Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2008 - X ZR 135/04

bei uns veröffentlicht am23.09.2008
vorgehend
Bundespatentgericht, 4 Ni 8/03, 30.06.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch Beschluss
vom 4. November 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 135/04 Verkündet am:
23. September 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Multiplexsystem
PatG §§ 81 ff.; § 81 Abs. 1 Satz 2

a) Zur Frage, ob die Erklärung, dass das Streitpatent im Patentnichtigkeitsverfahren
eingeschränkt verteidigt werde, nur von dem materiell am Patent Berechtigten
abgegeben werden kann.

b) Zur Behandlung einer unrichtigen Bezeichnung des Beklagten im Patentnichtigkeitsverfahren.
BGH, Urt. v. 23. September 2008 - X ZR 135/04 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2008 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das durch Beschluss vom 7. September 2004 berichtigte Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 30. Juni 2004 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das europäische Patent 308 449 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht: 1. Verfahren zum verbindungslosen Übertragen von Meldungen (20) variabler Länge in einem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten (4) von einem Ausgangsknoten (42) mit einer Ausgangsadresse (SA) zu einem Bestimmungsknoten (46) mit einer Bestimmungsadresse (DA), mit den folgenden Verfahrensschritten: Jede Meldung (20) variabler Länge wird in eine Vielzahl von Schlitzen (32) fester Länge, alle Schlitze fester Länge mit gleicher Länge, unter Einschluss eines ersten Schlitzes, folgender Schlitze und eines letzten Schlitzes segmentiert, wobei jeder der Schlitze mit fester Länge ein Kopffeld (34, 36, 38) und ein Meldungssegment (40) enthält; die Schlitze fester Länge werden von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen; und das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge, die an dem Bestimmungsknoten (46) empfangen werden, in die Mel- dung variabler Länge wird auf der Basis der Information in dem Kopffeld gesteuert; dadurch gekennzeichnet, dass ein eindeutig der von dem Ausgangsknoten zu übertragenden Meldung variabler Länge zugeordneter Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einem Ausgangsidentifizierungsfeld (38) in dem Kopffeld jedes der Schlitze (32) fester Länge vorgesehen wird; dass die Bestimmungsadresse (DA) nur in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes fester Länge eingegeben wird und dass der erste Schlitz neben der Bestimmungsadresse (DA) einen ersten Teil eines Informationsfeldes (28) der Meldung (20) enthält; dass das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge an dem Bestimmungsknoten in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) der an dem Bestimmungsknoten (46) empfangenen Schlitze (32) fester Länge gesteuert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, enthaltend den Verfahrensschritt, ein Typenfeld (36) in dem Kopffeld jedes Schlitzes fester Länge vorzusehen und in das Typenfeld einen ersten, zweiten oder dritten Code einzucodieren, der einen Meldungsbeginn (BOM), eine Meldungsfortführung (COM) bzw. ein Meldungsende (EOM) darstellt , und wobei das Wiederzusammensetzen der empfangenen Schlitze (32) fester Länge an dem Bestimmungsknoten (46) in Übereinstimmung mit dem ersten, zweiten und dritten Code gesteuert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem die Meldung (20) variabler Länge ein Bestimmungsadressfeld (22) enthält, das auf eine Übereinstimmung mit einer dem Bestimmungsknoten zugeordneten Adresse überprüft wird, und bei dem das Adressfeld (22) in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes (32) fes- ter Länge übertragen wird, der zum Übertragen der Meldung (20) variabler Länge verwendet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem das Verfahren den Verfahrensschritt umfasst, Meldungssegmente (40), die einer einzelnen Meldung (20) variabler Länge zugeordnet sind, in einem Puffer (77) an dem Bestimmungsknoten zu speichern.
5. Verfahren nach Anspruch 4, bei dem, wenn der erste Code (BOM) an dem Bestimmungsknoten festgestellt wird, der Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einen Komparator (82) eingegeben wird, und wenn ein zweiter einem anschließend empfangenen Schlitz zugeordneter Code (COM) festgestellt wird, dessen Ausgangsidentifizierer (SI) ebenfalls in dem Komparator zur Überprüfung einer Übereinstimmung eingegeben wird, und dann, wenn eine Übereinstimmung auftritt, das Meldungssegment (40) des anschließend empfangenen Schlitzes fester Länge in dem Puffer (77) gespeichert wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, bei dem bei Feststellen des dritten Codes (EOM) die zusammengesetzte Meldung (20) variabler Länge in dem Puffer (77) aus dem Puffer (77) ausgegeben wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, enthaltend den Verfahrensschritt, dass mehrfache Komparatoren (82) und Puffer (77) an dem Bestimmungsknoten vorgesehen werden, zur Ermöglichung eines gleichzeitigen Empfangs einer Vielzahl von Meldungen (20) variabler Länge, die jeweils ihren eigenen Ausgangsidentifizierungscode (SI) aufweisen, wobei die Meldungssegmente (40) jeder Meldung (20) variabler Länge in einem einzelnen Puffer (77) gespeichert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 1, enthaltend den Verfahrensschritt, dass zwei oder mehr Meldungen (20) variabler Länge gleichzeitig von dem Ausgangsknoten (42) zu dem Bestimmungsknoten (46) in dem Netzwerk übertragen werden.