. eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen, und 2. die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis ist, sondern es der Bezeichnung von Tatsachen nur bedarf, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist (dazu D.).

11

A. Der GrS entscheidet in der "Stammbesetzung" nach § 41 Abs 5 S 1 SGG mit insgesamt sechs ehrenamtlichen Richtern; je zwei aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber, je einer aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und der behinderten Menschen im Sinne des SGB IX.

12

1. Die Voraussetzungen des § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG für eine erweiterte Besetzung des GrS sind nicht erfüllt. Diese sehen jeweils eine Mitwirkung weiterer ehrenamtlicher Richter vor, wenn die für Vertragsarztrecht oder Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Senate dem GrS eine Rechtsfrage zur Entscheidung vorlegen oder von einer Entscheidung dieser Senate abgewichen werden soll. Auch bei einer Grundsatzvorlage nach § 41 Abs 4 SGG wird die Besetzungsfolge des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG ausgelöst, wenn die gesetzlich geregelten Kriterien erfüllt sind(Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 43; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29). Das ist jedoch nicht der Fall. Die in § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG genannten Senate sind nicht Urheber der Vorlage. Eine objektive Divergenz zwischen den Rechtssätzen, die einerseits vom 1. Senat und andererseits vom für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senat sowie dem für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen 7./8. Senat zu den Anforderungen an eine Revisionsbegründung nach § 164 Abs 2 S 3 SGG aufgestellt worden sind, besteht ebenfalls nicht. Zwar erwähnt der vorlegende Senat zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefragen auch Entscheidungen des 7./8. Senats (RdNr 12 f des Vorlagebeschlusses), mit deren Rechtsauffassung er nicht vollständig übereinstimmt. Nach der Rechtsauffassung des 7./8. Senates wäre die Revision im Ausgangsverfahren jedoch im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Senat zulässig, da dieser Senat keine höheren Anforderungen an die Revisionsbegründung stellt als der vorlegende 1. Senat; allenfalls stellt der 8. Senat geringere Anforderungen. Eine Abweichung ist nicht gegeben, wenn lediglich die Begründung, aber nicht das Ergebnis der Entscheidung betroffen ist (BSGE 64, 202, 203 = SozR 4100 § 119 Nr 34 S 168; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 28; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 13).

13

2. Eine erweiternde Auslegung des Wortlauts von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG dahingehend, dass die dort geregelte besondere Besetzung bereits eintritt, weil die genannten Senate von der Entscheidung des GrS "betroffen" sind, ist angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht möglich. Nach dem Wortlaut des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG besteht die Betroffenheit, die die Besetzungsfolge auslöst, nur unter den geregelten formalen Kriterien der Urheberschaft der Vorlage oder der Abweichung von der Rechtsprechung eines der genannten Senate. Für eine erweiternde Auslegung der Besetzungsvorschriften besteht angesichts dieser klaren Regelung vorliegend kein Raum (vgl in diesem Sinne Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Hier kann offenbleiben, ob die Anwendung von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG aufgrund der besonderen Sachkunde der hinzuzuziehenden ehrenamtlichen Richter geboten ist, wenn es im Rahmen einer Grundsatzvorlage wesentlich um Fragen aus dem Vertragsarztrecht und/oder der Sozialhilfe bzw des Asylbewerberleistungsgesetzes geht(so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 41 RdNr 4; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29; aA Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Vorliegend geht es um eine prozessuale Querschnittsmaterie und nicht um eine Angelegenheit, die der spezifisch materiell-rechtlichen Zuständigkeit dieser Senate zuzuordnen ist.

14

B. Der GrS hat das Verhältnis beider Vorlagefragen zueinander (hierzu 1.) sowie deren Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren (hierzu 2.) zu beachten. Vor diesem Hintergrund ist eine Auslegung der Vorlagefragen erforderlich und zulässig (hierzu 3.).

15

1. Zwischen den beiden vom 1. Senat differenzierten Rechtsfragen besteht ein untrennbarer Zusammenhang. Die Vorlagefragen können nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

16

Die vorgelegten Rechtsfragen differenzieren hinsichtlich der Begründungsanforderungen zwischen der Bezeichnung von festgestellten Tatsachen (Rechtsfrage Nr 1) und der sonstigen (rechtlichen) Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (Rechtsfrage Nr 2). Der mit "ohne eigens" beginnende 2. Teil der Rechtsfrage Nr 2 enthält einerseits eine Abgrenzung, andererseits eine Doppelung zur Rechtsfrage Nr 1. Die Antwort auf die Rechtsfrage Nr 1 nach der Erforderlichkeit und - bejahendenfalls - dem Umfang der Bezeichnung der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen bestimmt sich in Abhängigkeit und Wechselwirkung zu den Anforderungen an die rechtliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Die vom 1. Senat gestellte erste Vorlagefrage nach den Anforderungen an den Tatsachenvortrag stellt sich lediglich als Teilaspekt der Anforderungen an die Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung dar. Sie kann nicht losgelöst hiervon beantwortet werden, denn die Darstellung der im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen ist im Ergebnis nur erforderlich, soweit dies zum Verständnis der gerügten revisiblen Rechtsverletzung unerlässlich ist (zum Verhältnis der beiden Vorlagefragen und ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren vgl auch B. Schmidt, NZS 2018, 102, 110).

17

2. Die vorgelegten Rechtsfragen sind nur in beschränktem Umfang entscheidungserheblich. Das zu klären ist Sache des GrS. Er hat nicht die Aufgabe, Rechtsgutachten zu erstatten (vgl BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 68 mwN in Fn 153). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage muss grundsätzlich im Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt werden (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26 ff, insbesondere RdNr 32; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 RdNr 61). Der GrS hat bei der Auslegung der Vorlagefragen zu beachten, dass die Antwort auf die Vorlagefrage abstrakt-generell sein muss, um einer Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen zu können. Der GrS entscheidet nach § 41 SGG über Rechtsfragen(vgl zur Unabhängigkeit des insoweit zu bildenden "Obersatzes" vom einzelnen Anwendungsfall Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 8).

18

a) Die vorgelegte Rechtsfrage Nr 1 ist im Ausgangsverfahren - auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats - in der von ihm gewählten Formulierung nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Denn es bedarf für eine Entscheidung im Ausgangsverfahren keiner Entscheidung des GrS darüber, ob in der Revisionsbegründung überhaupt Tatsachen vorgetragen werden müssen. Es fehlt der Revisionsbegründung nicht gänzlich an einer Darstellung der festgestellten Tatsachen. Entscheidungserheblich ist aber, ob - letztlich weitergehend als die vom 1. Senat formulierte Vorlagefrage - eine vollständige (dh die gesamten Feststellungen des Tatsachengerichts umfassende) Darstellung des festgestellten Lebenssachverhalts erforderlich ist. Eine in diesem Sinne vollständige Wiedergabe des in der angefochtenen Entscheidung festgestellten entscheidungserheblichen Sachverhalts ist in der Revisionsbegründung des Ausgangsverfahrens nicht erfolgt. Denn die Begründung enthält keine präzise Angabe der vom LSG festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Erkrankung des Klägers. Damit liegt jedenfalls nicht zu allen vom LSG selbst für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen eine vollständige Wiedergabe des Sachverhalts vor.

19

b) Die Frage im ersten Teil von Rechtsfrage Nr 2, ob die Begründung einer zugelassenen Revision die Gründe aufzeigen muss, die das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lassen, ist nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Der GrS hat sich mit ihr daher nicht gesondert auseinanderzusetzen, sondern nur, soweit dies aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs mit den Anforderungen an den Umfang des erforderlichen Tatsachenvortrages erforderlich ist.

20

Nach Auffassung des 1. Senats setzt eine Entscheidung in der Sache voraus, dass die Rechtsfrage Nr 2 zu bejahen ist. Er hält bei ausschließlich materiell-rechtlichen Revisionsangriffen eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung für erforderlich. Der 1. Senat könnte jedoch unter Zugrundelegung der von ihm gewählten Fragestellung unabhängig von der Antwort auf die Rechtsfrage Nr 2 in der Sache entscheiden, da er die Revision insoweit für ausreichend begründet hält. Auch wenn die Rechtsfrage Nr 2 entgegen seiner Auffassung zu verneinen wäre, müsste die Revision nicht verworfen werden. Denn die Revisionsbegründung im Ausgangsverfahren ginge dann über die nach seiner Rechtsauffassung zu stellenden Begründungsanforderungen hinaus.

21

3. Der GrS beschränkt danach den ihm angefallenen Streitstoff auf den im Ausgangsverfahren erheblichen Kern, fasst ihn zusammen und legt ihn wie folgt aus:

        

Genügt eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen?

22

Zu dieser Auslegung der Vorlagefragen ist der GrS berechtigt. Der GrS ist bei der Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen zwar an den Vorlagebeschluss gebunden und kann grundsätzlich keine andere oder zusätzliche Rechtsfrage entscheiden. Es liegt aber in seiner Kompetenz, eine vorgelegte Rechtsfrage zu konkretisieren, zu präzisieren und ggf zu beschränken, wenn sie für den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits nicht in dem vorgelegten Umfang entscheidungserheblich ist (vgl BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 6; BSGE 80, 24, 28 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 20 = Juris RdNr 15 zu einer Grundsatzvorlage; außerdem BGHZ 126, 63, 69 f = NJW 1994, 1735, 1736; BGHSt 19, 206, 209; 41, 187, 192 f = NJW 1996, 402, 403; BGHSt 61, 221, 222 = NJW 2017, 94, 95; BFHE 176, 267, 272 = NJW 1995, 1311; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 72; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 87).

23

C. Die im dargestellten Sinne ausgelegte und verstandene Vorlagefrage ist auch im Übrigen zulässig (hierzu 1.) und die Grundsatzvorlage ist insbesondere nicht durch den Vorrang der Divergenzvorlage gesperrt (hierzu 2.).

24

1. Nach § 41 Abs 4 SGG kann der erkennende Senat dem GrS eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung(hierzu ) zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (hierzu ). Diese Voraussetzungen liegen vor.

25

a) Ob die Vorlage zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift allein vom vorlegenden Senat zu entscheiden (vgl zum insoweit bestehenden Einschätzungsspielraum BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 24). Der vorlegende Senat hat diese Voraussetzung bejaht.

26

b) Die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen unterliegt hingegen - als objektive Voraussetzung - der Entscheidungskompetenz des GrS (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 25; BSGE 62, 255, 258 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 117). Der zusammenfassend einheitlich zu beantwortenden Vorlagefrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Das Merkmal "grundsätzliche Bedeutung" hat im Kontext einer Vorlage nach § 41 Abs 4 SGG einen eigenen und über die Grundsätzlichkeit iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hinausgehenden Stellenwert. Der GrS ist vor allem dann zu einer Grundsatzentscheidung berufen, wenn "prozessuales Querschnittsrecht" betroffen ist, wenn sich also prozessuale Grundfragen in mehreren Fachsenaten gleichermaßen stellen und eine frühzeitige, Divergenzen verhindernde konzertierte Rechtsauslegung oder -fortbildung durch den GrS erforderlich erscheint (so Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 54; zum Ganzen auch BSG Vorlagebeschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B - Juris RdNr 12). Demnach müssen zumindest Anhaltspunkte für unterschiedliche Auffassungen unter den Senaten vorliegen, die bezogen auf das Ausgangsverfahren zu Divergenzen in der Rechtsprechung führen könnten, weil es anderenfalls für die Rechtsfortbildung der Entscheidung des GrS objektiv nicht bedarf. Solche Anhaltspunkte für derzeit schon bestehende und zukünftig drohende Divergenzen liegen vor und haben sich gerade in jüngeren Entscheidungen sogar verdichtet. Im Kern werden so unterschiedliche Anforderungen an die Tatsachendarstellung in der Revisionsbegründung gestellt, dass eine einheitliche Rechtsanwendung gefährdet erscheint. Für die Revisionskläger kann zumindest der Eindruck entstehen, der gebotene Umfang der Ausführungen zum Sachverhalt hinge davon ab, welcher Senat über die Revision zu entscheiden hat. Das ist nicht hinnehmbar und lässt eine grundlegende Klärung nach § 41 Abs 4 SGG geboten erscheinen.

27

Eine geschlossene und vollständige Darstellung des vom LSG festgestellten Sachverhalts in dessen Worten wird von keinem Senat des BSG gefordert (so ausdrücklich BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 22). Mehrere Senate des BSG verlangen jedoch - anders als der vorlegende Senat -, dass in der Revisionsbegründung der wesentliche, vom Tatsachengericht festgestellte Lebenssachverhalt zumindest kurz dargestellt wird. Der 13. Senat hält es für erforderlich, dass der Revisionsführer in der Revisionsbegründung bezogen auf die behauptete Rechtsverletzung den "entscheidungsrelevanten Kernlebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt" (BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 16 f). Der 4. Senat hat sich dem angeschlossen und führt aus, dass eine ausreichende Darlegung der Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts neben einer kurzen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgrundlagen auch eine zumindest kurze Darstellung der für die behauptete Rechtsverletzung maßgeblichen tatsächlichen Gesichtspunkte des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erfordert (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 25/15 R - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 14.12.2016 - B 4 AS 52/15 R - Juris RdNr 12). Auch der 14. Senat geht davon aus, dass eine kurze Darstellung des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erforderlich sei (BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 14 AS 20/16 R - Juris RdNr 2 und zuletzt Urteil vom 24.5.2017 - B 14 AS 16/16 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 16 RdNr 15, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

28

Der 5. Senat fordert grundsätzlich eine "vollständige" Darlegung des von der Vorinstanz festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts iS einer Gesamtheit rechtlich relevanter Umstände (BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 13). Erschöpfe sich das angegriffene Urteil im Wesentlichen in der Subsumtion abstrakt-genereller Vorgänge unter eine Vorschrift des materiellen Rechts, reiche es allerdings aus, wenn die Revisionsbegründung die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung auf abstrakt-genereller Ebene darlege (BSG Urteile vom 23.7.2015 - B 5 RS 9/14 R - Juris RdNr 13 und - B 5 RE 17/14 R - SozR 4-2600 § 22 Nr 22 RdNr 15 ff). In anderen Konstellationen verlangt der 5. Senat aber - noch über die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts hinaus -, dass in der Revisionsbegründung die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade von der Vorinstanz und im angegriffenen Urteil festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssen und darauf eingegangen werden muss, an welcher genauen Stelle sie dem Urteil zu entnehmen sind. Es sei nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zusammenzutragen (BSG Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). An dieser Rechtsprechung hat der 5. Senat auf drei Anfragebeschlüsse des 12. Senats hin festgehalten und sie weitergehend erläutert (BSG Beschlüsse vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - und - B 5 SF 4/16 AR - sowie vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR).

29

Der 12. Senat verlangt, dass der Revisionsführer den für die geltend gemachte Rechtsverletzung entscheidungsrelevanten, also den vom LSG festgestellten Lebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 11; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 20, auch für BSGE vorgesehen). Ggf müsse die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit darlegen, welchen Umständen sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt entnehme (BSG Urteil vom 31.3.2017, aaO RdNr 22). Nur in Ausnahmefällen bedürfe es der Angabe, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen seien, wenn der festgestellte Lebenssachverhalt nicht ohne Weiteres erkennbar sei und durch Interpretation des Urteils erst ermittelt werden müsse (BSG aaO RdNr 24).

30

2. Die Zulässigkeit der Grundsatzvorlage setzt auch nicht voraus, dass ein Anfrageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG durchgeführt wird. Ein solches ist im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach § 41 Abs 4 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht vorgesehen. Auch hätte der 1. Senat nicht statt der Grundsatz- eine Divergenzvorlage anbringen müssen.

31

Wegen der Klärungs- und Beteiligungswirkung des formalisierten Anfrageverfahrens nach § 41 Abs 3 SGG und der Sonderregelungen bei der Besetzung nach Abs 5 ist eine Abgrenzung zwischen Divergenz und Grundsatzanrufung dahingehend geboten, dass die Anrufung nach Abs 4 die Divergenzvorlage und das damit verbundene Anfrageverfahren nicht unterlaufen darf.

32

Ein "Unterlaufen" des formalisierten Anfrageverfahrens liegt hier jedoch nicht vor. Es bestehen - wie aufgezeigt - Anhaltspunkte für entscheidungserhebliche Divergenzen zwischen der Auffassung des vorlegenden 1. Senats einerseits und den wiederum teilweise untereinander abweichenden Auffassungen des 5., des 12., des 13. sowie des 4. und des 14. Senats. Da weiterhin die vom 12. Senat mit Beschlüssen vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R und B 12 KR 17/14 R) und 29.6.2016 (B 12 KR 2/15 R) gegenüber dem 5. Senat eingeleiteten Anfrageverfahren keine eindeutige Klärung erbracht haben, wie sich aus dem Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 (B 12 KR 2/15 R) sowie aus dem Beschluss des 5. Senats vom 23.2.2017 (B 5 SF 5/16 AR) ergibt, ist das auf die Lösung eines Konfliktes allein zwischen zwei Senaten zugeschnittene Divergenzverfahren nicht hinreichend geeignet, die im Interesse der Rechtssicherheit dringend gebotene Klärung herbeizuführen. Das hat der vorlegende 1. Senat in seinem Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt. Dem folgt der GrS.

33

D. Der GrS beantwortet die Vorlage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist. Dies folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Regelungszweck und der Entstehungsgeschichte der ausschließlichen Zulassungsrevision. Es steht im Einklang mit der Rspr aller obersten Gerichtshöfe des Bundes zum Revisionsrecht.

34

1. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung. Es ist aber erforderlich, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung nach einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach § 164 Abs 2 S 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974 (BGBl I 1625) muss die Begründung einer Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Der Wortlaut differenziert zwischen Verfahrens- und materiell-rechtlichen Rügen (Sachrügen). Er schreibt nur für die Rüge von Verfahrensmängeln vor, dass Tatsachen bezeichnet werden müssen. Diese Differenzierung ist - wie der vorlegende 1. Senat im Vorlagebeschluss zutreffend ausgeführt hat (RdNr 23) - damit zu erklären, dass das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 163 SGG an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen gebunden ist. Tatsachen, aus denen sich Verfahrensmängel ergeben, lassen sich den getroffenen Feststellungen hingegen oftmals nicht oder zumindest nicht ohne Weiteres entnehmen.

35

Schon nach dem aufgezeigten Wortlaut der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG bezweckt die Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit zu erzielen über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe. Hierzu bedarf es einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Darstellung des Revisionsklägers darf sich nicht in abstrakten formelhaften oder inhaltsleeren Allgemeinplätzen ohne Bezug zum angefochtenen Urteil erschöpfen, sondern muss einen Fallbezug nach den Kriterien der revisionsgerichtlichen Prüfung haben. Es genügt nicht, wenn der Revisionsführer etwa nur um Nachprüfung aller in der angefochtenen Entscheidung aufgeworfenen Rechtsfragen bittet oder die Rechtsauffassung der Vorinstanz schlicht als unrichtig bezeichnet.

36

2. Es entspricht auch der Systematik des auf der Zulassung beruhenden Revisionsrechts und dem in diesem System maßgeblichen Zweck der Regelung sowie der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 S 1 GG), dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Für die Revisionsbegründung bedarf es der Bezeichnung von Tatsachen danach nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

37

a) Rechtssystematisch sind die Begründungsanforderungen für die Revision (§ 164 Abs 2 S 3 SGG)förmliche Zulässigkeitsvoraussetzungen. Mangelt es hieran, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (vgl § 169 S 2 SGG). Die inhaltliche Unrichtigkeit der Begründung führt dagegen nicht zur Verwerfung der Revision, sondern zu ihrer Zurückweisung als unbegründet. Die förmlichen Anforderungen an die Begründung sind durch ihren Zweck begrenzt, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs innerhalb der Begründungsfrist klarzustellen. Die Beachtung dieses Zwecks sichert, dass es nicht zu einer Verlagerung der Prüfung der Begründetheit in die Prüfung der Zulässigkeit der Revision kommt. Einer Wiedergabe der getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bedarf es hierzu bei bloßen Sachrügen in aller Regel nicht. Die vorinstanzlichen Feststellungen sind allen Beteiligten und dem Gericht aufgrund ihrer Kenntnis der angegriffenen Entscheidung bekannt. Ihre Wiederholung in der Revisionsbegründung zu fordern, wäre eine bloße, unnötige Förmelei (vgl entsprechend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 73 mwN). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Revisionsbegründung das Revisionsgericht vom eigenständigen Lesen und Durchdringen des Urteils entlasten soll. Die Rechtsausführungen für die Sachrüge in der Revisionsbegründung müssen lediglich verdeutlichen, wieso der Revisionskläger sich aus seiner Sicht durch die Rechtsanwendung der Vorinstanz verletzt sieht. Die Rechtsausführungen hierzu müssen weder zwingend, überzeugend noch sonst richtig sein (vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, IV D RdNr 292 mwN). Nur ausnahmsweise kann es für das Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich sein, in der Revisionsbegründung Tatsachen zu bezeichnen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es um eine Rechtsverletzung durch eine abstrakte Norm geht, bei der bereits im Normtext tatsächliches Geschehen tatbestandsbildend ist (Beispiel: einzelne Fallgruppen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder des venire contra factum proprium, § 242 BGB).

38

Dementsprechend unterscheidet das Regelungssystem hinsichtlich der Anforderungen für die Revisionsbegründung aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei zulässiger Revision zwischen Sach- und Verfahrensrügen: Das Revisionsgericht überprüft im Rahmen der Anträge vollständig eine sachliche, auch nicht gerügte Verletzung revisiblen Rechts der vorinstanzlichen Entscheidung (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 S 1 ZPO) und in den Grenzen der Revisionsanträge und der Anfallwirkung von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 ZPO). Dagegen prüft es bei den nur auf Rüge berücksichtigungsfähigen Verfahrensmängeln bloß die innerhalb der Begründungsfrist vorgetragenen Fehler.

39

Die dargelegten Grenzen der Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge sichern rechtssystematisch zugleich das Gebot, durch die Anforderungen an die Revisionsbegründung nicht die Bindung an die Revisionszulassung gemäß § 160 Abs 3 SGG zu unterlaufen. Würde - über die Begründungsanforderungen von § 164 Abs 2 S 3 SGG gleichsam durch die Hintertür - vom Revisionskläger bereits auf der Zulässigkeitsebene gefordert, darzulegen, dass etwa eine vom LSG angenommene Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG auch entscheidungserheblich ist, würde eine erneute Prüfung einer bereits bejahten Voraussetzung gefordert. Diese Voraussetzung ist nach der gesetzlichen Konzeption für das BSG bindend mit der Zulassungsentscheidung bereits bejaht worden. Formerfordernisse - wie die Revisionsbegründung - dürfen aber nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (vgl BVerfGE 88, 118, 126 f). Das Verfahren der Zulassung der Revision bezweckt bereits, revisionswürdige Verfahren für das Revisionsgericht herauszufiltern (vgl Hennig, SGG, Stand Juni 2017, § 160 RdNr 60; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 5 mwN; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 160 RdNr 12). Das Erfordernis, die Revision zu begründen, dient nicht erneut diesem Zweck.

40

Ergibt sich schon aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, dass das Tatsachengericht von einer bestimmten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen ist, und will der Revisionskläger nur diese Abweichung rügen, reicht es nach den dargelegten Grundsätzen als Revisionsbegründung aus, wenn er diese Abweichung darstellt und im Übrigen darauf hinweist, dass er sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anschließt (vgl BFHE 144, 40 = BStBl II 1985, 523 noch zu § 120 Abs 2 S 2 FGO aF).

41

b) Die Entwicklung des Regelungssystems und der sich hieraus ergebende Zweck der Revisionsbegründung mit der Sachrüge bestätigen dieses Ergebnis. Die umfassende Einführung der Zulassungsrevision (vgl Art I Nr 20 iVm Art VI des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974, BGBl I 1625; Begründung des Gesetzentwurfs der BReg, BT-Drucks 7/861 S 9 f zu Art 1 Nr 13) mit ihrer Filterwirkung und Ablösung der früher bestehenden zulassungsfreien Revision nach Gesetzesvorgaben (vgl zB § 162 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGG idF vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326) im SGG - inzwischen im Einklang mit den Verfahrensordnungen aller anderen Gerichtsbarkeiten - hat die frühere Zweckrichtung des Begründungserfordernisses einer Revision geändert. Ursprünglich diente das Begründungserfordernis dazu, das Revisionsgericht zu entlasten (vgl zur Ursprungsfassung des § 164 SGG durch das SGG vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326, Gesetzentwurf der BReg einer Sozialgerichtsordnung BT-Drucks I/4357 S 22 Nr 7, S 31 zu § 112, § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet aufgrund desGesetzes betreffend Änderungen der ZPO vom 5.6.1905, RGBl S 536 und hierzu RT-Drucks Nr 782 vom 10.5.1905, Stenographischer Bericht 1903/05 Achter Anlageband S 4520 ff; zur entstehungsgeschichtlichen Entwicklung vgl umfassend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 72 mwN). Der Rechtsmittelführer sollte durch das Begründungserfordernis von aussichtlosen Revisionen abgehalten werden. Die Entlastungsfunktion hat das umfassende System notwendiger Zulassung jeder Revision durch Gerichtsentscheidung übernommen und verschärft, da nun ein Gericht die Revision zulassen muss. Ist dies durch Zulassung seitens des SG (Sprungrevision), des LSG oder des BSG auf Nichtzulassungsbeschwerde hin geschehen, ist das Rechtsmittel in aller Regel nicht völlig aussichtslos, sondern revisionswürdig (vgl näher Groth, SGb 2017, 593). Die Zulassungsentscheidung darf dann nicht mehr durch unangemessene Anforderungen an die Revisionsbegründung unterlaufen werden. Die Filterfunktion erfüllt die Begrenzung der Zulassungsgründe und das abgestufte Zulassungsverfahren der §§ 160, 160a SGG.

