Bundesgerichtshof Urteil, 15. Nov. 2005 - X ZR 17/02

bei uns veröffentlicht am15.11.2005
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 39/00, 08.11.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 17/02 Verkündet am:
15. November 2005
Groß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Koksofentür
PatG (1981) §§ 81, 14, 21 Abs. 1 Nr. 4, 38

a) Das nach Erlöschen des Streitpatents erforderliche besondere eigene
Rechtsschutzbedürfnis des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des
Streitpatents ist nach rechtskräftiger Verurteilung des Nichtigkeitsklägers in
einem Verletzungsrechtsstreit jedenfalls dann zu bejahen, wenn der Nichtigkeitskläger
für den Fall der Nichtigerklärung des Streitpatents eine Restitutionsklage
in Betracht zieht.

b) Bezugszeichen im Patentanspruch schränken den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel
ein.

c) Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren ist
es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle
der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch
aufgenommen werden.
BGH, Urt. v. 15. November 2005 - X ZR 17/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 8. November 2001 abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Inhaberin des am 23. Juni 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung in den Vereinigten Staaten von Amerika angemeldeten deutschen Patents 29 25 730 (Streitpatents), das eine "Koksofentür" betrifft, drei Patentansprüche umfasste und inzwischen nach Ablauf der Schutzdauer erloschen ist. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Koksofentür mit einem der Türleibung der Ofenkammer zugekehrten , vom Türrahmen kragarmartig vorspringenden Dich- tungselement, dessen zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist[,] und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, dadurch gekennzeichnet, daß der Spannrahmen aus einer am Türrahmen befestigten und von diesem kragarmartig vorspringenden Federmembran (20) besteht, die über ihre zur Dichtfläche hin abgewinkelte Außenkante (44) mit dem Dichtungselement (30) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden, ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelten Abschnitt (52) verbunden ist."
2
Wegen der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Patentschrift verwiesen.
3
Die Klägerin ist von der Beklagten wegen Patentverletzung gerichtlich in Anspruch genommen und durch rechtskräftig gewordenes Grundurteil des Landgerichts Düsseldorf auf eine Schadensersatzklage hin verurteilt worden. Sie hat mit ihrer Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Gegenstand des Streitpatents sei eine Dichtung für eine Koksofentür, die aus zwei Teilen bestehe, nämlich einem um die Tür herumführenden kragenartig vorspringenden Dichtungselement und einer Vorrichtung zur Erzeugung einer elastischen Kraft. Dabei sei aus der ursprünglich offenbarten Dichtungsvorrichtung mit einem schneidkantenartigen Dichtungselement und einer Stützvorrichtung eine Dichtvorrichtung geworden, die lediglich noch das schneidkantenartige Dichtungselement sowie eine kragarmartig vorspringende Federmembran vorsehe, womit das Stützglied völlig entfallen sei.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Patentinhaberin, die beantragt, un- ter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
5
Prof. W. im Auftrag des Se- hat nats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


6
Die zulässige Berufung führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Bundespatentgerichts zur Abweisung der Klage.
7
I. Allerdings ist die Nichtigkeitsklage im vorliegenden Fall auch nach Erlöschen des Streitpatents infolge Ablaufs der Höchstschutzdauer weiterhin zulässig. In diesem Fall ist zwar ein besonderes, eigenes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Nichtigerklärung des abgelaufenen Patents erforderlich (st. Rspr.; zuletzt Sen.Urt. v. 22.02.2005 - X ZR 148/00, Umdruck S. 6; Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 2. Aufl. 2005, Rdn. 120, je m.w.N.). Dieses kann aber bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Nichtigkeitsklägers im Verletzungsstreit vorliegen, weil eine Nichtigerklärung des angegriffenen Patents der im Verletzungsprozess unterlegenen Partei die Möglichkeit eröffnen würde, im Wege der Restitutionsklage gegen ihre Verurteilung vorzugehen (vgl. BPatGE 33, 240 = GRUR 1993, 732; Keukenschrijver, aaO; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, Rdn. 46 zu § 81; Mes, PatG GebrMG, 2. Aufl. 2005, Rdn. 42 zu § 81 PatG). Nachdem die Nichtigkeitsklägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie für den Fall der Nichtigerklärung die Durchführung eines Restitutionsverfahrens in Betracht ziehe, ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage ohne weiteres zu bejahen.
8
II. Der Senat vermag aber der Auffassung des Bundespatentgerichts nicht beizutreten, der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund greife durch, dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (§ 22 Abs. 1 PatG i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG; "unzulässige Erweiterung", sachlich übereinstimmend mit § 13 Abs. 1 Nr. 4 PatG 1978; Art. XI § 3 Abs. 5 IntPatÜG; vgl. zur Anwendbarkeit der §§ 21, 22 PatG 1981 BGHZ 110, 123, 125 - Spleißkammer).
9
1. Das Streitpatent schützt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür mit einem vorspringenden Dichtungselement und mit einer bei Verriegelung der Tür über einen Spannrahmen belastenden Spannvorrichtung, wobei der Spannrahmen aus einer Federmembran (20) besteht, in besonderer Ausgestaltung. Diese Abdichtung kommt im Wesentlichen allein mit mechanischen Mitteln aus. Damit soll eine Abdichtung geschaffen werden, die in ihrer Zuverlässigkeit und Einsatzfähigkeit mindestens das Ergebnis anderer, z.B. aus der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 vorbekannter Einrichtungen erreicht (vgl. die Angaben zur "Aufgabe" in der Beschreibung des Streitpatents Sp. 3 Z. 46-52). In der deutschen Auslegeschrift 1 156 762 ist eine mit einer Sperrgasdichtung ausgestattete Koksofentür beschrieben, bei der ein Dichtungselement mit seiner äußeren, als Schneide ausgebildeten Kante gegen eine Dichtungsfläche der Türleibung mittels einer von Druckzylindern gebildeten Spannvorrichtung gedrückt wird. Diese Druckzylinder drücken dabei starre Schienen gegen die als Zackenkante ausgebildete Schneidkante.
10
2. Das Streitpatent stellt in seinem Patentanspruch 1 eine Koksofentür unter Schutz, bei der
(1)
das Dichtungselement (1.1) der Türleibung der Ofenkammer zugekehrt ist, (1.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (1.3) seine zur Dichtungsfläche abgewinkelte äußere Kante als Dichtungsschneide ausgebildet ist,
(2)
miteiner Spannvorrichtung, (2.1) die bei Verriegelung der Tür die Dichtungsschneide belastet (2.2) über einen Spannrahmen, wobei
(3)
der Spannrahmen aus einer Federmembran besteht, die (3.1) am Türrahmen befestigt ist, (3.2) vom Türrahmen kragarmartig vorspringt und (3.3) eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenkante aufweist, wobei
(4)
diese Außenkante verbunden ist (4.1) mit dem Dichtungselement, (4.2) auf dessen in der Dichtungsschneide endenden Abschnitt, (4.2.1) der ebenfalls zur Dichtfläche hin abgewinkelt ist.
11
3. Dabei hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass die Formulierung in Patentanspruch 1, der Spannrahmen "bestehe" aus einer Federmembran, nicht in dem Sinn zu verstehen ist, dass die Federmembran notwendig das einzige Element des Spannrahmens sein solle. Das Wort "besteht" ist hier jedenfalls auch in dem Sinn verwendet, dass der Spannrahmen neben der Federmembran noch weitere Elemente aufweisen kann, wie dies etwa die ein Ausführungsbeispiel wiedergebende Figur 10 der Zeichnungen des Streitpatents zeigt, insbesondere die dort dargestellten Abschnitte 44 und 46. Im Übrigen schränken die Bezugszeichen im Patentanspruch den Schutz nicht auf ein Ausführungsbeispiel ein (vgl. EPA - techn. Beschwerdekammer - T 237/84 ABl. EPA 1987, 309; Ullmann in Benkard, PatG, 9. Aufl. 1993, Rdn. 14 zu § 14 PatG; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rdn. 53 zu § 14; Schulte, aaO Rdn. 142 zu § 34; so schon zum früheren Recht BGH, Urt. v. 30.10.1962 - I ZR 46/61, GRUR 1963, 563, 564 - Aufhängevorrichtung). Die Nennung von Bezugszeichen im Patentanspruch 1 des Streitpatents führt daher nicht zu einer Beschränkung des Gegenstands des Patents auf Ausgestaltungen, die den Darstellungen entsprechen , in denen diese Bezugszeichen verwendet werden.
12
4. Eine erfindungsgemäße Ausgestaltung wird in den jeweils verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 (Darstellung einer Vorderansicht der Tür auf der Stoßrichtungsseite), 7 (Schnitt bei 7-7 in Fig. 1), 8 (Schnitt entlang 8-8 in Fig. 7) und 10 (Schnitt entlang 10-10 in Fig. 8) des Streitpatents gezeigt: Fig. 1
13
Hier bezeichnen die Bezugszeichen 14 die Koksofenwand mit den Türleibungen 12 und der mit Feuerfeststeinen ausgekleideten Koksofentür. Der Türkörper weist die Grundplatte 32, das Hauptrahmenschweißstück 34, die Seitenplatten 36 und 38 und die Bodenplatte 40 auf. Das Stützglied 42 ist im Ausführungsbeispiel in die drei Abschnitte 48, 50, 52 aufgeteilt. Die Spannvorrichtung übt Druck auf die Schneide 52 aus, die gegen die Leibung 12 gedrückt wird.