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ein Viertel und die Beklagte drei Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war bei Klageerhebung Inhaberin des am 17. März 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung im Australischen Bund vom 17. März 1987 im Weg der internationalen Anmeldung angemeldeten europäischen Patents 308 449 (Streitpatents), dessen deutscher Teil in der Folgezeit am 20. Mai 2003 auf die Q. GmbH in M. umgeschrieben wurde und das während des Berufungsverfahrens wegen Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschen ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent betrifft die Nachrichtenübertragung in einem Multiplexsystem und umfasst 29 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut : "1. A method of transmitting variable length messages (20) on a network having a plurality of nodes (4) from a source node (42) having a source address (SA) to a destination node (46) having a destination address (DA), said method including the steps of: segmenting each variable length message (20) into a plurality of fixed length slots (32) including a first slot, continuing slots, and a last slot, each of said fixed length slots including a header field (34, 36, 38) and a message segment (40); transmitting the fixed length slots from the source node to the network; and controlling reassembly of fixed length slots received at the destination node (46) into the variable length message on the basis of information in the header field; characterised by: a source identifier code (SI) uniquely associated with the variable length message to be transmitted from the source node being provided in a source identifier field (38) in the header field of each of said fixed length slots (32); the destination address (DA) being entered only in the message segment (40) of the first fixed length slot; and said reassembly of fixed length slots at the destination node being controlled in accordance with the source identifier code (SI) of fixed length slots (32) received at the destination node (46).”
2
In der deutschen Übersetzung der Patentschrift lautet dieser Patentanspruch : "1. Verfahren zum Übertragen von Meldungen (20) variabler Länge in einem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten (4) von einem Ausgangsknoten (42) mit einer Ausgangsadresse (SA) zu einem Bestimmungsknoten (46) mit einer Bestimmungsadresse (DA), mit folgenden Verfahrensschritten: Jede Meldung (20) variabler Länge wird in eine Vielzahl von Schlitzen (32) fester Länge unter Einschluß eines ersten Schlitzes, folgender Schlitze und eines letzten Schlitzes segmentiert, wobei jeder der Schlitze mit fester Länge ein Kopffeld (34, 36, 38) und ein Meldungssegment (40) enthält; die Schlitze fester Länge werden von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen und das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge, die an dem Bestimmungsknoten (46) empfangen werden, in die Meldung variabler Länge wird auf der Basis der Information in dem Kopffeld gesteuert; dadurch gekennzeichnet, daß ein eindeutig der von dem Ausgangsknoten zu übertragenden Meldung variabler Länge zugeordneter Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einem Ausgangsidentifizierungsfeld (38) in dem Kopffeld jedes der Schlitze (32) fester Länge vorgesehen wird; daß die Bestimmungsadresse (DA) nur in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes fester Länge eingegeben wird; und daß das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge an dem Bestimmungsknoten in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) der an dem Bestimmungsknoten (46) empfangenen Schlitze (32) fester Länge gesteuert wird."
3
Wegen der weiteren Patentansprüche in der Verfahrenssprache und in deutscher Übersetzung wird auf die Patentschrift des Streitpatents verwiesen.
4
Die Klägerin, die von der Lizenznehmerin der Beklagten gemeinsam mit einer weiteren Partei vor dem Landgericht München I wegen Patentverletzung in Anspruch genommen worden ist, hat die Klage zunächst gegen die "Q. Ltd." unter einer Anschrift in München gerichtet, die diejenige der Lizenznehmerin ist, sich jedoch im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens darauf berufen, dass insoweit eine bloße Falschbezeichnung vorgelegen habe. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn u.a. die Veröffentlichungen von William Stallings, Local Networks, An Introduction, New York 1984 (Anlagen K3, K54, K59, K64), Andrew S. Tanenbaum, Computer Networks, Englewood Cliffs 1981 (Anlagen K4, K20), Ken-ichi Yukimatsu, Naoya Watanabe und Takashi Honda, Multicast Communication Facilities in a High Speed Packet Switching Network, in P. Kühn (Hrsg.), New Communication Services: A Challenge to Computer Technology, ICCC 1986, S. 276 - 281 (Anlage K28), Steven Temple, The design of a Ring Communication Network, Diss. Cambridge 1984 (Anlage K35) und die US-Patentschrift 4 493 021 (Agrawal u.a.; Anlage K29) bildeten, nicht schutzfähig sei. Wegen zweier weiterer, nunmehr nicht mehr im Streit stehender Patentansprüche hat sie die Nichtigkeitsgründe der mangelhaften ausführbaren Offenbarung und der Erweiterung gegenüber dem Inhalt der europäischen Patentanmeldung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2, 3) geltend gemacht. Sie hat beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
5
Die Beklagte hat sich zunächst gegen die Zulässigkeit der Klage gewandt und im Übrigen beantragt, diese abzuweisen. Hilfsweise hat sie das Streitpatent in eingeschränkten Fassungen nach zwei Hilfsanträgen in deutscher Sprache verteidigt. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig erklärt.
6
Mit ihrer Berufung vertieft die Beklagte ihren Vortrag zur Zulässigkeit der Klage und stellt die mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatents in Abrede. Sie hat zuletzt den Antrag gestellt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass nur noch die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Patentansprüche 1 bis 8 verteidigt werden. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
7
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. B. P.
ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat gutachterliche Stellungnahmen von Prof. H. J. C. und Dr. J. F. M. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Patentgericht hat zu Recht die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe sachlich geprüft, denn die Klägerin hat nicht eine "falsche", d.h. nicht passiv- legitimierte Partei, sondern die bei Klageerhebung im deutschen Patentregister eingetragene damalige Patentinhaberin, gegen die die Nichtigkeitsklage nach § 81 Abs. 1 Satz 2 PatG zu richten war, allerdings unter einer unvollständigen Firmenbezeichnung und unter einer nicht zutreffenden Anschrift, verklagt. Beides erweist sich vorliegend, wie dies schon das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat, als unschädlich:
9
1. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung ist der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich Anlagen zu berücksichtigen. Wird daraus unzweifelhaft deutlich, welche Partei wirklich gemeint ist, so stände der entsprechenden Auslegung nicht einmal entgegen, dass der Kläger irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person gewählt hat (Sen.Urt. v. 27.11.2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 = MDR 2008, 524).
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Der Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass eine Parteibezeichnung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (so auch BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urt. v. 26.2.1987 - VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946 m.w.N.). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH NJW 1987, 1946 aaO; Sen.Beschl. v. 28.3.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (so ausdrücklich BAG, Urt. v. 12.2.2004 - 2 AZR 136/03, AP Nr. 50 zu § 4 KSchG 1969). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn der Mangel in Anbetracht der jewei- ligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lässt, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (so BAG aaO). Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert wird, ankommt (so BGHZ 4, 328, 334). An diesen Grundsätzen, die auch im Patentnichtigkeitsverfahren anzuwenden sind, hält der Senat fest. Ihre Anwendung ergibt im vorliegenden Fall, dass sich die Klage von Anfang an gegen die bei Klageerhebung als Patentinhaberin im Register eingetragene Q. Pty. Ltd. gerichtet hat.
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2. Demnach bezeichnete die Angabe in der Klageschrift keine unter der dort genannten Bezeichnung und mit dem genannten Sitz tatsächlich existierende Partei, denn eine Q. mit Ltd. Sitz in M. gab und gibt es nicht. Aus der Anlage K1 zur Klageschrift ergab sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die Nichtigkeitsklage gegen die Patentinhaberin des Streitpatents, die sich in einer Presseerklärung selbst (weitgehend entsprechend ihrer ursprünglichen Bezeichnung) verkürzt als Q. Ltd. bezeichnet hatte, richten sollte, und nicht gegen das als Lizenznehmerin bezeichnete Tochterunternehmen ("wholly-owned subsidiary") Q. GmbH, dessen Sitz sich bei Klageerhebung in M. befand und das das Streitpatent erst zu einem späteren Zeitpunkt erworben hat. Aus Seite 3 der Klageschrift ergab sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine "australische Gesellschaft mbH" als Inhaberin des Streitpatents verklagt werden sollte; der Firmenbestandteil in der Firma der Beklagten "Pty." (Proprietary limited company) entspricht dabei im Wesentlichen der Rechtsform der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dass die Klägerin nicht die korrekte und vollständige Firmenbezeichnung der Beklagten verwendet, sondern den Firmenbestandteil "Pty." weggelassen hat, ist zudem schon deshalb unschädlich, weil die Beklagte selbst öffentlich unter Weglassung dieses Zusatzes aufgetreten ist (vgl. die von der Beklagten herrührende Anlage K1 zur Klage). Die Klageschrift unterscheidet zudem deut- lich zwischen der Patentinhaberin, gegen die die Nichtigkeitsklage gerichtet sein sollte, und deren Lizenznehmerin, deren Klage gegen die Nichtigkeitsklägerin und eine weitere Partei, die S. AG, Anlass für die Nichtigkeitsklage war.
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3. Da sich die Klage somit von Anfang an gegen die tatsächlich als Patentinhaberin passivlegitimierte Partei gerichtet hat, kommt es auf die von den Beklagtenvertretern vorgebrachte (und nach Aktenlage zutreffende) Erwägung, dass die Q. Pty. Ltd. im Zeitpunkt der Richtigstellung der Parteibezeichnung im Schriftsatz der Klägerin vom 3. Juli 2004 nicht mehr als Patentinhaberin im maßgeblichen Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen war, nicht an. Die mit der Klageerhebung begründete Beklagtenstellung der Q. Ltd. Pty. blieb vielmehr trotz der Umschreibung erhalten (vgl. BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer).
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II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent weiterhin zulässigerweise eingeschränkt verteidigt.
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1. Der Wirksamkeit der eingeschränkten Verteidigung steht nicht entgegen , dass die Beklagte zwar weiterhin prozessführungsbefugt ist, aber nicht festgestellt werden kann, dass sie auch sachbefugt und damit zu Verfügungen über das Patent berechtigt ist. An der Befugnis des zwar prozessual legitimierten , aber nicht materiell berechtigten Beklagten, im Patentnichtigkeitsverfahren durch beschränkte Verteidigung zu verfügen, sind Zweifel geäußert worden (Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 3. Aufl. 2008 Rdn. 160). Es kann indessen offen bleiben, ob insoweit die Rechtslage nicht anders zu beurteilen als beim (Teil-)Verzicht auf das Patent, der für seine Wirksamkeit als Verfügung über das Patent voraussetzt, dass der Verfügende sachbefugt ist (vgl. Schwendy in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003 Rdn. 15 zu § 20; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005 Rdn. 12 zu § 20; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 593; so schon RG, Urt. v. 8.10.1930 - I 88/30, MuW XXXI, 34, 35). Im vorliegenden Fall könnte die Sachbefugnis allenfalls auf die nunmehr im Register eingetragene Q. GmbH übergegangen sein, für die die Prozessbevollmächtigten der Beklag- ten nach ihrem eigenen Vortrag, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, ebenfalls erklärungsbefugt waren. Eine entsprechende Einverständniserklärung wurde abgegeben. Dabei ist es jedenfalls nicht erforderlich, dass der materiell Berechtigte dem Verfahren beitritt (a.A. Keukenschrijver aaO); der Senatsbeschluss BGHZ 172, 98, 106 ff. - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil dort nicht ausgesagt ist, dass der materiell Berechtigte nur im Weg des Beitritts seine Rechte geltend machen kann. Auf den Beitritt kann es zudem schon deshalb nicht ankommen, weil nur die materiellrechtliche Wirksamkeit der Verfügung, nicht aber auch deren prozessuale Wirksamkeit zweifelhaft sein kann.
