Bundesgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2007 - X ZR 156/02

bei uns veröffentlicht am30.01.2007
vorgehend
Bundespatentgericht, 2 Ni 42/00, 27.02.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 156/02 Verkündet am:
30. Januar 2007
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
rückspülbareFilterkerze
IntPatÜG Art. II § 6, EPÜ Art. 138, PatG §§ 22, 117

a) Eine neue eingeschränkte Verteidigung wird von der Bestimmung des § 117
Abs. 1 PatG, die die Geltendmachung neuer Tatsachen und Beweismittel im
Nichtigkeitsberufungsverfahren einschränkt, nicht erfasst (Bestätigung des
Senatsurteils vom 21.03.1995 - X ZR 111/92 - Ballenformvorrichtung, bei
Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, BGH 1994 - 1998,
250).

b) Dass ein Rechtsschutzbedürfnis für einen bestimmten Patentanspruch des
Streitpatents nicht besteht, ist als Nichtigkeitsgrund gesetzlich nicht vorgesehen.
BGH, Urt. v. 30. Januar 2007 - X ZR 156/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 30. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 27. Februar 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 2. Mai 1985 angemeldeten, auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten, inzwischen infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschenen europäischen Patents 0 203 206 (Streitpatents), das eine rückspülbare Filterkerze für Anschwemm -Kerzenfilter betrifft und 10 Patentansprüche umfasst. Die Beklagte hat beide Klägerinnen aus dem Streitpatent gerichtlich in Anspruch genommen; das Verfahren gegen die Klägerin K. AG ist vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 2 U 119/00 anhängig , das gegen die Klägerin P. GmbH ebenfalls vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 2 U 95/01. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 10 des erteilten Patents lauten in der Verfahrenssprache Deutsch: "1. Rückspülbare Filterkerze für Anschwemmkerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen, bei dem ein Filterkessel durch eine horizontale Trennwand in einen oberen Filtratraum und einen unteren Unfiltratraum unterteilt ist und die Filterkerzen an der Trennwand aufgehängt und befestigt sind und in den unter der Trennwand befindlichen Unfiltratraum hineinragen, mit einem oberen Anschlussstück zur Aufhängung und Befestigung der Filterkerze an der Trennwand, das mit einem durch dasselbe hindurchlaufenden Abflusskanal zur Abführung von Filtrat aus dem Filterkerzeninnenraum in den Filtratraum versehen ist, einer im Bereich ihres oberen Endes mit dem Anschlussstück verbundenen, im wesentlichen rohrartigen und zumindest an ihrer Außenseite im wesentlichen zylinderförmigen , selbsttragenden Kerzenwand, deren Außenseite als Tragorgan für eine mindestens zum Teil von Filterhilfsmittel gebildete, die Filtrierung übernehmende Anschwemmschicht vorgesehen ist, und einem im Bereich des unteren Endes der Kerzenwand an derselben angebrachten Verschlussstück zur Abtrennung des Filterkerzeninnenraumes vom Unfiltratraum, dadurch gekennzeichnet, dass die Kerzenwand (8) von einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Kerzenlängsrichtung verlaufenden , im gleichen Abstand von der Kerzenachse (13) und im gleichen Winkelabstand voneinander angeordneten Tragstäben (14) und ei- nem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16) gebildet ist, dessen Querschnitt an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Kerzeninnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Kerzeninnern (4) zu erweiternder Spalt (18) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) vorgesehen ist, und dass die Kerzenwand (8) dadurch mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist, dass das obere Anschlussstück (1) mit den Tragstäben (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand (8) verschweißt ist. 10. Verwendung eines Spaltrohres mit einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Rohrlängsrichtung verlaufenden, im gleichen Abstand von der Rohrachse (13) und im gleichen Winkelabstand voneinander angeordneten Tragstäben (14) und einem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst (12) aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16), dessen Querschnitt an der Rohraußenseite (7) eine mindestens annähernd in Rohrlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Rohrinnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Rohrinnern (4) zu erweiternder Spalt (18) vorgesehen ist, als selbsttragende Kerzenwand (8) für eine für Anschwemm-Kerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen vorgesehene Filterkerze."
2
Wegen der Patentanspruch 1 nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 9 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerinnen haben mit ihren vom Bundespatentgericht zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Klagen unter Nennung zahlreicher Entgegenhaltungen , darunter der US-Patentschriften 2 046 458 (Johnson, NK4; 1936) und 3 253 714 (Quinlan, NK5; 1966), der deutschen Offenlegungsschrift 33 15 217 (NK14), des Prospekts "Johnson Screens for Water and Waste Treatment" (NK15; 1975) und eines Katalogs "TRISLOT® Spaltrohre der BEKAERT Deutschland GmbH" (NK19; 1980), geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei; weiterhin sind Vorbenutungen durch die N. Deutschland GmbH auf der Ausstellung ACHEMA 1976 und durch ein Angebot an die E. AG geltend gemacht worden. Die Beklagte ist dem entgegengetreten ; sie hat das Streitpatent hilfsweise mit zwei eingeschränkten Anspruchssätzen verteidigt. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig erklärt.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Hilfsweise verteidigt sie nunmehr das Streitpatent in mit folgender Fassung des Patentanspruchs 1, die aus den Patentansprüchen 1 und 2 des erteilten Patents unter Hinzufügung eines weiteren Merkmals (Änderungen nachfolgend kursiv) gebildet ist (Hilfsantrag 1), wobei sich Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 nur durch das fett gesetzte zusätzliche Wort unterscheidet, an den sich nach den Hilfsanträgen 1 und 2 unter Streichung des Patentanspruchs 10 die Patentansprüche 3 bis 9 des erteilten Patents unter entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen sollen: "1. Rückspülbare Filterkerze für Anschwemmkerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen, bei dem ein Filterkessel durch eine horizontale Trennwand (2) in einen oberen Filtratraum (5) und einen unteren Unfiltratraum (11) unterteilt ist, und die Filterkerzen an der Trennwand (2) aufgehängt und befestigt sind und in den unter der Trennwand (2) befindlichen Unfiltratraum (11) hineinragen, mit einem oberen Anschlussstück (1) zur Aufhängung und Befestigung der Filterkerze an der Trennwand, das mit einem durch dasselbe hindurchlaufenden Abflusskanal (3) zur Abführung von Filtrat aus dem Filterkerzeninnenraum (4) in den Filtratraum (5) versehen ist, einer im Bereich ihres oberen Endes mit dem Anschlussstück (1) verbundenen, im wesentlichen rohrartigen und zumindest an ihrer Außenseite im wesentlichen zylinderförmigen, selbsttragenden Kerzenwand (8), deren Außenseite als Tragorgan für eine mindestens zum Teil von Filterhilfsmittel gebildete, die Filtrierung übernehmende Anschwemmschicht vorgesehen ist, und einem im Bereich des unteren Endes (9) der Kerzenwand (8) an derselben angebrachten Verschluss- stück zur Abtrennung des Filterkerzeninnenraums (4) vom Unfiltratraum (11), dadurch gekennzeichnet, dass die Kerzenwand (8) von einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Kerzenlängsrichtung verlaufenden , im gleichen Abstand von der Kerzenachse (13) und im gleichen Winkelabstand von einander angeordneten Tragstäben (14) und einem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16) gebildet ist, dessen Querschnitt an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Kerzeninnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Kerzeninnern (4) zu erweiternder Spalt (18) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) vorgesehen ist, dass die Kerzenwand (8) dadurch mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand (8) verschweißt ist, dass das untere Ende (21) des oberen Anschlussstückes (1) mit den oberen Enden (20) der Tragstäbe (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand verschweißt ist, und dass eine Rohrmuffe (26) vorgesehen ist, die mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist und die einen abgedrehten oberen Bereich (25) der Kerzenwand (8) abdeckt."
5
Mit ihrem Hilfsantrag 3 verteidigt die Beklagte Patentanspruch 1 im Oberbegriff wie nach Hilfsantrag 1 und im Kennzeichen mit folgender Fassung (wobei die sachlichen Abweichungen von Patentanspruch 1 in der Fassung des erteilten Patents kursiv gesetzt sind), an den sich die Patentansprüche 4 bis 9 des erteilten Patents unter entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen sollen: "dadurch gekennzeichnet, dass die Kerzenwand (8) von einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Kerzenlängsrichtung verlaufenden, im gleichen Abstand von der Kerzenachse (13) und im gleichen Winkelabstand von einander angeordneten Tragstäben (14) und einem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16) gebildet ist, dessen Querschnitt an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Kerzeninnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Kerzeninnern (4) zu erweiternder Spalt (18) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) vorgesehen ist, und dass die Kerzenwand (8) dadurch mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand (8) verschweißt ist, und dass eine Rohrmuffe (26) vorgesehen ist, die mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist und die einen abgedrehten oberen Bereich (25) der Kerzenwand (8) abdeckt, und dass die Rohrmuffe (26) durch eine Klebstoffschicht (27) mit einer zum oberen Abschlussstück (1) gehörenden Mutter (28) verbunden ist."
6
Mit Hilfsantrag 4 verteidigt die Beklagte Patentanspruch 1 im Oberbegriff wie nach Hilfsantrag 1 und im Kennzeichen mit folgender Fassung (wobei die sachlichen Abweichungen von Patentanspruch 1 in der Fassung des erteilten Patents kursiv gesetzt sind), an den sich die Patentansprüche 4 und 6 bis 9 des erteilten Patents unter entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen sollen: "dadurch gekennzeichnet, dass die Kerzenwand (8) von einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Kerzenlängsrichtung verlaufenden, im gleichen Abstand von der Kerzenachse (13) und im gleichen Winkelabstand von einander angeordneten Tragstäben (14) und einem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16) gebildet ist, dessen Querschnitt an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Kerzeninnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Kerzeninnern (4) zu erweiternder Spalt (18) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) vorgesehen ist, und dass die Kerzenwand (8) dadurch mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand (8) verschweißt ist, dass das untere Ende (21) des oberen Anschlussstückes (1) von einem ersten Ringbuckel (22) gebildet ist, dessen Durchmesser dem Doppelten des Abstandes der Tragstäbe (14) von der Kerzenachse (13) entspricht, wobei die oberen Enden der Tragstäbe (14) mit dem ersten Ringbuckel (22) verschweißt sind; dass eine Rohrmuffe vorgesehen ist, die mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist und die einen oberen abgedrehten Bereich (25) der Kerzenwand (8) abdeckt, dass das untere Verschlussstück (10) mit einem zweiten Ringbuckel (32) mit einem dem Doppelten des Abstandes der Tragstäbe (14) von der Kerzenachse (13) entsprechenden Durchmesser versehen ist, wobei die unteren Enden der Tragstäbe (14) mit dem zweiten Ringbuckel (12) des unteren Verschlussstücks (10) verschweißt sind, und dass das untere Verschlussstück (10) einen Vorsprung (30) aufweist, der einen unteren abgedrehten Bereich (29) der Kerzenwand (8) abdeckt."
7
Mit Hilfsantrag 5 verteidigt die Beklagte Patentanspruch 1 im Oberbegriff wie nach Hilfsantrag 1 und im Kennzeichen mit folgender Fassung (wobei die sachlichen Abweichungen von Patentanspruch 1 in der Fassung des erteilten Patents kursiv gesetzt sind), an den sich die Patentansprüche 4 und 6 bis 9 des erteilten Patents unter entsprechend geänderter Rückbeziehung anschließen sollen: "dadurch gekennzeichnet, dass die Kerzenwand (8) von einem Traggerüst (12) aus einer Vielzahl von in Kerzenlängsrichtung verlaufenden, im gleichen Abstand von der Kerzenachse (13) und im gleichen Winkelabstand von einander angeordneten Tragstäben (14) und einem im wesentlichen schraubenlinienförmig auf das Traggerüst aufgebrachten und an jeder Berührungsstelle (15) mit einem Tragstab (14) mit demselben verschweißten Draht (16) gebildet ist, dessen Querschnitt an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist und sich nach dem Kerzeninnern (4) zu verjüngt und zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen (17) ein sich nach dem Kerzeninnern (4) zu erweiternder Spalt (18) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite (7) der Kerzenwand (8) vorgesehen ist, und dass die Kerzenwand (8) dadurch mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben (14) des Traggerüstes (12) der Kerzenwand (8) verschweißt ist, dass das untere Ende (21) des oberen Anschlussstückes (1) von einem ersten Ringbuckel (22) gebildet ist, dessen Durchmesser dem Doppelten des Abstandes der Tragstäbe (14) von der Kerzenachse (13) entspricht, wobei die oberen Enden der Tragstäbe (14) mit dem ersten Ringbuckel (22) verschweißt sind; dass eine Rohrmuffe vorgesehen ist, die mit dem oberen Anschlussstück (1) verbunden ist und die einen oberen abgedrehten Bereich (25) der Kerzenwand (8) abdeckt, dass das untere Verschlussstück (10) mit einem zweiten Ringbuckel (32) mit einem dem Doppelten des Abstandes der Tragstäbe (14) von der Kerzenachse (13) entsprechenden Durchmesser versehen ist, wobei die unteren Enden der Tragstäbe (14) mit dem zweiten Ringbuckel (12) des unteren Verschlussstücks (10) verschweißt sind, dass das untere Verschlussstück (10) einen Vorsprung (30) aufweist, der einen unteren abgedrehten Bereich (29) der Kerzenwand (8) abdeckt, und dass das obere Anschlussstück (1) ein Tragrohr (33) umfasst, in welches ein Spritzrohr (37) eingesetzt ist, dessen unteres Ende vom unteren Verschlussstück (10) beabstandet ist, mit dem während des Rückspülvorgangs Rückspülflüssigkeit an die Innenseite der Kerzenwand (8) spritzbar ist, und das während des Filtriervorganges als Abflusskanal (3) dient."
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Die Klägerinnen treten dem Rechtsmittel entgegen; sie halten auch die hilfsweise verteidigten Fassungen des Streitpatents nicht für schutzfähig.
9
Im Auftrag des Senats hat Professor Dipl.-Ing. G. V.
ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Berufungsklägerin hat ein Parteigutachten von Prof. Dr. R. , die Berufungsbeklagten haben ein Parteigutachten von Prof. Dr.-Ing. M. eingereicht.

Entscheidungsgründe:


10
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
11
I. Die Nichtigkeitsklagen sind auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents weiterhin zulässig, weil die von der Beklagten als Patentverletzerinnen in Anspruch genommenen Klägerinnen ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang haben (st. Rspr.; vgl. Sen.Urt. v. 19.05.2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749 - Aufzeichnungsträger ; v. 15.11.2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316 - Koksofentür; zuletzt Sen.Urt. v. 12.12.2006 - X ZR 131/02 - Schussfädentransport, zur Veröffentlichung vorgesehen).
12
II. Die Beklagte kann das Streitpatent auch mit den eingeschränkten Anspruchsfassungen der Hilfsanträge verteidigen.
13
1. Dass diese Hilfsanträge erst nach Erlass des Beweisbeschlusses durch den Senat und in ihrer geltenden Fassung erst wenige Tage vor dem Verhandlungstermin eingereicht worden sind, steht dem nicht entgegen, denn der Patentinhaber kann nach geltender Rechtslage eine beschränkte Verteidigung des Streitpatents im Nichtigkeitsverfahren grundsätzlich jederzeit erklären und auch jederzeit wieder ändern. Auf § 117 PatG kann eine Zurückweisung entgegen der Ansicht der Klägerin K. schon AG deshalb nicht gestützt werden, weil eine neue eingeschränkte Verteidigung von dieser Bestimmung, die die Geltendmachung neuer Tatsachen und Beweismittel im Nichtigkeitsberufungsverfahren einschränkt, nicht erfasst wird (vgl. Sen.Urt. v. 21.03.1995 - X ZR 111/92, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, BGH 1994-1998, 250 - Ballenformvorrichtung; Rogge in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, Rdn. 1 zu § 117 PatG).
14
2. a) Die Zweifel, die die Nichtigkeitsklägerinnen an der Offenbarung einer beliebigen Verbindung der Rohrmuffe mit dem Anschlussstück nach Hilfsantrag 2 äußern, sind nicht gerechtfertigt. Wie auch die Nichtigkeitsklägerinnen einräumen, ist eine Klebeverbindung ursprünglich offenbart (ursprüngliche Unterlagen S. 34). Damit war aber auch das Prinzip einer Verbindung offenbart. Die Berufungsklägerin war nicht gehalten, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in ihre beschränkte Verteidigung aufzunehmen (st. Rspr.; zuletzt Sen.Urt. v. 12.07.2006 - X ZR 160/02). Ein Verstoß gegen das Erweiterungsverbot des Art. 123 Abs. 2 EPÜ liegt schon deshalb nicht vor, weil der eingeschränkte Patentanspruch nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, die eine Einschränkung im Sinn einer näheren Umschreibung der Verbindung nicht vorsah.
15
b) Entsprechendes gilt für die Bedenken der Nichtigkeitsklägerinnen gegen Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5. Dass das Tragrohr 33 in die Trennwand eingesetzt ist, ist in den ursprünglichen Unterlagen in Fig. 1 der Zeichnungen offenbart (Bezugszeichen 33). Die Zeichnungen sind ein der Beschreibung gleichwertiges Offenbarungsmittel (vgl. nur Schäfers in Benkard, EPÜ, 2002, Art. 83 Rdn. 22; Keukenschrijver in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, § 3 PatG Rdn. 119 f.; EPA T 169/83, ABl. EPA 1985, 193 - Wandelement; Teschemacher in Münchner Gemeinschaftskommentar zum EPÜ, Art. 83 Rdn. 28, 31 f.) und können deshalb auch Grundlage für die Aufnahme einschränkender Merkmale sein. Auch die Beabstandung des unteren Endes des Spitzrohrs vom Verschlussstück ergibt sich deutlich aus Fig. 1.
16
III. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist in seiner erteilten Fassung nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52 ff. EPÜ).
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1. Das Streitpatent betrifft nach diesem Patentanspruch eine rückspülbare Filterkerze für Anschwemm-Kerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen. Derartige Filterkerzen dienen zum Herausfiltrieren von Feststoffbeimen- gungen aus Flüssigkeiten, z.B. von Trübstoffen bei der Getränkeherstellung, insbesondere bei der Bierfiltration im Anschluss an das Bierbrauen. Nach den Angaben der Berufungsklägerin wurden in der Zeit vor Anmeldung des Streitpatents in erster Linie Horizontalfilter eingesetzt; der Anteil von Kerzenfiltern sei marginal gewesen, was sich nach der Anmeldung des Streitpatents aber sprunghaft verändert habe. Bei Anschwemm-Kerzenfiltern der vom Streitpatent erfassten Art sind Filterkerzen meist vertikal in die Trennwand des Filterapparats eingebaut; die Trennwand trennt dabei den Unfiltratraum (Trübflüssigkeitsraum ) vom Filtratraum (Klarflüssigkeitsraum). Die zu filtrierende Flüssigkeit strömt vom Einlassstutzen im Unfiltratraum zum Auslassstutzen im Filtratraum und passiert dabei die Filterkerzen. Dabei bildet sich im Betrieb jedenfalls im Allgemeinen eine Anschwemmschicht aus gezielt zudosiertem Filterhilfsmittel (z.B. Kieselgur/Diatomeenerde, d.h. amorphes Siliciumdioxid, SiO2) und aufgelagerten Trübepartikeln, deren Gesamtporosität den Filtrationseffekt bestimmt. Durch Beaufschlagung mit einem Reinigungsfluid (insbesondere Wasser) in umgekehrter Richtung sind die Anschwemm-Kerzenfilter rückspülbar. Die Anschwemmschicht wird durch das Rückspülen abgelöst und kann durch Stutzen abgeschlämmt werden (vgl. Gutachten Prof. Dipl.-Ing. G. V. S. 1/2 mit Bild

1).