14
Die Federmembran ist mit dem Befestigungsabschnitt 46 am Türrahmen befestigt. Der weitere Abschnitt 44 ist in Richtung Leibung abgewinkelt und an seinem Ende mit der Dichtungskante 52 verbunden.
15
III. Das Bundespatentgericht hat angenommen, dass sich der in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Gegenstand nicht den Anmeldeunterlagen entnehmen lasse, und dass Patentanspruch 1 des Streitpatents damit unzulässig erweitert sei. Der geschützte Gegenstand unterscheide sich von dem ursprünglich offenbarten durch die Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4. Denn die Dichtungsvorrichtung 18 für die Koksofentür 10 bestehe nach der ursprünglichen Offenbarung aus einem dichtenden Schneideelement (schneidkantenartiges Dichtungselement oder Schneidkantenelement) 30 und einer Stütz- oder Trägervorrichtung (Stützglied, Dichtungskantenträgerelement ) 42. Dabei beständen das Schneideelement 30 aus den Teilabschnitten 48, 50 und 52 und die Stütz- oder Trägervorrichtung 42 aus den Abschnitten 44 und 46, wie sich aus der ursprünglichen Beschreibung Seiten 7/8, dem ursprünglichen Schutzanspruch 1, aus der Beschreibung Seite 8 Abs. 3, Seite 11 Abs. 2 bis Seite 12 und der Figur 10 der Zeichnungen ergebe. Die Funktion , die das Stützelement 42 haben solle, werde im Schutzanspruch 1 der Anmeldung damit beschrieben, dass auf das schneidkantenartige Dichtungselement 30 eine gleichmäßige Vorspannung ausgeübt werden solle. Das für die Stützvorrichtung zu verwendende Material sei nicht beschrieben. Die aus elastischem , federndem Material hergestellte Membran 20, die einen Teil der Stützvorrichtung 42 überdecke, könne zusätzlich zur Erhöhung der Vorspannung verwendet werden, wie sich aus den Schutzansprüchen 2 und 5 der Anmeldeunterlagen sowie aus Seite 8 Abs. 3 und Seite 17 Abs. 2 der ursprünglichen Beschreibung ergebe. Eine solche Dichtungsvorrichtung sei auch in Figur 10 dargestellt. Aus den Hervorhebungen der physikalischen Eigenschaften der Membran, die nach den Schutzansprüchen 4 und 5 sowie der Beschreibung Seite 17 2. Absatz der ursprünglichen Unterlagen eine Blattfeder oder Membran sein solle, die nach Seite 8 Abs. 3 der ursprünglichen Unterlagen aus elastischem , federndem Material hergestellt sei und unmittelbar einen Teil der Stützvorrichtung überdecke, leite der Fachmann, ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus, ab, dass das Stützelement 42 andere physikalische Werkstoff- eigenschaften aufweise als die fakultative, zusätzlich einsetzbare Membran. Der Fachmann werde deshalb auf eine relativ starre Konstruktion der aus dem Schneidelement 30 und der fest mit diesem verbundenen Stützvorrichtung 42 bestehenden, durch eine zusätzliche Federmembran zu verstärkenden Dichtvorrrichtung 18 schließen. Nach Patentanspruch 1 des erteilten Patents entfalle demgegenüber die ursprünglich zwingend notwendige, relativ starre Stütz- und Trägervorrichtung 42 mit den Abschnitten 44 und 46. Die ursprüngliche Stützvorrichtung 42 werde - was aus den ursprünglichen Unterlagen wegen der dort verwendeten unterschiedlichen Begriffe "Stützvorrichtung" und "Membran" nicht herleitbar sei - durch die Federmembran aus einem elastischen, federnden Material ersetzt.
16
IV. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als unzutreffend.
17
1. Nach der Rechtsprechung des Senats ist durch die Anmeldung offenbart , was sich aus der Sicht des Fachmanns des betreffenden Gebiets der Technik ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschließt. Zur Feststellung, ob der Nichtigkeitsgrund der "unzulässigen Erweiterung" vorliegt, ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist dabei die durch die Patentansprüche definierte Lehre (vgl. Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn). Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass dabei den in der Anmeldung bezeichneten Patentansprüchen eine gleich hervorragende Bedeutung zukommt. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, wie die Beklagte ihr Schutzbegehren später interpretiert hat, worauf die Klägerin nunmehr schriftsätzlich abgestellt hat. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung aus der Sicht eines Fachmanns erkennen ließ, der von den ursprünglichen Unterlagen abweichende Lösungsvorschlag des Patents solle von vornherein vom Schutzbegehren umfasst werden (vgl. zuletzt Sen.Urt. v.
05.07.2005 - X ZR 30/02 - Einkaufswagen II, Umdruck S. 7 f., zur Veröffentlichung vorgesehen, m.w.N.), d.h. als zur Erfindung gehörend ("gehörig") offenbart sein (vgl. Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 562 f.).
18
2. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents geschützte Lehre ist durch die ursprünglichen Unterlagen der Patentanmeldung ausreichend als zur Erfindung gehörend offenbart. Auch die Merkmalsgruppen 3 und 4 seines Patentanspruchs 1 stellen nämlich allenfalls Konkretisierungen und Einschränkungen dieser allgemeinen Lehre im Sinn des in den ursprünglichen Unterlagen beschriebenen und zeichnerisch dargestellten Ausführungsbeispiels und nicht zugleich auch eine Erstreckung auf einen nicht als zur Erfindung gehörend offenbarten Gegenstand dar.
19
a) Eine allgemeine Beschreibung dessen, was durch die Erfindung geleistet werden soll, findet sich zunächst auf Seite 7/8 der Anmeldungsunterlagen. Danach weist die Koksofentür einen Hauptrahmen und eine Dichtungsvorrichtung auf, die auf dem Hauptrahmen angeordnet ist und einen dichten, gleichmäßigen und nicht festhaftenden Sitz zwischen dem Hauptrahmen und der zugehörigen Ofentürleibung gewährleistet. Die Dichtungsvorrichtung enthält dabei ein dichtendes Schneidelement, das auf dem Hauptrahmen so angeordnet ist, dass es sich entlang der zugehörigen Türleibung erstreckt, und ferner eine Stütz- oder Trägervorrichtung, die am Hauptrahmen der Tür angeordnet ist und eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausübt. Die Trägeranordnung (d.h. die Trägervorrichtung ) weist dabei ein Dichtungskantenträgerelement auf, das am Hauptrahmen befestigt ist und von diesem vorspringt und mit dem dichtenden Schneidelement in der Nähe seines freien Endes verbunden ist. Das dichtende Schneidelement ist so angeordnet, dass es mit der zugehörigen Türleibung unter einem Winkel in Verbindung tritt, den die Anmeldeunterlagen mit beispiels- weise etwa 25° beziffern. Bei Verriegelung der Tür am Ofen wird die Dichtungskante gegen die Türleibung gedrückt, um die gewünschte Dichtung zu erzielen.
20
b) Innerhalb dieser allgemeinen Lehre hält sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des erteilten Patents.
21
aa) Die vom Bundespatentgericht als nicht offenbart angesehene Elastizität der Federmembran (20) ist in der ursprünglichen Beschreibung Seite 7 f. nicht angesprochen. Daher stellt sie zunächst eine Einschränkung gegenüber der ursprünglich offenbarten Lehre dar. Die zusätzlich in den Patentanspruch 1 aufgenommenen Merkmale der Merkmalsgruppen 3 und 4 sind jedoch in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Dies folgt insbesondere aus der ursprünglich eingereichten Figur 10 und der Beschreibung, namentlich Seite 11. Diese Figur zeigt die Federmembran (nach der ursprünglichen Beschreibung Seiten 11, 13, 16, 17 "Membran"; Seiten 17, 19, 20 "Feder", "Blattfeder") (20), die über den Abschnitt 46 und das Abstandsstück 26 am Türrahmen 16 (mit der Grundplatte 32; vgl. ursprüngliche Unterlagen S. 11) befestigt ist. Dass die Federmembran zusammen mit den weiteren Abschnitten 44 und 46 kragarmartig vom Türrahmen vorspringt und eine zur Dichtfläche abgewinkelte Außenfläche aufweist, ist unmittelbar der Figur 10 jedenfalls dann zu entnehmen, wenn man die Membran 20 und die Abschnitte 44 und 46 als Einheit ansieht, was sich aus der Figur 10 allerdings nicht unmittelbar ergibt. Für einen Fachmann, einen Diplomingenieur des Maschinenbaus, folgt die Möglichkeit , diese Teile als Einheit auszubilden, nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jedoch aus der ursprünglichen Offenbarung , wo es heißt, dass das Schneidelement so auf dem Hauptrahmen angeordnet ist, dass eine gleichmäßige Vorspannung entlang der gesamten Ausdehnung des dichtenden Kantenelements ausgeübt wird (S. 7 3. Abs.). Darüber , dass sich die Merkmale der Merkmalsgruppe 4 unmittelbar der Figur 10 entnehmen lassen, besteht kein Streit; der Senat ist hiervon auch überzeugt.

22
Darauf, ob sich Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung auch im Übrigen an das in den Figuren dargestellte Ausführungsbeispiel und an dessen Beschreibung auf Seite 10 ff. der Anmeldeunterlagen hält, kommt es für die Beurteilung der Erweiterung nicht an. Denn der Patentinhaber ist nicht gehalten, sämtliche Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufzunehmen , um eine zulässige Beschränkung herbeizuführen (Sen.Urt. v. 21.10.2003 - X ZR 220/99, Umdruck S. 21, unter Hinweis auf Sen.Beschl. v. 23.01.1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126= GRUR 1990, 432, 433 - Spleißkammer). Hierzu bestand vorliegend schon deshalb kein Anlass, weil die Offenbarung auf Seite 7 f. der ursprünglichen Unterlagen einen allgemeineren Gegenstand betraf. Mit der Gestaltungsfreiheit des Anmelders im Patenterteilungsverfahren wäre es unvereinbar, nur eine Einschränkung als zulässig anzusehen, bei der alle der Erfindung förderlichen Merkmale eines Ausführungsbeispiels in den Patentanspruch aufgenommen werden (vgl. Senat - Spleißkammer aaO).
23
bb) Eine Einschränkung des Inhalts, dass die ursprünglichen Unterlagen das Dichtelement als starres Element offenbarten, wie sie das Bundespatentgericht in den Mittelpunkt seiner Erörterungen gestellt hat, ist der ursprünglichen Offenbarung auf Seite 7 f. nicht zu entnehmen. Die Frage, ob das Ausführungsbeispiel ein starres Element betrifft, beschränkt den Offenbarungsgehalt der weiter gefassten ursprünglichen Unterlagen nicht. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt und bei seiner Anhörung nachdrücklich bestätigt hat, geht eine Differenzierung zwischen einem aus den Teilen mit den Bezugszeichen 46, 44 und 48 gebildeten festen Rahmen und einem federelastischen Element an der technischen Wirklichkeit vorbei. Mit Blick auf den Zweck der Vorrichtung müsse sich auch der Rahmen auf Grund der aufgewendeten Kräfte verformen, um eine hinreichende Abdichtung zu gewährleisten und bei Wegnahme der Kräfte in seinen Ausgangszustand zurück- kehren; der Sachverständige hat dies überzeugend als einen Vorgang der Elastizität im Gegensatz zu einer zu dauerhaften Veränderungen führenden Verformung bezeichnet.
24
Diesen erkennbar von Sachkunde getragenen Folgerungen des gerichtlichen Sachverständigen tritt der Senat bei. Auch sie entziehen der allein die Annahme der Erweiterung tragenden Feststellung des Bundespatentgerichts die Grundlage, dass die Dichtungsvorrichtung 18 nach den ursprünglich eingereichten Unterlagen eine relativ starre Konstruktion darstelle, während nach Patentanspruch 1 des erteilten Streitpatents die Dichtungsvorrichtung nicht mehr starr sei.
25
cc) Die Frage, ob auch eine Ausführungsform, bei der die Federmembran (20) mit dem Abschnitt 46 in einem einzigen Teil zusammenfällt, eine Benutzung des Streitpatents darstellt, betrifft allein die Prüfung der Patentverletzung und ist im Nichtigkeitsverfahren nicht zu erörtern.
26
V. Weitere Gesichtspunkte, aus denen sich ergeben könnte, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinausgehe, sind in der Berufungsverhandlung nicht mehr geltend gemacht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.
27
Sie folgen insbesondere nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass der Begriff "Spannrahmen" in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten sei. Die Aufnahme eines nicht ursprungsoffenbarten Begriffs stellt nämlich - anders als die Aufnahme eines nicht ursprünglich offenbarten technischen Merkmals - dann keine unzulässige Änderung dar, wenn die entsprechende technische Lehre selbst offenbart war.
28
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 ZPO.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Asendorf Kirchhoff
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2001 - 3 Ni 39/00 -

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 21


(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß 1. der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,2. das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,3. der w

Patentgesetz - PatG | § 14


Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

Patentgesetz - PatG | § 81


(1) Das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz wird dur

Patentgesetz - PatG | § 22


(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist. (2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

Patentgesetz - PatG | § 13


(1) Die Wirkung des Patents tritt insoweit nicht ein, als die Bundesregierung anordnet, daß die Erfindung im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Sie erstreckt sich ferner nicht auf eine Benutzung der Erfindung, die im Interesse