42

c) Es entspricht auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG, dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

43

Nach der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr, vgl zB BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 123 f; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44, Juris RdNr 22). Der Zugang zur Revision darf aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht durch Hürden erschwert oder vereitelt werden, die durch den Zweck der Revisionsbegründung nicht gerechtfertigt sind. Das müssen auch die Gerichte bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und so für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (BVerfG Beschluss vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO). Formerfordernisse dürfen deshalb nicht weitergehen als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen. Sie dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG Beschluss vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 13). Die dargelegten Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge tragen diesen Erfordernissen Rechnung. Sie begründen eine mit der Verfassung konforme Auslegung von § 164 Abs 2 S 3 SGG.

44

3. Auch die anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, insbesondere der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, stellen auf Grundlage der jeweiligen Prozessordnungen entsprechende Anforderungen. Danach bezweckt das Erfordernis einer Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe des Revisionsklägers gegen die angefochtene Entscheidung zu erzielen. Die Begründung soll Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs klarstellen (vgl BAG Urteil vom 24.1.2017 - 1 AZR 774/14 - NZA 2017, 777 = Juris RdNr 10; BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BGH Beschluss vom 22.9.2014 - IV ZR 371/13 - VersR 2015, 1121 = Juris RdNr 2; BVerwGE 154, 328 = Juris RdNr 15). Die Rspr von BAG, BFH, BGH und BVerwG fordert für die Zulässigkeit einer Revision dagegen nicht, dass die Revisionsbegründung die vorinstanzlich getroffenen tatsächlichen Feststellungen wiedergibt.

45

Nach der mit § 164 Abs 2 S 3 SGG nahezu wortgleichen Vorschrift in § 139 Abs 3 S 4 VwGO muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt, dass der Revisionskläger "den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss" (stRspr, vgl zB BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3). Die Revisionsbegründung erfordert lediglich, dass sich der Rechtsmittelführer "mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und in diesem Zusammenhang erkennbar macht, aus welchen Gründen er mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden ist" (stRspr, vgl zB BVerwG aaO, BVerwG Beschluss vom 30.4.1980 - 7 C 88/79 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 55 und Urteil vom 3.3.1998 - 9 C 20/97 - BVerwGE 106, 202 ff). Eine formelhafte Rüge, das materielle Recht, eine einzelne Norm, sei verletzt, wird dieser Anforderung nicht gerecht (BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; zum Ganzen auch Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 139 RdNr 42).

46

Die Anforderungen an die Revisionsbegründung sind bei den anderen Gerichtsbarkeiten im Kern hiermit vergleichbar, obwohl die Parallelregelungen zu § 164 Abs 2 SGG in § 120 Abs 3 FGO und § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst a ZPO inzwischen im Wortlaut von § 164 Abs 2 SGG abweichen. Diese Normen fordern die "bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt" (§ 120 Abs 3 FGO idF des Art 1 Nr 14 des 2. FGOÄndG vom 19.12.2000 mWv 1.1.2001, BGBl I 1757 und § 551 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO idF des Art 2 Abs 1 Nr 72 ZPO-RG vom 27.7.2001 mWv 1.1.2002, BGBl I 1887). Nach den Gesetzesbegründungen konkretisieren diese Neufassungen im Wesentlichen entsprechend dem zuvor geltenden Recht (§ 120 Abs 2 S 2 FGO und § 554 Abs 3 Nr 3 ZPO aF) die Darlegungsanforderungen für die Geltendmachung der Rechtsverletzung im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie verlangen die Angabe der Gründe, die aus Sicht des Revisionsklägers den materiellen oder verfahrensrechtlichen Fehler ausmachen (vgl Gesetzentwurf der BReg eines 2. FGOÄndG, BT-Drucks 14/4061 S 11 und Gesetzentwurf der BReg eines ZPO-RG, BT-Drucks 14/4722 S 107).

47

Nach der Rspr des BFH bedarf es dementsprechend hierzu einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger diese und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (vgl zB BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BFH Urteil vom 25.6.2003 - X R 66/00 - BFH/NV 2004, 19 = Juris RdNr 17; vgl bereits zur alten Rechtslage Beschluss vom 6.10.1982 - I R 71/82 - BFHE 136, 521). BGH und BAG fordern ebenfalls, dass die Revisionsbegründung auf den Streitfall zugeschnitten konkret darlegt, aus welchen Gründen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (vgl zB BGH Beschluss vom 26.6.2003 - III ZB 71/02 - Juris RdNr 9 und Urteil vom 20.5.2011 - V ZR 250/10 - Juris RdNr 6 mwN; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 ff; jeweils mwN).

48

Der GrS sieht sich hiernach nicht veranlasst, ein Vorlageverfahren gemäß §§ 2 Abs 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes(RsprEinhG) einzuleiten.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Tenor

1. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

2. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

Gründe

1

I. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens streiten über die Versorgung des Klägers mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet an einem Kolonkarzinom. Er beantragte befundgestützt eine Behandlung mit dendritischen Zellen (Antrag vom 21.5.2014). Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung (Schreiben vom 22.5.2014). Sie unterrichtete den Kläger hierüber nicht. Der MDK meinte, die weder unmittelbar lebensbedrohliche noch dem gleichzustellende Erkrankung sei mit einer Chemotherapie behandelbar. Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, die Immuntherapie zu bewilligen (Bescheid vom 12.6.2014, Widerspruchsbescheid vom 14.8.2014). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2017): Bei der Immuntherapie handele es sich um eine neue, bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlene Behandlungsmethode (§ 135 Abs 1 SGB V). Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Die Leistung gelte nicht nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V als genehmigt. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers rechtzeitig innerhalb der Fünf-Wochen-Frist abgelehnt. Der Lauf dieser Frist sei nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3a S 1 SGB V allein daran geknüpft, dass eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt werde. Zwar habe die Beklagte den Kläger hierüber nicht - wie in § 13 Abs 3a S 2 SGB V gefordert - unterrichtet. Die Verletzung dieser Pflicht führe aber - anders als das BSG meine (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33)- nicht dazu, dass die Drei-Wochen-Frist gelte.

3

Der Kläger rügt mit seiner vom LSG wegen Divergenz zugelassenen Revision eine Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 SGB V.

4

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2014 zu verurteilen, ihm eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

6


die Revision zurückzuweisen.

7

Die Beklagte rügt, die Revisionsbegründung genüge mangels hinreichender Angaben zum festgestellten Sachverhalt nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

8

Der 1. Senat hat dem Großen Senat (GrS) mit Beschluss vom 26.9.2017 - B 1 KR 3/17 R - (Juris) gemäß § 41 Abs 4 SGG folgende Fragen vorgelegt:

        

"1.     

Muss die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, Tatsachen bezeichnen, die den gerügten Mangel ergeben, insbesondere die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen angeben, um den Anforderungen der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen?

        

2.    

Erfordert die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, nach der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG, dass sie die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers aufgrund einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil unrichtig erscheinen lassen, ohne eigens Tatsachen zu bezeichnen, insbesondere ohne die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen anzugeben?"

9

Der 1. Senat hält im Hinblick auf die im Anfragebeschluss näher dargestellten - offenen und verdeckten - Differenzen in der Rechtsprechung verschiedener Senate zur Auslegung und Anwendung des § 164 Abs 2 S 3 SGG eine grundsätzliche Klärung der Anforderungen an eine Revisionsbegründung für erforderlich.

10

II. Der GrS entscheidet über den Vorlagebeschluss des 1. Senats wegen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in seiner Stammbesetzung nach § 41 Abs 5 S 1 SGG(dazu A.). Er fasst beide vom 1. Senat gestellten Fragen im Wege der Auslegung zu der (einen) Frage zusammen (dazu B.), ob eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen? Die danach zulässige Vorlagefrage(dazu C.) beantwortet der GrS dahin, dass 1. eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen, und 2. die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis ist, sondern es der Bezeichnung von Tatsachen nur bedarf, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist (dazu D.).

11

A. Der GrS entscheidet in der "Stammbesetzung" nach § 41 Abs 5 S 1 SGG mit insgesamt sechs ehrenamtlichen Richtern; je zwei aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber, je einer aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und der behinderten Menschen im Sinne des SGB IX.

12

1. Die Voraussetzungen des § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG für eine erweiterte Besetzung des GrS sind nicht erfüllt. Diese sehen jeweils eine Mitwirkung weiterer ehrenamtlicher Richter vor, wenn die für Vertragsarztrecht oder Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Senate dem GrS eine Rechtsfrage zur Entscheidung vorlegen oder von einer Entscheidung dieser Senate abgewichen werden soll. Auch bei einer Grundsatzvorlage nach § 41 Abs 4 SGG wird die Besetzungsfolge des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG ausgelöst, wenn die gesetzlich geregelten Kriterien erfüllt sind(Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 43; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29). Das ist jedoch nicht der Fall. Die in § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG genannten Senate sind nicht Urheber der Vorlage. Eine objektive Divergenz zwischen den Rechtssätzen, die einerseits vom 1. Senat und andererseits vom für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senat sowie dem für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen 7./8. Senat zu den Anforderungen an eine Revisionsbegründung nach § 164 Abs 2 S 3 SGG aufgestellt worden sind, besteht ebenfalls nicht. Zwar erwähnt der vorlegende Senat zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefragen auch Entscheidungen des 7./8. Senats (RdNr 12 f des Vorlagebeschlusses), mit deren Rechtsauffassung er nicht vollständig übereinstimmt. Nach der Rechtsauffassung des 7./8. Senates wäre die Revision im Ausgangsverfahren jedoch im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Senat zulässig, da dieser Senat keine höheren Anforderungen an die Revisionsbegründung stellt als der vorlegende 1. Senat; allenfalls stellt der 8. Senat geringere Anforderungen. Eine Abweichung ist nicht gegeben, wenn lediglich die Begründung, aber nicht das Ergebnis der Entscheidung betroffen ist (BSGE 64, 202, 203 = SozR 4100 § 119 Nr 34 S 168; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 28; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 13).

13

2. Eine erweiternde Auslegung des Wortlauts von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG dahingehend, dass die dort geregelte besondere Besetzung bereits eintritt, weil die genannten Senate von der Entscheidung des GrS "betroffen" sind, ist angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht möglich. Nach dem Wortlaut des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG besteht die Betroffenheit, die die Besetzungsfolge auslöst, nur unter den geregelten formalen Kriterien der Urheberschaft der Vorlage oder der Abweichung von der Rechtsprechung eines der genannten Senate. Für eine erweiternde Auslegung der Besetzungsvorschriften besteht angesichts dieser klaren Regelung vorliegend kein Raum (vgl in diesem Sinne Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Hier kann offenbleiben, ob die Anwendung von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG aufgrund der besonderen Sachkunde der hinzuzuziehenden ehrenamtlichen Richter geboten ist, wenn es im Rahmen einer Grundsatzvorlage wesentlich um Fragen aus dem Vertragsarztrecht und/oder der Sozialhilfe bzw des Asylbewerberleistungsgesetzes geht(so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 41 RdNr 4; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29; aA Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Vorliegend geht es um eine prozessuale Querschnittsmaterie und nicht um eine Angelegenheit, die der spezifisch materiell-rechtlichen Zuständigkeit dieser Senate zuzuordnen ist.

14

B. Der GrS hat das Verhältnis beider Vorlagefragen zueinander (hierzu 1.) sowie deren Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren (hierzu 2.) zu beachten. Vor diesem Hintergrund ist eine Auslegung der Vorlagefragen erforderlich und zulässig (hierzu 3.).

15

1. Zwischen den beiden vom 1. Senat differenzierten Rechtsfragen besteht ein untrennbarer Zusammenhang. Die Vorlagefragen können nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

16

Die vorgelegten Rechtsfragen differenzieren hinsichtlich der Begründungsanforderungen zwischen der Bezeichnung von festgestellten Tatsachen (Rechtsfrage Nr 1) und der sonstigen (rechtlichen) Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (Rechtsfrage Nr 2). Der mit "ohne eigens" beginnende 2. Teil der Rechtsfrage Nr 2 enthält einerseits eine Abgrenzung, andererseits eine Doppelung zur Rechtsfrage Nr 1. Die Antwort auf die Rechtsfrage Nr 1 nach der Erforderlichkeit und - bejahendenfalls - dem Umfang der Bezeichnung der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen bestimmt sich in Abhängigkeit und Wechselwirkung zu den Anforderungen an die rechtliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Die vom 1. Senat gestellte erste Vorlagefrage nach den Anforderungen an den Tatsachenvortrag stellt sich lediglich als Teilaspekt der Anforderungen an die Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung dar. Sie kann nicht losgelöst hiervon beantwortet werden, denn die Darstellung der im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen ist im Ergebnis nur erforderlich, soweit dies zum Verständnis der gerügten revisiblen Rechtsverletzung unerlässlich ist (zum Verhältnis der beiden Vorlagefragen und ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren vgl auch B. Schmidt, NZS 2018, 102, 110).

17

2. Die vorgelegten Rechtsfragen sind nur in beschränktem Umfang entscheidungserheblich. Das zu klären ist Sache des GrS. Er hat nicht die Aufgabe, Rechtsgutachten zu erstatten (vgl BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 68 mwN in Fn 153). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage muss grundsätzlich im Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt werden (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26 ff, insbesondere RdNr 32; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 RdNr 61). Der GrS hat bei der Auslegung der Vorlagefragen zu beachten, dass die Antwort auf die Vorlagefrage abstrakt-generell sein muss, um einer Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen zu können. Der GrS entscheidet nach § 41 SGG über Rechtsfragen(vgl zur Unabhängigkeit des insoweit zu bildenden "Obersatzes" vom einzelnen Anwendungsfall Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 8).

18

a) Die vorgelegte Rechtsfrage Nr 1 ist im Ausgangsverfahren - auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats - in der von ihm gewählten Formulierung nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Denn es bedarf für eine Entscheidung im Ausgangsverfahren keiner Entscheidung des GrS darüber, ob in der Revisionsbegründung überhaupt Tatsachen vorgetragen werden müssen. Es fehlt der Revisionsbegründung nicht gänzlich an einer Darstellung der festgestellten Tatsachen. Entscheidungserheblich ist aber, ob - letztlich weitergehend als die vom 1. Senat formulierte Vorlagefrage - eine vollständige (dh die gesamten Feststellungen des Tatsachengerichts umfassende) Darstellung des festgestellten Lebenssachverhalts erforderlich ist. Eine in diesem Sinne vollständige Wiedergabe des in der angefochtenen Entscheidung festgestellten entscheidungserheblichen Sachverhalts ist in der Revisionsbegründung des Ausgangsverfahrens nicht erfolgt. Denn die Begründung enthält keine präzise Angabe der vom LSG festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Erkrankung des Klägers. Damit liegt jedenfalls nicht zu allen vom LSG selbst für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen eine vollständige Wiedergabe des Sachverhalts vor.

19

b) Die Frage im ersten Teil von Rechtsfrage Nr 2, ob die Begründung einer zugelassenen Revision die Gründe aufzeigen muss, die das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lassen, ist nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Der GrS hat sich mit ihr daher nicht gesondert auseinanderzusetzen, sondern nur, soweit dies aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs mit den Anforderungen an den Umfang des erforderlichen Tatsachenvortrages erforderlich ist.

20

Nach Auffassung des 1. Senats setzt eine Entscheidung in der Sache voraus, dass die Rechtsfrage Nr 2 zu bejahen ist. Er hält bei ausschließlich materiell-rechtlichen Revisionsangriffen eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung für erforderlich. Der 1. Senat könnte jedoch unter Zugrundelegung der von ihm gewählten Fragestellung unabhängig von der Antwort auf die Rechtsfrage Nr 2 in der Sache entscheiden, da er die Revision insoweit für ausreichend begründet hält. Auch wenn die Rechtsfrage Nr 2 entgegen seiner Auffassung zu verneinen wäre, müsste die Revision nicht verworfen werden. Denn die Revisionsbegründung im Ausgangsverfahren ginge dann über die nach seiner Rechtsauffassung zu stellenden Begründungsanforderungen hinaus.

21

3. Der GrS beschränkt danach den ihm angefallenen Streitstoff auf den im Ausgangsverfahren erheblichen Kern, fasst ihn zusammen und legt ihn wie folgt aus:

        

Genügt eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen?

22

Zu dieser Auslegung der Vorlagefragen ist der GrS berechtigt. Der GrS ist bei der Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen zwar an den Vorlagebeschluss gebunden und kann grundsätzlich keine andere oder zusätzliche Rechtsfrage entscheiden. Es liegt aber in seiner Kompetenz, eine vorgelegte Rechtsfrage zu konkretisieren, zu präzisieren und ggf zu beschränken, wenn sie für den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits nicht in dem vorgelegten Umfang entscheidungserheblich ist (vgl BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 6; BSGE 80, 24, 28 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 20 = Juris RdNr 15 zu einer Grundsatzvorlage; außerdem BGHZ 126, 63, 69 f = NJW 1994, 1735, 1736; BGHSt 19, 206, 209; 41, 187, 192 f = NJW 1996, 402, 403; BGHSt 61, 221, 222 = NJW 2017, 94, 95; BFHE 176, 267, 272 = NJW 1995, 1311; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 72; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 87).

23

C. Die im dargestellten Sinne ausgelegte und verstandene Vorlagefrage ist auch im Übrigen zulässig (hierzu 1.) und die Grundsatzvorlage ist insbesondere nicht durch den Vorrang der Divergenzvorlage gesperrt (hierzu 2.).

24

1. Nach § 41 Abs 4 SGG kann der erkennende Senat dem GrS eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung(hierzu ) zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (hierzu ). Diese Voraussetzungen liegen vor.

25

a) Ob die Vorlage zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift allein vom vorlegenden Senat zu entscheiden (vgl zum insoweit bestehenden Einschätzungsspielraum BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 24). Der vorlegende Senat hat diese Voraussetzung bejaht.

26

b) Die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen unterliegt hingegen - als objektive Voraussetzung - der Entscheidungskompetenz des GrS (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 25; BSGE 62, 255, 258 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 117). Der zusammenfassend einheitlich zu beantwortenden Vorlagefrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Das Merkmal "grundsätzliche Bedeutung" hat im Kontext einer Vorlage nach § 41 Abs 4 SGG einen eigenen und über die Grundsätzlichkeit iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hinausgehenden Stellenwert. Der GrS ist vor allem dann zu einer Grundsatzentscheidung berufen, wenn "prozessuales Querschnittsrecht" betroffen ist, wenn sich also prozessuale Grundfragen in mehreren Fachsenaten gleichermaßen stellen und eine frühzeitige, Divergenzen verhindernde konzertierte Rechtsauslegung oder -fortbildung durch den GrS erforderlich erscheint (so Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 54; zum Ganzen auch BSG Vorlagebeschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B - Juris RdNr 12). Demnach müssen zumindest Anhaltspunkte für unterschiedliche Auffassungen unter den Senaten vorliegen, die bezogen auf das Ausgangsverfahren zu Divergenzen in der Rechtsprechung führen könnten, weil es anderenfalls für die Rechtsfortbildung der Entscheidung des GrS objektiv nicht bedarf. Solche Anhaltspunkte für derzeit schon bestehende und zukünftig drohende Divergenzen liegen vor und haben sich gerade in jüngeren Entscheidungen sogar verdichtet. Im Kern werden so unterschiedliche Anforderungen an die Tatsachendarstellung in der Revisionsbegründung gestellt, dass eine einheitliche Rechtsanwendung gefährdet erscheint. Für die Revisionskläger kann zumindest der Eindruck entstehen, der gebotene Umfang der Ausführungen zum Sachverhalt hinge davon ab, welcher Senat über die Revision zu entscheiden hat. Das ist nicht hinnehmbar und lässt eine grundlegende Klärung nach § 41 Abs 4 SGG geboten erscheinen.

27

Eine geschlossene und vollständige Darstellung des vom LSG festgestellten Sachverhalts in dessen Worten wird von keinem Senat des BSG gefordert (so ausdrücklich BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 22). Mehrere Senate des BSG verlangen jedoch - anders als der vorlegende Senat -, dass in der Revisionsbegründung der wesentliche, vom Tatsachengericht festgestellte Lebenssachverhalt zumindest kurz dargestellt wird. Der 13. Senat hält es für erforderlich, dass der Revisionsführer in der Revisionsbegründung bezogen auf die behauptete Rechtsverletzung den "entscheidungsrelevanten Kernlebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt" (BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 16 f). Der 4. Senat hat sich dem angeschlossen und führt aus, dass eine ausreichende Darlegung der Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts neben einer kurzen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgrundlagen auch eine zumindest kurze Darstellung der für die behauptete Rechtsverletzung maßgeblichen tatsächlichen Gesichtspunkte des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erfordert (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 25/15 R - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 14.12.2016 - B 4 AS 52/15 R - Juris RdNr 12). Auch der 14. Senat geht davon aus, dass eine kurze Darstellung des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erforderlich sei (BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 14 AS 20/16 R - Juris RdNr 2 und zuletzt Urteil vom 24.5.2017 - B 14 AS 16/16 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 16 RdNr 15, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

28

Der 5. Senat fordert grundsätzlich eine "vollständige" Darlegung des von der Vorinstanz festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts iS einer Gesamtheit rechtlich relevanter Umstände (BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 13). Erschöpfe sich das angegriffene Urteil im Wesentlichen in der Subsumtion abstrakt-genereller Vorgänge unter eine Vorschrift des materiellen Rechts, reiche es allerdings aus, wenn die Revisionsbegründung die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung auf abstrakt-genereller Ebene darlege (BSG Urteile vom 23.7.2015 - B 5 RS 9/14 R - Juris RdNr 13 und - B 5 RE 17/14 R - SozR 4-2600 § 22 Nr 22 RdNr 15 ff). In anderen Konstellationen verlangt der 5. Senat aber - noch über die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts hinaus -, dass in der Revisionsbegründung die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade von der Vorinstanz und im angegriffenen Urteil festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssen und darauf eingegangen werden muss, an welcher genauen Stelle sie dem Urteil zu entnehmen sind. Es sei nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zusammenzutragen (BSG Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). An dieser Rechtsprechung hat der 5. Senat auf drei Anfragebeschlüsse des 12. Senats hin festgehalten und sie weitergehend erläutert (BSG Beschlüsse vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - und - B 5 SF 4/16 AR - sowie vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR).

29

Der 12. Senat verlangt, dass der Revisionsführer den für die geltend gemachte Rechtsverletzung entscheidungsrelevanten, also den vom LSG festgestellten Lebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 11; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 20, auch für BSGE vorgesehen). Ggf müsse die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit darlegen, welchen Umständen sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt entnehme (BSG Urteil vom 31.3.2017, aaO RdNr 22). Nur in Ausnahmefällen bedürfe es der Angabe, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen seien, wenn der festgestellte Lebenssachverhalt nicht ohne Weiteres erkennbar sei und durch Interpretation des Urteils erst ermittelt werden müsse (BSG aaO RdNr 24).

30

2. Die Zulässigkeit der Grundsatzvorlage setzt auch nicht voraus, dass ein Anfrageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG durchgeführt wird. Ein solches ist im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach § 41 Abs 4 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht vorgesehen. Auch hätte der 1. Senat nicht statt der Grundsatz- eine Divergenzvorlage anbringen müssen.

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Wegen der Klärungs- und Beteiligungswirkung des formalisierten Anfrageverfahrens nach § 41 Abs 3 SGG und der Sonderregelungen bei der Besetzung nach Abs 5 ist eine Abgrenzung zwischen Divergenz und Grundsatzanrufung dahingehend geboten, dass die Anrufung nach Abs 4 die Divergenzvorlage und das damit verbundene Anfrageverfahren nicht unterlaufen darf.

32

Ein "Unterlaufen" des formalisierten Anfrageverfahrens liegt hier jedoch nicht vor. Es bestehen - wie aufgezeigt - Anhaltspunkte für entscheidungserhebliche Divergenzen zwischen der Auffassung des vorlegenden 1. Senats einerseits und den wiederum teilweise untereinander abweichenden Auffassungen des 5., des 12., des 13. sowie des 4. und des 14. Senats. Da weiterhin die vom 12. Senat mit Beschlüssen vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R und B 12 KR 17/14 R) und 29.6.2016 (B 12 KR 2/15 R) gegenüber dem 5. Senat eingeleiteten Anfrageverfahren keine eindeutige Klärung erbracht haben, wie sich aus dem Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 (B 12 KR 2/15 R) sowie aus dem Beschluss des 5. Senats vom 23.2.2017 (B 5 SF 5/16 AR) ergibt, ist das auf die Lösung eines Konfliktes allein zwischen zwei Senaten zugeschnittene Divergenzverfahren nicht hinreichend geeignet, die im Interesse der Rechtssicherheit dringend gebotene Klärung herbeizuführen. Das hat der vorlegende 1. Senat in seinem Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt. Dem folgt der GrS.

