Bundesgerichtshof Urteil, 23. Aug. 2006 - XII ZR 26/04

bei uns veröffentlicht am23.08.2006
vorgehend
Amtsgericht Meißen, 8 F 213/03, 11.08.2003
Oberlandesgericht Dresden, UF 658/03, 08.01.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 26/04 Verkündet am:
23. August 2006
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
UnterhaltsvorschussG § 7 Abs. 3 Satz 2; BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1

a) Die Schutzklausel des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG steht der Titulierung der übergangenen
Unterhaltsansprüche auch dann nicht entgegen, wenn der Unterhaltspflichtige
über den geschuldeten laufenden Unterhalt hinaus nicht leistungsfähig
ist.

b) Zur Bemessung des notwendigen Selbstbehalts gegenüber dem Unterhaltsbegehren
eines minderjährigen Kindes, wenn die Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen
den insofern im Selbstbehalt berücksichtigten Betrag unterschreiten
(im Anschluss an Senatsurteil vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 -
FamRZ 2004, 186, 189).
BGH, Urteil vom 23. August 2006 - XII ZR 26/04 - OLG Dresden
AG Meißen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 10. Juli 2006 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers und die Anschlussrevision des Beklagten wird das Urteil des 21. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. Januar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Streitwert: 5.531 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
2
Der 1941 geborene Beklagte ist der Vater des am 10. Mai 1990 geborenen Kindes Michael, für das der Kläger in der Zeit vom 26. August 1996 bis zum 9. Mai 2002 Unterhaltsvorschussleistungen erbracht hat. Der Kläger bean- sprucht Zahlung in Höhe von 7.046,89 € zuzüglich Zinsen für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 9. Mai 2002.
3
In dieser Zeit bezog der Beklagte Arbeitslosen- und Krankengeld sowie Erwerbsunfähigkeitsrente. Er leidet an einer Tumorerkrankung sowie an Gicht und ist zu 100% in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Für die von ihm bewohnte 23,83 qm große Ein-Zimmer-Wohnung mit Ofenheizung und Toilette (ohne Bad) hat er eine monatliche Miete von 112,83 € zu zahlen.
4
Durch Jugendamtsurkunde vom 7. November 2002 hat der Beklagte sich verpflichtet, an seinen Sohn Michael monatlichen Unterhalt von 57,70 € für die Zeit ab 1. Juni 2002 zu zahlen. Dieser Betrag wurde durch das Jugendamt ausgehend von der bezogenen Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von seinerzeit monatlich 707,70 € unter Berücksichtigung eines notwendigen Selbstbehalts von 650 € ermittelt.
5
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 5.531,52 € zuzüglich Zinsen stattgegeben, das Urteil jedoch nicht im Leistungsausspruch, sondern - im Hinblick auf § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG - nur hinsichtlich der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Dagegen richten sich die - zugelassene - Revision des Klägers sowie die Anschlussrevision des Beklagten. Der Kläger verfolgt sein Begehren, die Berufung zurückzuweisen, weiter , während der Beklagte volle Klageabweisung erstrebt.

Entscheidungsgründe:

6
Revision und Anschlussrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
I. Revision
8
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Beklagte neben den laufenden Unterhaltsleistungen für seinen Sohn die Regressforderung des Klägers mangels finanzieller Leistungsfähigkeit nicht erfüllen könne, weshalb die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen sei. Dazu hat es im Wesentlichen ausgeführt: Im vorliegenden Fall stehe fest, dass der Beklagte die Unterhaltsforderung seines Sohnes und die auf den Kläger übergegangene Forderung nicht gleichzeitig bedienen könne. Dieser Umstand sei bereits im Erkenntnisverfahren zu berücksichtigen und hindere nicht lediglich die Vollstreckung. Ein solches Verständnis des § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG führe im Ergebnis auch zu dem beabsichtigten gerechten Ausgleich der unterschiedlichen Interessen. Sowohl bei § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG als auch bei § 1607 Abs. 4 BGB und § 37 Abs. 1 BAföG handele es sich um den Rückgriff von Behörden oder natürlichen Personen , die Unterhalt anstelle des eigentlich Verpflichteten geleistet hätten. In beiden Fällen gehe der Unterhaltsanspruch des Kindes kraft Gesetzes auf den Leistenden über, ohne dass es auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten , seine Nähe und Verbundenheit zu dem Kind oder auf andere Umstände ankomme. Anders als bei § 91 BSHG, der den Übergang von Ansprüchen auf den Sozialhilfeträger regele, kämen Billigkeitsaspekte nicht zum Tragen. Die Bereitschaft der Leistenden, den Unterhalt vorzuschießen, solle dadurch gefördert werden, dass die Voraussetzungen, unter denen der eigent- lich Verpflichtete von der Zahlungspflicht frei werde, bei Legalzessionen für Unterhaltsforderungen von Kindern gegen ihre Eltern enger gefasst seien als im Sozialhilferecht. Die in § 1607 Abs. 4 BGB sowie § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG vorgenommene Einschränkung diene wiederum dem Schutz des Kindes. Bei diesem Ausgleich, der bereits das verstärkte Interesse der öffentlichen Hand bzw. der weiteren Verwandten berücksichtige und lediglich eine Einwendung, nämlich den Vorrang der Kindesunterhaltsansprüche, zulasse, sei es nicht erforderlich, die Regelung als reines Vollstreckungshindernis zu begreifen. Der Unterhaltsschuldner müsse sich anderenfalls im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO gegen die Vollstreckung zur Wehr setzen. Dann bestünde für ihn aber das Risiko, mit seinem Einwand abgewiesen zu werden, da sich die Tatsachen seit der mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren insoweit nicht geändert hätten (§ 767 Abs. 2 ZPO). Als reine Vollstreckungsvorschrift könne § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG damit das Ziel nicht erreichen, den Vorrang des laufenden Kindesunterhalts zu sichern. Da andererseits nicht ausgeschlossen sei, dass in den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beklagten künftig eine Verbesserung eintrete, die es ihm erlauben könnte, neben dem laufenden Kindesunterhalt auch die geltend gemachte Forderung zu begleichen, sei die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen. Soweit dies dazu führe, dass der Regressanspruch gegen den Beklagten in absehbarer Zeit verjähren werde, könne diesem Gesichtspunkt kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden. Der Kläger habe es in der Hand gehabt, seine Ansprüche zeitgerecht geltend zu machen. Dies sei auch in Form der Klage auf künftige Leistung möglich gewesen.
9
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
2. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte entsprechend seiner finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß §§ 1601 ff. BGB seinem Sohn unterhaltspflichtig ist und dass die insoweit gegebenen Unterhaltsansprüche des Sohnes bis zur Höhe der unstreitig erfolgten Unterhaltsvorschussleistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG auf den Kläger übergegangen sind.
11
3. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG kann der Übergang eines Unterhaltsanspruchs nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden , soweit dieser für eine spätere Zeit, für die er keine Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhalten hat oder erhält, Unterhalt von dem Unterhaltspflichtigen verlangt. Damit enthält das Gesetz eine ausdrückliche Regelung der widerstreitenden Interessen des Kindes einerseits und des Trägers der Unterhaltsvorschusskasse andererseits für den Fall, dass nach der Beendigung der Unterhaltsvorschussleistungen die Regressansprüche der öffentlichen Hand mit den dann bestehenden laufenden Unterhaltsansprüchen des Kindes konkurrieren. Eine vergleichbare Regelung findet sich z.B. auch in § 1607 Abs. 4 BGB. In beiden Fällen würde der Unterhaltsberechtigte benachteiligt, wenn der übergegangene Anspruch neben einem eigenen Anspruch besteht und der Unterhaltsschuldner nicht in der Lage ist, beide Ansprüche zu erfüllen. In diesem Fall hat - unter den in § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG genannten weiteren Voraussetzungen - der Anspruch des Unterhaltsberechtigten Vorrang gegenüber dem übergegangenen Anspruch.
12
Dieses Verbot, den Unterhaltsberechtigten zu benachteiligen, ist sowohl im Verhältnis zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen als auch im Verhältnis zwischen dem Legalzessionar und dem Unterhaltsschuldner zu berücksichtigen. Fraglich ist allerdings, ob dies erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu geschehen hat oder ob das Benachteiligungsverbot bereits der Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche im Wege der Klage entgegenstehen kann.
13
Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, lässt die in § 7 Abs. 3 Satz 2 UVG verwandte Formulierung "Geltendmachen" nicht darauf schließen, dass die Bestimmung ein reines Vollstreckungsverbot beinhaltet. "Geltendmachen" bedeutet im juristischen Sprachgebrauch nicht nur das Betreiben der Zwangsvollstreckung, sondern auch bereits die Inanspruchnahme des Schuldners im Wege der Klage. Andererseits ist von Bedeutung, dass der Unterhaltsberechtigte erst benachteiligt wird, wenn die Leistungsfähigkeit des Schuldners durch Zugriff auf seine Einkünfte oder sein Vermögen gemindert wird. Allein aufgrund der Prozessführung ist dies noch nicht der Fall. Es darf zwar nicht verkannt werden, dass durch ein der Klage stattgebendes Urteil die Gefahr der Vollstreckung hieraus begründet wird, ohne dass das Vollstreckungsorgan von der bevorrechtigten Forderung des Unterhaltsgläubigers Kenntnis erlangt. Dem Schutz des Unterhaltsberechtigten wird aber bereits dadurch genügt, dass diese Gefahr durch entsprechenden Hinweis im Urteil, gegebenenfalls bereits im Tenor (vgl. dazu unter 4), vermieden wird.
14
Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, die Klage des Legalzessionars sei in voller Höhe abzuweisen, wenn feststehe, dass der Beklagte bei einer Befriedigung des Klägers nicht mehr in der Lage sei, den Anspruch des Unterhaltsgläubigers zu erfüllen (so OLG Koblenz FamRZ 1977, 68, 69; KG FamRZ 2000, 441, 442), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Durch eine solche Handhabung des Benachteiligungsverbots würden die berechtigten Interessen des Legalzessionars in einer Weise beeinträchtigt, die der Schutz des Unterhaltsberechtigten nicht gebietet. Der Träger der Unterhaltsvorschusskasse müsste nach Beendigung der Unterhaltsverpflichtung seine Ansprüche erneut gerichtlich geltend machen und würde Gefahr laufen, dass inzwischen Verjährung eingetreten ist. Der Gefahr des Verjährungseintritts kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht dadurch begegnet werden, dass die übergegangenen Ansprüche früher geltend gemacht werden bzw. gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 UVG auf künftige Leistung geklagt wird. Eine frühzeitigere Klage vermag nicht zu gewährleisten, dass ein Unterhaltsrückstand bis zum Auslaufen der Unterhaltsvorschussleistungen beglichen werden kann. Titulierte regelmäßig wiederkehrende künftig fällig werdende Ansprüche auf Unterhalt unterfallen im Übrigen der dreijährigen Verjährungsfrist, während titulierte Unerhaltsrückstände erst in 30 Jahren verjähren (§§ 197 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, 195 BGB; vgl. im Einzelnen Bergjan/Wermes, FamRZ 2004, 1087, 1088 f.). Der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist ist nicht nach § 207 Satz 2 Nr. 2 BGB gehemmt. Die der Wahrung des Familienfriedens dienende Bestimmung (vgl. BGHZ 76, 293, 295) greift nicht mehr ein, wenn die in Frage stehenden Ansprüche auf einen Dritten - etwa wie hier auf das klagende Land - übergegangen sind (OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 308; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 362, 363; Staudinger /Peters, BGB 2004 § 207 Rdn. 6; MünchKomm/Grothe, 4. Aufl. § 204 Rdn. 1).
15
4. Der Legalzessionar darf den auf ihn übergegangenen Anspruch aber nur in einer Weise verfolgen, die dem Benachteiligungsverbot des Unterhaltsberechtigten Rechnung trägt. Zwar hat das Vollstreckungsorgan den Vorrang der Gläubigerforderung vor der des Legalzessionars nach den §§ 850 c Abs. 1 Satz 2, 850 d Abs. 1 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich aber sicherzustellen, dass der Bestand einer solchen bevorrechtigten Forderung bekannt wird, und zwar auch für den Fall, dass der Zwangsvollstreckung eine abgekürzte Urteilsausfertigung (vgl. § 317 Abs. 2 Satz 2 ZPO) oder ein Versäumnisurteil zugrunde liegt. Dazu reicht es aus, wenn die Verurteilung - ähnlich wie bei dem Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung - mit der Einschränkung erfolgt, dass das Urteil nur vollstreckt werden darf, wenn und soweit der Unterhaltsgläubiger bei der Durchsetzung seiner Unterhaltsforderung nicht benachteiligt wird (Herpers AcP 166, 454, 460 f.; vgl. auch Staudinger/Engler, BGB 2000 § 1607 Rdn. 52).
16
Die Klageabweisung als derzeit unbegründet ist nach alledem nicht gerechtfertigt.
17
II. Anschlussrevision
18
1. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt als derzeit unbegründet abgewiesen, ohne zu prüfen, inwieweit aufgrund der unstreitig eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Beklagten überhaupt ein Unterhaltsanspruch für den in Rede stehenden Zeitraum besteht und auf den Kläger übergegangen ist. Dadurch wird der Beklagte der Gefahr einer erneuten Inanspruchnahme in vollem Umfang ausgesetzt, so dass das Urteil ihn insoweit beschwert.
19
2. Wie die Anschlussrevision zu Recht geltend macht, hat der Beklagte seine Leistungsfähigkeit in der vom Amtsgericht ausgeurteilten Höhe im Berufungsverfahren bestritten. Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, vermag der Senat nicht darüber zu befinden, inwieweit die Klage mangels Leistungsfähigkeit der Abweisung unterliegt.
20
III. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zu prüfen haben, in welcher Höhe der Kläger Unterhalt verlangen kann. Insoweit wird der Klage mit der unter I 4 genannten Maßgabe stattzugeben sein.
21
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
22
Das Berufungsgericht hat es hier letztlich offen gelassen, ob der Selbstbehalt des Beklagten mit Rücksicht auf die geringe Höhe der ihm entstehenden Wohnkosten herabzusetzen ist (für eine Herabsetzung allerdings in FamRZ 1999, 1522 f.). Eine solche Herabsetzung dürfte indessen rechtlichen Bedenken begegnen. Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen , wie er die ihm zu belassenden, ohnehin knappen Mittel nutzt. Ihm ist es deshalb nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen, einsetzen zu können (Senatsurteil vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 - FamRZ 2004, 186, 189 m.w.N.). Diese Lebensgestaltungsautonomie kann dem Unterhaltsschuldner auch gegenüber Unterhaltsansprüchen für ein minderjähriges Kind nicht verwehrt werden. Denn auch insoweit ist ihm der notwendige Selbstbehalt zu belassen, über den er unter Berücksichtigung seiner eigenen Belange verfügen kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Meißen, Entscheidung vom 11.08.2003 - 8 F 213/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.01.2004 - 21 (10) UF 658/03 -