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Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. Mai 2000 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert. Das deutsche Patent 27 48 982 wird für nichtig erklärt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. November 1977 angemeldeten , inzwischen durch Zeitablauf erloschenen, deutschen Patents 27 48 982 (Streitpatent), das eine "Anordnung zum Füllen von Gießformen mit Gießharz oder dergleichen gießfähig flüssigen Medien" betrifft. Das Streitpatent umfaßt drei Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet:
"Anordnung zum Füllen einer oder mehrerer unterschiedliche Volumen aufnehmenden Gießformen mit Gießharz oder dgl. gießfähig
flüssigen Gießmedien, bestehend aus mehreren Vorratsbehältern mit dazugehörenden Dosierpumpen und einer den Dosierpumpen nachgeordneten gemeinsamen Mischkammer und/oder einem auch evakuierbaren Mischbehälter mit einer das Gemisch weiterfördernden Pumpe und einer von der Mischkammer und/oder der Pumpe zu den einzelnen Formen führenden Zuführleitung, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß in der Zuführleitung zu jeder Gießform (2) ein Pufferelement (3) angeordnet ist, das zwei einstellbare Steuerkontakte (11), einen Druckmediumanschluß (10) und an seiner Gießmedieneinlaßöffnung (8) ein Ventil (9) aufweist."
Wegen der unmittelbar und mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin, die von der Beklagten wegen Verletzung des Streitpatents in einem vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 2 U 105/94 anhängigen Verfahren in Anspruch genommen wird, will mit ihrer Klage erreichen, daß das Streitpatent für nichtig erklärt wird und macht geltend, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar, sie sei nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Nichtigkeitsklage weiter. Die Beklagte tritt dem entgegen. Sie verteidigt das Streitpatent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsanträgen 1 und 2. Danach soll Patentanspruch 1 die folgende Fassung erhalten
Hilfsantrag 1
1. Anordnung zum Füllen und Druckgelieren einer oder mehrerer unterschiedliche Volumen aufnehmenden Gießformen mit Gießharz , bestehend aus mehreren Vorratsbehältern mit dazugehörenden Dosierpumpen und einer den Dosierpumpen nachgeordneten gemeinsamen Mischkammer und/oder einem auch evakuierbaren Mischbehälter mit einer das Gemisch weiterfördernden Pumpe und einer von der Mischkammer und/oder der Pumpe zu den einzelnen Formen führenden Zuführleitung, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß in der Zuführleitung zu jeder Gießform (2) ein Pufferelement (3) angeordnet ist, das zwei einstellbare Steuerkontakte (11), einen Druckmediumanschluß (10) und an seiner Gießmedieneinlaßöffnung (8) ein Ventil (9) aufweist. 2. Anordnung nach Anspruch 1, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß das Ventil (9) ein Rückschlag-, Magnet- oder manuell bedienbares Absperrventil ist. 3. Anordnung nach den Ansprüchen 1 und 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß de r Puffer (16) des Pufferelements (3) von einem Druckmedium (10) in bekannter Weise rückseitig beaufschlagt wird und daß allein durch die Bewegung des Puffers (16) die Schalt- oder Fühlerkontakte betätigbar sind.
Hilfsantrag 2
1. Anordnung zum Füllen und Druckgelieren einer oder mehrerer unterschiedliche Volumen aufnehmenden Gießformen mit Gießharz , bestehend aus mehreren Vorratsbehältern mit dazugehörenden Dosierpumpen und einer den Dosierpumpen nachgeordneten gemeinsamen Mischkammer und/oder einem auch evakuierbaren Mischbehälter mit einer das Gemisch weiterfördernden Pumpe und einer von der Mischkammer und/oder der Pumpe zu den einzelnen Formen führenden Zuführleitung, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß in der Zuführleitung zu jeder Gießform (2) ein Pufferelement (3) angeordnet ist, das zwei einstellbare Steuerkontakte (11) zum Schalten der Pumpen, einen Druckmediumanschluß (10) und an seiner Gießmedieneinlaßöffnung (8) ein Ventil (9) aufweist. 2. Anordnung nach Anspruch 1, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß das Ventil (9) ein Rückschlag-, Magnet- oder manuell bedienbares Absperrventil ist. 3. Anordnung nach den Ansprüchen 1 und 2, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß de r Puffer (16) des Pufferelements (3) von einem Druckmedium (10) in bekannter Weise rückseitig beaufschlagt wird und daß allein durch die Bewegung des Puffers (16) die Schalt- oder Fühlerkontakte betätigbar sind.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens und eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr.-Ing. P. E. , K. . In der mündlichen Verhandlung hat anstelle des verhinderten
Prof. Dr. E. Dipl. Ing. P. P. , ehemaliger akademischer Direktor der Universität St. , der an dem schriftlichen Gutachten mitgewirkt hat, dieses erläutert und ergänzt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist begründet. Der Gegenstand des Streitpatents ist nicht patentfähig; das Streitpatent ist daher für nichtig zu erklären (§ 13, 31 Abs. 1 PatG 1968).
I. Nach Erlöschen des Streitpatents ist ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für die Nichtigkeitsklage erforderlich. Dieses besteht hier deshalb, weil ein Verletzungsrechtsstreit zwischen den Parteien vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf schwebt (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. Urt. v. 29.09.1964 - Ia ZR 285/63, GRUR 1965, 231 - Zierfalten; Sen.Urt. v. 26.06.1973 - X ZR 23/71, GRUR 1974, 146 - Schraubennahtrohr; Keukenschrijver , Das Patentnichtigkeits- und Nichtigkeitsberufungsverfahren Rdn. 77 mit weiteren Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung des Senats).
II. Das Streitpatent betrifft nach seinem erteilten Patentanspruch 1 eine Anordnung zum Füllen von Gießformen mit Gießharz oder dergleichen flüssigen gießfähigen Medien. Die Beschreibung schildert eingangs bekannte Anlagen zur Verarbeitung von Gießharz. Bekannt seien Anlagen mit nur einem einzigen Vorratsbehälter, der zugleich als Fertigmischer ausgebildet sei. Meist seien aber mehrere Behälter vorhanden, in denen die Komponenten des Gießharzes enthalten seien. Diese Komponenten würden mittels Dosierpumpen einem Mischgerät zugeführt, in dem das reaktionsfähige Gießharz hergestellt werde.
Dieses Gießharz werde sodann einem Dosierkopf zugeführt, dem ein Steuerventil zugeordnet sei, mit dem die der Form zuzuführende Menge des Gemisches reguliert werde. Bekannt seien weiter Anlagen, bei denen synchron angetriebene Pumpen die einzelnen Komponenten aus den Komponentenbehältern nach einem Zeittakt einem Fertigmischer zuführten, aus dem die Mischung direkt in eine Gießform gebracht werde.
Nach dem Füllen der Form müsse häufig deren Inhalt bis zur Verfestigung des Materials unter Druck gehalten und Vorsorge getroffen werden, daß eine während der Verfestigung stattfindende Materialschwindung durch Nachfördern von Masse ausgeglichen werde. Dies geschehe bei bekannten Anlagen dadurch, daß der Druck durch die Förderpumpe bzw. die Dosierpumpen aufrechterhalten werde. Hieran sei nachteilig, daß die Pumpen während der gesamten Verfestigungszeit dauernd unter Druck stehen müßten. Dies führe zu Dosierungsungenauigkeiten infolge unvermeidbarer Leckagen. Außerdem sei die gesamte Anlage während des Verfestigungsvorgangs blockiert und könne nicht gleichzeitig zur Füllung einer weiteren Form genutzt werden. Bei einer weiteren bekannten Anordnung mit zwei Vorratsbehältern seien Mittel vorgesehen , mit denen im Mischbehälter auch in Gießpausen ein gewisser Druck aufrechterhalten werde. Dadurch solle der Eintritt von Luft in die Mischkammern vermieden werden. Wenn beim Gießen mit der bekannten Anordnung die Notwendigkeit bestehe, während des Schrumpfens der Gießmasse weitere Gießmasse nachzudrücken, könne dies nur mit Hilfe der Dosierpumpen erreicht werden.
Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung diese Nachteile durch eine Ausbildung bekannter Anlagen zu vermeiden, bei der die Dosierpumpen und gegebenenfalls ein Fertigmischer während der Verfestigung
des in die Gießform eingebrachten Materials vom Nachpreßdruck entlastet werden könnten.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent mit Anspruch 1 eine Anordnung mit folgenden Merkmalen vor:
1. Mit der Anordnung sind eine oder mehrere Gießformen mit Gießharz oder dgl. gießfähig flüssigen Gießmedien füllbar; 1.1 die Gießformen nehmen unterschiedliche Volumen (Gießharz ) auf;
2. die Anordnung hat mehrere Vorratsbehälter; 2.1 zu den Vorratsbehältern gehören Dosierpumpen; 2.2 den Dosierpumpen ist eine gemeinsame Mischkammer nachgeordnet;
und/oder
2.* die Anordnung hat einen Mischbehälter; 2.1* der Mischbehälter kann evakuiert werden; 2.2* der Mischbehälter hat eine das Gemisch weiterfördernde Pumpe;
3. eine Zuführleitung führt von der Mischkammer und/oder der Pumpe zu den einzelnen Formen;
4. die Anordnung hat ein Pufferelement; 4.1 das Pufferelement ist in der Zuführleitung zu jeder Gießform angeordnet;
4.2 das Pufferelement weist zwei einstellbare Steuerkontakte auf; 4.3 das Pufferelement weist einen Druckmediumanschluß auf; 4.4 das Pufferelement weist eine Gießmedieneinlaßöffnung auf; 4.4.1 an der Gießmedieneinlaßöffnung ist ein Ventil .
Danach betrifft Patentanspruch 1 eine Anordnung zur Verarbeitung von Gießharz, aber auch anderer gießfähig flüssiger Medien. Die Merkmale 1 bis 3 der vorstehenden Merkmalsgliederung enthalten dabei eine allgemeine Beschreibung bekannter Anordnungen zur Gießharzverarbeitung. Über das in Merkmal 4 geschilderte Pufferelement sagt Patentanspruch 1 aus, daß dieses in der Zuführleitung zu jeder Gießform angeordnet ist. Zur Ausgestaltung des Pufferelements gibt Patentanspruch 1 an, daß dieses mit zwei einstellbaren Steuerkontakten und einem Druckmedienanschluß versehen ist; es weist ferner eine Gießmedieneinlaßöffnung auf, die mit einem Ventil zu verschließen ist.
Wie der Sachverständige P. überzeugend ausgeführt hat, entnimmt der Fachmann der Beschreibung des Streitpatents, daß es sich bei der Anordnung nach Patentanspruch 1 um eine solche zur Durchführung des sogenannten Druckgelierens handelt; der Anspruch selbst gibt eine solche Beschränkung jedoch nicht her.
Die Kenntnisse und Fähigkeiten, wie sie für einen Fachmann, der sich mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet der Gießharzverarbeitung befaßt , typisch sind, werden, wie der Sachverständige P. in der mündlichen Verhandlung anschaulich dargestellt hat, insbesondere durch eine langjährige Erfahrung mit Gießharzen, mit ihrer Verarbeitung und den hergestellten Produkten gekennzeichnet und weniger durch die Ausbildung, die in der Regel eine
solche zum Ingenieur des Maschinenbaus und der Verfahrenstechnik, aber auch eine naturwissenschaftliche, etwa zum Chemiker, ist.
Diesem Fachmann sind die Verfahren zur Verarbeitung von Gießharzen bekannt. Hierzu gehört das Ende der Sechzigerjahre von der C. -G. AG entwickelte Druckgelieren. Durch dieses wurden die bis zu dieser Zeit bei der Verarbeitung von Gießharzen unvermeidbaren Mängel weitgehend beseitigt. Diese Mängel bestanden darin, daß die Härtung der Gießharzmasse ohne Druck stattfand und deshalb durch den Schwund des Materials während der Härtung Hohlräume im Inneren des Gießlings entstanden. Dadurch war die Maßhaltigkeit der Gießlinge mangelhaft und diese hatten oft Risse. Diese Mängel traten insbesondere bei großvolumigen Teilen auf. Unwirtschaftlich waren zudem die sehr langen Formbelegungszeiten wegen der langen Dauer des Härtens der Gießharzmasse. Durch das Druckgelieren wurde erreicht, daß nach dem Druckgießen die Gießharzmasse weiterhin unter Druck bleibt und so Gießharzmasse zum Ausgleich des Schwunds während der Gelierphase in die Gießform nachgedrückt wird. Das Druckgelieren machte es möglich, auch großvolumige und kompliziert geformte Gießlinge maßgenau und in hoher Qualität herzustellen. Zudem wurde die Wirtschaftlichkeit durch kürzere Belegzeiten der Gießformen verbessert.
Der Fachmann erkennt, daß es bei der Lehre des Streitpatents darum geht, wie eine aufbereitete Gießharzmasse unter Druck in die Gießform gelangt und dort unter Druck gehalten wird. Zieht der Fachmann die Beschreibung hinzu , so entnimmt er dieser (Sp. 2 Z. 30 f.), daß das in Patentanspruch 1 des Streitpatents vorgeschlagene Pufferelement während der mit einem Schwund verbundenen Verfestigung des Gießmaterials in der Form einen bestimmten Druck aufrechterhält, wobei aus dem Pufferelement Material in die Form nachgefördert wird, um den Schwund auszugleichen. Der Fachmann erkennt daher,
daß das Pufferelement Gießharzmasse speichern und anschließend den Schwund beim Gelieren der Gießharzmasse in der Gußform ausgleichen soll, wie dies kennzeichnend für das Verfahren des Druckgelierens ist.
II. Es kann dahinstehen, ob - was die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede stellt - die Lehre des Patentanspruchs 1 technisch ausführbar und neu ist. Der Senat ist jedenfalls davon überzeugt, daß der Stand der Technik dem Fachmann den Gegenstand des Streitpatents nahegelegt hat, so daß es zu seiner Bereitstellung keiner erfinderischen Tätigkeit bedurft hat.
Dem Fachmann, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, den für das Druckgelierverfahren notwendigen Nachdruck mit einfacheren Mitteln aufrechtzuerhalten , war die Druckschrift der C. -G. AG "Anwendungsbeispiele für Araldit. Das Druckgelierverfahren - eine rationelle Gießtechnik zur Herstellung von Epoxydharz -Formstoffen." (K 4) bekannt. Diese enthält als Bild 2 (S. 5) eine Zeichnung , die das Prinzip des Druckgelierverfahrens darstellt. Dieser Zeichnung entnimmt der Fachmann, daß ein separater Raum unterhalb des Eingußtrichters und oberhalb des zur Gießform führenden Eingußkanals vorhanden ist, in dem sich flüssiges Material befindet. Er entnimmt der Zeichnung weiter, daß oberhalb dieses separaten Raums ein Nachdruckkolben vorhanden ist, der - nach der Erläuterung der Zeichnung - zur Kompensierung des Reaktionsschwundes während des Geliervorgangs bestimmt ist. Dies bedeutet, daß der zum Nachpressen erforderliche Druck durch den Kolben aufgebracht wird. Damit fand der Fachmann in dieser Schrift ein Element, das in der Zuführleitung zur Gießform angeordnet ist und mit einem Druckmediumanschluß versehen ist, mithin die Merkmale 4.1 und 4.3 der obigen Merkmalsgliederung aufweist. Für den Fachmann , der über langjährige Erfahrung mit Gießharzen, mit ihrer Verarbeitung und den hergestellten Produkten verfügte, war selbstverständlich, daß das nachzudrückende Material einerseits in ausreichender Menge zur Verfügung
stehen mußte, um den beim Gelieren eintretenden Schwund auszugleichen, und daß andererseits ein Zuviel an Material problematisch war, weil es im Eingußkanal abbinden und diesen verunreinigen konnte. Zur Sicherstellung, daß ausreichend, aber nicht zuviel Material zur Verfügung stand, war es für ihn die nächstliegende Maßnahme, die zum Nachschieben zur Verfügung stehende Materialmenge zu steuern, was nach seinem durch den Sachverständigen zur Überzeugung des Senats dargestellten Fachwissen etwa über eine entsprechende Steuerung des Zuflusses geschehen konnte, die von entsprechenden, auf die jeweilige Menge reagierenden Kontakten gesteuert wurde, und dazu Steuerkontakte vorzusehen, mit denen er den Füllstand des Materialspeichers einstellen konnte. Setzte er aber Steuerkontakte zu diesem Zweck ein, so gelangte er ohne weiteres zum Gegenstand des Streitpatents.
III. Auch in der Fassung der Hilfsanträge hat Patentanspruch 1 keinen Bestand. Gemäß Hilfsantrag 1 soll die Anordnung zum Füllen und Druckgelieren bestimmt sein und sollen andere Materialien als Gießharz, nämlich "dergleichen flüssige Gießmedien", ausgeschlossen werden. Daß es sich um eine Anordnung handelt, die zum Druckgelieren bestimmt ist, hat der Senat unterstellt. Dies ändert nichts daran, daß die Lösung dem Fachmann nahegelegt war. Die Herausnahme anderer Materialien als Gießharz aus Patentanspruch 1 vermag hieran ebenfalls nichts zu ändern.
Nach Hilfsantrag 2 soll darüber hinaus ergänzt werden, daß die einstellbaren Steuerkontakte zum Schalten der Pumpen dienen. Auch dabei handelt es sich um eine Selbstverständlichkeit, da Steuerkontakte, die den Nachfluß von Material regeln sollen, nur mit Hilfe des Schaltens der Pumpen diesem Zweck dienen können. Eine erfinderische Tätigkeit liegt darin nicht, da es für den Fachmann nahelag, Steuerkontakte vorzusehen, die eben diesem Zweck dienten.