18
Die Beschreibung des Streitpatents bezeichnet Filterkerzen für Anschwemm -Kerzenfilter z.B. aus der deutschen Patentschrift 19 64 313, der USPatentschrift 4 288 330 und der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 0 032 228 als bekannt, wobei sich die Filterkerze nach der deutschen Patentschrift 19 64 313 habe durchsetzen können, obwohl deren Herstellung einen relativ hohen Aufwand erfordere und sie auch stoßempfindlich sei (Beschr. Sp. 1 Z. 26-45). Bei dieser Filterkerze bestehe die Kerzenwand aus einem zu einem Rohr gebogenen und mit einer Längsnaht verschweißten Lochblech mit verhältnismäßig großen Löchern als tragendem Teil und einer Lage verhältnismäßig dünnen Drahts, der auf das Lochblech aufgewickelt und mit diesem durch Lötung oder Schweißung verbunden sei, wobei die Drahtlage das eigentliche Tragorgan für die Anschwemmschicht bilde. Die durchlässigen Stellen würden dabei von den Spalten zwischen den einzelnen Windungen der Drahtlage gebildet. Verlötung oder Verschweißung des Drahts auf das Lochblech seien aufwendig, weil bestimmte Vorgaben bezüglich des Drahts, seines Verlötens oder Verschweißens und der Spaltbreite beachtet werden müssten, was zu hohen Herstellungskosten führe. Die Stoßempfindlichkeit rühre von der geringen Drahtstärke her (Beschr. Sp. 1 Z. 46 - Sp. 3 Z. 31). Auch seien in der deutschen Patentschrift 19 64 313 schon Kerzenkonstruktionen mit einer Kerzenwand aus einer Schraubenfeder mit einem verhältnismäßig starken Federdraht in Erwägung gezogen worden, bei der die Federwindungen im ungespannten Zustand der Feder aneinanderlägen und die in etwas gespanntem Zustand in die Filterkerze eingebaut würden, wodurch sich enge Spalten und damit durchlässige Stellen der Kerzenwand bildeten. Dies erfordere zwar nur geringen Herstellungsaufwand, beeinträchtige aber infolge großer Oberflächenwelligkeit die Funktion (Beschr. Sp. 3 Z. 41 - Sp. 4 Z. 57).
19
Die Beschreibung des Streitpatents verweist weiter darauf, dass bei Versuchen , die Filterkerzen zu verbessern, lediglich Kerzenkonstruktionen mit einer rohrförmigen selbsttragenden, mit Flüssigkeitsdurchtritten versehenen Kerzenwand als geeignet angesehen worden seien, was zur Lösung nach der deutschen Patentschrift 19 64 313 geführt habe. Produktionsverfahren zur Herstellung dieser Kerze mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand seien aber nicht gefunden worden. Bei geringeren Wandstärken seien zudem Probleme mit dem Stumpfverschweißen aufgetreten. Zwar habe sich mit Laserstrahlbohrung eine Filterkerze, die ausgezeichnete Ergebnisse gebracht habe, herstellen lassen (US-Patentschrift 4 288 330), der erforderliche Aufwand habe angesichts einer erforderlichen Zahl von rund einer Million Öffnungen aber auch damit nicht in vertretbarem Rahmen gehalten werden können (Beschr. Sp. 4-7).
20
Weitere Versuche seien mit dem Ziel unternommen worden, durch Verwendung von porösen Materialien für die Kerzenwand auf die Einbringung von Öffnungen in Vollmaterial ganz zu verzichten. Trotz bestehender Vorbehalte, dass solche Materialien im Filterbetrieb zu Verstopfungen neigten, habe sich überraschenderweise ergeben, dass bestimmte Rohre aus aneinander gesinterten Partikeln aus Polyäthylen hervorragend als selbsttragende Filterwand geeignet seien. Im praktischen Betrieb habe sich aber herausgestellt, dass bei einigen Filterkerzen die Kerzenwand aus dem Endstück herausgebrochen oder unter diesem abgebrochen sei, weil Wechselbelastungen zu Ermüdungserscheinungen geführt hätten (Beschr. Sp. 7 Z. 10 - Sp. 8 Z. 32).
21
2. Durch das Streitpatent soll eine Filterkerze zur Verfügung gestellt werden , die den bekannten filtrationstechnisch zumindest ebenbürtig, praktisch nicht stoßempfindlich ist und sich mit geringem technischem Aufwand und geringen Produktionskosten herstellen lässt (vgl. die Angabe der Aufgabe Beschr. Sp. 9 Z. 33-56).
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3. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 des Streitpatents eine rückspülbare Filterkerze für Anschwemmkerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen, bei dem ein Filterkessel durch eine horizontale Trennwand in einen oberen Filtratraum und einen unteren Unfiltratraum unterteilt ist und die Filterkerzen an der Trennwand aufgehängt und befestigt sind und in den unter der Trennwand befindlichen Unfiltratraum hineinragen, mit (1) einem oberen Anschlussstück zur Aufhängung und Befestigung der Filterkerze an der Trennwand, (2) einem Abflusskanal zur Abführung von Filtrat aus dem Filterkerzeninnenraum in den Filtratraum, (2.1) der durch das Anschlussstück hindurchläuft, (3) einer Kerzenwand, die (3.1) im Bereich ihres oberen Endes mit dem (oberen) Anschlussstück verbunden ist, (3.1.1) dadurch, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben des Traggerüsts der Kerzenwand (Merkmalsgruppe 3.6.1) verschweißt ist, (3.2) im Wesentlichen rohrartig ist, (3.3) zumindest an ihrer Außenseite im Wesentlichen zylinderförmig (3.4) und selbsttragend ist, (3.5) deren Außenseite als Tragorgan für eine mindestens zum Teil von Filterhilfsmittel gebildete, die Filtrierung übernehmende Anschwemmschicht vorgesehen ist, (3.6) und die von einem Traggerüst, (3.6.1) das aus einer Vielzahl von Tragstäben besteht, (3.6.1.1) die in Kerzenlängsrichtung verlaufen, (3.6.1.2) im gleichen Abstand von der Kerzenachse (3.6.1.3) und im gleichen Winkelabstand voneinander angeordnet sind, (3.7) und einem Draht gebildet wird, (3.7.1) der auf das Traggerüst aufgebracht ist (3.7.1.1) im Wesentlichen schraubenlinienförmig (3.7.2) und an jeder Berührungsstelle mit einem Tragstab mit diesem verschweißt ist, (3.7.3) dessen Querschnitt (3.7.3.1) an der Außenseite der Kerzenwand eine mindestens annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende, im Wesentlichen geradlinige Begrenzung aufweist (3.7.3.2) und sich nach dem Kerzeninnern zu verjüngt, und (3.7.4) zwischen dessen jeweils benachbarten Windungen ein Spalt vorgesehen ist, (3.7.4.1) mit einer Spaltbreite von weniger als 250 µm an der Außenseite der Kerzenwand, (3.7.4.2) der sich nach dem Kerzeninnern zu erweitert, (4) einem Verschlussstück, (4.1) das im Bereich des unteren Endes der Kerzenwand an dieser angebracht ist (4.2) und zur Abtrennung des Filterkerzeninnenraums vom Unfiltratraum dient.
23
Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 und 2 fügt folgende Merkmale hinzu: (3.1.1.1) und zwar mit deren oberen Enden, (3.1.2) wobei eine Rohrmuffe (26) vorgesehen ist, (3.1.2.1) die mit dem oberen Anschlussstück verbunden ist und (3.1.2.2) die einen (nur Hilfsantrag 2 und Hilfsantrag 3: abgedrehten) oberen Bereich der Kerzenwand abdeckt.
24
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 fügt neben der Merkmalsgruppe (3.1.2) wie nach Hilfsantrag 2 noch folgendes Merkmal hinzu: (3.1.2.1.1) die Verbindung erfolgt durch eine Klebstoffschicht mit einer zum oberen Anschlussstück gehörenden Mutter.
25
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 fügt neben den Merkmalen (3.1.2), (3.1.2.1) und (3.1.2.2) nach Hilfsantrag 2 noch folgende Merkmale an: (1.1) dessen unteres Ende von einem ersten Ringbuckel gebildet ist, (1.1.1) dessen Durchmesser dem Doppelten des Abstands der Tragstäbe von der Kerzenachse entspricht, (3.1.3) wobei die oberen Enden der Tragstäbe mit dem ersten Ringbuckel verschweißt und (3.1.3’) die unteren Enden der Tragstäbe mit dem zweiten Ringbuckel (Merkmal 4.3) des unteren Verschlussstücks (Merkmal 4) verschweißt sind, (4.3) das untere Verschlussstück mit einem zweiten Ringbuckel versehen ist und (4.4) einen Vorsprung aufweist, der einen unteren abgedrehten Bereich der Kerzenwand abdeckt.
26
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5 fügt zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 die weiteren Merkmale an: (1.1) das obere Anschlussstück umfasst ein Tragrohr, (1.1.1) in das ein Spritzrohr eingesetzt ist, (1.1.1.1) mit dem während des Rückspülvorgangs Rückspülflüssigkeit an die Innenseite der Kerzenwand gespritzt werden kann und (1.1.1.2) dessen unteres Ende vom Verschlussstück beabstandet ist, und (1.1.1.3) das während des Filtervorgangs als Abflusskanal dient.
27
Ein Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Filterkerze, teilweise im Längsschnitt, zeigt Fig. 1 des Streitpatents, während Fig. 2 einen Querschnitt hiervon in der Schnittebene I - I zeigt; die Fig. 3 und 4 zeigen Ausschnittsvergrößerungen der Teilbereiche A und B in Fig. 1:
28
Die Bedeutung der Bezugszeichen erschließt sich dabei aus Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2.
29
4. Es kann dahinstehen, ob Patentanspruch 1 des Streitpatents im Sinn von Art. 54 EPÜ neu ist. Die durch ihn geschützte Lehre beruht jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit, denn sie war für den Fachmann, einen Diplomingenieur mit Fachhochschulausbildung insbesondere des Maschinen- und Apparatebaus und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Filtration, der sich bei schweißtechnischen Problemen an einen Fachmann auf dem Gebiet des Schweißens wendet, durch den Stand der Technik nahegelegt (Art. 56 EPÜ).
30
a) Die bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigte US-Patentschrift 3 253 714 (NK5) zielt an sich zwar darauf ab, Verbesserungen beim Strömungsgang und damit bei der Filtration zu schaffen, und geht an sich von aus schon in früheren Veröffentlichungen beschriebenen Filtern aus (vgl. Beschr. Sp. 1 Z. 42-49, wo u.a. die US-Patentschrift 2 046 458 (NK4) genannt wird). Sie zeigt aber selbst, was auch die Berufungsführerin nicht in Abrede stellt, eine rückspülbare Filterkerze für Anschwemmfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen, wobei entsprechend dem Gattungsbegriff des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ein Filterkessel durch eine horizontale Trennwand in einen oberen Filtratraum und einen unteren Unfiltratraum unterteilt ist und die Filterkerzen an der Trennwand aufgehängt und befestigt sind und in den Unfiltratraum hineinragen (vgl. Fig. 1 sowie insbes. Sp. 1 Z. 15/16 und Z. 26).
31
Die Figuren der US-Patentschrift 3 253 714 stellen die Filterkerze wie folgt dar:
32
Diese Filterkerze weist ein oberes Anschlussstück zu ihrer Aufhängung und Befestigung an der Trennwand auf (Fig. 2, Bezugszeichen 21; Merkmal 1). Das Anschlussstück ist mit einem durch dieses hindurch laufenden Abflusskanal zur Abführung von Filtrat aus dem Filterkerzeninnenraum in den Filtratraum versehen (insbes. Fig. 2; Merkmalsgruppe 2). Die Filterkerze weist weiter eine im Wesentlichen rohrartige zylinderförmige Kerzenwand (Merkmale 3, 3.2, 3.3) auf, die im Bereich ihres oberen Endes (über die Verbindungsteile 19 und 21) mit dem Anschlussstück verbunden ist (Merkmal 3.1). Die Außenseite der Kerzenwand ist wie nach Patentanspruch 1 des Streitpatents als Tragorgan (support retainer 16) für die die Filtrierung übernehmende Anschwemmschicht bestimmt (pre-coat of filter-aid 28 in Fig. 4; Merkmal 3.5). Die Kerzenwand wird auch von einem Traggerüst aus einer Vielzahl von Tragstäben gebildet (support rods 27 in Fig. 3; Merkmale 3.6, 3.6.1). Diese verlaufen in Kerzenlängsrichtung (longitudinally extending, Sp. 5 Z. 20; Merkmal 3.6.1.1). Sie liegen konzentrisch und damit in gleichem Abstand von der Kerzenachse (Fig. 3; Merkmal 3.6.1.2), und zwar nach Fig. 3 jeweils im Winkelabstand von 30° (Merkmal 3.6.1.3). Ein Draht (wire 26) ist im Wesentlichen schraubenlinienförmig (spirally wound) auf das Traggerüst aufgebracht (Fig. 4; Merkmale 3.7, 3.7.1, 3.7.2) und an seinen Berührungsstellen mit einem Tragstab mit diesem verschweißt (welded to the support rods, Beschr. Sp. 5 Z. 20; Merkmal 3.7.2). Der Querschnitt des Drahts weist an der Kerzenaußenseite eine annähernd in Kerzenlängsrichtung verlaufende , im Wesentlichen geradlinige Begrenzung auf und verjüngt sich nach dem Kerzeninnern (wedge-shaped, Beschr. Sp. 5 Z. 19, Fig. 4; Merkmale 3.7.3.1, 3.7.3.2). Zwischen benachbarten Windungen des Drahts ist ein sich zum Kerzeninnern hin erweiternder Spalt vorgesehen (Fig. 4; Merkmale 3.7.4, 3.7.4.2), wobei die Spaltbreite mit 0,003 inch (Beschr. Sp. 5 Z. 41) angegeben ist, was 74 µm entspricht und damit unterhalb des in Merkmal 3.7.4.1 genannten Höchstwerts von 250 µm liegt. Das Verschlussstück nach der Merkmalsgruppe 4 wird schließlich in Fig. 2 gezeigt (Bezugszeichen 22, 23).

33
b) Darüber hinaus verwirklicht die US-Patentschrift 3 253 714 auch Merkmal 3.4, wonach die Kerzenwand selbsttragend sein soll. Hierfür spricht zunächst , dass das vielfältig einsetzbare Filtersieb ("screen") nach der USPatentschrift 2 046 458, das die US-Patentschrift 3 253 714 verbessern will, dann selbsttragend sein muss, wenn es kein Innenrohr aufweist, denn wenn zum Tragen der Filterwand keine zusätzlichen Bauteile vorgesehen sind, muss ein funktionierendes Filter notwendigerweise selbsttragend sein, wie dies auch schon das Bundespatentgericht zutreffend erkannt hat. Daraus, dass bei der US-Patentschrift 3 253 714 zusätzlich ein Innenrohr verwendet wird, ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass dieses Filterrohr nicht selbsttragend wäre. Das mittige Rohr 17 der US-Patentschrift 3 253 714 (vgl. Beschr. Sp. 4 Z. 66 ff. und Z. 72 bis Sp. 5 Z. 2 sowie Sp. 2 Z. 53-60), trägt nämlich entgegen der Auffassung der Beklagten allenfalls marginal zur Stabilität bei und ändert nichts daran, dass die Stabilität des Filters bereits durch die mit den beiden Anschlussstücken verbundene Konstruktion aus Tragstäben und Drahtwicklung bewirkt wird. Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, wirken auf die Kerzenwand Druckkräfte in radialer Richtung nach innen und außen, durch die die Wand Beulkräfte und die Filterkerze insgesamt Biegekräfte erfährt. Die Selbsttragefähigkeit wird der Kerzenwand durch ihre axiale Befestigung als auch durch das vielfach verschweißte Traggitter aus den Tragstäben und dem schraubenförmig aufgebrachten Filterdraht verliehen. Das innere Rohr der US-Patentschrift dient jedenfalls im Wesentlichen zur strömungstechnischen Verbesserung des Filtrationsvorgangs und eine Berührung mit der äußeren Kerzenwand findet nicht statt.
34
Zudem soll auch Patentanspruch 1 des Streitpatents, wie sich im Übrigen auch aus dessen Verteidigung in Hilfsantrag 5 ergibt, ersichtlich Lösungen mit einem innenliegenden Rohr mitumfassen, die nach der Argumentation der Be- klagten nur schwer als selbsttragend angesehen werden könnten; dies entspricht zudem der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 19 Z. 4 ff.). Auch an ihrem dementsprechend breiten Verständnis des Begriffs "selbsttragend" muss sich die Beklagte festhalten lassen.
35
Dass die Kerzenwand selbsttragend ist, wird zudem auch in dem Prospekt "Johnson Screens for Water and Waste Treatment" (NK15), das eine rückspülbare Filterkerze betrifft, offenbart, wenn dort (Seite 7) Seitenwände ("laterals") mit innenliegendem Rohr und ohne dieses gezeigt werden; jedenfalls die Seitenwände ohne innenliegendes Rohr sind schwerlich anders als selbsttragend im Sinn des Streitpatents denkbar.
36
c) Merkmal 3.1.1 des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung, nach dem die Verbindung der Kerzenwand mit dem Anschlussstück dadurch erfolgt, dass das obere Anschlussstück mit den Tragstäben des Traggerüsts der Kerzenwand verschweißt ist, wird dem Fachmann durch den Stand der Technik zumindest nahegelegt (Art. 56 EPÜ), wobei mit dem Bundespatentgericht offen bleiben kann, ob auch dieses Merkmal neuheitsschädlich getroffen wird.
37
aa) Die Beschreibung der US-Patentschrift 3 253 714 spricht davon, dass die getrennte Filtereinheit 15 von einem Nippel 14 mittels flüssigkeitsfester Zusammenfügung schwebend gehalten wird und dass das obere Ende der ringförmigen Zone 18 durch die Kopplungsteile 19 und 21 mit einer wirksamen Abdichtung zwischen beiden sowie einer geeigneten Verschweißung dieser Teile jeweils mit dem Aufnehmer und dem Nippel mittels flüssigkeitsfester Zusammenfügung geschlossen wird (insbes. Beschr. Sp. 4 Z. 72 - Sp. 5 Z. 2: "The upper end of the annular zone 18 … is closed in liquid tight engagement by the coupling parts 19 and 21 with an effective gasket between them and suitable welding of those parts to the retainer and the nipples respectively”). Weiter heißt es, dass das untere Ende der Ringzone 18 unter Eingriff eines geeigneten O-Rings oder einer anderen wirksamen Abdichtung mittels flüssigkeitsfester Verschraubung einer Verschlussabdeckung 22 in den Bodenring 23 verschlossen ist, der mit dem unteren Ende der Filterhilfe-Trägermembran oder des Aufnehmers 16 verschweißt ist (Beschr. Sp. 5 Z. 3-7: "Similarly, the lower end of the annular zone 18 is closed by liquid tight threading of closure cap 22 into bottom ring 23 welded to the lower end of the filter aid support membrane or retainer 16, with the intervention of a suitable O-ring or other effective gasket"). Das kann in Verbindung mit der Darstellung von Schweißperlen in Fig. 2 zunächst dafür sprechen, dass die Behälterwand 16 und nicht die Tragstäbe mit den Verbindungsteilen 19, 21 verschweißt wird. Nach Fig. 3 der US-Patentschrift entspricht jedoch die Ringzone dem Kreisbogen, der durch die Tragstäbe 27 definiert wird. Daraus könnte andererseits schon abgeleitet werden, dass diese Tragstäbe mit den Verbindungsteilen 19, 21 verschweißt werden sollen, was von der Lehre des Merkmals erfasst wird. Jedenfalls ist der Offenbarungsgehalt der USPatentschrift 3 253 714 insoweit nicht eindeutig. Dass das Merkmal 3.3.1 nahegelegen hat, kann mit ihr allein allerdings nicht begründet werden.
38
bb) Die bereits angesprochene US-Patentschrift 2 046 458 (NK4) kann den Patentanspruch 1 des Streitpatents schon deshalb nicht vorwegnehmen, weil sie ein Filtersieb ("screen") und nicht wie das Streitpatent eine Filterkerze betrifft. Sie nennt aber Stäbe (rods 10), deren Verlängerungen (projections) in Löcher (holes 17) in den Endanschlussstücken (end fittings 18, 19) eingesetzt sind, wobei die Endanschlussstücke weitere Löcher (holes 20) im rechten Winkel zu den Löchern (holes 17) aufweisen und die Stäbe (rods 10) an den Endanschlussstücken (18, 19) verschweißt werden (Beschr. S. 2 li. Sp., Z. 2-12; Fig. 7). Der Fachmann hatte schon aus ihr Anlass, die Verschweißung der Tragstäbe mit den Verbindungsteilen in Betracht zu ziehen. Das genügt, um das Merkmal 3.3.1 als durch den Stand der Technik nahegelegt anzusehen.