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2. Die eingeschränkte Verteidigung hält sich auch im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung in der europäischen Patentanmeldung und des erteilten Patents. Insbesondere ergibt sich das in Patentanspruch 1 eingefügte Merkmal, dass der erste Schlitz neben der Bestimmungsadresse (DA) einen ersten Teil eines Informationsfeldes (28) der Meldung (20) enthält, mit hinreichender Deutlichkeit aus Figur 1 der ursprünglich eingereichten und in der Patentschrift enthaltenen Zeichnungen. Die Änderungen führen nicht zu formalen Beanstandungen. Namentlich kann das Patent mit Patentansprüchen in deutscher Sprache verteidigt werden (st. Rspr.; u.a. BGHZ 118, 221 - Linsenschleifmaschine ; BGHZ 147, 306, 314 - Taxol), wenn es auch häufig zweckmäßiger sein wird, das Patent mit Patentansprüchen in der Verfahrenssprache zu verteidigen , um Zweifel an der vollständigen inhaltlichen Übereinstimmung der Sprachfassungen auszuschließen.
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III. 1. Soweit das Streitpatent über die Fassung hinausgeht, in der es in zulässiger Weise beschränkt verteidigt wird, ist es ohne Weiteres für nichtig zu erklären. Dies betrifft insbesondere die Vorrichtungsansprüche 10 und 23 mit den auf diese rückbezogenen Unteransprüchen, daneben auch sämtliche Verfahren zum verbindungsorientierten Übertragen von Meldungen.
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2. Soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht schutzfähig und das Streitpatent deshalb auf die auf den Nichtigkeitsgrund mangelnder Schutzfähigkeit gestützte Klage (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52, 54, 56 EPÜ) insgesamt für nichtig zu erklären ist.
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a. Das Streitpatent betrifft in seiner verteidigten Fassung die Übertragung von Meldungen in einem Multiplexsystem und lehrt hierzu Verfahren für die Übertragung von Meldungen willkürlicher, jedoch begrenzter Länge in (ursprünglich ) verbindungslosen Übertragungssystemen, wobei das Verfahren für die wirksame Unterstützung jedweder Adressierungsart selbst in einem System mit kurzen, als Schlitze (slots) bezeichneten Zeitscheiben sorgt. Bei der Datenkommunikation in Multiplexsystemen können Daten in Einheiten, sog. Paketen, ausgetauscht werden, die aus einem Kopffeld (header field), das die Steuerung und vielfach auch das Adressieren der Einheit übernimmt, und der tatsächlichen Information bestehen. In neuen Entwürfen werden hierzu nach den Angaben im Streitpatent nur kleine Schlitze mit fester Länge (fixed length slots) geschaltet. Dies ist dahin zu verstehen, dass die Schlitze auch untereinander gleiche Länge haben können und vielfach auch haben sollen; dies wird in der Regel auch dann der Fall sein, wenn lediglich eine maximale Länge angegeben wird, weil das rationelle Ausnützen der Übertragungskapazitäten in aller Regel dahin führen wird, die maximale Länge jeweils auszunützen; dass sich dabei je nach der Länge der Meldung bei der Übertragung des letzten Schlitzes Schwierigkeiten ergeben können, diese Länge zu erreichen, wird auch durch die Lehre des Streitpatents nicht vermieden. Wenn die schnelle Paketvermittlung eine Kommunikation variabler Länge tragen solle, müsse, so das Streitpatent, die ursprüngliche Meldung segmentiert und an der Bestimmungsstelle wieder zusammengesetzt werden. Bei der Segmentierung müsse die Meldung lediglich in Einheiten einer Größe aufgeteilt werden, die gleich oder kleiner der Schlitzgröße sei. Bei der Übertragung müssten aber von der Bestimmungsstelle alle Segmente der Meldung empfangen und zugeordnet werden. Deshalb sei eine logische Zuordnung zwischen allen Schlitzen der einzelnen Meldung erforderlich.
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b. Durch das Streitpatent sollen der Aufwand für Adressierung und Steuerung der Datenpakete gering gehalten und eine einfache Wiederzusammensetzung der Meldungen an der Bestimmungsadresse ermöglicht werden.
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c. Hierzu lehrt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 mit den Einfügungen , die die verteidigte Fassung vorsieht, 1. ein Verfahren zum verbindungslosen Übertragen 1.1 von Meldungen variabler Länge 1.2 ineinem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten 1.3 von einem Ausgangsknoten mit einer Ausgangsadresse 1.4 zu einem Bestimmungsknoten mit einer Bestimmungsadresse (destination address) mit folgenden Verfahressschritten: 2. Jede Meldung variabler Länge wird segmentiert 2.1 in eine Vielzahl von Schlitzen (slots) 2.2 die Schlitze 2.2.1 sind von fester und gleicher Länge 2.2.2 sind ein erster, folgende und ein letzter Schlitz, 2.2.3 enthalten jeweils 2.2.3.1 ein Kopffeld (header field) 2.2.3.2 und ein Meldungssegment (message segment), 2.2.4 der erste Schlitz enthält neben der Bestimmungsadresse einen ersten Teil eines Informationsfelds der Meldung, 3. im Kopffeld jedes Schlitzes ist ein Ausgangsidentifizierungsfeld (source identifier field) vorgesehen, 3.1 in das ein Ausgangsidentifizierungscode (source identifier code) eingetragen wird, 3.2 der eindeutig der Meldung zugeordnet (uniquely associated) ist, 4. dieBestimmungsadressewird nur im Meldungssegment des ersten Schlitzes eingegeben, 5. die Schlitze werden 5.1 von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen, 5.2 am Bestimmungsknoten empfangen und 5.3 wieder zusammengesetzt zu der Meldung, 5.3.1 wobei die Steuerung hierzu erfolgt 5.3.1.1 auf der Basis der Information in dem Kopffeld und 5.3.1.2 in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode.
21
d. Unter Schlitzen (slots) sind dabei Dateneinheiten zu verstehen. Die Paketvermittlung stellt sicher, dass die Übertragungsleitung durch einen Benutzer nicht für mehr als einige hundertstel Sekunden blockiert wird (Tanenbaum, unten III. 3. a, Anlage K4, S. 116, Textblock Z. 8 - 10).
22
Die nunmehr nur noch beanspruchte verbindungslose Übertragung erfasst alle Übertragungen, bei denen - unabhängig vom Verbindungsweg - zwischen Senderknoten und Empfängerknoten eine wie auch immer geartete und auch rein logische Verknüpfung hergestellt wird.
23