IV. Mit Patentanspruch 1 sind auch die auf ihn rückbezogenen abhängigen Unteransprüche 2 und 3, die weitere Ausgestaltungen der patentgemäßen Vorrichtung betreffen und keinen eigenen erfinderischen Gehalt haben, für nichtig zu erklären.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V. mit § 91 ZPO.
Melullis Scharen Mühlens
Asendorf Kirchhoff

(1) Das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz wird durch Klage eingeleitet. Die Klage ist gegen den im Register als Patentinhaber Eingetragenen oder gegen den Inhaber der Zwangslizenz zu richten. Die Klage gegen das ergänzende Schutzzertifikat kann mit der Klage gegen das zugrundeliegende Patent verbunden werden und auch darauf gestützt werden, daß ein Nichtigkeitsgrund (§ 22) gegen das zugrundeliegende Patent vorliegt.

(2) Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents kann nicht erhoben werden, solange ein Einspruch noch erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist. Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des ergänzenden Schutzzertifikats kann nicht erhoben werden, soweit Anträge nach § 49a Abs. 4 gestellt werden können oder Verfahren zur Entscheidung über diese Anträge anhängig sind.

(3) Im Falle der widerrechtlichen Entnahme ist nur der Verletzte zur Erhebung der Klage berechtigt.

(4) Die Klage ist beim Patentgericht schriftlich zu erheben. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die Gegenpartei beigefügt werden. Die Klage und alle Schriftsätze sind der Gegenpartei von Amts wegen zuzustellen.

(5) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sind anzugeben. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht in vollem Umfang, so hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Das gerichtliche Aktenzeichen eines das Streitpatent betreffenden Patentstreits und dessen Streitwert sollen angegeben werden.

(6) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Kosten des Verfahrens Sicherheit; § 110 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. Das Patentgericht setzt die Höhe der Sicherheit nach billigem Ermessen fest und bestimmt eine Frist, innerhalb welcher sie zu leisten ist. Wird die Frist versäumt, so gilt die Klage als zurückgenommen.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Die Wirkung des Patents tritt insoweit nicht ein, als die Bundesregierung anordnet, daß die Erfindung im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden soll. Sie erstreckt sich ferner nicht auf eine Benutzung der Erfindung, die im Interesse der Sicherheit des Bundes von der zuständigen obersten Bundesbehörde oder in deren Auftrag von einer nachgeordneten Stelle angeordnet wird.

(2) Für die Anfechtung einer Anordnung nach Absatz 1 ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig, wenn sie von der Bundesregierung oder der zuständigen obersten Bundesbehörde getroffen ist.

(3) Der Patentinhaber hat in den Fällen des Absatzes 1 gegen den Bund Anspruch auf angemessene Vergütung. Wegen deren Höhe steht im Streitfall der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Eine Anordnung der Bundesregierung nach Absatz 1 Satz 1 ist dem im Register (§ 30 Abs. 1) als Patentinhaber Eingetragenen vor Benutzung der Erfindung mitzuteilen. Erlangt die oberste Bundesbehörde, von der eine Anordnung oder ein Auftrag nach Absatz 1 Satz 2 ausgeht, Kenntnis von der Entstehung eines Vergütungsanspruchs nach Satz 1, so hat sie dem als Patentinhaber Eingetragenen davon Mitteilung zu machen.

(1) Das Patent wird widerrufen (§ 61), wenn sich ergibt, daß

1.
der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 nicht patentfähig ist,
2.
das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann,
3.
der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme),
4.
der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist.

(2) Betreffen die Widerrufsgründe nur einen Teil des Patents, so wird es mit einer entsprechenden Beschränkung aufrechterhalten. Die Beschränkung kann in Form einer Änderung der Patentansprüche, der Beschreibung oder der Zeichnungen vorgenommen werden.

(3) Mit dem Widerruf gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten. Bei beschränkter Aufrechterhaltung ist diese Bestimmung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Patent wird auf Antrag (§ 81) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, daß einer der in § 21 Abs. 1 aufgezählten Gründe vorliegt oder der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.

(2) § 21 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.

Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 30/02 Verkündet am:
5. Juli 2005
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Einkaufswagen II
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. c; IntPatÜG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3
Zur Beantwortung der Frage, ob der Gegenstand der Patentansprüche in der
erteilten Fassung des Patents über den Inhalt der Anmeldung hinausgeht und
deshalb der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i.V.m.
Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ vorliegt, ist die durch die Patentansprüche definierte
Lehre mit dem gesamten Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung zu
vergleichen. Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung in ihrer Gesamtheit
das in den erteilten Patentansprüchen niedergelegte Schutzbegehren
umfaßt. Den mit der Anmeldung ursprünglich formulierten Patentansprüchen
kommt im Rahmen des Erteilungsverfahrens keine eine weitergehende Offenbarung
in der Beschreibung einschränkende Bedeutung zu.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2005 - X ZR 30/02 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. November 2001 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.
Das europäische Patent 0 199 274 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 199 274 (Streitpatents), das unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Offenlegungsschrift 35 15 069 vom 26. April 1985 angemeldet worden ist.
Es betrifft einen "Transportwagen" und umfaßt sechs Patentansprüche. Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:
"Transportwagen, der in einen gleichgearteten Transportwagen einschiebbar und mit einer zur Aufnahme von Ware vorgesehenen Einrichtung ausgestattet ist, wobei in seinem Griffbereich ein mit einer Kopplungseinrichtung versehenes Münzschloß angeordnet ist, das auf Pfandbasis ein gegenseitiges An- und Abkoppeln von Transportwagen mit oder ohne Inanspruchnahme einer Sammelstelle erlaubt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß das Münzschloß im Bereich eines der beiden Grifftragarme angeordnet ist und sich sowohl am Grifftragarm als auch am Griff abstützt."
Wegen der Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin macht mit ihrer Klage geltend, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung hinaus und sei deshalb für nichtig zu erklären.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr.-Ing. H.
schriftliches ein Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund , der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung hinaus (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ, Art. 123 Abs. 2 EPÜ), liegt vor.
1. Das Streitpatent betrifft einen Transportwagen, wie er beispielsweise als Einkaufswagen in Supermärkten zum Einsatz kommt, wo er von Kunden auf Pfandbasis benutzt werden kann. Mehrere solcher Wagen können ineinandergeschoben und aneinandergekoppelt werden. Die Koppelungseinrichtung ist im
Griffbereich des Wagens angeordnet und weist ein Münzschloß auf, in das die Pfandmünze eingesteckt werden kann. Damit betätigt der Kunde - meistens unter Verwendung einer Kette - eine Steckverbindung zum nächsten Wagen und kann einen Wagen von den übrigen trennen.
Die Lehre des Streitpatents befaßt sich mit der Anordnung des Münzschlosses an einer geeigneten Stelle des Wagens.
Die Streitpatentschrift geht davon aus, daß es bei Wagensammel- und Ausleihsystemen durch die den Einkaufswagen eigentümliche Form nicht einfach sei, die Münzschlösser an geeigneten Stellen anzubringen, nämlich so, daß sowohl das Ineinanderschieben als auch die bequeme Handhabung des Einkaufswagens erhalten bleibe (Sp. 1 Z. 26-31).
Bei der Lösung nach der deutschen Offenlegungsschrift 25 54 916 bestehe die Schwierigkeit darin, daß das Münzschloß wegen seiner Größe teilweise in den Ladebereich des Korbs rage, so daß beim Beladen von der Griffseite des Einkaufswagens aus die Ware immer um das Münzschloß herum bewegt werden müsse (Sp. 1 Z. 31-39). Die in der deutschen Offenlegungsschrift 29 00 367 und dem deutschen Gebrauchsmuster 81 21 677 beschriebenen Münzschlösser seien kleiner und ließen sich am Griff des Einkaufswagens befestigen ; es bestehe jedoch die Gefahr, daß sie entweder mit Absicht um die Griffachse verdreht würden oder daß sie sich im Laufe der Zeit lockerten und ihre Lage veränderten (Sp. 1 Z. 39-49). Die Münzschlösser nach Art des deutschen Gebrauchsmusters 81 21 677 würden mittig am Griff des Einkaufswagens angebracht und ragten dadurch bei einem mit einem Kindersitz ausgestatteten Wagen störend in diesen Kindersitz hinein (Sp. 1 Z. 49-53). Der Nach-
teil der in der deutschen Offenlegungsschrift 33 24 962 vorgeschlagenen Münzschlösser bestehe schließlich darin, daß diese außen an den Korbseitenwänden befestigt würden, was beispielsweise beim Passieren des engen Durchgangs an der Kasse zu Schwierigkeiten führen könne (Sp. 1 Z. 54-63).
Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, die geschilderten Nachteile zu vermeiden und das Münzschloß so anzuordnen, daß es den für ein im Wagen mitzuführendes Kleinkind vorgesehenen Raum nicht verkleinere, daß das Be- und Entladen der zur Aufnahme der Ware vorgesehenen Einrichtung nicht behindert werde, daß es ferner nicht mutwillig in seiner Lage veränderbar sei und daß sich schließlich seine Lage im Laufe der Zeit nicht durch Gebrauchseinflüsse von selbst ändere (Sp. 1 Z. 64 - Sp. 2 Z. 8). Das Streitpatent schlägt dazu einen Transportwagen vor,
1. der in einen gleichgearteten Transportwagen einschiebbar und mit einer zur Aufnahme von Waren vorgesehenen Einrichtung ausgestattet ist,
2. wobei im Griffbereich des Transportwagens ein mit einer Kopplungseinrichtung versehenes Münzschloß angeordnet ist,
3. das auf Pfandbasis ein gegenseitiges An- und Abkoppeln von Transportwagen mit oder ohne Inanspruchnahme einer Sammelstelle erlaubt;
4. das Münzschloß ist
4.1 im Bereich eines der beiden Grifftragarme angeordnet und
4.2 stützt sich sowohl am Grifftragarm als auch am Griff ab.
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung trifft keine näheren Aussagen dazu, wo das Münzschloß "im Bereich" der beiden Grifftragarme anzuordnen ist. Beansprucht ist daher nicht nur eine Anordnung des Münzschlosses oberhalb der beiden Grifftragarme, sondern jede beliebige Anordnung in deren Bereich , also auch auf gleicher Höhe oder unterhalb der Grifftragarme, sofern die Anordnung nur in räumlicher Nähe zu den Grifftragarmen erfolgt.
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung geht damit über den Inhalt der Anmeldung hinaus, denn Anordnungen in gleicher Höhe und unterhalb des Grifftragarms sind nicht Teil der Offenbarung der Anmeldung; die in den ursprünglichen Unterlagen offenbarte Lehre ist auf eine Anordnung des Schlosses unmittelbar oberhalb eines Griffarms beschränkt.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist durch die Anmeldung offenbart , was sich dem Fachmann des Betreffenden Gebietes der Technik ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt der Unterlagen am Anmeldetag erschließt (so für die Rechtslage in Deutschland vor 1978 BGHZ 111, 21, 26 - Crackkatalysator I m.w.N.).
Zur Feststellung, ob der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ vorliegt, ist der Gegenstand des
erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche definierte Lehre. Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne daß dabei den Patentansprüchen eine gleich hervorragende Bedeutung zukommt (Sen.Urt. v. 03.12.1991 - X ZR 101/89, GRUR 1992, 157, 158 f. - Frachtcontainer; Sen.Urt. v. 21.09.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn). Entscheidend ist, ob die ursprüngliche Offenbarung für den Fachmann erkennen ließ, der geänderte Lösungsvorschlag solle von vornherein vom Schutzbegehren umfaßt werden.
Der Gegenstand der Anmeldung darf im Erteilungsverfahren bei der Aufstellung des Patentanspruchs daher anders formuliert beschränkt werden. Eine solche Änderung darf aber nicht zu einer Erweiterung de s Gegenstands der Anmeldung führen (Sen. BGHZ 110, 123, 125 f. - Spleißkammer). Der Patentanspruch darf nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, von dem der Fachmann aufgrund der ursprünglichen Unterlagen nicht erkennen kann, daß die darin enthaltene Offenbarung von vornherein ihn als zur Erfindung gehörend erkennen ließ (vgl. Sen.Beschl. v. 05.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm; Sen.Beschl. v. 11.09.2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49, 51 - Drehmomentübertragungseinrichtung; vgl. ferner EPA - T 255/88, EPOR 1992, 87 - Befestigungsvorrichtung für Fassadenelemente; EPA - T 192/89, EPOR 1990, 287 - Dispositif d' homogénisation; EPA - T 270/89, EPOR 1991, 540 - Splash bar method). Eine solche Zuordnung ist für die im erteilten Patentanspruch bezeichnete Anordnung des Münzschlosses nicht zu erkennen.
In den Anmeldungsunterlagen wird die Aufgabe der Erfindung wie in der Streitpatentschrift angegeben. Zur Lösung dieser Aufgabe gibt die Anmeldung eine Anordnung eines wesentlichen Teils des Münzschlosses unmittelbar über einem der beiden Grifftragarme an. Soweit die Beschreibung sich mit Angaben zur Lage des Schlosses befaßt, sind der Anmeldung wiederum nur Hinweise zu einer Anordnung in dieser Weise zu entnehmen (S. 4 Z. 23 ff.), wobei sich die Einschränkung, daß die beschriebene Anordnung bevorzugt sei, zwanglos mit der Anordnung auf der Seite des Wagens in Verbindung bringen läßt. Dem entspricht auch der in der Anmeldung formulierte Patentanspruch 1, wonach der Einkaufswagen allein dadurch gekennzeichnet sein soll, daß ein wesentlicher Teil des Münzschlosses unmittelbar über einem der beiden Grifftragarme angeordnet ist. Hierzu wird in der Beschreibung ausgeführt, das Münzschloß werde in einem Bereich angeordnet, der nicht anderweitig bereits für die Funktion oder für das Bewegen des Einkaufswagens vonnöten sei (S. 3 Z. 5 ff.).
Der Senat folgt dem gerichtlichen Sachverständigen, soweit dieser ausgeführt hat, der Fachmann, bei dem es sich um einen Techniker mit Konstruktionserfahrungen handele, entnehme der Anmeldung, daß das Münzschloß im Bereich Grifftragarm/Griff anzuordnen ist, damit es sich sowohl an einem der beiden Grifftragarme als auch am Griff abstützen kann. Dies kommt in Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung durch Verwendung der Worte "im Bereich eines der beiden Grifftragarme" zum Ausdruck. Darin erschöpfen sich die Angaben in der Anmeldung über die erfindungsgemäße Anordnung des Münzschlosses jedoch nicht.
Denn solche Anordnungen, bei denen zwar eine solche Abstützung möglich ist, das Münzschloß sich jedoch in gleicher Höhe oder unter dem Griff-
tragarm befindet, entnahm der Fachmann nicht den Anmeldungsunterlagen. Diese geben nicht nur an, daß die Anordnung des Münzschlosses dadurch gekennzeichnet sei, daß ein wesentlicher Teil des Münzschlosses unmittelbar über einem der Grifftragarme angeordnet ist; allein ein solche Lage findet sich auch in sämtlichen Abbildungen. Neben dem Hinweis auf die Lösung der gestellten Aufgage durch eine Anordnung eines wesentlichen Teils des Münzschlosses unmittelbar über einem der beiden Grifftragarme (S. 3 Z. 1-3), wird als besonderer Vorteil hervorgehoben, daß durch die Inanspruchnahme des seitlich über dem Griff befindlichen Raums zur Unterbringung des Münzschlosses der unter dem Griff befindliche Bereich zum Zwecke des Ineinanderschiebens mehrerer Einkaufswagen voll erhalten bleibt und das Be- und Entladen des Korbs nicht nachteilig beeinflußt wird (S. 3 Z. 22-29). Auch bei der Erläuterung der Zeichnungen wird an verschiedenen Stellen stets betont, daß der wesentliche Teil des Münzschlosses, so die Kopplungseinrichtung und die Geldeinwurf - und -ausgabeöffnung, sich über dem Grifftragarm befinden (S. 4 Z. 23-32; S. 7 Z. 1-5; S. 7 Z. 13-16). Soweit in der weiteren Beschreibung eine Anordnung "im Bereich" der Grifftragarme angesprochen wird, ist dem keine beliebige Lage im Verhältnis zu den Grifftragarmen zu entnehmen; es handelt sich hier jedoch um die Verwendung sprachlicher Alternativen zur Bezeichnung des gleichen Gegenstandes. Daß weiterhin eine unmittelbare Lage oberhalb des Grifftragarms gefordert wird, ergibt sich auf S. 5 Z. 20 etwa daraus, daß der angesprochene Schacht, der das eigentliche Münzschloß trägt, in seiner Kontur dem Grifftragarm angepaßt wird und diesen bei der Befestigung des Schlosses aufnimmt. Bezug genommen wird in diesem Zusammenhang zudem jeweils auf die Abbildungen, die das Schloß allein in einer Lage unmittelbar oberhalb des Grifftragarms zeigen. Das gilt auch für die auf S. 8 angesprochenen Bereiche.