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(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Hat der Auszubildende für die Zeit, für die ihm Ausbildungsförderung gezahlt wird, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch gegen seine Eltern, so geht dieser zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch mit der Zahlung bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf das Land über, jedoch nur soweit auf den Bedarf des Auszubildenden das Einkommen der Eltern nach diesem Gesetz anzurechnen ist. Die Zahlungen, welche die Eltern auf Grund der Mitteilung über den Anspruchsübergang erbringen, werden entsprechend § 11 Absatz 2 angerechnet. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit der Auszubildende Ausbildungsförderung als Bankdarlehen nach § 18c erhalten hat.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) Für die Vergangenheit können die Eltern des Auszubildenden nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden, in dem

1.
die Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts vorgelegen haben oder
2.
sie bei dem Antrag auf Ausbildungsförderung mitgewirkt haben oder von ihm Kenntnis erhalten haben und darüber belehrt worden sind, unter welchen Voraussetzungen dieses Gesetz eine Inanspruchnahme von Eltern ermöglicht.

(5) (weggefallen)

(6) Der Anspruch ist von der Fälligkeit an mit 6 vom Hundert zu verzinsen. Zinsen werden jedoch erst vom Beginn des Monats an erhoben, der auf die Mitteilung des Amtes für Ausbildungsförderung über den erfolgten Anspruchsübergang folgt.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) Wer sich an einem Orte ständig niederlässt, begründet an diesem Ort seinen Wohnsitz.

(2) Der Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.

(3) Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt, solange die Ehe besteht. Das Gleiche gilt für Ansprüche zwischen

1.
Lebenspartnern, solange die Lebenspartnerschaft besteht,
2.
dem Kind und
a)
seinen Eltern oder
b)
dem Ehegatten oder Lebenspartner eines Elternteils
bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes,
3.
dem Vormund und dem Mündel während der Dauer des Vormundschaftsverhältnisses,
4.
dem Betreuten und dem Betreuer während der Dauer des Betreuungsverhältnisses und
5.
dem Pflegling und dem Pfleger während der Dauer der Pflegschaft.
Die Verjährung von Ansprüchen des Kindes gegen den Beistand ist während der Dauer der Beistandschaft gehemmt.

(2) § 208 bleibt unberührt.

(1) Die Urteile werden den Parteien, verkündete Versäumnisurteile nur der unterliegenden Partei in Abschrift zugestellt. Eine Zustellung nach § 310 Abs. 3 genügt. Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien kann der Vorsitzende die Zustellung verkündeter Urteile bis zum Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung hinausschieben.

