vorgehend
Amtsgericht Trier, 9 F 432/08, 04.03.2009
Oberlandesgericht Koblenz, 9 UF 230/09, 30.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 159/09 Verkündet am:
7. Dezember 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur (hier verneinten) Präklusion von Tatsachen, nachdem eine Abänderungsklage
gegen ein Urteil über laufenden nachehelichen Unterhalt abgewiesen wurde.

b) Zur Berücksichtigung der nach Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen entstandenen
Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten als sonstige Verpflichtung
im Rahmen der Leistungsfähigkeit (im Anschluss an Senatsurteil vom
7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 159/09 - OLG Koblenz
AG Trier
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 30. September 2009 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Sie haben eine 1990 geborene Tochter und heirateten 1991. Sie trennten sich im Dezember 1998. Die Ehe wurde auf den im Juli 1999 zugestellten Scheidungsantrag geschieden. Die Scheidung ist seit November 2001 rechtskräftig.
2
Der 1948 geborene Kläger ist Handwerksmeister und mit seinem Sohn Mitgesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Kälteanlagenbau betreibt. Im Jahr 2008 überließ der Kläger seinem Sohn, dem er nach dessen Meisterprüfung im Jahr 1999 zunächst eine hälftige Gewinnbeteiligung am Be- trieb eingeräumt hatte, eine weitere Gewinnbeteiligung. Der Kläger ist wiederverheiratet und wohnt im eigenen Haus. Seine Ehefrau ist arbeitslos.
3
Die 1961 geborene Beklagte hatte vor der Eheschließung eine Ausbildung zur Bürokauffrau abgeschlossen. Während der Ehe war sie bis 1994 als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig. Danach war sie zeitweilig im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung im Betrieb des Klägers angestellt. Außerdem absolvierte sie eine Ausbildung zur staatlich geprüften Kosmetikerin. Zeitweise betrieb sie ein Kosmetikstudio und einen Naturkostladen. Nach der Trennung nahm sie an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil und arbeitete seit 2001 halbschichtig als Bürofachkraft. In der Folgezeit war sie wiederholt arbeitslos. Im Jahr 2005 zog sie mit der Tochter auf die Insel B. und scheiterte dort mit dem Versuch, eine selbstständige Tätigkeit in der Wellnessabteilung eines Hotels aufzubauen. Daran schloss sich ein Verbraucherinsolvenzverfahren an.
4
Die Tochter der Parteien bewohnt seit September 2006 eine eigene Wohnung und wird vom Kläger unterhalten.
5
Der nacheheliche Unterhalt ist durch das Urteil des Berufungsgerichts vom 22. Januar 2003 auf laufend monatlich 1.402,50 € festgesetzt worden. Eine anschließende Abänderungsklage des Klägers wurde aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2006 vom Amtsgericht abgewiesen. Seine hiergegen eingelegte Berufung nahm der Kläger nach der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 18. April 2007 zurück.
6
Mit der vorliegenden Abänderungsklage erstrebt der Kläger, an die Beklagte ab der im Oktober 2008 eingetretenen Rechtshängigkeit seiner Klage keinen nachehelichen Unterhalt mehr zahlen zu müssen. Ferner hat er in der Berufungsinstanz die Rückzahlung überzahlten Unterhalts geltend gemacht. Der Kläger beruft sich auf eine krankheitsbedingte Einkommensreduzierung.
Die Übertragung einer weitergehenden Gewinnbeteiligung auf seinen Sohn sei ebenfalls krankheitsbedingt erfolgt. Die Beklagte komme ihrer Erwerbsobliegenheit nicht nach.
7
Das Amtsgericht hat die Abänderungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Unterhalt der Höhe nach bestehen lassen, aber bis einschließlich 31. Dezember 2011 begrenzt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Revision, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger will mit der Anschlussrevision eine frühere Reduzierung des Unterhalts erreichen.

Entscheidungsgründe:

8
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
9
Die Revision der Beklagten beschränkt sich - übereinstimmend mit der nur eingeschränkten Revisionszulassung (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 11 mwN und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 17) - auf den Zeitraum nach Ablauf der Befristung mit dem 31. Dezember 2011. Die Beklagte ist auch nur in diesem Umfang durch das Berufungsurteil beschwert. Auf die Anschlussrevision des Klägers ist das Berufungsurteil hingegen auch für den vorausgegangenen Zeitraum zu überprüfen (vgl. § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO; BGH Urteil vom 22. März 2006 - VIII ZR 173/04 - NJW-RR 2006, 1328, 1329 mwN).
10
Revision und Anschlussrevision haben Erfolg und führen zu einer vollständigen Aufhebung des Berufungsurteils.

I.

11
Nach der Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in FamRZ 2010, 318 veröffentlicht ist, scheitert eine Reduzierung der titulierten Unterhaltsverpflichtung daran, dass der Kläger eine Verringerung des Einkommens nicht substantiiert vorgetragen habe. Die Beteiligungsverhältnisse und Geschäftsergebnisse des Familienbetriebes seien nicht im Einzelnen dargelegt worden. Vorsorgeaufwendungen hätten konkret dargelegt und belegt werden müssen. Eine Einkommensprognose anhand des Einkommens der letzten drei Jahre lasse sich anhand des lediglich für das Jahr 2007 vorgelegten Steuerbescheids nicht treffen. Soweit der Kläger die Vernehmung seines Steuerberaters beantragt habe, richte sich der Antrag auf Ausforschung und sei damit unzulässig.
12
Das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten stelle zwar grundsätzlich einen Abänderungsgrund dar. Der Kläger habe jedoch die Bedürftigkeit seiner Ehefrau nicht hinreichend belegt. Der Aufenthaltswechsel der Tochter stelle keinen tauglichen Abänderungsgrund dar, weil er wegen der durchgängigen Barunterhaltspflicht des Klägers dessen Einkommensverhältnisse nicht beeinflusst habe.
13
Auf den Einwand, die Beklagte sei unterhaltsrechtlich zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet, könne der Kläger seine Abänderungsklage nicht stützen, weil dieser Einwand nach § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Abzustellen sei auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Amts- gericht im letzten Abänderungsverfahren. Der Auffassung, dass es auf die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren ankomme, wenn die Berufung erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werde, sei nicht zu folgen. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 4. Oktober 2006 habe bereits eine Obliegenheit der Beklagten zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit bestanden. Die Tochter habe ihr 15. Lebensjahr schon im März 2005 beendet, sodass die Kindererziehung die Beklagte nicht mehr an der Aufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit gehindert habe.
14
Der Befristungseinwand des Klägers greife hingegen durch. Eine Präklusion dieses Einwands sei nicht eingetreten. Es sei zu beachten, dass der Gesetzgeber die Befristung des nachehelichen Unterhalts neu geregelt habe. Eine nachträgliche Gesetzesänderung eröffne die Abänderungsklage, ohne dass es auf eine Veränderung der tatsächlichen Umstände ankomme. Die Übergangsregelung in § 36 Nr. 1 und 2 EGZPO stehe dem nicht entgegen. Die Auffassung , dass das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 insoweit keine neue Abänderungsmöglichkeit mehr eröffne, sei nicht überzeugend. Es sei unbillig, den Parteien im Nachhinein vorzuhalten, sie hätten bereits im Erstverfahren kurz vor der erwarteten und diskutierten Unterhaltsreform der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Rechnung tragen müssen.
15
Ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch sei unbillig. Ins Gewicht fallende ehebedingte Nachteile habe die Beklagte nicht erlitten. Sie habe nach der Trennung wieder halbschichtig in ihrem früheren Tätigkeitsbereich gearbeitet. Soweit sie sich beruflich umorientiert habe und damit gescheitert sei, falle dies nicht in den Verantwortungsbereich des Klägers. Vielmehr sei davon auszugehen , dass sie die halbschichtige Tätigkeit im Bürobereich mit zunehmendem Alter des Kindes zu einer Vollzeittätigkeit habe aufstocken können. Ein Nachteil in der Altersversorgung sei zwar ausweislich des abzuändernden Urteils nicht durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen worden, habe aber kein so erhebliches Gewicht, dass die Befristung ausgeschlossen wäre.
16
Die Ehe der Parteien habe bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ca. acht Jahre und zwei Monate gedauert. Hinzu komme aber die Betreuung der Tochter bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres. Ob diese Betreuung durch dritte Personen stattgefunden und die Tochter einen Ganztagskindergarten besucht habe, sei nicht entscheidend. Auf der anderen Seite habe der Kläger seit Januar 2001 nachehelichen Unterhalt gezahlt, sodass eine Befristung des Unterhalts bis Ende 2011 angemessen sei. Die Beklagte habe Gelegenheit gehabt, durch eine Verstärkung ihrer Erwerbsbemühungen eine Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit zu erreichen und ihren Lebenszuschnitt auf die veränderten Verhältnisse einzustellen. Die Befristung sei ihr auch nach § 36 Nr. 1 EGZPO zumutbar.

II.

17
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
18
1. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage richtet sich nach § 323 ZPO aF. Sie ist im vorliegenden Fall gegeben. Der Kläger hat sich zur Begründung der Abänderungsklage auf gesunkene Einkünfte berufen, ferner auf eine nach Wiederverheiratung hinzugekommene weitere Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau. Bei beiden Umständen handelt es sich um neue Tatsachen, die nach dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren eingetreten sind (vgl. Se- natsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 11 f. und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 16).
19
2. Das Berufungsgericht hat den Einwand der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit für präkludiert gehalten. Dem kann nicht gefolgt werden. Solches stünde auch im Widerspruch zu seiner Ansicht, dass der Anspruch sich insgesamt aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben soll.
20
a) Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt voraus, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine vollschichtige angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder aber ausüben kann (Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 16; vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - zur Veröffentlichung bestimmt - und vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265, 266). Demnach könnte sich der Unterhaltsanspruch aber nicht vollständig aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben, sondern zum Teil nur aus anderen Anspruchsgrundlagen.
21
b) Eine Präklusion des Einwands der vollschichtigen Erwerbsobliegenheit ist jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht eingetreten. Nach § 323 Abs. 2 ZPO (entsprechend § 238 Abs. 2 FamFG) kann die Klage nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind. Übereinstimmend mit der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es hier auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an, auf die das - letzte - Sachurteil ergangen ist (Senatsurteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - FamRZ 2000, 1499). Die Verhandlung in der Berufungsinstanz ist nur dann maßgeblich, wenn das Berufungsgericht in der Sache entscheidet, nicht hingegen, wenn die Berufung - vor oder nach mündlicher Verhandlung - zurückgenommen wird. Durch die Berufungsrücknahme wird der Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz wieder zum maßgebenden Zeitpunkt im Sinne von § 323 Abs. 2 ZPO (Senatsurteil BGHZ 96, 205, 211 = FamRZ 1986, 43, 44; aA OLG Zweibrücken FamRZ 1989, 304 unter unzutreffender Berufung auf das Senatsurteil vom 27. Januar 1988 - IVb ZR 14/87 - FamRZ 1988, 493).
22
Das Urteil kann nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich auch das eine vorausgegangene Abänderungsklage abweisende Urteil sein. Nach der Rechtsprechung des Senats kann § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese - im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose - die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 und vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - FamRZ 2007, 983,

984).

23
Die Präklusion geht dann aber nicht weiter als die Rechtskraftwirkung des Urteils, zu deren Ermittlung auch die Entscheidungsgründe heranzuziehen sind (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - FamRZ 2008, 872, 873 und vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Im vorliegenden Fall hatte das Amtsgericht in dem die Abänderungsklage abweisenden früheren Urteil aber jedenfalls nach dem seinerzeit schon erfolgten Aufenthaltswechsel der Tochter einen Betreuungsunterhalt als nicht mehr geschuldet bezeichnet und eine Vollzeiterwerbsobliegenheit der Beklagten nicht in Frage gestellt. Es hat die Klage vielmehr abgewiesen, weil der Kläger das Vorbringen zu seinem Einkommen nicht an dem Ausgangsurteil des Oberlandesgerichts ausgerichtet habe und die Klage daher unschlüssig sei. Es enthält somit keine aktualisierte, der Vollzeiterwerbstätigkeit entgegen stehende Prognoseentscheidung. Dementsprechend lässt sich dem Urteil auch nicht entnehmen , dass die Beklagte fortan etwa teilweise wegen Erwerbslosigkeit unterhaltsberechtigt sei, sodass sich keine Präklusion für den Kläger ergibt.
24
c) Aufgrund der unzutreffenden Annahme einer Präklusion hat sich für das Berufungsgericht die Frage eines teilweisen Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 BGB nicht gestellt. Zwar sprechen seine Ausführungen zur Befristung des Unterhalts gegen einen solchen Anspruch und dürfte auch der Prozessvortrag der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 497 mwN) nicht ausreichend sein. Da das Berufungsgericht indessen mit der fortgeschriebenen Unterhaltsberechnung von einer Obliegenheit zu einer nur teilschichtigen Erwerbstätigkeit ausgegangen ist, bestand für die Beklagte, auch wenn sie Bewerbungsunterlagen vorgelegt hat, insoweit keine Veranlassung zu einem eingehenden Sachvortrag, wozu ihr noch Gelegenheit gegeben werden muss.
25
Demnach mangelt es dem Berufungsurteil an für die Bestimmung des Unterhaltstatbestands notwendigen Feststellungen.
26
3. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Bedarf nach § 1578 Abs. 1 BGB bleiben ebenfalls nicht frei von Bedenken, was zum Teil mit den bereits aufgezeigten Beanstandungen zusammenhängt.
27
a) Das Berufungsgericht hat übereinstimmend mit dem Amtsgericht den Vortrag des Klägers zu einem gegenüber dem Vorprozess gesunkenen Einkommen für nicht substantiiert und den Antrag auf Vernehmung des Steuerberaters als Ausforschungsbeweis für unzulässig gehalten.
28
Es entspricht im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Senats, dass Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit jedenfalls in dem Fall, dass den Unterhaltspflichtigen die Darlegungs- und Beweislast trifft, so detailliert darzulegen sind, dass eine Trennung von unterhaltsrechtlich beachtlichen und - etwa im Unterschied zum Einkommensteuerrecht - unbeachtlichen Positionen möglich ist (Senatsurteil vom 23. April 1980 - IVb ZR 510/80 - FamRZ 1980, 770 zur Leistungsfähigkeit nach § 59 EheG; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 44). Das gilt ebenfalls, wenn es sich um eine Abänderungsklage des Unterhaltspflichtigen handelt, und erst recht, wenn bereits der Ausgangstitel auf einer derart detaillierten Einkommensermittlung basiert, wie es hier der Fall ist. Auch dann ist der Kläger für eine Reduzierung seines Einkommens darlegungs- und beweisbelastet und kann die notwendige Darlegung nicht durch das Beweisangebot der Vernehmung eines Steuerberaters als Zeugen ersetzt werden (Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 44 mwN).
29
Allerdings rügt die Anschlussrevision zu Recht, dass das Vorbringen des Klägers den vom Berufungsgericht gestellten Anforderungen jedenfalls teilweise genügt hat, ohne dass dies vom Berufungsgericht berücksichtigt worden ist. Die vom Berufungsgericht vermissten Geschäftsergebnisse des Handwerksbetriebs hat der Kläger ebenso wie die vereinbarte Gewinnbeteiligung (zunächst 35%, später 5%) durch Vorlage von Bescheinigungen seines Steuerberaters vorgetragen. Diese weisen die auf den Kläger entfallenden Gewinnanteile für die Geschäftsjahre 2005 bis 2007 aus und sind in der Berufungsinstanz ergänzt und teilweise erläutert worden. Insoweit hätte es zumindest eines - ggf. mit Auflagen verbundenen - gerichtlichen Hinweises bedurft, in welchen Punkten das Berufungsgericht weiteren Sachvortrag des Klägers erwartete. Die Begründung des amtsgerichtlichen Urteils ersetzte einen Hinweis nicht, schon weil der Kläger sein Vorbringen in der Berufungsinstanz nachgebessert hat.
30
b) Das vom Berufungsgericht aus dem Ausgangsurteil übernommene Einkommen der Beklagten kann nach dem oben zum Unterhaltstatbestand Ausgeführten nicht bestehen bleiben. Der Kläger ist aufgrund des vorausgegangenen Abänderungsverfahrens mit dem Einwand der weitergehenden Erwerbspflicht nicht präkludiert. Vielmehr ist die Beklagte sowohl für die Voraussetzungen des Unterhaltstatbestands als auch für ihre Bedürftigkeit darlegungsund beweisbelastet. Sollte ein neben dem Aufstockungsunterhalt allein in Betracht kommender (Teil-)Anspruch der Beklagten aus § 1573 Abs. 1 BGB nicht bestehen, wäre anstelle der vom Berufungsgericht aus dem Vorprozess fortgeschriebenen Berechnung mit einem Einkommen der Beklagten aus teilschichtiger Tätigkeit ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zugrunde zu legen.
31
4. Auch im Hinblick auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Klägers begegnet das Berufungsurteil durchgreifenden Bedenken.
32
Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass das Hinzutreten eines weiteren Unterhaltsberechtigten grundsätzlich einen zu berücksichtigenden Abänderungsgrund darstellt. Indessen durfte es nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Kläger die Bedürftigkeit seiner Ehefrau nicht hinreichend belegt habe.
33
Nach § 1581 Satz 1 BGB braucht der Verpflichtete, der nach seinen Erwerbs - und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht.
34
Eine sonstige Verpflichtung in diesem Sinne ist auch eine weitere Unterhaltspflicht. Zwar darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Bemessung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Unterhaltspflicht gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten nicht berücksichtigt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437). Darauf, dass die Unterhaltspflicht erst nach der Scheidung entstanden ist und sie mit der geschiedenen Ehe und deren Lebensverhältnissen nicht vereinbar ist, kommt es bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit aber nicht an. Allerdings muss es sich bei dem hinzugetretenen Unterhalt um eine dem Geschiedenenunterhalt zumindest gleichrangige Verpflichtung handeln (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Ob der Unterhalt der heutigen Ehefrau dem der Beklagten nach § 1609 Nr. 2, 3 BGB gleich- oder vorrangig ist, ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsurteils nicht.
35
Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des hinzugetretenen Unterhaltsanspruchs trägt der Unterhaltspflichtige (Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist. Die Anschlussrevision beanstandet hingegen zu Recht, dass das Berufungsgericht die Bedürftigkeit der Ehefrau nicht für belegt gehalten hat. Der Vortrag des Klägers zum Einkommen der Ehefrau (zunächst Erwerbseinkommen, später Arbeitslosengeld) war aber ohne weiteres so zu verstehen, dass weitere Einkommensquellen nicht vorhanden sind. Das ergibt sich für ein mögliches Arbeitseinkommen schon aus den Voraussetzungen der Bewilligung von Arbeitslosengeld nach §§ 117 ff. SGB III. Für das Entstehen eines Unterhaltsanspruchs genügt es zudem, dass das Einkommen der Ehefrau unter dem des Klägers liegt (zur Beurteilung des konkurrierenden Unterhaltsanspruchs nach den für den nachehelichen Unterhalt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt - und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
36
An der mangelnden Bedürftigkeit der Ehefrau hätte deren Unterhaltsanspruch demnach nur scheitern können, wenn diese außerhalb des Einkommens aus nicht selbstständiger Tätigkeit und Arbeitslosengeld über erhebliche weitere Einkünfte, etwa aus Kapitalvermögen verfügen würde (zur Behandlung des Unterhaltsanspruchs des neuen Ehegatten entsprechend den für den Geschiedenenunterhalt geltenden Maßstäben s. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt - und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Selbst wenn aber ein solches Verständnis nicht zwingend gewesen wäre, hätte das Berufungsgericht - wie die Anschlussrevision zutreffend rügt - nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO darauf hinweisen müssen, dass insoweit weiterer Vortrag des Klägers erforderlich sei.
37
Da das Berufungsgericht sowohl hinsichtlich des Unterhaltsrangs als auch bezüglich der Unterhaltsbedürftigkeit der heutigen Ehefrau keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, ist für die Revisionsinstanz zu unterstellen , dass diese unterhaltsbedürftig und ihr Unterhalt dem der Beklagten zumindest gleichrangig ist. In diesem Fall ist die hinzugetretene Unterhaltspflicht aber bei der Anpassung des Geschiedenenunterhalts unter dem Gesichtspunkt der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Klägers zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
38
5. a) Den Einwand der Befristung hat das Berufungsgericht nicht durch die Entscheidung im vorausgegangenen Abänderungsverfahren für ausgeschlossen gehalten und hat hier auf die seit 1. Januar 2008 geltende Gesetzeslage als Abänderungsgrund abgestellt. Das stimmt zwar nicht mit der - nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Rechtsprechung des Senats überein, erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig.
39
Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings mit der gesetzlichen Neuregelung zum 1. Januar 2008 im Hinblick auf die Befristung des Aufstockungsunterhalts keine materielle Rechtsänderung verbunden gewesen. Wurde ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB nach Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006) durch Urteil festgelegt, so ergibt sich weder aus der anschließenden Senatsrechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des § 1578 b BGB am 1. Januar 2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 18 ff. und BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111). Das gilt auch dann, wenn aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind, die von der Unterhaltsberechtigten betreut wurden (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 30 ff.).
40
Die genannten Entscheidungen des Senats beziehen sich indessen zum einen auf Fälle, in denen die Gesetzesänderung als - im wesentlichen - einziger Abänderungsgrund angeführt wurde. Der vorliegende Fall liegt allerdings schon insofern anders, als es sich bei dem im Ausgangsverfahren zugesprochenen Unterhalt nicht ausschließlich um Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB handelte, sondern zum Teil um Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, der einer Befristung nicht zugänglich war (zum Verhältnis von Herabsetzung und Befristung in Bezug auf die Präklusion vgl. Senatsurteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - zur Veröffentlichung bestimmt). Durch die Abweisung der zwischenzeitlichen Abänderungsklage im Jahr 2006 ist insoweit keine neue Grundlage geschaffen worden, weil das Urteil des Amtsgerichts - wie oben näher begründet worden ist - insoweit keine Rechtskraftwirkung entfaltet hat.
41
Demnach haben sich hier andere wesentliche Umstände verändert, die eine Neubewertung der Befristung nach § 1578 b BGB erfordern. Auch die Wiederverheiratung des Klägers kann in diesem Zusammenhang Berücksichtigung finden, wenn sie nicht bereits im Rahmen der Neubemessung der Leistungsfähigkeit Niederschlag gefunden hat (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 20; Senatsurteil vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 23).
42
b) Ob die Befristung und die hierfür angeführten Erwägungen, welche von der Revision nicht angegriffen worden sind, in der Sache Bestand haben, hängt indessen von den noch nachzuholenden Feststellungen zum Unterhaltstatbestand ab (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 42, 62).

III.

43
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Der Senat ist wegen der noch nachzuholenden Feststellungen nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Trier, Entscheidung vom 04.03.2009 - 9 F 432/08 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 30.09.2009 - 9 UF 230/09 -

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(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsache

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1581 Leistungsfähigkeit


Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur i

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2011 - XII ZR 159/09 zitiert oder wird zitiert von 17 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2011 - XII ZR 162/09

bei uns veröffentlicht am 26.10.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 162/09 Verkündet am: 26. Oktober 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2010 - XII ZR 205/08

bei uns veröffentlicht am 29.09.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 205/08 Verkündet am: 29. September 2010 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Nov. 2010 - XII ZR 197/08

bei uns veröffentlicht am 10.11.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL XII ZR 197/08 Verkündet am: 10. November 2010 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Feb. 2008 - XII ZR 101/05

bei uns veröffentlicht am 20.02.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 101/05 Verkündet am: 20. Februar 2008 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. März 2007 - XII ZR 163/04

bei uns veröffentlicht am 28.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 163/04 Verkündet am: 28. März 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2011 - XII ZR 63/09

bei uns veröffentlicht am 30.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 63/09 Verkündet am: 30. März 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2011 - XII ZR 151/09

bei uns veröffentlicht am 07.12.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 151/09 Verkündet am: 7. Dezember 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08

bei uns veröffentlicht am 27.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 78/08 Verkündet am: 27. Mai 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2011 - XII ZR 17/09

bei uns veröffentlicht am 08.06.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 17/09 Verkündet am: 8. Juni 2011 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Nov. 2011 - XII ZR 47/10

bei uns veröffentlicht am 23.11.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 47/10 Verkündet am: 23. November 2011 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Nov. 2004 - XII ZR 120/02

bei uns veröffentlicht am 03.11.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 120/02 Verkündet am: 3. November 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98

bei uns veröffentlicht am 17.05.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 88/98 Verkündet am: 17. Mai 2000 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO
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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Jan. 2012 - XII ZR 178/09

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 178/09 Verkündet am: 18. Januar 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2012 - XII ZR 139/09

bei uns veröffentlicht am 25.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 139/09 Verkündet am: 25. Januar 2012 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2012 - XII ZR 145/09

bei uns veröffentlicht am 07.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 145/09 Verkündet am: 7. März 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Nov. 2015 - XII ZR 6/15

bei uns veröffentlicht am 04.11.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 6/15 Verkündet am: 4. November 2015 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

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Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag auf Erhöhung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Ist der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

17
Denn bei der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB handelt es sich um Einwendungen, die Grund und Höhe des Unterhalts betreffen und sich im vorliegenden Fall nicht auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Anders als nach einem im Urteil enthaltenen Ausspruch der Befristung (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407; vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590) ist bei deren Ablehnung eine Eingrenzung des Streitgegenstands schon in zeitlicher Hinsicht nicht möglich.

(1) Der Revisionsbeklagte kann sich der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht.

(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Revisionsbeklagte auf die Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Die Anschließung ist bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären.

(3) Die Anschlussrevision muss in der Anschlussschrift begründet werden. § 549 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und die §§ 550 und 551 Abs. 3 gelten entsprechend.

(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Revision zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

11
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage mit Recht für zulässig gehalten. In diesem Rahmen hat es darauf abgestellt, dass der Kläger sich für die Abänderung auf eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung als auch auf eine Gesetzesänderung berufen hat. Hierbei handelt es sich um Gründe, die gemäß § 323 Abs. 2 ZPO aF nach der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden sind. Der für das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 getroffenen Regelung in § 36 Nr. 1, 2 EGZPO kommt insoweit nur eine klarstellende Funktion zu (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16).
16
1. Die Abänderungsklage ist zulässig. Der Kläger hat sich mit der Änderung der Rechtsprechung des Senats zur Herabsetzung und Befristung des Aufstockungsunterhalts auf eine wesentliche Änderung der dem abzuändernden Urteil vom 6. November 2000 zugrunde liegenden rechtlichen Verhältnisse berufen, was für die Zulässigkeit der Klage ausreicht (vgl. Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 11 f.).