39
5. a) Patentanspruch 10 des Streitpatents verfällt entgegen der Ansicht der Klägerin K. AG nicht schon deshalb der Nichtigerklärung, weil - nach Auffassung dieser Klägerin - kein Rechtsschutzbedürfnis für Patentanspruch 10 neben Patentanspruch 1 besteht, denn dies ist als Nichtigkeitsgrund gesetzlich nicht vorgesehen (Sen.Urt. v. 18.06.1991 - X ZR 120/88 - Flaschenförderung, bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, BGH 1986-1993, 368).
40
b) Dieser Patentanspruch stellt die Verwendung eines Spaltrohrs mit einem Traggerüst entsprechend der Merkmalsgruppe 3.6 des Patentanspruchs 1 und einem Draht entsprechend Merkmalsgruppe 3.7 als selbsttragende Kerzenwand (Merkmal 3.4) für eine für Anschwemm-Kerzenfilter mit hängend eingebauten Filterkerzen vorgesehene Filterkerze unter Schutz. Spaltrohre bezeichnet die Beschreibung des Streitpatents (Sp. 16 Z. 9 ff.) zutreffend als aus der USPatentschrift 2 046 458 bekannt; sie werden demnach hauptsächlich bei der Erdölförderung zur Auskleidung und Armierung von Bohrlöchern, daneben auch bei der Wasseraufbereitung eingesetzt. Die Verwendung eines Spaltrohrs ist auch aus dem Katalog "TRISLOT® Spaltrohre" der BEKAERT Deutschland GmbH (NK19) aus dem Jahr 1980 bekannt, wobei auf die Verwendung bei der Anschwemmfiltration auf der Ausstellung ACHEMA 1976 hingewiesen wurde (Anlagen NK17a, NK17b). Daher bereitete dem Fachmann die Verwendung eines Spaltrohrs bei Kerzenfiltern an sich keine Schwierigkeiten. Die Merkmale des Spaltrohrs entsprechen insgesamt bestimmten Merkmalen in Patentanspruch 1; die Schutzfähigkeit von Patentanspruch 10 ist daher mit Patentanspruch 1 zu verneinen.
41
6. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt der auf Patentanspruch 1 - auch in seinen hilfsweise verteidigten Fassungen - rückbezogenen Patentan- sprüche 2 bis 9 ist weder geltend gemacht noch sonst zu erkennen. Soweit diese nachgeordneten Patentansprüche in den hilfsweise verteidigten Fassungen des Patentanspruchs 1 aufgegangen sind, wird nachfolgend zu ihnen Stellung genommen.
42
IV. Die Berufungsklägerin kann das Streitpatent auch nicht mit Erfolg in der Fassung ihrer Hilfsanträge verteidigen.
43
1. Das zusätzliche Merkmal 3.1.1.1 in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2, wonach die Tragstäbe mit ihren oberen Enden veschweißt sind, stellt eine einfache Modifikation der Lehre der US-Patentschrift 2 046 458 (NK4) dar. Es lag im Rahmen des Fachkönnens des Fachmanns, in die Verschweißung den Bereich der oberen Enden der Tragstäbe einzubeziehen, wie dies etwa die deutsche Offenlegungsschrift 33 15 217 (NK14) auf einem benachbarten Fachgebiet bei einem Schacht- oder Brunnensieb zeigt (Beschr. S. 9 Z. 8-11).
44
Das Vorsehen einer Rohrmuffe, die mit dem oberen Anschlussstück verbunden ist und einen oberen Bereich der Kerzenwand umgreift (Merkmalsgruppe 3.1.2) ist eine im Maschinenbau geläufige Maßnahme (vgl. auch den Katalog "TRISLOT® Spaltrohre" der BEKAERT Deutschland GmbH, NK19, S. 6: "Spaltrohre mit Flansche und Fittings"; "Flansch mit Bohrungen"; "Glatte Bunde"). Zudem ergab sich dann, wenn das Kerzenfilter, etwa im Anschlussbereich des Filterdrahts an die Anschlussstücke, zu große Lücken aufwies, die nicht anderweitig verschlossen werden konnten, schon konstruktiv die Notwendigkeit der Abdeckung durch eine Rohrmuffe oder eine Rohrschelle, um nicht die Filterwirkung des Filters insgesamt zu beeinträchtigen. Rohrmuffen waren zudem auch im Anmeldezeitpunkt im Maschinenbau bereits geläufige Elemente. Diese Maßnahme stellt zwar eine vorteilhafte und konstruktiv geschickte Lösung dar, sie kann aber auch in Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, und zwar auch dann nicht, wenn der obere Bereich zusätzlich als abgedrehter Bereich definiert wird, denn das Abdrehen (im Sinn eines Abrundens des Bereichs, auf den die Muffe aufgesetzt werden soll) ergab sich zwingend aus der Verwendung einer Rohrmuffe, die nur auf einen kreisrunden Querschnitt aufgesetzt werden kann.
45
2. Das zusätzliche Merkmal nach Hilfsantrag 3, dass die Verbindung durch eine Klebstoffschicht mit einer zum oberen Anschlussstück gehörenden Mutter erfolgt, stellt, nachdem eine Befestigung der Rohrmuffe an dem oberen Abschlussstück notwendig war, eine im Belieben und im Fachkönnen des Konstrukteurs liegende Art der Verbindung dar, der auch nicht etwaige Vorbehalte gegen die Verwendung von Klebemitteln in Flüssigkeitsfiltern entgegenstanden. In dieser Verbindung liegt daher weder allein noch in Verbindung mit den übrigen Merkmalen ein erfinderischer Gehalt.
46
3. Nach Hilfsantrag 4 soll das untere Ende des oberen Anschlussstücks von einem ersten Ringbuckel gebildet sein, dessen Durchmesser dem Doppelten des Abstands der Tragstäbe von der Kerzenachse entspricht (Merkmalsgruppe 1.1). Dies besagt zunächst nicht mehr - wenn auch nicht auf den ersten Blick einleuchtend formuliert -, als dass der Ringbuckel dem Kreisumfang entsprechen soll, auf dem die Tragstäbe um die Kerzenachse liegen und ist damit, wenn die Tragstäbe mit dem Ringbuckel verschweißt werden sollen, nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit. Das weitere Merkmal, dass die oberen Enden der Tragstäbe mit dem ersten Ringbuckel verschweißt sind (Merkmal 3.1.3), stellt klar, dass nicht - wie etwa bei der deutschen Offenlegungsschrift 33 15 217 (NK14) - mit Zusatzwerkstoff Schweißperlen gebildet werden, sondern dass der Buckel bereits konstruktiv vorgesehen ist (vgl. Gutachten Prof. Dipl.-Ing. G. V. S. 21). Die Geometrie des Ringbuckels war zudem aus der US-Patentschrift 3 253 714 zu entnehmen, denn es bestanden nur die Möglichkeiten, die Tragstäbe stumpf, hinter dem Wulst oder auf dem Wulst zu verschweißen, wie dies der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung überzeugend angegeben hat. Damit war aber die Geometrie des Wulsts (Ringbuckels) durch den geometrischen Ort des Auftreffens der Tragstäbe auf das Anschlussstück festgelegt. Am anderen Ende der Tragstäbe eine entsprechende Geometrie vorzusehen , lag auf der Hand. Damit lagen auch die Merkmale (3.1.3’) und (4.3) nahe. Die Abdeckung des unteren Bereichs der Kerzenwand durch einen Vorsprung (Merkmal 4.4) lag schon deshalb nahe, weil sich auch hier das Lückenproblem wie bei Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 und 2 stellen kann. Die Gesamtheit der zusätzlichen Merkmale ergibt hier keinen weitergehenden Gehalt als die Summe der Einzelmerkmale.
47
4. Die zusätzlichen nach Hilfsantrag 5 vorgesehenen Maßnahmen (Merkmalsgruppe 1.1), das obere Anschlussstück ein Tragrohr umfassen zu lassen, in das ein Spritzrohr eingesetzt ist, dessen unteres Ende vom Verschlussstück beabstandet ist, und die Möglichkeit vorzusehen, dieses Spritzrohr sowohl für den Rückspülvorgang als auch als Abflusskanal während des Filtervorgangs zu nutzen, vermögen ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Die Lösung mit einem Tragrohr wird bereits in der US-Patentschrift 3 253 714 (NK5) gezeigt. Das Spritzrohr innerhalb des Tragrohrs ergibt sich in naheliegender Weise aus dem Rückspülvorgang, für den eine getrennte Flüssigkeitsführung jedenfalls zweckmäßig ist. Es liegt auch auf der Hand, dass das Spritzrohr dann, wenn es nicht für den Rückspülvorgang benötigt wird, zweckmäßigerweise für den Filtervorgang genutzt werden sollte, um die Abführung des gefilterten Fluids zu erleichtern.
48
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG 1981, § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 27.02.2002 - 2 Ni 42/00 (EU) -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 22


(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist. (2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

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Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle de