33

D. Der GrS beantwortet die Vorlage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist. Dies folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Regelungszweck und der Entstehungsgeschichte der ausschließlichen Zulassungsrevision. Es steht im Einklang mit der Rspr aller obersten Gerichtshöfe des Bundes zum Revisionsrecht.

34

1. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung. Es ist aber erforderlich, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung nach einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach § 164 Abs 2 S 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974 (BGBl I 1625) muss die Begründung einer Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Der Wortlaut differenziert zwischen Verfahrens- und materiell-rechtlichen Rügen (Sachrügen). Er schreibt nur für die Rüge von Verfahrensmängeln vor, dass Tatsachen bezeichnet werden müssen. Diese Differenzierung ist - wie der vorlegende 1. Senat im Vorlagebeschluss zutreffend ausgeführt hat (RdNr 23) - damit zu erklären, dass das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 163 SGG an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen gebunden ist. Tatsachen, aus denen sich Verfahrensmängel ergeben, lassen sich den getroffenen Feststellungen hingegen oftmals nicht oder zumindest nicht ohne Weiteres entnehmen.

35

Schon nach dem aufgezeigten Wortlaut der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG bezweckt die Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit zu erzielen über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe. Hierzu bedarf es einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Darstellung des Revisionsklägers darf sich nicht in abstrakten formelhaften oder inhaltsleeren Allgemeinplätzen ohne Bezug zum angefochtenen Urteil erschöpfen, sondern muss einen Fallbezug nach den Kriterien der revisionsgerichtlichen Prüfung haben. Es genügt nicht, wenn der Revisionsführer etwa nur um Nachprüfung aller in der angefochtenen Entscheidung aufgeworfenen Rechtsfragen bittet oder die Rechtsauffassung der Vorinstanz schlicht als unrichtig bezeichnet.

36

2. Es entspricht auch der Systematik des auf der Zulassung beruhenden Revisionsrechts und dem in diesem System maßgeblichen Zweck der Regelung sowie der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 S 1 GG), dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Für die Revisionsbegründung bedarf es der Bezeichnung von Tatsachen danach nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

37

a) Rechtssystematisch sind die Begründungsanforderungen für die Revision (§ 164 Abs 2 S 3 SGG)förmliche Zulässigkeitsvoraussetzungen. Mangelt es hieran, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (vgl § 169 S 2 SGG). Die inhaltliche Unrichtigkeit der Begründung führt dagegen nicht zur Verwerfung der Revision, sondern zu ihrer Zurückweisung als unbegründet. Die förmlichen Anforderungen an die Begründung sind durch ihren Zweck begrenzt, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs innerhalb der Begründungsfrist klarzustellen. Die Beachtung dieses Zwecks sichert, dass es nicht zu einer Verlagerung der Prüfung der Begründetheit in die Prüfung der Zulässigkeit der Revision kommt. Einer Wiedergabe der getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bedarf es hierzu bei bloßen Sachrügen in aller Regel nicht. Die vorinstanzlichen Feststellungen sind allen Beteiligten und dem Gericht aufgrund ihrer Kenntnis der angegriffenen Entscheidung bekannt. Ihre Wiederholung in der Revisionsbegründung zu fordern, wäre eine bloße, unnötige Förmelei (vgl entsprechend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 73 mwN). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Revisionsbegründung das Revisionsgericht vom eigenständigen Lesen und Durchdringen des Urteils entlasten soll. Die Rechtsausführungen für die Sachrüge in der Revisionsbegründung müssen lediglich verdeutlichen, wieso der Revisionskläger sich aus seiner Sicht durch die Rechtsanwendung der Vorinstanz verletzt sieht. Die Rechtsausführungen hierzu müssen weder zwingend, überzeugend noch sonst richtig sein (vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, IV D RdNr 292 mwN). Nur ausnahmsweise kann es für das Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich sein, in der Revisionsbegründung Tatsachen zu bezeichnen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es um eine Rechtsverletzung durch eine abstrakte Norm geht, bei der bereits im Normtext tatsächliches Geschehen tatbestandsbildend ist (Beispiel: einzelne Fallgruppen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder des venire contra factum proprium, § 242 BGB).

38

Dementsprechend unterscheidet das Regelungssystem hinsichtlich der Anforderungen für die Revisionsbegründung aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei zulässiger Revision zwischen Sach- und Verfahrensrügen: Das Revisionsgericht überprüft im Rahmen der Anträge vollständig eine sachliche, auch nicht gerügte Verletzung revisiblen Rechts der vorinstanzlichen Entscheidung (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 S 1 ZPO) und in den Grenzen der Revisionsanträge und der Anfallwirkung von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 ZPO). Dagegen prüft es bei den nur auf Rüge berücksichtigungsfähigen Verfahrensmängeln bloß die innerhalb der Begründungsfrist vorgetragenen Fehler.

39

Die dargelegten Grenzen der Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge sichern rechtssystematisch zugleich das Gebot, durch die Anforderungen an die Revisionsbegründung nicht die Bindung an die Revisionszulassung gemäß § 160 Abs 3 SGG zu unterlaufen. Würde - über die Begründungsanforderungen von § 164 Abs 2 S 3 SGG gleichsam durch die Hintertür - vom Revisionskläger bereits auf der Zulässigkeitsebene gefordert, darzulegen, dass etwa eine vom LSG angenommene Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG auch entscheidungserheblich ist, würde eine erneute Prüfung einer bereits bejahten Voraussetzung gefordert. Diese Voraussetzung ist nach der gesetzlichen Konzeption für das BSG bindend mit der Zulassungsentscheidung bereits bejaht worden. Formerfordernisse - wie die Revisionsbegründung - dürfen aber nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (vgl BVerfGE 88, 118, 126 f). Das Verfahren der Zulassung der Revision bezweckt bereits, revisionswürdige Verfahren für das Revisionsgericht herauszufiltern (vgl Hennig, SGG, Stand Juni 2017, § 160 RdNr 60; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 5 mwN; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 160 RdNr 12). Das Erfordernis, die Revision zu begründen, dient nicht erneut diesem Zweck.

40

Ergibt sich schon aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, dass das Tatsachengericht von einer bestimmten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen ist, und will der Revisionskläger nur diese Abweichung rügen, reicht es nach den dargelegten Grundsätzen als Revisionsbegründung aus, wenn er diese Abweichung darstellt und im Übrigen darauf hinweist, dass er sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anschließt (vgl BFHE 144, 40 = BStBl II 1985, 523 noch zu § 120 Abs 2 S 2 FGO aF).

41

b) Die Entwicklung des Regelungssystems und der sich hieraus ergebende Zweck der Revisionsbegründung mit der Sachrüge bestätigen dieses Ergebnis. Die umfassende Einführung der Zulassungsrevision (vgl Art I Nr 20 iVm Art VI des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974, BGBl I 1625; Begründung des Gesetzentwurfs der BReg, BT-Drucks 7/861 S 9 f zu Art 1 Nr 13) mit ihrer Filterwirkung und Ablösung der früher bestehenden zulassungsfreien Revision nach Gesetzesvorgaben (vgl zB § 162 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGG idF vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326) im SGG - inzwischen im Einklang mit den Verfahrensordnungen aller anderen Gerichtsbarkeiten - hat die frühere Zweckrichtung des Begründungserfordernisses einer Revision geändert. Ursprünglich diente das Begründungserfordernis dazu, das Revisionsgericht zu entlasten (vgl zur Ursprungsfassung des § 164 SGG durch das SGG vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326, Gesetzentwurf der BReg einer Sozialgerichtsordnung BT-Drucks I/4357 S 22 Nr 7, S 31 zu § 112, § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet aufgrund desGesetzes betreffend Änderungen der ZPO vom 5.6.1905, RGBl S 536 und hierzu RT-Drucks Nr 782 vom 10.5.1905, Stenographischer Bericht 1903/05 Achter Anlageband S 4520 ff; zur entstehungsgeschichtlichen Entwicklung vgl umfassend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 72 mwN). Der Rechtsmittelführer sollte durch das Begründungserfordernis von aussichtlosen Revisionen abgehalten werden. Die Entlastungsfunktion hat das umfassende System notwendiger Zulassung jeder Revision durch Gerichtsentscheidung übernommen und verschärft, da nun ein Gericht die Revision zulassen muss. Ist dies durch Zulassung seitens des SG (Sprungrevision), des LSG oder des BSG auf Nichtzulassungsbeschwerde hin geschehen, ist das Rechtsmittel in aller Regel nicht völlig aussichtslos, sondern revisionswürdig (vgl näher Groth, SGb 2017, 593). Die Zulassungsentscheidung darf dann nicht mehr durch unangemessene Anforderungen an die Revisionsbegründung unterlaufen werden. Die Filterfunktion erfüllt die Begrenzung der Zulassungsgründe und das abgestufte Zulassungsverfahren der §§ 160, 160a SGG.

42

c) Es entspricht auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG, dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

43

Nach der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr, vgl zB BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 123 f; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44, Juris RdNr 22). Der Zugang zur Revision darf aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht durch Hürden erschwert oder vereitelt werden, die durch den Zweck der Revisionsbegründung nicht gerechtfertigt sind. Das müssen auch die Gerichte bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und so für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (BVerfG Beschluss vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO). Formerfordernisse dürfen deshalb nicht weitergehen als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen. Sie dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG Beschluss vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 13). Die dargelegten Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge tragen diesen Erfordernissen Rechnung. Sie begründen eine mit der Verfassung konforme Auslegung von § 164 Abs 2 S 3 SGG.

44

3. Auch die anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, insbesondere der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, stellen auf Grundlage der jeweiligen Prozessordnungen entsprechende Anforderungen. Danach bezweckt das Erfordernis einer Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe des Revisionsklägers gegen die angefochtene Entscheidung zu erzielen. Die Begründung soll Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs klarstellen (vgl BAG Urteil vom 24.1.2017 - 1 AZR 774/14 - NZA 2017, 777 = Juris RdNr 10; BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BGH Beschluss vom 22.9.2014 - IV ZR 371/13 - VersR 2015, 1121 = Juris RdNr 2; BVerwGE 154, 328 = Juris RdNr 15). Die Rspr von BAG, BFH, BGH und BVerwG fordert für die Zulässigkeit einer Revision dagegen nicht, dass die Revisionsbegründung die vorinstanzlich getroffenen tatsächlichen Feststellungen wiedergibt.

45

Nach der mit § 164 Abs 2 S 3 SGG nahezu wortgleichen Vorschrift in § 139 Abs 3 S 4 VwGO muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt, dass der Revisionskläger "den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss" (stRspr, vgl zB BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3). Die Revisionsbegründung erfordert lediglich, dass sich der Rechtsmittelführer "mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und in diesem Zusammenhang erkennbar macht, aus welchen Gründen er mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden ist" (stRspr, vgl zB BVerwG aaO, BVerwG Beschluss vom 30.4.1980 - 7 C 88/79 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 55 und Urteil vom 3.3.1998 - 9 C 20/97 - BVerwGE 106, 202 ff). Eine formelhafte Rüge, das materielle Recht, eine einzelne Norm, sei verletzt, wird dieser Anforderung nicht gerecht (BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; zum Ganzen auch Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 139 RdNr 42).

46

Die Anforderungen an die Revisionsbegründung sind bei den anderen Gerichtsbarkeiten im Kern hiermit vergleichbar, obwohl die Parallelregelungen zu § 164 Abs 2 SGG in § 120 Abs 3 FGO und § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst a ZPO inzwischen im Wortlaut von § 164 Abs 2 SGG abweichen. Diese Normen fordern die "bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt" (§ 120 Abs 3 FGO idF des Art 1 Nr 14 des 2. FGOÄndG vom 19.12.2000 mWv 1.1.2001, BGBl I 1757 und § 551 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO idF des Art 2 Abs 1 Nr 72 ZPO-RG vom 27.7.2001 mWv 1.1.2002, BGBl I 1887). Nach den Gesetzesbegründungen konkretisieren diese Neufassungen im Wesentlichen entsprechend dem zuvor geltenden Recht (§ 120 Abs 2 S 2 FGO und § 554 Abs 3 Nr 3 ZPO aF) die Darlegungsanforderungen für die Geltendmachung der Rechtsverletzung im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie verlangen die Angabe der Gründe, die aus Sicht des Revisionsklägers den materiellen oder verfahrensrechtlichen Fehler ausmachen (vgl Gesetzentwurf der BReg eines 2. FGOÄndG, BT-Drucks 14/4061 S 11 und Gesetzentwurf der BReg eines ZPO-RG, BT-Drucks 14/4722 S 107).

47

Nach der Rspr des BFH bedarf es dementsprechend hierzu einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger diese und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (vgl zB BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BFH Urteil vom 25.6.2003 - X R 66/00 - BFH/NV 2004, 19 = Juris RdNr 17; vgl bereits zur alten Rechtslage Beschluss vom 6.10.1982 - I R 71/82 - BFHE 136, 521). BGH und BAG fordern ebenfalls, dass die Revisionsbegründung auf den Streitfall zugeschnitten konkret darlegt, aus welchen Gründen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (vgl zB BGH Beschluss vom 26.6.2003 - III ZB 71/02 - Juris RdNr 9 und Urteil vom 20.5.2011 - V ZR 250/10 - Juris RdNr 6 mwN; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 ff; jeweils mwN).

48

Der GrS sieht sich hiernach nicht veranlasst, ein Vorlageverfahren gemäß §§ 2 Abs 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes(RsprEinhG) einzuleiten.

(1) Bei dem Bundessozialgericht wird ein Großer Senat gebildet.

(2) Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, nunmehr zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat besteht aus dem Präsidenten, je einem Berufsrichter der Senate, in denen der Präsident nicht den Vorsitz führt, je zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Versicherten und dem Kreis der Arbeitgeber sowie je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Legt der Senat für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, gehören dem Großen Senat außerdem je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und dem Kreis der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten an. Legt der Senat für Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 6a vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, gehören dem Großen Senat außerdem zwei ehrenamtliche Richter aus dem Kreis der von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände Vorgeschlagenen an. Sind Senate personengleich besetzt, wird aus ihnen nur ein Berufsrichter bestellt; er hat nur eine Stimme. Bei einer Verhinderung des Präsidenten tritt ein Berufsrichter des Senats, dem er angehört, an seine Stelle.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Den Vorsitz im Großen Senat führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(7) Der Große Senat entscheidet nur über die Rechtsfrage. Er kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Seine Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

1. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

2. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

Gründe

1

I. Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens streiten über die Versorgung des Klägers mit einer Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen.

2

Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet an einem Kolonkarzinom. Er beantragte befundgestützt eine Behandlung mit dendritischen Zellen (Antrag vom 21.5.2014). Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung (Schreiben vom 22.5.2014). Sie unterrichtete den Kläger hierüber nicht. Der MDK meinte, die weder unmittelbar lebensbedrohliche noch dem gleichzustellende Erkrankung sei mit einer Chemotherapie behandelbar. Die Beklagte lehnte es daraufhin ab, die Immuntherapie zu bewilligen (Bescheid vom 12.6.2014, Widerspruchsbescheid vom 14.8.2014). Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.5.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 21.2.2017): Bei der Immuntherapie handele es sich um eine neue, bisher nicht vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) empfohlene Behandlungsmethode (§ 135 Abs 1 SGB V). Ein Ausnahmefall, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedürfe, liege nicht vor. Die Leistung gelte nicht nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V als genehmigt. Die Beklagte habe den Antrag des Klägers rechtzeitig innerhalb der Fünf-Wochen-Frist abgelehnt. Der Lauf dieser Frist sei nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3a S 1 SGB V allein daran geknüpft, dass eine gutachtliche Stellungnahme des MDK eingeholt werde. Zwar habe die Beklagte den Kläger hierüber nicht - wie in § 13 Abs 3a S 2 SGB V gefordert - unterrichtet. Die Verletzung dieser Pflicht führe aber - anders als das BSG meine (BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33)- nicht dazu, dass die Drei-Wochen-Frist gelte.

3

Der Kläger rügt mit seiner vom LSG wegen Divergenz zugelassenen Revision eine Verletzung von § 13 Abs 3a S 6 SGB V.

4

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juni 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2014 zu verurteilen, ihm eine Immuntherapie mit autologen dendritischen Zellen zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Februar 2017 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision als unzulässig zu verwerfen,

hilfsweise,

6


die Revision zurückzuweisen.

7

Die Beklagte rügt, die Revisionsbegründung genüge mangels hinreichender Angaben zum festgestellten Sachverhalt nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG.

8

Der 1. Senat hat dem Großen Senat (GrS) mit Beschluss vom 26.9.2017 - B 1 KR 3/17 R - (Juris) gemäß § 41 Abs 4 SGG folgende Fragen vorgelegt:

        

"1.     

Muss die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, Tatsachen bezeichnen, die den gerügten Mangel ergeben, insbesondere die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen angeben, um den Anforderungen der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen?

        

2.    

Erfordert die Begründung einer zugelassenen Revision, mit der keine Verfahrensmängel gerügt werden, nach der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG, dass sie die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers aufgrund einer Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil unrichtig erscheinen lassen, ohne eigens Tatsachen zu bezeichnen, insbesondere ohne die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen anzugeben?"

9

Der 1. Senat hält im Hinblick auf die im Anfragebeschluss näher dargestellten - offenen und verdeckten - Differenzen in der Rechtsprechung verschiedener Senate zur Auslegung und Anwendung des § 164 Abs 2 S 3 SGG eine grundsätzliche Klärung der Anforderungen an eine Revisionsbegründung für erforderlich.

10

II. Der GrS entscheidet über den Vorlagebeschluss des 1. Senats wegen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in seiner Stammbesetzung nach § 41 Abs 5 S 1 SGG(dazu A.). Er fasst beide vom 1. Senat gestellten Fragen im Wege der Auslegung zu der (einen) Frage zusammen (dazu B.), ob eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen? Die danach zulässige Vorlagefrage(dazu C.) beantwortet der GrS dahin, dass 1. eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG genügt, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen, und 2. die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis ist, sondern es der Bezeichnung von Tatsachen nur bedarf, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist (dazu D.).

11

A. Der GrS entscheidet in der "Stammbesetzung" nach § 41 Abs 5 S 1 SGG mit insgesamt sechs ehrenamtlichen Richtern; je zwei aus den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber, je einer aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und der behinderten Menschen im Sinne des SGB IX.

12

1. Die Voraussetzungen des § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG für eine erweiterte Besetzung des GrS sind nicht erfüllt. Diese sehen jeweils eine Mitwirkung weiterer ehrenamtlicher Richter vor, wenn die für Vertragsarztrecht oder Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen Senate dem GrS eine Rechtsfrage zur Entscheidung vorlegen oder von einer Entscheidung dieser Senate abgewichen werden soll. Auch bei einer Grundsatzvorlage nach § 41 Abs 4 SGG wird die Besetzungsfolge des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG ausgelöst, wenn die gesetzlich geregelten Kriterien erfüllt sind(Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 43; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29). Das ist jedoch nicht der Fall. Die in § 41 Abs 5 S 2 und S 3 SGG genannten Senate sind nicht Urheber der Vorlage. Eine objektive Divergenz zwischen den Rechtssätzen, die einerseits vom 1. Senat und andererseits vom für das Vertragsarztrecht zuständigen 6. Senat sowie dem für Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständigen 7./8. Senat zu den Anforderungen an eine Revisionsbegründung nach § 164 Abs 2 S 3 SGG aufgestellt worden sind, besteht ebenfalls nicht. Zwar erwähnt der vorlegende Senat zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefragen auch Entscheidungen des 7./8. Senats (RdNr 12 f des Vorlagebeschlusses), mit deren Rechtsauffassung er nicht vollständig übereinstimmt. Nach der Rechtsauffassung des 7./8. Senates wäre die Revision im Ausgangsverfahren jedoch im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Senat zulässig, da dieser Senat keine höheren Anforderungen an die Revisionsbegründung stellt als der vorlegende 1. Senat; allenfalls stellt der 8. Senat geringere Anforderungen. Eine Abweichung ist nicht gegeben, wenn lediglich die Begründung, aber nicht das Ergebnis der Entscheidung betroffen ist (BSGE 64, 202, 203 = SozR 4100 § 119 Nr 34 S 168; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 28; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 13).

13

2. Eine erweiternde Auslegung des Wortlauts von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG dahingehend, dass die dort geregelte besondere Besetzung bereits eintritt, weil die genannten Senate von der Entscheidung des GrS "betroffen" sind, ist angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung nicht möglich. Nach dem Wortlaut des § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG besteht die Betroffenheit, die die Besetzungsfolge auslöst, nur unter den geregelten formalen Kriterien der Urheberschaft der Vorlage oder der Abweichung von der Rechtsprechung eines der genannten Senate. Für eine erweiternde Auslegung der Besetzungsvorschriften besteht angesichts dieser klaren Regelung vorliegend kein Raum (vgl in diesem Sinne Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Hier kann offenbleiben, ob die Anwendung von § 41 Abs 5 S 2 und 3 SGG aufgrund der besonderen Sachkunde der hinzuzuziehenden ehrenamtlichen Richter geboten ist, wenn es im Rahmen einer Grundsatzvorlage wesentlich um Fragen aus dem Vertragsarztrecht und/oder der Sozialhilfe bzw des Asylbewerberleistungsgesetzes geht(so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 41 RdNr 4; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 41 RdNr 29; aA Hauck in Hennig, SGG, Stand Oktober 2015, § 41 RdNr 44). Vorliegend geht es um eine prozessuale Querschnittsmaterie und nicht um eine Angelegenheit, die der spezifisch materiell-rechtlichen Zuständigkeit dieser Senate zuzuordnen ist.

14

B. Der GrS hat das Verhältnis beider Vorlagefragen zueinander (hierzu 1.) sowie deren Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren (hierzu 2.) zu beachten. Vor diesem Hintergrund ist eine Auslegung der Vorlagefragen erforderlich und zulässig (hierzu 3.).

15

1. Zwischen den beiden vom 1. Senat differenzierten Rechtsfragen besteht ein untrennbarer Zusammenhang. Die Vorlagefragen können nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

16

Die vorgelegten Rechtsfragen differenzieren hinsichtlich der Begründungsanforderungen zwischen der Bezeichnung von festgestellten Tatsachen (Rechtsfrage Nr 1) und der sonstigen (rechtlichen) Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (Rechtsfrage Nr 2). Der mit "ohne eigens" beginnende 2. Teil der Rechtsfrage Nr 2 enthält einerseits eine Abgrenzung, andererseits eine Doppelung zur Rechtsfrage Nr 1. Die Antwort auf die Rechtsfrage Nr 1 nach der Erforderlichkeit und - bejahendenfalls - dem Umfang der Bezeichnung der in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen bestimmt sich in Abhängigkeit und Wechselwirkung zu den Anforderungen an die rechtliche Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung. Die vom 1. Senat gestellte erste Vorlagefrage nach den Anforderungen an den Tatsachenvortrag stellt sich lediglich als Teilaspekt der Anforderungen an die Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung dar. Sie kann nicht losgelöst hiervon beantwortet werden, denn die Darstellung der im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen ist im Ergebnis nur erforderlich, soweit dies zum Verständnis der gerügten revisiblen Rechtsverletzung unerlässlich ist (zum Verhältnis der beiden Vorlagefragen und ihrer Entscheidungserheblichkeit für das Ausgangsverfahren vgl auch B. Schmidt, NZS 2018, 102, 110).

17

2. Die vorgelegten Rechtsfragen sind nur in beschränktem Umfang entscheidungserheblich. Das zu klären ist Sache des GrS. Er hat nicht die Aufgabe, Rechtsgutachten zu erstatten (vgl BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 68 mwN in Fn 153). Die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage muss grundsätzlich im Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt werden (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 26 ff, insbesondere RdNr 32; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 RdNr 61). Der GrS hat bei der Auslegung der Vorlagefragen zu beachten, dass die Antwort auf die Vorlagefrage abstrakt-generell sein muss, um einer Fortbildung des Rechts und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen zu können. Der GrS entscheidet nach § 41 SGG über Rechtsfragen(vgl zur Unabhängigkeit des insoweit zu bildenden "Obersatzes" vom einzelnen Anwendungsfall Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2016, § 41 RdNr 8).