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

16
a) Der Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt voraus, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder aber ausüben kann (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 1987 - IVb ZR 102/86 - FamRZ 1988, 265, 266). Das ist im Fall der Antragsgegnerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur zum Teil verwirklicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 162/09 Verkündet am:
26. Oktober 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur sekundären Darlegungslast des Unterhaltsberechtigten hinsichtlich ehebedingter
Nachteile bei der Unterhaltsherabsetzung und -befristung (im Anschluss an Senatsurteile
BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 -
FamRZ 2010, 2059).
BGH, Urteil vom 26. Oktober 2011 - XII ZR 162/09 - OLG Hamm
AG Coesfeld
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2011 durch die Richter Dose, Weber-Monecke,
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 19. August 2009 aufgehoben, soweit die Berufung des Klägers für die Zeit ab Januar 2009 zurückgewiesen worden ist. Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Titels über nachehelichen Unterhalt.
2
Der 1954 geborene Kläger und die 1957 geborene Beklagte heirateten im Jahr 1977. Aus der Ehe sind drei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen , von denen sich der jüngste Sohn noch in der Berufsausbildung befindet. Die Parteien trennten sich im April 1997. Ihre Ehe ist seit August 1999 rechtskräftig geschieden.
3
Der Kläger ist Tischlermeister. Er war als Gesellschafter-Geschäftsführer zu 25% an einer GmbH beteiligt, die Innenausbau betrieben hat. Außerdem war er Mitgesellschafter einer Grundstücks-GbR, die ein Gewerbegrundstück an die GmbH vermietet hatte und inzwischen auseinandergesetzt ist. Er ist seit Januar 2008 unter anderem an einer rezidivierenden depressiven Störung erkrankt und bezieht seit Dezember 2008 eine - befristete - Rente wegen voller Erwerbsminderung. Als Geschäftsführer der GmbH ist er inzwischen abberufen, das Anstellungsverhältnis ist gekündigt worden.
4
Die Beklagte hat nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zur Damenschneiderin absolviert und war bis zur Geburt des ersten Kindes im Jahr 1978 in einer Musterschneiderei tätig. Während der Ehe betreute sie im wesentlichen die drei Kinder und versorgte den Haushalt. Außerdem erlitt sie 1980 eine Fehlgeburt. Seit Oktober 1999 geht die Beklagte einer Teilzeitbeschäftigung als Kommissioniererin in einem Bekleidungsunternehmen nach, war aber wegen einer im Jahr 2004 eingetretenen Krebserkrankung wiederholt arbeitsunfähig erkrankt. Nach mehreren Operationen sind gesundheitliche Einschränkungen mit einer Schwerbehinderung von 50% verblieben. Mit einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden erzielt sie ein monatliches Bruttoeinkommen von rund 1.600 € und netto - vor Abzug von Fahrtkosten - rund 1.140 €.
5
Der Kläger war während der Ehe Eigentümer eines Mehrfamilienhausgrundstücks. Die darin befindliche Ehewohnung wurde nach der Scheidung zunächst noch von der Beklagten - als Nießbrauchsberechtigte - und den Kindern bewohnt. Inzwischen wurde das Hausgrundstück veräußert, nachdem die Beklagte gegen eine Abstandssumme auf ihren Nießbrauch verzichtet hatte.
6
Im Scheidungsverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich, in dem sich der Kläger zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts von monatlich 521 DM (266,38 €) verpflichtete. Nach Veräußerung des Hausgrundstücks und Auszug der Beklagten stritten die Parteien im Jahr 2003 um eine Abänderung des titulierten Unterhalts. Im Ergebnis erhöhte das Berufungsgericht den laufenden Unterhalt durch Urteil vom 21. Dezember 2005 ab Januar 2006 auf monatlich 357 €.
7
Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Reduzierung und Befristung des Unterhalts. Er beruft sich auf sein vor allem krankheitsbedingt verringertes Einkommen und auf eine nach geänderter Rechtslage seit Januar 2008 verstärkte eigene Unterhaltsverantwortung der Beklagten. Die Parteien streiten vor allem um das Bestehen ehebedingter Nachteile auf Seiten der Beklagten.
8
Das Amtsgericht hat den titulierten Unterhalt für November 2008 bis einschließlich April 2009 herabgesetzt, im Übrigen aber bestehen lassen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Unterhalt - unter anderem gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB - weiter auf zuletzt monatlich 150 € ab Januar 2011 herabgesetzt und wie das Amtsgericht eine Befristung abgelehnt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit welcher er sein Befristungsbegehren zum 31. Dezember 2008 weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

9
Die Revision hat Erfolg.
10
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteile vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 8 und vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08 - FamRZ 2010, 192 Rn. 5 und Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).

I.

11
Das Berufungsgericht hat den Unterhalt aufgrund der gegenüber dem Vorprozess veränderten Einkommensverhältnisse der Parteien neu berechnet. Auf Seiten des Klägers ist es lediglich vom Krankengeld- und später vom Rentenbezug sowie Zinseinkünften ausgegangen. Auf Seiten der Beklagten hat das Berufungsgericht ihr Einkommen aus Teilzeittätigkeit angerechnet und eine weitergehende Erwerbspflicht verneint. Außerdem hat es ihr vorübergehend fiktive Mietzinseinnahmen zugerechnet.
12
Im Hinblick auf die Befristung des Unterhalts seien ehebedingte Nachteile nicht auszuschließen, was sich unter Berücksichtigung der Darlegungs- und Beweislast zum Nachteil des Klägers auswirke und einer Befristung entgegenstehe. Ehebedingte Nachteile folgten noch nicht aus den aufgrund der Kindererziehung und Haushaltstätigkeit verringerten Rentenanwartschaften. Auch eine Erkrankung sei nur in Ausnahmefällen ehebedingt. Da die Krebserkrankung der Beklagten erst fünf Jahre nach der Scheidung aufgetreten sei, handele es sich insoweit um eine schicksalhafte Entwicklung. Ehebedingte Nachteile könnten aber deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil die Beklagte nicht (mehr) in der Lage sei, in dem von ihr einmal erlernten Beruf vollschichtig zu arbeiten, und zudem die Möglichkeit offenbleibe, dass ihre Chancen im Erwerbsleben ohne Ehe und Kinderbetreuung besser wären, als sie es tatsächlich seien. Insofern sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte, die zum Zeitpunkt der Trennung 40 Jahre alt und zu diesem Zeitpunkt nach früherer Rechtslage allenfalls verpflichtet gewesen sei, eine Geringverdienertätigkeit aufzunehmen, seit der Geburt des ersten Kindes im Jahr 1978, als sie gerade erst knapp 21 Jahre alt gewesen sei, nicht mehr in ihrem erlernten Beruf gearbeitet habe. In Anbetracht der nur sehr kurzen Berufstätigkeit im erlernten Beruf könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Beklagten ohne die Berufspause Erwerbsmöglichkeiten und Einkommensquellen als Damenschneiderin eröffnet hätten. Die Feststellung, dass sie im Erwerbsleben ohne die Eheschließung und die vier Schwangerschaften nicht besser hätte Fuß fassen können, als dies tatsächlich durch ihre heutige Teilzeittätigkeit erfolgt sei, erscheine zu weitgehend. Zumindest hätte sie ohne die Ehe und die Schwangerschaften umfassende Berufserfahrung gehabt, die ihr bessere Einkommensquellen hätte eröffnen können. Auch wenn nicht zu übersehen sei, dass sich gerade in der Textilindustrie im Lauf der Ehezeit der Arbeitsmarkt fast durchweg verschlechtert habe und die Beklagte dadurch gezwungen worden wäre, sich beruflich umzuorientieren, bleibe gänzlich offen, welche endgültige Stellung sie ohne die Ehe und die Schwangerschaften im Erwerbsleben gehabt hätte. Darüber hinaus könne die Beklagte den Beweis für eine herausragende berufliche Entwicklung (Schneidermeisterin oder sogar eine Leitungsposition in der Textilindustrie) kaum führen. Die schon als lang zu bezeichnende Ehedauer (rund 27 Jahre unter Einschluss der Kinderbetreuungszeiten) sowie die Tatsache, dass sich die Beklagte "seit ihrer Berufspause 1978" allein für Ehe und Familie eingesetzt habe, begründe ein besonders gewichtiges Vertrauen in die erfolgte Unterhaltstitulierung (vgl. § 36 Nr. 1 EGZPO), das unter Abwägung der vorgenannten Umstände einer Befristung entgegenstehe.
13
Demgegenüber sei ungeachtet nicht auszuschließender ehebedingter Nachteile unter Billigkeitsabwägungen eine Herabsetzung des Unterhalts auf 150 € ab 1. Januar 2011 gerechtfertigt. Der Kläger beziehe nunmehr selbst eine Erwerbsunfähigkeitsrente und habe seit mehr als zehn Jahren durchgängig Nachscheidungsunterhalt gezahlt. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie im Vertrauen auf die fortwährende Unterhaltsverpflichtung konkrete Vermögensdispositionen getroffen habe. Darüber hinaus seien die krankheitsbedingten Einschränkungen der Beklagten schicksals- und nicht ehebedingt. Die Beklagte verfüge mit dem Unterhalt ab dem 1. Januar 2011 über ein Einkommen, das dem angemessenen Selbstbehalt von 1.100 € entspreche. Andererseits sei der Kläger durch den Unterhalt nicht unangemessen belastet, berücksichtigend, dass er im Gegensatz zur Beklagten in einer neuen Partnerschaft lebe und aus dem Zusammenleben - wenngleich nicht eheprägend - wirtschaftliche Vorteile haben dürfte.

II.

14
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
15
Die Abänderungsklage richtet sich nach § 323 ZPO aF. Ihre Zulässigkeit steht im vorliegenden Fall außer Zweifel.
16
1. Das Berufungsgericht ist im Anschluss an das abzuändernde Urteil davon ausgegangen, dass die Beklagte, nachdem die zeitweiligen Voraussetzungen eines (Anschluss-)Unterhaltsanspruchs nach § 1572 Nr. 2 BGB entfal- len sind, ("jedenfalls") Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB beanspruchen könne.
17
Ein umfassender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt setzt indessen voraus , dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder ausüben kann (Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 16 f. mwN und BGHZ 188, 50 = FamRZ 2011, 454 Rn. 13). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in vollem Umfang verwirklicht. Vielmehr ist die Beklagte nach den - insoweit von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsurteils an einer Ausweitung ihrer vollschichtigen Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen gehindert, sodass sich der Anspruch zum Teil aus § 1572 BGB ergibt.
18
2. Bei der Bedarfsermittlung nach § 1578 Abs. 1 BGB ist das Berufungsgericht nach zwischenzeitlichem Krankengeldbezug des Klägers von seinem aufgrund vollständiger Erwerbsminderung gesunkenen Einkommen (Erwerbsminderungsrente zuzüglich Zinsen) ausgegangen. Hierbei handelt es sich zwar um eine nacheheliche Veränderung. Unvorhersehbare nacheheliche Einkommensverringerungen können aber entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1046 f.) bereits im Rahmen der Bedarfsermittlung berücksichtigt werden, wenn sie nicht vorwerfbar herbeigeführt wurden. Die Berücksichtigung solcher auch im Fall des Fortbestands der Ehe eingetretener Veränderungen ist vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70).
19
Auch ansonsten gibt die Bedarfsermittlung des Berufungsgerichts keine Veranlassung zu Beanstandungen, was schließlich auch für den Abzug des - wenngleich hier nachrangigen - Kindesunterhalts vom Einkommen des Be- klagten gilt (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 44 mwN).
20
3. Hinsichtlich der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB begegnet das Berufungsurteil hingegen durchgreifenden Bedenken. Dass die Vorschrift des § 1578 b BGB entgegen der Auffassung der Revision nicht verfassungswidrig ist, hat der Senat bereits entschieden (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 14).
21
a) Die Befristung oder Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts wegen Unbilligkeit nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB hängt insbesondere davon ab, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes , aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben (§ 1578 b Abs. 1 Satz 2, 3 BGB).
22
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Unterhaltsschuldner, der sich mit der Befristung auf eine prozessuale Einwendung beruft, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der für eine Befristung sprechenden Tatsachen trägt (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). In die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltspflichtigen fällt grundsätzlich auch der Umstand, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB entstanden sind.
23
Die dem Unterhaltspflichtigen obliegende Darlegungs- und Beweislast erfährt jedoch Erleichterungen nach den von der Rechtsprechung zum Beweis negativer Tatsachen entwickelten Grundsätzen. Entsprechend der - nach Erlass des Berufungsurteils weiterentwickelten - Rechtsprechung des Senats trifft den Unterhaltsberechtigten im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast (Senatsurteil BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 18 mwN). Diese hat im Rahmen von § 1578 b BGB zum Inhalt, dass der Unterhaltsberechtigte die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden , substanziiert bestreiten und seinerseits darlegen muss, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24).
24
Der Senat verkennt nicht, dass hierzu regelmäßig eine hypothetische Betrachtung angestellt werden muss und diese gerade dann auf unsicherer Tatsachengrundlage steht, wenn der Unterhaltsberechtigte bei Eheschließung noch am Beginn seiner beruflichen Entwicklung stand und die Ehe lange gedauert hat (vgl. Koch JR 2011, 304 f.). Diesbezügliche Schwierigkeiten sind aber im Rahmen der an die sekundäre Darlegungslast zu stellenden Anforderungen zu bewältigen, welche nicht überspannt werden dürfen (Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 32 f.) und den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung tragen müssen. Insoweit besteht für die Tatsachengerichte zudem ein Spielraum durch die Anwendung von Erfahrungssätzen in dem jeweiligen Berufsfeld wie auch die Berücksichtigung tariflicher Regelungen. Dies entbindet allerdings nicht von der Darlegung konkreter beruflicher Entwicklungsmöglichkeiten und bei behauptetem beruflichen Aufstieg zudem der entsprechenden Bereitschaft und Eignung des Unterhaltsberechtigten (vgl. Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 33). Die Darlegungen müssen so konkret sein, dass die für den Unterhaltsberechtigten seinerzeit vorhandenen beruflichen Entwicklungschancen und seine persön- lichen Fähigkeiten - etwa auch anhand vergleichbarer Karrieren - vom Familiengericht auf ihre Plausibilität überprüft werden können und der Widerlegung durch den Unterhaltspflichtigen zugänglich sind (Senatsurteile BGHZ 185, 1 = FamRZ 2010, 875 Rn. 23 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 24).
25
bb) Diesen Anforderungen an den substanziierten Vortrag ehebedingter Nachteile hat das Berufungsurteil nicht hinreichend Rechnung getragen. Nach dem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Vorbringen mangelt es an konkreten Darlegungen der Beklagten, welche beruflichen Nachteile ihr aufgrund der ehebedingten Berufspause entstanden sein sollen.
26
Das Berufungsgericht ist statt dessen ohne näheren Vortrag der Beklagten davon ausgegangen, dass das Entstehen ehebedingter Nachteile nicht ausgeschlossen werden könne, weil die Beklagte nicht (mehr) in der Lage sei, in dem von ihr einmal erlernten Beruf vollschichtig zu arbeiten, und die Möglichkeit offenbleibe, dass ihre Chancen im Erwerbsleben ohne Ehe und Kinderbetreuung besser wären, als sie es tatsächlich seien. Eine solche Annahme wird in dieser Allgemeinheit aber den Anforderungen an einen substanziierten Sachvortrag nicht gerecht. Sie wäre für den beweisbelasteten Kläger auch nicht in zumutbarer Weise zu widerlegen.
27
Hierzu hätte es vielmehr des Vorbringens der Beklagten bedurft, welche berufliche Entwicklung sie ohne die Eheschließung und die Übernahme der Hausfrauenrolle geplant oder zu erwarten gehabt hätte, welche Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in ihrem speziellen Berufsfeld für sie bestanden hätten und ob sie hierfür eine genügende Bereitschaft aufgebracht hätte. Zudem ist in Rechnung zu stellen, dass sich aus anderen als in der ehelichen Rollenverteilung begründeten Ursachen keine ehebedingten Nachteile ergeben können. Insoweit hat das Berufungsgericht etwa angeführt, dass sich der Arbeitsmarkt in der Textilindustrie zunehmend verschlechtert habe, was jedenfalls gegen einen nachhaltigen Aufstieg der Beklagten im Beruf der Damenschneiderin sprechen dürfte. Zudem sind auch gesundheitlich bedingte Einschränkungen regelmäßig nicht ehebedingt (vgl. Senatsurteile BGHZ 179, 43 = FamRZ 2009, 406 Rn. 33; vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 18 und vom 7. Juli 2010 - XII ZR 157/08 - FamRZ 2011, 188 Rn. 20).
28
Bei der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hätte sich bei zunehmend verschlechterten Möglichkeiten ohne die eheliche Rollenverteilung schon früher für einen Wechsel in ihr heutiges Berufsfeld entschieden, mangelt es schon an einer konkreten Darstellung, welche besseren Entwicklungsmöglichkeiten in diesem Fall bestanden hätten. Auch insoweit ist der Beklagten eine konkrete Darlegung zumutbar. Ihr Vorbringen, dass sie ohne Eheschließung ihren Meister gemacht und sogar eine Leitungsposition in einer Textilfabrik erlangt hätte, hat das Berufungsgericht zwar bezweifelt, aber letztlich offengelassen , so dass es insoweit auch in der Revisionsinstanz nicht abschließend beurteilt werden kann.
29
Mit ihrem vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachvortrag hat die Beklagte demnach nicht ausreichend dargelegt, worin ein ehebedingter Nachteil liegen soll. Falls die Beklagte, wie bereits im vorausgegangenen Urteil des Berufungsgerichts aus dem Jahr 2005 angenommen, außerhalb ihres jetzigen Tätigkeitsfelds nur als ungelernte Kraft vermittelbar wäre und dann kein höheres Einkommen erzielen könnte, fehlt es an einer Begründung, dass ihre heutige Arbeitsstelle ihr nicht das Einkommensniveau bietet, das sie ohne die eheliche Rollenverteilung erzielen könnte. Dass sie nur mit 30 Wochenstunden und nicht vollschichtig arbeiten muss, liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts darin begründet, dass ihr wegen der fortbestehenden gesundheitlichen Einschränkungen eine Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit nicht zumutbar sei. Die gesundheitlichen Einschränkungen sind aber vom Berufungsgericht als ehebedingter Nachteil zutreffend ausgeschlossen worden.
30
cc) Auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Beklagten durfte das Berufungsgericht nicht vom - nicht widerlegten - Bestehen ehebedingter Nachteile ausgehen.
31
b) Die zur Feststellung ehebedingter Nachteile erhobenen Beanstandungen ergreifen auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Herabsetzung des Unterhalts. Gemäß der - ebenfalls nach dem angefochtenen Urteil ergangenen - Rechtsprechung des Senats bemisst sich der angemessene Lebensbedarf , der nach § 1578 b Abs. 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Aus dem Begriff der Angemessenheit folgt aber zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht (Senatsurteile vom 14. Oktober 2009 - XII ZR 146/08 - FamRZ 2009, 1990 Rn. 14; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 29 und vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 27 f.).
32
Mit welchem Betrag nach diesen Maßstäben der angemessene Lebensbedarf der Beklagten zu veranschlagen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Seine Herabsetzungsentscheidung kann daher nicht nachvollzogen werden. Dass es den Betrag von 1.100 €, der in der seinerzeit gültigen Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte als angemessener Selbstbehalt ausgewiesen war, als Mindestbetrag betrachtet hat, lässt sich der Begründung des Berufungsurteils nicht entnehmen. Schon aus der mit 30 Wochenstunden aktuell ausgeübten Tätigkeit der Beklagten ergibt sich hingegen ein Nettoeinkommen von rund 1.140 € und nach Abzug berufsbedingter Fahrtkosten von rund 950 €. Dieser Betrag könnte im Fall des Fehlens ehebedingter Nachteile dem angemessenen Lebensbedarf der Beklagten bereits entsprechen , zumal die gesundheitsbedingten Erwerbseinbußen der Beklagten - wie ausgeführt - nicht ehebedingt sind.

III.

33
Das Berufungsurteil ist demnach - soweit im Rahmen der eingelegten Revision zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist - aufzuheben. Dem Senat ist es nicht möglich, in der Sache abschließend zu entscheiden, weil weitere tatrichterliche Feststellungen und Würdigungen erforderlich sind.

IV.

34
Für das weitere Verfahren, weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht der Beklagten für die erneut anzustellende Billigkeitsabwägung Gelegenheit zu weiterem Vortrag zu geben hat, um etwaige ehebedingte Nachteile begründen zu können.
35
Sollten ehebedingte Nachteile nicht ausreichend vorgetragen sein oder vom Kläger widerlegt werden, steht damit noch nicht fest, dass und in welchem Umfang der Unterhalt herabzusetzen oder zu befristen ist. Ob bei fehlenden ehebedingten Nachteilen eine Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB) auf den angemessenen Lebensbedarf (§ 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB) in Betracht kommt, ist ge- mäß § 1578 b BGB vielmehr im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu bestimmen, die dem Tatrichter obliegt. Dabei ist auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen (Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 21; vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 21 und vom 21. September 2011 - XII ZR 121/09 - zur Veröffentlichung bestimmt Rn. 23 f.). Das Maß der Solidarität bestimmt sich neben der Ehedauer vor allem durch die wirtschaftliche Verflechtung, die durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eingetreten ist und nicht zuletzt auch durch die von der Unterhaltsberechtigten erbrachte Lebensleistung (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 28). Zudem sind - wie vom Berufungsgericht bereits praktiziert - die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien einzubeziehen sowie die Dauer und Höhe des bereits geleisteten Un- terhalts. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Berufungsurteil auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nach erneuter Würdigung im Ergebnis als richtig erweist.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Coesfeld, Entscheidung vom 10.02.2009 - 5 F 226/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 19.08.2009 - II-8 UF 33/09 -