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(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 188/01 Verkündet am:
19. Mai 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aufzeichnungsträger
Ist die Schutzdauer des Streitpatents abgelaufen, ist die Nichtigkeitsklage nur
zulässig, soweit der Kläger gleichwohl ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigerklärung
hat. Diese Voraussetzung ist für einander nebengeordnete Patentansprüche
jeweils gesondert zu prüfen.
a) Es steht dem Patentschutz nicht entgegen, daß ein Verfahren oder eine
Vorrichtung die Wiedergabe von Informationen betrifft. Maßgeblich ist vielmehr
, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines
konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Ist
dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf
den Informationscharakter des Verfahrensergebnisses oder der beanspruchten
Sache abstellt.
b) Ist bei einem auf einen Aufzeichnungsträger gerichteten Sachanspruch der
beanspruchte Gegenstand zumindest teilweise nicht unmittelbar durch
(räumlich-körperlich oder funktional umschriebene) Sachmerkmale, sondern
durch ein Verfahren definiert, durch das eine bestimmte Informationsstruktur
erhalten wird, ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, ob
und inwieweit sich aus dem angegebenen Verfahren durch dieses bedingte
Merkmale des bei seiner Anwendung erhaltenen Aufzeichnungsträgers ergeben
, die diesen als erfindungsgemäß qualifizieren (Fortführung des
Sen.Urt. v. 19.6.2001 - X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129 - zipfelfreies Stahlband
).
BGH, Urt. 19. Mai 2005 - X ZR 188/01 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die
Richter Scharen, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 18. Juli 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 31 25 529, das unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 14. Juli 1980 am 29. Juni 1981 angemeldet und im Verlaufe des Rechtsstreits durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent umfaßt 15 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1, 11 und 12 lauten: "1. Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits, wobei die Folge Datenbits in unmittelbar aufeinanderfolgende Blöcke von je m Datenbits aufgeteilt wird und diese Blöcke in aufeinanderfolgende Blöcke von (n1 + n2) Kanalbits (n1 + n2 > m) umkodiert werden und wobei die Blöcke
Kanalbits je einen Block von n1 Informationsbits und einen Block von n2 Trennbits enthalten derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden und daß eine (d, k)-Bedingung erfüllt ist, d.h. daß zwei aufeinanderfolgende Kanalbits von einem ersten Typ, des Typs '1', durch mindestens d dann höchstens k unmittelbar aufeinanderfolgenden Bits eines zweiten Typs, des Typs '0', getrennt werden, g e k e n n z e i c h - n e t d u r c h die nachfolgenden Schritte: 1. das Umwandeln der Blöcke von m Bits enthaltender Datenbits in n1 Bits enthaltende Blöcke Informationsbits derart , daß die (d, k)-Bedingung erfüllt ist; 2. das Erzeugen mehrerer möglicher Blöcke von (n1 + n2) Kanalbits durch Ergänzen je eines Blocks von n1 Informationsbits durch jeweils einen Block aus der Menge aller möglichen Blöcke von n2 Trennbits; 3. das Bestimmen derjenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits, die in bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen; 4. das Ermitteln des Gleichstromanteils jedes der so bestimmten Blöcke von Kanalbits, die in dem vorhergehenden Schritt ermittelt wurden;
5. das Auswählen des Blocks von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil aus den in Schritt 4 bestimmten Blökken. 11. Aufzeichnungsträger mit einer gemäß dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 erzeugten Informationsstruktur mit Folgen von Kanalbitzellen, die je ein Bit enthalten, dessen Wert durch einen Pegelübergang oder einen fehlenden Pegelübergang am Anfang der Bitzelle dargestellt wird, d a - d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen maximal gleich (k + 1) Bitzellen und minimal gleich (d + 1) Bitzellen ist, und daß höchstens zwei aufeinanderfolgende maximale Abstände von (k + 1) Bitzellen der Pegelübergänge auftreten, die Teil einer Synchronisationsinformation bilden. 12. Aufzeichnungsträger nach Anspruch 11, d a d u r c h g e - k e n n z e i c h n e t , daß k = 10 und d = 2 ist und daß der Aufzeichnungsträger zwischen zwei aufeinanderfolgenden Synchronisationsinformationen einen Rahmen mit 561 Kanalbitzellen aufweist, der 33 Blöcke von je 17 Kanalbitzellen enthält , und daß die Synchronisationsinformation 27 Kanalbitzellen aufweist." Wegen des Wortlauts der weiteren Verfahrensansprüche 2 bis 8 und der jeweils einen Demodulator betreffenden Patentansprüche 9 und 10 sowie der Patentansprüche 13 bis 15, die einen Modulator, einen Wandler und eine Anordnung zum Wiedergeben der einem Übertragungskanal entnommenen Informationsbits betreffen, wird auf die Patentschrift verwiesen.
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung der Patentansprüche 11 und 12 gerichtlich in Anspruch genommen wird, hat geltend gemacht, die Gegenstände des Streitpatents seien nicht patentfähig, gingen über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinaus und seien nicht ausführbar offenbart. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie (sinngemäß) den Antrag weiterverfolgt, das Streitpatent für nichtig zu erklären. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen, wobei sie Patentanspruch 11 hilfsweise in einer Fassung verteidigt, die lediglich auf optische Aufzeichnungsträger gerichtet ist. Als gerichtlicher Sachverständiger hat Professor Dr.-Ing. P. H. , Leiter der Arbeitsgruppe Informations- und Codierungstheorie der Universität , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage zu Recht abgewiesen. A. Soweit die Klägerin auf Nichtigerklärung der Patentansprüche 1 bis 10 sowie 13 bis 15 anträgt, ist die Klage unzulässig. Nachdem die Schutzdauer des Streitpatents abgelaufen ist, ist die Nichtigkeitsklage nur zulässig, soweit der Klägerin gleichwohl ein Rechtsschutzbe-
dürfnis zuzubilligen ist (Sen.Beschl. v. 14.2.1995 - X ZB 19/94, GRUR 1995, 342 f. - Tafelförmige Elemente; st. Rspr.). Diese Voraussetzung ist zumindest für nebengeordnete Patentansprüche jeweils gesondert zu prüfen, da bei selbständigen Ansprüchen das Interesse an der Nichtigerklärung des einen Anspruchs nicht notwendigerweise auch das Interesse an der Nichtigerklärung des anderen begründen muß, wie im Streitfall angesichts einer Mehrzahl unterschiedliche Gegenstände betreffender Nebenansprüche besonders deutlich wird. Insoweit besteht ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Patentansprüche 11 und 12, da die Klägerin aus diesen wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird. Hinsichtlich der Verfahrensansprüche 1 bis 8 und der Sachansprüche 9, 10, 13, 14 und 15 berühmt sich die Beklagte hingegen keiner Ansprüche gegen die Klägerin und ist für ein Rechtsschutzinteresse auch sonst nichts dargetan. B. Soweit die Klage zulässig ist (d.h. hinsichtlich der Patentansprüche 11 und 12), ist sie unbegründet, da keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt. I. Das Streitpatent betrifft in Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits und in Patentanspruch 11 einen Aufzeichnungsträger mit einer gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 erzeugten Informationsstruktur. 1. Nach der Beschreibung werden bei dem erfindungsgemäßen, insoweit bekannten Verfahren die Folge Datenbits in unmittelbar aufeinanderfolgende Blöcke von je m Datenbits aufgeteilt und diese Blöcke in aufeinanderfolgende Blöcke von (n1 + n2 > m) Kanalbits umkodiert. Vorzugsweise sind m = 8, n1 = 14 und n2 = 3 (Patentansprüche 8 und 12); zur Vereinfachung werden im folgenden diese Vorzugswerte zugrundegelegt, die auch in der Pra-
xis bei der Kodierung von Compact Disc (CD) angewandt werden und auf die die übliche Bezeichnung EFM-Verfahren zurückgeht (EFM = Eight to Fourteen Modulation). Die Blöcke mit 17 Kanalbits enthalten je einen Block von 14 Informationsbits und einen Block von drei Trennbits derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden , zwei aufeinanderfolgende Kanalbits eines ersten Typs (des Typs "1") durch mindestens d unmittelbar aufeinanderfolgende Bits eines zweiten Typs (des Typs "0") getrennt werden und die Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender Kanalbits vom zweiten Typ höchstens k ist. Vorzugsweise sind d = 2 und k = 10 (Patentanspruch 12; auch diese Werte werden im folgenden zur vereinfachten Darstellung verwendet). Wie die Beschreibung der Streitpatentschrift erläutert, liegt bei der digitalen Übertragung oder in magnetischen und optischen Aufnahme- bzw. Wiedergabesystemen die zu übertragende bzw. aufzunehmende Information meistens in einer Folge von Zeichen vor, die zusammen das (oft binäre) Alphabet bilden. Das binäre Alphabet wird durch die Zeichen 1 und 0 dargestellt. Das Zeichen 1 wird auf dem Magnetband oder auf der optischen Platte als Übergang zwischen zwei Zuständen von Magnetisierung oder zwei Orten eines optisch aktiven Bereichs festgelegt; das Zeichen 0 wird durch das Fehlen eines derartigen Überganges festgelegt. Infolge bestimmter Systemanforderungen bestehen in der Praxis Beschränkungen für die Zeichenfolgen, die auftreten dürfen. So verlangen manche Systeme eine selbsttaktende Folge von Zeichen, was erfordert, daß die Folge zu übertragender bzw. aufzunehmender Zeichen genügend Übergänge aufweisen muß, um aus der Zeichenfolge ein zu Detektion und Synchronisation notwendiges Taktimpulssignal zu erzeugen. Ferner kann die Vermeidung bestimmter Zeichenfolgen im Informationssignal geboten sein, weil diese anderen
Zwecken vorbehalten sind, z.B. als Synchronisationsfolgen dienen. Schließlich kann die Forderung bestehen, die Übergänge nicht zu schnell aufeinander folgen zu lassen, um die Intersymbolinterferenz zu beschränken. Ein derartiges Verfahren ist in der Veröffentlichung von Tang und Bahl "Block Codes for a Class of Constrained Noiseless Channels" in Information and Control 17 (1970), 436 ff. (Anlage Ni-K 8) beschrieben. Als Nachteil der Kodierungsart nach diesem Verfahren bezeichnet es die Streitpatentschrift, daß der Anteil der niedrigen Frequenzen (einschließlich Gleichstrom) an dem Frequenzspektrum des Stromes von Kanalbits ziemlich hoch ist. Ein weiterer Nachteil seien die "verwickelten" (gemeint wohl: aufwendigen) Kodierwandler, insbesondere der Demodulator. Dem Streitpatent liegt das Problem zugrunde, ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits anzugeben, das die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals verbessert und einen einfachen Demodulator ermöglicht, sowie einen Aufzeichnungsträger mit einer Datenstruktur bereitzustellen, die mit einem derartigen Verfahren erzeugt werden kann. Der in Patentanspruch 11 beanspruchte Aufzeichnungsträger läßt sich wie folgt in Merkmale gliedern:
(1)
Es handelt sich um einen Aufzeichnungsträger mit einer Informationsstruktur mit Folgen von Kanalbitzellen, die je ein Bit enthalten, dessen Wert durch einen Pegelübergang (1) oder einen fehlenden Pegelübergang (0) am Anfang der Bitzelle dargestellt wird.
(2)
Die Informationsstruktur wird mit einem Verfahren mit den nachfolgenden Merkmalen 2.1 bis 2.8 erzeugt: (2.1) Eine Folge Datenbits wird in unmittelbar aufeinanderfolgenden Blöcken von je 8 (m) Datenbits aufgeteilt. (2.2) Diese Blöcke von 8 Datenbits werden in aufeinanderfolgende Blöcke von 17 (n1 + n2 > m) Kanalbits umkodiert. (2.3) Die Blöcke Kanalbits enthalten je einen Block von 14 (n1) Informationsbits und einen Block von 3 (n2) Trennbits derart, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch jeweils nur einen Block Trennbits getrennt werden. (2.4) Das Umwandeln der Blöcke von 8 (m) Datenbits in Blöcke von 14 (n1) Informationsbits erfolgt derart, daß zwei aufeinanderfolgende Kanalbits des Typs 1 durch mindestens 2 (d) und höchstens 10 (k) aufeinanderfolgende Bits des Typs 0 getrennt werden. (2.5) Mehrere Blöcke von 17 (n1 + n2) Kanalbits werden durch Ergänzen je eines Blockes von 14 (n1) Informationsbits durch jeweils einen Block aus der Menge aller möglichen Blöcke von 3 (n2) Trennbits erzeugt. (2.6) Es werden diejenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits bestimmt, die in Bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen. (2.7) Es wird für jeden der so bestimmten Blöcke von Kanalbits der Gleichstromanteil ermittelt. (2.8) Es wird der Block von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil ausgewählt.
(3)
Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen ist maximal gleich 11 (k + 1) Bitzellen und minimal gleich 3 (d + 1) Bitzellen.
(4)
Es treten höchstens zwei aufeinanderfolgende maximale Abstände von 11 (k + 1) Bitzellen der Pegelübergänge auf, die Teil einer Synchronisationsinformation sind. Die nebenstehend wiedergegebene Figur 1 der Streitpatentschrift zeigt einige Bitfolgen zur Erläuterung des Verfahrens zur Umkodierung einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits.
2. Mit der Beklagten kann Patentanspruch 11 als product-byprocess -Anspruch bezeichnet werden, da es sich um einen auf einen Aufzeichnungsträger gerichteten Sachanspruch handelt, der jedoch teilweise (in den Merkmalen 2 bis 2.8) nicht unmittelbar durch (räumlich-körperlich oder funktional umschriebene) Sachmerkmale, sondern durch das Verfahren definiert ist, das die erfindungsgemäße Informationsstruktur erzeugt. In einem solchen Fall ist durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, ob und inwieweit sich aus dem angegebenen Verfahren durch dieses bedingte Merkmale des daraus erhaltenen Erzeugnisses ergeben, die das Erzeugnis als anspruchsgemäß qualifizieren (Sen.Urt. v. 19.6.2001 - X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129 - zipfelfreies Stahlband). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, ob sich Anspruch 1 als ein Verfahren zur Herstellung eines Datenträgers bezeichnen läßt. Vielmehr kommt es allein darauf an, inwieweit sich den verfahrensmäßig definierten Merkmalen - in ihrem technischen Sinngehalt über die Merkmale 1, 3 und 4 hinausgehende - Angaben über die erfindungsgemäße Beschaffenheit des beanspruchten Datenträgers entnehmen lassen. Insoweit beschreiben die Merkmale 2.2 und 2.3, daß die Informationsstruktur (Merkmal 1) aufeinanderfolgende Blöcke von 17 (n1 + n2) Kanalbits aufweist, die je einen Block von 14 (n1) Informationsbits und einen Block von 3 (n2) Trennbits derart enthalten, daß aufeinanderfolgende Blöcke von Informationsbits durch einen Block Trennbits getrennt werden. Dabei sind zwei aufeinanderfolgende Kanalbits des Typs 1 durch mindestens 2 (d) und höchstens 10 (k) aufeinanderfolgende Bits des Typs 0 getrennt (Merkmal 2.4), was mit anderen Worten auch Merkmal 3 besagt, indem dort nicht auf die trennenden Bits des Typs 0, sondern auf den Abstand zwischen zwei Bits des Typs 1 (daher +1) abgestellt wird. Von besonderer Bedeutung ist Merkmal 2.8, aus dem sich ergibt , daß jeder Block von Kanalbits - verglichen mit anderen möglichen, gemäß
den Merkmalen 2.5 bis 2.7 erzeugten oder erzeugbaren Blöcken - den "minimalen Gleichstromanteil" aufweisen soll. Hierdurch soll, wie der Fachmann der Streitpatentschrift entnimmt, insbesondere bei optischen Aufzeichnungssystemen der Einfluß des bei der Abtastung entstehenden Störspektrums minimiert werden. Bei dem von der Streitpatentschrift angesprochenen Fachmann sind, wie der gerichtliche Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht und von den Parteien unbeanstandet ausgeführt hat, Kenntnisse und Fähigkeiten eines Elektrotechnikingenieurs der Studienrichtung Nachrichtentechnik mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluß und Erfahrungen auf dem Gebiet der Speichertechnik zugrunde zu legen. Der in dieser Weise qualifizierte Fachmann erhält durch die in der Streitpatentschrift angegebene Aufgabenstellung den Hinweis, daß es bei der Minimierung des Gleichstromanteils um die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals geht (S. 4 Z. 55 - 57). Das entspricht dem für den Stand der Technik angegebenen Nachteil, daß der Anteil der niedrigen Frequenzen (einschließlich Gleichstrom) an dem Frequenzspektrum des Stromes von Kanalbits ziemlich hoch sei (S. 4 Z. 41/42). Auf S. 5 Z. 57 - 59 wird ausdrücklich darauf hingewiesen , daß es bei optischer Aufzeichnung erwünscht sei, daß der niederfrequente Teil des Datenspektrums optimal unterdrückt werde. Der gerichtliche Sachverständige hat dies ergänzend dahin erläutert, daß speziell die niedrigen Frequenzen des bei der Abtastung entstehenden Störspektrums das Antriebsystem beeinflussen können und daß der Modulationscode daher gleichstromfrei sein soll. Ein gleichstromfreier Modulationscode wirkt sich zudem positiv auf die Detektionsfehlerrate aus (S. 6 Z. 56 - 58 der Streitpatentschrift), und AnalogDigital -Wandler und Detektor können besonders einfach realisiert werden.
3. Näherer Erörterung bedarf ferner das Merkmal 2.6, nach dem diejenigen Blöcke von Kanalbits aus den möglichen Blöcken von Kanalbits bestimmt werden, die in Bezug auf den jeweils vorhergehenden und nachfolgenden Block von Kanalbits die (d, k)-Bedingung erfüllen. Die Streitpatentschrift beschreibt in dem Abschnitt S. 6 Z. 65 - S. 7 Z. 13, wie diese Auswahl realisiert werden kann. Danach wird von jedem der möglichen Blöcke Kanalbits ermittelt, ob für den betreffenden Block in Anbetracht des vorhergehenden Blocks Kanalbits die Anforderung der d-Begrenzung und die Anforderung der k-Begrenzung nicht dem Format des betreffenden Blocks Trennbits widerspricht, und ferner ermittelt, welcher der digitale Summenwert (DSW, als Maß für den Gleichstromanteil ) für den betreffenden möglichen Block Kanalbits ist. Für die möglichen Blöcke Kanalbits, die sich in der Anforderung der d-Begrenzung und der k-Begrenzung nicht widersprechen, wird ein erstes Anzeigesignal erzeugt. Sodann kann aus den möglichen Blöcken Kanalbits, für die ein erstes Anzeigesignal erzeugt ist, der Block Kanalbits mit dem kleinsten DSW gewählt werden. Als vorzugswürdig wird es jedoch bezeichnet, den DSW der vorhergehenden Blöcke Kanalbits zu speichern und aus den Blöcken Kanalbits, die als nächste für die Übertragung in Betracht kommen, denjenigen Block zu wählen, der den gespeicherten DSW im Absolutwert abnehmen läßt. Auf diese Weise gewährleistet die Überprüfung der (d, k)-Bedingung jeweils mit Blick auf den vorhergehenden Block von Kanalbits die Einhaltung dieser Bedingung auch in Bezug auf den nachfolgenden Block. Zugleich wird angegeben, wie der Gleichstromanteil minimiert werden kann. 4. Schließlich bedarf noch das Merkmal 4 der Auslegung. Es gibt an, daß in die Kanalbitfolgen Synchronisationsinformationen eingefügt sind, der Bestandteil näher definierte Kanalbitfolgen sind. Diese Kanalbitfolgen sind gekennzeichnet durch die Aufeinanderfolge eines Kanalbits vom Typ 1 und von 10 (k) Kanalbits des Typs 0. Sie treten höchstens zweimal aufeinanderfolgend auf
und sind in diesem Falle Teil der Synchronisationsinformation. Damit sie als solche behandelt und nicht als Informationsbits gelesen werden, muß eine solche Aufeinanderfolge außerhalb des Blocks von Synchronisationsbits ausgeschlossen werden, wie sich für den Fachmann von selbst versteht und ihm im übrigen auf S. 9, Z. 10 - 21 der Streitpatentschrift ausdrücklich erläutert wird. Soweit dort die Anzahl der aufeinanderfolgenden Bits des Typs 0 nur vorzugsweise mit s = k angegeben wird, engt Merkmal 4 des Patentanspruchs die geschützte Lehre auf diese Ausführungsform ein, mit der für die Synchronisationsbitfolge gleichzeitig der d- wie der k-Bedingung entsprochen wird. 5. Der von der Klägerin gegen die Umschreibung des erfindungsgemäßen Aufzeichnungsträgers mit den Merkmalen 1 bis 4 erhobene Einwand, einen Aufzeichnungsträger mit einer solchen Informationsstruktur "gebe es nicht", da beispielsweise eine CD auf der spiralförmig von außen nach innen verlaufenden Spur lediglich unterschiedlich lange Vertiefungen (Pits) und NichtVertiefungen (Lands) aufweise, die lediglich aufgrund einer bestimmten technischen Konvention über Drehgeschwindigkeit, Takt und dergleichen als Bits interpretiert werden könnten, ist unbegründet. Denn daß es einer solchen Konvention bedarf, um die räumlich-körperliche Struktur des Aufzeichnungsträgers als Informationsstruktur "lesen" zu können, versteht sich für den Fachmann von selbst. Solche Konventionen standen dem Fachmann, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat und auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, am Prioritätstag auch zur Verfügung, so daß er Patentanspruch 11 ohne weiteres die technische Lehre entnehmen konnte, den erfindungsgemäßen Aufzeichnungsträger räumlich-körperlich so zu gestalten, daß er in Verbindung mit einer geeigneten Konvention zur Interpretation der räumlich-körperlichen Struktur eine den Merkmalen 1 bis 4 entsprechende Informationsstruktur ergibt.
II. Daraus ergibt sich zugleich, daß die Notwendigkeit einer solchen Konvention keine mangelnde Ausführbarkeit der erfindungsgemäßen Lehre begründet. Auch im übrigen liegt der Nichtigkeitsgrund des § 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG nicht vor. Soweit die Klägerin die technische Anweisung des Merkmals 2.6 als nicht ausführbar beanstandet, trifft dies nach den Ausführungen zu I 3 nicht zu. III. Der Gegenstand des Patentanspruchs 11 geht nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patentamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). 1. Die Klägerin meint, nach der Ursprungsoffenbarung würden Folgen von m Datenbits in Folgen von n1 Informationsbits umgewandelt und mehrere Folgen von Kanalbits erzeugt, die je einen Block Informationsbits und nur eine der möglichen Bitkombinationen der Trennbits enthalten. Für jede der Folgen von Kanalbits werde die Summe der Anzahl der Trennbits und der Anzahl der Nullen vor einer 1, die Summe der Nullen, die einer 1 folgen, welche Teil eines Trennbits ist, und die Summe der Anzahl Trennbits und der Informationsbits vom Typ 0 ermittelt, die jedem Block von Trennbits unmittelbar vorangeht und folgt. Es werde sodann ein Anzeigesignal für die ermittelten Summen größer d und höchstens k erzeugt und aus den Folgen, bei denen das Anzeigesignal erzeugt wurde, diejenige Folge von Kanalbits ausgewählt, die den Gleichstromanteil minimiere. Die Summenbildungen seien an keiner Stelle als verzichtbar erkennbar. Hingegen werde nach Patentanspruch 1 bereits bei der Umwandlung von m Datenbits in 14 Informationsbits die (d, k)-Bedingung angewandt. Sodann werde diese Bedingung blockweise auf die Kanalbits angewandt (Merkmal 2.6) und dann der Gleichstromanteil ermittelt. In der Ursprungsoffenbarung finde dies keine Stütze.
Das wird dem Gesamtoffenbarungsgehalt der Anmeldeunterlagen nicht gerecht. Denn der Fachmann entnimmt der Anmeldung, daß die Blöcke aus Trennbits zum einen blockübergreifend die Einhaltung der (d, k)-Bedingung gewährleisten , zum anderen derart bemessen werden sollen, daß sie außerdem zum Minimieren des Gleichstromanteils benutzt werden können (S. 10 Z. 9 - 20 der Anmeldung = S. 6 Z. 39 - 41 der Streitpatentschrift). Die Anmeldung enthält verschiedene Ausführungsbeispiele, die dem Fachmann zeigen, wie er diese Ziele erreichen kann (S. 11 Z. 6 - S. 14 Z. 3). Diese Beispiele sind für den Fachmann als solche erkennbar; er versteht sie als Anwendungen der anhand dieser Beispiele offenbarten allgemeinen Lehre, die Blöcke von Trennbits so auszuwählen, daß sie die (d, k)-Bedingung erfüllen und zugleich zu einem minimalen Gleichstromanteil führen. 2. Ebenfalls zu Unrecht hält die Klägerin Merkmal 3 für nicht ursprungsoffenbart. Denn Merkmal 3 stimmt, wie bereits ausgeführt, inhaltlich mit Merkmal 2.4 überein. 3. Schließlich ist entgegen der Meinung der Klägerin auch Merkmal 4 ursprungsoffenbart. Denn der angemeldete Patentanspruch 12 ist auf einen Merkmal 1 entsprechenden Aufzeichnungsträger gerichtet, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der maximale Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen gleich der Länge von 11 (k + 1) Bitzellen ist, daß der minimale Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen gleich der Länge von 3 (d + 1) Bitzellen ist (Merkmal 3), daß "höchstens Folgen des doppelten maximalen Abstandes von 11 (k + 1) Bitzellen auftreten" und daß diese Folgen einen Teil einer Synchronisationsfolge bilden. Die letzten beiden kennzeichnenden Merkmale entsprechen trotz ihrer verunglückten Formulierung inhaltlich Merkmal 4. Das ergibt sich aus der Beschreibung in Verbindung mit Figur 4 der Anmeldung, der der Fachmann entnimmt, daß mit den "Folgen
des doppelten maximalen Abstandes von (k + 1) Bitzellen" nicht etwa Folgen von 21 Bitzellen des Typs 0 gemeint sind (was, wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend ausgeführt hat, die nach dem angemeldeten Patentanspruch 12 einzuhaltende k-Bedingung verletzen würde), sondern vielmehr die höchstens zweimalige Aufeinanderfolge der Zeichenreihe 10000000000, die bei k = 10 jeweils dem Abstand von k + 1 Bitzellen zwischen zwei aufeinanderfolgenden Pegelübergängen entspricht. Denn in Übereinstimmung mit S. 10 Z. 20 - 42 der Streitpatentschrift wird in den Anmeldeunterlagen auf S. 21 Z. 19 bis S. 22 Z. 21 ein Ausführungsbeispiel mit einer Synchronisationsinformation beschrieben, die zwei derartige aufeinanderfolgende Blöcke 10000000000 aufweist. IV. Zu Recht hat das Bundespatentgericht schließlich auch den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit verneint (§ 22 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). 1. Patentanspruch 11 schützt eine Erfindung im Sinne des § 1 PatG. Die Auffassung der Klägerin, Patentanspruch 1 (und damit auch Patentanspruch 11) betreffe die Wiedergabe von Informationen und sei daher nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 PatG nicht als Erfindung anzusehen, ist unzutreffend. Daß ein Verfahren oder eine Vorrichtung die Wiedergabe von Informationen betrifft, steht einem Patentschutz für das Verfahren oder die Vorrichtung nicht entgegen. Vielmehr wird nur die Wiedergabe von Informationen als solche nicht als Erfindung angesehen (§ 1 Abs. 3 PatG). Maßgeblich ist daher nach der Rechtsprechung des Senats, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält , die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Ist dies der Fall, kommt es nicht darauf an, ob der Patentanspruch auch auf die Verwendung eines Algorithmus, einen im geschäftlichen
Bereich liegenden Zweck oder den Informationscharakter des Verfahrensergebnisses oder der beanspruchten Sache abstellt (Sen.Beschl. v. 19.10.2004 - X ZB 33/03, GRUR 2005, 141, 142 - Anbieten interaktiver Hilfe; Sen.Beschl. v. 19.10.2004 - X ZB 34/03, GRUR 2005, 143, 144 - Rentabilitätsermittlung; vgl. auch EPA [TBK 3.5.2], ABl. EPA 2000, 515 - Datenstrukturprodukt/Philipps). Insofern gilt nichts anderes als für Verfahren, die sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Datenverarbeitungsprogramms bedienen (vgl. Sen.Beschl. v. 24.5.2004 - X ZB 20/03, GRUR 2004, 667 - Elektronischer Zahlungsverkehr , für BGHZ 159, 197 vorgesehen; BGHZ 149, 68 - Suche fehlerhafter Zeichenketten). Das Streitpatent betrifft, wie ausgeführt, das Problem, ein Verfahren zum Umkodieren einer Folge Datenbits in eine Folge Kanalbits anzugeben, das die Niederfrequenzspektrumeigenschaften des aus den Kanalbits abzuleitenden Signals verbessert und einen einfachen Demodulator ermöglicht, sowie einen Aufzeichnungsträger mit einer Datenstruktur bereitzustellen, die mit einem derartigen Verfahren erzeugt werden kann. Das Problem ist technischer Natur, und die Mittel zu seiner Lösung sind technisch, denn sie bestehen aus einem Umcodierungsverfahren , das zu einer Aufzeichnungsstruktur mit physikalischen Eigenschaften führt, die die optische Auswertbarkeit der mittels dieser Aufzeichnungsstruktur gespeicherten Informationen verbessern. Daraus ergibt sich zugleich, daß Patentanspruch 11 auf eine Lehre zum technischen Handeln und damit auf eine Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 1 PatG gerichtet ist. 2. Daß der Gegenstand des Patentanspruchs 11 an dem vom Streitpatent in Anspruch genommenen Prioritätstag nicht zum Stand der Technik gehörte , wird von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen. Es sind auch keine vorbekannten Verfahren oder Aufzeichnungsträger dargetan, aus denen sich Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung der Neuheit ergeben könnten. Soweit
die Klägerin die Präsentation "The Compact Disc Digital Audio System: Modulation And Error-Correction" von Vries u.a. auf der 67. Tagung der Audio Engineering Society vom 31. Oktober bis zum 3. November 1980 in New York (schriftliche Fassung Anl. Ni-K 2) als neuheitsschädlich ansieht, kann sie damit - wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat - schon deshalb nicht durchdringen, weil das Streitpatent die Priorität vom 14. Juli 1980 zu Recht in Anspruch nimmt. Das Prioritätsrecht nach Art. 4 PVÜ kann jedenfalls insoweit in Anspruch genommen werden und bestimmt nach § 3 Abs. 1 PatG den Zeitrang der deutschen Patentanmeldung, als eine mit der Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist (vgl. BGHZ 148, 383 - Luftverteiler; Sen.Urt. v. 14.10.2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133 - Elektronische Funktionseinheit; jeweils zu Art. 87 Abs. 1 EPÜ). Unerheblich ist dabei nach Art. 4 H PVÜ, ob der Gegenstand der deutschen Patentanmeldung in den in der früheren Anmeldung aufgestellten Patentansprüchen enthalten ist, sofern nur die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen diese Merkmale deutlich offenbart. Diese Voraussetzung ist für den Gegenstand des Patentanspruchs 11 erfüllt. Die Klägerin bezweifelt das mit der Begründung, Merkmal 4 stehe in Widerspruch zu dem Verfahren nach Anspruch 2 der niederländischen Prioritätsanmeldung , nach dem mindestens zwei aufeinanderfolgende Pegelübergänge verwendet würden, die der in Merkmal 4 formulierten (k + 1)-Bedingung entsprächen. Das ist jedoch unerheblich, da die niederländische Anmeldung in Anspruch 11 einen Anspruch 12 der deutschen Anmeldung entsprechenden Patentanspruch enthält, der auf einen Aufzeichnungsträger (auch) mit Merkmal 4 gerichtet ist und wie in der deutschen Anmeldung in der Beschreibung näher
erläutert wird (S. 18 Z. 4 - 36 der niederländischen Patentanmeldung). Die Ausführungen zu III 3 zur unzulässigen Erweiterung gelten daher entsprechend, wobei der Zusammenhang der Ausführungen in der Beschreibung mit dem Gegenstand des Anspruchs 11 sogar noch deutlicher hervortritt als in der deutschen Anmeldung, da das Verständnis dieses Anspruchs nicht durch die offenbar auf die Übersetzung vom Niederländischen ins Deutsche zurückzuführende mißglückte Ausdrucksweise des Anspruchs 12 der deutschen Anmeldung erschwert wird. 3. Schließlich hat der Senat auch nicht die Überzeugung gewonnen, daß der Stand der Technik - wie die Klägerin erstmals unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat - dem Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs 11 nahegelegt hat. Zwar stand dem Fachmann aus der bereits erörterten Entgegenhaltung Tang/Bahl ein Verfahren zur Verfügung, mit dem er eine den Merkmalen 2 bis 2.6 entsprechende Informationsstruktur erzeugen und einen den Merkmalen 1 und 3 entsprechenden Aufzeichnungsträger bereitstellen konnte. Der Senat ist jedoch nicht überzeugt, daß der Fachmann diese bekannte Lösung dahin weiterentwickelt hätte, daß er für entsprechend Merkmal 2.5 erzeugte und entsprechend Merkmal 2.6 bestimmte Blöcke von Kanalbits jeweils den Gleichstromanteil ermittelt und den Block von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil ausgewählt hätte (Merkmale 2.7 und 2.8) und ferner in die Kanalbitfolgen Merkmal 4 entsprechende Synchronisationsinformationen eingefügt hätte. Allerdings ist nicht zweifelhaft, daß der Fachmann Veranlassung hatte, sich jedenfalls bei magnetischen Aufzeichnungsträgern, die von dem erteilten Patentanspruch auch erfaßt werden, Gedanken über die Minimierung des Gleichstromanteils zu machen. Ebensowenig ist zweifelhaft, daß dem Fach-
mann die Notwendigkeit von Synchronisationsinformationen bewußt war und daß ihm die Möglichkeit zu Gebote stand, solche Synchronisationsinformationen in geeigneten Abständen in die Kanalbitfolgen einzufügen. Beides hat der gerichtliche Sachverständige bestätigt und ist auch zwischen den Parteien außer Streit. Der Senat kann jedoch nicht ausschließen, daß diese Vorgaben und die im Stand der Technik bekannten Lösungen zur Verringerung des Gleichstromanteils nicht ausgereicht hätten, dem Fachmann Veranlassung zu geben, die erfindungsgemäße Merkmalskombination in Erwägung zu ziehen. Der deutschen Offenlegungsschrift 23 00 179 (Anlage Ni-K 11), auf die die Klägerin sich in diesem Zusammenhang bezogen hat, entnimmt der Fachmann ein Verfahren und Vorrichtungen zur Herabsetzung des durch einen Gleichstrom gegebenen Vormagnetisierungsstroms des einem magnetischen Auszeichnungskopf zugeführten Schreibstroms. Dabei werden magnetische Darstellungen von aus Binärziffern bestehenden aufeinanderfolgenden Dreiergruppen in aufeinanderfolgenden Zellen einer Spur auf dem Aufzeichnungsträger aufgezeichnet. Jede magnetische Darstellung besteht aus einem Flußumkehrmuster , welches an zumindest zwei von vier Übergangsstellen T0, T1, T2 und T3 innerhalb der jeweiligen Zelle auftritt. Dabei können bestimmte Reihen von Binärzifferdreiergruppen entweder durch ein primäres Flußumkehrmuster oder durch ein abwechselndes Flußumkehrmuster dargestellt werden, wie dies die nachfolgende Gegenüberstellung aus Figur 2 der Entgegenhaltung veranschaulicht :