18

a) Die vorgelegte Rechtsfrage Nr 1 ist im Ausgangsverfahren - auch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats - in der von ihm gewählten Formulierung nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Denn es bedarf für eine Entscheidung im Ausgangsverfahren keiner Entscheidung des GrS darüber, ob in der Revisionsbegründung überhaupt Tatsachen vorgetragen werden müssen. Es fehlt der Revisionsbegründung nicht gänzlich an einer Darstellung der festgestellten Tatsachen. Entscheidungserheblich ist aber, ob - letztlich weitergehend als die vom 1. Senat formulierte Vorlagefrage - eine vollständige (dh die gesamten Feststellungen des Tatsachengerichts umfassende) Darstellung des festgestellten Lebenssachverhalts erforderlich ist. Eine in diesem Sinne vollständige Wiedergabe des in der angefochtenen Entscheidung festgestellten entscheidungserheblichen Sachverhalts ist in der Revisionsbegründung des Ausgangsverfahrens nicht erfolgt. Denn die Begründung enthält keine präzise Angabe der vom LSG festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Erkrankung des Klägers. Damit liegt jedenfalls nicht zu allen vom LSG selbst für entscheidungserheblich gehaltenen Umständen eine vollständige Wiedergabe des Sachverhalts vor.

19

b) Die Frage im ersten Teil von Rechtsfrage Nr 2, ob die Begründung einer zugelassenen Revision die Gründe aufzeigen muss, die das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lassen, ist nicht in vollem Umfang entscheidungserheblich. Der GrS hat sich mit ihr daher nicht gesondert auseinanderzusetzen, sondern nur, soweit dies aufgrund des untrennbaren Zusammenhangs mit den Anforderungen an den Umfang des erforderlichen Tatsachenvortrages erforderlich ist.

20

Nach Auffassung des 1. Senats setzt eine Entscheidung in der Sache voraus, dass die Rechtsfrage Nr 2 zu bejahen ist. Er hält bei ausschließlich materiell-rechtlichen Revisionsangriffen eine Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung für erforderlich. Der 1. Senat könnte jedoch unter Zugrundelegung der von ihm gewählten Fragestellung unabhängig von der Antwort auf die Rechtsfrage Nr 2 in der Sache entscheiden, da er die Revision insoweit für ausreichend begründet hält. Auch wenn die Rechtsfrage Nr 2 entgegen seiner Auffassung zu verneinen wäre, müsste die Revision nicht verworfen werden. Denn die Revisionsbegründung im Ausgangsverfahren ginge dann über die nach seiner Rechtsauffassung zu stellenden Begründungsanforderungen hinaus.

21

3. Der GrS beschränkt danach den ihm angefallenen Streitstoff auf den im Ausgangsverfahren erheblichen Kern, fasst ihn zusammen und legt ihn wie folgt aus:

        

Genügt eine Revisionsbegründung bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufgezeigt werden, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung das Urteil als unrichtig erscheinen lassen?

22

Zu dieser Auslegung der Vorlagefragen ist der GrS berechtigt. Der GrS ist bei der Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen zwar an den Vorlagebeschluss gebunden und kann grundsätzlich keine andere oder zusätzliche Rechtsfrage entscheiden. Es liegt aber in seiner Kompetenz, eine vorgelegte Rechtsfrage zu konkretisieren, zu präzisieren und ggf zu beschränken, wenn sie für den Gegenstand des konkreten Rechtsstreits nicht in dem vorgelegten Umfang entscheidungserheblich ist (vgl BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 6; BSGE 80, 24, 28 = SozR 3-2600 § 44 Nr 8 S 20 = Juris RdNr 15 zu einer Grundsatzvorlage; außerdem BGHZ 126, 63, 69 f = NJW 1994, 1735, 1736; BGHSt 19, 206, 209; 41, 187, 192 f = NJW 1996, 402, 403; BGHSt 61, 221, 222 = NJW 2017, 94, 95; BFHE 176, 267, 272 = NJW 1995, 1311; Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 72; Voelzke in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, 1. Aufl 2017, § 41 SGG RdNr 87).

23

C. Die im dargestellten Sinne ausgelegte und verstandene Vorlagefrage ist auch im Übrigen zulässig (hierzu 1.) und die Grundsatzvorlage ist insbesondere nicht durch den Vorrang der Divergenzvorlage gesperrt (hierzu 2.).

24

1. Nach § 41 Abs 4 SGG kann der erkennende Senat dem GrS eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung(hierzu ) zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (hierzu ). Diese Voraussetzungen liegen vor.

25

a) Ob die Vorlage zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift allein vom vorlegenden Senat zu entscheiden (vgl zum insoweit bestehenden Einschätzungsspielraum BSGE 108, 35 = SozR 4-2500 § 115b Nr 3, RdNr 24). Der vorlegende Senat hat diese Voraussetzung bejaht.

26

b) Die grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfragen unterliegt hingegen - als objektive Voraussetzung - der Entscheidungskompetenz des GrS (BSGE 102, 166 = SozR 4-1500 § 41 Nr 1, RdNr 25; BSGE 62, 255, 258 = SozR 5050 § 15 Nr 35 S 117). Der zusammenfassend einheitlich zu beantwortenden Vorlagefrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Das Merkmal "grundsätzliche Bedeutung" hat im Kontext einer Vorlage nach § 41 Abs 4 SGG einen eigenen und über die Grundsätzlichkeit iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hinausgehenden Stellenwert. Der GrS ist vor allem dann zu einer Grundsatzentscheidung berufen, wenn "prozessuales Querschnittsrecht" betroffen ist, wenn sich also prozessuale Grundfragen in mehreren Fachsenaten gleichermaßen stellen und eine frühzeitige, Divergenzen verhindernde konzertierte Rechtsauslegung oder -fortbildung durch den GrS erforderlich erscheint (so Pietzner in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 11 RdNr 54; zum Ganzen auch BSG Vorlagebeschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B - Juris RdNr 12). Demnach müssen zumindest Anhaltspunkte für unterschiedliche Auffassungen unter den Senaten vorliegen, die bezogen auf das Ausgangsverfahren zu Divergenzen in der Rechtsprechung führen könnten, weil es anderenfalls für die Rechtsfortbildung der Entscheidung des GrS objektiv nicht bedarf. Solche Anhaltspunkte für derzeit schon bestehende und zukünftig drohende Divergenzen liegen vor und haben sich gerade in jüngeren Entscheidungen sogar verdichtet. Im Kern werden so unterschiedliche Anforderungen an die Tatsachendarstellung in der Revisionsbegründung gestellt, dass eine einheitliche Rechtsanwendung gefährdet erscheint. Für die Revisionskläger kann zumindest der Eindruck entstehen, der gebotene Umfang der Ausführungen zum Sachverhalt hinge davon ab, welcher Senat über die Revision zu entscheiden hat. Das ist nicht hinnehmbar und lässt eine grundlegende Klärung nach § 41 Abs 4 SGG geboten erscheinen.

27

Eine geschlossene und vollständige Darstellung des vom LSG festgestellten Sachverhalts in dessen Worten wird von keinem Senat des BSG gefordert (so ausdrücklich BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 23, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 22). Mehrere Senate des BSG verlangen jedoch - anders als der vorlegende Senat -, dass in der Revisionsbegründung der wesentliche, vom Tatsachengericht festgestellte Lebenssachverhalt zumindest kurz dargestellt wird. Der 13. Senat hält es für erforderlich, dass der Revisionsführer in der Revisionsbegründung bezogen auf die behauptete Rechtsverletzung den "entscheidungsrelevanten Kernlebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt" (BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 16 f). Der 4. Senat hat sich dem angeschlossen und führt aus, dass eine ausreichende Darlegung der Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts neben einer kurzen Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgrundlagen auch eine zumindest kurze Darstellung der für die behauptete Rechtsverletzung maßgeblichen tatsächlichen Gesichtspunkte des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erfordert (BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 25/15 R - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 14.12.2016 - B 4 AS 52/15 R - Juris RdNr 12). Auch der 14. Senat geht davon aus, dass eine kurze Darstellung des entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalts erforderlich sei (BSG Beschluss vom 30.1.2017 - B 14 AS 20/16 R - Juris RdNr 2 und zuletzt Urteil vom 24.5.2017 - B 14 AS 16/16 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 16 RdNr 15, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).

28

Der 5. Senat fordert grundsätzlich eine "vollständige" Darlegung des von der Vorinstanz festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts iS einer Gesamtheit rechtlich relevanter Umstände (BSG Beschluss vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - Juris RdNr 13). Erschöpfe sich das angegriffene Urteil im Wesentlichen in der Subsumtion abstrakt-genereller Vorgänge unter eine Vorschrift des materiellen Rechts, reiche es allerdings aus, wenn die Revisionsbegründung die vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung auf abstrakt-genereller Ebene darlege (BSG Urteile vom 23.7.2015 - B 5 RS 9/14 R - Juris RdNr 13 und - B 5 RE 17/14 R - SozR 4-2600 § 22 Nr 22 RdNr 15 ff). In anderen Konstellationen verlangt der 5. Senat aber - noch über die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts hinaus -, dass in der Revisionsbegründung die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade von der Vorinstanz und im angegriffenen Urteil festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssen und darauf eingegangen werden muss, an welcher genauen Stelle sie dem Urteil zu entnehmen sind. Es sei nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zusammenzutragen (BSG Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). An dieser Rechtsprechung hat der 5. Senat auf drei Anfragebeschlüsse des 12. Senats hin festgehalten und sie weitergehend erläutert (BSG Beschlüsse vom 6.10.2016 - B 5 SF 3/16 AR - und - B 5 SF 4/16 AR - sowie vom 23.2.2017 - B 5 SF 5/16 AR).

29

Der 12. Senat verlangt, dass der Revisionsführer den für die geltend gemachte Rechtsverletzung entscheidungsrelevanten, also den vom LSG festgestellten Lebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt (BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 11; BSG Urteil vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R - SozR 4-2600 § 163 Nr 1 RdNr 20, auch für BSGE vorgesehen). Ggf müsse die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit darlegen, welchen Umständen sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt entnehme (BSG Urteil vom 31.3.2017, aaO RdNr 22). Nur in Ausnahmefällen bedürfe es der Angabe, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen seien, wenn der festgestellte Lebenssachverhalt nicht ohne Weiteres erkennbar sei und durch Interpretation des Urteils erst ermittelt werden müsse (BSG aaO RdNr 24).

30

2. Die Zulässigkeit der Grundsatzvorlage setzt auch nicht voraus, dass ein Anfrageverfahren nach § 41 Abs 3 SGG durchgeführt wird. Ein solches ist im Rahmen eines Vorlageverfahrens nach § 41 Abs 4 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht vorgesehen. Auch hätte der 1. Senat nicht statt der Grundsatz- eine Divergenzvorlage anbringen müssen.

31

Wegen der Klärungs- und Beteiligungswirkung des formalisierten Anfrageverfahrens nach § 41 Abs 3 SGG und der Sonderregelungen bei der Besetzung nach Abs 5 ist eine Abgrenzung zwischen Divergenz und Grundsatzanrufung dahingehend geboten, dass die Anrufung nach Abs 4 die Divergenzvorlage und das damit verbundene Anfrageverfahren nicht unterlaufen darf.

32

Ein "Unterlaufen" des formalisierten Anfrageverfahrens liegt hier jedoch nicht vor. Es bestehen - wie aufgezeigt - Anhaltspunkte für entscheidungserhebliche Divergenzen zwischen der Auffassung des vorlegenden 1. Senats einerseits und den wiederum teilweise untereinander abweichenden Auffassungen des 5., des 12., des 13. sowie des 4. und des 14. Senats. Da weiterhin die vom 12. Senat mit Beschlüssen vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R und B 12 KR 17/14 R) und 29.6.2016 (B 12 KR 2/15 R) gegenüber dem 5. Senat eingeleiteten Anfrageverfahren keine eindeutige Klärung erbracht haben, wie sich aus dem Urteil des 12. Senats vom 23.5.2017 (B 12 KR 2/15 R) sowie aus dem Beschluss des 5. Senats vom 23.2.2017 (B 5 SF 5/16 AR) ergibt, ist das auf die Lösung eines Konfliktes allein zwischen zwei Senaten zugeschnittene Divergenzverfahren nicht hinreichend geeignet, die im Interesse der Rechtssicherheit dringend gebotene Klärung herbeizuführen. Das hat der vorlegende 1. Senat in seinem Vorlagebeschluss nachvollziehbar dargelegt. Dem folgt der GrS.

33

D. Der GrS beantwortet die Vorlage in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Sinne. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm die Gründe aufzeigt, die nach Auffassung des Revisionsklägers auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Die Bezeichnung von Tatsachen ist bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis. Der Bezeichnung von Tatsachen bedarf es nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist. Dies folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Regelungszweck und der Entstehungsgeschichte der ausschließlichen Zulassungsrevision. Es steht im Einklang mit der Rspr aller obersten Gerichtshöfe des Bundes zum Revisionsrecht.

34

1. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung. Es ist aber erforderlich, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung nach einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach § 164 Abs 2 S 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974 (BGBl I 1625) muss die Begründung einer Revision einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Der Wortlaut differenziert zwischen Verfahrens- und materiell-rechtlichen Rügen (Sachrügen). Er schreibt nur für die Rüge von Verfahrensmängeln vor, dass Tatsachen bezeichnet werden müssen. Diese Differenzierung ist - wie der vorlegende 1. Senat im Vorlagebeschluss zutreffend ausgeführt hat (RdNr 23) - damit zu erklären, dass das Revisionsgericht grundsätzlich gemäß § 163 SGG an die in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen gebunden ist. Tatsachen, aus denen sich Verfahrensmängel ergeben, lassen sich den getroffenen Feststellungen hingegen oftmals nicht oder zumindest nicht ohne Weiteres entnehmen.

35

Schon nach dem aufgezeigten Wortlaut der Regelung des § 164 Abs 2 S 3 SGG bezweckt die Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit zu erzielen über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe. Hierzu bedarf es einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die Darstellung des Revisionsklägers darf sich nicht in abstrakten formelhaften oder inhaltsleeren Allgemeinplätzen ohne Bezug zum angefochtenen Urteil erschöpfen, sondern muss einen Fallbezug nach den Kriterien der revisionsgerichtlichen Prüfung haben. Es genügt nicht, wenn der Revisionsführer etwa nur um Nachprüfung aller in der angefochtenen Entscheidung aufgeworfenen Rechtsfragen bittet oder die Rechtsauffassung der Vorinstanz schlicht als unrichtig bezeichnet.

36

2. Es entspricht auch der Systematik des auf der Zulassung beruhenden Revisionsrechts und dem in diesem System maßgeblichen Zweck der Regelung sowie der Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 S 1 GG), dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen. Für die Revisionsbegründung bedarf es der Bezeichnung von Tatsachen danach nur, soweit dies zum Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist.

37

a) Rechtssystematisch sind die Begründungsanforderungen für die Revision (§ 164 Abs 2 S 3 SGG)förmliche Zulässigkeitsvoraussetzungen. Mangelt es hieran, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen (vgl § 169 S 2 SGG). Die inhaltliche Unrichtigkeit der Begründung führt dagegen nicht zur Verwerfung der Revision, sondern zu ihrer Zurückweisung als unbegründet. Die förmlichen Anforderungen an die Begründung sind durch ihren Zweck begrenzt, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs innerhalb der Begründungsfrist klarzustellen. Die Beachtung dieses Zwecks sichert, dass es nicht zu einer Verlagerung der Prüfung der Begründetheit in die Prüfung der Zulässigkeit der Revision kommt. Einer Wiedergabe der getroffenen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz bedarf es hierzu bei bloßen Sachrügen in aller Regel nicht. Die vorinstanzlichen Feststellungen sind allen Beteiligten und dem Gericht aufgrund ihrer Kenntnis der angegriffenen Entscheidung bekannt. Ihre Wiederholung in der Revisionsbegründung zu fordern, wäre eine bloße, unnötige Förmelei (vgl entsprechend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 73 mwN). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Revisionsbegründung das Revisionsgericht vom eigenständigen Lesen und Durchdringen des Urteils entlasten soll. Die Rechtsausführungen für die Sachrüge in der Revisionsbegründung müssen lediglich verdeutlichen, wieso der Revisionskläger sich aus seiner Sicht durch die Rechtsanwendung der Vorinstanz verletzt sieht. Die Rechtsausführungen hierzu müssen weder zwingend, überzeugend noch sonst richtig sein (vgl May, Die Revision, 2. Aufl 1997, IV D RdNr 292 mwN). Nur ausnahmsweise kann es für das Verständnis der gerügten Rechtsverletzung unerlässlich sein, in der Revisionsbegründung Tatsachen zu bezeichnen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es um eine Rechtsverletzung durch eine abstrakte Norm geht, bei der bereits im Normtext tatsächliches Geschehen tatbestandsbildend ist (Beispiel: einzelne Fallgruppen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII oder des venire contra factum proprium, § 242 BGB).

38

Dementsprechend unterscheidet das Regelungssystem hinsichtlich der Anforderungen für die Revisionsbegründung aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen bei zulässiger Revision zwischen Sach- und Verfahrensrügen: Das Revisionsgericht überprüft im Rahmen der Anträge vollständig eine sachliche, auch nicht gerügte Verletzung revisiblen Rechts der vorinstanzlichen Entscheidung (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 S 1 ZPO) und in den Grenzen der Revisionsanträge und der Anfallwirkung von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel (vgl § 202 S 1 SGG iVm § 557 Abs 3 ZPO). Dagegen prüft es bei den nur auf Rüge berücksichtigungsfähigen Verfahrensmängeln bloß die innerhalb der Begründungsfrist vorgetragenen Fehler.

39

Die dargelegten Grenzen der Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge sichern rechtssystematisch zugleich das Gebot, durch die Anforderungen an die Revisionsbegründung nicht die Bindung an die Revisionszulassung gemäß § 160 Abs 3 SGG zu unterlaufen. Würde - über die Begründungsanforderungen von § 164 Abs 2 S 3 SGG gleichsam durch die Hintertür - vom Revisionskläger bereits auf der Zulässigkeitsebene gefordert, darzulegen, dass etwa eine vom LSG angenommene Abweichung von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG auch entscheidungserheblich ist, würde eine erneute Prüfung einer bereits bejahten Voraussetzung gefordert. Diese Voraussetzung ist nach der gesetzlichen Konzeption für das BSG bindend mit der Zulassungsentscheidung bereits bejaht worden. Formerfordernisse - wie die Revisionsbegründung - dürfen aber nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (vgl BVerfGE 88, 118, 126 f). Das Verfahren der Zulassung der Revision bezweckt bereits, revisionswürdige Verfahren für das Revisionsgericht herauszufiltern (vgl Hennig, SGG, Stand Juni 2017, § 160 RdNr 60; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 5 mwN; Berchtold/Lüdtke in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 160 RdNr 12). Das Erfordernis, die Revision zu begründen, dient nicht erneut diesem Zweck.

40

Ergibt sich schon aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, dass das Tatsachengericht von einer bestimmten höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewichen ist, und will der Revisionskläger nur diese Abweichung rügen, reicht es nach den dargelegten Grundsätzen als Revisionsbegründung aus, wenn er diese Abweichung darstellt und im Übrigen darauf hinweist, dass er sich der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung anschließt (vgl BFHE 144, 40 = BStBl II 1985, 523 noch zu § 120 Abs 2 S 2 FGO aF).

41

b) Die Entwicklung des Regelungssystems und der sich hieraus ergebende Zweck der Revisionsbegründung mit der Sachrüge bestätigen dieses Ergebnis. Die umfassende Einführung der Zulassungsrevision (vgl Art I Nr 20 iVm Art VI des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30.7.1974, BGBl I 1625; Begründung des Gesetzentwurfs der BReg, BT-Drucks 7/861 S 9 f zu Art 1 Nr 13) mit ihrer Filterwirkung und Ablösung der früher bestehenden zulassungsfreien Revision nach Gesetzesvorgaben (vgl zB § 162 Abs 1 Nr 2 und Nr 3 SGG idF vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326) im SGG - inzwischen im Einklang mit den Verfahrensordnungen aller anderen Gerichtsbarkeiten - hat die frühere Zweckrichtung des Begründungserfordernisses einer Revision geändert. Ursprünglich diente das Begründungserfordernis dazu, das Revisionsgericht zu entlasten (vgl zur Ursprungsfassung des § 164 SGG durch das SGG vom 3.9.1953, BGBl I 1239, berichtigt BGBl I 1326, Gesetzentwurf der BReg einer Sozialgerichtsordnung BT-Drucks I/4357 S 22 Nr 7, S 31 zu § 112, § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet aufgrund desGesetzes betreffend Änderungen der ZPO vom 5.6.1905, RGBl S 536 und hierzu RT-Drucks Nr 782 vom 10.5.1905, Stenographischer Bericht 1903/05 Achter Anlageband S 4520 ff; zur entstehungsgeschichtlichen Entwicklung vgl umfassend BFH GrS BFHE 196, 39 = BStBl II 2001, 802 = Juris RdNr 72 mwN). Der Rechtsmittelführer sollte durch das Begründungserfordernis von aussichtlosen Revisionen abgehalten werden. Die Entlastungsfunktion hat das umfassende System notwendiger Zulassung jeder Revision durch Gerichtsentscheidung übernommen und verschärft, da nun ein Gericht die Revision zulassen muss. Ist dies durch Zulassung seitens des SG (Sprungrevision), des LSG oder des BSG auf Nichtzulassungsbeschwerde hin geschehen, ist das Rechtsmittel in aller Regel nicht völlig aussichtslos, sondern revisionswürdig (vgl näher Groth, SGb 2017, 593). Die Zulassungsentscheidung darf dann nicht mehr durch unangemessene Anforderungen an die Revisionsbegründung unterlaufen werden. Die Filterfunktion erfüllt die Begrenzung der Zulassungsgründe und das abgestufte Zulassungsverfahren der §§ 160, 160a SGG.

42

c) Es entspricht auch der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zur Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG, dass die Bezeichnung von Tatsachen bei Sachrügen kein formelles Zulässigkeitserfordernis der Revisionsbegründung ist, aber eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung erfordert, dass der Revisionskläger die Gründe aufzeigt, die nach seiner Auffassung auf Grund einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung diese als unrichtig erscheinen lassen.

43

Nach der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (stRspr, vgl zB BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 123 f; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44, Juris RdNr 22). Der Zugang zur Revision darf aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht durch Hürden erschwert oder vereitelt werden, die durch den Zweck der Revisionsbegründung nicht gerechtfertigt sind. Das müssen auch die Gerichte bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Prozessordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und so für den Rechtsmittelführer leerlaufen lassen (BVerfG Beschluss vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO). Formerfordernisse dürfen deshalb nicht weitergehen als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Beschluss vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen. Sie dürfen nicht derart streng gehandhabt werden, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG Beschluss vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG Beschluss vom 21.10.2015 aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12; BSG SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 13). Die dargelegten Anforderungen an die Revisionsbegründung mit der Sachrüge tragen diesen Erfordernissen Rechnung. Sie begründen eine mit der Verfassung konforme Auslegung von § 164 Abs 2 S 3 SGG.

44

3. Auch die anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes, insbesondere der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, stellen auf Grundlage der jeweiligen Prozessordnungen entsprechende Anforderungen. Danach bezweckt das Erfordernis einer Revisionsbegründung, frühzeitig Klarheit über Art, Umfang und Ziel der Revisionsangriffe des Revisionsklägers gegen die angefochtene Entscheidung zu erzielen. Die Begründung soll Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs klarstellen (vgl BAG Urteil vom 24.1.2017 - 1 AZR 774/14 - NZA 2017, 777 = Juris RdNr 10; BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BGH Beschluss vom 22.9.2014 - IV ZR 371/13 - VersR 2015, 1121 = Juris RdNr 2; BVerwGE 154, 328 = Juris RdNr 15). Die Rspr von BAG, BFH, BGH und BVerwG fordert für die Zulässigkeit einer Revision dagegen nicht, dass die Revisionsbegründung die vorinstanzlich getroffenen tatsächlichen Feststellungen wiedergibt.

45

Nach der mit § 164 Abs 2 S 3 SGG nahezu wortgleichen Vorschrift in § 139 Abs 3 S 4 VwGO muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt, dass der Revisionskläger "den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss" (stRspr, vgl zB BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3). Die Revisionsbegründung erfordert lediglich, dass sich der Rechtsmittelführer "mit den Gründen des angefochtenen Urteils auseinandersetzt und in diesem Zusammenhang erkennbar macht, aus welchen Gründen er mit dem angefochtenen Urteil nicht einverstanden ist" (stRspr, vgl zB BVerwG aaO, BVerwG Beschluss vom 30.4.1980 - 7 C 88/79 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 55 und Urteil vom 3.3.1998 - 9 C 20/97 - BVerwGE 106, 202 ff). Eine formelhafte Rüge, das materielle Recht, eine einzelne Norm, sei verletzt, wird dieser Anforderung nicht gerecht (BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; zum Ganzen auch Pietzner/Buchheister in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 139 RdNr 42).