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

(1) Enthält eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Der Antrag ist zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Der Antrag kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit des Antrags. Ist der Antrag auf Erhöhung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Ist der Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts gerichtet, ist er auch zulässig für die Zeit ab dem Ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 88/98 Verkündet am:
17. Mai 2000
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner im Wege
einer erneuten Abänderungsklage geltend macht, der Unterhaltsanspruch sei nach
Maßgabe der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begrenzen.
BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - XII ZR 88/98 - OLG Frankfurt am Main
AG Bensheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Sprick, Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt vom 19. März 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten in einem Abänderungsverfahren um nachehelichen Unterhalt. Die erste 1967 geschlossene Ehe der Parteien wurde 1970 geschieden. Am 30. Juli 1975 heirateten sie erneut, trennten sich aber am 14. Oktober 1978 wieder. Auf den am 2. März 1984 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemannes wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 21. Juni 1984 rechtskräftig geschieden. Beide Ehen blieben kinderlos. Der 1943 geborene Kläger ist Leiter der Abteilung für Anästhesie an einer Klinik. Er ist mit der Mutter seiner 1981 und 1983 geborenen Söhne verheiratet, lebt aber seit Oktober 1997 von dieser getrennt. Die 1945 geborene Beklagte ist ausgebildete Arzthelferin. Sie erhielt aufgrund von Bescheiden der Bundesversiche-
rungsanstalt für Angestellte vom 9. Dezember 1983 und vom 4. Juli 1988 zunächst bis zum 31. Dezember 1988 eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit. Durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 16. März 1989 wurde der Rentenanspruch - unter Berücksichtigung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt - auf unbestimmte Zeit anerkannt. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 16. Februar 1984 wurde der Beklagten Trennungsunterhalt von monatlich 1.151,70 DM zuerkannt. Der Kläger nahm die hiergegen eingelegte Berufung zurück. Nach dem am 8. November 1984 ergangenen Teilanerkenntnisurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - hatte der Kläger nachehelichen Unterhalt ebenfalls in Höhe von 1.151,70 DM zu zahlen. Mit Schlußurteil vom 28. August 1986 stellte das Amtsgericht - Familiengericht - die Erledigung des Rechtsstreits wegen des weitergehenden Unterhaltsantrags fest, nachdem die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Weiterzahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau bewilligt hatte, und wies die zuletzt erhobene auf Abänderung des Teilanerkenntnisurteils gerichtete Widerklage des Ehemannes ab. Im Jahre 1988 erhob der Kläger Abänderungsklage mit dem Ziel des Wegfalls des nachehelichen Unterhalts für die Zeit ab 1. Januar 1989. Er machte unter anderem geltend, die Beklagte sei nach Wegfall der Erwerbsunfähigkeitsrente wieder arbeitsfähig; ein eventueller Unterhaltsanspruch nach § 1573 BGB sei nach § 1573 Abs. 5 BGB ausgeschlossen. Durch Urteil vom 1. März 1990 wies das Amtsgericht - Familiengericht - die Klage ab. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beklagten stehe - selbst wenn sie trotz der fortdauernden Rentenbewilligung und entgegen dem eingeholten Sachverständigengutachten erwerbsfähig sei - jedenfalls ein Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 1 und 2 BGB zu; für eine zeitliche Begrenzung des
Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB bestehe kein Anlaß, weil die Unterhaltspflicht den Beklagten nicht tiefgreifend in seinen finanziellen Dispositionsmöglichkeiten beeinträchtige, während die Beklagte ohne Unterhaltsleistungen an den Rand des Sozialhilfeniveaus geriete. Seine hiergegen gerichtete Berufung, mit der auch die Ausführungen zu § 1573 Abs. 5 BGB angegriffen wurden, nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht zurück. Im Jahre 1994 erhob die Beklagte Abänderungsklage. Sie begehrte eine Erhöhung ihres Unterhalts um monatlich 865,63 DM wegen der Steigerung der Lebenshaltungskosten. Der Kläger beantragte widerklagend die Abänderung des Teilanerkenntnisurteils dahin, daß er keinen Ehegattenunterhalt mehr schulde. Das Amtsgericht gab der Klage statt und wies die Widerklage als unzulässig ab. Mit seiner Berufung verfolgte der Kläger - unter dem Vorbehalt der Erweiterung des Rechtsmittels hinsichtlich der Widerklage - den Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage der Ehefrau weiter. In der Berufungsbegründung wurde unter anderem ausgeführt, daß es an der Zeit sei, den Unterhaltsanspruch nach den §§ 1573, 1578 BGB zu begrenzen. Durch Urteil vom 22. November 1995 änderte das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil und das Teilanerkenntnisurteil dahin ab, daß der Kläger zeitlich gestaffelt zu unterschiedlichen Unterhaltszahlungen in etwas geringerer Höhe verurteilt wurde, für die Zeit ab 1. Juli 1995 zur Zahlung von monatlich insgesamt 1.936 DM. Dabei ging das Oberlandesgericht von der vollen Erwerbsfähigkeit der Beklagten sowie davon aus, daß ihr unter Berücksichtigung eines fiktiven Erwerbseinkommens sowie ihrer Rente ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zustehe. Die Voraussetzungen für eine Befristung oder eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Lebensbedarf lagen nach Auffassung des Oberlandesgerichts seinerzeit noch
nicht vor; die erforderliche Billigkeitsprüfung scheitere bereits daran, daß der Kläger zur Höhe seines Einkommens in dem maßgeblichen Zeitraum nichts vorgetragen habe, weshalb es derzeit noch bei den ermittelten Unterhaltsansprüchen verbleiben müsse. Im Dezember 1996 erhob der Kläger die vorliegende Klage, mit der er den Wegfall des titulierten Unterhaltsanspruchs für die Zeit ab 1. Januar 1997 erstrebt. Zur Begründung machte er im wesentlichen geltend, daß eine zeitlich unbegrenzte Unterhaltsverpflichtung nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse unbillig sei, und vertrat die Auffassung, daß der Beklagten, die keine ehebedingten Nachteile erlitten habe, inzwischen eine hinreichend lange Übergangszeit zur Verfügung gestanden habe, um sich auf den Wegfall des Unterhalts einzustellen. Das Amtsgericht - Familiengericht - wies die Klage als unzulässig ab, weil der Rechtsverfolgung § 323 Abs. 2 ZPO entgegenstehe. Hiergegen legte der Kläger Berufung und gegen deren Zurückweisung - vom Oberlandesgericht zugelassene - Revision ein.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die Auffassung des Oberlandesgerichts , daß der Zulässigkeit der Klage § 323 Abs. 2 ZPO entgegenstehe, ist nicht zu beanstanden. 1. Nach der vorgenannten Vorschrift ist die Abänderungsklage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder
die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind. Insbesondere zur Absicherung der Rechtskraft unanfechtbar gewordener Entscheidungen ist danach eine Zeitschranke für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen errichtet, denn der Möglichkeit einer Abänderung bedarf es nicht, wenn die veränderten Verhältnisse schon im Ausgangsprozeß zur Geltung gebracht werden konnten. Maßgebender Zeitpunkt ist der Schluß der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz, also auch der Berufungsinstanz, wenn eine solche stattgefunden hat. Das gilt gleichermaßen für das Erstklage- wie für das Abänderungsverfahren. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Abänderungsprozessen, die zu einer Abänderung geführt haben, ist für die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO demgemäß auf den Schluß der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens abzustellen. Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung des Vorprozesses an, was daraus folgt, daß der Wortlaut des Gesetzes nicht nur auf die Erweiterung des Klageantrags, sondern auch auf die Geltendmachung von Einwendungen abstellt und damit beide Parteien dazu anhält, ihren Standpunkt bereits im Ausgangsprozeß zur Geltung zu bringen (Senatsurteile BGHZ 136, 374, 375 f.; 96, 205, 207 ff. und vom 23. November 1994 - XII ZR 168/93 - FamRZ 1995, 221, 223). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. 2. Die Revision vertritt die Auffassung, daß sich hieraus für den Kläger insoweit keine Präklusionswirkung ergebe, als er Abänderung wegen des der Beklagten im Vorprozeß zugesprochenen Erhöhungsbetrages begehre. Nach der Rechtsprechung des Senats lasse sich der Vorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO nur entnehmen, daß sie eine zeitliche Schranke für den Abänderungskläger errichte, nicht dagegen, daß sie außerdem eine Einschränkung der Rechtsverteidigung des Beklagten bezwecke. Die letztgenannte Fallgestaltung
sei hier gegeben, soweit der Kläger sich in dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren gegen das Höherverlangen der Beklagten verteidigt habe. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Richtig ist allerdings ihr Ausgangspunkt. § 323 Abs. 2 ZPO regelt seinem Wortlaut nach allein die Berücksichtigung klagebegründender Tatsachen und errichtet insoweit eine zeitliche Schranke für den Abänderungskläger. Daß die Vorschrift außerdem die Einschränkung der Rechtsverteidigung des Beklagten zum Inhalt hätte, läßt sich ihr nicht entnehmen. Vorbringen, mit dem sich die beklagte Partei gegen die Abänderungsklage verteidigt, ist in dem betreffenden Rechtsstreit schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil damit nicht eine Abweichung von der früher festgestellten Rechtsfolge erstrebt, sondern gerade an jener Entscheidung festgehalten wird (Senatsurteil BGHZ 98, 353, 360). Die Revision verkennt indessen, daß es für die Präklusionswirkung nicht auf die Parteistellung oder Zielrichtung im vorangegangenen Verfahren, sondern auf diejenige im vorliegenden Verfahren ankommt. Hat es demgemäß der Gegner des früheren, auf Unterhaltserhöhung gerichteten Abänderungsprozesses versäumt, die bereits bestehenden, für eine Herabsetzung sprechenden Gründe geltend zu machen, kann er auf diese Gründe keine neue Abänderungsklage stützen. § 323 Abs. 2 ZPO stellt damit sicher, daß nicht gesonderte Abänderungsverfahren für Erhöhungs- und Herabsetzungsverlangen zur Verfügung stehen, sondern daß der Einfluß veränderter Umstände auf den titulierten Unterhaltsanspruch in einem einheitlichen Verfahren nach beiden Seiten hin geklärt werden muß. Bei aufeinanderfolgenden Abänderungsverfahren mit entgegengesetzter Zielrichtung wird dadurch vermieden, daß in jedem Prozeß eine andere Zeitschranke für die Berücksichtigung von Tatsachen gilt und daß es zu einer Verdoppelung von Prozessen über den gleichen Lebenssachver-
halt kommt mit der damit verbundenen Gefahr einander widersprechender gerichtlicher Entscheidungen (Senatsurteil BGHZ 136 aaO, 377). Das Berufungsgericht hat deshalb die Zulässigkeit der Klage zu Recht insgesamt nach § 323 Abs. 2 ZPO beurteilt. 3. Die Gründe, auf die die Abänderungsklage gestützt wird, sind jedenfalls bereits vor dem Schluß der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz des im Jahre 1994 anhängig gemachten Vorprozesses entstanden, so daß es auf die - vom Berufungsgericht bejahte - Frage, ob der Kläger gehalten war, die Abänderungsgründe auch gegenüber dem Teilanerkenntnisurteil durch Erweiterung seines Berufungsantrags und Weiterverfolgung der insoweit erhobenen Widerklage im Vorprozeß geltend zu machen, nicht ankommt (vgl. zu diesem Problemkreis Senatsurteile BGHZ 136 aaO, 378 f.; 96 aaO 209 f.). Daß der Unterhaltsanspruch bzw. seine Bemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zeitlich zu begrenzen sei, hat der Kläger nicht erst im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits, sondern bereits in den beiden vorausgegangenen Abänderungsverfahren geltend gemacht und zu den insoweit maßgebenden Kriterien - Ehedauer, erlittene ehebedingte Nachteile, Alter, Gesundheitszustand usw. (vgl. hierzu im einzelnen Brudermüller FamRZ 1998, 649, 652 ff.; Hahne FamRZ 1986, 305, 306 ff.) - vorgetragen. Eine Veränderung dieser Verhältnisse hat er nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, nicht geltend gemacht. Die Entscheidung, daß der Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an nach §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aus Billigkeitsgründen zu begrenzen ist, setzt nicht voraus, daß dieser Zeitpunkt bereits erreicht ist. Soweit die betreffenden Gründe bereits eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen sind, kann die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung
wegen § 323 Abs. 2 ZPO deshalb grundsätzlich nicht einer Abänderungsklage überlassen bleiben, sondern ist bereits im Ausgangsverfahren über den Unterhalt zu treffen (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 - IVb ZR 39/85 - FamRZ 1986, 886, 888; Brudermüller aaO S. 659; Hahne aaO S. 310; Johannsen/Henrich/ Büttner Eherecht 3. Aufl. § 1573 Rdn. 48; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 5. Aufl. § 4 Rdn. 595 a). Ist der Unterhaltsschuldner dagegen aus tatsächlichen oder - etwa wenn der Unterhaltstitel aus der Zeit vor dem 1. April 1986 stammt - aus rechtlichen Gründen darauf angewiesen , eine Unterhaltsbegrenzung im Wege der Abänderungsklage zu erreichen , so ist ihm diese Möglichkeit erst eröffnet, wenn die in Frage stehenden Verhältnisse bereits eingetreten sind. Denn für die Abänderung der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen reicht es nicht aus, daß die Prognose der künftigen Verhältnisse, die der Verurteilung zugrunde liegt, aus nachträglicher Sicht anders zu treffen wäre (Senatsurteil BGHZ 80, 389, 397). Hieran scheiterte die erfolgreiche Geltendmachung einer Unterhaltsbegrenzung in dem vorausgegangenen Abänderungsverfahren indessen nicht. Vielmehr lagen die maßgeblichen Voraussetzungen zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz jenes Verfahrens schon lange vor und hätten die anzustellenden Erwägungen bereits ermöglicht. Auch das Oberlandesgericht hat sich in seinem Urteil vom 22. November 1995 an einer Billigkeitsprüfung nicht deshalb gehindert gesehen, weil der Zeitpunkt einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs auf den angemessenen Bedarf oder einer zeitlichen Begrenzung noch nicht erreicht war und deren Voraussetzungen aus diesem Grund noch nicht hätten beurteilt werden können, sondern weil der Kläger zur Höhe seines Einkommens in der maßgeblichen Zeit nichts vorgetragen hatte.
Der Notwendigkeit, hinreichenden Sachvortrag zu den Voraussetzungen der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB bereits in der ersten Instanz des vorausgegangenen Abänderungsverfahrens zu halten, wäre der Kläger auch nicht enthoben gewesen, wenn die Rechtsgrundlage des Unterhaltsanspruchs vor dem letzten Abänderungsverfahren nicht festgelegt worden wäre. Ob dies der Fall war, kann deshalb dahinstehen. Die Anwendung des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB war von der Anspruchsgrundlage ohnehin unabhängig. Die Frage, ob eine zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs in Betracht kam, wäre zwar offen gewesen. Diese Situation ist aber auch in einem Erstverfahren über den Unterhalt regelmäßig gegeben. Gleichwohl ist bereits dort im Hinblick auf eine in Betracht kommende zeitliche Unterhaltbegrenzung vorsorglich Sachvortrag zu halten, wenn der Unterhaltsschuldner nicht mit den betreffenden Umständen gemäß § 323 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen werden will (siehe oben). Tatsächlich hat sich auch der Kläger nicht davon abhalten lassen, zu den Voraussetzungen einer Unterhaltsbegrenzung vorzutragen und geltend zu machen, ein Unterhaltsanspruch ergebe sich allein aus § 1573 BGB. Dem Kläger konnte eine erneute Abänderungsklage schließlich auch nicht dadurch eröffnet werden, daß das Oberlandesgericht in dem Urteil vom 22. November 1995 ausgeführt hat, die Voraussetzungen für eine zeitliche Befristung oder Begrenzung des Unterhaltsanspruchs lägen "derzeit noch nicht vor". Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung hat das Oberlandesgericht damit die Abänderungswiderklage des Klägers nicht als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Die Abänderungswiderklage war in der Berufungsinstanz nicht angefallen, da der Kläger mit seinem Rechtsmittel lediglich den Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage der Beklagten weiterverfolgt hatte. Die Abweisung der Widerklage ist nur deshalb im Tenor der Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgeführt, weil die-
ses das teilweise abgeänderte Urteil des Familiengerichts insgesamt neu gefaßt hat. Die genannte Formulierung, die im Rahmen der Rechtsverteidigung des Beklagten veranlaßt war, läßt sich damit erklären, daß der Kläger nicht endgültig mit seinem Vorbringen zu einer Unterhaltsbegrenzung ausgeschlossen ist. Soweit die Beklagte erneut eine Abänderung begehren sollte, kann der Kläger sich im Rahmen der Rechtsverteidigung hiergegen weiterhin auf eine Unterhaltsbegrenzung berufen (Senatsurteil BGHZ 98 aaO). 4. Die Revision meint, soweit der Kläger sich gegen die weitere Unterhaltsverpflichtung aus dem Teilanerkenntnisurteil vom 8. November 1984 wende , sei richtigerweise eine Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO zu erheben gewesen, da die Rechtsfolge einer zeitlichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 5 BGB das Erlöschen des Anspruchs nach Ablauf einer Übergangsfrist sei; der Kläger habe demgemäß eine rechtsvernichtende Einwendung erhoben, die nicht mit der Abänderungs-, sondern mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen sei. Das Berufungsgericht habe deshalb prüfen müssen, ob nach dem in der Klage zum Ausdruck gekommenen Willen des Klägers, seine Inanspruchnahme aus dem Teilanerkenntnisurteil zu bekämpfen, nicht Vollstreckungsgegenklage habe erhoben werden müssen und ob das Gericht den Kläger nicht gemäß § 139 ZPO auf Bedenken gegen die Sachdienlichkeit seines Antrags habe hinweisen und ihm Gelegenheit geben müssen, seinen Antrag zu ändern. Der Kläger hätte sodann seinen Antrag in bezug auf den "Sockelbetrag" entsprechend umgestellt. Auch dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Die Annahme , eine zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 1573 Abs. 5 BGB sei im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen, trifft nicht zu. Die Vorschrift des § 1573 Abs. 5 BGB ist durch das Gesetz zur
Ä nderung unterhaltsrechtlicher, verfahrensrechtlicher und anderer Vorschriften (UÄ ndG) vom 20. Februar 1986 (BGBl. I 301) eingefügt worden. Der in Artikel 6 Nr. 1 Satz 2 UÄ ndG getroffenen Übergangsregelung ist für den Regelfall, daß die Unterhaltszahlungspflicht in einem Urteil ausgesprochen worden ist, die klare Entscheidung des Gesetzgebers zu entnehmen, daß der Unterhaltsschuldner eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO erheben muß, damit das bisherige Unterhaltsurteil an die neue Rechtslage angepaßt werden kann (so auch ausdrücklich die Entwurfsbegründung der Bundesregierung BT-Drucks. 10/2888, S. 38). Der Gesetzgeber hat sich damit gegen die Anwendung der Vollstreckungsgegenklage entschieden, was hinsichtlich der Ä nderungen der §§ 1573, 1578 Abs. 1 BGB, die dem Bereich der Bedürftigkeit und der Höhe des Unterhaltsbedarfs, also den ohnehin dem wirtschaftlichen Wandel unterliegenden Voraussetzungen zuzuordnen sind, auch nahelag (Jaeger, FamRZ 1986, 737, 741). Auch nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Unterhaltsbegrenzung gemäß § 1573 Abs. 5 BGB im Wege der Abänderungsklage geltend zu machen (vgl. Senatsurteil vom 15. März 1995 - XII ZR 257/93 - FamRZ 1995, 665, 666). Das ergibt sich im übrigen auch aus einem weiteren Gesichtspunkt: Die Vorschriften der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB können alternativ oder kumulativ zur Anwendung gelangen (Brudermüller aaO S. 651; Hahne aaO S. 310). So ist zum Beispiel denkbar, daß der Unterhalt nach einer Übergangszeit zunächst nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB verringert und nach einer weiteren Zeit gemäß § 1573 Abs. 5 BGB völlig gestrichen wird (siehe die Beispiele bei Hahne aaO). Da das Zusammenspiel der beiden Vorschriften ein einheitliches Verfahren voraussetzt, ergibt sich auch hieraus die Notwendigkeit der Geltendmachung durch Erhebung einer Abänderungsklage, denn die Vorschrift des § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB betrifft,
was ersichtlich auch die Revision nicht anders sieht, zweifelsfrei die wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse. Da somit eine Vollstreckungsgegenklage - bereits ungeachtet der Zeitschranke des § 767 Abs. 2 ZPO - nicht in Betracht zu ziehen war, bedurfte es eines entsprechenden Hinweises des Oberlandesgerichts nicht. Aus diesem Grund bleibt auch der mit der Revision verfolgte Hilfsantrag, die Zwangsvollstreckung für die Zeit ab 1. Januar 1997 in dem im einzelnen bezeichneten Umfang für unzulässig zu erklären, ohne Erfolg. 5. Soweit die Revision beanstandet, das Berufungsgericht habe die Klage auch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen, ohne dies zu begründen (§ 551 Nr. 7 ZPO), ist ihre Rüge nicht berechtigt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bei den auf Herabsetzung des Unterhalts auf
den angemessenen Lebensbedarf nach einer Übergangszeit und auf völlige Versagung nach einer weiteren Übergangszeit bzw. auf bloße Herabsetzung des Unterhalts gerichteten Hilfsanträgen handele es sich um bloße Einschränkungen des Berufungsantrags. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Einer gesonderten Begründung für die Abweisung der Hilfsanträge bedurfte es daher nicht. Blumenröhr Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz

(1) Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen. Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.

(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.

(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 101/05 Verkündet am:
20. Februar 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle
auf fiktiver Grundlage ergangenen Unterhaltsurteils ist nicht bereits mit der
Behauptung zulässig, der Abänderungskläger genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit
, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr,
dass der Abänderungskläger geltend macht, er hätte die frühere Arbeitsstelle
inzwischen aus anderen Gründen verloren.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - OLG Karlsruhe
AG Ettlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 bis 4 wird das Urteil des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Abänderungsklage gegen die Beklagten zu 2 bis 4 auf die Berufung des Klägers stattgegeben und deren Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung von Kindesunterhalt.
2
Der Kläger ist der Vater der am 3. November 1988, 23. Juni 1990 und 20. April 1994 geborenen Beklagten. Die Ehe der Eltern wurde 1999 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Ehegatten am 26. Mai 1998 einen gerichtlichen Vergleich, durch den sich der Kläger u.a. ver- pflichtete, Kindesunterhalt in Höhe von monatlich jeweils 447 DM für die Kinder L. und P. und von monatlich 352 DM für das Kind D. zu zahlen. Das Kindergeld sollte der Mutter ohne Anrechnung auf die Unterhaltsbeträge in voller Höhe zustehen. Grundlage dieser Vereinbarung war ein anrechnungsfähiges Einkommen des Klägers von 4.436 DM (4.794 DM Erwerbseinkommen ./. 238 DM berufsbedingte Aufwendungen ./. 120 DM Darlehensraten LBS).
3
Zum 31. März 1999 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis. Nachdem er einige Zeit arbeitslos gewesen war und eine selbständige Tätigkeit wieder aufgegeben hatte, erhob er Anfang 2000 Abänderungsklage mit dem Ziel, nur geringeren Kindesunterhalt und keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen zu müssen. Die Abänderungsklage wurde hinsichtlich des Kindesunterhalts durch Urteil vom 13. März 2001 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe seinen Arbeitsplatz mutwillig in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannten schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt aufgegeben , um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; er müsse sich deshalb so behandeln lassen, als ob er noch das frühere Einkommen erziele.
4
Ab März 2002 war der Kläger erneut erwerbstätig. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen belief sich auf 1.499 €. Im November 2002 hat er erneut Abänderungsklage erhoben. Er hat geltend gemacht, unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen von 103 €, der Darlehensrate an die LBS und einer monatlichen Rate von 50 € auf Anwaltskosten nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt und nur noch eingeschränkt zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet zu sein, nämlich in Höhe von jeweils 154,96 € für die Söhne L. und P. und in Höhe von 131,34 € für D. Er hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts dementsprechend für die Zeit ab 1. August 2002 abzuändern.
5
Die Ehefrau hat den Klageanspruch bezüglich des sie betreffenden Unterhalts anerkannt. Die Kinder sind der Klage entgegengetreten und haben Widerklage erhoben, mit der sie beantragt haben, den Vergleich vom 26. Mai 1998 für die Zeit ab 1. Dezember 2002 dahin abzuändern, dass der Kläger an sie unter Anrechnung des Kindergeldes nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 5 BGB einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach § 1 der Regelbetragverordnung zu zahlen habe.
6
Das Amtsgericht hat die Vorentscheidung entsprechend dem Anerkenntnis bezüglich des Ehegattenunterhalts abgeändert und im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dagegen haben beide Seiten Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Das Oberlandesgericht hat dem Abänderungsbegehren des Klägers, dessen Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2004 betriebsbedingt gekündigt worden ist, im Wesentlichen stattgegeben und das Urteil vom 13. März 2001 dahin abgeändert, dass der Kläger ab 18. November 2002 (Rechtshängigkeit der Abänderungsklage) an die beiden älteren Kinder L. und P. einen monatlichen Unterhalt von jeweils 156 € und an das jüngere Kind D. einen monatlichen Unterhalt von 132 € für die Zeit bis zum 30. Juni 2003 und von monatlich 133 € ab 1.Juli 2003 zu zahlen hat. Im Übrigen hat es die Abänderungsklage sowie die Widerklage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten zu 2 bis 4, mit der sie ihre zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht hat die auf Abänderung des Urteils vom 13. März 2001 gerichtete Klage für zulässig und überwiegend begründet gehalten. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Auch wenn es sich hinsichtlich des Kindesunterhalts um ein klageabweisendes Urteil handele, habe sich das Abänderungsbegehren hiergegen, und nicht gegen den Vergleich, zu richten. Der die Abänderungsklage abweisende Teil der Entscheidung beruhe auf der richterlichen Prognose, dass die Unterhaltsansprüche der Kinder weiterhin in der durch Vergleich vereinbarten Höhe bestünden. Die Zulässigkeit scheitere auch nicht an § 323 Abs. 1 und 3 ZPO. Das gelte unabhängig davon, ob festgestellt werden könne, dass der Kläger den von ihm - nach dem Urteil vom 13. März 2001 mutwillig - aufgegebenen Arbeitsplatz ohnehin später, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger nachhaltiger Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, verloren hätte, so dass es an der wesentlichen Veränderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO fehlen könne. Es könne auch dahinstehen, ob sich die Prognose des Richters in diesem Urteil als unrichtig erweise. Nach allgemeiner Meinung könne nämlich ein Abänderungskläger, dessen Leistungsfähigkeit im Ersturteil fingiert worden sei, zur Vermeidung unerträglicher Belastungen nach einer gewissen Zeit die Anpassung der Unterhaltsrente an die tatsächlichen Verhältnisse verlangen. Zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse wegen unverhältnismäßiger Belastung des Unterhaltsschuldners sei es gerechtfertigt, die Korrektur des Urteils vom 13. März 2001 für die Zeit ab Erhebung der vorliegenden Ab- änderungsklage vorzunehmen, nachdem der Beklagte durch die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit seiner unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit genügt habe.
10
Die Klage habe auch im Wesentlichen Erfolg. Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Bezügeabrechnungen sei von dem von ihm behaupteten monatlichen Nettoeinkommen von 1.499 € auszugehen. Hiervon seien berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 103 € in Abzug zu bringen (Pkw-Kosten bei 20 km und einem Kilometersatz von 0,27 €). Im Hinblick auf den bei dem Kläger ärztlich diagnostizierten und therapierten Gelenkverschleiß sei die Pkw-Nutzung angemessen. Die fortlaufende Zahlung der Darlehensrate an die LBS habe der Kläger in Höhe von 61 € nachgewiesen. Die von ihm in Zusammenhang mit einer Strafverteidigung zu leistende Monatsrate von 50 € auf Anwaltskosten sei ebenfalls absetzbar; ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten bei Eingehung dieser Schuld sei nicht ersichtlich. Danach ergebe sich ein bereinigtes Einkommen von 1.285 € monatlich. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dem hier betroffenen Zeitraum aus einer Ganztagstätigkeit ein höheres Einkommen habe erzielen können, lägen nicht vor. Ungeachtet seines tatsächlichen Gesundheitszustandes sei ihm auch nicht zuzumuten , zur Steigerung seiner Einkünfte eine Nebentätigkeit aufzunehmen, da ein solches Verlangen unverhältnismäßig sei. Der Kläger habe eine normale Bürotätigkeit unter Einschluss von Buchhaltungsarbeiten und der Erledigung von Korrespondenz in der Zeit von 7.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu erbringen. Auch wenn sich diese Arbeiten nicht als besonders schwierig oder anstrengend darstellen sollten, erforderten sie einen Grad an psychischer und intellektueller Leistung, der schwerlich erbracht werden könne, wenn der Kläger wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfüge und sich daraus Einschränkungen seiner vollen Leistungsfähigkeit ergäben. Bei Berücksichtigung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts von 840 € erge- be eine Mangelfallberechnung unter Einsatz der Regelbeträge der Regelbetragverordnung keine höheren an die Beklagten zu zahlenden monatlichen Unterhaltsrenten als jeweils 156 € für die Beklagten zu 2 und 3 und 132 € bzw. 133 € für den Beklagten zu 4. Daraus folge zugleich, dass die Widerklage unbegründet sei.
11
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

12
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Abänderungsbegehren des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 zu richten ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese - im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose - die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - FamRZ 2007, 983, 984).
13
Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 geht davon aus, der Kläger sei weiterhin im Umfang des vereinbarten Kindesunterhalts unterhaltspflichtig , weil er sich sein früheres Einkommen nunmehr fiktiv zurechnen lassen müsse. Es beruht damit auf einer Prognose der künftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Da der Kläger die Korrektur dieser Prognose begehrt, steht die Abänderung der Entscheidung vom 13. März 2001 in Frage.
14
2. Nach § 323 Abs. 1 ZPO kommt es hierfür auf die Änderung derjenigen Verhältnisse an, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistung sowie für ihre Höhe und Dauer maßgebend waren. Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist die Klage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Verfahren entstanden sind.
15
Für die Zulässigkeit der Abänderungsklage ist es erforderlich, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die eine derartige Änderung ergeben.
16
a) Der Kläger hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen geltend gemacht, seit März 2002 wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen , jedoch nur ein monatliches Nettoeinkommen von 1.499 € zu erzielen. Eine besser bezahlte Arbeitsstelle habe er trotz seiner Bemühungen, die er auch nach dem Beginn der Beschäftigung fortgesetzt habe, nicht zu finden vermocht. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ihm die Abänderungsklage mit diesem Vorbringen eröffnet ist.
17
b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Behandlung der Fälle, in denen fiktive Verhältnisse Grundlage der Abänderung sind, nicht einheitlich beantwortet. Insbesondere bereitet der Fall der fortdauernden Arbeitslosigkeit desjenigen Unterhaltsschuldners Probleme, dessen Leistungsfähigkeit fingiert wurde , indem ihm tatsächlich nicht erzielte Einkünfte wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit zugerechnet wurden. Hat er sich anschließend hinreichend, aber erfolglos um eine neue Beschäftigung bemüht, so steht ihm nach allgemeiner Meinung die Abänderungsklage offen (OLG Karlsruhe FamRZ 1983, 931, 932; KG FamRZ 1984, 1245 f.; OLG Hamm FamRZ 1995, 1217; Soyka, Die Abänderungsklage im Unterhaltsrecht Rdn. 83; Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 158 c; Göppinger /Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2404; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 729 ff.; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 651; differenzierend Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba FamRZ 2002, 6, 10 f.; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 1031; MünchKomm/Gottwald ZPO 3. Aufl. § 323 Rdn. 81). Insoweit wird ausgeführt, bei einer fingierten Leistungsfähigkeit , die darauf beruhe, dass der Unterhaltspflichtige einer Erwerbsobliegenheit nicht nachkomme oder seine Arbeitsstelle mutwillig aufgebe und dadurch arbeitslos werde, könne seine zeitlich unbegrenzte Leistungsfähigkeit nicht unterstellt werden. Er könne nicht wegen eines einmal begangenen Fehlers für alle Zeit als leistungsfähig gelten. Denn es müsse immer mit gewissen Veränderungen im Arbeitsleben gerechnet werden, die dazu führen könnten, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliere, oder Gründe einträten, die ihn im Verhältnis zu dem Unterhaltsgläubiger zur Aufgabe der Arbeitsstelle berechtigten. Einem Unterhaltspflichtigen müsse daher nach einer gewissen Übergangszeit die Möglichkeit eingeräumt werden, darzutun und zu beweisen, dass er sich nach Kräften um eine angemessene Arbeitsstelle bemüht, seinen Fehler also wieder gutzumachen versucht habe, seine Bemühungen aber trotz aller Anstrengungen erfolglos geblieben seien.
18
Hinsichtlich der dogmatischen Behandlung dieser Fälle werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Teilweise wird nur eine Annexkorrektur im Rahmen einer aus anderen Gründen eröffneten Abänderungsklage für zulässig gehalten, teilweise wird § 323 Abs. 2 ZPO einschränkend angewandt, um die Prognose entsprechend den aktuellen Verhältnissen zu korrigieren (vgl. hierzu im Einzelnen Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba, FamRZ 2002, 6, 11).
19
c) Der Senat ist der Auffassung, dass die unterschiedlichen Fallgestaltungen der fingierten Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners aufgrund einer Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit einer differenzierten Beurteilung bedürfen. Denn es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen dem Fall, in dem der Unterhaltspflichtige zunächst schuldlos seine Arbeitsstelle verliert und sich danach nicht in ausreichendem Maß um eine neue Arbeit bemüht, so dass ihm nunmehr fiktiv ein erzielbares Einkommen - gegebenenfalls entsprechend jetzt schlechterer Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt - zugerechnet wird, und jenem Fall, in dem er - wie hier - mutwillig einen gut bezahlten sicheren Arbeitsplatz aufgibt und deshalb fiktiv so behandelt wird, als ob er noch die frühere Arbeitsstelle mit dem dabei erzielten Einkommen habe. In dem letzteren Fall ist eine Abänderung des auf fiktiver Grundlage ergangenen Urteils nur dann zulässig, wenn er geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle in der Zwischenzeit ohnehin verloren hätte, etwa weil er den Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen oder Personal abgebaut worden und er hiervon betroffen gewesen wäre (vgl. auch Graba FamRZ 2002, 6, 10). Es reicht dagegen nicht aus, wenn er vorträgt, inzwischen wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit ihr aber das frühere Einkommen nicht erzielen zu können. Denn er muss darlegen, dass die der Verurteilung zugrunde liegende Prognose aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Prognose geht in Fällen der mutwilligen Aufgabe des Arbeitsplatzes aber regelmäßig dahin, dass der Unterhaltsschuldner ohne das ihm vorzuwerfende Verhalten weiterhin über seinen früheren Arbeitsplatz und das frühere Einkommen verfügen würde. Eine zeitliche Komponente derart, dass eine solche Prognose nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, wie es das Oberlandesgericht meint, ist einer Verurteilung auf fiktiver Grundlage nicht immanent, es sei denn, das Gericht hätte eine ausdrückliche Einschränkung dieser Art gemacht.
20
d) An dieser Betrachtungsweise sieht sich der Senat nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert.
21
Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Recht des Verwandtenunterhalts ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen und privilegierten volljährigen unverheirateten Kindern gegenüber aber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hieraus sowie aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen , sondern auch die fiktiv erzielbaren Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Überschreitet der ausgeurteilte Unterhalt die Grenze des Zumutbaren, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 273, 274). Ob dies uneingeschränkt auch für den Fall mutwilliger Arbeitsplatzaufgabe gilt, kann hier dahinstehen.
22
In einem Fall wie dem vorliegenden wird jedenfalls die Grenze des Zumutbaren schon deswegen nicht überschritten, weil ein Abänderungsbegehren nur nach den vorstehend aufgezeigten Maßgaben für zulässig erachtet wird. Das dem Unterhaltsschuldner fiktiv zugerechnete Einkommen war für ihn erzielbar und hätte - unveränderte Umstände unterstellt - ohne sein vorwerfbares Verhalten auch weiterhin erzielt werden können. Bei dieser Fallgestaltung gebietet es der Schutz der Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsschuldner an den fortwirkenden Folgen seines mutwilligen Verhaltens festzuhalten. Im Übrigen bleibt der Schutz des Unterhaltspflichtigen auch bei Berücksichtigung fiktiver Einkünfte durch seinen notwendigen Selbstbehalt gewährleistet der den eigenen Sozialhilfebedarf nicht unterschreiten darf (Senatsurteile BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684 und vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Einen weiteren Schutz gegenüber überzogenen Unterhaltsforderungen genießt der Unterhaltsschuldner auch durch die Pfändungsfreigrenzen des § 850 d ZPO. Der Beschränkung seiner Dispositionsfreiheit im finanziellen Bereich kann er schließlich durch die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens bezüglich der Unterhaltsrückstände entgegenwirken , wozu ihn nach der Rechtsprechung des Senats wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern sogar eine Obliegenheit treffen kann (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 162, 234 ff. = FamRZ 2005, 605 ff., vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 und vom 12. Dezember 2007 - XII ZR 23/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
23
3. Der Vortrag, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, genügt danach nicht, um dem Kläger die Abänderungsklage zu eröffnen. Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 ist ausdrücklich darauf gestützt worden, dass er seinen Arbeitsplatz aufgegeben habe, um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; wenn er in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannt schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt mutwillig seine Arbeitsstelle aufgebe, müsse er im bisherigen Umfang als leistungsfähig angesehen werden. Dieser Fiktion liegt die Prognose zugrunde, dass der Unterhaltspflichtige ohne die unterhaltsrechtlich vorwerfbare Aufgabe seiner Arbeitsstelle weiter zu gleichen Bedingungen beschäftigt wäre. Mit Rücksicht auf diese Prognose ist eine Abänderungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle ohnehin verloren hätte, oder sein Einkommen daraus aus anderen Gründen (z.B. Kurzarbeit) zurückgegangen wäre, er mithin einen von dieser Prognose abweichenden Verlauf behauptet (vgl. Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 24/91 - NJW-RR 1992, 1091, 1092).
24
4. Nach dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen Klagevorbringen hat der Kläger allerdings auch behauptet, aufgrund der seit der vorausgegangenen Entscheidung fortschreitenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands zu der früheren, in drei Schichten zu verrichtenden Tätigkeit nicht mehr in der Lage zu sein. Die bereits früher diagnostizierte Coxarthrose, an der er unter anderem leide, habe sich wesentlich verschlimmert, weshalb ihm ein Grad der Behinderung von 50 % zuerkannt worden sei.
25
Damit stützt der Kläger sich auf eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Rechtsstreit eingetretene Änderung der Verhältnisse, die - ihre Richtigkeit unterstellt - zu einer Korrektur der damaligen Prognose veranlassen und zu einer Anpassung des Unterhalts an die veränderten Verhältnisse führen würde. Mit dieser Begründung ist dem Kläger die Abänderungsklage deshalb eröffnet.