T0 T1 T2 T3 T 0 T1 T2 T3 0 0 0 0 1 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 0 1 1 0 0 1 1 1 0 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1 1 1 0 0 0 1 1 Dadurch, daß anstelle der primären Flußumkehrmuster für die Dreiergruppen 001, 011 und 110 gegebenenfalls die Alternativmuster verwendet werden , kann die Gleichstromvormagnetisierung vermindert werden. Die unmittelbare Übertragung der Erkenntnisse aus dieser Entgegenhaltung auf einen Aufzeichnungsträger der eingangs dieses Abschnitts erörterten Art würde den Fachmann dazu führen, den Wert n1 für die Anzahl der Informationsbits zu erhöhen, um auf diese Weise die Möglichkeit zu schaffen, alternative Kodierungsmuster für die Umkodierung der Blöcke von Datenbits in aufeinanderfolgende Blöcke von Kanalbits bereitzustellen. Auf diese Weise gelangte er jedoch nicht zum Gegenstand der Erfindung. Es ist zwar in Betracht zu ziehen, daß der Fachmann möglicherweise auch hätte erwägen können, lediglich den Gedanken unterschiedlicher Gleichstromanteile alternativer Bitmuster weiterzuverfolgen und unter diesem Gesichtspunkt eine (weitere) Auswahl unter den entsprechend Merkmal 2.5 erzeugten mehreren Blöcken von Kanalbits zu treffen. Selbst wenn man hiervon ausginge, vermag der Senat jedoch nicht die Überzeugung zu gewinnen, daß der Fachmann diese Erwägung mit dem weiteren Schritt verbunden hätte, zwei
aufeinanderfolgende Folgen eines Kanalbits vom Typ 1 und von 10 (k) Kanalbits des Typs 0 als Teil einer Synchronisationsinformation zu verwenden. Ein unmittelbares Vorbild für die letztere Maßnahme hat die Klägerin nicht aufgezeigt, und Anhaltspunkte für ein solches sind auch sonst im Verlaufe der Verhandlung und Beweisaufnahme nicht hervorgetreten. Der gerichtliche Sachverständige hat es zwar als naheliegend bezeichnet, auch bei dem Synchronisationsmuster die (d, k)-Bedingung einzuhalten. Er hat jedoch in der Merkmal 4 entsprechenden Bitfolge eine geschickte Auswahl unter der Vielzahl in Betracht kommender Möglichkeiten gesehen, weil sie wegen der beiden Pegelübergänge , auf die jeweils die gleiche Anzahl von 10 (k) Bits des Typs 0 folgt, keinen Gleichstromanteil enthält. Damit dienen aber beide Maßnahmen - die Auswahl der Blöcke von Kanalbits mit minimalem Gleichstromanteil nach den Merkmalen 2.7 und 2.8 wie die Ausgestaltung der Synchronisationsinformation nach Merkmal 4 - dem Ziel eines möglichst geringen Gleichstromanteils und greifen somit ineinander. Ihre Verbindung stellt einen glücklichen Griff dar, von dem nicht festgestellt werden kann, daß er dem Durchschnittsfachmann am Prioritätstag nahegelegen hat. V. Mit Patentanspruch 11 hat auch der den Aufzeichnungsträger nach Patentanspruch 11 weiterbildende Patentanspruch 12 Bestand. Ursprungsoffenbarung und Ausführbarkeit sind insoweit von der Klägerin nicht gesondert angegriffen und Bedenken hiergegen auch sonst nicht hervorgetreten.
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 97 ZPO. Melullis Scharen Meier-Beck Asendorf Kirchhoff

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/02 Verkündet am:
15. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Koksofentür
PatG (1981) §§ 81, 14, 21 Abs. 1 Nr. 4, 38

a) Das nach Erlöschen des Streitpatents erforderliche besondere eigene
Rechtsschutzbedürfnis des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des
Streitpatents ist nach rechtskräftiger Verurteilung des Nichtigkeitsklägers in
einem Verletzungsrechtsstreit jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Nichtigkeitskläger
für den Fall der Nichtigerklärung des Streitpatents eine Restitutionsklage
in Betracht zieht.

b) Bezugszeichen im Patentanspruch schränken den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel
ein.

c) Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren ist
es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle
der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch
aufgenommen werden.
BGH, Urt. v. 15. November 2005 - X ZR 17/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 8. November 2001 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 23. Juni 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika angemeldeten deutschen Patents 29 25 730 (Streitpatents), das eine "Koksofentür" betrifft, drei Patentansprüche umfasste und inzwischen nach Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Koksofentür mit einem der Türleibung der Ofenkammer zugekehrten , vom Türrahmen kragarmartig vorspringenden Dich- tungselement, dessen zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist[,] und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß der Spannrahmen aus einer am Türrahmen befestigten und von diesem kragarmartig vorspringenden Federmembran (20) besteht, die über ihre zur Dichtfläche hin abgewinkelte Außenkante (44) mit dem Dichtungselement (30) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden, ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelten Abschnitt (52) verbunden ist."
2
Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin ist von der Beklagten wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen und durch rechtskräftig gewordenes Grundurteil des Landgerichts Düsseldorf auf eine Schadensersatzklage hin verurteilt worden. Sie hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Gegenstand des Streitpatents sei eine Dichtung für eine Koksofentür, die aus zwei Teilen bestehe, nämlich einem um die Tür herumführenden kragenartig vorspringenden Dichtungselement und einer Vorrichtung zur Erzeugung einer elastischen Kraft. Dabei sei aus der ursprünglich offenbarten Dichtungsvorrichtung mit einem schneidkantenartigen Dichtungselement und einer Stützvorrichtung eine Dichtvorrichtung geworden, die lediglich noch das schneidkantenartige Dichtungselement sowie eine kragarmartig vorspringende Federmembran vorsehe, womit das Stützglied völlig entfallen sei.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Patentinhaberin, die beantragt, un- ter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Prof. W. im Auftrag des Se- hat nats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bundespatentgerichts zur Abweisung der Klage.
7
I. Allerdings ist die Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall auch nach Erlöschen des Streitpatents infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer weiterhin zulässig. In diesem Fall ist zwar ein besonderes, eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Nichtigerklärung des abgelaufenen Patents erforderlich (st. Rspr.; zuletzt Sen.Urt. v. 22.02.2005 - X ZR 148/00, Umdruck S. 6; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 2. Aufl. 2005, Rdn. 120, je m.w.N.). Dieses kann aber bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Nichtigkeitsklägers im Verletzungsstreit vorliegen, weil eine Nichtigerklärung des angegriffenen Patents der im Verletzungsprozess unterlegenen Partei die Möglichkeit eröffnen würde, im Wege der Restitutionsklage gegen ihre Verurteilung vorzugehen (vgl. BPatGE 33, 240 = GRUR 1993, 732; Keukenschrijver, aaO; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, Rdn. 46 zu § 81; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl. 2005, Rdn. 42 zu § 81 PatG). Nachdem die Nichtigkeitsklägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie für den Fall der Nichtigerklärung die Durchführung eines Restitutionsverfahrens in Betracht ziehe, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage ohne weiteres zu bejahen.
8
II. Der Senat vermag aber der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht beizutreten, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund greife durch, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (§ 22 Abs. 1 PatG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG; "unzulässige Erweiterung", sachlich übereinstimmend mit § 13 Abs. 1 Nr. 4 PatG 1978; Art. XI § 3 Abs. 5 IntPatÜG; vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 21, 22 PatG 1981 BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer).
9
1. Das Streitpatent schützt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür mit einem vorspringenden Dichtungselement und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, wobei der Spannrahmen aus einer Federmembran (20) besteht, in besonderer Ausgestaltung. Diese Abdichtung kommt im Wesentlichen allein mit mechanischen Mitteln aus. Damit soll eine Abdichtung geschaffen werden, die in ihrer Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit mindestens das Ergebnis anderer, z.B. aus der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 vorbekannter Einrichtungen erreicht (vgl. die Angaben zur "Aufgabe" in der Beschreibung des Streitpatents Sp. 3 Z. 46-52). In der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 ist eine mit einer Sperrgasdichtung ausgestattete Koksofentür beschrieben, bei der ein Dichtungselement mit seiner äußeren, als Schneide ausgebildeten Kante gegen eine Dichtungsfläche der Türleibung mittels einer von Druckzylindern gebildeten Spannvorrichtung gedrückt wird. Diese Druckzylinder drücken dabei starre Schienen gegen die als Zackenkante ausgebildete Schneidkante.
10
2. Das Streitpatent stellt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür unter Schutz, bei der
(1)
das Dichtungselement (1.1) der Türleibung der Ofenkammer zugekehrt ist, (1.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (1.3) seine zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist,
(2)
miteiner Spannvorrichtung, (2.1) die bei Verriegelung der Tür die Dichtungsschneide belastet (2.2) über einen Spannrahmen, wobei
(3)
der Spannrahmen aus einer Federmembran besteht, die (3.1) am Türrahmen befestigt ist, (3.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (3.3) eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenkante aufweist, wobei
(4)
diese Außenkante verbunden ist (4.1) mit dem Dichtungselement, (4.2) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden Abschnitt, (4.2.1) der ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelt ist.
11
3. Dabei hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die Formulierung in Patentanspruch 1, der Spannrahmen "bestehe" aus einer Federmembran, nicht in dem Sinn zu verstehen ist, dass die Federmembran notwendig das einzige Element des Spannrahmens sein solle. Das Wort "besteht" ist hier jedenfalls auch in dem Sinn verwendet, dass der Spannrahmen neben der Federmembran noch weitere Elemente aufweisen kann, wie dies etwa die ein Ausführungsbeispiel wiedergebende Figur 10 der Zeichnungen des Streitpatents zeigt, insbesondere die dort dargestellten Abschnitte 44 und 46. Im Übrigen schränken die Bezugszeichen im Patentanspruch den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel ein (vgl. EPA - techn. Beschwerdekammer - T 237/84 ABl. EPA 1987, 309; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl. 1993, Rdn. 14 zu § 14 PatG; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rdn. 53 zu § 14; Schulte, aaO Rdn. 142 zu § 34; so schon zum früheren Recht BGH, Urt. v. 30.10.1962 - I ZR 46/61, GRUR 1963, 563, 564 - Aufhängevorrichtung). Die Nennung von Bezugszeichen im Patentanspruch 1 des Streitpatents führt daher nicht zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patents auf Ausgestaltungen, die den Darstellungen entsprechen , in denen diese Bezugszeichen verwendet werden.
12
4. Eine erfindungsgemäße Ausgestaltung wird in den jeweils verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 (Darstellung einer Vorderansicht der Tür auf der Stoßrichtungsseite), 7 (Schnitt bei 7-7 in Fig. 1), 8 (Schnitt entlang 8-8 in Fig. 7) und 10 (Schnitt entlang 10-10 in Fig. 8) des Streitpatents gezeigt: Fig. 1
13
Hier bezeichnen die Bezugszeichen 14 die Koksofenwand mit den Türleibungen 12 und der mit Feuerfeststeinen ausgekleideten Koksofentür. Der Türkörper weist die Grundplatte 32, das Hauptrahmenschweißstück 34, die Seitenplatten 36 und 38 und die Bodenplatte 40 auf. Das Stützglied 42 ist im Ausführungsbeispiel in die drei Abschnitte 48, 50, 52 aufgeteilt. Die Spannvorrichtung übt Druck auf die Schneide 52 aus, die gegen die Leibung 12 gedrückt wird.


14
Die Federmembran ist mit dem Befestigungsabschnitt 46 am Türrahmen befestigt. Der weitere Abschnitt 44 ist in Richtung Leibung abgewinkelt und an seinem Ende mit der Dichtungskante 52 verbunden.
15
III. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass sich der in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Gegenstand nicht den Anmeldeunterlagen entnehmen lasse, und dass Patentanspruch 1 des Streitpatents damit unzulässig erweitert sei. Der geschützte Gegenstand unterscheide sich von dem ursprünglich offenbarten durch die Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4. Denn die Dichtungsvorrichtung 18 für die Koksofentür 10 bestehe nach der ursprünglichen Offenbarung aus einem dichtenden Schneideelement (schneidkantenartiges Dichtungselement oder Schneidkantenelement) 30 und einer Stütz- oder Trägervorrichtung (Stützglied, Dichtungskantenträgerelement ) 42. Dabei beständen das Schneideelement 30 aus den Teilabschnitten 48, 50 und 52 und die Stütz- oder Trägervorrichtung 42 aus den Abschnitten 44 und 46, wie sich aus der ursprünglichen Beschreibung Seiten 7/8, dem ursprünglichen Schutzanspruch 1, aus der Beschreibung Seite 8 Abs. 3, Seite 11 Abs. 2 bis Seite 12 und der Figur 10 der Zeichnungen ergebe. Die Funktion , die das Stützelement 42 haben solle, werde im Schutzanspruch 1 der Anmeldung damit beschrieben, dass auf das schneidkantenartige Dichtungselement 30 eine gleichmäßige Vorspannung ausgeübt werden solle. Das für die Stützvorrichtung zu verwendende Material sei nicht beschrieben. Die aus elastischem , federndem Material hergestellte Membran 20, die einen Teil der Stützvorrichtung 42 überdecke, könne zusätzlich zur Erhöhung der Vorspannung verwendet werden, wie sich aus den Schutzansprüchen 2 und 5 der Anmeldeunterlagen sowie aus Seite 8 Abs. 3 und Seite 17 Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung ergebe. Eine solche Dichtungsvorrichtung sei auch in Figur 10 dargestellt. Aus den Hervorhebungen der physikalischen Eigenschaften der Membran, die nach den Schutzansprüchen 4 und 5 sowie der Beschreibung Seite 17 2. Absatz der ursprünglichen Unterlagen eine Blattfeder oder Membran sein solle, die nach Seite 8 Abs. 3 der ursprünglichen Unterlagen aus elastischem , federndem Material hergestellt sei und unmittelbar einen Teil der Stützvorrichtung überdecke, leite der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus, ab, dass das Stützelement 42 andere physikalische Werkstoff- eigenschaften aufweise als die fakultative, zusätzlich einsetzbare Membran. Der Fachmann werde deshalb auf eine relativ starre Konstruktion der aus dem Schneidelement 30 und der fest mit diesem verbundenen Stützvorrichtung 42 bestehenden, durch eine zusätzliche Federmembran zu verstärkenden Dichtvorrrichtung 18 schließen. Nach Patentanspruch 1 des erteilten Patents entfalle demgegenüber die ursprünglich zwingend notwendige, relativ starre Stütz- und Trägervorrichtung 42 mit den Abschnitten 44 und 46. Die ursprüngliche Stützvorrichtung 42 werde - was aus den ursprünglichen Unterlagen wegen der dort verwendeten unterschiedlichen Begriffe "Stützvorrichtung" und "Membran" nicht herleitbar sei - durch die Federmembran aus einem elastischen, federnden Material ersetzt.
16
IV. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als unzutreffend.
17
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist durch die Anmeldung offenbart , was sich aus der Sicht des Fachmanns des betreffenden Gebiets der Technik ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschließt. Zur Feststellung, ob der Nichtigkeitsgrund der "unzulässigen Erweiterung" vorliegt, ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist dabei die durch die Patentansprüche definierte Lehre (vgl. Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn). Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass dabei den in der Anmeldung bezeichneten Patentansprüchen eine gleich hervorragende Bedeutung zukommt. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, wie die Beklagte ihr Schutzbegehren später interpretiert hat, worauf die Klägerin nunmehr schriftsätzlich abgestellt hat. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung aus der Sicht eines Fachmanns erkennen ließ, der von den ursprünglichen Unterlagen abweichende Lösungsvorschlag des Patents solle von vornherein vom Schutzbegehren umfasst werden (vgl. zuletzt Sen.Urt. v.
05.07.2005 - X ZR 30/02 - Einkaufswagen II, Umdruck S. 7 f., zur Veröffentlichung vorgesehen, m.w.N.), d.h. als zur Erfindung gehörend ("gehörig") offenbart sein (vgl. Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 562 f.).
18
2. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Lehre ist durch die ursprünglichen Unterlagen der Patentanmeldung ausreichend als zur Erfindung gehörend offenbart. Auch die Merkmalsgruppen 3 und 4 seines Patentanspruchs 1 stellen nämlich allenfalls Konkretisierungen und Einschränkungen dieser allgemeinen Lehre im Sinn des in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen und zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiels und nicht zugleich auch eine Erstreckung auf einen nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Gegenstand dar.
19
a) Eine allgemeine Beschreibung dessen, was durch die Erfindung geleistet werden soll, findet sich zunächst auf Seite 7/8 der Anmeldungsunterlagen. Danach weist die Koksofentür einen Hauptrahmen und eine Dichtungsvorrichtung auf, die auf dem Hauptrahmen angeordnet ist und einen dichten, gleichmäßigen und nicht festhaftenden Sitz zwischen dem Hauptrahmen und der zugehörigen Ofentürleibung gewährleistet. Die Dichtungsvorrichtung enthält dabei ein dichtendes Schneidelement, das auf dem Hauptrahmen so angeordnet ist, dass es sich entlang der zugehörigen Türleibung erstreckt, und ferner eine Stütz- oder Trägervorrichtung, die am Hauptrahmen der Tür angeordnet ist und eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausübt. Die Trägeranordnung (d.h. die Trägervorrichtung ) weist dabei ein Dichtungskantenträgerelement auf, das am Hauptrahmen befestigt ist und von diesem vorspringt und mit dem dichtenden Schneidelement in der Nähe seines freien Endes verbunden ist. Das dichtende Schneidelement ist so angeordnet, dass es mit der zugehörigen Türleibung unter einem Winkel in Verbindung tritt, den die Anmeldeunterlagen mit beispiels- weise etwa 25° beziffern. Bei Verriegelung der Tür am Ofen wird die Dichtungskante gegen die Türleibung gedrückt, um die gewünschte Dichtung zu erzielen.
20
b) Innerhalb dieser allgemeinen Lehre hält sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des erteilten Patents.
21
aa) Die vom Bundespatentgericht als nicht offenbart angesehene Elastizität der Federmembran (20) ist in der ursprünglichen Beschreibung Seite 7 f. nicht angesprochen. Daher stellt sie zunächst eine Einschränkung gegenüber der ursprünglich offenbarten Lehre dar. Die zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4 sind jedoch in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies folgt insbesondere aus der ursprünglich eingereichten Figur 10 und der Beschreibung, namentlich Seite 11. Diese Figur zeigt die Federmembran (nach der ursprünglichen Beschreibung Seiten 11, 13, 16, 17 "Membran"; Seiten 17, 19, 20 "Feder", "Blattfeder") (20), die über den Abschnitt 46 und das Abstandsstück 26 am Türrahmen 16 (mit der Grundplatte 32; vgl. ursprüngliche Unterlagen S. 11) befestigt ist. Dass die Federmembran zusammen mit den weiteren Abschnitten 44 und 46 kragarmartig vom Türrahmen vorspringt und eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenfläche aufweist, ist unmittelbar der Figur 10 jedenfalls dann zu entnehmen, wenn man die Membran 20 und die Abschnitte 44 und 46 als Einheit ansieht, was sich aus der Figur 10 allerdings nicht unmittelbar ergibt. Für einen Fachmann, einen Diplomingenieur des Maschinenbaus, folgt die Möglichkeit , diese Teile als Einheit auszubilden, nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jedoch aus der ursprünglichen Offenbarung , wo es heißt, dass das Schneidelement so auf dem Hauptrahmen angeordnet ist, dass eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausgeübt wird (S. 7 3. Abs.). Darüber , dass sich die Merkmale der Merkmalsgruppe 4 unmittelbar der Figur 10 entnehmen lassen, besteht kein Streit; der Senat ist hiervon auch überzeugt.

