Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2012 - XII ZR 122/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger begehrt von den Beklagten rückständige Miete.
- 2
- Die Beklagten mieteten im 3. und 5. Obergeschoss eines gewerblich genutzten Gebäudekomplexes Räume für eine heilgymnastische und rehabilitative medizinische Massagepraxis. Im 1. und 2. Obergeschoss befanden sich zwei Arztpraxen. In der 4. Etage vermietete der Kläger Räume an den Streithelfer, der dort das Massageinstitut "R. " betreibt. Die Beklagten minderten ab Mai 2007 die monatliche Miete mit der Begründung, bei dem vom Streithelfer betriebenen Massageinstitut handele es sich um einen bordellartigen Betrieb mit sexuellen Dienstangeboten. Die Vermietung von Räumen an einen Bordellbetrieb in einem Gebäude, in dem sich außer der Praxis der Beklagten nur noch zwei Arztpraxen befinden, habe zu einem erheblichen Umsatzverlust geführt und stelle daher einen Mangel der Mietsache dar, der die Beklagten zu einer Mietminderung in voller Höhe berechtige.
- 3
- Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage geführt. Auf die Revision des Klägers hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Im hier angefochtenen zweiten Berufungsurteil hat das Landgericht die Klage erneut abgewiesen.
- 4
- Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Berufungsgerichts.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , die Klagforderung sei aufgrund einer berechtigten Minderung der Miete und der zwischenzeitlich von den Beklagten erbrachten Zahlungen nicht (mehr) gegeben.
- 7
- Zwar kämen im Hinblick darauf, dass der Mieter eines Geschäftsraums grundsätzlich das Verwendungsrisiko trage, als Mangel nur äußere Einwirkungen in Betracht, die sich unmittelbar auf die Brauchbarkeit der Mietsache auswirkten. Eine mittelbare Auswirkung reiche nicht. Im vorliegenden Fall liege jedoch eine unmittelbare Auswirkung vor. Hierbei stehe außer Frage, dass es sich bei dem vom Streithelfer betriebenen Massageinstitut um einen Bordellbetrieb handele. Es könne keine Rolle spielen, ob bei den dargestellten "Behandlungen" des Massageinstituts der Geschlechtsakt nicht im eigentlichen Sinne vollzogen werde und dass die Ausgestaltung der "Behandlungen" Elemente fernöstlicher erotischer Praktiken einbeziehe. Auch der Umstand, dass die "Behandlungen" das körperliche Wohlbefinden der Kunden steigerten, mache aus dem Betrieb noch keinen gesundheitsorientierten Therapiebetrieb.
- 8
- Das Vorhandensein eines Bordellbetriebs im gleichen Gebäude wie der Mietgegenstand führe nicht nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung. Vielmehr wohne einem Prostitutionsbetrieb die immanente Gefahr von Beeinträchtigungen inne. Aus diesem Grund würden schließlich Sperrbezirksverordnungen geschaffen. Dieses Verbot werde zum Schutz der Jugend und des Anstandes als erforderlich angesehen, ungeachtet dessen, ob Beeinträchtigungen sich konkret ereignen, da derartige Betriebe als potentiell störend und jugendgefährdend angesehen werden. Anders als etwa bei einem nicht florierenden Geschäftsumfeld seien daher Einnahmeeinbußen aufgrund eines benachbarten Bordellbetriebs naheliegend, die nicht bloß dem unternehmerischen Risiko zugeschrieben werden könnten.
- 9
- Diese immanente Gefahr sei auch nicht angesichts der Darlegungen der Klägerseite ausgeschlossen. Zwar sei durch das Vorhandensein von zwei Treppenhäusern und Lifts auch ein kontaktfreier Zugang der jeweiligen Kundschaft denkbar, aber nicht garantiert. Auch bestehe die Gefahr der Verwechslung der Stockwerke durch Kunden der Beklagten.
- 10
- Ungeachtet der Frage, ob sich konkrete Störungen ereignet und wie sich die Einnahmesituation der Beklagtenseite entwickelt hätten, sei eine Minderung angemessen. Denn es ließe sich ohnehin nicht mathematisch genau feststellen, inwieweit das vom Streithelfer betriebene Massageinstitut auf den Gewerbebetrieb der Beklagten Einfluss habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass ungeachtet eines Wertewandels in der Gesellschaft immer noch ein beachtlicher Prozentsatz in der Bevölkerung existiere, der die Prostitution sozialethisch negativ bewerte und Bereiche, in denen die Prostitution ausgeübt wird, meide.