III.

26
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben, da das Berufungsgericht zu der Begründetheit der mit dem vorstehenden Vorbringen zulässigen Abänderungsklage keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist deshalb zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Entscheidung über die Abänderungsklage und die Widerklage der Beklagten an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

IV.

27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
28
Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, dem Kläger zusätzlich fiktive Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung zuzurechnen. Dagegen bestehen, falls es hierauf erneut ankommen sollte, keine rechtlichen Bedenken.
29
Eine über die tatsächliche Erwerbstätigkeit hinausgehende Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen zur Erzielung von Einkommen, das diesem insoweit bei der Unterhaltsberechnung fiktiv zugerechnet wird, kann nur angenommen werden, wenn und soweit die Aufnahme einer weiteren oder anderen Erwerbstätigkeit dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet (BVerfG FamRZ 2003, 661 f. und FamRZ 1985, 143).
30
Eine solche unzumutbare Belastung hat das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen zu Recht bejaht. Es hat maßgeblich darauf abgestellt , dass der Kläger, der in der Zeit von 7.15 bis 16.00 Uhr Bürotätigkeiten zu verrichten hat, psychisch und intellektuell Leistungen erbringen muss, zu denen er schwerlich in der Lage ist, wenn er wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfügt. Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist und sich mehrfach krankengymnastischer Behandlung unterzogen hat, die einigen Zeitaufwand erfordert. Darüber hinaus war er auf seinem Arbeitsplatz ohne einschlägige Vorkenntnisse eingesetzt worden und musste auch deshalb bemüht sein, den an ihn gestellten Anforderungen zu entsprechen.
31
Abgesehen davon bestimmt das Zeitarbeitsgesetz vom 6. April 1994 (BGBl. I 1170) in § 3, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. Dabei sind gemäß § 2 ArbZG die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen. Längere Arbeitszeiten sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn innerhalb bestimmter Fristen ein Freizeitausgleich gewährt wird. Bei dem Überangebot an Arbeitssuchenden, das für geringfügige Beschäftigungen zur Verfügung steht, spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung nicht dafür, dass solche Stellen an Arbeitnehmer, die ihre Arbeitskraft schon für acht Stunden eingesetzt haben, vergeben werden (vgl. KG FamRZ 2003, 1208, 1210).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 12.08.2003 - 1 F 232/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.05.2005 - 20 UF 114/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 163/04 Verkündet am:
28. März 2007
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ist durch Prozessvergleich titulierter Unterhalt nur für einen bestimmten Zeitraum
vereinbart worden, weil die Parteien davon ausgingen, für die Zeit danach
werde der Unterhaltsanspruch mangels Bedürftigkeit entfallen, so ist ein
für einen späteren Zeitraum behaupteter Unterhaltsanspruch im Wege der
Leistungsklage geltend zu machen. Für den materiellen Unterhaltsanspruch
sind die in dem Prozessvergleich getroffenen Regelungen weiterhin von Bedeutung
, soweit sie nicht wegen Wegfalls ihrer Geschäftsgrundlage an die
veränderten Verhältnisse anzupassen sind.

b) Der wegen eines leiblichen Kindes gewährte erhöhte Leistungssatz des Arbeitslosengeldes
ist auch im Fall der Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen
Bestandteil seines zur Bemessung des nachehelichen Unterhalts
maßgeblichen Einkommens. Außer Betracht zu bleiben hat dagegen der Teil
des Arbeitslosengeldes, der aufgrund der Wiederverheiratung geleistet wird.

c) Sowohl von Arbeitslosengeld als auch von einer als Ersatz für fortgefallenes
Arbeitseinkommen vom Arbeitgeber gezahlten und auf einen längeren Zeitraum
umzulegenden Abfindung ist ein Erwerbstätigenbonus nicht in Abzug
zu bringen.
BGH, Urteil vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - OLG Koblenz
AG Sinzig
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. März 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 3. August 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch.
2
Die 1968 geschlossene Ehe der Parteien, der zwei inzwischen volljährige Kinder entstammen, ist seit dem 11. Juni 1996 rechtskräftig geschieden. Über den durch Verbundurteil u.a. geregelten nachehelichen Unterhalt schlossen die Ehegatten im Berufungsverfahren am 25. Oktober 1996 folgenden Vergleich: "1. Der Antragsteller verpflichtet sich, zum Ausgleich des Zugewinns und des nachehelichen Unterhalts bis einschließlich Juli 1997 einen Ge- samtbetrag von 30.000 DM an die Antragsgegnerin zu zahlen. Davon entfällt ein Teilbetrag in Höhe von 3.000 DM auf den Unterhalt. 2. Für die Zeit nach Juli 1997 entfällt auf der Basis der derzeitigen Einkommensverhältnisse der Parteien und angesichts dessen, dass alsdann die Hauslasten voraussichtlich weitgehend abgetragen sind, ein rechnerischer Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin. Dabei ist von einer Mischmethode bei der Berechnung ausgegangen worden, wonach ein eheprägendes eigenes Einkommen der Antragsgegnerin von 800 DM zugrunde gelegt worden ist."
3
Der Beklagte ist wieder verheiratet. Aus der Verbindung mit seiner zweiten Ehefrau ist der am 14. Dezember 1994 geborene Sohn M. hervorgegangen.
4
Die Klägerin hat Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 450 € für die Zeit ab 1. Juni 2002 verlangt. Sie hat geltend gemacht, der Beklagte schulde ihr Aufstockungsunterhalt, da ihr Erwerbseinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit sowie ihre sonstigen Einkünfte nicht ausreichten, um ihren unter Anwendung der Differenzmethode zu ermittelnden Unterhaltsbedarf zu decken.
5
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat vorgetragen, zum 1. Oktober 2003 aus dem Erwerbsleben ausgeschieden zu sein, da er - gegen Zahlung einer Abfindung - der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses habe zustimmen müssen. Seitdem beziehe er Arbeitslosengeld.
6
Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Unterhaltsbeträgen verurteilt, die zwischen monatlich 327 € und 368 € liegen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den Unterhalt teilweise herabgesetzt und der Klägerin folgende Beträge zuerkannt : für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 2002 monatlich 265 €, für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 2003 monatlich 184 €, für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2003 monatlich 189 € und ab 1. April 2004 monat- lich 327 €. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


A

7
Die Revision ist zulässig.
8
Der Entscheidungssatz des Berufungsgerichts enthält keinen Zusatz, der die dort zugelassene Revision einschränkt. Zwar kann sich eine Eingrenzung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH Urteil vom 16. März 1988 - VIII ZR 184/87 - BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Revisionszulassung, beschränkte 4; Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 19/89 - BGHR ZPO § 546 Abs. 1 Satz 1 Revisionszulassung , beschränkte 8 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01 - FamRZ 2003, 590). Das ist hier indessen nicht der Fall.
9
In den Gründen seines Urteils hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Revision werde zugelassen, damit der Bundesgerichtshof Gelegenheit erhalte, über die rechtsgrundsätzlichen Fragen zu entscheiden, ob der dem Beklagten gewährte Kinderfreibetrag für das Kind aus zweiter Ehe sowie die kindbezogene Erhöhung des Arbeitslosengeldes unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien. Der ersten Frage kommt jedenfalls bis zum Bezug des Arbeitslosengeldes Bedeutung zu, während die zweite Frage für die Zeit während dieses Bezuges relevant ist. Damit betreffen die beiden aufgeworfenen Fragen zusammen den Gesamtzeitraum, über den zu entscheiden ist. Eine Einschränkung der Zulas- sung ergäbe sich auch betragsmäßig nicht; sie kann weder den Entscheidungsgründen entnommen werden noch lässt sie sich unschwer feststellen.

B

10
Die Revision hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

I.

11
Das Berufungsgericht hat der Klägerin Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB zuerkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt :
12
Bei der Unterhaltsbemessung sei zu berücksichtigen, dass ein der bestehenden Ehe gewährter Steuervorteil nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen dürfe. Dieser Grundsatz gelte allerdings nur für den Unterhaltszeitraum , der der Verkündung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (BVerfGE 108, 351 ff. = FamRZ 2003, 1821 ff.) folge. Erst von diesem Zeitpunkt an sei eine neue Rechtslage eingetreten. Die Berechnung des der neuen Ehe vorzubehaltenden Splittingvorteils könne aber nur exakt vorgenommen werden, wenn der Steuerbescheid für das jeweilige Jahr vorliege , was hier bezogen auf das Jahr 2003 nicht der Fall sei. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte nur bis zum 30. September 2003 Arbeitseinkommen bezogen habe. Für die Zeit danach stelle das berücksichti- gungsfähige Einkommen die Summe aus der bis zum Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren umzulegenden Abfindung und dem bezogenen Arbeitslosengeld dar. Ab 1. Januar 2004 zahle der Beklagte daher keine Steuern mehr, weil die Abfindung bereits 2003 versteuert worden sei. Nachdem der Splittingvorteil nur für November und Dezember 2003 herauszurechnen, dies aber nicht exakt möglich sei, erscheine es vertretbar, das Einkommen weiterhin unter Einbeziehung des Splittingvorteils, also ebenso zu berechnen, wie für die Zeit bis September 2003. Allerdings müsse durchgehend berücksichtigt werden, dass das Einkommen des Beklagten nach der Steuerklasse III und dasjenige seiner Ehefrau nach der Steuerklasse V besteuert worden sei. Die steuerliche Mehrbelastung , die die zweite Ehefrau dadurch zu tragen habe, dürfe nicht der Klägerin zugute kommen. Dies sei deshalb unterhaltsrechtlich zu korrigieren. Die bis Dezember 2003 gewährte Steuervergünstigung gemäß § 10 e EStG sei ebenfalls von dem Einkommen des Beklagten abzuziehen, da andererseits die Belastungen für das in der neuen Ehe errichtete Haus nicht einkommensmindernd anerkannt würden.
13
Der Kindesunterhalt für das Kind aus zweiter Ehe sei nicht vorweg in Abzug zu bringen, weil die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien durch diese Unterhaltspflicht nicht geprägt worden seien. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei allerdings der Teil des Arbeitslosengeldes, der ihm aufgrund des Kindes gewährt werde, entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in das unterhaltsrechtlich anrechenbare Einkommen einzubeziehen. Ebenso sei der dem Beklagten zukommende Kinderfreibetrag nicht außer Acht zu lassen. Aus dem ihm gezahlten Arbeitslosengeld von 1.936,73 € monatlich sei allerdings der Teil herauszurechnen, der ihm wegen der Wiederverheiratung gewährt werde. Gemäß § 137 Abs. 2 Ziff. 3 a SGB III sei er aufgrund des Umstandes , dass auf seiner Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei, der Leistungsgruppe C zuzuordnen. Wenn auf seiner Lohnsteuerkarte nur die Lohnsteuerklasse I oder IV eingetragen wäre, wäre er dagegen der Leistungsgruppe A zuzuordnen gewesen (§ 137 Abs. 2 Ziff. 1 SGB III). Die Zuordnung zur Leistungsgruppe C beruhe daher auf der Wiederverheiratung. Die aufgrund dessen erfolgte Erhöhung des Arbeitslosengeldes dürfe ebenso wie der Splittingvorteil nur der neuen Ehe zugute kommen. Ohne die Wiederverheiratung erhielte der Beklagte unstreitig ein Arbeitslosengeld von lediglich 1.598,50 €. Dieser Betrag sei in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen.
14
Für die Zeit bis September 2003 seien von dem Einkommen des Beklagten berufsbedingte Aufwendungen abzusetzen. Dabei seien für die Fahrtkosten zur Arbeit die Pauschale von monatlich 10 € für jeden gefahrenen Kilometer anzusetzen. Ferner sei bis September 2003 ein mit 1/7 zu bemessender Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen. Soweit der Beklagte dagegen einwende , dass er auch den Unterhaltsbedarf seiner zweiten Ehefrau teilweise decken müsse, könne dies nicht berücksichtigt werden. Die zweite Ehefrau gehe der Klägerin gemäß § 1582 BGB im Rang nach, da die Ehe der Parteien von langer Dauer gewesen sei.
15
Das Erwerbseinkommen der Klägerin sei ausgehend von den von ihr vorgelegten Gehaltsabrechnungen zu ermitteln. Hiervon seien 5 % berufsbedingte Aufwendungen sowie der Erwerbstätigenbonus in Abzug zu bringen. Außerdem sei der Klägerin ein Wohnvorteil zuzurechnen. Auf dieser Grundlage errechne sich für die Zeit bis Dezember 2003 ein geringerer Unterhalt als vom Amtsgericht zuerkannt, während sich für die Zeit danach ein höherer Betrag ergebe. Insofern habe es deshalb ab 1. Januar 2004 bei dem ausgeurteilten Unterhalt von monatlich 327 € zu bleiben.
16
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.

17
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von der Klägerin erhobene Leistungsklage für zulässig gehalten. Die Revision wendet insoweit ein, die Klägerin begehre die Abänderung eines Prozessvergleiches, mache aber keine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien geltend. Die Vorinstanzen hätten eine solche Änderung auch nicht festgestellt. Die Klägerin berufe sich allein auf die durch Senatsurteil vom 13. Juni 2001 (BGHZ 148, 105 ff.) erfolgte Rechtsprechungsänderung, nach der im Falle der Aufnahme einer nachehelichen Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten das dadurch erzielte Einkommen bei der Berechnung seines nachehelichen Unterhalts nicht im Wege der Anrechnungs-, sondern im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen sei. Eine solche Rechtsprechungsänderung könne zwar ein Begehren auf Abänderung eines Prozessvergleichs im Grundsatz rechtfertigen. Damit sei indessen die entscheidende Frage, ob und in welcher Weise der Prozessvergleich an die geänderte Rechtslage anzupassen sei, nicht entschieden. Insofern bedürfe es vielmehr einer sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien. Es genüge nicht, dass ein weiteres Festhalten an dem Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheine; vielmehr müsse hinzukommen, dass das Abgehen von dem Vergleich der anderen Partei auch zumutbar sei. Dabei sei zu beachten, ob die im Vergleich insgesamt getroffenen Regelungen noch in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stünden. Das gelte insbesondere für Scheidungsfolgenvereinbarungen , die unterschiedliche Regelungen enthielten. Diese Grundsätze hätten die Vorinstanzen nicht beachtet.
18
Hiermit vermag die Revision nicht durchzudringen.
19
2. a) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt § 323 ZPO zwar auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger, der einen Titel über seinen Unterhalt erlangt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später im Wege der Abänderungsklage aberkannt worden ist, in der Folgezeit erneut Unterhalt verlangt. Kommt es zu einer Entscheidung nach § 323 ZPO, so hat das Gericht - im Zuge der Korrektur der ursprünglichen Prognose - seinerseits die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend zu berücksichtigen. Demgemäß beruht das abändernde Urteil sowohl im Falle der Reduzierung als auch bei völliger Streichung der Unterhaltsrente weiterhin auf einer Prognose der zukünftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Eine spätere Klage auf Wiedergewährung oder Erhöhung der Unterhaltsrente stellt daher abermals die Geltendmachung einer von der Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung der Entscheidung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen. Insoweit gilt nichts anderes als im Falle eines Urteils, durch das der Unterhaltsanspruch für eine bestimmte Zeit zugesprochen und - etwa wegen der Annahme künftigen Wegfalls der Bedürftigkeit - ab einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt aberkannt worden ist. Hier beruht die Aberkennung auf der richterlichen Prognose, dass die zukünftige Entwicklung zu einem Wegfall des Anspruchs führen werde. Demgemäß hat der Senat entschieden, dass bei einer von dieser Prognose abweichenden tatsächlichen Entwicklung die Abänderung des Urteils nach § 323 ZPO in Frage kommt. Ebenso kommt § 323 ZPO auch dann zur Anwendung, wenn ein Unterhaltsgläubiger , der seinen Unterhalt erfolgreich eingeklagt hatte, dessen Unterhaltsrente jedoch später - etwa wegen Wegfalls der Bedürftigkeit - im Wege der Abänderung aberkannt worden ist, in der Folge erneut Unterhalt verlangt, weil sein Unterhaltsbedarf nicht mehr gedeckt sei (Senatsurteile vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376, 377 und vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.).
20
b) Diese Rechtsprechung ist jedoch auf den Fall des durch Prozessvergleich titulierten Unterhalts, der nur für einen bestimmten Zeitraum vereinbart wird, für die Zukunft indessen nach der Auffassung der Prozessparteien mangels Bedürftigkeit nicht besteht, nicht übertragbar. Nach § 323 Abs. 4 ZPO sind die Absätze 1 bis 3 der Bestimmung auf die Schuldtitel des § 794 Abs. 1 Nr. 1, 2 a und 5 ZPO nur entsprechend anzuwenden, soweit darin Leistungen der in Absatz 1 bezeichneten Art übernommen oder festgesetzt worden sind. § 323 Abs. 4 ZPO erfasst mithin nicht die Fälle, in denen für die Zukunft keine Leistungspflicht festgelegt worden ist. Eine analoge Anwendung über den Wortlaut des Abs. 4 hinaus kommt nicht in Betracht. Denn die prozessuale Situation nach Erlass eines rechtskräftigen Urteils ist mit derjenigen nach Abschluss eines Prozessvergleichs nicht vergleichbar. Die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich im Falle eines der Klage auf Unterhalt nur teilweise stattgebenden Ersturteils auch auf die künftigen (aberkannten) Unterhaltsansprüche, so dass bei einer Veränderung der Verhältnisse Abänderungsklage zu erheben ist (Senatsurteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - FamRZ 2005, 101, 102 f.). Bei einem Vergleich stellt sich das Problem der Durchbrechung der Rechtskraft hingegen nicht. Auch wenn die Prozessparteien mit der getroffenen Regelung zum Ausdruck bringen wollten, dass für die Zukunft kein Unterhaltsanspruch mehr besteht, beschränkt sich die Vereinbarung auf den materiellen Anspruch; sein Nichtbestehen ist nicht rechtskräftig festgestellt (vgl. OLG Hamm NJWE-FER 2000, 129; Göppinger/Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2425).
21
c) Im vorliegenden Fall war in dem von den Parteien geschlossenen Prozessvergleich ein Anspruch der Klägerin auf nachehelichen Unterhalt nur für die Zeit bis einschließlich Juli 1997 festgelegt worden. Für die Zeit danach entfiel auf der Basis der damaligen Einkommensverhältnisse und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Hauslasten dann voraussichtlich weitgehend abgetragen sein würden, rechnerisch ein Unterhaltsanspruch. Das Berufungsgericht hat diese Regelung nicht ausgelegt. Da weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Prozessvergleich insoweit selbst auslegen. Nach dem zum Ausdruck gekommenen Willen der Parteien waren sie darüber einig, dass ab August 1997 unter den genannten Voraussetzungen ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht mehr bestehen werde. Dabei sind sie rechnerisch von der sogenannten "Mischmethode" ausgegangen, nach der ein Teil des von der Klägerin erzielten Einkommens im Wege der Differenzmethode und ihr weiteres Einkommen im Wege der Anrechnungsmethode berücksichtigt wurde, so dass kein offener Unterhaltsbedarf verblieb. Für die Zukunft ist deshalb keine Leistungspflicht festgelegt worden. Das hat zur Folge, dass ein Unterhaltsanspruch der Klägerin nunmehr durch Leistungsklage (§ 258 ZPO) geltend zu machen ist.

III.