22
Darauf, ob sich Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung auch im Übrigen an das in den Figuren dargestellte Ausführungsbeispiel und an dessen Beschreibung auf Seite 10 ff. der Anmeldeunterlagen hält, kommt es für die Beurteilung der Erweiterung nicht an. Denn der Patentinhaber ist nicht gehalten, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufzunehmen , um eine zulässige Beschränkung herbeizuführen (Sen.Urt. v. 21.10.2003 - X ZR 220/99, Umdruck S. 21, unter Hinweis auf Sen.Beschl. v. 23.01.1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126= GRUR 1990, 432, 433 - Spleißkammer). Hierzu bestand vorliegend schon deshalb kein Anlass, weil die Offenbarung auf Seite 7 f. der ursprünglichen Unterlagen einen allgemeineren Gegenstand betraf. Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren wäre es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufgenommen werden (vgl. Senat - Spleißkammer aaO).
23
bb) Eine Einschränkung des Inhalts, dass die ursprünglichen Unterlagen das Dichtelement als starres Element offenbarten, wie sie das Bundespatentgericht in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellt hat, ist der ursprünglichen Offenbarung auf Seite 7 f. nicht zu entnehmen. Die Frage, ob das Ausführungsbeispiel ein starres Element betrifft, beschränkt den Offenbarungsgehalt der weiter gefassten ursprünglichen Unterlagen nicht. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und bei seiner Anhörung nachdrücklich bestätigt hat, geht eine Differenzierung zwischen einem aus den Teilen mit den Bezugszeichen 46, 44 und 48 gebildeten festen Rahmen und einem federelastischen Element an der technischen Wirklichkeit vorbei. Mit Blick auf den Zweck der Vorrichtung müsse sich auch der Rahmen auf Grund der aufgewendeten Kräfte verformen, um eine hinreichende Abdichtung zu gewährleisten und bei Wegnahme der Kräfte in seinen Ausgangszustand zurück- kehren; der Sachverständige hat dies überzeugend als einen Vorgang der Elastizität im Gegensatz zu einer zu dauerhaften Veränderungen führenden Verformung bezeichnet.
24
Diesen erkennbar von Sachkunde getragenen Folgerungen des gerichtlichen Sachverständigen tritt der Senat bei. Auch sie entziehen der allein die Annahme der Erweiterung tragenden Feststellung des Bundespatentgerichts die Grundlage, dass die Dichtungsvorrichtung 18 nach den ursprünglich eingereichten Unterlagen eine relativ starre Konstruktion darstelle, während nach Patentanspruch 1 des erteilten Streitpatents die Dichtungsvorrichtung nicht mehr starr sei.
25
cc) Die Frage, ob auch eine Ausführungsform, bei der die Federmembran (20) mit dem Abschnitt 46 in einem einzigen Teil zusammenfällt, eine Benutzung des Streitpatents darstellt, betrifft allein die Prüfung der Patentverletzung und ist im Nichtigkeitsverfahren nicht zu erörtern.
26
V. Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehe, sind in der Berufungsverhandlung nicht mehr geltend gemacht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.
27
Sie folgen insbesondere nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass der Begriff "Spannrahmen" in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten sei. Die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt nämlich - anders als die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals - dann keine unzulässige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst offenbart war.
28
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2001 - 3 Ni 39/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 131/02 Verkündet am:
12. Dezember 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Schussfädentransport

a) Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele des Patents ausschließlich
auf bestimmte Ausführungsformen beziehen, schränkt einen weiter
zu verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen
ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer
Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht
zulässig; dies gilt insbesondere, wenn der Beschreibung eine Schutzbegrenzung
auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist.

b) Es besteht grundsätzlich kein Anlass, von Amts wegen in eine nähere Prüfung
darüber einzutreten, ob in einem insgesamt nicht schutzfähigen Patentanspruch
eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent weiterhin Bestand haben
könnte (Fortführung des Sen.Urt. v. 24.10.1996 - X ZR 29/94, GRUR
1997, 272, 273 - Schwenkhebelverschluss).
BGH, Urt. v. 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und
die Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 31. Januar 2002 abgeändert : Das Patent 30 43 003 wird im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 für nichtig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, die im Weg der Namensänderung aus der früheren S. AG in W. hervorgegangen ist, war zuletzt Inhaberin des am 11. November 1980 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung in den Niederlanden vom 15. November 1979 angemeldeten, inzwischen infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschenen deutschen Patents 30 43 003 (Streitpatents), das ein Verfahren zum Transport der Schussfäden mittels eines strömenden Fluidums durch das Webfach einer Webmaschine sowie eine Webmaschine zur Durchführung dieses Verfahrens betrifft und in der Fassung, die es im Einspruchsbeschwerdeverfahren erhalten hat, 5 Patentansprüche umfasst. Die von der als Patentverletzerin gerichtlich in Anspruch genommenen Nichtigkeitsklägerin allein angegriffenen Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 lauten - ohne Berichtigung einzelner Schreib- und Grammatikfehler - wie folgt: "1. Verfahren zum Transport der Schußfäden durch das Webfach einer Webmaschine, mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen, dadurch gekennzeichnet , daß von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen wird, ein für die gemessene Transportgeschwindigkeit repräsentatives Signal (s, s’) einem Steuersystem (10, 10’, 11) zugeführt wird, in welchem dieses Signal in ein Steuersignal umgewandelt wird, das diejenigen Komponenten (4) des Schußtransportsystems, welche die Geschwindigkeit des Schußgarns bestimmen, beeinflußt. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man eine kontinuierliche Messung der zum Schußtransport benützten Zeit durchführt, über eine Anzahl aufeinanderfolgender Schüsse die mittlere Schußzeit (s’) bestimmt und diese mit der gewünschten Schußzeit (so) vergleicht, wobei man ein für den zu messenden Zeitunterschied repräsentatives Signal (s) einem Steuersystem zuführt, in welchem dieses Signal in einer Steuersignal umgewandelt wird, das die Komponenten (4) des Schußtransportsystems beeinflußt. 4. Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Maschine mit einer Meßvorrichtung (6, 7, 8) für die Transportgeschwindigkeit des Schußfadens sowie mit einem Steuersystem (10, 11) ausgerüstet ist, in welchem das für die Transportgeschwindigkeit repräsentative Signal (5’) in ein Steuersignal umgewandelt wird, das die Komponenten (2, 4) des Schußtransportsystems beeinflußt , welche die Geschwindigkeit des Schußfadens bestimmt.
5. Webmaschine nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Maschine mit einer Vorrichtung (6, 7, 8) ausgerüstet ist, welche die zum Schußtransport benützte Zeit während mehrerer Webzyklen mißt und einen Mittelwert (s’) der gemessenen Zeit bildet, und die mittlere Schußzeit (s’) mit der gewünschten Schußzeit (so) vergleicht, wobei ein für den zu messenden Zeitunterschied repräsentatives Signal (s) dem Steuersystem (10, 11) zugeführt wird, welches dieses Signal in ein Steuersignal umwandelt, das die Komponenten (4, 2) des Schußtransportsystems beeinflußt, welches die Geschwindigkeit des Schußfadens bestimmt."
2
Die Nichtigkeitsklägerin hatte gegen das Streitpatent bereits Einspruch eingelegt. Im Einspruchsverfahren und in dem sich daran anschließenden Einspruchsbeschwerdeverfahren ist sie im wesentlichen erfolglos geblieben; das Patentamt hat das Streitpatent in vollem Umfang aufrecht erhalten; das Bundespatentgericht hat in seiner Beschwerdeentscheidung (Beschl. v. 17.12.1992 - 11 W (pat) 10/91) lediglich in Patentanspruch 4 die Worte "zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1" eingefügt.
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Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn die deutschen Offenlegungsschriften 24 03 025 (in der Bezeichnung der Klägerin NK2), 24 11 905 (NK7), 27 58 402 (NK6, bereits im Einspruchsverfahren berücksichtigt) und 28 24 429 (NK15), die britische Patentschrift 1 468 124 (NK12), die französische Patentschrift 1 541 187 (NK14), die US-Patentschriften 3 853 408 (NK4) und 4 023 599 (NK5), das Fachbuch "Webereitechnik", VEB Fachbuchverlag Leipzig, 2. Auflage 1971 (NK1), drei Veröffentlichungen von Perner und Hänel aus den Jahren 1972 bis 1979 (NK8 - 10) sowie eine Veröffentlichung von Buráň, Kuba und Kondělik aus dem Jahr 1972 (NK11), jeweils in der Zeitschrift "Deutsche Textiltechnik", bildeten , nicht schutzfähig sei. Sie hat beantragt, das Streitpatent im Umfang seiner Patentansprüche 1, 2, 4 und 5 für nichtig zu erklären. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen.
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt. Zusätzlich stützt sich die Klägerin im Berufungsverfahren auf den Nichtigkeitsgrund, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin weiter die französische Patentanmeldung 2 166 332 (NK21), die niederländische Patentanmeldung 7901050 (NK22), die deutschen Offenlegungsschriften 1 535 600 (NK27), 23 37 787 (NK25), 24 46 819 (NK28) und 30 02 862 (NK20) sowie die deutsche Auslegeschrift 1 243 114 (NK26) und die Beiträge von Hutter in Melliand Textilberichte 7/1977 S. 545-550 (NK29) und von Buss in chemiefasern/textil-industrie Februar 1978, S. 152-160 (NK30) genannt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
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Im Auftrag des Senats hat Professor Dr.-Ing. B. W. , B. , ein schriftliches Gutachten (im Folgenden: GA W. I) erstattet, das er zunächst schriftlich ergänzt (GA W. II) und sodann in der mündlichen Verhandlung erläutert und weiter ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten von Prof. Dr.-Ing. O. K. (GA K. ) eingereicht.

Entscheidungsgründe:


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Die zulässige Berufung der Klägerin führt unter Abänderung der Entscheidung der Vorinstanz zur Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang.
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I. Die Nichtigkeitsklage ist auch nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents weiterhin zulässig, weil die von der Beklagten als Patentverletzerin in Anspruch genommene Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang hat (st. Rspr.; vgl. Sen.Urt. v. 19.5.2005 - X ZR 188/01, GRUR 2005, 749 - Aufzeichnungsträger; v. 15.11.2005 - X ZR 17/02, GRUR 2006, 316 - Koksofentür; zuletzt Sen.Urt. v. 12.9.2006 - X ZR 49/02). Die Beklagte ist passiv legitimiert, ohne dass es insoweit auf den Registerstand ankäme.
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II. Die Einführung des weiteren Nichtigkeitsgrunds der fehlenden ausführbaren Offenbarung stellt eine Klageänderung dar (Sen.Urt. v. 24.6.1997 - X ZR 13/94, Bausch BGH 1994-1998, 327, 334 - Auspressvorrichtung), die auch in zweiter Instanz noch zulässig ist und die der Senat als sachdienlich ansieht , weil sie die umfassende Beurteilung des Rechtsstreits in einem einzigen Verfahren ermöglicht und der Streitstoff bereits frühzeitig vorgetragen war, so dass sich die Beklagte hierzu erklären konnte (vgl. Sen.Urt. v. 7.6.1994 - X ZR 82/91, Bausch BGH 1994-1998, 27, 29 - thermoplastische Formmassen ). Im Ergebnis kommt es auf diesen Nichtigkeitsgrund jedoch nicht an, weil das Streitpatent, soweit es angegriffen ist, schon wegen mangelnder Patentfähigkeit der Nichtigerklärung anheimfällt.
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III. Das Streitpatent ist im angegriffenen Umfang nicht patentfähig (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 PatG 1978 in sachlicher Übereinstimmung mit §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG 1981 und in Verbindung mit den Übergangsregelungen in Art. XI § 1, § 3 IntPatÜG).
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1. Das Streitpatent betrifft nach seinem Patentanspruch 1 und dem auf diesen bezogenen Unteranspruch 2 ein Verfahren zum Transport der Schussfäden durch das Webfach einer Webmaschine mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen und nach Patentanspruch 4 und dem auf diesen bezogenen Patentanspruch 5 eine Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1.
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Das Streitpatent bezieht sich dabei nach seinen Patentansprüchen nicht allein (hierzu unten III. 4.), aber doch nach der Beschreibung, die sich ausschließlich mit ihnen beschäftigt, im wesentlichen auf Düsenwebmaschinen, d.h. Webmaschinen, bei denen die Schussfäden nicht mittels einer mechanischen (Zug-)Einrichtung wie eines Schützen, eines Projektils oder eines Greifers , sondern mittels druckluft- oder wasserstrahlbeaufschlagter Strömungsdüsen in das Webfach eingetragen werden. Solche Düsenwebmaschinen sind seit 1914 (US-Patent 1 096 283) bekannt (vgl. den nachveröffentlichten Aufsatz von Wahhoud und Kohlhaas "Air jet weaving machines - review, state of the art and prospects", NK3) und jedenfalls seit 1961 am Markt eingeführt (vgl. die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung B3). Sie werden in erster Linie zum Verweben von Filamentgarnen eingesetzt, die aus Kunststofffäden (Filamentfäden; Polymerfäden ) bestehen und wie Seidenfäden zu den Glattgarnen zählen (vgl. GA W. I S. 4). Bei derartigen Maschinen kann der Schussfadeneintrag nur erfolgen, solange das aus den Kettfäden gebildete Webfach offen ist. Dabei trat das Problem auf, dass der Schussfaden im Webzyklus entweder zu früh oder zu spät eingetragen wurde, wenn die Impulsübertragung, insbesondere beim Übergang auf eine andere Art von Schussfäden, nicht optimal erfolgte (vgl. Streitpatent, Beschr. Sp. 2 Z. 4-11). Dieses Problem trat insbesondere bei Strukturveränderungen des Garns auf, die zu Änderungen in dessen Luftwiderstand führen (vgl. GA W. I S. 5). Im Weiteren konnten diese Störungen zu Webfehlern führen (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 17-20), für die in erster Linie Unterschiede im Luftwiderstand des Schussfadens verantwortlich gemacht wurden (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 28-33; das Parteigutachten Prof. K. , S. 5, präzisiert dies dahin, dass die Ondulierung (sog. "Texturierung") des Filamentgarns die eigentliche Ursache sei) und zu deren Vermeidung man innerhalb des Webzyklus dem Schuss so viel Zeit gewährte und soviel Energie (über das Transportfluidum) zuführte, dass man praktisch sicher war, dass sowohl der langsamste wie der schnellste Schussfaden innerhalb der eröffneten Spanne lagen. Dies war jedoch, wie die Beschreibung des Streitpatents bemängelt, nicht ökonomisch (Beschr. Sp. 2 Z. 20-26).
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2. Diese, ein relativ langsames Arbeiten der Webmaschine erfordernde und damit unökonomische Vorgehensweise soll durch das Streitpatent vermieden werden (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 26-27). Was weiter als "Aufgabe" angesprochen worden ist, ist bereits Lösungsansatz, von dem die Problemdefinition frei zu halten ist (vgl. Sen.Urt. v. 22.11.1984 - X ZR 40/84, GRUR 1985, 369 - Körperstativ

).