- 11
- Bestimmten Bevölkerungsteilen sei es bereits nicht recht, in die Nähe eines Prostitutionsbetriebs zu geraten. Nach der Lebenserfahrung sei davon auszugehen , dass sich beim Betrieb einer heilgymnastischen und rehabilitativen Praxis die Kundschaft zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz aus älteren Personen und aus Kindern zusammensetze. Es sei überaus nachvollziehbar, dass gerade ältere Kunden, die in der Regel den Wertewandel seltener mittrügen , fürchteten, irrtümlich für Kunden des Massageinstituts gehalten zu werden. Ebenso sei davon auszugehen, dass auch Eltern aus Gesichtspunkten des Jugendschutzes jegliche Möglichkeit einer für ihre Kinder kompromittierende Situation ausschließen möchten. Im Hinblick darauf, dass zahlreiche alternative Möglichkeiten des Besuchs einer heilgymnastischen und rehabilitativen Praxis bestünden, liege es auf der Hand, dass der Betrieb der Beklagten unmittelbar eine nicht unbeachtliche Beeinträchtigung erleide, die mit 30% zu bewerten seien.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat wesentlichen Parteivortrag und Beweisangebote des Klägers nicht berücksichtigt und damit seine Entscheidung unter Verletzung des Verfahrensrechts getroffen. Zudem hat das Berufungsgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den konkreten tatsächlichen Auswirkungen des Betriebs des Massageinstituts "R. " auf den Mietgebrauch der Beklagten getroffen. Damit fehlt es auch an einer tragfähigen Grundlage für die tatrichterliche Beurteilung, ob ein nicht unerheblicher Mangel der Mietsache i. S. v. § 536 Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB vorliegt.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht hat, wie der Kläger zu Recht rügt, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise dadurch verletzt, dass es dem Sachvortrag des Klägers und des Streithelfers zu den im Massageinstitut "R. " angebotenen Dienstleistungen und den hierzu angebotenen Beweisen nicht nachgegangen ist.
- 14
- a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung eines Mangels der Mietsache entscheidend darauf abgestellt, dass es sich bei dem Massageinstitut "R. " um einen bordellartigen Betrieb handele, ohne in den Urteilsgründen darzulegen, auf welchen Feststellungen diese Annahme beruht. Mit dem umfassenden und unter Beweis gestellten Vorbringen des Klägers und des Streithelfers zu den in dem Massageinstitut angebotenen Leistungen hat es sich nicht auseinandergesetzt. Beide haben behauptet, dass in dem Institut tantrisch-bioenergetische Massagen ohne sexuellen Hintergrund durchgeführt würden, der Streithelfer ausgebildeter Tantralehrer, Massagetherapeut sowie diplomierter Gesundheits- und Ernährungsberater sei und für den Betrieb des Massageinstituts eine behördliche Erlaubnis vorliege. Diesen ausreichend substantiierten Sachvortrag durfte das Berufungsgericht nicht unberücksichtigt lassen.
- 15
- b) Zwar hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf der Grundlage der erstinstanzlich getroffenen Feststellungen zu treffen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und ist daher nicht stets zur Durchführung einer Beweisaufnahme verpflichtet. Kommt es indes aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts für die Beurteilung des Streitfalles auf Tatsachen an, die in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt worden sind, dann bestehen Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten (BGHZ 158, 295 = NJW 2004, 2152, 2155).
- 16
- c) So liegen die Dinge hier. Das Amtsgericht ist bei seiner Entscheidung von dem Vorbringen der Beklagten, bei dem Massageinstitut "R. " handele es sich um einen Bordellbetrieb, ausgegangen und hat unter Berücksichtigung der von den Beklagten behaupteten Auswirkungen auf ihre Praxis einen Mietmangel verneint. Daher konnte es von der Erhebung der vom Kläger angebotenen Beweise absehen. Das Berufungsgericht hat dagegen gerade mit der Annahme, bei dem Massageinstitut "R. " handele es sich um einen bordellartigen Betrieb, der allein aufgrund seines Vorhandenseins in dem Gebäude zu Beeinträchtigungen des Praxisbetriebs der Beklagten führe, das Vorliegen eines Mietmangels begründet. Da der Kläger die entsprechenden Behauptungen der Beklagten jedoch substantiiert bestritten hat, durfte das Berufungsgericht nicht von der Durchführung einer Beweisaufnahme absehen.