22
1. Für den materiellen Unterhaltsanspruch ist allerdings eine vergleichsweise Regelung, etwa über bestimmte Modalitäten der Berechnung, grundsätzlich von Bedeutung. Das gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die Regelung durch Prozessvergleich oder durch außergerichtliche Vereinbarung zustande gekommen ist. Sie wirkt sich in jedem Fall auf das Unterhaltsrechtsverhältnis aus, soweit nicht ihre Geschäftsgrundlage weggefallen ist und die Regelung der Anpassung an die veränderten Verhältnisse unterliegt. Letzteres ist hier allerdings der Fall.
23
Nach der geänderten Rechtsprechung des Senats richtet sich der nach § 1578 BGB zu bemessende Unterhaltsbedarf eines Ehegatten, der seine Arbeitsfähigkeit während der Ehe ganz oder zum Teil in den Dienst der Familie gestellt, den Haushalt geführt und nach Trennung oder Scheidung eine Erwerbstätigkeit aufgenommen oder ausgeweitet hat, nicht nur nach dem in der Ehe zur Verfügung stehenden Bareinkommen des Unterhaltspflichtigen sowie seinem eigenen bereits seinerzeit erzielten Einkommen. Vielmehr soll dieser Ehegatte auch nach der Scheidung an dem durch seine Familienarbeit verbesserten ehelichen Lebensstandard teilhaben, weil seine in der Ehe durch Haushaltsführung und Kindesbetreuung erbrachten Leistungen der Erwerbstätigkeit des anderen Ehegatten grundsätzlich gleichwertig sind und die ehelichen Lebensverhältnisse mitgeprägt haben. Ausgehend von dieser Gleichwertigkeit hat der Senat auch ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten, welches dieser teilweise erst nach der Ehe erzielt, bei der Unterhaltsbemessung mitberücksichtigt und den Unterhalt auch insoweit nicht mehr nach der sogenannten Anrechnungsmethode, sondern insgesamt nach der Additionsbzw. Differenzmethode ermittelt. Diese geänderte Rechtsprechung ist nicht nur als andere rechtliche Beurteilung bereits bekannter und gewürdigter tatsächlicher Verhältnisse zu werten. Sie beruht vielmehr auf einer abweichenden Sicht des § 1578 BGB und des bisherigen Verständnisses der "eheprägenden Verhältnisse" und führt mit ihrer das bisherige Berechnungssystem verändernden Additions- bzw. Differenzmethode für die betroffenen Fallgestaltungen zu einer neuen Rechtslage. Sie erfasst auch Fälle wie den vorliegenden, in denen ein Erwerbseinkommen des unterhaltsberechtigten Ehegatten bisher nicht in vollem Umfang als eheprägend in die Bedarfsbemessung einbezogen wurde (Senatsurteile BGHZ 148, 105, 120 f.; 368, 377, 382).
24
Daraus ergibt sich vorliegend eine wesentliche Abweichung von der Geschäftsgrundlage des Vergleichs. Das genügt zwar noch nicht, um diesen an die veränderte Rechtsprechung anzupassen. Erforderlich ist darüber hinaus die Prüfung, ob - unter Abwägung der beiderseitigen Interessen - dem Beklagten das Abgehen von dem Vereinbarten zuzumuten ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 148, 368, 377, 382). Das ist hier aber der Fall. Insofern kommt zum einen dem Umstand Bedeutung zu, dass sich eine Anpassung allein auf die Berechnungsmethode zu erstrecken hat, während die Zurechnung eines Wohnvorteils auf Seiten der Klägerin weiterhin vorzunehmen ist. Zum anderen führt es nicht zu einer unzumutbaren Belastung des Beklagten, wenn das Erwerbseinkommen der Klägerin teilweise nicht mehr im Wege der Anrechnungsmethode, sondern insgesamt im Wege der Additions- bzw. Differenzmethode zu berücksichtigen ist. Denn dadurch wird gewährleistet, dass - ebenso wie früher die Familienarbeit der Klägerin beiden Ehegatten zu gleichen Teilen zugute kam - nunmehr das beiderseitige (unterhaltsrelevante) Einkommen zwischen ihnen nach dem Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe aufgeteilt wird. Es wird lediglich vermieden, dass - wie es bei der Anrechnungsmethode der Fall wäre - zu Lasten der Klägerin als haushaltsführendem Ehegatten eine Berücksichtigung ihres Einkommens bei der Bedarfsbemessung unterbleibt und nur der Beklagte als Unterhaltspflichtiger einseitig entlastet wird (Senatsurteil BGHZ 148, 105, 121). Mit Rücksicht darauf ist der Vergleich der geänderten Rechtsprechung des Senats anzupassen und die Unterhaltsberechnung nicht mehr im Wege der gemischten Methode, sondern im Wege der Additions- bzw. Differenzmethode vorzunehmen.
25
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB geschuldet wird, wenn die Voraussetzungen zur Zeit der Scheidung vorgelegen haben. Dass der Unterhaltsberechtigte den Anspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend macht, ist ohne Bedeutung (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 89 = FamRZ 2005, 1817 ff.).
26
Nach dem abgeschlossenen Vergleich stand der Klägerin für die Zeit nach der 1996 erfolgten Scheidung bis Juli 1997 aber Aufstockungsunterhalt zu. Ein solcher Anspruch bestand bzw. besteht nach den getroffenen Feststellungen mit Rücksicht auf die geänderte Berechnungsweise - Differenzmethode anstelle der seinerzeit zugrunde gelegten "gemischten Methode" - dem Grunde nach auch weiterhin.
27
3. Die für die Unterhaltsbemessung maßgebenden ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 BGB) waren u.a. durch das Einkommen des Beklagten aus seiner Erwerbstätigkeit geprägt. Wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend erkannt hat, ist für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens eines wieder verheirateten Unterhaltspflichtigen, der auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Anspruch genommen wird, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Oktober 2003 (BVerfGE 108, 351 ff. = FamRZ 2003, 1821, 1823) ein gegebenenfalls vorhandener Splittingvorteil außer Betracht zu lassen und die Steuerpflicht fiktiv der Grundtabelle zu entnehmen (Senatsurteil BGHZ 163, 84, 90 f.). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt dies allerdings grundsätzlich nicht erst für die Zeit ab Verkündung der betreffenden Entscheidung, sondern zeitlich uneingeschränkt. Anders ist die Rechtslage nur dann, wenn eine Abänderungsklage auf die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt wird. In einem solchen Fall ist die geänderte Rechtsprechung wegen der Rechtskraft des abzuändernden Urteils erst für die Zeit ab der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesgerichtshofs von Bedeutung (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
28
Da die Klägerin - zu Recht - Leistungsklage erhoben hat, muss der Splittingvorteil vom Beginn des hier streitgegenständlichen Zeitraums an (ab Juni 2002) unberücksichtigt bleiben (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 101 und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
29
Danach kann die Unterhaltsbemessung des Berufungsgerichts schon deshalb keinen Bestand haben, weil es jedenfalls für die Zeit bis Dezember 2003 den Splittingvorteil in das unterhaltsrelevante Einkommen einbezogen hat. Allein die unterhaltsrechtliche Korrektur der Steuerklassenwahl in der zweiten Ehe wird der Notwendigkeit, die aus der Wiederverheiratung resultierenden Steuervorteile der neuen Ehe vorzubehalten, nicht gerecht.
30
4. Zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts ist eine fiktive Steuerberechnung vorzunehmen. Dabei ist neben dem Splittingvorteil auch der der zweiten Ehefrau des Beklagten bei der Veranlagung zur Einkommensteuer nach § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG gewährte Freibetrag von 1.824 € für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein weiterer Freibetrag von 1.080 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes außer Betracht zu lassen. Denn dieser setzt das Bestehen einer Ehe sowie das nicht dauernde Getrenntleben der Ehegatten voraus und muss deshalb der bestehenden und nicht der geschiedenen Ehe zugute kommen. Demgegenüber ist der dem Beklagten selbst nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG zukommende Kinderfreibetrag bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einzubeziehen. Die Freibeträge werden nämlich für jedes zu berücksichtigende Kind des Unterhalts- und Steuerpflichtigen gewährt. Die Berücksichtigung eines Kindes für einen Kinderfreibetrag setzt - außer bei Pflegekindern - grundsätzlich auch nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das Kind in seinen Haushalt aufgenommen oder unterhalten hat (Schmidt EStG 25. Aufl. § 32 Rdn. 4). Da diese Freibeträge mithin unabhängig von einer Ehe der Eltern und sogar unabhängig von deren Zusammenleben eingeräumt werden, brauchen sie nicht der bestehen- den Ehe vorbehalten zu werden (Senatsurteil vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
31
Den auf § 10 e EStG beruhenden Steuervorteil des Beklagten hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht unberücksichtigt gelassen, da es auch den mit dem Eigenheim des Beklagten verbundenen finanziellen Aufwand zutreffend unbeachtet gelassen hat. Eine fiktive Steuerlast ist nach der Rechtsprechung des Senats dann in Ansatz zu bringen, wenn steuermindernde tatsächliche Aufwendungen vorliegen, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind (Senatsurteile vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 75/02 - FamRZ 2005, 1159, 1161 und BGHZ 163, 84, 94).
32
5. Von dem Einkommen des Beklagten hat das Berufungsgericht für die Zeit bis September 2003 die berufsbedingten Aufwendungen sowie einen mit 1/7 bemessenen Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird - der Höhe nach - auch von der Revision nicht angegriffen.
33
6. Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, den Kindesunterhalt für das Kind M. des Beklagten bei der Ermittlung des nachehelichen Unterhalts zu berücksichtigen. Das steht bereits mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats nicht in Einklang. Nach dem Urteil des Amtsgerichts, auf das das Berufungsgericht zur Sachdarstellung verwiesen hat, und dem dort in Bezug genommenen Vortrag der Klägerin ist das Kind M. am 14. Dezember 1994, also vor der Scheidung der Ehe der Parteien, geboren worden. Bereits deshalb hat die diesem Kind gegenüber bestehende Unterhaltspflicht die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt (vgl. Senatsurteile vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 369 und - für den Fall eines nachehelich geborenen Kindes - vom 15. März 2006 - XII ZR 30/04 - FamRZ 2006, 683, 686). Der Kindesunterhalt hätte deshalb vorweg - von dem gesondert zu ermittelnden tatsächlichen - Einkommen des Beklagten in Abzug gebracht werden müssen (siehe hierzu unter IV.).
34
7. Für die Zeit nach dem Ausscheiden des 1944 geborenen Beklagten aus dem Erwerbsleben hat das Berufungsgericht zum einen das von diesem bezogene Arbeitslosengeld und zum anderen die Abfindung berücksichtigt, die er von seinem Arbeitgeber erhalten hat. Hinsichtlich des Arbeitslosengeldes hat es den Teil, der dem Beklagten aufgrund seiner Wiederverheiratung zukommt, nicht als unterhaltsrelevant angesehen. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken und wird auch von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen.
35
Zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die wegen des Kindes M. erfolgende Erhöhung des Arbeitslosengeldes nicht außer Betracht zu bleiben hat. Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG haben, 67 % (erhöhter Leistungssatz), während es sich für die übrigen Arbeitslosen auf 60 % (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts beläuft. Für den Kindesbegriff verweist die Vorschrift auf § 32 Abs. 1 EStG. Danach ist es unerheblich, ob es sich um eheliche Kinder oder um nichteheliche Kinder oder für ehelich erklärte Kinder handelt (Hauck/Noftz/Valgolio SGB III § 129 Rdn. 18). Der erhöhte Leistungssatz wird dem Beklagten mithin nicht gewährt , weil er verheiratet ist, sondern weil er ein Kind hat. Die Erhöhung beruht also nicht auf der bestehenden Ehe; ihr Bezug setzt auch nicht voraus, dass die Eltern eines Kindes zusammenleben. Anders verhält es sich nur dann, wenn es um den erhöhten Leistungssatz für ein Stiefkind geht (Hauck/Noftz/Valgolio SGB III § 129 Rdn. 22). Der Mehrbetrag ist im Falle eines leiblichen Kindes deshalb auch im Fall der Wiederverheiratung Bestandteil des unterhaltsrelevanten Einkommens (vgl. auch Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - zum Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 BBesG für ein Stiefkind des Unterhaltspflichtigen und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zu einem vom Arbeitgeber gezahlten Kinderzuschlag, jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen).
36
8. Der Abfindung, die dem Beklagten aus Anlass der Auflösung seines Beschäftigungsverhältnisses im Alter von 59 Jahren gezahlt worden ist, hat das Berufungsgericht unter den hier vorliegenden Umständen zutreffend Lohnersatzfunktion zugebilligt und den Betrag auf die Zeit bis zum Rentenbeginn des Beklagten verteilt. Die Abfindung dient als Ersatz des fortgefallenen Arbeitseinkommens in solchen Fällen dazu, die bisherigen wirtschaftlichen Verhältnisse bis zum Eintritt in das Rentenalter aufrechterhalten zu können (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1987 - IVb ZR 89/85 - FamRZ 1987, 359, 360; Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 1 Rdn. 16 f., 71). Sie ist deshalb mit ihrem unter Außerachtlassung des Splittingvorteils zu ermittelnden Nettobetrag in das unterhaltsrelevante Einkommen einzubeziehen.
37
9. Sowohl von dem Arbeitslosengeld als auch von der auf 66 Monate umgelegten Abfindung hat das Berufungsgericht keinen Erwerbstätigenbonus in Abzug gebracht. Das steht mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang.
38
Hiernach widerspricht es dem Halbteilungsgrundsatz zwar nicht, zugunsten des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen von einer strikt hälftigen Aufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um dem mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand Rechnung zu tragen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen. Soweit Einkünfte nicht aus einer Erwerbstätigkeit herrühren, bedarf eine Abweichung vom Grundsatz der gleichmäßigen Teilhabe der Ehegatten am ehelichen Lebensstandard aber einer besonderen Begründung (Senatsurteil vom 23. November 2005 - XII ZR 51/03 - FamRZ 2006, 387, 392; vgl. u.a. zum Arbeitslosengeld auch Palandt/Brudermüller BGB 66. Aufl.
§ 1578 Rdn. 48). Besondere Gründe hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt. Dafür ist auch nichts ersichtlich. Auch die Revision rügt nicht, dass insoweit Sachvortrag übergangen worden sei.
39
10. Die Ermittlung des Einkommens der Klägerin ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision erhebt hiergegen auch keine Einwendungen.

IV.

40
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu weiterer Feststellungen zum Einkommen des Beklagten bedarf. Dieses ist zur Errechnung des Ehegattenunterhalts ohne Splittingvorteil zu ermitteln. Für die Bemessung des - vorweg abzuziehenden - Kindesunterhalts ist dagegen nicht von einem um den Splittingvorteil bereinigten Einkommen des Unterhaltspflichtigen , sondern von dessen tatsächlichem Einkommen auszugehen (Senatsurteile BGHZ 163, 84, 101 und vom 14. März 2007 - XII ZR 158/04 - zur Veröffentlichung vorgesehen; a.A. OLG Oldenburg FamRZ 2006, 1223, 1224). Daran hält der Senat fest.
41
Im Übrigen wird das Berufungsgericht sich die Frage vorzulegen haben, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin nach § 1573 Abs. 5 BGB zeitlich zu begrenzen ist (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 148, 105, 115 f., vom 12. April 2006 - XII ZR 240/03 - FamRZ 2006, 1006, 1007, vom 25. Oktober 2006 - XII ZR 190/03 - FamRZ 2007, 200, 203 und vom 28. Februar 2007 - XII ZR 37/05 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist Dose urlaubsbedingt verhindert zuunterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Sinzig, Entscheidung vom 24.10.2003 - 8 F 447/02 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 03.08.2004 - 11 UF 809/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 101/05 Verkündet am:
20. Februar 2008
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle
auf fiktiver Grundlage ergangenen Unterhaltsurteils ist nicht bereits mit der
Behauptung zulässig, der Abänderungskläger genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit
, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr,
dass der Abänderungskläger geltend macht, er hätte die frühere Arbeitsstelle
inzwischen aus anderen Gründen verloren.
BGH, Urteil vom 20. Februar 2008 - XII ZR 101/05 - OLG Karlsruhe
AG Ettlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2007 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu 2 bis 4 wird das Urteil des 20. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Mai 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Abänderungsklage gegen die Beklagten zu 2 bis 4 auf die Berufung des Klägers stattgegeben und deren Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Abänderung von Kindesunterhalt.
2
Der Kläger ist der Vater der am 3. November 1988, 23. Juni 1990 und 20. April 1994 geborenen Beklagten. Die Ehe der Eltern wurde 1999 geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Ehegatten am 26. Mai 1998 einen gerichtlichen Vergleich, durch den sich der Kläger u.a. ver- pflichtete, Kindesunterhalt in Höhe von monatlich jeweils 447 DM für die Kinder L. und P. und von monatlich 352 DM für das Kind D. zu zahlen. Das Kindergeld sollte der Mutter ohne Anrechnung auf die Unterhaltsbeträge in voller Höhe zustehen. Grundlage dieser Vereinbarung war ein anrechnungsfähiges Einkommen des Klägers von 4.436 DM (4.794 DM Erwerbseinkommen ./. 238 DM berufsbedingte Aufwendungen ./. 120 DM Darlehensraten LBS).
3
Zum 31. März 1999 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis. Nachdem er einige Zeit arbeitslos gewesen war und eine selbständige Tätigkeit wieder aufgegeben hatte, erhob er Anfang 2000 Abänderungsklage mit dem Ziel, nur geringeren Kindesunterhalt und keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen zu müssen. Die Abänderungsklage wurde hinsichtlich des Kindesunterhalts durch Urteil vom 13. März 2001 abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe seinen Arbeitsplatz mutwillig in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannten schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt aufgegeben , um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; er müsse sich deshalb so behandeln lassen, als ob er noch das frühere Einkommen erziele.
4
Ab März 2002 war der Kläger erneut erwerbstätig. Sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen belief sich auf 1.499 €. Im November 2002 hat er erneut Abänderungsklage erhoben. Er hat geltend gemacht, unter Berücksichtigung berufsbedingter Aufwendungen von 103 €, der Darlehensrate an die LBS und einer monatlichen Rate von 50 € auf Anwaltskosten nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt und nur noch eingeschränkt zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet zu sein, nämlich in Höhe von jeweils 154,96 € für die Söhne L. und P. und in Höhe von 131,34 € für D. Er hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts dementsprechend für die Zeit ab 1. August 2002 abzuändern.
5
Die Ehefrau hat den Klageanspruch bezüglich des sie betreffenden Unterhalts anerkannt. Die Kinder sind der Klage entgegengetreten und haben Widerklage erhoben, mit der sie beantragt haben, den Vergleich vom 26. Mai 1998 für die Zeit ab 1. Dezember 2002 dahin abzuändern, dass der Kläger an sie unter Anrechnung des Kindergeldes nach Maßgabe des § 1612 b Abs. 5 BGB einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach § 1 der Regelbetragverordnung zu zahlen habe.
6
Das Amtsgericht hat die Vorentscheidung entsprechend dem Anerkenntnis bezüglich des Ehegattenunterhalts abgeändert und im Übrigen Klage und Widerklage abgewiesen. Dagegen haben beide Seiten Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt haben. Das Oberlandesgericht hat dem Abänderungsbegehren des Klägers, dessen Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2004 betriebsbedingt gekündigt worden ist, im Wesentlichen stattgegeben und das Urteil vom 13. März 2001 dahin abgeändert, dass der Kläger ab 18. November 2002 (Rechtshängigkeit der Abänderungsklage) an die beiden älteren Kinder L. und P. einen monatlichen Unterhalt von jeweils 156 € und an das jüngere Kind D. einen monatlichen Unterhalt von 132 € für die Zeit bis zum 30. Juni 2003 und von monatlich 133 € ab 1.Juli 2003 zu zahlen hat. Im Übrigen hat es die Abänderungsklage sowie die Widerklage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Beklagten zu 2 bis 4, mit der sie ihre zweitinstanzlichen Anträge weiterverfolgen.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang und insoweit zur Zurückverweisung an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht hat die auf Abänderung des Urteils vom 13. März 2001 gerichtete Klage für zulässig und überwiegend begründet gehalten. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Auch wenn es sich hinsichtlich des Kindesunterhalts um ein klageabweisendes Urteil handele, habe sich das Abänderungsbegehren hiergegen, und nicht gegen den Vergleich, zu richten. Der die Abänderungsklage abweisende Teil der Entscheidung beruhe auf der richterlichen Prognose, dass die Unterhaltsansprüche der Kinder weiterhin in der durch Vergleich vereinbarten Höhe bestünden. Die Zulässigkeit scheitere auch nicht an § 323 Abs. 1 und 3 ZPO. Das gelte unabhängig davon, ob festgestellt werden könne, dass der Kläger den von ihm - nach dem Urteil vom 13. März 2001 mutwillig - aufgegebenen Arbeitsplatz ohnehin später, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit oder sonstiger nachhaltiger Verschlechterung seines Gesundheitszustandes, verloren hätte, so dass es an der wesentlichen Veränderung der Verhältnisse nach § 323 Abs. 1 ZPO fehlen könne. Es könne auch dahinstehen, ob sich die Prognose des Richters in diesem Urteil als unrichtig erweise. Nach allgemeiner Meinung könne nämlich ein Abänderungskläger, dessen Leistungsfähigkeit im Ersturteil fingiert worden sei, zur Vermeidung unerträglicher Belastungen nach einer gewissen Zeit die Anpassung der Unterhaltsrente an die tatsächlichen Verhältnisse verlangen. Zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse wegen unverhältnismäßiger Belastung des Unterhaltsschuldners sei es gerechtfertigt, die Korrektur des Urteils vom 13. März 2001 für die Zeit ab Erhebung der vorliegenden Ab- änderungsklage vorzunehmen, nachdem der Beklagte durch die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit seiner unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit genügt habe.
10
Die Klage habe auch im Wesentlichen Erfolg. Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Bezügeabrechnungen sei von dem von ihm behaupteten monatlichen Nettoeinkommen von 1.499 € auszugehen. Hiervon seien berufsbedingte Aufwendungen von monatlich 103 € in Abzug zu bringen (Pkw-Kosten bei 20 km und einem Kilometersatz von 0,27 €). Im Hinblick auf den bei dem Kläger ärztlich diagnostizierten und therapierten Gelenkverschleiß sei die Pkw-Nutzung angemessen. Die fortlaufende Zahlung der Darlehensrate an die LBS habe der Kläger in Höhe von 61 € nachgewiesen. Die von ihm in Zusammenhang mit einer Strafverteidigung zu leistende Monatsrate von 50 € auf Anwaltskosten sei ebenfalls absetzbar; ein unterhaltsrechtlich vorwerfbares Verhalten bei Eingehung dieser Schuld sei nicht ersichtlich. Danach ergebe sich ein bereinigtes Einkommen von 1.285 € monatlich. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dem hier betroffenen Zeitraum aus einer Ganztagstätigkeit ein höheres Einkommen habe erzielen können, lägen nicht vor. Ungeachtet seines tatsächlichen Gesundheitszustandes sei ihm auch nicht zuzumuten , zur Steigerung seiner Einkünfte eine Nebentätigkeit aufzunehmen, da ein solches Verlangen unverhältnismäßig sei. Der Kläger habe eine normale Bürotätigkeit unter Einschluss von Buchhaltungsarbeiten und der Erledigung von Korrespondenz in der Zeit von 7.15 Uhr bis 16.00 Uhr zu erbringen. Auch wenn sich diese Arbeiten nicht als besonders schwierig oder anstrengend darstellen sollten, erforderten sie einen Grad an psychischer und intellektueller Leistung, der schwerlich erbracht werden könne, wenn der Kläger wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfüge und sich daraus Einschränkungen seiner vollen Leistungsfähigkeit ergäben. Bei Berücksichtigung des ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalts von 840 € erge- be eine Mangelfallberechnung unter Einsatz der Regelbeträge der Regelbetragverordnung keine höheren an die Beklagten zu zahlenden monatlichen Unterhaltsrenten als jeweils 156 € für die Beklagten zu 2 und 3 und 132 € bzw. 133 € für den Beklagten zu 4. Daraus folge zugleich, dass die Widerklage unbegründet sei.
11
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.

12
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass das Abänderungsbegehren des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 zu richten ist. Nach der Rechtsprechung des Senats kann § 323 ZPO auch bei klageabweisenden Urteilen zur Anwendung kommen, wenn diese - im Rahmen der Überprüfung der ursprünglichen Prognose - die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigen. Eine spätere Abänderungsklage stellt dann abermals die Geltendmachung einer von der (letzten) Prognose abweichenden Entwicklung der Verhältnisse dar, für die das Gesetz die Abänderungsklage vorsieht, um die (erneute) Anpassung an die veränderten Urteilsgrundlagen zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom 28. März 2007 - XII ZR 163/04 - FamRZ 2007, 983, 984).
13
Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 geht davon aus, der Kläger sei weiterhin im Umfang des vereinbarten Kindesunterhalts unterhaltspflichtig , weil er sich sein früheres Einkommen nunmehr fiktiv zurechnen lassen müsse. Es beruht damit auf einer Prognose der künftigen Entwicklung und stellt den Rechtszustand auch für die Zukunft fest. Da der Kläger die Korrektur dieser Prognose begehrt, steht die Abänderung der Entscheidung vom 13. März 2001 in Frage.
14
2. Nach § 323 Abs. 1 ZPO kommt es hierfür auf die Änderung derjenigen Verhältnisse an, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Leistung sowie für ihre Höhe und Dauer maßgebend waren. Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist die Klage nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf die sie gestützt wird, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Verfahren entstanden sind.
15
Für die Zulässigkeit der Abänderungsklage ist es erforderlich, dass der Kläger Tatsachen behauptet, die eine derartige Änderung ergeben.
16
a) Der Kläger hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen geltend gemacht, seit März 2002 wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen , jedoch nur ein monatliches Nettoeinkommen von 1.499 € zu erzielen. Eine besser bezahlte Arbeitsstelle habe er trotz seiner Bemühungen, die er auch nach dem Beginn der Beschäftigung fortgesetzt habe, nicht zu finden vermocht. Es stellt sich deshalb die Frage, ob ihm die Abänderungsklage mit diesem Vorbringen eröffnet ist.
17
b) In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Behandlung der Fälle, in denen fiktive Verhältnisse Grundlage der Abänderung sind, nicht einheitlich beantwortet. Insbesondere bereitet der Fall der fortdauernden Arbeitslosigkeit desjenigen Unterhaltsschuldners Probleme, dessen Leistungsfähigkeit fingiert wurde , indem ihm tatsächlich nicht erzielte Einkünfte wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit zugerechnet wurden. Hat er sich anschließend hinreichend, aber erfolglos um eine neue Beschäftigung bemüht, so steht ihm nach allgemeiner Meinung die Abänderungsklage offen (OLG Karlsruhe FamRZ 1983, 931, 932; KG FamRZ 1984, 1245 f.; OLG Hamm FamRZ 1995, 1217; Soyka, Die Abänderungsklage im Unterhaltsrecht Rdn. 83; Wendl/Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 158 c; Göppinger /Vogel Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2404; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 729 ff.; Gerhardt in Handbuch des Fachanwalts für Familienrecht 6. Aufl. 6. Kap. Rdn. 651; differenzierend Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba FamRZ 2002, 6, 10 f.; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 1031; MünchKomm/Gottwald ZPO 3. Aufl. § 323 Rdn. 81). Insoweit wird ausgeführt, bei einer fingierten Leistungsfähigkeit , die darauf beruhe, dass der Unterhaltspflichtige einer Erwerbsobliegenheit nicht nachkomme oder seine Arbeitsstelle mutwillig aufgebe und dadurch arbeitslos werde, könne seine zeitlich unbegrenzte Leistungsfähigkeit nicht unterstellt werden. Er könne nicht wegen eines einmal begangenen Fehlers für alle Zeit als leistungsfähig gelten. Denn es müsse immer mit gewissen Veränderungen im Arbeitsleben gerechnet werden, die dazu führen könnten, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz verliere, oder Gründe einträten, die ihn im Verhältnis zu dem Unterhaltsgläubiger zur Aufgabe der Arbeitsstelle berechtigten. Einem Unterhaltspflichtigen müsse daher nach einer gewissen Übergangszeit die Möglichkeit eingeräumt werden, darzutun und zu beweisen, dass er sich nach Kräften um eine angemessene Arbeitsstelle bemüht, seinen Fehler also wieder gutzumachen versucht habe, seine Bemühungen aber trotz aller Anstrengungen erfolglos geblieben seien.
18
Hinsichtlich der dogmatischen Behandlung dieser Fälle werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Teilweise wird nur eine Annexkorrektur im Rahmen einer aus anderen Gründen eröffneten Abänderungsklage für zulässig gehalten, teilweise wird § 323 Abs. 2 ZPO einschränkend angewandt, um die Prognose entsprechend den aktuellen Verhältnissen zu korrigieren (vgl. hierzu im Einzelnen Johannsen/Henrich/Brudermüller Eherecht 4. Aufl. § 323 ZPO Rdn. 71; Graba, FamRZ 2002, 6, 11).
19
c) Der Senat ist der Auffassung, dass die unterschiedlichen Fallgestaltungen der fingierten Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners aufgrund einer Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit einer differenzierten Beurteilung bedürfen. Denn es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen dem Fall, in dem der Unterhaltspflichtige zunächst schuldlos seine Arbeitsstelle verliert und sich danach nicht in ausreichendem Maß um eine neue Arbeit bemüht, so dass ihm nunmehr fiktiv ein erzielbares Einkommen - gegebenenfalls entsprechend jetzt schlechterer Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt - zugerechnet wird, und jenem Fall, in dem er - wie hier - mutwillig einen gut bezahlten sicheren Arbeitsplatz aufgibt und deshalb fiktiv so behandelt wird, als ob er noch die frühere Arbeitsstelle mit dem dabei erzielten Einkommen habe. In dem letzteren Fall ist eine Abänderung des auf fiktiver Grundlage ergangenen Urteils nur dann zulässig, wenn er geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle in der Zwischenzeit ohnehin verloren hätte, etwa weil er den Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen oder Personal abgebaut worden und er hiervon betroffen gewesen wäre (vgl. auch Graba FamRZ 2002, 6, 10). Es reicht dagegen nicht aus, wenn er vorträgt, inzwischen wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, mit ihr aber das frühere Einkommen nicht erzielen zu können. Denn er muss darlegen, dass die der Verurteilung zugrunde liegende Prognose aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist. Die Prognose geht in Fällen der mutwilligen Aufgabe des Arbeitsplatzes aber regelmäßig dahin, dass der Unterhaltsschuldner ohne das ihm vorzuwerfende Verhalten weiterhin über seinen früheren Arbeitsplatz und das frühere Einkommen verfügen würde. Eine zeitliche Komponente derart, dass eine solche Prognose nur für einen bestimmten Zeitraum Geltung beansprucht, wie es das Oberlandesgericht meint, ist einer Verurteilung auf fiktiver Grundlage nicht immanent, es sei denn, das Gericht hätte eine ausdrückliche Einschränkung dieser Art gemacht.
20
d) An dieser Betrachtungsweise sieht sich der Senat nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert.
21
Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Recht des Verwandtenunterhalts ist § 1603 Abs. 1 BGB, nach dem nicht unterhaltspflichtig ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 BGB ihren minderjährigen und privilegierten volljährigen unverheirateten Kindern gegenüber aber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Hieraus sowie aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Daher ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen , sondern auch die fiktiv erzielbaren Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte. Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs bleibt allerdings die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Überschreitet der ausgeurteilte Unterhalt die Grenze des Zumutbaren, ist die Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen (vgl. BVerfG FamRZ 2007, 273, 274). Ob dies uneingeschränkt auch für den Fall mutwilliger Arbeitsplatzaufgabe gilt, kann hier dahinstehen.
22
In einem Fall wie dem vorliegenden wird jedenfalls die Grenze des Zumutbaren schon deswegen nicht überschritten, weil ein Abänderungsbegehren nur nach den vorstehend aufgezeigten Maßgaben für zulässig erachtet wird. Das dem Unterhaltsschuldner fiktiv zugerechnete Einkommen war für ihn erzielbar und hätte - unveränderte Umstände unterstellt - ohne sein vorwerfbares Verhalten auch weiterhin erzielt werden können. Bei dieser Fallgestaltung gebietet es der Schutz der Unterhaltsberechtigten, den Unterhaltsschuldner an den fortwirkenden Folgen seines mutwilligen Verhaltens festzuhalten. Im Übrigen bleibt der Schutz des Unterhaltspflichtigen auch bei Berücksichtigung fiktiver Einkünfte durch seinen notwendigen Selbstbehalt gewährleistet der den eigenen Sozialhilfebedarf nicht unterschreiten darf (Senatsurteile BGHZ 166, 351, 356 = FamRZ 2006, 683, 684 und vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Einen weiteren Schutz gegenüber überzogenen Unterhaltsforderungen genießt der Unterhaltsschuldner auch durch die Pfändungsfreigrenzen des § 850 d ZPO. Der Beschränkung seiner Dispositionsfreiheit im finanziellen Bereich kann er schließlich durch die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens bezüglich der Unterhaltsrückstände entgegenwirken , wozu ihn nach der Rechtsprechung des Senats wegen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern sogar eine Obliegenheit treffen kann (vgl. hierzu Senatsurteile BGHZ 162, 234 ff. = FamRZ 2005, 605 ff., vom 31. Oktober 2007 - XII ZR 112/05 - FamRZ 2008, 137 und vom 12. Dezember 2007 - XII ZR 23/06 - zur Veröffentlichung vorgesehen).
23
3. Der Vortrag, den das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, genügt danach nicht, um dem Kläger die Abänderungsklage zu eröffnen. Das Urteil des Amtsgerichts vom 13. März 2001 ist ausdrücklich darauf gestützt worden, dass er seinen Arbeitsplatz aufgegeben habe, um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen; wenn er in Kenntnis seiner Unterhaltspflicht und angesichts der bekannt schwierigen Situation auf dem Arbeitsmarkt mutwillig seine Arbeitsstelle aufgebe, müsse er im bisherigen Umfang als leistungsfähig angesehen werden. Dieser Fiktion liegt die Prognose zugrunde, dass der Unterhaltspflichtige ohne die unterhaltsrechtlich vorwerfbare Aufgabe seiner Arbeitsstelle weiter zu gleichen Bedingungen beschäftigt wäre. Mit Rücksicht auf diese Prognose ist eine Abänderungsklage nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht, dass er die frühere Arbeitsstelle ohnehin verloren hätte, oder sein Einkommen daraus aus anderen Gründen (z.B. Kurzarbeit) zurückgegangen wäre, er mithin einen von dieser Prognose abweichenden Verlauf behauptet (vgl. Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 24/91 - NJW-RR 1992, 1091, 1092).
24
4. Nach dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen Klagevorbringen hat der Kläger allerdings auch behauptet, aufgrund der seit der vorausgegangenen Entscheidung fortschreitenden Verschlechterung seines Gesundheitszustands zu der früheren, in drei Schichten zu verrichtenden Tätigkeit nicht mehr in der Lage zu sein. Die bereits früher diagnostizierte Coxarthrose, an der er unter anderem leide, habe sich wesentlich verschlimmert, weshalb ihm ein Grad der Behinderung von 50 % zuerkannt worden sei.
25
Damit stützt der Kläger sich auf eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung in dem vorausgegangenen Rechtsstreit eingetretene Änderung der Verhältnisse, die - ihre Richtigkeit unterstellt - zu einer Korrektur der damaligen Prognose veranlassen und zu einer Anpassung des Unterhalts an die veränderten Verhältnisse führen würde. Mit dieser Begründung ist dem Kläger die Abänderungsklage deshalb eröffnet.