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3. a) Zur Lösung dieses technischen Problems soll eine für das Verhalten des Schussfadens repräsentative Größe wie dessen Geschwindigkeit als Steuergröße für die Steuerung der Webmaschine benutzt werden (Beschr. Sp. 2 Z. 34-37). Dabei soll nach einem ersten (der Lehre des nicht angegriffenen Patentanspruchs 3 zugrunde liegenden) Prinzip die Transportgeschwindigkeit jedes Schussfadens gemessen, ein dafür repräsentatives Signal einem Steuersystem zugeführt und dort in ein Steuersignal umgewandelt werden, das die Drehzahl der Maschine derart ändert, dass die zum Schusstransport eines Fadens benötigte Zeit einen nahezu konstanten Teil der momentanen von der Arbeitsfrequenz der Maschine bestimmten Webzykluszeit bildet, womit erreicht werden soll, dass die Maschine in jedem Moment mit einer möglichst hohen Drehzahl betrieben wird (Beschr. Sp. 2 Z. 40-53). Nach einem zweiten Prinzip, das der Lehre der Patentansprüche 1 und 2 zugrunde liegt, wird das gemessene Signal in ein Steuersignal umgewandelt, das bei konstanter Maschinendreh- zahl die Komponente des Schusstransportsystems, die die Geschwindigkeit des Schussgarns bestimmt, beeinflusst (Beschr. Sp. 2 Z. 54-64).
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b) Hierzu stellt das Streitpatent nach seinem Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Transport der Schussfäden durch das Webfach einer Webmaschine unter Schutz, wobei (1) der Transport mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen erfolgt, (2) von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen wird, (3) ein für die gemessene Transportgeschwindigkeit repräsentatives Signal einem Steuersystem zugeführt und (4) dieses Signal dort in ein Steuersignal umgewandelt wird, (4.1) das diejenigen Komponenten des Schusstransportsystems, die die Geschwindigkeit des Schussgarns bestimmen, beeinflusst.
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c) Nach seinem Patentanspruch 4 schützt das Streitpatent eine Webmaschine zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1, die (1’) mit einer Messvorrichtung für die Transportgeschwindigkeit des Schussfadens sowie (2’) mit einem Steuersystem ausgerüstet ist, (2.1’) in dem das für die Transportgeschwindigkeit repräsentative Signal in ein Steuersignal umgewandelt wird, (2.1.1’) das die Komponenten (2, 4) des Schusstransportsystems beeinflusst, die die Geschwindigkeit des Schussfadens bestimmen (nicht, wie in Patentanspruch 4: bestimmt).
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4. Die für die Bestimmung des Gegenstands des Streitpatents zunächst maßgeblichen Patentansprüche gehen dabei im Sinn einer Verallgemeinerung über den Inhalt der Beschreibung hinaus. Sie beziehen sich insbesondere nicht ausschließlich auf Düsenwebmaschinen, sondern erfassen auch andere Webmaschinen , bei denen der Schussfadentransport mittels einer Anzahl mit einem strömenden Transportfluidum gespeister Düsen erfolgt. Dies betrifft nicht nur rein theoretisch denkbare Fälle; im Stand der Technik sind vielmehr sowohl pneumatische Schützenwebmaschinen, bei denen der eine ganze Spule tragende Schützen durch einen Luftstrom vorwärtsgetrieben wird (deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787, NK25, Beschreibung S. 2, erster vollständiger Abs.), als auch pneumatische Düsenwebmaschinen mit einem Projektil (ebenfalls NK25) beschrieben. Selbst wenn es sich dabei um vereinzelt gebliebene oder wenig marktfähige Ausführungen gehandelt haben mag, kann nicht darüber hinweggegangen werden, dass sie vorbeschrieben waren. Die Patentansprüche des Streitpatents lassen sich ohne weiteres auch auf solche Ausführungen lesen. Ihnen sind keine Einschränkungen zu entnehmen, dass diese nicht unter das Patent fallen sollen. Auch daraus, dass der Schussfadentransport "mittels" einer Anzahl von Düsen erfolgen soll, folgt keine Einschränkung dahin, dass dies nur unmittelbar zu geschehen habe; ein Schussfadentransport mit einer düsengetriebenen Spule oder einem düsengetriebenen Projektil stellt ebenfalls einen Schussfadentransport "mittels" Düsen dar. Insoweit können auch Zweifel an der Bedeutung des Begriffs "mittels" nicht bestehen. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien erörtert.
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Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf Düsenwebmaschinen beziehen, schränkt den Sinngehalt der Patentansprüche ebenfalls nicht ein. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig; dies gilt insbesondere, wenn der Beschreibung wie hier eine Schutz- begrenzung auf bestimmte Ausführungsformen nicht zu entnehmen ist (vgl. Scharen in Benkard, EPÜ, 2002, Art. 69 EPÜ Rdn. 33; ders. in Benkard, PatG GebrMG, 10. Aufl. 2006, § 14 PatG Rdn. 24, 25, je m.w.N.). Es ist grundsätzlich Sache des Patentinhabers, gebotene Einschränkungen des Patentschutzes, etwa im Beschränkungsverfahren oder durch beschränkte Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren, selbst herbeizuführen.
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5. a) Soweit die Patentansprüche des Streitpatents auf die Transportgeschwindigkeit des Schussfadens (Merkmale 2, 3, 2.1’) abstellen, erfassen sie nicht nur Unterschiede, die ihre Ursachen "hauptsächlich im Faden selbst haben und namentlich die Folge von Unterschieden im Luftwiderstand des Fadens sind" (Beschr. Sp. 2 Z. 31-33). Die Einsicht, dass derartige Unterschiede über eine Ausregulierung beherrschbar sind, mag zwar eine neue Erkenntnis gegenüber dem Stand der Technik gewesen sein, sie hat aber in den Patentansprüchen und damit in der unter Schutz gestellten Lehre keinen Niederschlag gefunden. Zudem hat die mündliche Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben, dass auch andere Unterschiede über regulierende Eingriffe sinnvoll angegangen werden konnten. So könnte, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Zeit zu langsamer Schüsse durch eine Erhöhung der Schussgeschwindigkeit reduziert werden. Diesen zu langsamen Schüssen mussten jedenfalls keine tendenziellen Unterschiede in der Garnstruktur zugrunde liegen ; für den Anwender des Verfahrens stellte sich generell nicht die Frage, worauf die unbefriedigende Transportgeschwindigkeit zurückzuführen war, wenn er nur den Fehler im Gewebe als solchen erkannte und Anlass zu der Annahme hatte, diesem durch eine Regelung beikommen zu können.
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b) Bei dem für die Transportgeschwindigkeit repräsentativen Signal (Merkmal 3) kann es sich sowohl um die gemessene Geschwindigkeit eines bestimmten Schussfadens (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 36/37), die mittlere Schussge- schwindigkeit oder die mit dieser korrelierte benötigte Zeit (vgl. Beschr. Sp. 2 Z. 65 - Sp. 3 Z. 3) oder eine hieraus abgeleitete Größe handeln (vgl. Beschr. Sp. 3. Z. 3-5), wobei es dem Anwender des geschützten Verfahrens überlassen bleibt, eine geeignete Größe auszuwählen, bei der es sich infolge der bekannten Definition der Geschwindigkeit als Funktion von Weg und Zeit bei bekanntem und innerhalb einer Produktion konstantem Weg (Breite des Gewebes) auch um die Schusszeit handeln kann. Die Beeinflussung der Komponenten des Schusstransportsystems (Merkmale 4.1; 2.1.1’) kann dabei zweckmäßigerweise so erfolgen, dass die Düsen nur mit so viel strömendem Fluidum gespeist werden, dass die gewünschte Schussgeschwindigkeit genau erreicht wird; wird eine Neigung zur Verringerung der Schusszeit (d.h. eine Erhöhung der Geschwindigkeit des Schussfadens) festgestellt, kann demgemäß weniger Energie zugeführt werden (vgl. Beschr. Sp. 3 Z. 9-23). Für die Vergleichsparameter muss entweder auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden oder diese müssen durch einen Prüfvorgang ermittelt werden.
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6. Soweit in den Patentansprüchen von einem "Steuersystem" die Rede ist, ist - worüber auch allseits Einigkeit besteht - korrekterweise ein Regelsystem gemeint (vgl. DIN 19226, Ausgabe Mai 1968), denn es wird die (tatsächliche ) Schusszeit oder Transportgeschwindigkeit als Regelgröße gemessen, mit der eingestellten Transportgeschwindigkeit, der Führungsgröße, verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Vergleichs angeglichen (GA W. I S. 6). Die Regelung kann - von Patentanspruch 1 des Streitpatents erfasst - bereits beim zweiten eingetragenen Schussfaden wirksam werden, sie wird sich aber zweckmäßigerweise, wenngleich nicht notwendig, nicht jeweils an der Geschwindigkeit des unmittelbar vorher eingeschossenen Fadens, sondern an der Tendenz der Fadengeschwindigkeit ausrichten, die wiederum wesentlich von Strukturveränderungen im Garn bestimmt wird (vgl. GA W. I S. 5).
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IV. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik nach den angesichts des Anmeldedatums anzuwendenden §§ 2, 2a PatG 1978 (die den geltenden §§ 3, 4 PatG 1981 entsprechen) haben zunächst die nachveröffentlichten Entgegenhaltungen NK3, NK20 und NK23 außer Betracht zu bleiben. Die Beiträge von Wahhoud und Kohlhaas "Air jet weaving machines - review, state of the art and prospects" (NK3) und von Samal "Grundriß der praktischen Regelungstechnik", Bd. I (NK23), sind erst im Jahr 1981 veröffentlicht und rechnen daher nicht zum Stand der Technik. Die am 30. Juli 1981 veröffentlichte deutsche Offenlegungsschrift 30 02 862 (NK20; Gebrüder Sulzer AG) ist erst am 26. Januar 1980 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 23. Januar 1980 angemeldet worden, prioritätsjünger als das Streitpatent und rechnet deshalb ebenfalls nicht zum Stand der Technik (§ 2 Abs. 1 und 2 PatG 1978).
22
V. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist neu (§ 2 Abs. 1 - 3 PatG 1978 i.V.m. Art. XI § 1 Abs. 2 Satz 1, 2, § 3 Abs. 6 Satz 1 IntPatÜG; vgl. Keukenschrijver in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Art. XI § 3 IntPatÜG Rdn. 1). Keine der Entgegenhaltungen nimmt ihn in seiner Gänze vorweg.
23
Wie das Bundespatentgericht zutreffend festgestellt hat, wird die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 1 gegenüber dem Fachbuch "Webereitechnik" (NK1), der deutschen Offenlegungsschrift 24 03 025 (NK2), den USPatentschriften 3 853 408 (NK4) und 4 023 599 (NK5), der deutschen Offenlegungsschrift 27 58 402 (NK6), der britischen Patentschrift 1 468 124 (NK12) und dem Aufsatz von Buráň, Kuba und Kondělik "Methode zur Messung der Zeit des Schussfadenflugs durch den Konfusor bei pneumatischen Webautomaten" in Deutsche Textiltechnik 22 (1972), Heft 6, S. 364 (NK11), schon da- durch begründet, dass dort jeweils das die Transportgeschwindigkeit beeinflussende Steuer- (Regel-)system nicht beschrieben ist.
24
Das Fachbuch "Webereitechnik" (NK1) enthält lediglich die Aussage (S. 185 Z. 8/9), dass die Einstellung der Schusseintragsvorrichtungen leicht regelbar sei, aber keine Angaben dazu, wie die Regelung zu bewerkstelligen ist. Dass auch das Streitpatent nur allgemeine Angaben zur Regelung enthält, ändert nichts daran, dass diese in der Entgegenhaltung gänzlich fehlen.
25
Die deutsche Offenlegungsschrift 24 03 025 (Výzkumný a vývojový ústav Závodů všeobecněho strojírenství; NK2) offenbart schon das Erfassen der Transportgeschwindigkeit des Schussfadens (Merkmal 2) nicht. Die US-Patentschrift 3 853 408 (Kaalverink/Ruti - Te Strake; NK4) beschreibt nicht die Steuerung der Geschwindigkeit des Schussfadens. Gleiches gilt für die einen optoelektronischen Schussfadendetektor betreffende US-Patentschrift 4 023 599 (Zeleny/Gebrüder Sulzer GmbH; NK5). Die deutsche Offenlegungsschrift 27 58 402 (Výzkumný a vývojový ústav Závodů všeobecněho strojírenství; NK6) beschreibt nur die Steuerung des Zeitpunkts der Öffnung der Betätigungselemente , die die Zuführung der Druckluft steuern. Der Aufsatz von Buráň u.a. (NK11) beschreibt lediglich die Methode zur Messung der Zeit des Schussfadenflugs , nicht auch die Merkmale 4, 4.1. Die britische Patentschrift 1 468 124 (Nissan Motor Company; NK12) beschreibt - auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin angezogenen Beschreibungsstelle (S. 11 Z. 4-11) - nicht, dass von jedem Schussfaden die Transportgeschwindigkeit gemessen und mittels eines repräsentativen Signals das Schusstransportsystem geregelt wird (so auch GA W. I S. 11).
26
Die deutsche Offenlegungsschrift 24 11 905 (VEB Textilkombinat Cottbus ; NK7) und die Veröffentlichung von Perner und Hänel "Elektronisches Messverfahren zur EDV-gerechten Erfassung der Schützenbewegung an Webmaschinen" in Deutsche Textiltechnik 24 (1974), Heft 3, S. 171 (NK8) beschreiben die Regelung/Steuerung des Schussfadentransportsystems nicht.
27
Die weitere Veröffentlichung von Perner und Hänel "Ermittlung von Leistungsreserven an Greiferschützen-Webautomaten" in Deutsche Textiltechnik 29 (1979), Heft 3, S. 160 (NK9) lehrt zum einen, eine Leistungssteigerung über die Erhöhung der Webmaschinendrehzahl zu verwirklichen (S. 169 rechte Spalte siebter Absatz), zum anderen durch eine Erhöhung des Nutzeffekts (S. 161 linke Spalte erster vollständiger Absatz). Dort wird ausgeführt, durch das Reduzieren der Schussfadengeschwindigkeit werde der Vorgang "Schussfadeneintrag" sicherer, und es träten infolge reduzierter Belastungen der Schussfäden und der Schussfadeneintragsvorrichtungen weniger Störungen und damit auch weniger Stillstandszeiten an der Webmaschine auf. Das Reduzieren der Schussfadengeschwindigkeit kann dabei wie auch nach der Lehre des Streitpatents durch einen Regelungsvorgang vorgenommen werden. Die Veröffentlichung beschreibt diesen aber ebensowenig wie die einzelnen Regelungsschritte im Sinn der Merkmale 2, 3, 4 und 4.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und steht diesem deshalb nicht neuheitsschädlich entgegen. Jedoch ist die durch den Aufsatz vermittelte Erkenntnis entgegen der Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen (GA W. I S. 10) nicht schon deshalb nicht zu berücksichtigen , weil sie auf einen Schusseintrag mit Luft nicht übertragbar wäre. Der gerichtliche Sachverständige hat bei seiner Begutachtung nämlich übersehen, dass die deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787 sowohl eine pneumatische Schützenwebmaschine als auch eine pneumatische Projektilwebmaschine beschreibt und damit durchaus Anlass bestand, die Aufmerksamkeit auch auf Schützenwebmaschinen zu richten; zudem hat er nicht berücksichtigt, dass das Streitpatent nicht nur Düsenwebmaschinen erfasst.
28
Die französische Patentschrift 1 541 187 (NK14) kann ebenfalls nicht bereits deshalb außer Betracht bleiben, weil sie Schützenwebmaschinen betrifft. Beschrieben ist in ihr auch eine Regelung (im Sinn einer Korrektur anhand eines Sollwerts) des Schusseintrags (vgl. Beschr. S. 1 rechte Spalte Z. 11-13, letzte Zeile bis S. 2 linke Spalte Z. 4: kontinuierliche Überwachung der Schlagkraft , die eine Erkennung und Korrektur eines übertrieben schwachen oder starken Schlags ermöglicht). In die Schlagkraft geht dabei notwendig als Bestimmungsgröße auch der Impuls und damit die Geschwindigkeit ein. Allerdings sind die Maßnahmen, wie sie die Merkmale 2, 3, 4 und 4.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents lehren, nicht ausdrücklich vorbeschrieben.
29
Die deutsche Offenlegungsschrift 28 24 429 (NK15) betrifft nur die Erzeugung des Steuersignals sowie dessen Zuführung an eine Speicheranlage mit Standanzeige und stellt nicht näher dar, wie dieses Signal in einen Regelungsvorgang überführt wird.
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Der Artikel von Perner und Hänel "Elektronische Webmaschinenmeßtechnik (Teil 1)" in Deutsche Textiltechnik 29 (1979), Heft 10, S. 648 (NK10) - seine von der Beklagten in Frage gestellte Vorveröffentlichung unterstellt - nimmt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ebenfalls nicht vorweg.
31
Die französische Patentanmeldung 2 166 332 (Moessinger S.A.; NK21) spricht eine Regelung der Schussfadengeschwindigkeit über ein von der gemessenen Geschwindigkeit des Schussfadens abgeleitetes Signal nicht an, sondern nur eine Steuerung für das Erfassen des Fadens durch den Haken 16 (Beschr. S. 6 Z. 11-14).
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In der niederländischen Patentanmeldung 7901050 (K.K. Toyoda Jidoshokki Seisakusho; NK22) ist ein Messen der Geschwindigkeit des Transportfadens im Sinn des Merkmals 2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht vorgesehen.
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Die deutsche Offenlegungsschrift 1 535 600 (Ruthardt; NK27) betrifft nicht den Transport des Schussfadens mittels einer Fluiddüse. Die deutsche Offenlegungsschrift 23 37 787 (Crompton & Knowles Corp.; NK25) betrifft eine Webmaschine mit pneumatisch angetriebenen Schützen. Der Schussfaden wird mit einem mittels eines Druckluftstoßes betriebenen Projektils und damit von der Masse des Projektils beaufschlagt durch das Webfach geschossen. Die Entgegenhaltung beschreibt jedenfalls die Regelung des Schussfadeneintrags nicht. Die deutsche Offenlegungsschrift 24 46 819 (Oberdorfer; NK28) bezieht sich auf einen fluidbeaufschlagten Schussfadeneintrag. Die deutsche Auslegeschrift 1 243 114 (Apparate- und Maschinenfabriken Uster; NK26) befasst sich nicht mit der Regelung des pneumatischen Schussfadeneintrags (vgl. GA W. II S. 7).
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Der Beitrag von Hutter, Neue Entwicklungen elektronischer Geräte für Webmaschinen, in Melliand Textilberichte 7/1977, S. 545-550 (NK29), beschreibt diverse Steuerungen konventioneller und schützenloser Webmaschinen , insbesondere die elektronische Schützenflugüberwachung und bei schützenlosen Webmaschinen die Überwachung des Projektils, des Bands oder des Greifers sowie die Schussfadenüberwachung. Er steht der Neuheit der Lehre des Streitpatents nicht entgegen. In dem Beitrag von Buss in textilfasern/textilindustrie , Februar 1978, S. 152-160 (NK30) ist von einer Regelung des Schussfadeneintrags keine Rede.
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VI. 1. Die Würdigung dieses Materials aus dem Stand der Technik ergibt jedoch, dass der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann, als den der Senat auf Grund der Erörterung in der mündlichen Verhandlung einen im Team insbesondere mit einem Maschinenbauingenieur arbeitenden Textilingenieur mit Fachhochschulausbildung oder einen erfahrenen Textiltechniker ansieht, nahegelegen hat und deshalb nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§ 2a PatG 1978 entsprechend § 4 PatG 1981).
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Regelstrategien bei Düsenwebmaschinen sind in der Entgegenhaltung NK1 angesprochen, Regelstrategien bei Schützenwebmaschinen insbesondere in den Entgegenhaltungen NK27, NK28 und NK29, jedenfalls im Ergebnis auch in NK14. Auch der Aufsatz von Perner und Hänel (NK9) betrifft die Regelung bei Schützenwebmaschinen. Daraus folgt zunächst, dass die Kenntnis der Regelungstechnik in der Fachwelt, d.h. bei mit der Konstruktion von Webmaschinen befassten Mitarbeitern von Webmaschinenherstellern, vorhanden und abrufbar war. Der gerichtliche Sachverständige hat dies in der mündlichen Verhandlung in der Weise bestätigt, dass er diese Kenntnis bei dem Maschinenbauer , der in dem typischerweise mit der Entwicklung entsprechender Vorrichtungen befassten Team mitarbeitet, bestätigt hat.
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Für den Fachmann, der sich mit Gewebefehlern, die aus einer falschen Transportgeschwindigkeit des Schussfadens herrühren, konfrontiert sah, etwa aus zu langsamen Fäden, die das Schussfach nicht innerhalb des hierfür offenen Zeitfensters vollständig durchquerten, stellte sich zunächst die Frage, ob er dem auch anders als durch eine Stillsetzung der Webmaschine mit anschließender manueller Fehlerbehebung beikommen konnte. Hierzu musste sich ihm zunächst die Überlegung aufdrängen, dass er die Fehlerursache im Fall des zu langsamen Schussfadens generell durch eine Heraufsetzung der Transportgeschwindigkeit , wenn er den bisher zu langsamen Faden das Webfach innerhalb des dafür zur Verfügung stehenden Zeitfensters durchqueren ließ, beseitigen und damit das fehlerhafte Ergebnis vermeiden konnte. Ähnliches musste aber auch im umgekehrten Fall gelten, wenn nämlich die Schussfadengeschwindigkeit so hoch ist, dass hierdurch Probleme am Schussfaden selbst (zu hohe Beanspruchung bis hin zum Reißen) oder an den Schussfadeneintragsvorrichtungen auftreten. Der letztere Fall ist in dem Aufsatz von Perner und Hänel (NK9; S. 161 linke Sp., erster vollständiger Abs.) ausdrücklich angesprochen. Auf beide Fälle geht - allerdings mit einem etwas ungewöhnlichen Vokabular (übertrieben schwacher oder starker Schlag - "une chasse exagérément faible ou forte") - auch die französische Patentschrift 1 541 736 (NK14) ein. Für beide Fälle liefern diese Entgegenhaltungen somit jedenfalls die Anregung, bei Schützenwebmaschinen unerwünschten Transportgeschwindigkeiten des Schussfadens unabhängig von ihrer Ursache dadurch Rechnung zu tragen, dass auf die Schussfadengeschwindigkeit eingewirkt wird. Dies setzt wiederum aber voraus, dass die Geschwindigkeit in Richtung auf eine gewünschte Größe (eine Normalgröße ) verändert wird. Das ist aber nichts anderes als eine Regelung, wie sie im Grundsatz auch das Streitpatent vorsieht. Eine solche Regelung wird in der französischen Patentschrift, wenngleich in anderem Zusammenhang, auch ausdrücklich angesprochen, wenn dort die Schlagkraft des Schützeneintrags detektiert und letztlich mit einem Sollwert ("la valeur optimale" oder "la valeur optimum", S. 4 linke Sp. unten übergehend auf die rechte Sp.) verglichen wird.
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Die Anwendung dieser Überlegung auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen wie nach dem Streitpatent konnte dem Fachmann im Ergebnis keine Schwierigkeiten bereiten. Allerdings ist dem gerichtlichen Sachverständigen wie der Beklagten zuzugeben, dass sich die Massenverhältnisse bei Düsenwebmaschinen und Schützenwebmaschinen, aber auch bei Projektilwebmaschinen , deutlich unterscheiden. Während bei Düsenwebmaschinen nur der relativ leichte Faden transportiert werden muss, ist bei Schützenweb- maschinen auch der Schützen mit der Garnspule, der in der Regel wesentlich schwerer sein wird als der Faden allein, und bei Projektilwebmaschinen auch das Projektil mit dem Faden zu transportieren. Zudem wird bei Düsenwebmaschinen nur der Faden mittels eines Fluids transportiert (geschoben), während bei Schützen- und Projektilwebmaschinen der Faden entweder sich von der Spule abwickelnd oder unmittelbar vom Projektil gezogen wird. Hierdurch wird aber der Umstand, dass der Faden auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen zu schnell oder zu langsam sein kann, nicht beeinflusst. Unabhängig von den Ursachen hierfür bestand bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen gleichermaßen das Bedürfnis, auf diese Abweichungen bei der Transportgeschwindigkeit korrigierend einzuwirken. Daher hatte der Fachmann auch bei pneumatisch beaufschlagten Webmaschinen Anlass, auf die Lehren der französischen Patentschrift 1 541 736 (NK14) wie auch im Aufsatz von Perner und Hänel (NK9) zurückzugreifen, die ihm die Erkenntnis vermittelten, dass eine zu schnelle oder zu langsame Transportgeschwindigkeit durch regelnde Eingriffe weitgehend beseitigt werden können.
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Hierfür bedurfte es zudem weder der Erkenntnis, dass die Fehler ihre Ursache in Ungleichmäßigkeiten des Fadens haben, noch der weiteren Erkenntnis , dass die Fehler nur dann zuverlässig durch eine Regelung beseitigt werden können, wenn es sich um Abweichungen mit einer feststellbaren Tendenz und nicht um "statistisch" verteilte Fehler handelt. Es mag zwar zutreffen, dass "statistisch" verteilten Fehlern über eine Regelung allenfalls zufällig beizukommen ist und dass sich in diesem Fall Ergebnisse bis hin zu einer unerwünschten Verstärkung des Fehlers ergeben können; diese Schwierigkeit löst aber jedenfalls auch Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht.
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Die Patentanspruch 1 des Streitpatents weiter ausgestaltenden Merkmale des Regelvorgangs gehen dabei insgesamt über naheliegende Maßnahmen nicht hinaus.
41
2. Danach kann Patentanspruch 1 des Streitpatents keinen Bestand haben , nachdem er jedenfalls auch Lehren erfasst, die durch den Stand der Technik nahegelegt sind. Ob er daneben auch Lehren erfasst, bei denen eine erfinderische Tätigkeit nicht verneint werden kann, bedarf schon deshalb keiner Prüfung, weil die Beklagte Fassungen des Patentanspruchs 1, bei denen das nicht Schutzfähige ausgeschieden ist, auch nicht hilfsweise zur Verteidigung gestellt hat. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, spricht viel dafür, dass es allein Sache des Patentinhabers ist, den erteilten Patentanspruch in einer von ihm formulierten eingeschränkten Fassung zu verteidigen, wenn er dessen vollständige Nichtigerklärung vermeiden will (Sen.Urt. vom 24.10.1996 - X ZR 29/94, GRUR 1997, 272, 273 - Schwenkhebelverschluss; vgl. auch Sen.Urt. v. 23.10.2001 - X ZR 210/98, bei BGH Bausch BGH 1999-2001, 579, 582 f. - Befestigungselement 02; BPatG (3. Senat) BPatGE 44, 177 = Bausch BPatG 1994-1998, 135, 148 f. gegen BPatG (2. Senat) Bausch BPatG 1994-1998, 676, 682 f.). Es besteht in einer derartigen Situation grundsätzlich kein Anlass für den Senat, von Amts wegen in eine nähere Prüfung darüber einzutreten, ob in dem insgesamt nicht schutzfähigen Patentanspruch eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent weiterhin Bestand haben könnte. Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich.
42
VII. Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt des auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentanspruch 2 ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich. Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 begründen , stehen auch den infolge Kategoriewechsels, der eine Behandlung als Unteranspruch ausschließt, eigenständig zu prüfenden (a.A. BPatG, Urt. v. http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht%20=bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf [Link] http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht%20=bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf - 22 - 24.8.2006 - 4 Ni 7/05 (EU), Umdruck S. 15; im Internet unter http://juris.bundespatentgericht.de.cgi-bin/rechtsprechung.document.py?gericht =bpatg&Art=en&Datum=2006-8&Nr=917&pos=11&anz=82&blank=1.pdf) Patentansprüchen 4 und 5 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
43
VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 31.01.2002 - 2 Ni 40/00 -

Auf den Prüfungsumfang des Berufungsgerichts, die verspätet vorgebrachten, die zurückgewiesenen und die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sind die §§ 529, 530 und 531 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Dabei tritt an die Stelle des § 520 der Zivilprozessordnung der § 112.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 160/02 Verkündet am:
12. Juli 2006
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter
Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 22. Januar 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 663 348 (Streitpatents), das unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Voranmeldung vom 13. Januar 1994 am 13. Dezember 1994 angemeldet worden ist.
2
Patentanspruch 1 lautet: "Kombination aus einem Schlauchbeutel zur Aufnahme einer fließfähigen Substanz und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung, wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem ver- schiebbaren Kolben (3) und einer Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist."
3
Wegen des Wortlauts der Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
4
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig.
5
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der weitergehenden Klage im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
6
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Patentansprüche 1 bis 4 in fünf Fassungen verteidigt, bei denen jeweils Patentanspruch 1 wie folgt lauten soll (Abweichungen gegenüber dem erteilten Anspruch kursiv): Hauptantrag: "Kombination aus einem eine fließfähige dentale Abformmasse enthaltenden Schlauchbeutel und einer Vorrichtung zu seiner Ent- leerung, wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Ge- häuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem verschiebbaren Kolben (3) und einer Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels (15) zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, wobei der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist und wobei eine Ausbringtülle (11) am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt ist." Hilfsantrag 1: "Kombination aus einem eine fließfähige dentale Abformmasse enthaltenden Schlauchbeutel und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung , wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem verschiebbaren Kolben (3) und einer auf das Gehäuse (1) aufsteckbaren Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels (15) zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, wobei der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist und wobei eine Ausbringtülle (11) am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt ist." Hilfsantrag 2: "Kombination aus einem eine fließfähige dentale Abformmasse enthaltenden Schlauchbeutel und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung , wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem verschiebbaren Kolben (3) und einer auf das Gehäuse (1) axial aufsteckbaren Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels (15) zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, wobei der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist und wobei eine Ausbringtülle (11) am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt ist." Hilfsantrag 3: "Kombination aus einem eine fließfähige dentale Abformmasse enthaltenden Schlauchbeutel und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung , wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem verschiebbaren Kolben (3) und einer auf das Gehäuse (1) aufsteckbaren Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels (15) zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, wobei sich die ringförmige Anlage (12) der Kappe (2) und der Ring (17) des Schlauchbeutels (15) im aufgesteckten Zustand der Kappe berühren , wobei der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäu- ses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist und wobei eine Ausbringtülle (11) am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt ist." Hilfsantrag 4: "Kombination aus einem eine fließfähige dentale Abformmasse enthaltenden Schlauchbeutel und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung , wobei der Schlauchbeutel (15) an seinem Ausbringende einen Ring (17) aufweist und die Vorrichtung ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen einem verschiebbaren Kolben (3) und einer auf das Gehäuse (1) aufsteckbaren Kappe (2) umfasst, die mit einer eine Ausbringöffnung (9) umgebenden und mit dem Ring (17) des Schlauchbeutels (15) zur Ausbildung einer schmalen ringförmigen Dichtfläche zusammenwirkenden ringförmigen Anlage (12) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) versehen ist, wobei der Ring (17) einen den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitenden Randbereich (19) zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) aufweist und wobei eine Ausbringtülle (11) am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt ist." Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
7
8
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. G. , vormals Inhaber des Lehrstuhls für Verarbeitungsmaschinen und Verarbeitungstechnik der Technischen Universität D. , ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