Der Fachmann hatte im Zeitpunkt der Anmeldung auch keine Veranlassung , diese Aussagen in den Anmeldungsunterlagen zu relativieren und die Anordnung des Münzschlosses mit einem wesentlichen Teil unmittelbar über einem der beiden Grifftragarme nur als eine mögliche Anordnung anzusehen. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargestellt hat, war angesichts der damaligen Größe der Münzschlösser, wie in den Zeichnungen der Anmeldung dargestellt, eine Behinderung beim Ineinanderschieben der Wagen die Folge, wenn eine andere Anordnung des Schlosses als im wesentlichen über einem der Grifftragarme, insbesondere eine solche unterhalb eines der Grifftragarme, gewählt worden wäre. Danach war eine solche andere Anordnung nicht Teil der Offenbarung, wie sie in den Anmeldungsunterlagen Ausdruck gefunden hat. Sie war für den Fachmann aus der Anmeldung nicht zu entnehmen. Da sie von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung dagegen umfaßt wird, ist dieser auf einen Gegenstand gerichtet, von dem der Fachmann aufgrund der ursprünglichen Offenbarung nicht erkennen konnte, daß er von vornherein vom Schutzbegehren umfaßt sein sollte.
Daher geht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Streitpatents über den Gegenstand der Anmeldung hinaus mit der Folge, daß das Streitpatent für nichtig zu erklären ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. § 91 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 220/99 Verkündet am:
21. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 21. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens und den
Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 15. September 1999 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts dadurch abgeändert, daß das europäische Patent 0 398 452 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt wird, soweit Patentanspruch 1 und in Ansehung von Anspruch 1 die Ansprüche 2 und 4 - soweit diese auf Anspruch 1 oder 2 rückbezogen sind - sowie Anspruch 5 - soweit dieser auf Anspruch 4 in Verbindung mit Anspruch 1 oder 2 rückbezogen ist - über folgende Fassung des Anspruchs 1 hinausgehen: 1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) mit einer Tintenversorgungsöffnung (41) versehen ist und ein offenporiges und formstabiles Tintenabsorbierungsmittel (60"; 61, 62) enthält, von welchem Tinte zur Tintenversorgungsöffnung (41) gelangen kann, gekennzeichnet durch ein Luftloch (42), welches mit einer das Tintenabsorbierungsmittel (60"; 61, 62) umgebenden Luftschicht kommuniziert, wobei das Tintenabsorbierungsmittel (60"; 61, 62) Poren aufweist, welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) zu verringern sind und eine Tintenbahn bilden, wobei die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer ist als in der das Tintenabsorbierungsmittel (60"; 61, 62) umgebenden Luftschicht.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 9. Oktober 1984 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldungen JP 102 841, JP 102 842 und JP 102 843 vom 22. Mai 1984 angemeldeten und u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 398 452 (Streitpatents ), das vom Deutschen Patentamt unter der Nummer 34 86 333 geführt wird. Es umfaßt fünf Patentansprüche. Verfahrenssprache ist Englisch. Es betrifft einen "Ink supply tank for a wire dot matrix printer head". In der deutschen Übersetzung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:
"Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der
Tintentank (2) mit einer Tintenversorgungsöffnung (41) versehen ist und Tintenabsorbierungsmittel (60'', 61, 62) enthält, von welchen Tinte zur Tintenversorgungsöffnung (41) gelangen kann, g e k e n n z e i c h n e t durch ein Luftloch (42), welches mit Luft in mindestens einem Raum (50b) zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln (60'', 61, 62) und einer Wandung (5) des Tintenversorgungstanks (2) kommuniziert, wobei die Tintenabsorbierungsmittel (60'', 61, 62) Poren aufweisen, welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) zu verringert sind."
Wegen der unmittelbar und mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent teilweise mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären, nämlich im Umfang der Ansprüche 1, 2 und 4 - soweit diese auf die Patentansprüche 1 oder 2 rückbezogen sind - sowie des Anspruchs 5 - soweit dieser auf Anspruch 4 in Verbindung mit Anspruch 1 oder 2 rückbezogen ist. Sie hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei insoweit nicht patentfähig, weil er durch den Stand der Technik vorweggenommen, jedenfalls aber für den Fachmann nahegelegt gewesen sei. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das Bundespatentgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit ihrer Berufung will die Beklagte weiterhin die Klageabweisung erreichen , hilfsweise die - teilweise - Aufrechterhaltung des Streitpatents. In der
Fassung ihrer Hilfsanträge soll Patentanspruch 1 des Streitpatents wie folgt lauten:
Hilfsantrag 1:
"1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) mit einer Tintenversorgungsöffnung (41) versehen ist und ein offenporiges und formstabiles Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) enthält, von welchem Tinte zur Tintenversorgungsöffnung (41) gelangen kann, gekennzeichnet durch ein Luftloch (42), welches mit Luft in mindestens einem Raum (z.B. 50b) zwischen dem Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) und einer Wandung (5) des Tintenversorgungstanks (2) kommuniziert, wobei das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) Poren aufweist, welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) zu verringert sind und eine Tintenbahn bilden , wobei die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer ist als in dem mindestens einen Raum (z.B. 50b) in dem Tintentank."
Hilfsantrag 2:
"1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) mit einer Tintenversorgungsöffnung (41) verse-
hen ist und ein offenporiges und formstabiles Tintenabsorbierungsmittel (60’’; 61, 62) enthält, von welchem Tinte zur Tin- tenversorgungsöffnung (41) gelangen kann, gekennzeichnet durch ein Luftloch (42), welches mit Luft in mindestens einem Raum (z.B. 50b) zwischen dem Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) und einer Wandung (5) des Tintenversorgungstanks (2) kommuniziert, wobei das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) Poren aufweist, welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) zu verringert sind und eine Tintenbahn bilden , wobei die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer ist als in dem mindestens einen Raum (z.B. 50b) in dem Tintentank , welcher Raum (50b) an die innere Wandoberfläche (50a) eines Tankdeckels (50) angrenzt, von der nur mindestens ein vorstehender Bereich (51) das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61) berührt, so daß der übrige Bereich der inneren Wandoberfläche (50a) von dem Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61) beabstandet ist, und wobei die Tintenversorgungsöffnung (41) im Boden des Tintenversorgungstanks (2) angeordnet ist."
Hilfsantrag 3:
"1. Tintenversorgungstank (2) für einen Matrix-Nadeldruckerkopf, dem an distalen Nadelenden Tinte zugeführt wird, wobei der Tintentank (2) mit einer Tintenversorgungsöffnung (41) versehen ist und ein offenporiges und formstabiles Tintenabsorbie-
rungsmittel (60’’; 61, 62) enthält, von welchem Tinte zur Tin- tenversorgungsöffnung (41) gelangen kann, gekennzeichnet durch ein Luftloch (42), welches mit einer das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) umgebenden Luftschicht kommuniziert, wobei das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) Poren aufweist, welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung (41) zu verringern (richtig: verringert) sind und eine Tintenbahn bilden, wobei die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer ist als in der das Tintenabsorbierungsmittel (60''; 61, 62) umgebenden Luftschicht."
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil; zu Hilfsantrag 3 hat die Klägerin erklärt, daß sie diesen nicht angreife.
Prof. Dr.-Ing. C. H. , hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die Berufung hat zum Teil, nämlich insoweit Erfolg, als die Beklagte das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrages 3 verteidigt, im übrigen ist die Berufung nicht begründet.
I. Das Streitpatent betrifft einen Tintenversorgungstank für einen MatrixNadeldruckerkopf. Bei derartigen Druckern wird die zu verdruckende Tinte in einem speziellen im Betriebszustand an den Druckkopf fest gekoppelten Tintentank bereitgehalten, so daß der Tintentank an den schnellen Bewegungen des Druckkopfes teilnimmt, der mit ständig wechselnder Richtung über das Papier fährt. Das begründet nach den Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents die Gefahr, daß Tinte in dem Tank aufschäumt und durch Öffnungen austritt, wie sie u.a. zum Druckausgleich für die entnommene Tinte vorgesehen sein können. Zugleich kann bei Änderungen in der Umgebung, beispielsweise des Luftdrucks oder der Temperatur, die unterschiedliche Ausdehnung von Tankgehäuse und Tintenflüssigkeit zum Austreten von Tinte durch solche Öffnungen führen.
Die Streitpatentschrift befaßt sich eingangs mit bekannten Tintenversorgungssystemen. Bei dem aus der US-Patentschrift 4 194 846 bekannten System weise der Tintenführungsmechanismus Nadeln auf, die ein Porenelement berührten, das Tinte aus einem Tank absorbieren könne. Das Porenelement enthalte kleine in einem bestimmten Größenbereich variierende Löcher, was dazu führe, daß je nach dem Absorptionsvermögen der Porenelemente den distalen Nadelenden sowohl zu große als auch unzureichende Tintenmengen zugeführt werden könnten. Auch könne es leicht vorkommen, daß sich das Porenelement aufgrund des Zusammenwirkens mit den Seiten der Nadeln verforme. In beiden Fällen sei eine unregelmäßige Farbdichte die Folge.
Bei dem aus der europäischen veröffentlichten Anmeldung 97 009 bekannten Tintenversorgungsmechanismus komme eine Pumpe zum Einsatz, die
die Tinte aus einem Tank den distalen Nadelenden zuführe. Dies sei jedoch kompliziert und kostspielig.
Der Matrix-Nadeldruckerkopf aus der deutschen Offenlegungsschrift 25 46 835 weise einen Tintentank, ein Nadelführungsmittel mit einem Tintenaufnahmebereich und eine Drucknadel auf, deren distaler Endbereich sich in einer Öffnung in dem Nadelführungsmittel befinde, wobei eine kapillare Tintenbahn des Nadelführungsmittels sowohl mit dessen Bereich zum Aufnehmen der Tinte aus dem Tank als auch mit einem distalen Endbereich der Drucknadel kommuniziere, um dieser Tinte zuzuführen. Diese Konstruktion führe jedoch sehr leicht zu Variationen oder Unterbrechungen des Tintenflusses. Auch könne sich Luft, die durch Kapillarkraft in die Tinte gelange und vor der distalen Endoberfläche des Nadelführungsmittels nicht entweichen könne, unter dem vorhandenen niedrigen Druck ausdehnen und den Tintenfluß stören. Es fehle auch an Vorkehrungen zur Vermeidung einer zu großen Tintenmenge an der distalen Endoberfläche des Nadelführungsmittels.
Bei dem in der europäischen veröffentlichten Anmeldung 0 042 293 offenbarten Bauweise für einen Matrix-Nadeldruckerkopf sei nachteilig, daß keine Vorkehrung für eine Vergrößerung der Kapillaranziehungskraft in Richtung von dem Tintenversorgungsmittel hin zur distalen Endoberfläche angegeben werde, was dazu führe, daß in dem Tintenversorgungsmittel eventuell Tinte verschwendet werde, besonders wenn darin Luft eingeschlossen sei.
Das Streitpatent setzt es sich vor diesem Hintergrund zum Ziel, Verbesserungen der bekannten Tintenversorgungstanks zu erzielen und bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, zum Zuführen einer konstanten und angemessenen
Menge Tinte an das distale Ende einer Nadel einen Tintenversorgungstank vor- zuschlagen, der verglichen mit den bisherigen Bauweisen in geringerem Maße dem Einfluß von Veränderungen in der Umgebung, wie z.B. Temperaturschwankungen , ausgesetzt ist (deutsche Übersetzung S. 3 Z. 24-30).