III.

26
Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben, da das Berufungsgericht zu der Begründetheit der mit dem vorstehenden Vorbringen zulässigen Abänderungsklage keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist deshalb zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen und zur erneuten Entscheidung über die Abänderungsklage und die Widerklage der Beklagten an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

IV.

27
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
28
Das Berufungsgericht hat es abgelehnt, dem Kläger zusätzlich fiktive Einkünfte aus einer Nebenbeschäftigung zuzurechnen. Dagegen bestehen, falls es hierauf erneut ankommen sollte, keine rechtlichen Bedenken.
29
Eine über die tatsächliche Erwerbstätigkeit hinausgehende Obliegenheit des Unterhaltspflichtigen zur Erzielung von Einkommen, das diesem insoweit bei der Unterhaltsberechnung fiktiv zugerechnet wird, kann nur angenommen werden, wenn und soweit die Aufnahme einer weiteren oder anderen Erwerbstätigkeit dem Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet (BVerfG FamRZ 2003, 661 f. und FamRZ 1985, 143).
30
Eine solche unzumutbare Belastung hat das Berufungsgericht nach den getroffenen Feststellungen zu Recht bejaht. Es hat maßgeblich darauf abgestellt , dass der Kläger, der in der Zeit von 7.15 bis 16.00 Uhr Bürotätigkeiten zu verrichten hat, psychisch und intellektuell Leistungen erbringen muss, zu denen er schwerlich in der Lage ist, wenn er wegen einer zusätzlichen Arbeit nicht über die erforderlichen Ruhepausen verfügt. Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, dass der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist und sich mehrfach krankengymnastischer Behandlung unterzogen hat, die einigen Zeitaufwand erfordert. Darüber hinaus war er auf seinem Arbeitsplatz ohne einschlägige Vorkenntnisse eingesetzt worden und musste auch deshalb bemüht sein, den an ihn gestellten Anforderungen zu entsprechen.
31
Abgesehen davon bestimmt das Zeitarbeitsgesetz vom 6. April 1994 (BGBl. I 1170) in § 3, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer grundsätzlich acht Stunden nicht überschreiten darf. Dabei sind gemäß § 2 ArbZG die Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern zusammenzurechnen. Längere Arbeitszeiten sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn innerhalb bestimmter Fristen ein Freizeitausgleich gewährt wird. Bei dem Überangebot an Arbeitssuchenden, das für geringfügige Beschäftigungen zur Verfügung steht, spricht im Übrigen auch die allgemeine Lebenserfahrung nicht dafür, dass solche Stellen an Arbeitnehmer, die ihre Arbeitskraft schon für acht Stunden eingesetzt haben, vergeben werden (vgl. KG FamRZ 2003, 1208, 1210).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 12.08.2003 - 1 F 232/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 13.05.2005 - 20 UF 114/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 120/02 Verkündet am:
3. November 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Abweisung einer Klage auf künftigen Unterhalt wegen fehlender Bedürftigkeit
für die Zeit ab der letzten mündlichen Verhandlung entfaltet auch dann keine
materielle Rechtskraft für die Zukunft, wenn zugleich rückständiger Unterhalt
zugesprochen wurde. Deswegen ist künftiger Unterhalt, der im Hinblick auf die
geänderte Rechtsprechung des Senats zur Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse
bei Hausfrauenehen begehrt wird, mit der Leistungsklage und nicht
mit der Abänderungsklage nach § 323 Abs. 1 ZPO geltend zu machen (Fortführung
der Senatsurteile vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 22/89 - FamRZ 1990,
863 und vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376; Abgrenzung
zu dem Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 347/81 - FamRZ 1984, 353).
BGH, Urteil vom 3. November 2004 - XII ZR 120/02 - OLG Düsseldorf
AG Duisburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. November 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Mai 2002 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 13. Dezember 2001 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Ehegattenunterhalt für die Zeit von Oktober 2001 bis Dezember 2001 in Höhe von monatlich 1.267 DM und für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 648 € zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um nachehelichen Ehegattenunterhalt. Die Parteien sind seit dem 11. Januar 1997 rechtskräftig geschieden. Mit Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 13. März 2001 wurde der Beklagte verurteilt , an die Klägerin für die Zeit vom 1. Juli bis zum 21. Dezember 2000 monatlichen nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 975 DM zu zahlen. Für die Folgezeit wies das Amtsgericht die Klage rechtskräftig ab, weil die Klägerin über anrechenbare Einkünfte verfügte, die ihren nach der Anrechnungsmethode ermittelten Unterhaltsbedarf deckten. Dabei ging das Gericht von eheprägenden Einkünften des Beklagten in Höhe von 5.231,42 DM und einem Unterhaltsbedarf der Klägerin in Höhe von 2.242,04 DM aus. Darauf rechnete es für die Zeit bis zum 21. Dezember 2000 Einkünfte der Klägerin in Höhe von 1.240 DM und für die Zeit danach solche in bedarfsdeckender Höhe an. Mit der am 4. Oktober 2001 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen innerhalb einer Hausfrauenehe die Abänderung des Urteils vom 13. März 2001. Hilfsweise verfolgt sie ihren Antrag auf nachehelichen Ehegattenunterhalt für die Zeit ab Oktober 2001 auch im Wege der Leistungsklage. Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß in Abänderung des Urteils vom 13. März 2001 verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 1.320 DM für die Zeit von Oktober bis Dezember 2001 und in Höhe von 660 € für die Zeit ab Januar 2002 zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil nur geringfügig abgeändert und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Ehegattenunterhalt für die Zeit von Oktober bis Dezember 2001 in Höhe von monat-
lich 1.267 DM und für die Zeit ab Januar 2002 in Höhe von monatlich 648 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist im wesentlichen unbegründet und führt lediglich aus prozessualen Gründen, nicht aber in der Sache zu einer Änder ung des Urteilstenors.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2002, 1574 veröffentlicht ist, hat die Revision wegen der Rechtsfrage zugelassen, ob die Abänderung eines Unterhaltsurteils nach § 323 ZPO trotz gleich gebliebener Einkommensverhältnisse allein wegen der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse in einer Hausfrauenehe (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 – BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986) zulässig ist. Auf diese Rechtsfrage, die der Senat inzwischen mit Urteil vom 5. Februar 2003 (- XII ZR 29/00 - BGHZ 153, 372 = FamRZ 2003, 848) im Sinne des angefochtenen Urteils entschieden hat, kommt es indes nicht an. Denn das Begehren der Klägerin ist nicht im Wege der Abänderungsklage, sondern entsprechend ihrem Hilfsantrag nur in der Form einer neuen Leistungsklage nach § 258 ZPO zulässig.

II.

Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, daß die Klage als Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO zulässig ist. Es hat den Beklagten deswegen auf den Hauptantrag der Klägerin unter Abänderung des Urteils vom 13. März 2001 zu Unterhaltszahlungen ab Oktober 2001 verurteilt. Dem ist das Oberlandesgericht im Grundsatz gefolgt. Insoweit hält die rechtliche Beurteilung den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Der Senat hat bereits wiederholt ausgesprochen, daß ein Unterhaltsverlangen , das wegen fehlender Bedürftigkeit des Klägers rechtskräftig abgewiesen worden ist, nach Eintritt der vormals fehlenden Anspruchsvoraussetzungen im Wege einer neuen Leistungsklage, die nicht an die Voraussetzungen des § 323 ZPO gebunden ist, geltend zu machen ist (Senatsurteile vom 30. Januar 1985 - IVb ZR 63/83 - FamRZ 1985, 376, 377 und vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 22/89 - FamRZ 1990, 863, 864). Denn die Abänderung eines Urteils nach § 323 ZPO setzt schon nach dem Wortlaut eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen voraus. Nur ein der Unterhaltsklage für die Zukunft wenigstens teilweise stattgebendes Urteil wirkt über den Zeitpunkt der Entscheidung hinaus, indem seine Rechtskraft auch die erst künftig zu entrichtenden Unterhaltsleistungen erfasst, deren Festsetzung auf einer Prognose der künftigen Entwicklung beruht. Weicht die tatsächliche Entwicklung von dieser Prognose ab, handelt es sich deswegen nicht um eine neue Tatsachenlage, sondern um einen Angriff gegen die Richtigkeit des früheren Urteils, das mit Hilfe von § 323 ZPO unter Durchbrechung seiner Rechtskraft den veränderten Urteilsgrundlagen angepaßt werden kann. Ist die Klage hingegen abgewiesen worden, weil der geltend gemachte Unterhaltsanspruch nicht bestand, so liegt der Abweisung für die Zukunft keine
sachliche Beurteilung nach den voraussichtlich in der Zukunft bestehenden Verhältnissen zugrunde. Deswegen kommt einem solchen klagabweisenden Urteil auch keine in die Zukunft reichende Rechtskraftwirkung zu, für deren Durchbrechung es der Vorschrift des § 323 ZPO bedürfte. Tritt in diesen Fällen die vormals fehlende Anspruchsvoraussetzung später ein, steht die Rechtskraft des klagabweisenden Urteils einer neuen Leistungsklage ebensowenig im Wege wie in sonstigen Klagabweisungsfällen, in denen eine neue Tatsache eintritt, die einen anderen, vom rechtskräftigen Urteil nicht erfaßten Lebensvorgang schafft (Senatsurteil vom 30. Januar 1985 aaO; so auch Wendl/ Thalmann Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 8 Rdn. 142 a ff.; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln 3. Aufl. Rdn. 78; Eschenbruch /Klinkhammer, Der Unterhaltsprozeß 3. Aufl. Rdn. 5316; Thomas/Putzo ZPO 23. Aufl. § 323 Rdn. 42). Die gegen diese Rechtsprechung angeführten Argumente (vgl. Göppinger /Vogel, Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2386 m.w.N.) überzeugen nicht. Zwar ist der Ausgang des Vorprozesses letztlich ausschlaggebend dafür, ob eine neue Forderung im Wege der Abänderungsklage oder der Leistungsklage geltend zu machen ist. Das ist jedoch zwingend durch den Umfang der Rechtskraft der abzuändernden Entscheidung vorgegeben. Einer Urteilsabänderung nach § 323 ZPO als Durchbrechung der materiellen Rechtskraft bedarf es nur, wenn die frühere Entscheidung tatsächlich eine der Rechtskraft fähige Entscheidung für die Zukunft enthält. Umgekehrt steht die frühere Entscheidung einer neuen Leistungsklage nicht entgegen, wenn ihre Rechtskraft sich auf die Vergangenheit beschränkt. Ob dieses der Fall ist, kann sich nur aus dem Inhalt der Entscheidung ergeben, nämlich daraus, ob sich die frühere Entscheidung im Wege einer Prognose der künftigen Verhältnisse mit den Voraussetzungen des künftigen Unterhaltsanspruchs befaßt hat. Das ist bei Abweisung der Klage schon auf der Grundlage der gegenwärtigen Verhältnisse nicht der Fall.
Die Rechtsprechung des Senats führt auch nicht zu der Konsequenz, daß im Falle eines der Klage auf laufenden Unterhalt nur teilweise stattgebenden Ersturteils hinsichtlich des abgewiesenen Teils eine neue Klage und im übrigen eine Abänderungsklage zulässig ist (so aber Göppinger/Vogel, Unterhaltsrecht 8. Aufl. Rdn. 2386 unter Hinweis auf Wax FamRZ 1982, 347, 348). Solche Ausgangsurteile beruhen, auch wenn sie der Klage nur teilweise stattgegeben haben, stets auf einer Prognose für die Zukunft und erwachsen damit auch für diese Zeit in Rechtskraft. Auch sie können deswegen insgesamt nur unter Durchbrechung dieser Rechtskraft nach § 323 ZPO abgeändert werden. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit dem Senatsurteil vom 30. Januar 1985 (a.a.O.), in dem der Senat eine Abänderungsklage gegen ein klagabweisendes Urteil für zulässig erachtet hat. Das abzuändernde Urteil beruhte dort nämlich trotz der Klagabweisung auf einer Zukunftsprognose, weil es seinerseits ein früheres (stattgebendes) Urteil auf künftige Unterhaltszahlungen abgeändert hatte. 2. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist das Begehren der Klägerin nicht als Abänderungsklage, sondern als neue Leistungsklage zulässig. Das Amtsgericht hatte den Beklagten am 13. März 2001 zu (rückständigem ) nachehelichem Ehegattenunterhalt für die Zeit vom 1. Juli bis zum 21. Dezember 2000 verurteilt und die Klage für die Folgezeit abgewiesen, weil der Unterhaltsbedarf gedeckt war. Schon im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestand deswegen auf der Grundlage der tatsächlichen Verhältnisse kein Unterhaltsanspruch mehr. Die Klagabweisung für die Zukunft beruhte deswegen nicht auf einer Prognose der künftigen Entwicklung für die Zeit ab der letzten mündlichen Verhandlung, sondern auf den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung. Die Rechtskraft dieses Urteils erstreckt sich deswegen auch nicht auf künftige Unterhaltsansprüche der Klägerin. Darin unterscheidet sich der vor-
liegende Fall von dem Sachverhalt im Senatsurteil vom 26. Januar 1983 (- IVb ZR 347/81 - FamRZ 1984, 353). Dort hatte das Ausgangsgericht einen Unterhalt über den Entscheidungszeitpunkt hinaus zugesprochen, der erst in der Zukunft entfallen sollte. Jene Entscheidung beruhte deswegen auf einer Zukunftsprognose, ist somit auch insoweit in Rechtskraft erwachsen und konnte nur unter Durchbrechung der Rechtskraft nach § 323 ZPO abgeändert werden. Die Rechtskraft des hier vorliegenden Urteils vom 13. März 2001 erfasst hingegen künftige Unterhaltsansprüche nicht und steht deswegen einer neuen Leistungsklage auch nicht entgegen. Das Urteil kann somit mangels Rechtskraft für die Zukunft auch nicht im Wege des § 323 ZPO abgeändert werden. Weil die Klägerin ihr Begehren allerdings hilfsweise auch im Wege der Leistungsklage verfolgt hat, kann der Senat den Entscheidungstenor auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts ändern.

III.

Soweit das Berufungsgericht den nach § 1573 Abs. 2 BGB geschuldeten nachehelichen Ehegattenunterhalt im Wege der Differenzmethode ermittelt hat, entspricht dieses der Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Senatsurteile vom 13. Juni 2001 - XII ZR 343/99 - BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986 und vom
5. Mai 2004 - XII ZR 132/02 - FamRZ 2004, 1173) und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Die Unterhaltsberechnung beruht auch nicht auf den Besonderheiten der Abänderungsklage nach § 323 ZPO und ist deswegen auf die Unterhaltsbemessung im Wege der Leistungsklage übertragbar.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.

(3) Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 151/09 Verkündet am:
7. Dezember 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die
Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen
wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch
bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).

b) Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten
Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines
geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz
zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den
eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat.
Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten
beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an
das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).

d) Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit
des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten
unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung
weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
2
Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
3
Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht - Familiengericht - O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
4
Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert , dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten , mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
8
Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
9
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen ; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
10
Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht.
11
Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen , sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.

II.

12
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
13
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
14
Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat , in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
15
Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht - sei es das inländische oder ein ausländisches - nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
16
2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
17
a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt , die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
18
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
19
aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
20
bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne , überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
21
cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat.
22
b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
23
aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus , damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
24
bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse , wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480).
Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen , wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f.).
25
Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
26
c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
27
Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
28
d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
29
Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
30
e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf , der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
31
Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
32
3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
33
a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
34
Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt, liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.
35
Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
36
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht , dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
37
b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht , wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
38
Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in § 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Grün- dung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
39
c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine "sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
40
d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.
41
aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
42
(1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801,

806).


43
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).
44
(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
45
Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich ¼ des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
46
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
47
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
48
bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
49
cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss. Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
50
dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Min- destbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
51
e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
52
Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
53
4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
54
Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus.
Der Kläger verfügt über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 - XII ZR 160/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis Ende 2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem 1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 30.09.2008 - 4 F 619/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.05.2009 - 2 UF 238/08 -

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1.
minderjährige Kinder und Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2,
2.
Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,
3.
Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,
4.
Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,
5.
Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,
6.
Eltern,
7.
weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 151/09 Verkündet am:
7. Dezember 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die
Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen
wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch
bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).

b) Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten
Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines
geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz
zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den
eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat.
Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten
beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an
das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).

d) Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit
des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten
unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung
weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
2
Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
3
Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht - Familiengericht - O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
4
Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert , dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten , mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
8
Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
9
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen ; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
10
Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht.
11
Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen , sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.

II.

12
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
13
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
14
Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat , in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
15
Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht - sei es das inländische oder ein ausländisches - nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
16
2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
17
a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt , die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
18
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
19
aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
20
bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne , überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
21
cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat.
22
b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
23
aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus , damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
24
bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse , wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480).
Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen , wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f.).
25
Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
26
c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
27
Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
28
d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
29
Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
30
e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf , der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
31
Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
32
3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
33
a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
34
Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt, liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.
35
Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
36
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht , dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
37
b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht , wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
38
Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in § 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Grün- dung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
39
c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine "sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
40
d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.
41
aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
42
(1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801,

806).


43
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).
44
(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
45
Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich ¼ des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
46
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
47
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
48
bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
49
cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss. Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
50
dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Min- destbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
51
e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
52
Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
53
4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
54
Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus.
Der Kläger verfügt über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 - XII ZR 160/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis Ende 2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem 1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 30.09.2008 - 4 F 619/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.05.2009 - 2 UF 238/08 -

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 151/09 Verkündet am:
7. Dezember 2011
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB werden grundsätzlich durch die
Umstände bestimmt, die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nacheheliche Entwicklungen
wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch
bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten waren (im Anschluss an BVerfG FamRZ 2011, 437).

b) Die Unterhaltspflichten für neue Ehegatten sowie für nachehelich geborene Kinder und den dadurch bedingten
Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB sind nicht bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines
geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen.

c) Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB ist der Halbteilungsgrundsatz
zu beachten, was zu einem relativen Mangelfall führen kann, wenn dem Unterhaltspflichtigen für den
eigenen Unterhalt weniger verbleibt, als der Unterhaltsberechtigte mit dem Unterhalt zur Verfügung hat.
Sonstige Verpflichtungen gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten, die nicht bereits den Bedarf des Unterhaltsberechtigten
beeinflusst haben, sind entsprechend ihrem Rang zu berücksichtigen (im Anschluss an
das Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260).

d) Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit
des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten
unterhaltsrelevanten Einkommens revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das schließt eine Berücksichtigung
weiterer individueller Billigkeitserwägungen nicht aus.
BGH, Urteil vom 7. Dezember 2011 - XII ZR 151/09 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Dezember 2011 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Dose, Dr. Klinkhammer,
Dr. Günter und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien, die türkische Staatsangehörige sind, streiten um Abänderung eines Urteils über nachehelichen Unterhalt. Sie hatten im August 1989 die Ehe geschlossen; im August 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Nach der Trennung im Oktober 2002 wurde die Ehe im März 2004 rechtskräftig nach türkischem Recht geschieden.
2
Der Kläger ist Vater eines im März 2005 geborenen weiteren Kindes; seit Juli 2006 ist er mit der Mutter dieses Kindes verheiratet.
3
Am 1. März 2006 wurde der Kläger durch das Amtsgericht - Familiengericht - O. unter Anwendung deutschen Rechts zur Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von monatlich 299 € verurteilt. Mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Aschaffenburg vom 25. April 2007 wurde die Unterhaltspflicht abgeändert und der Anspruch der Beklagten auf nachehelichen Unterhalt auf monatlich 221 € herabgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger den Wegfall seiner Unterhaltspflicht wegen des zum 1. Januar 2008 eingetretenen Gleichrangs seiner neuen Ehefrau mit der Beklagten und des inzwischen erhöhten Selbstbehalts.
4
Das Amtsgericht hat das Urteil vom 25. April 2007 dahingehend abgeändert , dass der Kläger für die Zeit ab dem 23. Juli 2008 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten , mit der sie weiterhin nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 167 € verlangt hat, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr zweitinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

5
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 179/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 10).
6
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, weil das Amtsgericht ihr zu Recht weiteren nachehelichen Unterhalt versagt habe. Im Abänderungsverfahren sei deutsches Unterhaltsrecht anwendbar, weil auch das abzuändernde Urteil auf deutschem Unterhaltsrecht beruhe. Danach stehe der Beklagten zwar dem Grunde nach ein Unterhaltsanspruch zu, sie könne ihren Bedarf jedoch mit den ihr fiktiv zuzurechnenden Einkünften selbst decken.
8
Die Beklagte habe einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB und auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB. Der von ihr betreute gemeinsame Sohn sei zwar bereits dreizehn Jahre alt. Die Beklagte habe jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass der Sohn unter der Trennung seiner Eltern leide und sehr verhaltensauffällig sei und dass seine Betreuung mit einer erheblichen Belastung der Mutter verbunden sei. Der Sohn besuche bis 14 Uhr die Schule. Wegen des Bedarfs nach ergänzender persönlicher Betreuung und der sich daraus für die Beklagte ergebenden psychischen Belastung sei ihr zwar keine Vollzeiterwerbstätigkeit zumutbar. Auch unter Berücksichtigung der erheblichen Verhaltensauffälligkeiten des gemeinsamen Sohnes sei aber keine ständige Betreuung erforderlich. Die Beklagte könne neben der persönlichen Betreuung täglich sechs Stunden arbeiten und bei einem Stundenlohn von 7 € ein monatliches Nettoeinkommen erzielen, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 682,63 € belaufe.
9
Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt stehe der Beklagten schon deswegen nicht zu, weil sie gegenwärtig keine Ausbildung absolviere. Auch unmittelbar nach der Trennung im Jahre 2002 habe sie keine Ausbildung aufgenommen ; bis zur Fortsetzung ihrer Schulausbildung seien vier Jahre vergangen. Der Entschluss zur Weiterbildung sei erst nach der Kündigung eines zwischenzeitlich eingegangenen Arbeitsverhältnisses gefallen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
10
Der Anspruch der Beklagten auf Betreuungsunterhalt sei nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig mit dem Unterhaltsanspruch der neuen Ehefrau des Klägers. Ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen sei deswegen im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten zu ermitteln. Dabei sei der auf der neuen Ehe beruhende Splittingvorteil einzubeziehen. Die jetzige Ehefrau des Klägers sei nicht berufstätig und verfüge über kein Einkommen. Trotz des Alters ihres Kindes und der zeitweisen Betreuung im Kindergarten sei ihr kein fiktives Einkommen zuzurechnen. Den Ehegatten stehe es grundsätzlich frei, ihre Ehe so zu führen, dass ein Ehegatte allein einer Berufstätigkeit nachgehe und der andere sich der Familienarbeit widme. Eine Erwerbspflicht innerhalb der neuen Ehe und die sich daraus ergebende Möglichkeit der fiktiven Zurechnung eines Erwerbseinkommens kämen allenfalls im Verhältnis zu unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindern in Betracht.
11
Der Kläger habe im Jahre 2008 ein Nettoeinkommen erzielt, das sich nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen auf 1.762,43 € belaufe. Für die Zeit ab 2009 sei das Einkommen bei nur geringen Veränderungen der Steuerlast fortzuschreiben. Lebe der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen , sei im Rahmen der Unterhaltsberechnung grundsätzlich die Ersparnis durch dieses Zusammenleben zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung allein durch Kürzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sei hingegen nicht möglich, weil sie sonst sowohl dem geschiedenen Ehegatten als auch dem gleichrangigen neuen Ehegatten in gleicher Weise zugutekomme. Der Synergieeffekt könne daher nur in der Weise berücksichtigt werden, dass einerseits der Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen und der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden zweiten Ehegatten um einen Prozentsatz gekürzt und der Bedarf des ersten Ehegatten um diesen Prozentsatz angehoben werde. Dies führe zu einer Erhöhung des Bedarfs des ersten Ehegatten um 10 %. Von einer Ersparnis durch das Zusammenleben könne aber nur dann die Rede sein, wenn der gemeinsame Selbstbehalt der Partner gewahrt sei. Dieser betrage 1.800 € und sei allein durch das Einkommen des Klägers nach Abzug des vorrangigen Kindesunterhalts nicht gesichert. In solchen Fällen sei eine Reduzierung des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen und des Bedarfs eines mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nicht zulässig. Ohne Berücksichtigung eines Synergieeffekts ergebe sich somit ein Unterhaltsbedarf der Beklagten in Höhe von 586,54 €, der durch die von ihr erzielbaren Einkünfte voll gedeckt sei.

II.