46

Die Anforderungen an die Revisionsbegründung sind bei den anderen Gerichtsbarkeiten im Kern hiermit vergleichbar, obwohl die Parallelregelungen zu § 164 Abs 2 SGG in § 120 Abs 3 FGO und § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 Buchst a ZPO inzwischen im Wortlaut von § 164 Abs 2 SGG abweichen. Diese Normen fordern die "bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt" (§ 120 Abs 3 FGO idF des Art 1 Nr 14 des 2. FGOÄndG vom 19.12.2000 mWv 1.1.2001, BGBl I 1757 und § 551 Abs 3 S 2 Nr 2 ZPO idF des Art 2 Abs 1 Nr 72 ZPO-RG vom 27.7.2001 mWv 1.1.2002, BGBl I 1887). Nach den Gesetzesbegründungen konkretisieren diese Neufassungen im Wesentlichen entsprechend dem zuvor geltenden Recht (§ 120 Abs 2 S 2 FGO und § 554 Abs 3 Nr 3 ZPO aF) die Darlegungsanforderungen für die Geltendmachung der Rechtsverletzung im Sinne der dazu ergangenen Rechtsprechung. Sie verlangen die Angabe der Gründe, die aus Sicht des Revisionsklägers den materiellen oder verfahrensrechtlichen Fehler ausmachen (vgl Gesetzentwurf der BReg eines 2. FGOÄndG, BT-Drucks 14/4061 S 11 und Gesetzentwurf der BReg eines ZPO-RG, BT-Drucks 14/4722 S 107).

47

Nach der Rspr des BFH bedarf es dementsprechend hierzu einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, aus der zu erkennen ist, dass der Revisionskläger diese und sein eigenes Vorbringen überprüft hat (vgl zB BFH Beschluss vom 20.8.2012 - I R 3/12 - Juris RdNr 8; BFH Urteil vom 25.6.2003 - X R 66/00 - BFH/NV 2004, 19 = Juris RdNr 17; vgl bereits zur alten Rechtslage Beschluss vom 6.10.1982 - I R 71/82 - BFHE 136, 521). BGH und BAG fordern ebenfalls, dass die Revisionsbegründung auf den Streitfall zugeschnitten konkret darlegt, aus welchen Gründen das Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (vgl zB BGH Beschluss vom 26.6.2003 - III ZB 71/02 - Juris RdNr 9 und Urteil vom 20.5.2011 - V ZR 250/10 - Juris RdNr 6 mwN; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 ff; jeweils mwN).

48

Der GrS sieht sich hiernach nicht veranlasst, ein Vorlageverfahren gemäß §§ 2 Abs 2, 11 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes(RsprEinhG) einzuleiten.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten können elektronische Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie dem Beteiligten zum Abruf über öffentlich zugängliche Netze bereitgestellt werden. Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung des Verwaltungsaktes an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Behörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Verwaltungsakt abgerufen hat. Das Gleiche gilt, wenn die abrufberechtigte Person unwiderlegbar vorträgt, die Benachrichtigung nicht innerhalb von drei Tagen nach der Absendung erhalten zu haben. Die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.

(2b) In Angelegenheiten nach dem Abschnitt 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes gilt abweichend von Absatz 2a für die Bekanntgabe von elektronischen Verwaltungsakten § 9 des Onlinezugangsgesetzes.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil in der jeweils vorgeschriebenen Weise entweder ortsüblich oder in der sonst für amtliche Veröffentlichungen vorgeschriebenen Art bekannt gemacht wird. In der Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Vollstreckt wird

1.
aus gerichtlichen Entscheidungen, soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes kein Aufschub eintritt,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen,
4.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen,
5.
aus Vollstreckungsbescheiden.

(2) Hat ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung, so kann der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Er kann die Aussetzung und Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen; die §§ 108, 109, 113 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Die Anordnung ist unanfechtbar; sie kann jederzeit aufgehoben werden.

(3) Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein Urteil nach § 131 Abs. 4 bestimmt hat, daß eine Wahl oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane zu wiederholen ist. Die einstweilige Anordnung ergeht dahin, daß die Wiederholungswahl oder die Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens unterbleibt.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die ärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist. Zur ärztlichen Behandlung gehört auch die Hilfeleistung anderer Personen, die von dem Arzt angeordnet und von ihm zu verantworten ist. Die Partner der Bundesmantelverträge legen für die ambulante Versorgung beispielhaft fest, bei welchen Tätigkeiten Personen nach Satz 2 ärztliche Leistungen erbringen können und welche Anforderungen an die Erbringung zu stellen sind. Der Bundesärztekammer ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Die zahnärztliche Behandlung umfaßt die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist; sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden. Wählen Versicherte bei Zahnfüllungen eine darüber hinausgehende Versorgung, haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen. In diesen Fällen ist von den Kassen die vergleichbare preisgünstigste plastische Füllung als Sachleistung abzurechnen. In Fällen des Satzes 2 ist vor Beginn der Behandlung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zahnarzt und dem Versicherten zu treffen. Die Mehrkostenregelung gilt nicht für Fälle, in denen intakte plastische Füllungen ausgetauscht werden. Nicht zur zahnärztlichen Behandlung gehört die kieferorthopädische Behandlung von Versicherten, die zu Beginn der Behandlung das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies gilt nicht für Versicherte mit schweren Kieferanomalien, die ein Ausmaß haben, das kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordert. Ebenso gehören funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen nicht zur zahnärztlichen Behandlung; sie dürfen von den Krankenkassen auch nicht bezuschußt werden. Das Gleiche gilt für implantologische Leistungen, es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor, in denen die Krankenkasse diese Leistung einschließlich der Suprakonstruktion als Sachleistung im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung erbringt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Die psychotherapeutische Behandlung einer Krankheit wird durch Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nach den §§ 26 und 27 des Psychotherapeutengesetzes und durch Psychotherapeuten nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes (Psychotherapeuten), soweit sie zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen sind, sowie durch Vertragsärzte entsprechend den Richtlinien nach § 92 durchgeführt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Spätestens nach den probatorischen Sitzungen gemäß § 92 Abs. 6a hat der Psychotherapeut vor Beginn der Behandlung den Konsiliarbericht eines Vertragsarztes zur Abklärung einer somatischen Erkrankung sowie, falls der somatisch abklärende Vertragsarzt dies für erforderlich hält, eines psychiatrisch tätigen Vertragsarztes einzuholen.

(4) (weggefallen)

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, tagesstationär, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre, stationsäquivalente oder tagesstationäre Behandlung durch ein nach § 108 zugelassenes Krankenhaus, wenn die Aufnahme oder die Behandlung im häuslichen Umfeld nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfaßt im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation. Die stationsäquivalente Behandlung umfasst eine psychiatrische Behandlung im häuslichen Umfeld durch mobile ärztlich geleitete multiprofessionelle Behandlungsteams; die tagesstationäre Behandlung umfasst einen täglich mindestens sechsstündigen Aufenthalt der Patientinnen und Patienten im Krankenhaus, währenddessen überwiegend ärztliche oder pflegerische Behandlung erbracht wird, ohne Übernachtung im Krankenhaus. Die stationsäquivalente Behandlung und die tagesstationäre Behandlung entsprechen hinsichtlich der Inhalte sowie der Flexibilität und Komplexität der Behandlung einer vollstationären Behandlung. Zur Krankenhausbehandlung gehört auch eine qualifizierte ärztliche Einschätzung des Beatmungsstatus im Laufe der Behandlung und vor der Verlegung oder Entlassung von Beatmungspatienten.

(1a) Die Krankenhausbehandlung umfasst ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. § 11 Absatz 4 Satz 4 gilt. Das Krankenhaus kann mit Leistungserbringern nach § 95 Absatz 1 Satz 1 vereinbaren, dass diese Aufgaben des Entlassmanagements wahrnehmen. § 11 des Apothekengesetzes bleibt unberührt. Der Versicherte hat gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Das Entlassmanagement umfasst alle Leistungen, die für die Versorgung nach Krankenhausbehandlung erforderlich sind, insbesondere die Leistungen nach den §§ 37b, 38, 39c sowie alle dafür erforderlichen Leistungen nach dem Elften Buch. Das Entlassmanagement umfasst auch die Verordnung einer erforderlichen Anschlussversorgung durch Krankenhausbehandlung in einem anderen Krankenhaus. Soweit dies für die Versorgung des Versicherten unmittelbar nach der Entlassung erforderlich ist, können die Krankenhäuser Leistungen nach § 33a und die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 und 12 genannten Leistungen verordnen und die Arbeitsunfähigkeit feststellen; hierfür gelten die Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung mit der Maßgabe, dass bis zur Verwendung der Arztnummer nach § 293 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 eine im Rahmenvertrag nach Satz 9 erster Halbsatz zu vereinbarende alternative Kennzeichnung zu verwenden ist. Bei der Verordnung von Arzneimitteln können Krankenhäuser eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß der Packungsgrößenverordnung verordnen; im Übrigen können die in § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 genannten Leistungen für die Versorgung in einem Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnet und die Arbeitsunfähigkeit festgestellt werden (§ 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7). Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 7 und 12 die weitere Ausgestaltung des Verordnungsrechts nach Satz 7. Die weiteren Einzelheiten zu den Sätzen 1 bis 8, insbesondere zur Zusammenarbeit der Leistungserbringer mit den Krankenkassen, regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Berücksichtigung der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem Rahmenvertrag. Wird der Rahmenvertrag ganz oder teilweise beendet und kommt bis zum Ablauf des Vertrages kein neuer Rahmenvertrag zustande, entscheidet das sektorenübergreifende Schiedsgremium auf Bundesebene gemäß § 89a. Vor Abschluss des Rahmenvertrages ist der für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisation der Apotheker sowie den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Entlassmanagement und eine dazu erforderliche Verarbeitung personenbezogener Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Die Information sowie die Einwilligung müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(2) Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.

(3) Die Landesverbände der Krankenkassen, die Ersatzkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See gemeinsam erstellen unter Mitwirkung der Landeskrankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung ein Verzeichnis der Leistungen und Entgelte für die Krankenhausbehandlung in den zugelassenen Krankenhäusern im Land oder in einer Region und passen es der Entwicklung an (Verzeichnis stationärer Leistungen und Entgelte). Dabei sind die Entgelte so zusammenzustellen, daß sie miteinander verglichen werden können. Die Krankenkassen haben darauf hinzuwirken, daß Vertragsärzte und Versicherte das Verzeichnis bei der Verordnung und Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung beachten.

(4) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, zahlen vom Beginn der vollstationären Krankenhausbehandlung an innerhalb eines Kalenderjahres für längstens 28 Tage den sich nach § 61 Satz 2 ergebenden Betrag je Kalendertag an das Krankenhaus. Die innerhalb des Kalenderjahres bereits an einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung geleistete Zahlung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 des Sechsten Buches sowie die nach § 40 Abs. 6 Satz 1 geleistete Zahlung sind auf die Zahlung nach Satz 1 anzurechnen.

(5) (weggefallen)

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfaßt

1.
Ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen,
3.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie mit digitalen Gesundheitsanwendungen,
4.
häusliche Krankenpflege, außerklinische Intensivpflege und Haushaltshilfe,
5.
Krankenhausbehandlung,
6.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und ergänzende Leistungen.
Zur Krankenbehandlung gehört auch die palliative Versorgung der Versicherten. Bei der Krankenbehandlung ist den besonderen Bedürfnissen psychisch Kranker Rechnung zu tragen, insbesondere bei der Versorgung mit Heilmitteln und bei der medizinischen Rehabilitation. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit, wenn diese Fähigkeit nicht vorhanden war oder durch Krankheit oder wegen einer durch Krankheit erforderlichen Sterilisation verlorengegangen war. Zur Krankenbehandlung gehören auch Leistungen zur vertraulichen Spurensicherung am Körper, einschließlich der erforderlichen Dokumentation sowie Laboruntersuchungen und einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung der sichergestellten Befunde, bei Hinweisen auf drittverursachte Gesundheitsschäden, die Folge einer Misshandlung, eines sexuellen Missbrauchs, eines sexuellen Übergriffs, einer sexuellen Nötigung oder einer Vergewaltigung sein können.

(1a) Spender von Organen oder Geweben oder von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (Spender) haben bei einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende zum Zwecke der Übertragung auf Versicherte (Entnahme bei lebenden Spendern) Anspruch auf Leistungen der Krankenbehandlung. Dazu gehören die ambulante und stationäre Behandlung der Spender, die medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie die Erstattung des Ausfalls von Arbeitseinkünften als Krankengeld nach § 44a und erforderlicher Fahrkosten; dies gilt auch für Leistungen, die über die Leistungen nach dem Dritten Kapitel dieses Gesetzes, auf die ein Anspruch besteht, hinausgehen, soweit sie vom Versicherungsschutz des Spenders umfasst sind. Zuzahlungen sind von den Spendern nicht zu leisten. Zuständig für Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ist die Krankenkasse der Empfänger von Organen, Geweben oder Blutstammzellen sowie anderen Blutbestandteilen (Empfänger). Im Zusammenhang mit der Spende von Knochenmark nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes, von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen nach § 9 des Transfusionsgesetzes können die Erstattung der erforderlichen Fahrkosten des Spenders und die Erstattung der Entgeltfortzahlung an den Arbeitgeber nach § 3a Absatz 2 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes einschließlich der Befugnis zum Erlass der hierzu erforderlichen Verwaltungsakte auf Dritte übertragen werden. Das Nähere kann der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die nationale und internationale Suche nach nichtverwandten Spendern von Blutstammzellen aus Knochenmark oder peripherem Blut maßgeblichen Organisationen vereinbaren. Für die Behandlung von Folgeerkrankungen der Spender ist die Krankenkasse der Spender zuständig, sofern der Leistungsanspruch nicht nach § 11 Absatz 5 ausgeschlossen ist. Ansprüche nach diesem Absatz haben auch nicht gesetzlich krankenversicherte Personen. Die Krankenkasse der Spender ist befugt, die für die Leistungserbringung nach den Sätzen 1 und 2 erforderlichen personenbezogenen Daten an die Krankenkasse oder das private Krankenversicherungsunternehmen der Empfänger zu übermitteln; dies gilt auch für personenbezogene Daten von nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Krankenversicherungspflichtigen. Die nach Satz 9 übermittelten Daten dürfen nur für die Erbringung von Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 verarbeitet werden. Die Datenverarbeitung nach den Sätzen 9 und 10 darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Spender, der eine umfassende Information vorausgegangen ist, erfolgen.

(2) Versicherte, die sich nur vorübergehend im Inland aufhalten, Ausländer, denen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wurde, sowie

1.
asylsuchende Ausländer, deren Asylverfahren noch nicht unanfechtbar abgeschlossen ist,
2.
Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Bundesvertriebenengesetzes sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 des Bundesvertriebenengesetzes, ihre Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes haben Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz, wenn sie unmittelbar vor Inanspruchnahme mindestens ein Jahr lang Mitglied einer Krankenkasse (§ 4) oder nach § 10 versichert waren oder wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen ausnahmsweise unaufschiebbar ist.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 2015 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit einer stationären Liposuktion (Fettabsaugung) zur Behandlung eines Lipödems.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte befundgestützt die Versorgung mit einer Liposuktion (8.4.2011 und 22.6.2011). Die Beklagte lehnte dies nach Einholung von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit der Begründung ab, die Liposuktion stelle keine vertragsärztliche, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abrechenbare Leistung dar. Eine Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) fehle. Eine Indikation zur Liposuktion unter stationären Krankenhausbedingungen bestehe nicht. Der Nutzen einer Liposuktion beim Lip- oder Lymphödem sei nicht nachgewiesen (Bescheid vom 29.7.2011; Widerspruchsbescheid vom 4.2.2014). Das SG hat die auf eine stationäre Liposuktion gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13.4.2015). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine stationäre Liposuktion. Nach dem auch für die stationäre Behandlung maßgeblichen Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) müssten Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems entspreche nicht diesem Maßstab. Es bedürfe weiterer randomisierter Studien (Urteil vom 23.7.2015).

3

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 137c Abs 3 SGB V idF durch Art 1 Nr 64 Buchst b Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16.7.2015, BGBl I 1211, 1230 mWv 23.7.2015). Die Regelung ersetze für den stationären Bereich die Anforderungen des Qualitätsgebots. Die Liposuktion zur Therapie eines Lipödems habe das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative.

4

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 2015 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 13. April 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2014 zu verurteilen, sie mit einer stationären Liposuktion zu versorgen,
hilfsweise,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 2015 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das angefochtene LSG-Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Ob die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) zumindest teilweise begründet ist, kann der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Regelversorgung mit einer stationären Liposuktion aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 Abs 1 S 1 SGB V(dazu 1.). Der Senat kann wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen indes nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin einen Anspruch auf Teilnahme am Erprobungsverfahren nach § 137e SGB V hat(dazu 2.).

8

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 Abs 1 S 1 SGB V auf die Gewährung einer stationär durchgeführten Liposuktion des Lipödems als Regelversorgung, weil diese Behandlungsmethode nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots entspricht. Ein entsprechender Anspruch aufgrund grundrechtsorientierter Leistungsauslegung (§ 2 Abs 1a SGB V) kommt nicht in Betracht. Das Lipödem ist weder eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche noch eine hiermit wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung.

9

a) Der Anspruch Versicherter auf stationäre Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs 1 S 2 Nr 5, § 39 Abs 1 S 1 SGB V unterliegt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck den sich aus dem Qualitätsgebot ergebenden Einschränkungen. Eine Absenkung der Qualitätsanforderungen für die stationäre Versorgung auf Methoden mit dem bloßen Potential einer Behandlungsalternative ergibt sich nicht aus § 137c Abs 3 SGB V(idF durch Art 1 Nr 64 Buchst b GKV-VSG). Allein Hinweise in den Gesetzesmaterialien genügen nicht, um das Ergebnis aller anderen Auslegungsmethoden zu überspielen.

10

Dabei geht der erkennende Senat davon aus, dass der Leistungsanspruch der Versicherten auf Krankenhausbehandlung ein Individualanspruch und nicht lediglich ein bloßes subjektiv-öffentlich-rechtliches Rahmenrecht oder ein bloßer Anspruch dem Grunde nach ist. Seine Reichweite und Gestalt ergibt sich erst aus dem Zusammenspiel mit weiteren gesetzlichen und untergesetzlichen Rechtsnormen (stRspr, vgl zB BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 11 mwN; BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 8; BSGE 117, 236 = SozR 4-2500 § 11 Nr 2, RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 29 RdNr 11, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; vgl auch Hauck in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand November 2017, § 13 SGB V RdNr 53 f). Hierzu gehören auch Regelungen des Leistungserbringungsrechts.

11

Funktionell dient das Leistungserbringungsrecht der Erfüllung der Naturalleistungsansprüche der Versicherten. Die KKn gewähren medizinische Sach- und Dienstleistungen, soweit sie nicht ausnahmsweise Eigeneinrichtungen betreiben (vgl zB § 132a Abs 4 S 13, § 140 SGB V), nicht unmittelbar in Natur, sondern bedienen sich regelmäßig der zugelassenen Leistungserbringer, um die Naturalleistungsansprüche der Versicherten zu erfüllen. Deshalb schließen sie über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB V Verträge mit den Leistungserbringern (vgl § 2 Abs 2 S 3 SGB V idF durch Art 4 Nr 1 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27.12.2003, BGBl I 3022; zuvor § 2 Abs 2 S 2 SGB V; vgl zum Ganzen BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15, RdNr 30 f; BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 12; BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 30/16 R - Juris RdNr 9, für BSGE und SozR 4-2500 § 27 Nr 29 vorgesehen).

12

aa) Schon nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs 1 S 1 SGB V). Nach § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung auch die Krankenhausbehandlung. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs 1 S 2 SGB V). Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind (§ 39 Abs 1 S 3 SGB V).

13

bb) Krankenhausbehandlung ist im Sinne von § 39 SGB V konform mit dem Regelungssystem grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist(stRspr, vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 14). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenhausbehandlung unterliegt nach dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungssystem wie jeder Anspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl § 2 Abs 1 S 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Er umfasst in diesem Rahmen nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSGE 117, 10 = SozR 4-2500 § 13 Nr 32, RdNr 11; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff). Ausnahmen vom Qualitätsgebot bestehen im Rahmen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung - sei es verfassungsunmittelbar oder nach § 2 Abs 1a SGB V - und bei Seltenheitsfällen(stRspr, vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 27 mwN)mit Auswirkungen sowohl für den Leistungsanspruch der Versicherten als auch für die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer als auch der KKn.

14

Das SGB V sichert auch im Recht der Leistungserbringung in seinem Vierten Kapitel "Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern" die Beachtung des Qualitätsgebots. So haben die KKn und die Leistungserbringer eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muss ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muss in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden (vgl § 70 Abs 1 S 1 und 2 SGB V). Die Pflicht des zugelassenen Krankenhauses im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V)der Versicherten richtet sich hieran aus (vgl § 109 Abs 4 S 2 SGB V).

15

Gleiches gilt für die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren im Krankenhaus: Der GBA überprüft auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der KKn, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen KKn im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der KKn erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach S 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt S 4 entsprechend(vgl § 137c Abs 1 S 1 bis 5 SGB V). Die zugrunde liegende Änderung des § 137c SGB V und Einfügung der Regelung des § 137e SGB V durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung(Art 1 Nr 54 und Nr 56 GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG - vom 22.12.2011, BGBl I 2011, 2983) hat insofern an der bisherigen Grundkonzeption nichts geändert. Sie hat lediglich Raum für den GBA geschaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Abgesehen von der speziell geregelten Modifizierung durch die zeitlich begrenzte Erprobung (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V) noch nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechender Methoden verbleibt es auch im stationären Sektor beim Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 S 3 SGB V(vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 19; BSG Beschluss vom 15.7.2015 - B 1 KR 23/15 B - Juris RdNr 8). Eine weitere Ausnahme hat der Gesetzgeber mit dem Anspruch auf zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln im Rahmen klinischer Studien in § 35c SGB V geregelt(vgl BSG Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - für BSGE und SozR 4 vorgesehen, Juris RdNr 22).

16

Nach Wortlaut und Regelungssystem ändert auch die Norm des § 137c Abs 3 S 1 und 2 SGB V an den Anforderungen des Anspruchs Versicherter auf Krankenhausbehandlung nichts. Danach dürfen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs 1 getroffen hat, im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Abs 1 S 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Abs 1 noch nicht abgeschlossen ist (vgl § 137 Abs 3 S 1 und 2 SGB V). Die Regelung trifft bereits nach ihrem Wortlaut ("dürfen … angewendet werden") - anders als zB jene des § 2 Abs 1a SGB V (Versicherte "können … beanspruchen") - keine Aussage zu Leistungsansprüchen der Versicherten; sie setzt diese vielmehr voraus. Sie können sich etwa aus Ansprüchen Versicherter auf Krankenhausbehandlung bei grundrechtsorientierter Leistungsauslegung ergeben (vgl zB § 2 Abs 1a iVm § 27 Abs 1 S 1, § 27 Abs 1 S 2 Nr 5 und § 39 Abs 1 SGB V).

17

cc) Zweck der Ausrichtung der Leistungsansprüche der Versicherten am Qualitätsgebot ist es, im Interesse des Patientenschutzes und des effektiven Einsatzes der Mittel der Beitragszahler zu gewährleisten, dass eine nicht ausreichend erprobte Methode nicht zulasten der KKn abgerechnet werden darf (vgl BSG Urteil vom 27.3.2007 - B 1 KR 17/06 R - Juris RdNr 21 = USK 2007-25 - Polyglobin, zustimmend BVerfG Beschluss vom 30.6.2008 - 1 BvR 1665/07 - SozR 4-2500 § 31 Nr 17 RdNr 10 und Gesetzesbegründung im Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BR-Drucks 456/11 S 74, zum Off-Label-Use von Arzneimitteln; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 21 zur Reichweite der grundrechtsorientierten Auslegung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 22; zum effizienten Einsatz der der GKV zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, indem nur wirksame Leistungen auf Kosten der GKV erbracht werden sollen, vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen , BT-Drucks 11/2237 S 157 zu Artikel 1 <§ 2 Abs 1>). Eine Behandlungsmethode gehört dementsprechend grundsätzlich erst dann zum Leistungsumfang der GKV, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirkungsweise der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Das setzt einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus. Dabei muss sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen (stRspr, vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 = Juris RdNr 22 ff; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - für BSGE und SozR 4 vorgesehen, Juris RdNr 14). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21).

18

Das Gesetz garantiert zugleich mit der Sicherung des Qualitätsgebots die Gleichbehandlung der Versicherten, um den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) zu beachten. Der Gesetzgeber muss den Versicherten Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht gewährleisten (vgl BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 23 zur Auslandsbehandlung; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 23; Hauck, Festschrift für Kohte, 2016, 577, 585, 587; vgl auch Udsching, VSSR 1996, 271, unter III.1). Es wäre vor dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu rechtfertigen, würde der Gesetzgeber natürliche Personen zwar in gleicher Weise dem Versicherungs- und Beitragszwang der GKV unterwerfen, ihnen aber trotz gleicher Erkrankung und gleichem Anspruch auf Krankenbehandlung rechtlich unterschiedliche Chancen eröffnen, ihren Anspruch zu verwirklichen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfGE 117, 316, 325 = SozR 4-2500 § 27a Nr 3 RdNr 31; BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 26).