Das Informationsfeld der Meldung (Merkmal 2.2.4) versteht der Senat in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen dahin, dass dieses die zu übertragenden Daten enthält. Das Meldungssegment umfasst demgegenüber einen Teil dieses Informationsfelds, beim ersten Schlitz zusätzlich die Bestimmungsadresse und gegebenenfalls bestimmte weitere Felder (vgl. Fig. 1, Bezugszeichen 24 und 26), aber nicht den Ausgangsidentifizierungscode (SI) (vgl. Fig. 1); diese Information wird im Kopffeld transportiert (Merkmale 2.2.3.1 und 3). Die Anzeige, ob es sich um den ersten, einen folgenden oder den letzten Schlitz handelt, kann ebenfalls im Kopffeld übermittelt werden, Patentanspruch 1 trifft dafür aber keine Festlegung.
24
Wie der Ausgangsidentifizierungscode eindeutig der Meldung zugeordnet wird, überlässt die Patentschrift des Streitpatents dem Können des nacharbeitenden Fachmanns.
25
3. Patentanspruch 1 in seiner verteidigten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ). Das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme lässt auch nicht die Wertung zu, dass sich sein Gegenstand für den Fachmann, einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Nachrichtenübertragung in Multiplexsystemen, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte (Art. 56 EPÜ).
26
Sowohl das Buch von Tanenbaum (Anlagen K4, K20) als auch die Dissertation von Temple (Anlage K35), der Aufsatz von Yukimatsu (Anlage K28) und das Patent von Agrawal (Anlage K29) beschreiben verbindungsorientierte Übertragungen. Das Buch von Stallings liegt von der nunmehr noch schutzbeanspruchenden Lehre noch weiter ab und hat in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.
27
a. Das 1981 erschienene Buch "Computer Networks" von Andrew S. Tanenbaum (jeweils Auszüge in Anlagen K4, K20 sowie die in der Berufungsverhandlung einzeln überreichten Seiten 194/195) beschreibt das X.25-Protokoll , das zwischen 1976 und 1984 als Telekommunikationsstandard entwickelt worden ist. Das dort beschriebene Verfahren offenbart, dass die virtuelle Kanalnummer (virtual circuit number), die dem Wiederzusammensetzen der Meldung dient und dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) entsprechen mag, zwischen der Sendestelle und der Empfangsstelle ausgehandelt wird. Der erste Schlitz, der auch als Vorschlitz angesprochen werden kann, dient dem Verbindungsaufbau , nämlich der Anfrage, ob der Anruf angenommen wird (call request und call accepted; vgl. Fig. 5-26 (a)). Dieser Verbindungsaufbau entfällt bei der verbindungslosen Übertragung. In dem ersten Schlitz wird nach dem X.25-Protokoll kein Teil des Informationsfelds der Meldung übermittelt (Merkmal 2.2.4). Dies mag zwar auf den ersten Blick anders erscheinen, da Fig. 5-26 (a) in dem ersten Schlitz auch "user data" vorsieht und diese nicht näher spezifiziert werden. Dass es sich dabei indessen nicht um die Daten handeln kann, die übertragen werden sollen, erhellt schon daraus, dass der erste Schlitz dem Verbindungsaufbau dient und dass bei seiner Absendung noch nicht feststeht, ob eine Verbindung überhaupt zustande kommt. Dem Fachmann drängt sich mit dieser Erkenntnis die Überlegung auf, dass es bloße Ressourcenverschwendung wäre, mit der Rufanfrage im ersten Schlitz, deren Ergebnis nicht voraussehbar ist, bereits zu übertragende Daten zu versenden. Damit fehlt es auch an jeglicher Anregung, im ersten Schlitz bereits zu versendende Daten zu übermitteln. In dem ersten Schlitz wird zwar die Bestimmungsadresse (called address) übermittelt, aber nicht im Meldungssegment. Damit ist Merkmal 4 des verteidigten Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht verwirklicht. Die Über- mittlung der Bestimmungsadresse erfolgt vielmehr in einem vorgelagerten Bereich des Schlitzes. Damit wird der Vorteil, den das Streitpatent dadurch erzielt, dass der Kopfteil durch Herausnahme der Bestimmungsadresse klein gehalten wird, nicht verwirklicht.
28
b. Die Dissertation von Steve Temple (Anlage K35) beschreibt Architektur, Protokolle und Realisierung eines lokalen Netzes hoher Leistung (high speed local area network). Die Dissertation entwirft ein neues Netz, den Cambridge Fast Ring, und entwickelt diesen als grundlegende Kommunikationsstruktur. Dabei werden Funktionen für das Senden und Empfangen von Dateneinheiten fester Länge bereitgestellt. Die Daten sowie die Adresse des Ausgangsknotens und des Bestimmungsknotens werden zusammen mit weiterer Steuerinformation in einer als minipacket bezeichneten, festen und unveränderbaren Datenstruktur übertragen. Das in Kapitel 8 beschriebene basic protocol stellt ein Rahmenwerk für die Definition unterschiedlicher weiterer Protokolle dar, so für das Single Shot Protocol (SSP) zum Austausch von Meldungen variabler Länge und das Byte Stream Protocol (BSP) zur verbindungsorientierten Übertragung zwischen beliebigen Knoten im Netz. Dabei werden in jedem minipacket die Adressen des Ausgangsknotens und des Bestimmungsknotens übermittelt, um eine Kommunikationsstruktur für beliebige Anwendungen bereitzustellen. Die Veröffentlichung stellt damit ein universell einsetzbares System zur Verfügung.
29
Jedenfalls im Single Shot Protocol entspricht dabei, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Kanalnummer dem Ausgangsidentifizierungscode (SI). Allerdings weist die Kanalnummer nicht die Eindeutigkeit auf, wie sie beim Streitpatent vorgesehen ist, denn verschiedene Bestimmungsknoten könnten die gleiche Kanalnummer auswählen. Damit reicht der Ausgangsidentifizierungscode (die Kanalnummer) in der Form, wie er bei Temple generiert wird, nicht immer zur eindeutigen Zuordnung des minipacket zu einer bestimmten Meldung aus. Auf die jeweilige Übertragung der Bestimmungsadresse kann deshalb in einem universell einsetzbaren System nicht verzichtet werden. Sofern der Fachmann erkennen konnte, dass unter entsprechenden Rahmenbedingungen die Identifizierung über die Kanalnummer eindeutig wie im Streitpatent gestaltbar war, musste er zugleich erkennen, dass er damit die universelle Einsetzbarkeit der Lehre von Temple beeinträchtigen konnte. Auch wenn die Problematik, die sich aus dem Umfang des Kopffelds ergeben konnte ("overhead"-Problem), nach Auskunft des gerichtlichen Sachverständigen zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bereits bekannt war, erlaubt zur Überzeugung des Senats die auf der anderen Seite zu berücksichtigende Einschränkung der universellen Einsetzbarkeit bei Verzicht auf die Übermittlung der Bestimmungsadresse in jedem minipacket nicht die sichere Würdigung dahin, dass dem Fachmann das Weglassen der Bestimmungsadresse in den folgenden Schlitzen nahegelegt war. Dass der Fachmann, wie es das Bundespatentgericht angenommen hat, nicht davon abgehalten wird, nach entsprechenden Wegen zu suchen, um die Leistungsfähigkeit des Netzes zu steigern, reicht nicht aus, um ein Naheliegen dieser Maßnahme allein aus der Dissertation von Temple und den fachlichen Fähigkeiten des Fachmanns zu bejahen.