- 17
- d) Das angefochtene Urteil beruht auch auf dieser Gehörsverletzung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem abweichenden Ergebnis gelangt wäre, wenn es die vom Beklagten und Streithelfer angebotenen Beweise erhoben hätte.
- 18
- 2. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, die Mietsache sei mit einem Mangel behaftet, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat den Begriff des Mangels verkannt, wenn es einen solchen allein in der Vermietung der Räume zum Betrieb des Massageinstituts "R. " sieht.
- 19
- a) Unter einem Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Fehler in Betracht kommen können. Erforderlich ist allerdings, um Ausuferungen des Fehlerbegriffs zu vermeiden, stets eine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit bzw. eine unmittelbare Einwirkung auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berühren, nicht als Mängel zu qualifizieren sind (Senatsurteile vom 15. Oktober 2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 664 Rn. 34; vom 21. September 2006 - XII ZR 66/03 - NJW 2006, 899, 900 und vom 16. Februar 2000 - XII ZR 279/97 - NJW 2000, 1714, 1715).
- 20
- Welche Soll-Beschaffenheit eine Mietsache aufzuweisen hat, bestimmt sich in erster Linie nach der Parteivereinbarung. Die Vertragsparteien bestimmen durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs, welchen Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter und von da ab während der gesamten Vertragsdauer aufweisen muss. Ist keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen , muss anhand von Auslegungsregeln (§§ 133, 157, 242 BGB) geprüft werden , was der Vermieter schuldet. Dabei ist die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe heranzuziehen (Senatsurteil vom 7. Juni 2006 - XII ZR 34/04 - NJW-RR 2006, 1157 Rn. 13).
- 21
- Deshalb hat ein Mieter ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in der Regel keinen Anspruch gegen den Vermieter, einen bestimmten "Mietermix" oder ein bestimmtes "Milieuniveau" zu bewahren (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 664 Rn. 26 f.). Da den Vermieter von Gewerberäumen jedoch auch ohne besondere Vereinbarung die vertragliche Verpflichtung trifft, den Mieter vor Störungen des vertragsgemäßen Gebrauchs zu schützen (vgl. hierzu Emmerich in Emmerich/Sonnenschein Miete 10. Aufl. § 535 BGB Rn. 11; MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 535 Rn. 132), muss er bei der Vermietung von weiteren Räumlichkeiten in derselben Gewerbeeinheit dafür Sorge tragen, dass der Mieter durch die Geschäftstätigkeit der Mitmieter nicht mehr als nur unerheblich in der Nutzung der von ihm angemieteten Gewerberäume beeinträchtigt wird. Daraus folgt, dass ohne eine konkrete Vereinbarung über einen bestimmten "Mietermix", allein aus der Vermietung weiterer Räume in dem Mietobjekt an einen Gewerbebetrieb, von dem die abstrakte Gefahr ausgeht, dass andere Mieter im Gebrauch der Mietsache Beeinträchtigungen erfahren, nicht auf einem Mangel i. S. v. § 536 Abs. 1 BGB geschlossen werden kann. Erst wenn bei einem Mieter eine konkrete und mehr als nur unerhebliche (vgl. § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB) Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache eintritt, liegt ein Mangel der Mietsache vor, der gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Minderung der Miete führt.
- 22
- b) Die Beurteilung, ob eine Abweichung der Mietsache von der vereinbarten Sollbeschaffenheit den vertragsgemäßen Mietgebrauch mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt und welche Minderung des Mietzinses ein solcher Mangel gegebenenfalls rechtfertigt, obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Das Revisionsgericht hat jedoch zu prüfen, ob der Tatrichter die Sollbeschaffenheit zutreffend beurteilt hat, den Begriff des Mangels nicht verkannt hat und auf entsprechende Rüge hin auch, ob seiner Beurteilung verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen zugrunde liegen (Senatsurteil vom 15. Oktober 2008 - XII ZR 1/07 - NJW 2009, 664 Rn. 13).
- 23
- c) Gemessen an diesen Voraussetzungen hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, dass die von den Beklagten angemieteten Räumlichkeiten aufgrund des Betriebs des Massageinstituts "R. " mit einem Mangel behaftet seien.