Wie sich aus der Beschreibung weiter ergibt, sollen die Verbesserungen sich vor allem beziehen auf den unerwünschten Austritt von Tinte aus dem Tintenversorgungssystem sowohl an der Tintenversorgungsöffnung infolge von Luftblasen oder -schichten, die im Tintentank eingeschlossen sind, als auch an der Druckausgleichsöffnung (Streitpatentschrift deutsche Übersetzung S. 6 Z. 1 f.) und auf eine gezielte konstante ununterbrochene Leitung der im Tintentank bevorrateten Tinte in Richtung der distalen Tintenaustrittsöffnungen (Streitpatentschrift deutsche Übersetzung S. 15 Z. 16 f., 18 Z. 20 f.).
Patentanspruch 1 des Streitpatents geht dabei von einem Tintentank aus, der in bekannter Weise über eine Tintenversorgungsöffnung verfügt und der ein Tintenabsorbierungsmittel enthält, von dem aus Tinte aufgrund von Kapillarwirkung zur Tintenversorgungsöffnung gelangt. Dieser Tintenversorgungstank soll ein Luftloch enthalten, dieses Luftloch soll in direkter luftgefüllter Verbindung stehen mit mindestens einem Raum (50b) zwischen dem Tintenabsorbierungsmittel und einer Wandung des Tintenversorgungstanks. Das Absorbierungsmittel soll Poren aufweisen, die in ihrer Größe zunehmend in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung hin verringert sind.
Vorgeschlagen wird damit ein Tintenversorgungstank für einen MatrixNadeldruckerkopf , dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1. Der Tintenversorgungstank ist mit einer Tintenversorgungsöffnung versehen.
2. Der Tintenversorgungstank enthält Tintenabsorbierungsmittel, von welchen Tinte zur Tintenversorgungsöffnung gelangen kann.
3.1 Der Tintenversorgungstank weist ein Luftloch auf.
3.2 Das Luftloch kommuniziert mit Luft in mindestens einem Raum (50b) zwischen den Tintenabsorbierungsmitteln und einer Wandung des Tintenversorgungstanks.
4. Die Tintenabsorbierungsmittel weisen Poren auf, welche in der Größe zunehmend in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung zu verringert sind.
Wie Figur 1 verdeutlicht, wird bei dem vorgeschlagenen Tintenversorgungstank die eingefüllte Tinte von dem Tintenabsorbierungsmittel aufgesogen. Das ist, wie der gerichtliche Sachverständige auf Befragen ausdrücklich und zur Überzeugung des Senats bestätigt hat, dahin zu verstehen, daß die Tinte vollständig aufgenommen wird und keine freie Tinte verbleibt. Zwar wird dies nicht ausdrücklich angesprochen, ergibt sich für den Fachmann jedoch aus dem Ziel der Erfindung, den Austritt von Tinte aus der Luftöffnung zu vermeiden, und den Angaben zur Dimensionierung insbesondere der Poren in dem Absorbierungsmittel. Insoweit enthält Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung zwar keine ausdrücklichen Größenangaben; diese entnimmt der Fachmann jedoch den Hinweisen zur jeweiligen Funktion der Bestandteile. Danach soll das Absorbie-
rungsmittel zum einen so bemessen sein, daß mindestens ein Raum (50b) verbleibt , in dem sich Luft befindet und der mit dem Luftloch kommunizieren kann (deutsche Übersetzung S. 16 Z. 9 f.), d.h. insbesondere mit diesem mit der Möglichkeit des Gasaustausches in Verbindung steht. Zum anderen gibt die Beschreibung an, daß die Kapillarwirkung in der Tintenbahn größer ist als in der das Tintenabsorbierungsmittel umgebenden Luftschicht. Bei derartigen Größenverhältnissen saugt, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, der Absorptionskörper die Tinte aus dem Luftraum bis zur Grenze seines Fassungsvermögens auf; zugleich werden damit die Mittel angegeben, mit denen freie, das Ziel der patentgemäßen Lehre gefährdende Tinte in dem umgebenden Luftraum vermieden wird.
Die Probleme, die entstehen, wenn Luftreste, die im Tintenabsorbierungsmittel vorhanden sind und durch unvollständige Füllung eingeschlossen wurden, sich aufgrund von Temperaturänderungen ausdehnen, schildert die Patentschrift bei Erläuterung der Figur 7 dahingehend, daß dann Tinte aus dem Luftloch austreten kann (deutsche Übersetzung S. 6 1. Abs.). Bei der im Patent beschriebenen Bauweise werden die mit Tinte imprägnierten Absorbierungsmittel von Rippen an den Innenseiten des Tintentanks gehalten. Die mit Tinte imprägnierten Elemente sind daher von einer Luftschicht umgeben, welche durch ein Luftloch mit der Umgebungsluft in Verbindung steht. Wenn sich hier nur Luft und keine freie Tinte befindet, wird, wie ohne weiteres einleuchtet, so ein Ausfließen von Tinte infolge von Temperaturschwankungen und Veränderungen des Atmosphärendrucks vermieden. Unten liegt das Absorptionsmittel auf der unteren Innenseite des Tanks auf; damit wird eine direkte Verbindung zwischen dem Tintenvorrat und der Abgabe mit einer durchgehenden und nicht zu unterbrechenden Tintenbahn geschaffen, mit deren Hilfe den den Druck be-
wirkenden Nadeln konstant Tinte zugeführt werden kann (deutsche Übersetzung S. 16 Z. 20 f.). Die Verringerung der Porengröße in Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung hat dabei zur Folge, daß die Kapillarwirkung und damit zugleich der auf die Flüssigkeit in dem Absorbierungsmittel ausgeübte Sog ansteigt mit der Folge, daß zum einen hier stets Flüssigkeit zur Verfügung steht und zum anderen eine zumindest nahezu vollständige Leerung des Tanks beim Gebrauch erreicht werden kann.
II. Der von der Klägerin gegen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a EPÜ i.V. mit Art. 54 Abs. 1 und 2, Art. 56 EPÜ liegt vor. Es kann dahinstehen, ob ein Tintentank nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung neu ist, jedenfalls beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit; er ergab sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.
1. Als maßgeblicher Fachmann ist, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, ein Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulabschluß und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Tintenpatronen für Nadeldrucker, Tintenstrahldrucker und ähnliche Geräte anzusehen. Der gerichtliche Sachverständige hat sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung angegeben, daß auch hervorragende Techniker auf dem hier einschlägigen Fachgebiet tätig seien und mit der Entwicklung von Neuerungen befaßt seien. Er hat dies jedoch nicht als den durchschnittlichen Ausbildungsstand bezeichnet, sondern angegeben , daß dies auch vorkomme. Dies ändert nichts daran, daß durchschnittlich
solche Personen als maßgeblicher Fachmann anzusehen sind, die über eine höhere Qualifikation, nämlich einen Fachhochschulabschluß, verfügen.
2. Wie der gerichtliche Sachverständige weiter überzeugend ausgeführt hat, kommt das Schreibelement mit Piezoantrieb für Registrier- und Aufzeichnungsgeräte , das in der deutschen Offenlegungsschrift 32 007 074 beschrieben wird, dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung am nächsten.
Das Schreibelement besteht aus einem Gehäuseteil, das mit einer Kappe nach oben abgeschlossen ist. In dieser befindet sich eine Lufteintrittsöffnung. Am anderen Ende läuft das Gehäuse in eine Austrittsdüse aus. Im Gehäuse befindet sich ein geordnetes Bündel von Stäben oder Röhren, das ein Kapillarsystem bildet. Diese enden in Richtung zur Austrittsdüse an einer Drosselplatte. Innerhalb der Austrittsdüse befindet sich ein Piezoelement. Im Bereich vor der Austrittsdüse sind die Kapillaren des Kapillarsystems verengt, was z.B. durch einen Ring bewirkt wird.
Damit weist das Schreibelement der Entgegenhaltung alle Merkmale des Streitpatents auf, nämlich ein Gehäuse, eine Austrittsdüse, eine Lufteintrittsöffnung und ein Kapillarsystem mit in Richtung zum Tintenaustritt zunehmend sich verringernder Porenweite, die bei der Entgegenhaltung allerdings dadurch bewirkt wird, daß das Kapillarsystem durch einen Ring eingeschnürt ist. Nicht ausdrücklich erwähnt wird in der Entgegenhaltung ein Luft gefüllter Raum zwischen einer inneren Wandung und dem Kapillarsystem, der in durchgehend Luft gefüllter Verbindung zum Luftloch steht. Der gerichtliche Sachverständige hat jedoch überzeugend ausgeführt, daß es für den Fachmann eine Selbstver-
ständlichkeit ist, einen derartigen Raum vorzusehen. Hergeleitet hat der Sachverständige dies daraus, daß dem Fachmann die strömungstechnischen Bedingungen innerhalb des Tintentanks geläufig sind, wonach nach dem Befüllen des Tanks, das nach dem übereinstimmenden und einleuchtenden Vorbringen beider Parteien stets nach Fertigstellung des Tanks im übrigen, insbesondere dessen Verschließen, erfolgt, ein Luftspalt zwischen der Oberkante der Tintenbefüllung und der Innenfläche des Deckels verbleiben müsse. In seinem schriftlichen Gutachten ist der gerichtliche Sachverständige dabei allerdings von der Vorstellung ausgegangen, daß die entsprechenden Tintentanks für Druckeinrichtungen vor ihrer endgültigen Herstellung, insbesondere dem endgültigen Verschließen befüllt würden, und hat damit einen Sachverhalt zugrunde gelegt, dem beide Parteien widersprochen haben. Bei seiner Befragung im Termin hat er jedoch weiter bestätigt, daß die gleichen Überlegungen auch für einen Tank gelten, der nachträglich befüllt wird. Auch in diesem Fall hätte der Verzicht auf einen entsprechenden Luftraum oberhalb des Körpers, der die Tinte aufnehmen soll, ähnlich wie bei dem in seinem Gutachten geschilderten Fall technische Probleme beim Befüllen zur Folge, die der Fachmann kenne und denen er sich nicht aussetzen werde, zumal ihm mit dem Vorsehen eines Luftraums eine einfache Lösung zur Verfügung stehe. Zu besorgen seien ein Austritt der Tinte aus dem Luftloch beim Befüllen, ein Eintrocknen der Tinte in dem Luftloch, das dieses verschließen und damit ein Nachströmen von Luft bei der Entnahme von Tinte zur Vermeidung eines Unterdrucks im Tank verhindern könne, und ein Aufsaugen von Tinte infolge einer Kapillarwirkung des Luftlochs, das wiederum zum Austritt von Tinte in die Umgebung führen könne. Aus diesem Grunde werde er daher auch in diesem Fall ein Luftpolster vorsehen, um diese und weitere mögliche Probleme zu vermeiden. Außerdem mache eine Befüllung bis an die Unterkante der Lufteintrittsöffnung einen Tintentank temperaturempfind-
lich, weil mit Ausdehnungsunterschieden zwischen Tinte und Tintentank zu rechnen sei. Dies alles sei für den Fachmann selbstverständlich und gelte insbesondere auch für die Entgegenhaltung.
Der Sachverständige hat sich in seiner Einschätzung auch dadurch bestätigt gesehen, daß in Figur 1 der Entgegenhaltung ein deutlicher Abstand zwischen dem Kapillarsystem und der Kappe zu erkennen sei. Dies zeige sich ferner auch daran, daß in der Beschreibung der Entgegenhaltung der Hinweis enthalten sei, daß die einzelnen Kapillaren des Kapillarsystems für die Schreibflüssigkeit eine konstante Steighöhe ergäben, die größer sei als die maximale Füllhöhe (deutsche Übersetzung S. 6 1. Satz). Das aber bedeute, daß ein auf den Kopf gestelltes Schreibelement, wenn die Luftaustrittsöffnung nach unten weise, ebenfalls keine Tinte aus der Lufteintrittsöffnung treten lassen werde. Damit die Kapillarhöhe des Kapillarsystems aber bestimmend bleibe, dürfe das Kapillarsystem nicht die Kappe berühren, weil in dem Kontaktbereich der Verbund Kapillare, Kappe und Flüssigkeit eine eigene merkliche Kapillarhöhe entstehen ließe.
Der gerichtliche Sachverständige ist auf nachdrückliches Befragen dabei geblieben, daß der Fachmann diese Zusammenhänge nicht nur kennt, sondern es für ihn selbstverständlich ist, diese bei der Konstruktion eines Tintentanks in allen denkbaren Versionen zu beachten und das Füllvolumen eines Tintentanks in jedem Fall größer auszulegen, als dies dem Raumbedarf der größtmöglichen Füllmenge entspricht. Er hat es zugleich als für den Durchschnittsfachmann selbstverständlich bezeichnet, Größe und Aufnahmefähigkeit des Absorbierungsmittels so zu dimensionieren, daß die Tinte vollständig aufgenommen wird und keine freie Tinte verbleibt, die in dem Luftraum hin- und herschwappen
könnte. Aus diesem Grunde werde der Fachmann darauf verzichten, den Tank bis zur Grenze des Fassungsvermögens des Absorbierungsmittels zu befüllen, sondern aus den gleichen Gründen, die ihn zum Vorsehen des Luftraums veranlaßten , auch insoweit einen Sicherheitsabstand einhalten. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, daß diese eindeutige Aussage des gerichtlichen Sachverständigen von Fehlern oder Irrtümern beeinflußt sein könnte und hat sie deshalb seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Auf dieser Grundlage mag dahinstehen, ob durch die Entgegenhaltung der Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents bereits vorweggenommen ist. Jedenfalls konnte der Fachmann ihn danach auffinden, ohne daß es erfinderischer Tätigkeit bedurft hätte.