19

Um das Ziel der Rechtsanwendungsgleichheit im Leistungsrecht der GKV zu erreichen, regelt das Gesetz nicht nur gleiche Rechtsansprüche der Versicherten auf Krankenbehandlung. Es garantiert den Versicherten auch deren Realisierung, nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck einheitlich und eindeutig ausgerichtet am Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V), erweitert um die Fälle grundrechtsorientierter Auslegung (vgl zB BSG Urteil vom 20.3.2018 - B 1 KR 4/17 R - Juris RdNr 20 f, für SozR vorgesehen): Kommt es entgegen der Gewährleistungspflicht der KKn für eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung (vgl § 70 Abs 1 S 1 SGB V) zu einer Lücke im Versorgungssystem, hat der betroffene Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung wegen Systemversagens (vgl § 13 Abs 3 S 1 SGB V). Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die KK die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen (vgl § 13 Abs 4 S 6 SGB V). Besteht innerhalb der EU, des EWR und der Schweiz ein qualitatives oder quantitatives Versorgungsdefizit, sodass eine Krankenbehandlung nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse nur im Ausland möglich ist, hat der Versicherte hierauf Anspruch (vgl näher zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 12 ff; Hauck, GesR 2017, 19, 22 sowie ders in Festschrift für Kohte, 2016, 577, 590 f, dort auch zur Garantie bei Leistungsmöglichkeit nur in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem anderen Vertragsstaat des EWR; lediglich andere Teilaspekte beleuchtend Stallberg, NZS 2017, 332). Das SGB V kennt nach Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck keine gleichen Garantien für Krankenbehandlung Versicherter mit Methoden, die lediglich das Potential einer Behandlungsalternative haben. Die Gerichte sind bei dieser klaren Gesetzeslage an einer Rechtsfortbildung contra legem gehindert (vgl zu den Grenzen Hauck in Masuch/Spellbrink/Becker/Leibfried , Grundlagen und Herausforderungen des Sozialstaats - Denkschrift 60 Jahre Bundessozialgericht, Band 2: Bundessozialgericht und die Sozialstaatsforschung - Richterliche Wissensgewinnung und Wissenschaft, 2015, 299, 300 ff).

20

Wollte man entgegen Wortlaut, Regelungssystem und Regelungszweck auch Potentialleistungen nach § 137c Abs 3 SGB V in die Ansprüche Versicherter auf Regelversorgung einbeziehen, wäre eine sachwidrige Ungleichbehandlung Versicherter die Folge. Die Gruppe der Versicherten, die dem Qualitätsgebot entsprechende Leistungen benötigt, hätte durch die aufgezeigten einfachrechtlichen Garantien einen rechtlich gesicherten Zugang zu diesen Leistungen auch dann, wenn sie im Inland überhaupt nicht oder jedenfalls nicht innerhalb des Leistungserbringungssystems zur Verfügung stehen oder rechtswidrig verweigert werden. Die Gruppe der Versicherten, die Potentialleistungen als Regelversorgung begehrte, hätte hingegen keinen rechtlich gesicherten Anspruch auf die Potentialleistungen. Würde die Potentialleistung im Inland nicht durch nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser erbracht, könnte diese Gruppe sich die Leistung zulasten der GKV weder in Krankenhäusern außerhalb des Leistungserbringungssystems, sei es im Inland, sei es im Ausland, beschaffen, noch wäre eine Leistungsablehnung durch die KK rechtswidrig mit der Folge der Selbstbeschaffungsmöglichkeit(§ 13 Abs 3 S 1 Fall 2 SGB V). Denn Ansprüche auf Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 S 1, S 2 Nr 5, § 39 SGB V) umfassen grundsätzlich nur Leistungen, die dem Qualitätsgebot entsprechen.

21

Das Gesetz sieht Abweichungen von den aufgezeigten Garantien der Krankenbehandlung Versicherter nach dem Qualitätsgebot nur außerhalb der Regelversorgung der GKV bei einer Zusatzversorgung aus besonderen sachlichen Gründen vor. So eröffnet die Regelung der Erprobungsrichtlinien (vgl § 137e SGB V)des GBA den Versicherten - bei überschießender Nachfrage im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens der KKn (vgl näher unten, unter II. 2) - die Möglichkeit, trotz zur Verfügung stehender qualitätsgerechter Leistungen an der Anwendung nicht dem allgemeinen Erkenntnisstand entsprechender Methoden zulasten der GKV teilzunehmen, um innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potential zeitlich begrenzt zwecks Erkenntnisgewinns zum Nutzen der Gesamtheit der Versicherten und Beitragszahler unter strukturierten Bedingungen zu erproben (vgl Gesetzentwurf der BReg eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 Zu Nummer 56 <§ 137e>; Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Gewährleistungspflicht und der dementsprechende Sicherstellungsauftrag der KKn und Leistungserbringer erstreckt sich nicht - von Fällen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung und Seltenheitsfällen abgesehen - auf davon abweichende Erprobungssituationen. Die Folge ist, dass sich auf der Landkarte ein "Erprobungsflecken-Teppich" mit Regionen entwickelt, in denen Krankenhäuser an der Erprobung teilnehmen, und anderen Regionen, bei denen das nicht der Fall ist (vgl Hauck, GesR 2014, 257, 261). Die Ungleichbehandlung Versicherter, die sich aus der eingeschränkten Verfügbarkeit der Leistung ergeben kann, ist wegen des mit der Erprobung verknüpften wichtigen öffentlichen Zwecks und des nur vorübergehenden Ausnahmefalls aufgrund notwendiger Befristung der Erprobung verfassungsrechtlich gerechtfertigt.

22

Auch die Regelung der Genehmigungsfiktion (vgl § 13 Abs 3a SGB V und hierzu BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 36 und 37; BSG Urteile vom 26.9.2017 - B 1 KR 6/17 R und B 1 KR 8/17 R - beide Juris; BSG Urteil vom 7.11.2017 - B 1 KR 24/17 R - für BSGE und SozR vorgesehen) kann als durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln vermeidbare Sanktion in eng begrenzten Ausnahmefällen zu Abweichungen vom Qualitätsgebot führen. Eine Gewährleistungspflicht entsprechend jener für Leistungsansprüche Versicherter, die dem Qualitätsgebot genügen, ist hierfür ausgeschlossen: Der Gesetzgeber will durch die Androhung der Sanktion gerade verhindern, dass es zum Eintritt von Genehmigungsfiktionen kommt. Wiederum rechtfertigen der zugrunde liegende wichtige öffentliche Zweck und die Enge der hierzu erforderlichen, vermeidbaren Ausnahme die darin liegende Ungleichbehandlung Versicherter.

23

dd) Soweit die Gesetzesmaterialien zu einem von Vorstehendem abweichenden Ergebnis führen, vermag der erkennende Senat dem nicht zu folgen. Gesetzesmaterialien sind mit Vorsicht, nur unterstützend und insgesamt nur insofern heranzuziehen, als sie auf einen objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen und im Gesetzeswortlaut einen Niederschlag gefunden haben (stRspr, vgl zB BVerfGE 62, 1, 45 mwN). Daran fehlt es. Nach den Gesetzesmaterialien sollten "Methoden mit dem Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" im Rahmen der Krankenhausbehandlung zulasten der KKn erbracht werden können, insbesondere damit sie zur Versorgung typischerweise schwerer erkrankter Versicherter mit besonderem Bedarf nach innovativen Behandlungsalternativen zur Verfügung stünden (vgl Entwurf der BReg eines GKV-VSG, BR-Drucks 641/14 S 147 f Zu Nr 64 <§ 137c SGB V> Buchst b). Dies gewährleiste die Teilhabe der Versicherten am medizinischen Fortschritt auch außerhalb von Studien (Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit - 14. Ausschuss - zum Entwurf eines GKV-VSG, BT-Drucks 18/5123 S 135 Zu Nr 64 <§ 137c SGB V> Buchst b).

24

Besteht - wie hier - eine Diskrepanz, muss dem Gesetzeswortlaut, dem Regelungssystem und dem Regelungsziel der Vorrang zukommen (stRspr, vgl zB BVerfGE 62, 1, 45; BVerfGE 119, 96, 179; BSG SozR 4-2500 § 62 Nr 8 RdNr 20 f; Hauck/Wiegand, KrV 2016, 1, 4). Die Erweiterung der Regelversorgung der stationären Krankenhausbehandlung auf Methoden mit Potential ohne die im bisherigen System vorgesehenen Garantien, die ausdrücklich lediglich für Leistungen entsprechend dem Qualitätsgebot gelten, würden zudem den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG), das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit für Versicherte verletzen (vgl dazu oben, unter II. 1. a. cc).

25

b) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hat die Klägerin keinen Anspruch auf Versorgung mit unter stationären Bedingungen durchzuführenden Liposuktionen bei Lipödem als Regelleistung. Die begehrte Maßnahme entspricht nicht den Anforderungen des Qualitätsgebots. Die Anforderungen des Qualitätsgebots werden gewahrt, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr, vgl zB BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 10).

26

Die von der Klägerin beantragten stationären Liposuktionen erfüllen diese Voraussetzungen nach den den Senat bindenden (vgl § 163 SGG) Feststellungen des LSG nicht. Den LSG-Feststellungen aufgrund des Gutachtens "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen" der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 6.10.2011 nebst Gutachtensaktualisierung (15.1.2015; abrufbar unter www.mds-ev.de/richtlinien-publikationen/gutachten-nutzenbewertungen.html dort Gutachten Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen) entspricht im Übrigen die Beurteilung des GBA in den "Tragenden Gründen zum Beschluss des GBA über eine Änderung der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung: Liposuktion bei Lipödem vom 20.7.2017" (abrufbar unter www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3013/; zur Möglichkeit, Erkenntnisse auf Beschlüsse des GBA zu stützen: BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6, RdNr 50). Es geht nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG auch nicht um Ausnahmen vom Qualitätsgebot im Sinne eines Seltenheitsfalls.

27

2. Ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Liposuktion kann sich jedoch ergeben aus einem Anspruch auf Teilnahme der Klägerin an dem Erprobungsverfahren nach der am 10.4.2018 in Kraft getretenen Erp-RL Liposuktion (Richtlinie des GBA zur Erprobung der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems vom 18.1.2018, BAnz AT 9.4.2018 B1), ggf in Gestalt eines Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung beim Auswahlverfahren. Der erkennende Senat hat bei der Entscheidung über den zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgten Leistungsanspruch die durch Erlass der Erp-RL Liposuktion während des Revisionsverfahrens eingetretene Rechtsänderung zu berücksichtigen (stRspr, vgl zB BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr 4 S 17 f; BSGE 73, 25, 27 = SozR 3-2500 § 116 Nr 4 S 26; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand August 2017, § 162 Anm 10b und § 163 Anm 4f mwN).

28

Ob die Klägerin Anspruch auf Teilnahme am Erprobungsverfahren hat, weil sie die Voraussetzungen der Erp-RL Liposuktion für die Teilnahme an der Erprobung erfüllt, kann der Senat nicht abschließend entscheiden (hierzu a). Die Erp-RL Liposuktion entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 137c Abs 1 S 3 und des § 137e SGB V(hierzu b). Die Erp-RL Liposuktion und ihre gesetzliche Grundlage sind verfassungsgemäß (hierzu c).

29

a) Die Erprobung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 und/oder § 137c SGB V zur Gewinnung der notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode vermittelt Versicherten der GKV einen gegen ihre KK gerichteten Anspruch auf Teilnahme an der Erprobung, soweit sie die in der Richtlinie nach § 137e Abs 1 S 1 SGB V geregelten Anforderungen erfüllen(vgl § 137e Abs 1 S 2 SGB V und hierzu Hauck, GesR 2014, 257, 263 mwN). Bei der Auswahl der Teilnehmer ist dem Grundsatz der Rechtsanwendungsgleichheit Rechnung zu tragen.

30

Der erkennende Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Klägerin zumindest Anspruch auf Teilhabe an einer Versorgung mit stationärer Liposuktion hat, weil sie die Anforderungen der Erp-RL Liposuktion für eine stationäre Behandlung erfüllt und einen Behandlungsplatz in einem Krankenhaus erhalten kann, das nach den Kriterien der Erprobung verfährt. Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - schon keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Klägerin, soweit ihr eine Liposuktion zu gewähren ist, hierfür stationärer Behandlung bedarf. Das LSG wird dies festzustellen haben. Zusätzlich wird es festzustellen haben, dass die Klägerin die Einschlusskriterien der Erp-RL Liposuktion erfüllt und die Ausschlusskriterien der Erp-RL Liposuktion nicht erfüllt sowie, falls diese Voraussetzungen erfüllt sind, inwieweit sie einen Behandlungsplatz in einem die institutionellen Anforderungen erfüllenden Krankenhaus erhalten kann. Die Anforderungen der Erp-RL Liposuktion bedürfen zudem teilweise noch der Operationalisierung durch die beauftragte unabhängige wissenschaftliche Institution.

31

Zielsetzung der Erp-RL Liposuktion ist es, den GBA in die Lage zu versetzen, eine abschließende Bewertung des Nutzens der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems durchzuführen, indem im Wege der Erprobung die hierfür nach den §§ 135 Abs 1, 137c Abs 1 SGB V iVm den Vorgaben der Verfahrensordnung des GBA (VerfO) notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode gewonnen werden(vgl § 1 S 1 Erp-RL Liposuktion). Die Erprobung soll der Beantwortung der Frage dienen, ob bei Patientinnen mit Lipödem die zusätzliche Liposuktion gegenüber einer alleinigen konservativen, symptomorientierten Behandlung insbesondere unter Einsatz der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) zu einer Verbesserung patientenrelevanter Zielgrößen führt (vgl § 2 Erp-RL Liposuktion). Die Ein- und Ausschlusskriterien normiert § 3 Erp-RL Liposuktion. In die Erprobungsstudie sollen Patientinnen eingeschlossen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mit gesichertem Lipödem der Beine im Stadium I, II oder III, die auch unter konservativer Behandlung keine ausreichende Linderung ihrer Beschwerden angeben (§ 3 Abs 1 Erp-RL Liposuktion). Ausschlussgründe sind eine allgemeine Adipositas ohne Disproportion, wobei Grenzwerte oder andere Maße zur Operationalisierung durch die unabhängige wissenschaftliche Institution festzulegen sind, andere ödemverursachende Erkrankungen, Fettverteilungsstörungen anderer Genese sowie eine Ablehnung der konservativen Therapie (§ 3 Abs 2 Erp-RL Liposuktion). Nach den tragenden Gründen zu § 3 Abs 2 Erp-RL Liposuktion kann Adipositas "den Verlauf und das Beschwerdebild beim Lipödem verschlechtern. Bei den Studienpatientinnen soll eine allgemeine Adipositas ausgeschlossen werden. Maßgeblich ist hierbei vorrangig das Fehlen des Kriteriums 'Disproportion'. Im Rahmen der Erstellung des Studienprotokolls soll durch die unabhängige wissenschaftliche Institution operationalisiert werden, durch welche Kriterien die allgemeine Adipositas von der Disproportion des Lipödems abgegrenzt werden kann. Hierbei sollen auch medizinisch begründete Grenzwerte für die Operabilität festgelegt werden." Dieses Vorgehen entspricht den Stellungnahmen von Spitzenverband Bund der KKn, Kassenärztlichen Bundesvereinigung, DKG und Patientenvertretung im Stellungnahmeverfahren vor der Entscheidung des GBA (vgl dort, S 66 f). Die weiteren Ein- und Ausschlusskriterien (zB Alter, Komorbiditäten, Vorerkrankungen) sind so festzulegen, dass eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Zielpopulation ermöglicht wird (§ 3 Abs 3 Erp-RL Liposuktion). Die Konkretisierung erfolgt durch die mit der Durchführung der Erprobungsstudie zu beauftragende unabhängige wissenschaftliche Institution. Denn die Studie, die erforderlich ist, um notwendige Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode der Liposuktion zu gewinnen, soll durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution nach Maßgabe der Erp-RL Liposuktion entworfen, durchgeführt und ausgewertet werden. Die Ausgestaltung des Studiendesigns ist - soweit nicht in der Erp-RL Liposuktion näher bestimmt - von der unabhängigen wissenschaftlichen Institution auf der Basis des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzunehmen und zu begründen (vgl § 1 S 2 und 3 Erp-RL Liposuktion).

32

Soweit die Klägerin alle vorgenannten Voraussetzungen nach den vom LSG zu treffenden Feststellungen erfüllt, wird das LSG festzustellen haben, inwieweit die Klägerin einen Behandlungsplatz in einem Krankenhaus erhalten kann, das nach den Kriterien der Erprobung verfährt. Einzubeziehen sind neben den an der Erprobung teilnehmenden die nicht an der Erprobung teilnehmenden Krankenhäuser, die hierzu bereit sind, hierfür zumindest die Intervention entsprechend § 4 Abs 1 und Abs 2 Erp-RL Liposuktion durchführen, den sächlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität gemäß § 7 Erp-RL Liposuktion einschließlich der Konkretisierungen durch die unabhängige wissenschaftliche Institution(vgl § 7 Abs 1 S 5 und Abs 4 Erp-RL Liposuktion)genügen sowie die Kriterien zur Qualitätssicherung für nicht an der Erprobung teilnehmende Krankenhäuser erfüllen (vgl § 137e Abs 2 S 3 SGB V). Über deren Regelung entscheidet der GBA im Rahmen der Umsetzung der Erprobung (vgl tragende Gründe zum GBA-Beschluss vom 20.7.2017 S 8).

33

Sind mehr Interessenten als Behandlungsplätze vorhanden, ist der Anspruch der Versicherten auf Teilnahme an der Erprobung entsprechend dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) auf ermessensfehlerfreie Berücksichtigung bei der Auswahlentscheidung gerichtet. Der Anspruch der einzelnen Versicherten richtet sich gegen ihre jeweilige KK. Bei der verfahrensmäßigen Umsetzung dieses Anspruchs steht der Selbstverwaltung ein Gestaltungsspielraum zu, der etwa durch Organisation der Verteilung der interessierten Versicherten auf die teilnehmenden Leistungserbringer mit Unterstützung des Spitzenverbandes Bund der KKn ausgefüllt werden kann (vgl § 217 f Abs 2 S 1 SGB V). Voraussetzung einer ermessensfehlerfreien Auswahlentscheidung ist hierbei, dass alle interessierten Versicherten - vermittelt durch ihre jeweilige KK - gleichberechtigten Zugang zum Auswahlverfahren haben. Das LSG wird ggf auch die hierzu gebotenen Feststellungen zu treffen haben.

34

b) Es steht mit Gesetzesrecht in Einklang, dass der GBA das sektorenübergreifende Bewertungsverfahren Liposuktion bei Lipödem ausgesetzt und die genannten Regelungen der Erp-RL Liposuktion erlassen hat. Die Beschlüsse des GBA (vom 20.7.2017 und vom 18.1.2018, aaO) entsprechen den in § 137c Abs 1 S 3 SGB V(zum Wortlaut vgl oben) und § 137e SGB V geregelten gesetzlichen Anforderungen. Aufgrund der Richtlinie wird die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum ua im Rahmen der Krankenbehandlung zulasten der KKn erbracht (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V).

35

Die gerichtliche Überprüfung der Aussetzungsbeschlüsse und der Erp-RL Liposuktion hat zu beachten, dass Richtlinien des GBA nach der Gesetzeskonzeption (§§ 91, 92, 94 SGB V) entsprechend der Rspr des BSG untergesetzliche Rechtsnormen sind, die alle Systembeteiligten binden (§ 91 Abs 6 SGB V idF des Art 2 Nr 14 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 23 mwN). Als unterhalb des Gesetzesrechts stehende normative Regelungen unterliegen sie der formellen und inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen selbst als untergesetzliche Normen erlassen hätte. Zusätzlich ist besonderes Augenmerk auf die Normdichte der gesetzlichen Ermächtigung in Relation zur Eingriffstiefe zu richten, um verfassungsrechtlich die hinreichende Legitimation des GBA zu überprüfen (vgl dazu unten, unter II. 2. c; zum Ganzen vgl BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 23 mwN). Bei der Auslegung der gesetzlichen Rechtsbegriffe und bei der Einhaltung des gesetzlich vorgegebenen Verfahrens, einschließlich der Vollständigkeit der zu berücksichtigenden Studienlage, unterliegt der GBA der vollen gerichtlichen Überprüfung (stRspr, vgl zB BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 27; BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 15; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 24). Erst über die weitere Konkretisierung des Gesetzes entscheidet der GBA als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 25; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 38; ähnlich BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 67 - Therapiehinweise). Dem GBA steht dementsprechend erst bei der Bewertung des Nutzens einer Methode nach den internationalen Standards evidenzbasierter Medizin und des Potentials einer erforderlichen Behandlungsalternative ein pflichtgemäßer - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer - Ermessensspielraum zu (vgl hierzu etwa Hauck, GesR 2014, 257, 261 f mwN). Nach diesem Maßstab hat der GBA über die Aussetzung der Bewertungsverfahren und den Erlass der Erp-RL Liposuktion gesetzeskonform entschieden.

36

aa) Der GBA hat bei der Aussetzung des Bewertungsverfahrens und bei Erlass der Erp-RL Liposuktion die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der Betroffenenpartizipation umfassend durch Gesetz und VerfO des GBA ausgestalteten und abgesicherten Beteiligtenrechte gewahrt. Diese stellen sicher, dass alle sachnahen Betroffenen selbst oder durch Repräsentanten auch über eine unmittelbare Betroffenheit in eigenen Rechten hinaus Gelegenheit zur Stellungnahme haben, wenn ihnen nicht nur marginale Bedeutung zukommt (vgl BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 26; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 34; Hauck, NZS 2010, 600, 604). Die tragenden Gründe der Beschlüsse des GBA vom 20.7.2017 und vom 18.1.2018 und die zusammenfassenden Dokumentationen belegen das formal korrekte Vorgehen des GBA. Insbesondere erfolgte die Einleitung des Beratungsverfahrens zur Erp-RL Liposuktion nach § 137e SGB V auf der Grundlage eines laufenden Bewertungsverfahrens nach § 135 Abs 1 und § 137c Abs 1 S 1 SGB V(Beschlüsse des GBA vom 20.7.2017, BAnz AT 17.10.2017 B3 und B4). Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Danach kann der GBA unter Aussetzung seines Bewertungsverfahrens eine Richtlinie zur Erprobung beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen, wenn er bei der Prüfung ua von Behandlungsmethoden nach § 137c SGB V zu der Feststellung gelangt, dass eine Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist(§ 137e Abs 1 S 1 SGB V).

37

Die Patientenvertretung war durch die Antragstellung für die Bewertungsverfahren nach § 140f Abs 2 S 5 SGB V, die Mitberatung nach § 140f Abs 2 S 1 und 2 SGB V und die Berücksichtigung von ihrer Position ordnungsgemäß eingebunden(vgl B-2.2.2, B-4.1, B-6.2, B-7.3.2, B-9.2, C-3.2, D-5.2, D-6 und E-2 der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V sowie A-1.2.10 und B-5 der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach § 137e SGB V). Die nach § 91 Abs 5, § 91 Abs 5a, § 92 Abs 7d SGB V, 1. Kap §§ 8 bis 14 VerfO vorgesehenen Stellungnahme- und Anhörungsverfahren wurden ordnungsgemäß durchgeführt(vgl D der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V sowie B der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach § 137e SGB V nebst Anlagen).

38

bb) Der GBA hat als Grundlage seiner Entscheidung die Studienlage vollständig berücksichtigt. Er hat sich auf die relevanten und verfügbaren Fachveröffentlichungen und zwei (im Wesentlichen deckungsgleiche) Leitlinien, insbesondere die S1-Leitlinie 037/012: Lipödem der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-012l_S1_Lipoedem_2016-01.pdf), gestützt (A-1.2.2.1, A-2.2.2.1 und B-3 der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V). Er hat ein Expertengespräch durchgeführt (B-5 der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V) und - wie dargelegt - die eingegangenen schriftlichen und im Rahmen der durchgeführten Anhörungen abgegebenen mündlichen Stellungnahmen berücksichtigt (vgl oben unter 2. b. aa).

39

cc) Der GBA ist rechtmäßig gesetzeskonform davon ausgegangen, dass die Liposuktion bei Lipödem eine Methode ist (1.), deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist (2.), die aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (3.), welches die Festlegung der Eckpunkte der noch erforderlichen Studie gestattet (4.) und welches sich vertretbar aus der Studienlage und den weiteren verfahrensmäßig korrekt gewonnenen Erkenntnissen ableiten lässt (5.).

40

(1.) "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (stRspr, vgl zB BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 29 RdNr 16 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dazu zählt auch die Liposuktion bei Lipödem. Sie ist ein operativer Eingriff, bei dem Teile des Unterhautfettgewebes mit Hilfe von Kanülen abgesaugt werden (Tragende Gründe zur Erp-RL Liposuktion S 3).