(2) Ausfertigungen werden nur auf Antrag und nur in Papierform erteilt. Solange das Urteil nicht verkündet und nicht unterschrieben ist, dürfen von ihm Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften nicht erteilt werden. Die von einer Partei beantragte Ausfertigung eines Urteils erfolgt ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe; dies gilt nicht, wenn die Partei eine vollständige Ausfertigung beantragt.

(3) Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften eines als elektronisches Dokument (§ 130b) vorliegenden Urteils können von einem Urteilsausdruck erteilt werden.

(4) Die Ausfertigung und Auszüge der Urteile sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen.

(5) Ist das Urteil nach § 313b Abs. 2 in abgekürzter Form hergestellt, so erfolgt die Ausfertigung in gleicher Weise unter Benutzung einer beglaubigten Abschrift der Klageschrift oder in der Weise, dass das Urteil durch Aufnahme der in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Angaben vervollständigt wird. Die Abschrift der Klageschrift kann durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder durch den Rechtsanwalt des Klägers beglaubigt werden.

(1) Soweit ein Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.

(2) Das Gleiche gilt, wenn die Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein anderer nach Absatz 1 verpflichteter Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über.

(3) Der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil geht, soweit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 1 anstelle des Elternteils ein anderer, nicht unterhaltspflichtiger Verwandter oder der Ehegatte des anderen Elternteils Unterhalt leistet, auf diesen über. Satz 1 gilt entsprechend, wenn dem Kind ein Dritter als Vater Unterhalt gewährt.

(4) Der Übergang des Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 63/00 Verkündet am:
25. Juni 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Überstundenvergütungen werden im Rahmen des Elternunterhalts nach den auch
sonst im Unterhaltsrecht geltenden Maßstäben zum unterhaltsrelevanten Einkommen
des einem Elternteil Unterhaltspflichtigen hinzugezählt.

b) Zur Frage, wie der Anspruch auf Familienunterhalt des Ehegatten des einem Elternteil
Unterhaltspflichtigen zu bemessen ist, wenn die ehelichen Lebensverhältnisse
durch eine latente oder bereits eingetretene Unterhaltslast gegenüber dem
Elternteil geprägt waren.

c) Der einem Elternteil Unterhaltspflichtige ist in der Disposition der ihm belassenen
Mittel frei. Sein Selbstbehalt ist daher nicht deshalb herabzusetzen, weil er tatsächlich
preisgünstiger wohnt, als es der in dem Tabellenmindestselbstbehalt eingearbeiteten
Warmmiete entspricht.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2003 - XII ZR 63/00 - OLG Düsseldorf
AG Duisburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Februar 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1996 geltend. Die - inzwischen verstorbene - Mutter des Beklagten war seit vielen Jahren halbseitig gelähmt und lebte seit Oktober 1991 in einem Altenkrankenheim. Da sie die Kosten des Heimaufenthalts aus ihren Einkünften nur teilweise aufbringen konnte, gewährte ihr die Klägerin Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege. Die monatlichen Leistungen beliefen sich in der Zeit von Januar 1994 bis Juni 1996 auf monatlich mindestens 2.419,39 DM und höchstens 3.657,79 DM.
Der Beklagte ist einer von drei Söhnen der Mutter. Er ist von Beruf Ingenieur und - kinderlos - verheiratet. Seine Ehefrau erzielte in den Jahren 1994 bis 1996 ein monatliches Nettoeinkommen von mehr als 1.800 DM. Der Bruder des Beklagten, Hans-Peter S., ist verheiratet und hat drei unterhaltsberechtigte Kinder. Er wurde von der Klägerin vor einem anderen Amtsgericht auf Unterhaltsleistungen für die Mutter in Anspruch genommen. Der weitere Bruder des Beklagten, Reiner S., ist ebenfalls verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Beide Brüder erzielten in der hier maßgeblichen Zeit geringere Einkünfte als der Beklagte. Die Klägerin hat den Beklagten, der die Mutter bis zu seiner Heirat zeitweise selbst gepflegt hat, bereits früher - u.a. für die Zeit von Mai 1992 bis Dezember 1993 - auf Unterhalt für die Mutter in Anspruch genommen. Auch für die Zeit ab Juli 1996 wird von der Klägerin Elternunterhalt gefordert. Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin Zahlung von 64.844,94 DM zuzüglich Zinsen für die Zeit von Januar 1994 bis Juni 1996 begehrt. Der Beklagte hat den Anspruch in Höhe von 6.000 DM anerkannt und im übrigen Klageabweisung beantragt. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von (insgesamt ) 13.824 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben und sie im übrigen mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von (insgesamt) 32.130 DM zuzüglich Zinsen verurteilt. Die Anschlußberufung des Beklagten, mit der er weiterhin Klageabweisung erstrebt hat, soweit der Anspruch nicht anerkannt worden ist, hatte keinen Erfolg. Mit seiner - zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein zweitinstanzliches Begehren weiter. Die Klägerin hat sich der Revision angeschlossen. Sie begehrt Zahlung weiterer 32.130 DM nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:

Revision und Anschlußrevision sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter in Höhe der für die Zeit von Januar 1994 bis Juni 1996 erbrachten Sozialhilfeleistungen zwischen den Parteien nicht streitig sei. Zur Leistungsfähigkeit des Beklagten hat es ausgeführt: Dessen durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen sei mit 4.311 DM für 1994, 4.038 DM für 1995 und 4.356 DM für 1996 - jeweils nach Abzug einer Arbeitsmittelpauschale von 5 % - unstreitig. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei dieses Einkommen bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt auch insoweit zu berücksichtigen, als es auf der Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld und von Überstundenvergütungen und Auslösungen beruhe. Der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen sei ausgehend von dem insofern seit dem 1. Juli 1998 in der Düsseldorfer Tabelle vorgesehenen Mindestsatz zu ermitteln. Er betrage nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) 2.250 DM und sei durch einen Aufschlag von 25 % auf den Selbstbehaltsatz eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem volljährigen Kind (seinerzeit: 1.800 DM) errechnet worden. Diese Methode könne auch für die Zeit vor dem 1. Juli 1998 angewendet werden. Der Mindestselbstbehaltsatz belaufe sich deshalb für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 auf 2.000 DM (Selbstbehaltsatz nach der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Juli 1992 - gegenüber einem volljährigen Kind: 1.600 DM + 25 %) und für die Zeit ab 1. Januar 1996 auf 2.250 DM (Selbstbehaltsatz gegenüber einem volljährigen Kind nach der Düsseldorfer Tabelle - Stand 1. Januar 1996 -: 1.800 DM + 25 %). Der Unterhaltsanspruch errechne sich unter Berücksichtigung eines in den Jahren 1994 bis 1996 erzielten durchschnittli-
chen Einkommens von monatlich 4.211 DM daher mit 2.211 DM monatlich für die Jahre 1994 und 1995 (4.211 DM abzüglich 2.000 DM) und mit 1.961 DM monatlich für die Monate Januar bis Juni 1996 (4.211 DM abzüglich 2.250 DM). Ein Abzug für die Ehefrau des Beklagten sei nicht vorzunehmen, da diese über eigene Einkünfte verfügt habe, die über dem in der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Juli 1998) mit 1.750 DM angesetzten angemessenen Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten gelegen hätten. Der dem Beklagten zuzubilligende Selbstbehalt sei nicht wegen geringerer als der in der Düsseldorfer Tabelle veranschlagten Wohnkosten herabzusetzen, denn bei den Beträgen handle es sich um Richtsätze, die den Unterhaltsschuldner nicht hinderten, sein Einkommen zur Bestreitung seines Lebensbedarfs anders zu verteilen. Andererseits sei es auch nicht gerechtfertigt, die vorgenannten Selbstbehaltsätze für den Unterhaltspflichtigen weiter zu erhöhen, da sie im Verhältnis zu dem gegenüber einem volljährigen Kind anzunehmenden Selbstbehalt bereits maßvoll erhöht seien. Abgesehen davon komme dem Beklagten jedenfalls im Rahmen der nach § 91 Abs. 2 BSHG anzustellenden sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung eine Unterhaltsentlastung zugute, die derjenigen, die teilweise in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sowie in den Empfehlungen des 11. Deutschen Familiengerichtstages und des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge befürwortet werde, vergleichbar sei. Der Anspruchsübergang sei nämlich nach § 91 Abs. 2 BSHG in gleicher Weise begrenzt wie die Heranziehung des Einkommens und Vermögens des Unterhaltspflichtigen. Die sozialhilferechtlichen Selbstbehaltsätze hätten sich im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des Grundbetrages und der Wohnkosten auf monatlich 2.026,80 DM (Januar 1994 bis Juni 1994), 2.075,80 DM (Juli 1994 bis Juni 1995) und auf 2.082,80 DM (Juli 1995 bis Juni 1996), im Durchschnitt damit auf rund 2.069 DM monatlich, belaufen. Ein weiterer Selbstbehalt für die Ehefrau des Beklagten sei nicht anzusetzen, weil sie
wegen des von ihr erzielten Einkommens auch sozialhilferechtlich nicht unter- haltsbedürftig gewesen sei. Nach § 84 Abs. 1 BSHG dürfe der Hilfeempfänger und deshalb auch der Unterhaltspflichtige außerdem nur in angemessenem Umfang in Anspruch genommen werden. Insofern sei vor allem die Dauer der Sozialhilfegewährung zu beachten. Da der Beklagte bereits zum wiederholten Male zu Unterhaltsleistungen für seine Mutter herangezogen werde, erscheine auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände, insbesondere der Tatsache , daß die Klägerin die Brüder des Beklagten nur in Höhe von 50 % der Differenz zwischen Einkommen und Selbstbehalt heranziehe, eine Inanspruchnahme in Höhe von 50 % angemessen. Der Anspruchsübergang auf die Klägerin sei deshalb auf monatlich 1.071 DM zu begrenzen (durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen: 4.211 DM abzüglich sozialhilferechtlicher Selbstbehalt: 2.069 DM = 2.142 DM : 2). Der Gesamtanspruch für den hier maßgeblichen Zeitraum belaufe sich somit auf 32.130 DM (1.071 DM x 30). Auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der Brüder des Beklagten komme es im Ergebnis nicht an. Beide hätten unstreitig geringere Einkünfte erzielt als der Beklagte. Da der durchschnittliche Bedarf der Mutter durch die angenommene Unterhaltspflicht des Beklagten nur zu weniger als 1/3 gedeckt werde, könne eine Heranziehung der Brüder nach den entsprechenden Maßstäben zu keiner Bedarfsdeckung führen, weshalb eine Verringerung der vom Beklagten zu leistenden Quote nach § 1606 Abs. 3 BGB nicht in Betracht komme. 2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Die Unterhaltspflicht des Beklagten gegenüber seiner Mutter steht allerdings , wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, dem Grunde nach nicht im Streit. Sie ergibt sich aus § 1601 BGB. Auch den Unterhaltsbedarf der Mutter hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt; er wird durch die Unterbrin-
gung in einem Altenkrankenheim bestimmt und deckt sich mit den dort angefallenen Kosten, soweit diese nicht aus eigenem Einkommen bestritten werden konnten (§§ 1602 Abs. 1, 1610 Abs. 2 BGB).
b) Unstreitig ist ferner die Höhe des von dem Beklagten in dem hier maßgeblichen Zeitraum erzielten Einkommens. Insofern rügt die Revision jedoch , daß das Berufungsgericht auch die von dem Beklagten bezogene Überstundenvergütung als unterhaltsrelevantes Einkommen angesehen habe. Das Oberlandesgericht habe entgegen seinen eigenen Leitlinien nicht festgestellt, daß die geleistete Mehrarbeit berufsüblich oder nur in geringem Umfang angefallen sei. Es habe auch nicht erwogen, ob Einkünfte aus Mehrarbeit bei der Berechnung des Elternunterhalts nach Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu behandeln seien. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zur Feststellung seines Einkommens grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen, die ihm zufließen. Deshalb sind als Arbeitseinkommen regelmäßig alle Leistungen anzusehen, die ihm im Hinblick auf das Arbeits- oder Dienstverhältnis gewährt werden, gleichgültig, aus welchem Anlaß sie im einzelnen gezahlt werden. Was die Vergütung von Überstunden anbelangt, so ist diese grundsätzlich gleichfalls - in voller Höhe - mit einzusetzen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie nur in geringem Umfang anfällt oder wenn die Ableistung von Überstunden im fraglichen Ausmaß in dem vom Unterhaltsschuldner ausgeübten Beruf üblich ist (Senatsurteil vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984). Da somit das auf Überstundenvergütung beruhende Einkommen des Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich grundsätzlich zu berücksichtigen ist, hat