12
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
13
1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht den Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen des vorliegenden Abänderungsverfahrens nach deutschem materiellem Recht beurteilt.
14
Für den hier relevanten nachehelichen Unterhalt ab dem 23. Juli 2008 richtet sich das anwendbare materielle Recht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73; vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 9 Rn. 5). Nach dessen Art. 8 ist in einem Vertragsstaat , in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist, für den nachehelichen Unterhalt zwar das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend (vgl. jetzt Art. 5 HUP 2007). Das wäre hier das türkische Recht, weil die Parteien auf der Grundlage ihrer türkischen Staatsangehörigkeit nach diesem Recht geschieden worden sind. Im Ausgangsverfahren hätten die Instanzgerichte den nachehelichen Unterhalt deswegen nach türkischem Recht beurteilen müssen (vgl. Wendl/Dose aaO § 9 Rn. 477 ff.).
15
Hier begehrt der Kläger allerdings Abänderung der früheren Entscheidungen zum nachehelichen Unterhalt vom 1. März 2006 und vom 25. April 2007, die auf der Grundlage des deutschen Unterhaltsrechts ergangen sind. Auch wenn im Ausgangsverfahren über den nachehelichen Unterhalt ein unzutreffendes Unterhaltsstatut angewandt wurde, hat dies im Rahmen der späteren Abänderung dieses Unterhaltstitels Bestand. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ermöglicht § 323 ZPO weder eine von der bisherigen Unterhaltsbemessung unabhängige Neufestsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung der Verhältnisse, die bereits in dem abzuändernden Titel eine Bewertung erfahren haben. Die Abänderungsentscheidung kann vielmehr nur zu einer den veränderten Verhältnissen entsprechenden Anpassung des Unterhaltstitels führen (Senatsurteil BGHZ 185, 322 = FamRZ 2010, 1150 Rn. 10 ff., 19 ff. und BGH Urteil vom 16. Mai 1979 - IV ZR 57/78 - FamRZ 1979, 694, 695). Entsprechend ist im Rahmen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO auch das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende materielle Recht - sei es das inländische oder ein ausländisches - nicht austauschbar, sondern bleibt auch für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich. Die Abänderung vollzieht sich mithin im Rahmen dieses Sachrechts entsprechend der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse (Senatsurteile vom 1. Juni 1983 - IV b ZR 386/81 - FamRZ 1983, 806, 808 und vom 29. April 1992 - XII ZR 40/91 - FamRZ 1992, 1060, 1062). Das führt hier zur Anwendbarkeit des deutschen Unterhaltsrechts.
16
2. Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Unterhaltsbedarf der Beklagten gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessen. Dabei ist es allerdings der Rechtsprechung des Senats gefolgt und hat den Unterhaltsbedarf unter Berücksichtigung aller nachehelich eingetretenen tatsächlichen Umstände bestimmt. Diese auf dem Wegfall des Stichtagsprinzips basierende Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht für nicht mit dem geltenden Recht vereinbar erklärt (BVerfG FamRZ 2011, 437, 441 ff.). Im Anschluss an diese Entscheidung gibt der Senat diese Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. Senatsurteile BGHZ 175, 182 = FamRZ 2008, 968 Rn. 42 ff. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 30 ff.) auf und kehrt für die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu dem seiner früheren Rechtsprechung zugrunde liegenden Stichtagsprinzip zurück.
17
a) Danach werden die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich jedenfalls durch die Umstände bestimmt , die bis zur Rechtskraft der Ehescheidung eintreten (vgl. BT-Drucks. 7/650 S. 136; BVerfGE 108, 351, 366 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69; Senatsurteile BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 989 ff.; vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992, 1045, 1056; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.; vgl. auch Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 8 Rn. 426 ff.).
18
Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind somit grundsätzlich die Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen auch schon vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben (Senatsurteil vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241 f.). Ebenso ist grundsätzlich auch das Hinzutreten weiterer Unterhaltsberechtigter bis zur rechtskräftigen Ehescheidung zu berücksichtigen. Denn die Unterhaltspflicht gegenüber solchen, vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen weiteren Unterhaltsberechtigten beeinflusst in gleicher Weise die ehelichen Lebensverhältnisse, weil sie auch schon während der später geschiedenen Ehe bestand (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69).
19
aa) Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowohl für gemeinsame Kinder als auch für Kinder des Unterhaltspflichtigen aus einer neuen Beziehung, die bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung geboren sind (Senatsurteile vom 19. Juli 2000 - XII ZR 161/98 - FamRZ 2000, 1492, 1493; vom 25. November 1998 - XII ZR 98/97 - FamRZ 1999, 367, 368 f.; vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f.; vom 13. Juli 1988 - IV b ZR 39/87 - FamRZ 1988, 1031, 1032; vom 11. Mai 1988 - IV b ZR 42/87 - FamRZ 1988, 817, 818 und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Dies gilt selbst dann, wenn die Kinder inzwischen volljährig und nach § 1609 Nr. 4 BGB gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig sind (Senatsurteil vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Ihr Nachrang wirkt sich dann erst bei Vorliegen eines absoluten Mangelfalles im Rahmen der Leistungsfähigkeit aus (zum Begriff des Mangelfalls vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Die Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen entfallen erst dann, wenn das Kind selbst nicht mehr unterhaltsberechtigt ist (Senatsurteil vom 20. Juli 1990 - XII ZR 73/89 - FamRZ 1990, 1085, 1087 f.).
20
bb) Nichts anderes gilt für den Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB, den die Mutter eines vor Rechtskraft der Ehescheidung geborenen nichtehelichen Kindes schon während der Ehezeit von dem unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten verlangen kann (so auch Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Maier FuR 2011, 182, 184). Auch diese Unterhaltspflicht hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten bereits beeinflusst. Weil der geschiedene Ehegatte nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf einen den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Unterhalt hat, ist es in solchen Fällen gerechtfertigt und sogar geboten, bei der Unterhaltsbemessung den Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB in der geschuldeten Höhe vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorab abzuziehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Oktober 1993 - XII ZR 89/92 - FamRZ 1994, 87, 88 f. und vom 25. Februar 1987 - IV b ZR 36/86 - FamRZ 1987, 456, 458 f.). Der abweichenden Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609, 2610; Maurer FamRZ 2011, 849, 856), wonach Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB die ehelichen Lebensverhältnisse nicht beeinflussen, auch wenn sie bereits vor Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Soweit Maurer darauf hinweist, dass der Unterhaltsberechtigte von den erst während der Ehe hinzugekommenen Unterhaltspflichten seines Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat noch nichts wusste, während er über die Unterhaltspflicht gegenüber vorehelich geborenen Kindern grundsätzlich informiert sei, überzeugt dies nicht. Nach dem genannten Verständnis des Begriffs der ehelichen Lebensverhältnisse in § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB, das auch der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 69 f.) zugrunde liegt, kommt es nicht auf die Kenntnis des unterhaltsberechtigten Ehegatten im Zeitpunkt der Heirat, sondern nur darauf an, dass die Unterhaltspflicht noch während der Ehe entstanden ist und somit das in dieser Zeit für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen beeinflusst hat. Auch das weitere Gegenargument, welches darauf abstellt, dass sich der Bedarf der Mutter eines während der Ehezeit nichtehelich geborenen Kindes gemäß §§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB nach ihrer eigenen Lebensstellung richtet und somit den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen übersteigen könne , überzeugt nicht. Denn ob die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes tatsächlich höheren Unterhalt als die geschiedene Ehefrau bekommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung des Halbteilungsgrundsatzes beantworten, der nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bereits im Rahmen der Bemessung ihres Unterhaltsbedarfs zu berücksichtigen ist (Senatsurteil vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 121/03 - FamRZ 2005, 442 Rn. 13 ff.). Selbst wenn die Wahrung der Halbteilung auch insoweit erst ein Umstand der Leistungsfähigkeit nach § 1603 Abs. 1 BGB wäre, könnten unbillige Ergebnisse auf dieser Stufe vermieden werden.
21
cc) Danach hatte die noch fortbestehende Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem ehegemeinsamen Kind bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien bestimmt. Das Oberlandesgericht hat den insoweit nach § 1610 Abs. 1 BGB angemessenen Unterhalt deswegen zu Recht vorab vom Einkommen des Klägers abgezogen, bevor es den Unterhaltsbedarf der Beklagten ermittelt hat.
22
b) Die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne von § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB können aber auch durch solche Umstände beeinflusst werden, die erst nach Rechtskraft der Ehescheidung entstanden sind und mit der Ehe in Zusammenhang stehen.
23
aa) Dies setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen voraus , damit die Auslegung noch vom Wortlaut des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gedeckt ist (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Solches ist bei Entwicklungen der Fall, die einen Anknüpfungspunkt in der Ehe finden, also gleichsam in ihr angelegt waren, oder die bei Fortbestand der Ehe auch deren Verhältnisse geprägt hätten (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70; Senatsurteile BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.; vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f. und vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). An dieser Rechtsprechung zur Berücksichtigung der bereits in der Ehe angelegten nachehelichen Veränderungen bei der Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 hält der Senat fest (vgl. auch Borth FamRZ 2011, 445, 446; Graba FF 2011, 102, 103 und Born FF 2011, 136, 138 f., 142).
24
bb) Einfluss auf die Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen können nach Rechtskraft der Ehescheidung eingetretene Umstände also insbesondere dann haben, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 64, 70; Senatsurteil vom 27. November 1985 - IV b ZR 87/84 - FamRZ 1986, 148, 149). Gleiches gilt, wenn die späteren Umstände bereits in anderer Weise in der Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (Senatsurteil vom 16. März 1988 - IV b ZR 40/87 - FamRZ 1988, 701, 703). Nacheheliche Einkommensänderungen bestimmen somit insbesondere dann die ehelichen Lebensverhältnisse , wenn es sich um bereits während der Ehezeit absehbare Entwicklungen handelt. Das gilt sowohl für einen nicht vorwerfbaren nachehelichen Einkommensrückgang (Senatsurteil BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590, 591 f.) als auch für eine nicht vorwerfbare nacheheliche Arbeitslosigkeit oder den Beginn der Regelaltersrente (Senatsurteil BGHZ 163, 187 = FamRZ 2005, 1479, 1480).
Auch nacheheliche Veränderungen im Ausgabenbereich sind dann bei der Bemessung des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen , wenn dies auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten war, wie etwa der umzugsbedingte Wegfall von Fahrtkosten (Senatsurteil vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575, 576). Dass die spätere Entwicklung dem Unterhaltspflichtigen nicht vorwerfbar sein darf (vgl. BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70 und Maurer FamRZ 2011, 849, 854), ergibt sich schon daraus, dass eine dem Unterhaltspflichtigen vorwerfbare Einkommensverringerung zum Ansatz fiktiver Einkünfte führen würde und deswegen letztlich unberücksichtigt bliebe (Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 23/91 - FamRZ 1992 - 1045, 1046 f.).
25
Die Einkünfte aus einer nachehelich aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten sind als Surrogat der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung während der Ehe zu behandeln und somit ebenfalls bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen (Senatsurteil BGHZ 148, 105 = FamRZ 2001, 986, 988 ff.; BVerfGE 105, 1 = FamRZ 2002, 527). Ein hinreichender Bezug zur Ehe ist in dem erst nachehelich erzielten Erwerbseinkommen deswegen zu erblicken, weil die Erwerbstätigkeit mit zunehmendem Alter der gemeinsamen Kinder auch bei fortbestehender Ehe zu erwarten gewesen wäre.
26
c) Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bleibt hingegen eine nacheheliche Entwicklung, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe findet. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts insbesondere für die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, die erst durch die Scheidung der ersten Ehe eintreten kann (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 70). Gleiches gilt für die aus der neuen Ehe hervorgehenden finanziellen Vorteile, wie den Splittingvorteil (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 823 f. und Senatsurteile BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819 und vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 15 ff.) oder sonstige, von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge (Senatsurteil BGHZ 171, 206 = FamRZ 2007, 793 Rn. 44 ff.). Der Splittingvorteil des geschiedenen Ehegatten aus seiner neuen Ehe muss bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der geschiedenen Unterhaltsberechtigten unberücksichtigt bleiben, weil dieser auf seiner neuen Ehe beruht und nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dieser neuen Ehe verbleiben muss (BVerfGE 108, 351 = FamRZ 2003, 1821, 1823 f.; Senatsbeschluss BGHZ 163, 84 = FamRZ 2005, 1817, 1819). Auch der Vorteil des Zusammenlebens des Klägers in seiner neuen Ehe kann sich nur im Rahmen der Konkurrenz des Unterhaltsanspruchs seiner neuen Ehefrau mit dem Unterhaltsanspruch der Beklagten im Rahmen der Leistungsfähigkeit auswirken, nicht hingegen auf die gebotene Bedarfsbemessung im Wege der Halbteilung der ehelichen Lebensverhältnisse (Schwamb FamRB 2011, 120, 122; a.A. wohl Maurer FamRZ 2011, 849, 860).
27
Auch die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind und der Betreuungsunterhalt für dessen nicht mit dem Vater verheiratete Mutter nach § 1615 l BGB sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs eines geschiedenen Ehegatten nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es für die erst nachehelich entstandenen Umstände an der erforderlichen Anknüpfung an die geschiedene Ehe. Solche Unterhaltsansprüche sind weder in der Ehe angelegt noch bei fortbestehender Ehe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (so auch Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 805; Borth FamRZ 2011, 445, 446 f.; Maurer FamRZ 2011, 849, 855; Born FF 2011, 136, 142 und Maier FuR 2011, 182, 184). Der abweichenden Auffassung von Gutdeutsch (FamRZ 2011, 523, 524 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Soweit darauf abgestellt wird, dass solche von einer Wiederheirat unabhängige Unterhaltspflichten auch bei fortbestehender Ehe möglich sind, überzeugt dies nicht. Denn bei fortbestehender Ehe besteht jedenfalls nicht die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2011, 437 Rn. 64) geforderte hohe Wahrscheinlichkeit der Geburt weiterer Kinder aus einer anderen Verbindung. Das Gebot der Gleichbehandlung aller ehelich oder nachehelich geborenen minderjährigen Kinder (Art. 6 Abs. 5 GG) kann eine Berücksichtigung nachehelich geborener Kinder bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ebenfalls nicht begründen. Denn nach § 1609 Nr. 1 BGB stehen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und privilegiert volljähriger Kinder ohnehin stets im ersten Rang. Unabhängig davon, ob sie den Unterhaltsbedarf eines geschiedenen Ehegatten beeinflussen oder nicht, sind ihre Ansprüche im Rahmen der Leistungsfähigkeit stets vorab zu befriedigen, was die von der Verfassung gebotene Gleichbehandlung sicherstellt (vgl. auch Maurer FamRZ 2011, 849, 856).
28
d) Soweit die Umstände der geschiedenen Ehegatten bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu berücksichtigen sind, ist schon insoweit der Halbteilungsgrundsatz zu beachten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass Unterschiede im Einkommen der geschiedenen Ehegatten nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ihrer ehelichen Lebensverhältnisse führen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die von beiden erwerbstätigen Ehegatten erzielten Einkünfte ihnen gleichmäßig zugutekommen, soweit nicht jedem für erhöhte berufsbedingte Aufwendungen ein Anteil seines Einkommens vorab allein zugerechnet wird (Senatsurteile vom 31. März 1982 - IV b ZR 652/80 - FamRZ 1982, 575 f. und vom 10. Dezember 1980 - IV b ZR 534/80 - FamRZ 1981, 241). Entsprechend ist den geschiedenen Ehegatten bei der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen das Einkommen, das den Lebensstandard ihrer Ehe geprägt hat, grundsätzlich hälftig zuzuordnen, unabhängig davon, ob es nur von einem oder von beiden Ehegatten erzielt wird (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 105, 1, 12 = FamRZ 2002, 527 und BVerfGE 63, 88, 109 = FamRZ 1983, 342; so auch Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 und Graba FF 2011, 102, 105).
29
Ausnahmen von dieser Halbteilung im Rahmen der Bedarfsbemessung sind nur dann geboten, wenn im Einzelfall nach der Rechtsprechung des Senats ein Mindestbedarf geschuldet ist (Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 25 ff. und vom 17. Februar 2010 - XII ZR 140/08 - FamRZ 2010, 629 Rn. 32 f.) oder wegen besonders hoher Einkünfte bei nur eingeschränkter Verwendung für den Lebensunterhalt eine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich ist (vgl. Senatsurteile vom 10. November 2010 - XII ZR 197/08 - FamRZ 2011, 192 Rn. 21 ff. und vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 26 ff.). In allen anderen Fällen wird durch die pauschale Bedarfsbemessung im Wege der Quotenmethode hinsichtlich aller im Rahmen des § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigenden Umstände der Halbteilungsgrundsatz gewahrt.
30
e) Danach hat die Beklagte als geschiedene Ehefrau einen Unterhaltsbedarf , der sich auf der Grundlage ihres Einkommens und des Einkommens des Klägers ohne den Splittingvorteil aus der neuen Ehe und unabhängig von dem Unterhaltsbedarf seiner neuen Ehefrau und des nachehelich geborenen Kindes bemisst.
31
Auf dieser rechtlichen Grundlage kann bereits der Bedarf der Beklagten nicht abschließend ermittelt werden. Denn das Oberlandesgericht hat lediglich das Einkommen des Klägers in seiner neuen Ehe festgestellt und in konsequenter Anwendung der früheren Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung den Splittingvorteil nicht eliminiert. Der Unterhaltsbedarf ergibt sich jedoch aus der Hälfte der nach Abzug des jeweiligen Erwerbstätigenbonus errechneten Differenz der Einkünfte des Klägers ohne Splittingvorteil nach Abzug des Kindesunterhalts (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - XII ZR 245/04 - FamRZ 2007, 1232 Rn. 29 ff.) mit dem fiktiven Einkommen der Beklagten. Auf der Grundlage der Feststellungen des Oberlandesgerichts ist eine solche Bedarfsermittlung nicht möglich.
32
3. Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des Klägers nach § 1581 BGB sind hingegen auch weitere Umstände zu berücksichtigen, die nicht bereits Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen gehabt haben.
33
a) Auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist der Grundsatz zu beachten, dass die Unterhaltspflicht im Hinblick auf seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG nicht unverhältnismäßig und unzumutbar sein darf. Soweit dieser Grundsatz nicht bereits bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berücksichtigt wurde, ist er jedenfalls bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 1581 BGB zu beachten, da der eigene angemessene Unterhalt nicht geringer sein darf als der an den Unterhaltsberechtigten zu leistende Betrag (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264; so auch Wellenhofer FF 2011, 144, 147; Borth FamRZ 2011, 445, 448 f.; Graba FF 2011, 102, 105; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524 f.; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598 f. und Maier FuR 2011, 182; aA Maurer FamRZ 2011, 849, 856 f.).
34
Übersteigt der Bedarf des Unterhaltsberechtigten den Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibt, liegt somit zwischen ihnen ein relativer Mangelfall vor, der zugleich zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen führt. Entsprechend hat der Senat schon in der Vergangenheit den individuellen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen als "Kehrseite" des Unterhaltsbedarfs des Berechtigten behandelt und den angemessenen Unterhalt im Sinne von § 1581 BGB, bei dessen Gefährdung die Billigkeitsabwägung einzusetzen hat, mit dem Unterhaltsbedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB gleichgesetzt (Senatsurteil BGHZ 109, 72 = FamRZ 1990, 260, 264). Soweit der Senat in seiner Rechtsprechung zur Dreiteilung bei der Bedarfsbemessung davon abgewichen war, weil es dessen nach dieser Systematik nicht mehr bedurfte (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 20 ff.), hält er daran nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht fest. Diese Änderung der früheren Rechtsprechung hatte der Senat ausdrücklich darauf zurückgeführt, dass er zur Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes auch nacheheliche Änderungen bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB berücksichtigt hatte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsprechung für nicht mit dem Gesetz vereinbar erklärt hat und der Senat deswegen zu seiner früheren Rechtsprechung zur Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen zurückkehrt, bedarf es auch des Rückgriffs auf die frühere Rechtsprechung zur Wahrung der Halbteilung im Rahmen des § 1581 BGB.
35
Erst wenn für den Unterhaltspflichtigen die Untergrenze seines eigenen angemessenen Selbstbehalts erreicht ist (Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 Rn. 16 ff.) und somit ein absoluter Mangelfall vorliegt, wirkt sich dies allein auf den Unterhalt der Berechtigten aus (vgl. Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 1). Dann sind die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen.
36
Diese Rechtsprechung führt dazu, dass im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen nach § 1581 BGB auch nachehelich geborene minderjährige oder privilegiert volljährige Kinder vorrangig zu berücksichtigen sind, weil deren Unterhalt nach § 1609 Nr. 1 BGB stets im ersten Rang geschuldet ist. Dass die Unterhaltspflicht für diese Kinder erst nachehelich entstanden ist, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit unerheblich, weil insoweit für die weiteren Unterhaltsberechtigten kein Vertrauensschutz dahingehend besteht , dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie des Unterhaltspflichtigen der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird (BT-Drucks. 16/1830 S. 24).
37
b) Schließlich muss der Unterhaltspflichtige nach § 1581 BGB nur insoweit Unterhalt leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und Erwerbsund Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht , wenn er nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts den vollen Unterhalt der Unterhaltsberechtigten zu zahlen. Die Leistungsfähigkeit gegenüber einzelnen Unterhaltsberechtigten hängt mithin grundsätzlich auch von weiteren Unterhaltsverpflichtungen als sonstigen Verpflichtungen im Sinne des § 1581 Satz 1 BGB ab.
38
Insoweit kann allerdings der Rang der verschiedenen Unterhaltspflichten nicht unberücksichtigt bleiben. Dafür spricht bereits die gesetzliche Systematik, derzufolge Kapitel 3 mit den §§ 1581 ff. BGB als "Leistungsfähigkeit und Rangfolge" bezeichnet ist. Hinzu kommt, dass die frühere gesetzliche Regelung in § 1582 BGB einen ausdrücklichen Bezug auf § 1581 BGB enthielt. Im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen war mithin der Rang eines geschiedenen und eines neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Durch die Änderung der Rangvorschrift ist zwar der ausdrückliche Bezug auf § 1581 BGB entfallen. Dabei ist der Gesetzgeber allerdings davon ausgegangen, dass die Ursache für die Entstehung von Mangelfällen vielfach in der Heirat und der Grün- dung einer neuen Familie nach Ehescheidung begründet liegt. Insoweit hat er nicht mehr auf die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein auf die Schutzbedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten abgestellt, der sich im Rang nach § 1609 niederschlägt (BT-Drucks. 16/830 S. 22 f.). Aus der Gesetzesbegründung geht mithin hervor, dass im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeitsabwägung nach wie vor der Rang verschiedener Unterhaltsberechtigter zu berücksichtigen ist (so auch Maurer FamRZ 2011, 849, 857; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 601 und 2011, 772, 773, 775; Schwamb FamRB 2011, 120, 121).
39
c) Die Darlegungs- und Beweislast für seine nur eingeschränkte Leistungsfähigkeit trägt grundsätzlich der Unterhaltspflichtige (Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 6 Rn. 721 ff.). Damit trifft den Unterhaltspflichtigen auch die Darlegungs- und Beweislast für seine "sonstigen Verpflichtungen", insbesondere für den Unterhaltsbedarf nachehelich hinzugekommener weiterer Unterhaltsberechtigter (so auch Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 597 f.). Im Ergebnis hatte der Senat dies bereits auf der Grundlage seiner früheren Rechtsprechung ausgesprochen (Senatsurteil vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 36 mwN).
40
d) Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber einem geschiedenen Ehegatten wird somit auch durch sonstige vor- oder gleichrangige Unterhaltspflichten beeinflusst. Das gilt insbesondere bei nachehelich hinzugekommenen Unterhaltspflichten für einen neuen Ehegatten oder die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes nach § 1615 l BGB.
41
aa) Ist die geschiedene Ehefrau wegen langer Ehedauer oder der Betreuung eines gemeinsamen Kindes gegenüber dem hinzugetretenen Anspruch auf Betreuungsunterhalt der Mutter des nachehelich geborenen Kindes nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig, sind im Rahmen der Billigkeitsprüfung des § 1581 BGB grundsätzlich auch die neu hinzugekommenen Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen.
42
(1) Der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte kann dann nicht mehr den vollen Unterhalt im Wege der Halbteilung verlangen, weil dem Unterhaltspflichtigen nur ein gleich hoher Betrag seines Einkommens verbliebe, der für seinen eigenen Unterhalt und den hinzugetretenen gleichrangigen Betreuungsunterhalt zu verwenden wäre. Sowohl dem Unterhaltspflichtigen als auch dem gleichrangig hinzugetretenen Unterhaltsberechtigten verbliebe dann deutlich weniger als dem geschiedenen Ehegatten zustünde. Dies führt zu einem relativen Mangelfall zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem geschiedenen Ehegatten, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs nach Billigkeit führen muss. Dem Unterhaltspflichtigen muss im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten somit mehr als die Hälfte des Einkommens verbleiben, um auch den hinzugekommenen Betreuungsunterhalt seines neuen Ehegatten oder einen nachehelich entstandenen Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB erfüllen zu können. Wenn die Instanzgerichte diese wechselseitige Beeinflussung im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten grundsätzlich im Wege der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens lösen, ist dies aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (so auch Borth FamRZ 2011, 445, 449; Schwamb FamRB 2011, 120, 122; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 598; Wendl/Gutdeutsch Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 5 Rn. 107 ff.; aA Maurer, 2011, 849, 858 f.; Götz/Brudermüller NJW 2011, 2609 f. und NJW 2011, 801,

806).