41

(2.) Der GBA geht rechtmäßig davon aus, dass der Nutzen einer stationären Methode hinreichend belegt ist, wenn sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich ist (vgl § 137c Abs 1 S 1 SGB V). Hierzu überprüft er den Nutzen einer Methode bezüglich therapeutischer Leistungen - hier Liposuktion bei Lipödem - insbesondere auf der Basis von Unterlagen zum Nachweis der Wirksamkeit bei den beanspruchten Indikationen, zur Abwägung des Nutzens gegen die Risiken, zur Bewertung der erwünschten und unerwünschten Folgen (outcomes) und zum Nutzen im Vergleich zu anderen Methoden gleicher Zielsetzung (vgl VerfO 2. Kap § 10 Abs 2 Nr 1 Buchst a, c bis e gemäß § 91 Abs 4 S 1 Nr 1 SGB V). Das entspricht den Anforderungen der Rspr des BSG (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 9 RdNr 13 ff mwN).

42

Auch die Gesamtbewertung des Nutzens im Versorgungskontext durch den GBA steht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. Danach ist der Nutzen einer Methode durch qualitativ angemessene Unterlagen zu belegen. Dies sollen, soweit möglich, Unterlagen der Evidenzstufe I mit patientenbezogenen Endpunkten (zB Mortalität, Morbidität, Lebensqualität) sein. Soweit qualitativ angemessene Unterlagen dieser Aussagekraft nicht vorliegen, erfolgt die Nutzen-Schaden-Abwägung einer Methode aufgrund qualitativ angemessener Unterlagen niedrigerer Evidenzstufen. Die Anerkennung des medizinischen Nutzens einer Methode auf Grundlage von Unterlagen einer niedrigeren Evidenzstufe bedarf jedoch - auch unter Berücksichtigung der jeweiligen medizinischen Notwendigkeit - zum Schutz der Patientinnen und Patienten umso mehr einer Begründung, je weiter von der Evidenzstufe I abgewichen wird. Dafür ist der potentielle Nutzen einer Methode, insbesondere gegen die Risiken der Anwendung bei Patientinnen oder Patienten abzuwägen, die mit einem Wirksamkeitsnachweis geringerer Aussagekraft einhergehen (vgl VerfO 2. Kap § 13 Abs 2; zur Klassifizierung und Bewertung von Unterlagen vgl VerfO 2. Kap § 11 Abs 3, 5 bis 7). Die Auswertung der Unterlagen besteht aus einer Evidenzklassifizierung und einer Qualitätsbewertung (vgl VerfO 2. Kap § 11 Abs 1). Bei der Klassifizierung der Unterlagen zu therapeutischen Methoden gelten folgende Evidenzstufen: I a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe I b; I b Randomisierte klinische Studien; II a Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe II b; II b Prospektive vergleichende Kohortenstudien; III Retrospektive vergleichende Studien; IV Fallserien und andere nicht vergleichende Studien; V Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, uä; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Expertinnen und Experten, Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen (vgl VerfO 2. Kap § 11 Abs 3). Auch dies entspricht der Rspr des BSG (vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 14 ff mwN).

43

Nach diesen Maßstäben sieht der GBA gesetzeskonform die Voraussetzungen eines hinreichenden Nutzenbelegs gemäß VerfO für die Liposuktion bei Lipödem als nicht erfüllt an. Die wenigen gefundenen Studien entsprechen nach vertretbarer Einschätzung des GBA der Evidenzklasse IV (vgl VerfO 2. Kap § 11 Abs 3). Der GBA bewertet vertretbar die darin beschriebenen Ergebnisse in ihrer Ergebnissicherheit als nicht ausreichend, um daraus bereits einen Nutzen ableiten zu können. Er sieht für die Bewertung des Nutzens vielmehr Ergebnisse aus einer randomisierten kontrollierten Studie als erforderlich und die Durchführung einer solchen Studie als möglich an (Tragende Gründe zur Erp-RL Liposuktion S 3). Die Beschlüsse des GBA, das sektorenübergreifende Bewertungsverfahren zur Liposuktion bei Lipödem auszusetzen (vgl VerfO 2. Kap § 14 Abs 2), knüpfen gesetzeskonform hieran an.

44

(3.) Der GBA hat auch den Begriff des "Potentials einer erforderlichen Behandlungsalternative" gesetzeskonform angewandt. Der GBA versteht den Begriff des Potentials dahingehend, dass der Nutzen der Methode mangels aussagekräftiger wissenschaftlicher Unterlagen weder eindeutig belegt noch deren Schädlichkeit oder Unwirksamkeit festgestellt werden kann, die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse aber mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreich einsetzbare Methoden ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann. Es genügt, dass die gefundenen Publikationen die Konzeption einer entsprechenden Studie erlauben, die ein randomisiertes, kontrolliertes Design aufweisen muss, um die bestehende Evidenzlücke zu füllen (vgl VerfO 2. Kap § 14 Abs 3 und 4; vgl auch B-8 der zusammenfassenden Dokumentation zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V). Dieses Verständnis entspricht Wortlaut (vgl oben, RdNr 16, 31), Zweck und Regelungskonzeption des § 137c Abs 1 S 3 und § 137e SGB V. Danach soll ua eine Behandlungsmethode, deren Nutzen nach den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin noch nicht ausreichend belegt ist, dann in einem strukturierten Verfahren durch eine Studie erprobt werden, wenn aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse zu erwarten ist, dass die bestehende Evidenzlücke durch diese Studie in einem begrenzten Zeitraum geschlossen werden kann (vgl Gesetzentwurf der BReg eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 87 f; Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 5. Aufl 2017, § 137e RdNr 3; Deister, NZS 2016, 328, 331; Hauck, GesR 2014, 257, 261 f; Jung in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 1, Stand November 2017, § 137e SGB V RdNr 6; Roters in KassKomm Stand 1.12.2017, § 137e RdNr 3; Stallberg, NZS 2017, 332, 336; Roters/Propp, MPR 2013, 37, 40).

45

(4.) Auch das vom GBA gewählte zweiphasige Verfahren, Eckpunkte in der Erp-RL Liposuktion zu regeln und der unabhängigen wissenschaftlichen Institution im Rahmen der Operationalisierung und Konkretisierung die nähere technische Ausgestaltung des Studiendesigns und -protokolls zu überlassen (vgl oben, § 3 Abs 2 und Abs 3 sowie § 7 Abs 1 S 5 sowie Abs 4 Erp-RL Liposuktion), begegnet noch keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der GBA hat in den §§ 2 bis 6 Erp-RL Liposuktion die wesentlichen Eckpunkte für die Durchführung der Erprobung(vgl VerfO 2. Kap § 22 Abs 2) geregelt, nämlich insbesondere die Indikation, die erfassten Patientenpopulationen, die ins Auge gefassten Interventionen und Vergleichsinterventionen, die Evidenzstufe der Studie, die patientenrelevanten Endpunkte und den Beobachtungszeitraum. Die der unabhängigen wissenschaftlichen Institution eingeräumten Spielräume sind unter Berücksichtigung der zur Vorbereitung der Erp-RL Liposuktion eingegangenen Stellungnahmen und der tragenden Gründe der Erp-RL Liposuktion gering und eher technischer Natur. Der GBA hält sich damit noch an die Vorgaben seiner VerfO (vgl VerfO 2. Kap § 22 Abs 1 und 2). Er beauftragt eine unabhängige wissenschaftliche Institution mit der näheren Ausgestaltung des Studiendesigns sowie dem Entwurf, der Durchführung und der Auswertung der Erprobungsstudie (§ 1 S 2 und S 3 Erp-RL Liposuktion). Die Regelung beachtet noch den gesetzlichen Rahmen. Danach regelt der GBA in der Erp-RL Liposuktion die in die Erprobung einbezogenen Indikationen und die sächlichen, personellen und sonstigen Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung im Rahmen der Erprobung. Er legt zudem Anforderungen an die Durchführung, die wissenschaftliche Begleitung und die Auswertung der Erprobung fest (vgl § 137e Abs 2 S 1 und 2 SGB V). Für die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung der Erprobung beauftragt der GBA eine unabhängige wissenschaftliche Institution (§ 137e Abs 5 S 1 SGB V). Die vom GBA gewählte Ausgestaltung entspricht auch dem Regelungsziel des § 137e Abs 5 SGB V, auf der Grundlage ausreichend konkreter Vorgaben zum Studienziel sowie zu den Eckpunkten für die Durchführung der Studie externen Sachverstand einzubinden. Auf einer solchen Grundlage darf der GBA die nähere Ausgestaltung des Studiendesigns der beauftragten unabhängigen wissenschaftlichen Institution überlassen.

46

(5.) Der GBA ist vertretbar zu dem Ergebnis gelangt, die Liposuktion bei Lipödem biete das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative, welche die konkrete Ausgestaltung der Erp-RL Liposuktion rechtfertige. Die zusammenfassenden Dokumentationen zum Beratungsverfahren nach §§ 135 Abs 1, 137c SGB V und zum Beratungsverfahren nach § 137e SGB V belegen, dass er die Studienlage sowie die Ergebnisse der Expertenbefragung und des Stellungnahme- und Anhörungsverfahrens und die Position der Patientenvertretung ausführlich ausgewertet und daraus die vertretbaren Schlussfolgerungen sowohl hinsichtlich des Potentials als auch der Planbarkeit einer Erprobungsstudie und ihrer Ausgestaltung gezogen hat.

47

c) Die Erp-RL Liposuktion, ihre gesetzliche Grundlage und die Rechtsanwendung stehen auch mit Verfassungsrecht in Einklang. Es ist verfassungsrechtlich zulässig, dass der Gesetzgeber den GBA in § 137c Abs 1 S 3 iVm § 137e SGB V konkret ermächtigt, Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erlassen, die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten. Der GBA verfügt hierdurch über eine hinreichende demokratische Legitimation (vgl zu den Voraussetzungen BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 22; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 43 mwN).

48

Im hier einschlägigen Bereich der funktionalen Selbstverwaltung fordert das demokratische Prinzip nicht, dass eine lückenlose personelle Legitimationskette vom Volk zum Entscheidungsträger vorliegen muss. Es ist vielmehr bei hinreichend normdichter gesetzlicher Ausgestaltung ausreichend, dass Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind, ihre Wahrnehmung der Aufsicht personell legitimierter Amtswalter unterliegt (vgl BVerfGE 107, 59, 94; 111, 191, 217 f; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 44 mwN)und die Wahrung der Interessen der Betroffenen rechtssicher gewährleistet ist (BVerfGE 111, 191, 217; BSGE, aaO). Der GBA droht die Grenzen hinreichender demokratischer Legitimation für eine Richtlinie zu überschreiten, wenn er mit hoher Intensität Angelegenheiten Dritter regelt, die an deren Entstehung nicht haben mitwirken können. Maßgeblich ist hierfür insbesondere, inwieweit der GBA für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet ist (vgl BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 22; BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 43 f mwN). Diesen Anforderungen wird die Ermächtigung des GBA gerecht, Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erlassen. Seine Aufgaben und Handlungsbefugnisse sind in Relation zur Eingriffsintensität durch hinreichend normdichte gesetzliche Regelungen ausreichend vorherbestimmt (hierzu aa und bb). Er unterliegt der Aufsicht durch personell legitimierte Amtswalter und die Wahrung der Interessen der Betroffenen ist rechtssicher gewährleistet (hierzu cc und dd).

49

aa) Der GBA ist verfassungskonform kraft Gesetzes zur Konkretisierung des sich aus § 137c Abs 1 S 2, § 137e SGB V ergebenden Regelungsprogramms ermächtigt, außenwirksame Normen im Range untergesetzlichen Rechts in Gestalt von Erp-RL Liposuktion zu erlassen(vgl § 137c Abs 1 S 2, § 137e Abs 1 S 1 SGB V, zur Gesetzeskonzeption vgl bereits oben, II. 2. b.). Die vorgeschriebene Handlungsform ist gesetzlich präzise ausgeformt und genügt rechtsstaatlichen Anforderungen. Das Verfahren zum Erlass der Richtlinien ist transparent, die Publizität gesichert und die Reichweite der Bindungswirkung gegenüber den Systembeteiligten gesetzlich festgelegt (vgl § 91 Abs 6 SGB V). Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlich ausgestalteten Handlungsform des GBA steht für die Erp-RL Liposuktion schon entgegen, dass die Handlungsform der Normsetzung durch eine Allgemeinverfügung nach § 31 S 2 SGB X als eine andere verfassungskonforme spezifische Form der Normanwendung nach dem hinreichend dichten Normprogramm wirkungsgleich substituiert werden könnte, wäre nicht die Entscheidung durch untergesetzliche Rechtsnorm vom Gesetz vorgegeben(vgl entsprechend BSGE 120, 170 = SozR 4-2500 § 34 Nr 18, RdNr 46 mwN).

50

bb) Der GBA ist auch inhaltlich hinreichend normdicht für seine zu treffenden Entscheidungen gesetzlich angeleitet, unter welchen Voraussetzungen mit welchem Zweck (§ 137e Abs 1 S 1 SGB V), welchen Folgen (§ 137e Abs 1 S 2 SGB V)und welchem Inhalt (§ 137e Abs 2 SGB V)er Richtlinien zur Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erlassen darf (vgl § 137c Abs 1 S 3 iVm § 137e SGB V). Wie oben dargelegt, knüpft die Regelung daran an, dass die Überprüfung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode durch den GBA ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Dann beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V(§ 137c Abs 1 S 3 SGB V), um die notwendigen Erkenntnisse für die Bewertung des Nutzens der Methode zu gewinnen (§ 137e Abs 1 S 1 SGB V). Hierzu beauftragt der GBA eine unabhängige wissenschaftliche Institution mit der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung (vgl § 137e Abs 5 SGB V).

51

Die Begriffe des "Nutzens einer Methode" und ihres "hinreichenden" Belegt-Seins sind jedenfalls durch die Rspr des BSG (vgl oben, RdNr 41 ff) so präzisiert, dass dem GBA kein nennenswerter Auslegungsspielraum verbleibt. Auch bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse zur Operationalisierung der genannten Rechtsbegriffe unterliegt der GBA weitgehender gerichtlicher Kontrolle: So überprüft das Gericht bei entsprechendem Anlass auch die Vollständigkeit der vom GBA zu berücksichtigenden Studienlage (vgl zB BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 15)und - so diese Voraussetzung erfüllt ist - die Vertretbarkeit seiner Schlussfolgerung (vgl auch BSGE 114, 217 = SozR 4-2500 § 35 Nr 7, RdNr 28).

52

Der Gesetzgeber wählte die Ausgestaltung der Erp-RL Liposuktion durch den GBA, um die Qualität der Erprobung zu sichern, durch eine befristete Ausnahme vom Qualitätsgebot hinreichende Erkenntnisse für die Versorgungsqualität zu erzielen und eine Gleichbehandlung der Versicherten zu erreichen. Dies gewährleistet, dass die betroffenen Methoden mit Potential aber noch unzureichendem Nutzenbeleg in einem strukturierten Verfahren auf ihren therapeutischen Nutzen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse sachverständig geprüft werden, um die Entscheidung über die Bewertung der Methode und ihren dauerhaften Einsatz zulasten der GKV auf eine fachlich-medizinisch zuverlässige Grundlage zu stellen. Ein solches Vorgehen darf dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein (vgl entsprechend BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5 RdNr 28; BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 § 34 Nr 4, RdNr 19).

53

Die Bedeutung und Reichweite der Erp-RL Liposuktion ist von vornherein dadurch gesetzlich begrenzt, dass die Erp-RL Liposuktion nur befristet wirkt (vgl § 137e Abs 1 S 2 SGB V). Ihre Eingriffsintensität ist insgesamt gering. Betroffen von Änderungen des Leistungsrechts sind in erster Linie Versicherte, zudem Ärzte in ihrer ärztlichen Therapiefreiheit (vgl zur Bedeutung als dienende Freiheit Hauck, SGb 2014, 8 f mwN). Die Erp-RL Liposuktion stellt auf Kosten der GKV ein Verfahren zur Verfügung, um den bisher nicht gesicherten Nutzen von Untersuchungs- und/oder Behandlungsmethoden nachzuweisen. Versicherte erhalten hierdurch vorübergehend die Chance auf zusätzliche Leistungen über die am Qualitätsgebot ausgerichtete Regelversorgung hinaus. Dementsprechend weitet sich das Feld aus, in dem Ärzte zulasten der GKV therapieren können. Die grundsätzliche Ausrichtung der Regelversorgung Versicherter am Qualitätsgebot bildet die eigentliche Einschränkung, die ihrerseits aber unter Berücksichtigung ihrer Begrenzung durch die Möglichkeit grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts verfassungskonform ist (stRspr, vgl zB BVerfGE 140, 229 = SozR 4-2500 § 92 Nr 18, RdNr 12; BVerfGE 115, 25, 46 f = SozR 4-2500 § 27 Nr 5, RdNr 59). Einer Ungleichbehandlung Versicherter, die sich aus der eingeschränkten Verfügbarkeit der Leistung und dem Fehlen von Garantien ergeben kann, wirkt der Anspruch Versicherter auf gleichgerechte Teilhabe an Erprobungsleistungen entgegen. Verbleibende Ungleichheit ist wegen des mit der Erprobung verknüpften wichtigen öffentlichen Zwecks und des nur vorübergehenden Ausnahmefalls aufgrund notwendiger Befristung der Erprobung verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl hierzu oben II. 2. a.).

54

cc) Der GBA unterliegt bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben und Handlungsbefugnisse - hier speziell beim Erlass der Erp-RL Liposuktion nach § 137c Abs 1 S 2, § 137e Abs 1 S 1 SGB V - der Aufsicht personell demokratisch legitimierter Amtswalter. Das SGB V regelt in § 91a Abs 1 S 1 und 2, § 94 Abs 1 im Zusammenspiel mit dem SGB IV(§ 91a Abs 1 S 2 SGB V iVm §§ 87 bis 89 SGB IV) detailliert und umfassend die staatliche Aufsicht über den GBA speziell beim Erlass von Richtlinien. Danach sind die vom GBA beschlossenen Richtlinien dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorzulegen. Es kann sie innerhalb von zwei Monaten beanstanden. Das BMG kann im Rahmen der Richtlinienprüfung vom GBA zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern; bis zum Eingang der Auskünfte ist der Lauf der Zweimonatsfrist für eine Beanstandung unterbrochen. Die Nichtbeanstandung einer Richtlinie kann vom BMG mit Auflagen verbunden werden; es kann zur Erfüllung einer Auflage eine angemessene Frist setzen. Kommen die für die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Beschlüsse des GBA nicht oder nicht innerhalb einer vom BMG gesetzten Frist zustande oder werden die Beanstandungen des BMG nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist behoben, erlässt es die Richtlinien selbst.

55

§ 94 Abs 1 SGB V ermöglicht damit eine präventive aufsichtsrechtliche Kontrolle, bevor die Richtlinien des GBA im Bundesanzeiger publiziert und damit grundsätzlich wirksam werden. Die aufsichtsrechtlichen Befugnisse des BMG sind auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Das entspricht dem Grundsatz, dass die Staatsaufsicht gegenüber Selbstverwaltungsträgern prinzipiell auf eine Rechtsaufsicht begrenzt und für eine weiterreichende Zweckmäßigkeitskontrolle nur Raum ist, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet hat (vgl hierzu BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9, RdNr 40 mwN). Die danach gebotene reine Rechtmäßigkeitskontrolle führt beim Prüfmaßstab zum Gleichlauf mit der gerichtlichen Kontrolle. Die Kontrolle ist - wie oben dargelegt (vgl II. 2. b.) - in der Prüfdichte nur dort eingeschränkt, wo dem GBA ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

56

dd) Die verfassungsrechtlich erforderliche Beteiligtenpartizipation wird durch das Stellungnahme- und Anhörungsverfahren nach § 91 Abs 5 und 5a SGB V und § 92 Abs 7d SGB V sowie die Einbindung der Patientenvertretung über die Antragstellung nach § 140f Abs 2 S 5 SGB V und die Mitberatung nach § 140f Abs 2 S 1 und 2 SGB V gewahrt.

57

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über

1.
die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2.
die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und
3.
die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss überprüft die zu Lasten der Krankenkassen erbrachten vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Leistungen daraufhin, ob sie den Kriterien nach Satz 1 Nr. 1 entsprechen. Falls die Überprüfung ergibt, daß diese Kriterien nicht erfüllt werden, dürfen die Leistungen nicht mehr als vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden. Die Beschlussfassung über die Annahme eines Antrags nach Satz 1 muss spätestens drei Monate nach Antragseingang erfolgen. Das sich anschließende Methodenbewertungsverfahren ist innerhalb von zwei Jahren abzuschließen. Bestehen nach dem Beratungsverlauf im Gemeinsamen Bundesausschuss ein halbes Jahr vor Fristablauf konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine fristgerechte Beschlussfassung nicht zustande kommt, haben die unparteiischen Mitglieder gemeinsam einen eigenen Beschlussvorschlag für eine fristgerechte Entscheidung vorzulegen; die Geschäftsführung ist mit der Vorbereitung des Beschlussvorschlags zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Regelungen zu den notwendigen Anforderungen nach Satz 1 Nummer 2 und 3 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode die Kriterien nach Satz 1 Nummer 1 erfüllt. Der Beschlussvorschlag der unparteiischen Mitglieder muss Vorgaben für einen Beschluss einer Richtlinie nach § 137e Absatz 1 und 2 enthalten, wenn die unparteiischen Mitglieder vorschlagen, dass die Methode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, ihr Nutzen aber noch nicht hinreichend belegt ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat innerhalb der in Satz 5 genannten Frist über den Vorschlag der unparteiischen Mitglieder zu entscheiden.

(1a) Für ein Methodenbewertungsverfahren, für das der Antrag nach Absatz 1 Satz 1 vor dem 31. Dezember 2018 angenommen wurde, gilt Absatz 1 mit der Maßgabe, dass das Methodenbewertungsverfahren abweichend von Absatz 1 Satz 5 erst bis zum 31. Dezember 2020 abzuschließen ist.

(2) Für ärztliche und zahnärztliche Leistungen, welche wegen der Anforderungen an ihre Ausführung oder wegen der Neuheit des Verfahrens besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis), einer besonderen Praxisausstattung oder anderer Anforderungen an die Versorgungsqualität bedürfen, können die Partner der Bundesmantelverträge einheitlich entsprechende Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen vereinbaren. Soweit für die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche als Qualifikation vorausgesetzt werden müssen, in landesrechtlichen Regelungen zur ärztlichen Berufsausübung, insbesondere solchen des Facharztrechts, bundesweit inhaltsgleich und hinsichtlich der Qualitätsvoraussetzungen nach Satz 1 gleichwertige Qualifikationen eingeführt sind, sind diese notwendige und ausreichende Voraussetzung. Wird die Erbringung ärztlicher Leistungen erstmalig von einer Qualifikation abhängig gemacht, so können die Vertragspartner für Ärzte, welche entsprechende Qualifikationen nicht während einer Weiterbildung erworben haben, übergangsweise Qualifikationen einführen, welche dem Kenntnis- und Erfahrungsstand der facharztrechtlichen Regelungen entsprechen müssen. Abweichend von Satz 2 können die Vertragspartner nach Satz 1 zur Sicherung der Qualität und der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung Regelungen treffen, nach denen die Erbringung bestimmter medizinisch-technischer Leistungen den Fachärzten vorbehalten ist, für die diese Leistungen zum Kern ihres Fachgebietes gehören. Die nach der Rechtsverordnung nach § 140g anerkannten Organisationen sind vor dem Abschluss von Vereinbarungen nach Satz 1 in die Beratungen der Vertragspartner einzubeziehen; die Organisationen benennen hierzu sachkundige Personen. § 140f Absatz 5 gilt entsprechend. Das Nähere zum Verfahren vereinbaren die Vertragspartner nach Satz 1. Für die Vereinbarungen nach diesem Absatz gilt § 87 Absatz 6 Satz 10 entsprechend.

(3) bis (6) (weggefallen)

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 32 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages. Dies gilt nicht, wenn dem Betroffenen unter Hinweis auf diese Vorschrift ein bestimmter Tag als Ende der Frist mitgeteilt worden ist.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(7) Fristen, die von einer Behörde gesetzt sind, können verlängert werden. Sind solche Fristen bereits abgelaufen, können sie rückwirkend verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Die Behörde kann die Verlängerung der Frist nach § 32 mit einer Nebenbestimmung verbinden.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Eine beantragte Genehmigung gilt nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Die Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(2) Die Frist nach Absatz 1 Satz 1 beträgt drei Monate, soweit durch Rechtsvorschrift nichts Abweichendes bestimmt ist. Die Frist beginnt mit Eingang der vollständigen Unterlagen. Sie kann einmal angemessen verlängert werden, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Angelegenheit gerechtfertigt ist. Die Fristverlängerung ist zu begründen und rechtzeitig mitzuteilen.

(3) Auf Verlangen ist demjenigen, dem der Verwaltungsakt nach § 41 Abs. 1 hätte bekannt gegeben werden müssen, der Eintritt der Genehmigungsfiktion schriftlich zu bescheinigen.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Versorgung der Klägerin mit Liposuktionen.