er die Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, daß das betreffende Einkommen gleichwohl außer Betracht zu bleiben hat. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Die Revision rügt auch nicht, daß insofern Vorbringen des Beklagten übergangen worden sei. Anhaltspunkte, die für eine nur eingeschränkte Berücksichtigung der Überstundenvergütung sprechen würden, sind auch nicht ersichtlich. Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen hat der Beklagte 1994 insgesamt 122 Überstunden geleistet und 1995 insgesamt 46. Für das Jahr 1996 ist insofern aus der Verdienstbescheinigung nichts ersichtlich. Selbst im Jahr 1994 sind mithin nur rund 10 Überstunden im Monatsdurchschnitt und damit deutlich weniger als 10 % der regulären Arbeitszeit geleistet worden. Bei einem solchen Anteil ist jedenfalls noch von einem geringen Umfang der Überstunden auszugehen (vgl. auch OLG Köln FamRZ 1984, 1108, 1109), so daß gegen die Berücksichtigung des hieraus resultierenden Einkommens keine rechtlichen Bedenken bestehen. Auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt gelten insofern keine anderen Maßstäbe.
c) Unterhaltspflichtig ist der Beklagte allerdings nur insoweit, als er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen imstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB). aa) Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen gehört auch die Unterhaltspflicht gegenüber der Ehefrau des Beklagten, falls diese kein ihren Unterhaltsbedarf deckendes eigenes Einkommen erzielt. Der Beklagte schuldet ihr in diesem Fall gemäß §§ 1360, 1360 a BGB Familienunterhalt. Dieser Unterhaltsanspruch läßt sich zwar nicht ohne weiteres nach den zum Ehegattenunterhalt bei Trennung und Scheidung entwickelten Grundsätzen bemessen. Denn er ist nach seiner Ausgestaltung nicht auf die Gewährung einer - frei verfügbaren - Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegen-
seitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet, daß jeder von ihnen seinen Beitrag zum Familienunterhalt entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet. Sein Maß bestimmt sich aber nach den ehelichen Lebensverhältnissen, so daß § 1578 BGB als Orientierungshilfe herangezogen werden kann (Senatsurteile vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537 und vom 22. Januar 2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 366 f.). Deshalb ist es rechtlich unbedenklich, den Anspruch auf Familienunterhalt im Fall der Konkurrenz mit anderen Unterhaltsansprüchen auf die einzelnen Familienmitglieder aufzuteilen und in Geldbeträgen zu veranschlagen. Der anzusetzende Betrag kann daher insoweit in gleicher Weise wie der Unterhaltsbedarf eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten ermittelt werden (Senatsurteile vom 19. Februar 2003 - XII ZR 67/00 - FamRZ 2003, 860, 864; vom 22. Januar 2003 aaO; vom 20. März 2002 - XII ZR 216/00 - FamRZ 2002, 742 und vom 18. Oktober 2000 - XII ZR 191/98 - FamRZ 2001, 1065, 1066). bb) Welcher Betrag bei dem auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen für den Unterhalt seines Ehegatten anzusetzen ist, wird in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und im Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Nachdem die Düsseldorfer Tabelle für diesen Fall bei gemeinsamer Haushaltsführung einen Selbstbehalt für den Ehegatten von mindestens 1.750 DM (ab 1. Juli 1998) vorsieht, ist vielfach der entsprechende Betrag herangezogen worden. Der Senat hat inzwischen entschieden, daß der Unterhaltsanspruch der mit dem - auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen - Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehefrau nicht auf einen Mindestbetrag beschränkt, sondern nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens - und Vermögensverhältnissen, die den ehelichen Lebensstandard bestimmen, zu bemessen ist. Für sie ist deshalb nicht von vornherein ein bestimmter Mindestbetrag anzusetzen. Bei der Bemessung des Unterhaltsan-
spruchs der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen stellt sich allerdings die Frage, ob diese bereits durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Denn der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten kann auch durch Unterhaltsansprüche nachrangig Berechtigter eingeschränkt werden, soweit die sich aus einem entsprechenden Vorwegabzug ergebende Verteilung der zum Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nicht zu einem Mißverhältnis hinsichtlich des wechselseitigen Bedarfs der Beteiligten führt (Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO S. 865). cc) Danach kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Wie die Revision zu Recht geltend macht, ist der Unterhaltsbedarf der Ehefrau des Beklagten mit Rücksicht auf das von den Eheleuten erzielte Einkommen grundsätzlich höher zu bemessen als der Mindestbedarf von 1.750 DM. Welcher Betrag insofern anzusetzen ist, hängt zum einen von dem Einkommen der Ehefrau ab, zu dessen konkreter Höhe das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen getroffen hat. Zum anderen kommt es darauf an, ob die ehelichen Lebensverhältnisse durch Unterhaltsleistungen für die Mutter geprägt waren. Das kann dadurch zum Ausdruck gekommen sein, daß bereits tatsächlich Unterhalt für diese geleistet worden ist. Darüber hinaus kann aber auch schon die latente Unterhaltslast für einen Elternteil die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO S. 865). Insofern ist jedenfalls davon auszugehen, daß die ehelichen Lebensverhältnisse um so eher von einer Unterhaltsverpflichtung geprägt werden, je höher die Wahrscheinlichkeit einzuschätzen ist, für den Unterhalt von Eltern aufkommen zu müssen. Denn die ehelichen Lebensverhältnisse, die von den sich wandelnden wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Ehegatten abhängen,
können durch derartige Umstände ebenfalls beeinflußt werden. Mit Rücksicht darauf kann es auch nicht allein auf die Verhältnisse bei der Eheschließung des Unterhaltspflichtigen ankommen, sondern - wie klarzustellen ist - auch auf deren spätere Entwicklung. Ob und unter welchen Umständen danach allgemein eine Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse - etwa im Fall einer sich abzeichnenden Pflegebedürftigkeit eines Elternteils (vgl. hierzu auch Anmerkung Klinkhammer FamRZ 2003, 866, 867 f.) - angenommen werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Da der Beklagte seine - seit vielen Jahren halbseitig gelähmte - Mutter bis zu seiner Heirat zeitweise selbst gepflegt hat und bereits in der Vergangenheit auf Unterhalt für sie in Anspruch genommen wurde, dürfte hier von einer Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die Unterhaltspflicht für die Mutter auszugehen sein. Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Beklagten wird deshalb mit Rücksicht darauf und unter Einbeziehung ihres eigenen Einkommens zu ermitteln sein. Entgegen der Auffassung der Revision bestand für das Berufungsgericht allerdings kein Anlaß für die Prüfung, ob das Einkommen der Ehefrau entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB teilweise anrechnungsfrei zu bleiben hat, weil sie neben der eigenen Berufstätigkeit den Haushalt alleine führe. Soweit die Revision sich darauf stützt, der Beklagte habe entsprechende Umstände geltend gemacht, verkennt sie, daß es sich bei dem in Bezug genommenen Protokoll des Amtsgerichts vom 14. Oktober 1997 um ein solches über die mündliche Verhandlung in dem vorausgegangenen Rechtsstreit der Parteien handelt.