43
Einer solchen Berücksichtigung eines gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 1581 BGB steht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht entgegen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (FamRZ 2011, 437) lag der Fall einer nachrangigen zweiten Ehefrau zugrunde, während die Unterhaltsansprüche der Beklagten und der neuen Ehefrau des Klägers hier nach § 1609 Nr. 2 BGB im gleichen Rang stehen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsprechung des Senats auch nur insoweit für nicht mit dem Gesetz vereinbar erachtet, als bereits der Unterhaltsbedarf durch nachehelich hinzugetretene weitere Unterhaltspflichten beeinflusst werden sollte. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich auf die im Gesetz vorgegebene Trennung zwischen Bedarfsbemessung einerseits sowie Leistungsfähigkeit und Rang andererseits abgestellt (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 55). Ergänzend hat das Bundesverfassungsgericht aber auch darauf hingewiesen, dass einander nachfolgende Ehen durch Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG gleichrangig und gleichwertig geschützt werden (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 46; BVerfGE 108, 351, 364 und 66, 84, 94 f.). Selbst wenn dadurch Modifikationen des Grundsatzes gleicher Teilhabe nicht ausgeschlossen sind, ist der gleichrangige und gleichwertige Schutz verschiedener Ehen jedoch grundsätzlich im Rahmen der nach § 1581 BGB gebotenen Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. auch Wendl/ Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 105 ff.; Gutdeutsch/Gerhardt FamRZ 2011, 597, 598; Maurer FamRZ 2011, 849, 851 f.). Die aus dem zeitlichen Ablauf folgende Privilegierung des Unterhaltsanspruchs eines geschiedenen Ehegatten gegenüber einem nachfolgenden Ehegatten ist für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten durch das zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich abgeändert worden (BT-Drucks. 16/1830 S. 23).
44
(2) Soweit im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber einem geschiedenen und einem gleichrangigen neuen Ehegatten bei der Billigkeitsabwägung eine Dreiteilung des vorhandenen Einkommens erfolgt, ist nach den Grundsätzen der bisherigen Senatsrechtsprechung das gesamte Einkommen aller Beteiligten zu berücksichtigen (vgl. insoweit Senatsurteile BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 39 f. und BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 40 ff.).
45
Der im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigende Unterhaltsbedarf eines konkurrierenden neuen Ehegatten ist auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den ehelichen Lebensverhältnissen wegen des insoweit zu beachtenden Prioritätsgrundsatzes abhängig vom Unterhalt einer geschiedenen Ehefrau zu bemessen (BVerfG FamRZ 2011, 437 Rn. 48, 69 f., 72; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 524; Gerhardt/ Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773; Borth FamRZ 2011, 445, 447 f.; Graba FamRZ 2010, 1131, 1135; Maurer FamRZ 2011, 849, 852; Wohlgemuth FuR 2011, 311, 312; Wendl/Gerhardt Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 4 Rn. 428; Wendl/Gutdeutsch aaO § 5 Rn. 807 und § 5 Rn. 107). Gegen die abweichende Auffassung (Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 806 und NJW 2011, 2609; Maier FuR 2011, 182 und Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 3 Rn. 83) spricht schon, dass die Annahme, dass einem nachfolgenden Ehegatten sonst lediglich ¼ des verfügbaren Einkommens verbleibe, wenn der geschiedene Ehegatte bei der Bedarfsbemessung vorab berücksichtigt werde, so nicht zutrifft. Denn der endgültige Unterhaltsbedarf des neuen Ehegatten lässt sich erst im Zusammenspiel mit der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinem geschiedenen Ehegatten bemessen. Verbleibt dem Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ein höherer Betrag, wirkt sich dies zugleich auf den im Wege der Halbteilung zu ermittelnden Bedarf seines mit ihm zusammenlebenden neuen Ehegatten aus.
46
Synergieeffekte durch das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer neuen Ehe können auch in diesem Zusammenhang nicht allein durch eine Absenkung des angemessenen Selbstbehalts berücksichtigt werden, weil dies nur den beiden Unterhaltsberechtigten in gleicher Weise zugutekäme. Statt dessen kann dem Vorteil des Zusammenwohnens, der für jeden Ehegatten der neuen Ehe mit 10 % in Ansatz zu bringen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 350 = FamRZ 2010, 1535 Rn. 45), dadurch Rechnung getragen werden, dass die den zusammenlebenden Ehegatten zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend gekürzt werden und der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entsprechend erhöht wird (vgl. Graba FF 2011, 102, 104 und Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 597, 599). Im absoluten Mangelfall kann der Selbstbehalt aus diesen Gründen gekürzt und bis auf sein Existenzminimum herabgesetzt werden (Senatsurteil vom 9. Januar 2008 - XII ZR 170/05 - FamRZ 2008, 594 Rn. 34 ff.).
47
Im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB ist in die bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten mögliche Dreiteilung das gesamte unterhaltsrelevante Einkommen des Unterhaltspflichtigen und der Unterhaltsberechtigten einzubeziehen. Das schließt auch Einkünfte aus einem nachehelichen Karrieresprung ein, die lediglich die nachehelich hinzu getretene Unterhaltspflicht auffangen (Senatsurteil BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 Rn. 32 ff.). Auch der Splittingvorteil einer neuen Ehe muss im Rahmen der Dreiteilung der vorhandenen Einkommen bei der Leistungsfähigkeit nicht eliminiert werden, weil eine gleichrangige Unterhaltspflicht aus einer neuen Ehe regelmäßig zu einer Kürzung der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten führt (vgl. Senatsurteile vom 14. April 2010 - XII ZR 89/08 - FamRZ 2010, 869 Rn. 33; BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 47 und vom 1. Oktober 2008 - XII ZR 62/07 - FamRZ 2009, 23 Rn. 32).
48
bb) Ist der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten gegenüber dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten vorrangig, ist es im Rahmen des § 1581 Satz 1 BGB erst recht geboten, diesen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen. Allerdings führt der bei gleichrangigen Ehegatten gewählte Weg der Dreiteilung aller vorhandenen Einkünfte zunächst lediglich zu einer annähernden Angleichung der Lebensumstände der geschiedenen und der neuen Ehefrau.
49
cc) Ist ein neuer Ehegatte hingegen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist der Unterhaltspflichtige deswegen regelmäßig in Höhe des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen leistungsfähig. Allerdings ist ein neuer Ehegatte nur dann nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, wenn aus der neuen Beziehung kein weiteres minderjähriges Kind hervorgegangen ist, das noch betreut werden muss. Weil sein Unterhaltsanspruch im Rahmen der Unterhaltskonkurrenz mit dem geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1581, 1609 Nr. 2 BGB als hypothetischer nachehelicher Unterhalt zu bemessen ist, ist dann ein von ihm erzielbares Einkommen zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 46 ff.).
50
dd) Im Einzelfall erlaubt die nach § 1581 BGB gebotene Billigkeitserwägung allerdings auch davon abweichende Ergebnisse, die neben dem Rang auf weitere individuelle Umstände gestützt werden können (vgl. insoweit Gerhardt/Gutdeutsch FamRZ 2011, 772, 773 f.; Gutdeutsch FamRZ 2011, 523, 525; Schwamb FamRB 2011, 120, 123 und Maier FuR 2011, 182, 184). Als weiteres Billigkeitskriterium ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Min- destbedarf eines Unterhaltsberechtigten gedeckt wird (vgl. BT-Drucks. 16/1830 S. 24; Götz/Brudermüller NJW 2011, 801, 807).
51
e) Auch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung zur Leistungsfähigkeit des Klägers lässt sich der Rechtsstreit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend entscheiden.
52
Zwar kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Klägers gegenüber der Beklagten und seiner neuen Ehefrau, deren Unterhaltsansprüche wegen Betreuung gemeinsamer minderjähriger Kinder nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangig sind, auf das gesamte vorhandene Einkommen einschließlich des Splittingvorteils aus der neuen Ehe zurückgegriffen werden (vgl. Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911 Rn. 46 ff.). Gleichwohl lässt sich auch die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten nicht abschließend beurteilen, weil das Berufungsgericht entgegen der nach seiner Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senats nicht festgestellt hat, in welchem Umfang ein Erwerbseinkommen der neuen Ehefrau des Klägers zurechenbar ist, obwohl diese im Hinblick auf das Alter des gemeinsamen Kindes und den Kindergartenbesuch jedenfalls zu einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage wäre.
53
4. Das angefochtene Urteil ist deswegen aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
54
Das Oberlandesgericht wird zunächst klären müssen, in welchem Umfang der neuen Ehefrau des Klägers ein eigenes Einkommen zuzurechnen ist. Auf die Leistungsfähigkeit des Klägers gegenüber der Beklagten als seiner geschiedenen Ehefrau wirkt sich dies wegen des Gleichrangs der beiden Unterhaltsberechtigten im Rahmen der Dreiteilung des gesamten Einkommens aus.
Der Kläger verfügt über Einkünfte, die auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach Abzug des um das hälftige Kindergeld herabgesetzten Mindestunterhalts für beide Kinder (vgl. insoweit Senatsurteile vom 2. Juni 2010 - XII ZR 160/08 - FamRZ 2010, 1318 Rn. 28 f. und vom 27. Mai 2009 - XII ZR 78/08 - FamRZ 2009, 1300 Rn. 48 ff.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2011, 1490 Rn. 32 ff.) den Mindestbetrag seines angemessenen Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis Ende 2010 mit 1.000 € bemessen wurde und seitdem 1.050 € beträgt (vgl. insoweit Senatsurteil BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683, 684 f.), übersteigen. Es verbleibt mithin ein für die nach § 1609 Nr. 2 BGB gleichrangigen Unterhaltsberechtigten verteilungsfähiges Einkommen, dessen Aufteilung auf die Beklagte und die neue Ehefrau des Klägers nach den bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht möglich ist.
Hahne Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Vorinstanzen:
AG Aschaffenburg, Entscheidung vom 30.09.2008 - 4 F 619/08 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.05.2009 - 2 UF 238/08 -

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

11
1. Das Berufungsgericht hat die Abänderungsklage mit Recht für zulässig gehalten. In diesem Rahmen hat es darauf abgestellt, dass der Kläger sich für die Abänderung auf eine geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung als auch auf eine Gesetzesänderung berufen hat. Hierbei handelt es sich um Gründe, die gemäß § 323 Abs. 2 ZPO aF nach der mündlichen Verhandlung im Vorprozess entstanden sind. Der für das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 2007 getroffenen Regelung in § 36 Nr. 1, 2 EGZPO kommt insoweit nur eine klarstellende Funktion zu (BGHZ 183, 197 = FamRZ 2010, 111 Rn. 16).

(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.

(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.

(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.

(5) (weggefallen)

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 47/10 Verkündet am:
23. November 2011
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 313, 1578 Abs. 1 Satz 2 aF, 1578 b; ZPO § 323 aF; EGZPO § 36

a) Dass der Unterhaltspflichtige mit der Herabsetzung gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2
BGB aF eines nach altem Recht nicht befristbaren Unterhaltsanspruchs - hier
Anspruch auf Altersunterhalt - ausgeschlossen war, steht einer Herabsetzung
und/oder Befristung des Unterhalts nach § 1578 b BGB nicht entgegen.

b) Der durch die Eheschließung bedingte Wegfall eines aus einer früheren Ehe herrührenden
Unterhaltsanspruchs stellt keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von
§ 1578 b BGB dar.
BGH, Urteil vom 23. November 2011 - XII ZR 47/10 - OLG Düsseldorf
AG Mülheim an der Ruhr
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. November 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 17. März 2010 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der 1939 geborene Kläger begehrt mit seiner Abänderungsklage den Wegfall des Unterhaltsanspruchs der 1932 geborenen Beklagten, seiner geschiedenen Ehefrau.
2
Die Parteien schlossen 1978 die Ehe und lebten seit 1983 voneinander getrennt. Seit 1987 ist die Scheidung der kinderlos gebliebenen Ehe rechtskräftig. Die Beklagte war von 1955 bis 1977 in erster Ehe verheiratet; diese Ehe wurde wegen Verschuldens des Ehemanns im Jahr 1977 geschieden. Unterhaltsansprüche gegen ihren ersten Ehemann machte die Beklagte nicht geltend.
3
Mit Vergleich, den die Parteien im Scheidungstermin 1987 schlossen, verpflichtete sich der Kläger zu einer monatlichen Unterhaltszahlung an die Beklagte von 1.010 DM. Im Rahmen eines Abänderungsverfahrens schlossen die Parteien 1990 einen zweiten Vergleich, in dem der Unterhalt auf monatlich 1.250 DM heraufgesetzt wurde. Ihren letzten Vergleich schlossen die Parteien am 2. April 2003 in einem von der Beklagten im Jahr 1996 eingeleiteten Abänderungsverfahren. In jenem Verfahren, in dem der Kläger widerklagend die Befristung des titulierten Unterhaltsanspruchs begehrte, vereinbarten die Parteien für die Zeit ab Januar 2005 einen monatlichen Unterhalt von 700 € auf der Basis der beiderseitigen Renteneinkünfte der Parteien sowie des Wohnvorteils des Klägers.
4
Auf die im August 2009 rechtshängig gewordene Abänderungsklage hat das Amtsgericht den Unterhalt für die Zeit ab Juni 2010 auf 500 € herabgesetzt und bis zum 30. Juni 2011 befristet. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

6
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, die in FamRZ 2010, 1912 veröffentlicht ist, wie folgt begründet:
7
Der durch Vergleich titulierte Unterhaltsanspruch könne nach Maßgabe des § 313 BGB nur abgeändert werden, wenn bei den Umständen, die zur Grundlage des Vergleichs geworden seien, nach dessen Abschluss eine schwerwiegende Veränderung eingetreten wäre und die Parteien aufgrund der Veränderung den Vergleich in der vorliegenden Form nicht geschlossen hätten. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Auf der Grundlage der aktuellen Renteneinkünfte der Parteien sei von einem Unterhaltsanspruch von rund 728 € auszugehen (auf Seiten des Klägers: Regelaltersrente in Höhe von rund 1.148 € sowie ZVK-Rente in Höhe von rund 298 €; auf Seiten der Beklagten: Regelaltersrente in Höhe von rund 318 €). Damit lägen Veränderungen bei den für die Unterhaltshöhe erheblichen wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien, die zu einer Anpassung des titulierten Unterhaltsanspruchs zugunsten des Klägers führen könnten, nicht vor.
8
Eine schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage sei zwar durch die Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 eingetreten. Dadurch sei die Befristungsmöglichkeit für den hier maßgeblichen Altersunterhalt grundsätzlich eröffnet worden. Eine Befristung des Unterhaltsanspruchs scheide nach der gemäß § 1578 b Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung aber aus, weil bei der Beklagten durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit entstanden seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
9
Da die erste Ehe der Beklagten aus Verschulden ihres früheren Ehemanns geschieden worden sei, habe die Beklagte gegen diesen einen - auch nach den Reformen des Unterhaltsrechts im Jahr 1977 und 2008 - nicht befristbaren Unterhaltsanspruch gemäß § 58 Ehegesetz (EheG). Der Umstand, dass die Beklagte den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung ihrer ersten Ehe für die relativ kurze Zeit bis zur Eheschließung der Parteien nicht geltend gemacht habe, sei für den Bestand ihres Unterhaltsanspruchs nicht erheblichgewesen. Durch die Eheschließung der Parteien sei der vorstehende Unterhaltsanspruch der Beklagten kraft Gesetzes entfallen. Der Wegfall des Unterhaltsanspruchs führe insbesondere nach dem Eintritt der Beklagten ins Rentenalter zu erheblichen Nachteilen, weil das Scheidungsrecht bis zum 1. Juli 1977 den Versorgungsausgleich nicht gekannt habe und die bedürftigen Ehegatten nach einer Scheidung auch ihren Bedarf im Alter vollumfänglich durch Unterhalt hätten decken müssen.
10
Einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs stehe bereits entgegen, dass sich für eine kinderlose Ehe, die weniger als zehn Jahre gedauert habe, die rechtlichen Möglichkeiten der Unterhaltsherabsetzung seit dem Abschluss des Vergleichs im April 2003 nicht wesentlich geändert hätten; eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage könne somit im Hinblick auf die Herabsetzbarkeit des streitgegenständlichen Unterhaltsanspruchs nicht festgestellt werden.
11
Eine Abänderung des Unterhaltsanspruchs stünde zudem das durch § 36 EGZPO geschützte Vertrauen der Beklagten in die unbegrenzte Fortdauer ihres Unterhaltsanspruchs entgegen.

II.

12
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
13
1. Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist. Die Abänderung des Prozessvergleichs richtet sich somit nach § 323 ZPO aF (vgl. nunmehr §§ 238, 239 FamFG - Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 10).
14
2. Zu Recht geht die Revision davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Abänderung des Vergleichs vorliegen.
15
a) Die Präklusionsvorschrift des § 323 Abs. 2 ZPO aF findet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Vergleiche keine Anwendung. Die Abänderung eines Prozessvergleichs richtet sich allein nach materiellrechtlichen Kriterien (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 12 f. mwN). Dabei ist - vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage - durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Herabsetzung bzw. Befristung getroffen haben (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 13 mwN).
16
Die Parteien haben sich letztmalig im Jahr 2003 über den nachehelichen Unterhalt verständigt. Ob dieser Vergleich eine bindende Regelung hinsichtlich einer möglichen Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten (Herabsetzung bzw. Befristung) enthält, hat das Berufungsgericht nicht geprüft und demgemäß die gebotene Auslegung des Vergleichs unterlassen. Hierauf kommt es für das Revisionsverfahren indes nicht entscheidend an. Denn selbst wenn eine solche Auslegung zu dem Ergebnis gelangte, dass die Parteien eine spätere Begrenzung des Unterhalts hätten ausschließen wollen, wäre eine Herabsetzung bzw. Befristung nunmehr nach § 313 iVm § 1578 b BGB eröffnet. Von daher kommt es auch nicht auf die Frage an, ob der Senat die - grundsätzlich dem Tatrichter obliegende - Auslegung des Vergleichs hier ausnahmsweise selbst vornehmen könnte (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn. 15 ff., 17).
17
b) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrages verlangt werden , soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, § 313 Abs. 1 BGB.
18
aa) Sofern die Parteien in ihrem Vergleich aus dem Jahre 2003 im Hinblick auf die damals geltende Rechtslage eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf Dauer ausschließen wollten, stellte - wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist - die Änderung des Unterhaltsrechts zum 1. Januar 2008 eine schwerwiegende Veränderung der Vertragsgrundlage dar, da nunmehr der Anspruch auf Altersunterhalt erstmals einer Befristung zugänglich war.
19
bb) Gleiches gilt, soweit die Parteien in dem Vergleich die Möglichkeit einer späteren Herabsetzung ausschließen wollten.
20
Zwar hat das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt, dass sich die rechtlichen Verhältnisse - bezogen auf die Möglichkeit der Herabsetzung - nicht we- sentlich geändert haben. Eine Herabsetzung des Unterhaltsmaßes war gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF schon nach altem Recht möglich, wobei die danach maßgeblichen Abwägungskriterien weitgehend deckungsgleich sind mit den in der Nachfolgevorschrift des § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB spezifizierten Billigkeitsgesichtspunkten (Senatsurteile vom 29. Juni 2011 - XII ZR 157/09 - FamRZ 2011, 1721 Rn. 20 und vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 21). Die mit Senatsurteil vom 12. April 2006 (XII ZR 240/03 - FamRZ 2006,1006) vollzogene Rechtsprechungsänderung betraf lediglich Fälle des Aufstockungsunterhalts, in denen statt auf das Kriterium der Ehedauer nunmehr vorrangig auf das Vorliegen ehebedingter Nachteile abzustellen war (Senatsurteil vom 29. September 2010 - XII ZR 205/08 - FamRZ 2010, 1884 Rn. 23). Demgegenüber stand die Dauer der hier zu beurteilenden, kinderlos gebliebenen Ehe von rund neun Jahren einer Herabsetzung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB aF schon nach altem Recht nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 28. März 1990 - XII ZR 64/89 - FamRZ 1990, 857, 858 f.).
21
Jedoch hat der Gesetzgeber mit § 1578 b BGB den Bestand der bis dahin einer Befristung nicht zugänglichen nachehelichen Unterhaltstatbestände nicht nur hinsichtlich der Dauer, sondern auch bezogen auf die Höhe des Unterhalts einer Revision unterzogen. Nicht nur dass diese erstmals befristet werden können, mit § 1578 b Abs. 3 BGB hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, Herabsetzung und Befristung zu kombinieren (BTDrucks. 16/1830 Seite 19). Damit kann die Herabsetzung im Rahmen der Billigkeitsabwägung von nun an nicht mehr isoliert betrachtet werden, sondern muss immer auch im Lichte einer kumulativ oder aber auch alternativ möglichen Befristung gesehen werden. Dadurch bekommen die jeweils anzusetzenden Maßstäbe ein anderes Gewicht. Während nach altem Recht die Herabsetzung das einzige und damit auch das einschneidendste Mittel darstellte, um den Unter- halt zu begrenzen, stellt es jetzt das mildere Mittel im Verhältnis zur Befristung dar.
22
c) Bei der sonach gemäß § 313 BGB im Lichte des § 1578 b BGB vorzunehmenden Vertragsanpassung ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Begrenzung des Unterhalts nicht ausgeschlossen. Vielmehr lässt die zu treffende Billigkeitsabwägung nach den getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung sowie eine anschließend einsetzende Befristung geboten erscheinen.
23
aa) Es fehlt bereits an ehebedingten Nachteilen, die einer Begrenzung des Unterhalts entgegenstehen könnten. Vor allem stellt der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Umstand, dass der Ehegattenunterhaltsanspruch der Beklagten gegen ihren früheren Ehemann wegen der Heirat mit dem Kläger untergegangen sei, keinen solchen Nachteil dar.
24
(1) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.
25
Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach ist bei der Billigkeitsabwägung vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemein- schaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne die Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (vgl. Senatsurteile vom 6. Oktober 2010 - XII ZR 202/08 - FamRZ 2010, 1971 Rn. 19 und vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 53/09 - FamRZ 2010, 2059 Rn. 22).
26
(2) Gemessen hieran lassen sich den von den Instanzgerichten getroffenen Feststellungen keine ehebedingten Nachteile entnehmen.
27
Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Wegfall des Unterhaltsanspruchs der Beklagten gegen ihren ersten Ehemann - ungeachtet der fehlenden Feststellungen zur Werthaltigkeit des Anspruchs - bezogen auf die Ehe der Parteien keinen ehebedingten Nachteil im Sinne von § 1578 b BGB darstellt.
28
Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des § 1578 b BGB vielmehr einen Ausgleich der Nachteile bewirken, die dadurch entstehen, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen eigenen Unterhalt sorgen kann (BT-Drucks. 16/1830 S. 18). Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Nachteile, die allein durch den Akt der Eheschließung entstanden sind, keine Nachteile sind, die der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe erlitten hat. Vielmehr tritt der Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus erster Ehe als vom Gesetz zwingend vorgesehene Rechtsfolge ein.
29
Dass die Beklagte andere ehebedingte Nachteile im Sinne des § 1578 b BGB erlitten hat, ist weder vom Berufungsgericht festgestellt noch sonst ersichtlich.
30
bb) Nach den bislang getroffenen Erwägungen des Oberlandesgerichts stehen einer Begrenzung des Unterhalts ebenso wenig die nacheheliche Solidarität bzw. der Vertrauensschutz entgegen.
31
(1) § 1578 b BGB beschränkt sich nach dem Willen des Gesetzgebers allerdings nicht auf die Kompensation ehebedingter Nachteile, sondern berücksichtigt auch eine darüber hinausgehende nacheheliche Solidarität. Auch wenn keine ehebedingten Nachteile vorliegen, ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Bei der insoweit gebotenen Billigkeitsabwägung hat das Familiengericht das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei vor allem die in § 1578 b Abs. 1 Satz 3 BGB aufgeführten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Die Ehedauer gewinnt im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (Senatsurteil vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 21 ff.).
32
Bereits bei der Prüfung der Unbilligkeit nach § 1578 b BGB ist außerdem zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist. Denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu als einem nicht vertraglich festgelegten oder durch Titulierung gesicherten Anspruch. Wie das Gesetz in § 36 Nr. 1 EGZPO klarstellt, gilt dies bei Unterhaltstiteln oder -vereinbarungen nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in noch stärkerem Maße. Dass dieser Gesichtspunkt in § 36 Nr. 1 EGZPO gesondert geregelt ist, hindert seine Heranziehung im Rahmen von § 1578 b BGB nicht. Da die Beurteilung der Begrenzung und Befristung nach § 1578 b BGB vielmehr auf einer umfassenden Interessenabwägung be- ruhen muss, ist die Berücksichtigung der Titulierung im Rahmen des § 1578 b BGB sogar geboten. Dass damit die Zumutbarkeit nach § 36 Nr. 1 EGZPO bereits in dem insoweit umfassenderen Tatbestand des § 1578 b BGB aufgeht, ist unbedenklich, weil bei einem Zusammentreffen der Abänderung eines Alttitels mit der Befristung den gesetzlichen Wertungen des § 36 Nr. 1 EGZPO bereits im Rahmen der Befristung nach § 1578 b BGB in vollem Umfang Rechnung getragen ist (Senatsurteil vom 30. Juni 2010 - XII ZR 9/09 - FamRZ 2010, 1414 Rn. 32).
33
(2) Die vom Berufungsgericht insoweit vorgenommene Billigkeitsabwägung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.
34
(a) Zwar obliegt die Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1578 b BGB grundsätzlich dem Tatrichter. Diese kann vom Revisionsgericht lediglich auf Rechtsfehler überprüft werden, insbesondere darauf, ob das Berufungsgericht im Rahmen der Billigkeitsprüfung maßgebende Rechtsbegriffe verkannt oder für die Einordnung unter diese Begriffe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteil vom 11. August 2010 - XII ZR 102/09 - FamRZ 2010, 1637 Rn. 47). Letzteres ist hier der Fall.
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(b) Im Ergebnis unschädlich ist allerdings, dass das Berufungsgericht die nach § 1578 b BGB gebotene Billigkeitsabwägung der Sache nach unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gemäß § 36 EGZPO durchgeführt hat, anstatt letzteren im Rahmen der Abwägung nach § 1578 b BGB zu berücksichtigen.
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(c) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Abwägung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagte aufgrund ihres Alters zusätzliche Einkünfte nicht mehr erzielen könne und zudem aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes in ihren Möglichkeiten, ihren Lebensstandard einem niedrigeren Einkom- mensniveau anzupassen, erheblich eingeschränkt sei. Diese besonderen, durch Krankheit und hohes Alter erheblich erschwerten Lebensumstände der Beklagten lassen es nach Auffassung des Oberlandesgerichts gerechtfertigt erscheinen, ihrem Vertrauen auf den unbefristeten Fortbestand des Unterhaltsanspruchs ein höheres Gewicht beizumessen als dem Interesse des durch die langjährige Unterhaltszahlung belasteten Klägers, aus seiner Verpflichtung entlassen zu werden.
37
Die vorerwähnten Gesichtspunkte, die bezogen auf Gesundheit und Alter jedenfalls auch dem Bereich der nachehelichen Solidarität zuzuordnen sind, rechtfertigen für sich genommen keine lebenslange Lebensstandardgarantie, wie sie sich als Konsequenz des Berufungsurteils in der Sache ergeben hätte. Bei seiner Abwägung hat das Berufungsgericht - im Gegensatz zum Amtsgericht - nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger bei einer nur rund neun Jahre langen Ehe und einem Zusammenleben von lediglich rund fünf Jahren über einen Zeitraum von zwanzig Jahren Unterhaltszahlungen in nicht geringer Höhe an die Beklagte erbracht hat (vgl. dazu die Ausführungen in dem amtsgerichtlichen Urteil vom 12. November 2009). Hinzu kommt, dass aus der Verbindung der Parteien keine Kinder hervorgegangen sind. Dabei ist auch die zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten zu beachten, die um so gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, und dementsprechend das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität begrenzt (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 - XII ZR 17/09 - FamRZ 2011, 1381 Rn. 36). Einer Befristung des nachehelichen Unterhalts steht nach der - insoweit allerdings erst nach dem Berufungsurteil veröffentlichten - Senatsrechtsprechung auch nicht entgegen, dass der Unterhaltsberechtigte dadurch möglicherweise sozialhilfebedürftig würde (Senatsurteile vom 30. März 2011 - XII ZR 63/09 - FamRZ 2011, 875 Rn. 21 und vom 2. März 2011 - XII ZR 44/09 - FamRZ 2011, 713 Rn. 26 jeweils mwN).
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Nach den getroffenen Feststellungen wäre dem Vertrauen der Beklagten vielmehr mit einer stufenweisen Herabsetzung und Befristung, wie sie etwa das Amtsgericht vorgenommen hat, hinreichend Rechnung getragen. Eine unbefristete Unterhaltsverpflichtung, so wie sie das Berufungsgericht ausgesprochen hat, erscheint demgegenüber unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für den unterhaltsverpflichteten Kläger unzumutbar.

III.

39
Das Berufungsurteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht gemäß § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen. Eine abschließende Sachentscheidung nach § 563 Abs. 3 ZPO ist dem Senat mangels Entscheidungsreife nicht möglich. Hahne Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
AG Mülheim an der Ruhr, Entscheidung vom 12.11.2009 - 22 F 660/09 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 17.03.2010 - II-8 UF 173/09 -
23
Dass das Berufungsgericht beim Umfang der Belastung für den Antragsteller auch das - bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nicht herangezogene - nach der Trennung erhöhte Einkommen des Antragstellers berücksichtigt hat, ergibt sich ebenfalls aus den Gründen des Berufungsurteils. Das Berufungsgericht ist insoweit davon ausgegangen, dass sich der Unterhalt trotz des derzeit guten Verdienstes des Antragstellers mit Rücksicht auf seine zukünftige Familienplanung als eine deutliche Belastung darstelle. Die Revision beanstandet insoweit, dass das Berufungsgericht zu dem Inhalt dieser Familienplanung keinerlei Feststellungen getroffen habe. Solche Feststellungen waren indessen nicht erforderlich. Denn die Billigkeitsabwägung des Berufungsgerichts bewegt sich auch mit dieser Erwägung im Rahmen der mit § 1578 b BGB verbundenen gesetzgeberischen Wertungen (vgl. BVerfG Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - FamRZ 2011, 437 Rn. 20). Dass damit eine Billigkeitsabwägung bereits vor Beurteilung der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB und der in diesem Rahmen zu berücksichtigenden sonstigen (Unterhalts-) Verbindlichkeiten zu treffen ist, bedarf im vorliegenden Fall keiner Vertiefung, weil keine konkurrierenden Unterhaltsansprüche in Rede stehen. Darauf, dass konkrete Unterhaltspflichten bereits entstanden sind oder mit ihrem Entstehen in absehbarer Zeit zu rechnen ist, kommt es zudem nicht an. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21. Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, […] die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten" (BT-Drucks. 16/1830 S. 13). Die Billigkeitsabwägung unter Einbe- ziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass schon die Chancen für einen "Neuanfang" erhöht werden sollten, kann als solche demnach nicht sachwidrig sein. Ob diesem Gesichtspunkt in seiner Allgemeinheit neben weiteren Aspekten eine wesentliche Bedeutung zukommen kann, erscheint allerdings fraglich. Die vom Berufungsgericht hier getroffene Abwägung hält sich insoweit jedenfalls noch im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums, was nicht zuletzt das von ihm erzielte Ergebnis verdeutlicht.
17
Denn bei der Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach § 1578 b Abs. 1, 2 BGB handelt es sich um Einwendungen, die Grund und Höhe des Unterhalts betreffen und sich im vorliegenden Fall nicht auf einen abgrenzbaren Teil des Streitgegenstandes beziehen. Anders als nach einem im Urteil enthaltenen Ausspruch der Befristung (vgl. Senatsurteile vom 26. November 2008 - XII ZR 131/07 - FamRZ 2009, 406, 407; vom 25. Januar 1995 - XII ZR 195/93 - FamRZ 1995, 1405 und BGHZ 153, 358, 362 f. = FamRZ 2003, 590) ist bei deren Ablehnung eine Eingrenzung des Streitgegenstands schon in zeitlicher Hinsicht nicht möglich.