2

Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin beantragte befundgestützt die Versorgung mit Liposuktionen an Armen und Beinen zur Behandlung ihres Lipödems (12.5.2014). Die Beklagte forderte bei der Klägerin telefonisch weitere Unterlagen an und beauftragte nach deren Eingang (29.7.2014) den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Begutachtung der Klägerin (30.7.2014). Der MDK hielt die beantragten Liposuktionen für nicht notwendig (11.8.2014 und 16.8.2014). Die Beklagte lehnte es ab, die beantragte Leistung zu bewilligen (Bescheid vom 12.8.2014; ersetzt durch Bescheid vom 1.10.2014; Widerspruchsbescheid vom 21.1.2015). Das SG hat die Klage der Klägerin abgewiesen (Urteil vom 24.9.2015). Das LSG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin "eine stationäre Liposuktion als Sachleistung nach weiterer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen" zu gewähren: Die Klägerin habe aus der fingierten Genehmigung ihres Antrags einen Anspruch auf Versorgung mit der beantragten Liposuktion. Die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB V seien erfüllt(Urteil vom 6.12.2016).

3

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 2 Abs 1, § 12 Abs 1, § 13 Abs 1, Abs 3a S 6 und S 7, § 135 Abs 1 und § 137c SGB V. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass § 13 Abs 3a S 6 SGB V einen Naturalleistungsanspruch begründe. Die Genehmigungsfiktion könne auch nur für Leistungen innerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eintreten.

4

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Dezember 2016 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24. September 2015 zurückzuweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Zu Recht hat das LSG das SG-Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin mit einer "stationären Liposuktion als Sachleistung" zu versorgen. Die zulässige Klage (dazu 1.) ist begründet. Die Klägerin hat aufgrund fingierter Genehmigung ihres Antrags einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit den beantragten Liposuktionen (dazu 2.). Die spätere Ablehnung der beantragten Leistung verletzt die Klägerin in ihren Rechten (dazu 3.).

8

1. Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist zulässig. Nach § 54 Abs 5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Hierfür genügt es, dass ein bindender Verwaltungsakt (§ 77 SGG) vorliegt, der Leistungsträger aber gleichwohl nicht leistet (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 22 f; Zeihe in Zeihe/Hauck, SGG, Stand August 2017, § 54 RdNr 43b). Ist die Genehmigung einer beantragten Leistung kraft Fiktion erfolgt, steht dies der Bewilligung der beantragten Leistung durch einen Leistungsbescheid gleich. Die Genehmigungsfiktion bewirkt ohne Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs 1 SGB X)einen in jeder Hinsicht voll wirksamen Verwaltungsakt iS von § 31 S 1 SGB X. Durch den Eintritt der Fiktion verwandelt sich der hinreichend inhaltlich bestimmte Antrag in den Verfügungssatz des fingierten Verwaltungsakts (vgl hierzu unten II 2 d). Er hat zur Rechtsfolge, dass das in seinem Gegenstand durch den Antrag bestimmte Verwaltungsverfahren beendet ist und dem Versicherten - wie hier - unmittelbar ein Anspruch auf Versorgung mit der Leistung zusteht (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 8 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

9

Die allgemeine Leistungsklage tritt nicht hinter die Feststellungsklage zurück (§ 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Mit der allgemeinen Leistungsklage kann ein Kläger effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 S 1 GG) erlangen, wenn sich eine KK - wie hier - weigert, eine durch Verwaltungsakt zuerkannte Leistung zu erbringen. Ihm bleibt nur die Leistungsklage, um einen Vollstreckungstitel zu erhalten (§ 199 Abs 1 Nr 1 SGG). Eine Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegen die öffentliche Hand ist nicht vorgesehen (vgl BSGE 50, 82, 83 = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23; BSGE 75, 262, 265 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 15). Die allgemeine Leistungsklage und nicht eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) ist statthaft. Denn die Klägerin stützt ihr Begehren auf den Eintritt der fingierten Genehmigung ihres Antrags (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V), auf einen fingierten Leistungsbescheid. § 86 SGG findet keine Anwendung. Die Beklagte setzte mit dem späteren Erlass der Ablehnungsentscheidung (Bescheid vom 12.8.2014, ersetzt durch Bescheid vom 1.10.2014) das mit Eintritt der Genehmigungsfiktion beendete, ursprüngliche Verwaltungsverfahren nicht im Rechtssinne fort, sondern eröffnete ein neues eigenständiges Verfahren (vgl entsprechend BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 9 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

10

Die daneben im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) erhobene isolierte Anfechtungsklage gegen die Ablehnungsentscheidung, mit der die Beklagte eine neue Sachentscheidung traf, ist zulässig (BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 1/17 R - Juris RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; vgl ähnlich auch BSGE 75, 262, 265 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2 S 15).

11

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Versorgung mit der beantragten stationären Liposuktion als Naturalleistung. Er entstand kraft fingierter Genehmigung des Antrags (dazu a). Die Voraussetzungen der Fiktion der Genehmigung sind erfüllt. § 13 Abs 3a SGB V(idF durch Art 2 Nr 1 Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20.2.2013, BGBl I 277) erfasst die von der Klägerin beantragte Leistung zeitlich und als eine ihrer Art nach der Genehmigungsfiktion zugängliche Leistungsart (dazu b). Die Klägerin war leistungsberechtigt (dazu c). Sie erfüllte mit ihrem Antrag die Voraussetzungen eines genehmigungsfähigen, den Lauf der Frist auslösenden Antrags auf Versorgung mit einer stationären Liposuktion (dazu d). Die Klägerin durfte die beantragte Leistung für erforderlich halten (dazu e). Die Beklagte hielt die gebotene Frist für eine Verbescheidung nicht ein (dazu f). Die Genehmigung ist schließlich auch nicht später erloschen (dazu g).

12

a) Gilt eine beantragte Leistung als genehmigt, erwächst dem Antragsteller hieraus ein Naturalleistungsanspruch als eigenständig durchsetzbarer Anspruch. Der Anspruch ist entsprechend den allgemeinen Grundsätzen auf Freistellung von der Zahlungspflicht gerichtet, wenn die fingierte Genehmigung eine Leistung betrifft, die nicht als Naturalleistung erbracht werden kann (vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25). Ausdrücklich regelt das Gesetz, dass die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt gilt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V). Ohne den nachfolgenden Satz 7 bliebe es allein bei diesem Anspruch. Denn eine KK darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (vgl § 2 Abs 2 SGB V)Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (vgl § 13 Abs 1 SGB V). Nach dem Regelungssystem entspricht dem Naturalleistungsanspruch der im Anschluss hieran geregelte, den Eintritt der Genehmigungsfiktion voraussetzende naturalleistungsersetzende Kostenerstattungsanspruch im Ansatz (vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V). Der Naturalleistungsanspruch kraft Genehmigungsfiktion ermöglicht auch mittellosen Versicherten, die nicht in der Lage sind, sich die begehrte Leistung selbst zu beschaffen, ihren Anspruch zu realisieren (vgl LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 23.5.2014 - L 5 KR 222/14 B ER - Juris RdNr 7 mwN). Für diese Auslegung spricht auch der Sanktionscharakter der Norm (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 12 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25; zum Sanktionscharakter Entwurf der Bundesregierung eines PatRVerbG, BT-Drucks 17/10488 S 32, zu Art 2 Nr 1).

13

Soweit die Beklagte mit vereinzelten abweichenden Stimmen einen Naturalleistungsanspruch als Rechtsfolge der Genehmigungsfiktion verneint, geht diese Ansicht fehl (einen Naturalleistungsanspruch bejahend zB LSG für das Saarland Urteil vom 17.5.2017 - L 2 KR 24/15 - Juris RdNr 34; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 21.3.2017 - L 1 KR 623/15 - Juris RdNr 26; Bayerisches LSG Urteil vom 12.1.2017 - L 4 KR 37/15 - Juris RdNr 42 ff; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 3.11.2016 - L 5 KR 197/15 - Juris RdNr 18; Bayerisches LSG Urteil vom 28.6.2016 - L 5 KR 323/14 - Juris RdNr 27; Schleswig-Holsteinisches LSG Beschluss vom 20.1.2016 - L 5 KR 238/15 B ER - Juris RdNr 25 ff = NZS 2016, 311, und nahezu die gesamte veröffentlichte umfängliche SG-Rspr; einen Naturalleistungsanspruch ablehnend zB v. Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 603 f; Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 69 ff, Update-Stand 28.9.2017; zutreffend dagegen Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2017, K § 13 RdNr 58l und 58r; Schifferdecker in Kasseler Komm, SGB V, Stand Mai 2017, § 13 RdNr 145). Sie verkennt, dass die ursprünglich geplante Regelung in Art 2 Nr 1 PatRVerbG-Entwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 17/10488 S 7) unmaßgeblich ist. Der Entwurf sah zunächst lediglich eine Fristsetzung durch den Antragsteller und eine an den Fristablauf gebundene Berechtigung zur Selbstbeschaffung der erforderlichen Leistung vor. Diese Konzeption wurde jedoch durch die vom Ausschuss für Gesundheit <14. Ausschuss> empfohlenen (BT-Drucks 17/11710 S 11), mit § 13 Abs 3a S 5 und 6 SGB V Gesetz gewordenen Änderungen iS eines fingierten Verwaltungsakts (Genehmigung) grundlegend geändert. Letztlich will die einen Naturalleistungsanspruch ablehnende Meinung die von ihr als gesetzgeberische Fehlleistung bewertete Rechtsfolge des § 13 Abs 3a S 6 SGB V(vgl nur Helbig in jurisPK-SGB V, § 13 RdNr 71, Update-Stand 28.9.2017: "missglückte Wortwahl") entgegen dem eindeutigen Wortlaut nicht anwenden. Sie vernachlässigt dabei, dass § 13 Abs 3a SGB V bewusst abweichend von den sonstigen in § 13 SGB V geregelten Kostenerstattungstatbeständen geregelt ist und sich wie der Erstattungsanspruch(vgl § 13 Abs 3a S 7 SGB V) nur auf subjektiv "erforderliche" Leistungen erstreckt (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 13 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 25).

14

b) Die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V ist auf den Antrag der Klägerin sachlich und zeitlich anwendbar. Die Regelung erfasst ua Ansprüche auf Krankenbehandlung, nicht dagegen Ansprüche gegen KKn, die unmittelbar auf eine Geldleistung oder auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gerichtet sind (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 14 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 11 ff); auf letztere finden die §§ 14 f SGB IX Anwendung(§ 13 Abs 3a S 9 SGB V). Die Klägerin begehrt demgegenüber die Gewährung von Krankenbehandlung in Form stationärer Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 S 2 Nr 5 iVm § 39 SGB V).

15

Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl hierzu zB BSGE 99, 95 = SozR 4-2500 § 44 Nr 13, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN)greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen (vgl zum Ganzen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 9). Die Klägerin stellte ihren Antrag im Jahr 2014.

16

c) Die Klägerin ist als bei der Beklagten Versicherte leistungsberechtigt im Sinne der Regelung. "Leistungsberechtigter" ist derjenige, der berechtigt ist, Leistungen nach dem SGB V zu beanspruchen. Hierzu zählen ua in der GKV Versicherte im Verhältnis zu ihrer jeweiligen KK (vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 16 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 22).

17

d) Die Klägerin beantragte als Leistung hinreichend bestimmt Liposuktionen an Armen und Beinen. Damit eine Leistung als genehmigt gelten kann, bedarf es eines fiktionsfähigen Antrags. Der Antrag hat eine Doppelfunktion als Verfahrenshandlung (vgl dazu oben, unter II 1) und als materiell-rechtliche Voraussetzung (vgl zur Doppelfunktion zB BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 14). Die Fiktion kann nur dann greifen, wenn der Antrag so bestimmt gestellt ist, dass die auf Grundlage des Antrags fingierte Genehmigung ihrerseits im Sinne von § 33 Abs 1 SGB X hinreichend bestimmt ist(vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 23). Ein Verwaltungsakt ist - zusammengefasst - inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X), wenn sein Adressat objektiv in der Lage ist, den Regelungsgehalt des Verfügungssatzes zu erkennen und der Verfügungssatz ggf eine geeignete Grundlage für seine zwangsweise Durchsetzung bildet. So liegt es, wenn der Verfügungssatz in sich widerspruchsfrei ist und den Betroffenen bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers in die Lage versetzt, sein Verhalten daran auszurichten. Die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit richten sich im Einzelnen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (stRspr, vgl nur BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 17 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

18

Der Verfügungssatz, einen Naturalleistungsanspruch auf eine bestimmte Krankenbehandlung (§ 27 SGB V)zu gewähren, verschafft dem Adressaten - wie dargelegt - eine Rechtsgrundlage dafür, mittels Leistungsklage einen Vollstreckungstitel auf das Zuerkannte zu erhalten. Die Vollstreckung erfolgt nach den Regelungen über vertretbare Handlungen (vgl § 199 Abs 1 Nr 1, § 198 Abs 1 SGG, § 887 ZPO). Es genügt hierfür, dass das Behandlungsziel klar ist. Dass hinsichtlich der Mittel zur Erfüllung der Leistungspflicht verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, beeinträchtigt den Charakter einer Leistung als vertretbare Handlung nicht (vgl Stöber in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 887 ZPO RdNr 2 mwN). Diese allgemeinen Grundsätze gelten ebenso, wenn Patienten zur Konkretisierung der Behandlungsleistung auf die Beratung des behandelnden Arztes oder ihrer KK angewiesen sind (vgl insgesamt BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 18 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

19

Der Antrag der Klägerin vom 12.5.2014 genügte diesen Anforderungen. Er richtete sich auf die Versorgung mit einer Liposuktion an den Oberarmen und -beinen, ohne dies weiter einzuschränken, etwa hinsichtlich der Methode, der Leistungsart stationär oder ambulant oder der Art des ggf behandelnden Krankenhauses bzw der ggf behandelnden Praxis. Die Klägerin untermauerte ihr Begehren mit den beigefügten Unterlagen der beiden von ihr konsultierten Mediziner, ohne sich bereits auf eine ambulante oder stationäre Behandlung festzulegen. Vielmehr bat sie ausdrücklich die Beklagte um Beratung, welche Behandlung vorzugswürdig sei (vgl entsprechend BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 1/17 R - Juris RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Erst ihre Leistungsklage beschränkte die Klägerin auf die Versorgung mit einer stationären Liposuktion.

20

e) Der Antrag der Klägerin betraf auch eine Leistung, die sie für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegt. Die Gesetzesregelung ordnet diese Einschränkungen für die Genehmigungsfiktion zwar nicht ausdrücklich an, aber sinngemäß nach dem Regelungszusammenhang und -zweck.

21

Die Begrenzung auf erforderliche Leistungen bewirkt eine Beschränkung auf subjektiv für den Berechtigten erforderliche Leistungen, die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV liegen. Einerseits soll die Regelung es dem Berechtigten erleichtern, sich die ihm zustehende Leistung zeitnah zu beschaffen. Andererseits soll sie ihn nicht zu Rechtsmissbrauch einladen, indem sie Leistungsgrenzen des GKV-Leistungskatalogs überwindet, die jedem Versicherten klar sein müssen (vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 21 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 26).

22

Dieser Auslegung steht weder das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) noch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V) entgegen. § 13 Abs 3a SGB V weicht gerade als Sanktionsnorm von deren Anforderungen ab, indem er in seinem Satz 6 selbst in den Fällen, in denen eine KK einen im oben dargestellten Sinn fiktionsfähigen Antrag völlig übergeht, die Fiktion der Genehmigung anordnet und damit bewusst in Kauf nimmt, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur "zufällig" rechtmäßig ist, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gilt, wenn der Antragsteller auf diese ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch hat. Wären nur die auf sonstige materiell-rechtlich bestehende Leistungsansprüche außerhalb von § 13 Abs 3a SGB V gerichteten Anträge fiktionsfähig, wäre die Regelung des § 13 Abs 3a S 6 SGB V obsolet(dies verkennend: LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 26.5.2014 - L 16 KR 154/14 B ER, L 16 KRL 16 KR 155/14 B - Juris RdNr 26 ff = NZS 2014, 663; v. Koppenfels-Spies, NZS 2016, 601, 604; Knispel, SGb 2014, 374 ff; vgl dagegen BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 22 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

23

Die von der Klägerin begehrte Liposuktion liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der GKV (vgl entsprechend BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 1/17 R - Juris RdNr 22, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Klägerin durfte die beantragte Liposuktion aufgrund der zuvor von ihr eingeholten ärztlichen Stellungnahmen (Dr. W. und Dr. G.) auch für erforderlich halten.

24

f) Die Beklagte beschied den Antrag nicht innerhalb der ab 12.5.2014 (dazu aa) beginnenden Drei-Wochen-Frist (dazu bb), sondern erst nach Fristablauf (dazu cc).

25

aa) Maßgeblich für den Fristbeginn war der Eingang des Antrags bei der Beklagten. Hierbei ist es unerheblich, ob die betroffene KK meint, der maßgebliche Sachverhalt sei noch aufzuklären. Das folgt aus Wortlaut, Regelungssystem, Entstehungsgeschichte und Regelungszweck. Nach § 13 Abs 3a S 1 SGB V hat die KK über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des MDK, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die KK eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten (§ 13 Abs 3a S 2 SGB V). Der MDK nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (§ 13 Abs 3a S 3 SGB V). Eine hiervon abweichende Frist ist nur für den Fall der Durchführung eines im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) vorgesehenen Gutachterverfahrens bestimmt (§ 13 Abs 3a S 4 SGB V: ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen). Kann die KK die Fristen nach S 1 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt (§ 13 Abs 3a S 6 SGB V; vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 25 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

26

Ein hinreichender Grund für die Nichteinhaltung der Frist kann insbesondere die im Rahmen der Amtsermittlung (§ 20 SGB X) gebotene Einholung von weiteren Informationen beim Antragsteller oder Dritten sein, um abschließend über den Antrag entscheiden zu können. In diesem Sinne führen die Gesetzesmaterialien beispielhaft an, "dass die Versicherten oder Dritte nicht genügend oder rechtzeitig bei einer körperlichen Untersuchung mitgewirkt oder von einem Gutachter angeforderte notwendige Unterlagen beigebracht haben" (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zum PatRVerbG-Entwurf, BT-Drucks 17/11710 S 30 zu § 13 Abs 3a S 4 SGB V). Die Regelung des Fristbeginns mit Antragseingang entspricht auch dem Zweck des § 13 Abs 3a SGB V, die Bewilligungsverfahren bei den KKn zu beschleunigen(BT-Drucks 17/10488 S 32; vgl BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 26 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

27

Der Gesetzgeber hat bewusst davon abgesehen, in § 13 Abs 3a SGB V Regelungen aufzunehmen entsprechend § 42a Abs 2 S 2 VwVfG über den Fristbeginn("Eingang der vollständigen Unterlagen"; hierauf dennoch abstellend zB LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 24.2.2016 - L 9 KR 412/15 B ER - Juris RdNr 11) oder entsprechend § 32 Abs 1a S 3 und 4 SGB V(eingefügt mWv 1.1.2012 durch Art 1 Nr 5 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011, BGBl I 2983). Danach ist in Fällen eines Genehmigungsverfahrens bei langfristigem Behandlungsbedarf mit Heilmitteln, das eine Genehmigungsfiktion nach Ablauf von vier Wochen nach Antragstellung vorsieht, der Lauf der Frist bis zum Eingang der vom Antragsteller zur Verfügung zu stellenden ergänzenden erforderlichen Informationen unterbrochen. Die Nichtübernahme solcher Regelungen in § 13 Abs 3a SGB V dient dazu, eine zügige Bescheidung der Anträge im Interesse der betroffenen Versicherten zu erreichen(vgl Entwurf der Bundesregierung eines GKV-VStG, BT-Drucks 17/6906 S 54 zu § 32 SGB V; zutreffend Bayerisches LSG Urteil vom 12.1.2017 - L 4 KR 295/14 - Juris RdNr 56; vgl insgesamt BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 27 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen).

28

Nach diesen Grundsätzen begann die Frist am 13.5.2014 zu laufen. Denn der maßgebliche Antrag der Klägerin ging der Beklagten am Montag, dem 12.5.2014 zu (vgl § 26 Abs 1 SGB X iVm § 187 Abs 1 BGB).

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bb) Die Frist endete am Montag, dem 2.6.2014 (§ 26 Abs 1 SGB X iVm § 188 Abs 2 BGB). Nach dem aufgezeigten Regelungssystem galt die gesetzliche Drei-Wochen-Frist (vgl § 13 Abs 3a S 1 Fall 1 SGB V). Denn die Beklagte informierte die Klägerin in der erforderlichen Form weder innerhalb der drei Wochen nach Antragseingang darüber, dass sie eine Stellungnahme des MDK einholen wollte (vgl § 13 Abs 3a S 2 SGB V), noch über Gründe für eine Fristüberschreitung (§ 13 Abs 3a S 5 SGB V). Ohne diese gebotene Information kann der Leistungsberechtigte nach Ablauf von drei Wochen annehmen, dass sein Antrag als genehmigt gilt (vgl BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28). Maßgeblich ist - wie im Falle der Entscheidung durch einen bekanntzugebenden Verwaltungsakt - der Zeitpunkt der Bekanntgabe gegenüber dem Antragsteller, nicht jener der behördeninternen Entscheidung über die Information (vgl §§ 39, 37 SGB X; BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 29 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 28; unzutreffend Bayerisches LSG Beschluss vom 25.4.2016 - L 5 KR 121/16 B ER - Juris RdNr 26).

30

cc) Die Beklagte beschied den Antrag nicht bis zum Fristablauf am Montag, dem 2.6.2014, sondern erst später mit Erlass des Bescheides vom 12.8.2014. Die gesetzliche Frist verlängerte sich nicht durch Mitteilungen der Beklagten an die Klägerin über den 2.6.2014 hinaus. Rechtlich unerheblich ist, dass ein Mitarbeiter der Beklagten mit der Klägerin wegen der Übersendung der weiteren Unterlagen ein Telefonat führte. Denn § 13 Abs 3a S 5 SGB V verlangt eine schriftliche Mitteilung als Voraussetzung einer wirksamen Fristverlängerung.

31

g) Die entstandene Genehmigung ist auch nicht später erloschen. Auch eine fingierte Genehmigung - wie jene der Klägerin - bleibt wirksam, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Sind Bestand oder Rechtswirkungen einer Genehmigung für den Adressaten erkennbar von vornherein an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, so wird sie gegenstandslos, wenn die betreffende Situation nicht mehr besteht. In diesem Sinne ist eine KK nach Fristablauf nicht mit allen Einwendungen gegen die fingierte Genehmigung ausgeschlossen. Die fingierte Genehmigung schützt den Adressaten dadurch, dass sie ihre Wirksamkeit ausschließlich nach den allgemeinen Grundsätzen über Erledigung, Widerruf und Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts verliert. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach der Erfüllung der oben aufgezeigten Voraussetzungen (§ 13 Abs 3a SGB V), nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs (BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 35, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 31; anders die Regelung des § 42a Abs 1 S 2 VwVfG, vgl zB Uechtritz in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2014, § 42a RdNr 45 ff mwN; s ferner zur Rechtslage vor Inkrafttreten des § 42a VwVfG Caspar, AöR 2000, 131 - Der fiktive Verwaltungsakt - Zur Systematisierung eines aktuellen verwaltungsrechtlichen Instituts). Diese vom erkennenden Senat zu § 13 Abs 3a SGB V entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für Naturalleistungsbegehren wie für Kostenerstattungsbegehren. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen widerspräche der Gesetzeskonzeption, dem Sanktionscharakter der Regelung, die das Interesse aller Versicherten an einem beschleunigten Verwaltungsverfahren schützt. Sie würde mittellose Versicherte sachwidrig ungleich gegenüber jenen behandeln, die sich die Leistung nach fingierter Genehmigung selbst beschaffen können (unzutreffend Bayerisches LSG Urteil vom 31.1.2017 - L 5 KR 471/15 - Juris RdNr 61 ff; SG Speyer Urteil vom 18.11.2016 - S 19 KR 329/16 - Juris RdNr 44 f).

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Die Beklagte regelte mit der Ablehnung der Leistung weder ausdrücklich noch sinngemäß, weder förmlich noch inhaltlich eine Rücknahme, eine Aufhebung oder einen Widerruf (vgl hierzu §§ 45, 47 SGB X)der fingierten Genehmigung (vgl auch BSG Urteil vom 11.7.2017 - B 1 KR 26/16 R - Juris RdNr 36 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BSGE 121, 40 = SozR 4-2500 § 13 Nr 33, RdNr 32). Geänderte Umstände, die die Genehmigung durch Eintritt eines erledigenden Ereignisses entfallen lassen könnten, hat weder das LSG festgestellt noch sind sie sonst ersichtlich.

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3. Die Ablehnungsentscheidung (Bescheid vom 1.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.1.2015) ist rechtswidrig. Sie verletzt die Klägerin in ihrem sich aus der fiktiven Genehmigung ihres Antrags ergebenden Leistungsanspruch (vgl dazu oben, II 2).

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, soweit

1.
der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn

1.
die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird,
2.
mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.