d) Das Berufungsurteil begegnet aber noch aus einem weiteren Grund rechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterhaltsanspruch der Mutter bestehe in Höhe von monatlich 2.211 DM für die Zeit bis Dezember 1995 und in Höhe von monatlich 1.961 DM ab Januar 1996. Eine
Begrenzung der Inanspruchnahme des Beklagten ist erst aufgrund der sozial- hilferechtlichen Bestimmungen im Rahmen der Prüfung des Anspruchsübergangs auf die Klägerin erfolgt. Das steht mit dem Gesetz nicht in Einklang. Die beim Verwandtenunterhalt maßgebliche Vorschrift des § 1603 Abs. 1 BGB gewährleistet jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts; ihm sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben , die er zur angemessenen Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt. In welcher Höhe dieser Bedarf zu bemessen ist, hängt von der Lebensstellung des Unterhaltsverpflichteten ab, die sich aus seinem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang ergibt. Denn es entspricht der Erfahrung, daß die Lebensstellung an die zur Verfügung stehenden Mittel angepaßt wird. Mit Rücksicht darauf kann der angemessene Eigenbedarf nicht unabhängig von dem im Einzelfall vorhandenen Einkommen und Vermögen bestimmt werden; er ist entsprechend den Umständen des Einzelfalles veränderlich. Wie der Senat inzwischen entschieden hat, braucht der Unterhaltsverpflichtete bei einer Inanspruchnahme auf Unterhalt für einen Elternteil eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt. Eine derartige Schmälerung des eigenen angemessenen Bedarfs wäre mit dem Gesetz nicht zu vereinbaren, das den Unterhaltsanspruch der Eltern rechtlich vergleichsweise schwach ausgestaltet hat (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1700 f.). Die Bemessung des angemessenen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Das dabei gewonnene Ergebnis ist revisionsrechtlich jedoch darauf zu überprüfen, ob es den anzuwendenden Rechtsgrundsätzen Rechnung trägt und angemessen ist (Senats-
urteile vom 27. April 1983 - IVb ZR 372/81 - FamRZ 1983, 678 und vom 6. November 1985 - IVb ZR 45/84 - FamRZ 1986, 151). Das ist hier nicht der Fall. Wenn von dem Unterhaltspflichtigen verlangt wird, mehr von seinem Ein- kommen für den Unterhalt eines Elternteils einzusetzen, als ihm selbst verbleibt , wie es hier für die Zeit bis Dezember 1995 angenommen worden ist, wird die Grenze des dem Unterhaltspflichtigen Zumutbaren in der Regel überschritten (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO S. 1700). Ob und inwieweit die Mindestsätze des Selbstbehalts zu erhöhen sind, hat der Tatrichter in eigener Verantwortung zu entscheiden. Der Senat hat es bereits gebilligt, wenn bei der Ermittlung des für den Elternunterhalt einzusetzenden bereinigten Einkommens allein auf einen - hälftigen - Anteil des Betrages abgestellt wird, der den an sich vorgesehenen Mindestselbstbehalt übersteigt. Denn durch eine solche Handhabung kann im Einzelfall ein angemessener Ausgleich zwischen dem Unterhaltsinteresse der Eltern einerseits und dem Interesse des Unterhaltsverpflichteten an der Wahrung seines angemessenen Selbstbehalts andererseits zu bewirken sein. Zugleich kann eine ungerechtfertigte Nivellierung unterschiedlicher Verhältnisse vermieden werden. Überdies hat eine derartige Verfahrensweise den Vorteil der Rechtssicherheit und Praktikabilität für sich (Senatsurteil vom 19. März 2003 - XII ZR 123/00 - FamRZ 2003, 1179, 1182). Der Notwendigkeit, den angemessenen Eigenbedarf des Beklagten unter Berücksichtigung der beim Elternunterhalt vorliegenden besonderen Verhältnisse zu bestimmen, war das Berufungsgericht nicht mit Rücksicht auf den nach den §§ 91 Abs. 2, 84 Abs. 1 BSHG in nur eingeschränktem Umfang bejahten Anspruchsübergang auf die Klägerin enthoben. Die Frage, inwieweit der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe übergeht, stellt sich erst, nachdem der Unterhaltsanspruch festgestellt worden ist. Denn es ist
nicht auszuschließen, daß der übergegangene Unterhaltsanspruch niedriger ist als das Ergebnis der sozialhilferechtlichen Vergleichsberechnung. Da das Oberlandesgericht den dem Beklagten zu belassenden angemessenen Selbstbehalt danach nicht rechtsfehlerfrei ermittelt hat, kann die Entscheidung auch aus diesem Grund keinen Bestand haben.
e) Soweit das Berufungsgericht es allerdings abgelehnt hat, den dem Beklagten zugebilligten Selbstbehalt wegen der tatsächlich geringeren als in den Selbstbehaltsätzen enthaltenen Kosten der Warmmiete zu reduzieren, wendet sich die Anschlußrevision hiergegen ohne Erfolg. Richtig ist zwar der Ausgangspunkt, daß in den pauschalierten Selbstbehaltsätzen für den Unterhaltspflichtigen und dessen Ehefrau - ab 1. Juli 1998 - eine Warmmiete von insgesamt 1.400 DM (800 DM + 600 DM) enthalten war. Selbst wenn dieser Betrag für den hier maßgeblichen Zeitraum geringer anzusetzen ist, liegt er doch deutlich über den Kosten, die dem Beklagten und seiner Ehefrau ausgehend von einer Kaltmiete von monatlich rund 576 DM an Wohnkosten entstanden sind. Ungeachtet dessen ist eine Kürzung des dem Beklagten zuzubilligenden Selbstbehalts nicht veranlaßt. Es unterliegt grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutzt. Ihm ist es deshalb nicht verwehrt, seine Bedürfnisse anders als in den Unterhaltstabellen vorgesehen zu gewichten und sich z.B. mit einer preiswerteren Wohnung zu begnügen, um zusätzliche Mittel für andere Zwecke, etwa für Bekleidung, Urlaubsreisen oder kulturelle Interessen, einsetzen zu können (ebenso OLG Hamm OLG-Report 2001, 79, 80; OLG Düsseldorf FamRZ 1999, 1020; OLG Frankfurt FamRZ 1999, 1522; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 970; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis 5. Aufl. § 2 Rdn. 270; a.A. Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rdn. 183, 203; OLG Dresden FamRZ 1999,
1522, 1523 für einen Mangelfall bei gesteigerter Unterhaltspflicht). Bei dieser Betrachtungsweise verlieren die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Warmmietanteile nicht ihren Sinn. Ihnen kommt vielmehr die Bedeutung zu, daß der Unterhaltspflichtige bei unvermeidbar höheren Wohnkosten als im Selbstbehalt berücksichtigt, evtl. dessen Heraufsetzung geltend machen kann (vgl. Anmerkung 5 der Düsseldorfer Tabelle).
f) Das angefochtene Urteil kann danach nicht bestehen bleiben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit die Leistungsfähigkeit des Beklagten unter Nachholung der erforderlichen Feststellungen erneut geprüft werden kann. 3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Familienunterhalt steht der Ehefrau grundsätzlich in Höhe der Hälfte des beiderseitigen Einkommens der Ehegatten zu (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 aaO), soweit dieses die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und nicht zur Vermögensbildung verwandt worden ist. Da die Unterhaltspflicht für die Mutter des Beklagten die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestimmt haben dürfte, wird der Unterhaltsanspruch der Ehefrau nach Vorwegabzug der für den Elternunterhalt einzusetzenden Mittel zu bemessen sein. Letztere ergeben sich - als Höchstbetrag - aus der Differenz zwischen dem tatrichterlich festzustellenden Selbstbehalt und dem Einkommen des Beklagten. Der - nach entsprechendem Vorwegabzug - errechnete Ehegattenunterhalt ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2003 aaO S. 865).
b) Soweit für die Ehefrau nicht ein Mindestbedarfssatz heranzuziehen ist, wird die durch die gemeinsame Haushaltsführung erfahrungsgemäß eintretende Ersparnis zu berücksichtigen sein, die zu schätzen ist (§ 287 ZPO).