a) Dabei spielt es keine Rolle, daß es sich bei dem Gegenstand der Entgegenhaltung um ein Schreibelement mit Piezoantrieb für Registrier- und Aufzeichnungsgeräte handelt. Wie der gerichtliche Sachverständige auf Nachfrage bestätigt hat, ist ein solches Gerät mit dem hier in Rede stehenden Drucker vergleichbar; der Fachmann bezieht es daher in den maßgeblichen Stand der Technik ein.

b) Ebenso ist es nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen nicht entscheidend, daß die Entgegenhaltung in erster Linie ein aus Stäben oder Röhren gebildetes Kapillarsystem erwähnt. Die Beschreibung bezeichnet es ausdrücklich als auch im Rahmen der Erfindung liegend, anstelle des Ausführungsbeispiels, bei dem ein aus geordneten Bündeln bestehendes Kapillarsystem zum Einsatz komme, ein Kapillarsystem vorzusehen, das aus einem faserigen Material besteht, beispielsweise aus Glaswolle, wobei die Ver-
engung vor der Austrittsöffnung durch die konstruktive Gestaltung des Gehäuses bewirkt werde (deutsche Übersetzung S. 7 Z. 26 f.). Der gerichtliche Sachverständige hat dazu ausgeführt, zwar erkenne der Fachmann, daß ein Material wie Glaswolle weniger formstabil sei als das aus Röhren gebildete Kapillarsystem. Ihm sei aber aus der Entgegenhaltung bekannt, daß das Material nicht nur ein Schwingen freier Flüssigkeit im Gehäuse verhindern solle, sondern daß es auf eine gewisse Dichte zur Erzeugung der Kapillarwirkung ankomme. Da Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lediglich angibt, daß das Tintenabsorbierungsmittel Poren aufweist, die zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung verringert sind, folgt daraus nicht, wie dieser Effekt bewirkt werden soll. Ausgeschlossen ist insbesondere auch nicht, die gewünschte Wirkung durch Einzwängen des Tintenabsorbierungsmittels zu erzeugen.
Andere Beispiele, wie eine Erhöhung der Kapillarwirkung zu erzielen war, konnte der Fachmann aber der französischen Patentschrift 2 229 320 und der US-Patentschrift 3 491 685 entnehmen. Erstere beschreibt ein kontinuierlich arbeitendes Tintenwerk mit einem Behälter, der in zwei getrennte Zellen unterteilt ist, welche in unterschiedlicher Dichte mit einem porösen Material gefüllt sind. Zwischen den Zellen befindet sich eine für die Schreibflüssigkeit durchlässige Wandung. Die US-Patentschrift betrifft eine rotierbare Tintenspeicher- und Zumeßkartusche, die mit einem ersten Schaummaterial mit großen Poren, das einen Tintenspeicher bildet und mit einem zweiten Schaummaterial mit kleineren Poren, das in Berührung mit dem ersten Schaum angeordnet und einem Abschnitt des äußeren der Kartusche ausgesetzt ist, um Tinte bereitzustellen. Der Schaum dient dabei als Tintenspeicher, die Kartusche ist vollständig mit dem Schaummaterial ausgefüllt. Diese Entgegenhaltungen gaben dem Fach-
mann, ohne daß er dazu erfinderisch tätig werden mußte, Mittel an die Hand, bei dem eingesetzten Tintenabsorbierungsmittel durch eine Verringerung der Größe der Poren eine Erhöhung der Kapillarwirkung zu erreichen.
III.1. Beruht danach der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit, so gilt dies ebenso für den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der mit dem Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung.
Diese unterscheidet sich von der erteilten Fassung zum einen dadurch, daß das Tintenabsorbierungsmittel als offenporig und formstabil bezeichnet wird, und zum anderen dadurch, daß zur Dimensionierung des Luftraums (50b) an Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung angefügt werden soll, daß die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer sein soll als in dem mindestens einen Raum (z.B. 50b) in dem Tintentank.
2. Diese zusätzlichen Angaben sind in der Ursprungsoffenbarung enthalten (S. 16, Z. 21,22).
3. Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in dieser Fassung beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die Angabe, daß das Absorbierungsmittel offenporig (zum Gegensatz zu geschlossenporig) sein soll, ist eine Selbstverständlichkeit, wenn dieses die Tintenflüssigkeit aufnehmen soll. Die Angabe, daß das Absorbierungsmittel formstabil sein soll, ergibt sich zwangsläufig , wenn das Absorbierungsmittel die Flüssigkeit vollständig aufnehmen und keine freie Flüssigkeit im Tank zulassen soll. Auch die Kapillarwirkung setzt jedenfalls eine hinreichende Formstabilität voraus. Die Angaben zur Dimensionie-
rung des Luftraums reichen für die Annahme einer erfinderischen Tätigkeit nicht aus. Legt man zugrunde, daß es dem Fachmann darum ging, diesen Luftraum aus den oben genannten Gründen vorzusehen, so beruhte dies u.a. auf der ihm selbstverständlichen Erkenntnis, daß die Kapillaranziehung in der Tintenbahn größer sein mußte als in dem Luftraum, weil andernfalls die beabsichtigte Wirkung des Luftraums, einen Tintenaustritt aus dem Luftloch zu vermeiden, nicht zu erreichen war.
IV. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrages 2 übernimmt die Fassung des Hilfsantrages 1 und fügt hinzu, wie der mindestens eine Raum (50b) ausgestaltet sein soll, daß er nämlich an die innere Wandoberfläche eines Tankdeckels angrenzen soll, von der nur mindestens ein vorstehender Bereich das Tintenabsorbierungsmittel berühre, so daß der übrige Bereich der inneren Wandoberfläche von dem Tintenabsorbierungsmittel beabstandet sei und wobei die Tintenversorgungsöffnung im Boden des Tintenversorgungstanks angeordnet sei. Damit beschreibt der Patentanspruch 1 in dieser Fassung als Abstandshalter eine Rippe an der inneren Wandoberfläche. Auch dies ist zwar in den Ursprungsunterlagen, dort in Patentanspruch 2, enthalten , jedoch beruht diese Ausgestaltung nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Denn der Fachmann konnte, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, ohne weiteres als naheliegend erkennen, daß, um den Abstand zwischen dem Absorbierungsmittel und dem Tankdeckel zu wahren, der Einsatz eines Abstandshalters sinnvoll war. Diesen in Form einer Rippe zu gestalten, war eine von mehreren ohne weiteres in Betracht zu ziehenden konstruktiven Möglichkeiten.
V. Die Fassung des Patentanspruchs 1 im Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von den übrigen Fassungen dadurch, daß das Luftloch mit einer das Tintenabsorbierungsmittel umgebenden Luftschicht korrespondieren soll. Die Beklagte hat sich darauf berufen, dies sei dadurch offenbart, daß in der Ursprungsanmeldung (S. 16, Z. 33 ff.) wie in der Beschreibung des Streitpatents (deutsche Übersetzung S. 16 Z. 19 f.) ausgeführt sei, die mit Tinte imprägnierten Elemente seien von einer Luftschicht umgeben, die durch ein Luftloch mit der Umgebungsluft in Verbindung stehe.
Allerdings steht diese Aussage in der Beschreibung des Streitpatents im Zusammenhang mit der Ausführungsform, bei der die mit Tinte imprägnierten Elemente von Rippen gehalten werden. Die Einfügung eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in dem Patentanspruch ist dann nicht zulässig, wenn es dort zwar erwähnt, in seiner Bedeutung für die im Anspruch umschriebene Erfindung jedoch nicht zu erkennen ist. Dienen dagegen in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, die für sich aber auch zusammen mit den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, dann hat es der Patentinhaber in der Hand, ob er sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale beschränkt (Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432, 433 - Spleißkammer). Danach steht vorliegend der Einfügung dieses Merkmals nicht schon entgegen, daß es im Zusammenhang mit der Beschreibung einer Ausführungsform steht, bei der Rippen als Hilfsmittel eingesetzt werden, um zu erreichen, daß das Tintenabsorbierungsmittel von einer Luftschicht umgeben wird. Als zur Erfindung gehörend wird damit jedenfalls eine Ausführungsform bezeichnet, bei der das Tintenabsorbierungsmittel insgesamt von einer Luftschicht umgeben wird.

Die Klägerin hat ausdrücklich erklärt, daß Patentanspruch 1 des Streitpatents in dieser Fassung nicht von ihr angegriffen werde. In dieser Form hat Patentanspruch 1 des Streitpatents danach Bestand.
Die Formulierung des Hilfsantrags 3 enthält dabei einen offenbaren Schreibefehler, der auch in die verkündete Urteilsformel eingegangen ist. Richtig sind beide dahin zu lesen, daß das Tintenabsorbierungsmittel Poren aufweist , welche zunehmend in der Größe in einer Richtung auf die Tintenversorgungsöffnung zu verringert (nicht: verringern) sind.
VI. Mit Patentanspruch 1 in dieser Fassung bleiben die übrigen mittelbar und unmittelbar hierauf bezogenen Patentansprüche bestehen.
VII. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind der Beklagten insgesamt auferlegt worden, da die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung über ihre Berufung mit ihrem Hilfsantrag 3 das Streitpatent in der Fassung verteidigt hat, in der es Bestand hat. Die Klägerin hat den so gefaßten Patentanspruch 1 nicht angegriffen. Es entspricht daher der Billigkeit, der Beklagten die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen. Diese Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V. mit § 97 ZPO.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.