9
Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent im Umfang der im Berufungsverfahren noch angegriffenen Patentansprüche 1 bis 4 zu Recht für nichtig erklärt.
10
I. Das Streitpatent betrifft eine Kombination aus einem Schlauchbeutel , der eine fließfähige Substanz aufnimmt, und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung; nach der im Berufungsverfahren nur noch verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 handelt es sich bei der fließfähigen Substanz um eine dentale Abformmasse. Die Vorrichtung umfasst ein zylindrisches Gehäuse, das den Schlauchbeutel aufnimmt, einen verschiebbaren Kolben, der den Schlauchbeutel zum Auspressen seines Inhalts zusammendrückt, und auf der gegenüberliegenden Seite des Zylinders eine Kappe. Die Kappe enthält eine Ausbringöffnung , die zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels mit einer ringförmigen Anlage versehen ist, die mit einem Ring am Ausbringende des Schlauchbeutels zusammenwirkt.
11
Eine solche Kombination ist, wie die Streitpatentschrift erläutert, aus der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 541 972 (D 1) bekannt, wobei der am Schlauchbeutel angebrachte Ring eine konische Dichtfläche aufweist. Zur Inbetriebnahme des Geräts wird der Schlauchbeutel in das zylindrische Gehäuse von dessen vorderem oder hinterem Ende her eingeschoben, woraufhin das vordere Ende des Gehäuses mit der Kappe verbunden und der Kolben in das hintere Ende eingeführt wird. Die konische Dichtfläche des Rings kommt dabei mit der in der Kappe vorhandenen Anlagefläche in Kontakt, wodurch sichergestellt werden soll, dass sich der außerhalb des Rings abgeschnittene Schlauchbeutel nur durch die Ausbringöffnung der Kappe nach außen entleeren kann, jedoch kein Material in den Raum zwischen Kappe, Schlauchbeutel und Gehäuse gelangt. Da die Dichtkraft aus dem durch den Vorschub des Kolbens erzeugten Ausbringdruck stammt, wird sie zwangsläufig immer dann erhöht, wenn der Ausbringdruck hoch ist.
12
Die Streitpatentschrift bemängelt, dass sich beim Ankleben des Rings am Ausbringende des Schlauchbeutels Ungenauigkeiten nicht vermeiden ließen und es daher möglich sei, dass der Ring und damit auch seine konische Dichtfläche gegenüber der Achse der Gegenfläche schräg oder exzentrisch sitze; infolgedessen könne es zu einer unvollständigen Abdichtung kommen. Ferner könne sich ein von der Kolbenseite in das Gehäuse eingeführter Schlauchbeutel verklemmen und die Dichtfläche des Rings hierdurch die Gegenfläche in der Kappe nicht erreichen. Das Gleiche könne passieren, wenn der Schlauchbeutel von der Kappenseite zu weit in das Gehäuse eingeschoben werde.
13
Daraus ergibt sich das der Erfindung zugrunde liegende technische Problem, eine zuverlässigere Abdichtung zwischen Schlauchbeutel und Kappe zu erreichen.
14
Erfindungsgemäß soll dies durch folgende Merkmalskombination erreicht werden: [1] Kombination aus [1.1] einem Schlauchbeutel (15), der eine fließfähige dentale Abformmasse enthält, und [1.2] einer Vorrichtung zur Entleerung des Schlauchbeutels. [2] Die Vorrichtung umfasst ein zylindrisches Gehäuse (1) zur Aufnahme des Schlauchbeutels (15) zwischen [2.1] einem verschiebbaren Kolben (3) und [2.2] einer Kappe (2). [3] Der Schlauchbeutel (15) weist an seinem Ausbringende einen Ring (17) auf. [4] Der Ring (17) hat einen Randbereich (19), der [4.1] den Innendurchmesser des Gehäuses (1) überschreitet und [4.2] zur Anlage an einer der Kappe (2) zugewandten Stützfläche (5) des Gehäuses (1) dient. [5] Die Kappe (2) ist mit einer ringförmigen Anlage (12) versehen , die [5.1] eine Ausbringöffnung (9) umgibt und [5.2] mit dem Ring (17) zur Abdichtung des Ausbringendes des Schlauchbeutels (15) zusammenwirkt.
[6] Eine Ausbringtülle (11) ist am vorderen Ende der Ausbringöffnung (9) gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzt.
15
Die nebenstehend wiedergegebene einzige Figur des Streitpatents zeigt ein Ausführungsbeispiel, bei dem der Ring (17) eine konische Dichtfläche (20) aufweist.
16
Der gegenüber dem Innendurchmesser des Gehäuses vergrößerte Ring (Merkmal 4.1) bewirkt, wie die Streitpatentschrift erläutert, dass sich der Schlauchbeutel nur von der Ausbringseite in das Gehäuse einschieben lässt und dabei nicht zu weit in das Gehäuse eingeführt werden kann. Durch die Anlage an die Stützfläche des Gehäuses (Merkmal 4.2) wird der Ring zwangsläufig ausgerichtet, auch wenn er etwas verkantet am Schlauchbeutel angeklebt sein sollte.
17
II. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist auch in den im Berufungsverfahren noch verteidigten Fassungen nicht patentfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab und somit nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. 56 EPÜ).
18
1. In der Praxis befassten sich, wie die ausführliche Erörterung mit dem gerichtlichen Sachverständigen ergeben hat, im Prioritätszeitpunkt mit Problemen der Verpackungstechnik, wie sie dem Streitpatent zugrunde liegen, typischerweise Fachhochschulingenieure, die entweder einen der speziellen Studiengänge für Verpackungstechnik oder eine allgemeine maschinenbautechnische Ausbildung absolviert hatten und über entsprechende praktische Erfahrung verfügten.
19
Für den Fachmann, der, weil er Wert auf eine zuverlässige Abdichtung legte, nach Möglichkeiten suchte, die Vorrichtung nach der europäischen Patentanmeldung 541 972 (D 1) zu verbessern, verstand es sich von selbst, dass er nicht nur andere Vorrichtungen zur Abgabe einer dentalen Abformmasse in Betracht zog. Bereits in der D 1 selbst ist allgemein angegeben, dass sie einen Behälter mit Folienschlauch für eine fließfähige Substanz betreffe und dass solche Behälter als Einwegverpackungen beispielsweise für Klebstoffe, Dicht- und Formmassen oder andere aushärtbare Substanzen dienten. Ebenso kamen für fließfähige Lebensmittel verwendete Behälter in Betracht, denn dem Fachmann musste bewusst sein, dass es für die grundsätzliche Eignung bekannter Lösungen für seinen Zweck nicht auf den Verwendungszweck der abzugebenden Substanz, sondern allenfalls auf deren Materialeigenschaften wie etwa den Grad der Viskosität ankommen konnte. Auch die US-Patentschrift 3 815 787 (D
2) bestätigt diese Sichtweise, denn sie befasst sich - ohne sich hierauf zu beschränken - speziell mit einer Abgabevorrichtung für Ketchup, Senf und andere Produkte von ähnlicher Konsistenz, erwähnt jedoch bei der Darstellung des Standes der Technik, dass Vorrichtungen für die Abgabe von fließfähigen Substanzen wie Schmierfett, Politurcreme, Leim, Lack, Zahnpasta, Rasiercreme und dergleichen entwickelt worden seien, und schlägt damit gleichfalls den Bogen zur einer Vielzahl anderer Anwendungen.
20
Die letztgenannte Entgegenhaltung , deren Figur 3 nebenstehend wiedergegeben ist, beschreibt eine Kombination aus einem einen Schlauchbeutel umfassenden zusammendrückbaren Behältnis (collapsible cartridge or container 14) zur Aufnahme einer fließfähigen Substanz und einer Vorrichtung zu seiner Entleerung (dispensing device 10) [Merkmal 1]. Die Vorrichtung umfasst ein zylindrisches Gehäuse (receptacle 12) zur Aufnahme des Schlauchbeutels zwischen einem verschiebbaren Kolben (carriage 18; in Figur 3 nicht dargestellt) und einer Kappe (cap 64) [Merkmal 2]. Die Kappe weist in Gestalt der Schulter, die im Übergang vom Basisteil (base portion 70) zum Zwischenstück (intermediate portion 72) gebildet ist, einen ringförmigen Ansatz auf, der im Sinne des Merkmals 5.1 die Ausbringöffnung umgibt. Der Schlauchbeutel weist an seinem Ausbringende seinerseits ein die Ausbringöffnung ringförmig [Merkmal 3] umgebendes Deckelteil (top 50) auf, das mit dem ringförmigen Ansatz der Kappe zur Abdichtung des Ausbringendes zusammenwirkt, denn beide Teile werden miteinander verschraubt [Merkmal 5.2]. Dabei kommen die einander zugewandten Flächen des Deckelteils und des ringförmigen Ansatzes zur Anlage (oder können jedenfalls zur Anlage kommen), so dass der Ansatz auch die Funktion einer ringförmigen Anlage im Sinne des Merkmals 5 erfüllt. Schließlich hat der Deckelteil einen Randbereich [Merkmal 4], der den Innendurchmesser des Gehäuses überschreitet [Merkmal 4.1] und zur Anlage an einer der Kappe zugewandten Stützfläche des Gehäuses dient [Merkmal 4.2].
21
Für den Fachmann, der sich mit der Entgegenhaltung D 2 befasste, war ohne weiteres erkennbar, dass ihm mit der gezeigten Anordnung und Befestigung des ringförmigen Deckelteils zwischen der Stützfläche des Gehäuses und der Kappe eine Möglichkeit zu Gebote stand, wie er die Nachteile der Ringanordnung nach der D 1 vermeiden konnte. Denn er brauchte lediglich Anordnung und Befestigung des ringförmigen Deckelteils aus der D 2 zu übernehmen, um mittels der mit diesem zusammenwirkenden Stützfläche sowohl ein Verkanten des Rings als auch ein Einschieben des Schlauchbeutels von der Kolbenseite oder ein zu weites Einschieben von der Kappenseite zuverlässig zu verhindern. Der Umstand, dass die Abdichtung dort (jedenfalls im Wesentlichen) durch die Verschraubung zwischen Kappe und Deckelteil erzielt wird, stand dem nicht entgegen. Denn Patentanspruch 1 schließt eine solche Verschraubung - auch nach dem zu seiner Auslegung heranzuziehenden Gesamtinhalt der Beschreibung - nicht aus. Ebenso wenig konnte die bei der D 1 gegenüber der Achse der Vorrichtung seitlich versetzte Anordnung der Ausbringtülle den Fachmann an dem Rückgriff auf die D 1 hindern, denn der seitliche Versatz erfolgt erst im Anschluss an die zentrische Ausbringöffnung in der Kappe und war damit unproblematisch mit einem zentrischen unteren Kappenteil vereinbar.
22
2. In den von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen hat Patentanspruch 1 gleichfalls keinen Bestand. Die Gegenstände dieser Anspruchsfassung ergaben sich für den Fachmann gleichfalls in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Auch insoweit ist daher der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund mangelnder Patentfähigkeit gegeben (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ).
23
a) In der Fassung des ersten Hilfsantrags kommt zu den Merkmalen 1 bis 6 des Patentanspruchs 1 folgendes Merkmal hinzu: [7] Die Kappe (2) ist auf das Gehäuse (1) aufsteckbar.
24
Die Beklagte verteidigt Patentanspruch zulässigerweise mit der Einfügung dieses Merkmals, denn die Streitpatentschrift beschreibt - in Übereinstimmung mit der ihr zugrunde liegenden Anmeldung - bei der Darstellung des Ausführungsbeispiels der Erfindung, dass die Kappe auf das vordere Ende des Gehäuses aufgesteckt wird (Sp. 3 Z. 31-35 = S. 4 Z. 10-15 der Anmeldung).
25
Der so umschriebene Gegenstand unterscheidet sich mit diesem Merkmal zusätzlich gegenüber der Vorrichtung nach der Entgegenhaltung D 2. Denn bei der bekannten Ausbringvorrichtung wird die Kappe nicht im Sinne des Merkmals 6 auf das Gehäuse aufgesteckt, sondern das Deckelteil des Behältnisses wird in die Kappe eingeschraubt und die Kappe sodann auf das Gehäuse aufgeschraubt (Sp. 4 Z. 12-17, 25-29 und 39-43). Zwar mag man, wie die Klägerin meint, in einem allgemeinen Sinne davon sprechen, dass dem Ineinanderschrauben ein Aufstecken der Kappe auf das Gehäuse vorausgehe. Das Streitpatent schließt jedoch in der verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 ein Einschrauben des Rings des Schlauchbeutels in die Kappe aus. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der Merkmale 5 und 7 mit Merkmal 4, das für die richtige Positionierung des Ausbringendes des Schlauchbeutels zur Kappe sorgen soll. Durch ein bloßes Aufstecken der Kappe (und eine nachfolgende Verriegelung von Gehäuse und Kappe gegeneinander; Sp. 2 Z. 53-56 u. Sp. 4 Z. 42-52 der Streitpatentschrift) soll es möglich sein, den bei der Einführung in das Gehäuse mit seinem Randbereich an der Gehäusestützfläche anliegenden Ring zuverlässig (jedenfalls bei Druckausübung mittels des verschiebbaren Kolbens) mit der ringförmigen Anlage der Kappe zur Abdichtung des Ausbringendes zusammenwirken zu lassen.
26
Für den Fachmann war es jedoch naheliegend, bei der Vorrichtung nach der D 2 von einer Gewindeverbindung zwischen Behälterdeckelteil und Kappe abzusehen. Bei der Vorrichtung nach der D 2 ist das Deckelteil zwischen dem Gehäusekörper und der Kappe angeordnet. Es ist in die Kappe eingeschraubt, die ihrerseits mit der Gehäusekörperwandung durch eine Schraubverbindung verbunden ist. Es gehört zum geläufigen Wissen eines Technikers, dass er bei einem solchen "Zwischenteil" auf die erste Schraubverbindung verzichten und Deckel- und Zwischenteil ineinanderstecken kann, wenn er sodann durch die zweite Schraubverbindung dafür sorgt, dass die ineinandergesteckten Teile in dieser Position fixiert werden.
27
Die Schraubverbindung zwischen Kappe und Gehäuse steht zur technischen Lehre des verteidigten Patentanspruchs 1 nicht in Widerspruch. Denn der Patentanspruch lässt es offen, wie die auf das Gehäuse aufgesteckte Kappe in dieser Position fixiert wird. In der Beschreibung wird erwähnt, dass die notwendige Verriegelung dadurch erfolgen könne, dass das Gehäuse (Kartusche ) samt Kappe und Schlauchbeutel in ein entsprechend gestaltetes Gerät eingelegt werde, das einen Antrieb für den Kolben aufweise; ein solches Gerät sei in der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung 492 413 beschrieben (Sp. 4 Z. 46-52). Die Verriegelung kann aber auch dadurch erfolgen, dass Kappe und Gehäuse miteinander verschraubt werden.
28
b) In der Fassung des zweiten Hilfsantrags ist die aufsteckbare Kappe näher dahin qualifiziert, dass die Kappe axial auf das Gehäuse aufsteckbar sein soll. Es kann dahinstehen, ob hierdurch eine Schraubverbindung zwischen Kappe und Gehäuse ausgeschlossen wird. Denn jedenfalls stand dem Fachmann ohne Weiteres die Möglichkeit zu Gebote, die Schraubverbindung, wie sie die D 2 vorsieht, durch eine anderweitige leicht lösbare Verbindung wie eine Schnapp- oder Spannverbindung zu ersetzen, bei der eine Drehbewegung nicht erforderlich ist, sondern eine rein axiale Zuführung erfolgt.
29
c) Auch der Gegenstand des dritten Hilfsantrags ergab sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik. Dieser Gegenstand unterscheidet sich von Hilfsantrag 1 durch das weitere Merkmal, dass sich ringförmige Anlage der Kappe und Ring des Schlauchbeutels in aufgestecktem Zustand der Kappe berühren. Dies ist jedoch ebenso bei der Vorrichtung nach der D 2 der Fall, wenn bei dieser Deckelteil und Kappe ineinandergesteckt werden.
30
d) Schließlich verhilft auch der vierte Hilfsantrag der Verteidigung der Beklagten nicht zum Erfolg.
31
Allerdings ist der vierte Hilfsantrag entgegen der Auffassung der Klägerin zulässig. Er unterscheidet sich vom ersten Hilfsantrag durch die Angabe, dass die ringförmige Anlage der Kappe mit dem Ring des Schlauchbeutels "zur Ausbildung einer schmalen ringförmigen Dichtfläche" zusammenwirkt. Ein so definierter Gegenstand der Erfindung geht über den Inhalt der der Anmeldung zugrunde liegenden Unterlagen nicht hinaus.
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Zwar ist die "schmale ringförmige Dichtfläche", wie die Klägerin insoweit zu Recht geltend macht, nach der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anmeldung wie nach der Streitpatentschrift das Resultat der in Patentanspruch 5 vorgesehenen Kombination einer am Ring vorgesehenen konischen Dichtfläche (20) und einer ringförmigen Kante, welche die in der Kappe vorgesehene Anlage für die konische Dichtfläche des Rings bildet. Von dieser Kombination wird bemerkt, dass sie aufgrund der geringen Kontaktfläche zwischen Ring und Kappe in einem hohen Dichtungsdruck resultiere (Veröffentlichung der Patent- anmeldung Sp. 3 Z. 18-21 = Sp. 3 Z. 24-26 der Streitpatentschrift). Auch das einzige beschriebene Ausführungsbeispiel, von dem es heißt, dass das hintere Ende des Einlasses (10) von einer ringförmigen, zur Achse der Kartusche koaxialen Dichtkante (12) gebildet werde, die in der Praxis eine schmale Dichtfläche darstelle (Veröffentlichung der Patentanmeldung Sp. 3 Z. 47-51 = Sp. 3 Z. 50-53 der Streitpatentschrift), entspricht der Lehre des Patentanspruchs 5. Eine konkrete Möglichkeit, auch ohne konische Dichtfläche am Schlauchbeutelring eine schmale ringförmige Dichtfläche verwirklichen zu können, ist nicht offenbart.
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Das steht jedoch der Beschränkung auf den Gegenstand des Hilfsantrags 4 nicht entgegen. Denn der Anmelder oder Patentinhaber, der nur noch für eine bestimmte Ausführungsform der Erfindung Schutz begehrt, ist nicht genötigt , sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Anspruch aufzunehmen. Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weiter gefasste Lehre auf eine engere Lehre eingeschränkt wird und wenn das weitere Merkmal in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen war (BGHZ 111, 21, 25 - Crackkatalysator I; Sen.Beschl. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze; Sen.Urt. v. 7.12.1999 - X ZR 40/95, GRUR 2000, 591, 592 - Inkrustierungsinhibitoren; Sen.Beschl. v. 11.9.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung ). Dienen mehrere in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung , die je für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt; in dieser Hinsicht können dem Patentinhaber keine Vorschriften gemacht werden (BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer).
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Den angegebenen Stellen der Beschreibung ist zu entnehmen, dass eine Kombination aus Schlauchbeutel und Entleerungsvorrichtung mit schmaler ringförmiger Dichtfläche wegen des hierdurch ermöglichten hohen Dichtungsdrucks eine vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung darstellt. Durch Patentanspruch 5 wird dem Fachmann eine Möglichkeit aufgewiesen, wie er eine solche schmale ringförmige Dichtfläche erzielen kann. Ihm ist damit jedenfalls ein Weg beschrieben, wie er den Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs 1 bereitstellen kann. Das genügt für die Zulässigkeit dieses Anspruchs.
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Auch der so beschränkte Gegenstand der Erfindung war jedoch durch den Stand der Technik nahegelegt.
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Denn die aus der Entgegenhaltung D 2 bekannte Kombination aus Schlauchbeutel und Entleerungsvorrichtung weist bereits eine (relativ) schmale ringförmige Dichtfläche auf, die sich aus dem Zusammenwirken von Deckelund Kappenteil ergibt. Dass die Dichtfläche nur so schmal sein soll, dass es nur zu einer annähernd linienförmigen Berührung zwischen den Teilen kommt, ist der mit dem Hilfsantrag 4 verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1, die anders als Patentanspruch 5 gerade keine konische Ausbildung eines der beiden zur Abdichtung zusammenwirkenden Teile verlangt, auch unter Berücksichtigung der Beschreibung nicht zu entnehmen. Hilfsantrag 4 ist daher im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als Hilfsantrag 1.
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III. Die Unteransprüche 2 bis 4 geben zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Patentanspruchs 1 an und können eine erfinderische Tätigkeit gleichfalls nicht begründen; auch die Beklagte macht insoweit nichts anderes geltend.
Melullis Scharen Mühlens
Meier-Beck Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 22.01.2002 - 1 Ni 2/01 (EU) -

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)