30
c. Die Veröffentlichung von Ken-ichi Yukimatsu, Naoya Watanabe und Takashi Honda "Multicast Communication Facilities in a High Speed Packet Switching Network" (Multicast-Kommunikationsanlagen in einem Hochgeschwindigkeitsnetzwerk mit Paketvermittlung; Anlage K28) aus dem Jahr 1986 betrifft ein Paket-Multiplexverfahren in einem Ringnetz (logische Schleife) und entsprechende Protokolle. Sie schlägt die Multiplexierung von Meldungen auf kurze Rahmen fester Länge vor, darunter die distance-indexed frame multiple- xing method (das abstandsindizierte Rahmenmultiplexverfahren). Die Bestimmungsadressen werden nur im ersten Rahmen der Meldung übertragen. Jedoch können schon die Abstandsindices nicht mit dem Ausgangsidentifizierungscode gleichgesetzt werden, denn sie sind nicht meldungsspezifisch und, wie der gerichtliche Sachverständige angegeben hat, schwerfällig. Eine Anregung , von den Abstandsindices, die allerdings ebenfalls zur eindeutigen Zuordnung der Meldungsteile geeignet sein mögen, auf einen Ausgangsidentifizierungscode überzugehen, ist der Veröffentlichung nicht zu entnehmen. Dass das erste Paket (call setup packet) auch Information übertragen soll, wird nicht eindeutig beschrieben. Nach S. 280 linke Spalte vorletzter und letzter Absatz soll das call setup packet ein Gruppenlabel und die Zieladressen (destination addresses) enthalten. Soweit ein Rufaufbaupaket für eine empfängerselektive Multicast-Kommunikation, wie es im Folgeabsatz beschrieben ist, auch die Inhalte (the contents) der folgenden Informationspakete enthalten soll, kann dies ersichtlich nicht die zu übermittelnde Nachricht betreffen, sondern allenfalls eine Art Inhaltsverzeichnis oder Angabe des Informationstyps. Jedenfalls kann der Aussage nicht deutlich entnommen werden, dass bereits ein Teil der zu übermittelnden Meldung übertragen werden soll. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin erscheint als durch die Lehre des Streitpatents vermittelt. Zudem ist die Angabe der Bestimmungsadresse im Kopffeld und nicht im Meldungsfeld vorgesehen. Das ebenfalls beschriebene Paketmultiplexverfahren arbeitet nicht mit festen Paketgrößen.
31
d. Die US-Patentschrift 4 493 021 (Agrawal; Anlage K29) beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung für ein lokales Netz, die für den Austausch von Daten beliebiger, variabler Länge unter einer Vielzahl am Netz angeschlossener Rechner geeignet sind. Ein Rechner segmentiert dabei eine Datei in eine Anzahl Blöcke mit variabler, aber begrenzter Länge. Die Blöcke werden einem Netzwerk-Adapter übergeben, der sie in Pakete maximaler Länge (256 bytes) segmentiert (s. die Zusammenfassung, "abstract"). Die Segmentierung findet auf zwei Ebenen statt, nämlich zunächst als Segmentierung von Dateien in eine Sequenz von Blöcken (Beschr. Sp. 5 Z. 28 - 30) und sodann als Segmentierung der Blöcke in eine Sequenz von Paketen (Beschr. Sp. 5 Z. 32 - 34), die zusätz- lich mit Steuerinformation versehen werden. Letzteres ist zwar mit der Segmentierung von Meldungen in Schlitze nach dem Streitpatent vergleichbar. Jedoch führt die Anfügung von Steuerinformation an die Pakete (packet header und transport header) ersichtlich zu einer Vermehrung der mitzutransportierenden Steuerdaten, während das Streitpatent darauf abzielt, die Steuerdaten im Kopffeld zu vermindern.
32
e. Auch eine Zusammenschau der genannten Entgegenhaltungen führt nicht in naheliegender Weise zu Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung. Es fehlt schon an der Anregung, auf das auf einen call request setzende verbindungsorientierte System zu verzichten, das sämtliche Entgegenhaltungen kennzeichnet und das, wie ausgeführt, der Erkenntnis entgegensteht , bereits im ersten Schlitz Teile der zu transportierenden Information zu übermitteln (Merkmal 2.2.4). Aber auch wenn der Fachmann in Erwägung zog, die Verbindung ohne "Vorschlitz" aufzubauen, erhielt er noch keine Anregung , sich gerade die jetzt noch verteidigte Lösung zu erschließen. Denn weder der Veröffentlichung von Temple noch denen von Tanenbaum oder Yukimatsu ist zu entnehmen, dass es ausreichen könnte, die Bestimmungsadresse im Meldungsfeld des ersten Schlitzes zu übermitteln, und in der US-Patentschrift ist diese Erkenntnis jedenfalls verstellt, weil die nur im ersten Rahmen enthaltene Bestimmungsadresse bei unbefangener Betrachtung dort als Teil des Kopffelds erscheint. Letzteres schließt der Senat aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, wonach ein Kopffeld als der Bereich angesehen wurde , der sich durch eine vorbestimmte Reihung von Feldern bestimmter Länge mit den erforderlichen Steuerdaten auszeichnet. Schließlich handelt es sich bei der Merkmal 4 ausfüllenden Maßnahme auch nicht um eine selbstverständliche oder im Belieben des Fachmanns stehende Maßnahme (vgl. hierzu Senat BGHZ 156, 179, 189 f. - blasenfreie Gummibahn I), denn sie erfüllt die Funktion , den Kopfteil des Schlitzes "schlank" zu halten und nicht mit dort nicht mehr notwendigen Informationen zu befrachten. Damit sind Umstände gegeben, die auch eine Wertung dahin, dass der Fachmann allein auf Grund seines Fachwissens oder seines Fachkönnens in naheliegender Weise in der Lage gewesen wäre, die Bestimmungsadresse im Meldungsfeld und nicht im Kopf des Schlitzes unterzubringen, nicht erlauben. Das gilt unabhängig von der Feststellung , dass das "overhead"-Problem zum Prioritätszeitpunkt bekannt war.
33
4. Die verteidigten Patentansprüche 2 bis 8 werden von Patentanspruch 1 mitgetragen.
34
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. In der beschränkten Verteidigung des Streitpatents in der Berufungsinstanz sieht der Senat keine teilweise Berufungsrücknahme (vgl. Sen.Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 48/00, GRUR 2004, 583, 584 - Tintenstandsdetektor).
Scharen Keukenschrijver Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.06.2004 - 4 Ni 8/03 (EU) -