c) Der Beklagte und seine Brüder sind als (gleich nahe) Verwandte verpflichtet , entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit anteilig für den Unterhalt ihrer Mutter aufzukommen (§§ 1601, 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Um die jeweils geschuldeten Unterhaltsquoten ermitteln zu können, müssen die nach Abzug des Selbstbehalts von den bereinigten Einkommen verbleibenden Beträge grundsätzlich zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Dabei mag es im Einzelfall, insbesondere wenn die Geschwister nicht in einem Rechtsstreit gemeinsam in Anspruch genommen werden, möglich sein, von einer exakten Quotierung abzusehen, weil sich absehen läßt, daß z.B. das Geschwister mit dem höheren zu berücksichtigenden Einkommen nicht weitergehend in Anspruch genommen wird, als es seinem nach Kopfteilen ermittelten Anteil entspricht. Ob hier ein solcher Fall vorliegt, wird sich letztlich erst beurteilen lassen, wenn festgestellt worden ist, in welcher Höhe nach Abzug eventueller Unterhaltsansprüche der jeweiligen Ehegatten und des nach den individuellen Verhältnissen ermittelten Selbstbehalts bei den Geschwistern Einkünfte für den Elternunterhalt zur Verfügung stehen.
d) Inwieweit der Unterhaltsanspruch der Mutter nach § 91 Abs. 1 und 2 BSHG auf den Träger der Sozialhilfe übergegangen ist, kann erst im Rahmen einer abschließenden Prüfung beurteilt werden. Dabei wird gegebenenfalls zu beachten sein, daß der von dem Berufungsgericht bei seiner Abwägung herangezogene Gesichtspunkt, die Brüder des Beklagten seien von der Klägerin nur
in Höhe von 50 % der Differenz zwischen Einkommen und Selbstbehalt in Anspruch genommen worden, bezüglich des Bruders Hans-Peter nicht zutreffen dürfte, wie die Anschlußrevision zu Recht geltend macht.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Fuchs Ahlt