- 24
- Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass äußere Einwirkungen auf eine Mietsache nur dann zu einem Mangel i. S. v. § 536 Abs. 1 BGB führen, wenn sie sich unmittelbar auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache auswirken. Es hat jedoch keine ausreichenden Feststellungen zu den konkreten Auswirkungen des Betriebs des Massageinstitut "R. " auf die Praxistätigkeit der Beklagten getroffen. Das Berufungsgericht hat sich vielmehr darauf beschränkt, aus abstrakten Gefahren, die sich aus der Vermietung von Räumlichkeiten an einen Prostitutionsbetrieb für andere Mieter in dem Ge- bäude ergeben können, auf eine unmittelbare Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der Beklagten zu schließen.
- 25
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung einer unmittelbaren Beeinträchtigung des Praxisbetriebs der Beklagten zunächst allgemein auf die Schaffung von Sperrbezirksverordnungen verwiesen und hierzu ausgeführt, dass das Verbot von Prostitutionsbetrieben in innerstädtischen Bereichen zeige, dass derartige Betriebe als potentiell störend und jugendgefährdend angesehen würden , ungeachtet dessen, ob sich Beeinträchtigungen konkret ereignet haben. Diese Erwägung trägt die Annahme einer konkreten Beeinträchtigung des Mietgebrauchs der Beklagten bereits deshalb nicht, weil das Massageinstitut "R. " nach den getroffenen Feststellungen gerade in dem von der Sperrbezirksverordnung der Stadt W. nicht ausgenommenen Bereich liegt, aber trotzdem - jedenfalls nach dem Vortrag des Klägers - über eine behördliche Erlaubnis für seine Geschäftstätigkeit verfügt. Im Übrigen kann aus dem Zweck der abstrakt-generellen Regelung einer Sperrbezirksverordnung, die in bestimmten städtischen Bereichen zum Schutz öffentlicher Belange Prostitutionsbetriebe verbietet, ohne weitere Feststellungen nicht auf eine konkrete Beeinträchtigung des Mietgebrauchs eines gewerblichen Mieters in demselben Gebäude geschlossen werden, in dem sich - möglicherweise unter Verstoß gegen eine Sperrbezirksverordnung - ein Prostitutionsbetrieb befindet.
- 26
- Unzutreffend nimmt das Berufungsgericht auch an, dass es für die Feststellung einer konkreten Beeinträchtigung des Mietgebrauchs nicht darauf ankomme , ob sich eine Verwechslung der Türen bereits ereignet habe oder noch bevorstehe. Die Beklagten wären nur dann im Gebrauch der von ihnen angemieteten Praxisräume konkret beeinträchtigt, wenn es tatsächlich zu entspre- chenden Verwechslungen gekommen wäre und dies dazu geführt hätte, dass Patienten der Praxis der Beklagten ferngeblieben wären. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
- 27
- Schließlich bieten auch die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts keine tragfähige Grundlage, um einen Mangel der Mietsache zu begründen. Dies gilt insbesondere für die Annahme, nach der Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass gerade ältere Menschen aufgrund der Gefahr, mit Kunden des Massageinstituts "R. " verwechselt zu werden, der Praxis fernbleiben würden und auch Eltern aus Gesichtspunkten des Jugendschutzes und um jede Möglichkeit einer für ihre Kinder kompromittierenden Situation zu vermeiden , nicht mehr die Praxis der Beklagten besuchen würden. Auch mit diesen Überlegungen hat das Berufungsgericht keine unmittelbare Beeinträchtigung des Praxisbetriebs der Beklagten festgestellt, sondern sich darauf beschränkt, aus den abstrakten Gefahren und Begleiterscheinungen, die sich durch die Vermietung von Räumlichkeiten zum Betrieb eines Bordells ergeben können, auf einen Mangel der Mietsache zu schließen. Dass tatsächlich Patienten der Beklagten wegen des Massageinstituts "R. " ihrer Praxis ferngeblieben sind, ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen nicht.
- 28
- 3. Das Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Es ist nach §§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Da weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind, ist der Senat daran gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen; dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Vorinstanzen:
AG Wiesbaden, Entscheidung vom 28.01.2008 - 93 C 2524/07-77 -
LG Wiesbaden, Entscheidung vom 03.11.2011 - 5 S 8/08 -
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Annotations
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(1a) Für die Dauer von drei Monaten bleibt eine Minderung der Tauglichkeit außer Betracht, soweit diese auf Grund einer Maßnahme eintritt, die einer energetischen Modernisierung nach § 555b Nummer 1 dient.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.