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Patentgesetz - PatG | § 81


(1) Das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz wird dur

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 154/05 Verkündet am: 4. November 2008 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Der X. Zivilsenat des Bundesgericht

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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 08. Juli 2013 - 5 W 64/13

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Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen vom 19.06.2013 wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 31.05.2013 - Az.: 10 O 30/11 - abgeändert und das Gesuch der Klägerinnen auf Ablehnung des Sachverständigen H. vom 10.01.2013 fü

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(1) Das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats oder wegen Erteilung oder Rücknahme der Zwangslizenz oder wegen der Anpassung der durch Urteil festgesetzten Vergütung für eine Zwangslizenz wird durch Klage eingeleitet. Die Klage ist gegen den im Register als Patentinhaber Eingetragenen oder gegen den Inhaber der Zwangslizenz zu richten. Die Klage gegen das ergänzende Schutzzertifikat kann mit der Klage gegen das zugrundeliegende Patent verbunden werden und auch darauf gestützt werden, daß ein Nichtigkeitsgrund (§ 22) gegen das zugrundeliegende Patent vorliegt.

(2) Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents kann nicht erhoben werden, solange ein Einspruch noch erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist. Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des ergänzenden Schutzzertifikats kann nicht erhoben werden, soweit Anträge nach § 49a Abs. 4 gestellt werden können oder Verfahren zur Entscheidung über diese Anträge anhängig sind.

(3) Im Falle der widerrechtlichen Entnahme ist nur der Verletzte zur Erhebung der Klage berechtigt.

(4) Die Klage ist beim Patentgericht schriftlich zu erheben. Der Klage und allen Schriftsätzen sollen Abschriften für die Gegenpartei beigefügt werden. Die Klage und alle Schriftsätze sind der Gegenpartei von Amts wegen zuzustellen.

(5) Die Klage muß den Kläger, den Beklagten und den Streitgegenstand bezeichnen und soll einen bestimmten Antrag enthalten. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sind anzugeben. Entspricht die Klage diesen Anforderungen nicht in vollem Umfang, so hat der Vorsitzende den Kläger zu der erforderlichen Ergänzung innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Das gerichtliche Aktenzeichen eines das Streitpatent betreffenden Patentstreits und dessen Streitwert sollen angegeben werden.

(6) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Kosten des Verfahrens Sicherheit; § 110 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. Das Patentgericht setzt die Höhe der Sicherheit nach billigem Ermessen fest und bestimmt eine Frist, innerhalb welcher sie zu leisten ist. Wird die Frist versäumt, so gilt die Klage als zurückgenommen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 144/06 Verkündet am:
27. November 2007
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja

a) Bei der Auslegung der Parteibezeichnung ist der gesamte Inhalt der Klageschrift
einschließlich Anlagen zu berücksichtigen. Wird daraus unzweifelhaft
deutlich, welche Partei wirklich gemeint ist, so steht der entsprechenden Auslegung
auch nicht entgegen, dass der Kläger irrtümlich die Bezeichnung einer
tatsächlich existierenden, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten
Person gewählt hat (Bestätigung von BAG, Urt. v. 12.02.2004
- 2 AZR 136/03, BAG-Rep. 2004, 210).

b) Auf Antrag des Scheinbeklagten ist dieser durch eine Entscheidung des Gerichts
aus dem Rechtsstreit zu entlassen, wobei gleichzeitig dem Kläger, sofern
dieser die falsche Zustellung veranlasst hat, die Kosten des Scheinbeklagten
aufzuerlegen sind, die zur Geltendmachung von dessen fehlender
Parteistellung notwendig waren. Für eine Klageabweisung ist kein Raum.
BGH, Urt. v. 27. November 2007 - X ZR 144/06 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den
Richter Keukenschrijver, die Richterin Ambrosius und die Richter Asendorf und
Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. November 2006 und das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg vom 26. Januar 2006 mitsamt dem Zwischenurteil vom 3. November 2005 aufgehoben.
Zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, wird die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die W. AG ist nicht Beklagte und wird aus dem Rechtsstreit entlassen. Ihre außergerichtlichen Kosten werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus einem zwischen ihr und der W. GmbH (im Folgenden: GmbH) geschlossenen Vertrag über die Lieferung einer Ozonanlage. Der Streit dreht sich im derzeitigen Stadium des Prozesses darum, ob die GmbH ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerin in der Klageschrift als Beklagte die W. AG (im Folgenden: AG) angegeben hat, Beklagte dieses Rechtsstreits geworden ist.
2
Im September 2001 lieferte die GmbH an die Klägerin eine Ozonanlage, die später nach dem Vortrag der Klägerin aufgrund eines Konstruktionsfehlers und einer mangelhaften Bedienungsanleitung bei der Entleerung beschädigt worden sein soll. Im Rahmen der deshalb zwischen der Klägerin und der GmbH geführten vorgerichtlichen Korrespondenz verzichtete die GmbH hinsichtlich der von der Klägerin geltend gemachten Gewährleistungsansprüche bis zum 31. Dezember 2004 auf die Einrede der Verjährung. Am 27. Dezember 2004 reichte die Klägerin beim Landgericht Klage ein. In der Klageschrift, welcher der Lieferungsvertrag der Parteien und ihr nach Schadenseintritt geführter Schriftverkehr beigefügt waren, ist als Beklagte die "W. AG, , vertreten durch den Vorstand" angegeben. Bei der genannten Hausnummer handelt es sich um die der GmbH. Die Anschrift der AG, der Muttergesellschaft der GmbH, lautet Für . die AG haben sich Prozessbevollmächtigte bestellt und Klageabweisung beantragt, weil die AG - wie unstreitig ist - nicht die Vertragspartnerin der Klägerin sei.
3
Das Landgericht hat den Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Rubrums abgelehnt. Ihre sofortige Beschwerde ist vom Oberlandesgericht als unzulässig auf ihre Kosten verworfen worden. Das Landgericht hat sodann durch nicht selbständig anfechtbares Zwischenurteil vom 3. November 2005 festgestellt, dass die AG mit der wahren Beklagten identisch sei, und schließlich durch Endurteil vom 26. Januar 2006 die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Klägerin nicht den Schadensersatzpflichtigen - die GmbH - in Anspruch genommen habe. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt sie ihre Anträge weiter, festzustellen, dass die GmbH mit der wahren Beklagten identisch sei, und die GmbH zur Zahlung von 30.012,38 € nebst Zinsen zu verurteilen.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Nicht die AG, sondern die GmbH ist die wahre Beklagte.
5
I. Das Berufungsgericht hat sein anderslautendes Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet: Eine unrichtige oder mehrdeutige Parteibezeichnung sei zwar der Auslegung zugänglich, wobei die Sicht der Empfänger maßgeblich sei. Eine Auslegung sei jedoch hier nicht möglich, weil die Bezeichnung "W. AG" eindeutig der Firmenname der jetzigen Beklagten sei. An der Eindeutigkeit der Bezeichnung ändere auch der Umstand nichts, dass sowohl das Gericht wie die AG nach Sichtung der Unterlagen alsbald hätten erkennen können, dass die AG nicht Vertragspartnerin der Klägerin und somit nicht schadensersatzpflichtig sei. Abgesehen davon könne die Berufung aber auch dann keinen Erfolg haben, wenn die Bezeichnung "W. AG" mit Rücksicht auf die falsche Hausnummer als auslegungsfähig angesehen werde. Denn die dann "wahre Beklagte" sei bis zum Schluss der ersten Instanz nicht am Prozessverhältnis beteiligt gewesen, weil ihr die Klageschrift nicht zugestellt worden sei.
6
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat die höchstrichterliche Rechtsprechung zu dem Unterschied zwischen einer falschen Bezeichnung des richtigen Beklagten, die der Berichtigung durch Auslegung zugänglich ist, und der Auswahl eines falschen, nämlich nicht passivlegitimierten Beklagten, die nur durch eine Klageänderung in der Form des Parteiwechsels zu beheben ist, nicht hinreichend beachtet. Im vorliegenden Fall ist eine Berichtigung der Parteibezeichnung vorzunehmen.
7
1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist eine Parteibezeichnung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (BGH, Urt. v. 24.01.1952 - III ZR 196/50, BGHZ 4, 328, 334; Urt. v. 26.02.1987 - VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946 m.w.N.). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusprechen , die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH, aaO; Beschl. v. 28.03.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (so ausdrücklich BAG, Urt. v. 12.02.2004 - 2 AZR 136/03, BAG-Rep. 2004, 210; konkludent auch schon BGH, Urt. v. 16.05.1983 - VIII ZR 34/82, NJW 1983, 2448, wo das Auslegungsergebnis, dass ein bestimmtes falsch bezeichnetes Unternehmen verklagt worden sei, mit dem Klagevortrag und der vorprozessualen Korrespondenz begründet wurde). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen, auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen ) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (BAG aaO; so auch schon OLG Hamm, NJW-RR 1991, 188). Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (BGHZ 4, 328, 334; NJW 1987, 1946).
8
2. Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht abgewichen, indem es die Ansicht vertreten hat, eine berichtigende Auslegung der Parteibezeichnung sei unmöglich, weil die Bezeichnung "W. AG" eindeutig der Firmenname der "jetzigen Beklagten" sei, und daran ändere auch der Umstand nichts, dass sowohl das Gericht als auch die AG nach Sichtung der Unterlagen alsbald hätten erkennen können, dass die AG nicht Vertragspartner der Klägerin und damit nicht schadensersatzpflichtig sei. Damit hat das Berufungsgericht zum einen nicht beachtet, dass eine berichtigende Auslegung auch dann möglich ist, wenn irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden juristischen Person gewählt worden ist, und zum anderen, dass auch der Inhalt der Klageschrift nebst Anlagen für die Auslegung erheblich ist.
9
3. a) Das Berufungsgericht hat es unterlassen, anhand der Klageschrift nebst Anlagen zu prüfen, wen die Klägerin verklagen wollte. Diese Prüfung, die der Senat selbst nachholen kann, weil insoweit keine weitere Sachaufklärung zu erwarten ist, ergibt, dass die GmbH verklagt werden sollte.
10
Die Klägerin wollte ersichtlich ihren Vertragspartner in Anspruch nehmen. Denn sie hat in der Klageschrift vorgetragen, dass sie mit der Beklagten einen Werklieferungsvertrag geschlossen habe, dass diese ihr durch einen Werkmangel einen Schaden zugefügt habe, dass ihr deshalb ein Schadensersatzanspruch zustehe und dass sie dieserhalb Klage erheben müsse, weil die Beklagte die Verantwortung für den Mangel abgelehnt habe. Die gesamte Klagebegründung bezieht sich also auf den Vertragspartner der Klägerin.
11
Daraus ergibt sich zugleich, dass die Klägerin nicht etwa irrtümlich die AG für ihren Vertragspartner hielt. Denn die Klägerin hatte der Klageschrift den Liefervertrag, die vorgerichtliche Korrespondenz mit der Lieferantin und deren Verjährungsverzichtserklärung beigefügt, die sämtlich auf den Namen der GmbH lauteten bzw. von ihr stammten. Der Klägerin kann nicht die Ansicht unterstellt werden, statt des Unternehmens, mit dem sie kontrahiert und über Schadensersatz verhandelt hatte - der GmbH -, sei dessen Konzernmutter, die AG, ihr Vertragspartner geworden. Soweit das Berufungsgericht ohne nähere Begründung ausgeführt hat, auch die Beschreibung im Schriftsatz vom 8. März 2005 zeige, dass es sich um eine irrtümliche Benennung der AG gehandelt habe , ist dies als Begründung seiner Entscheidung nicht nachvollziehbar. In dem genannten Schriftsatz der Klägerin heißt es zudem: "Aufgrund eines bürointernen Versehens wurde die Rechtsform der Beklagten falsch bezeichnet. Aus der Klageschrift und deren Anlagen ergibt sich eindeutig, dass die W. GmbH verklagt werden sollte."
12
Die Auslegung der Parteibezeichnung "W. AG" ergibt daher, dass die Klägerin die GmbH verklagen wollte. Infolgedessen ist die GmbH als wahre Beklagte anzusehen. Die AG hat auch nicht durch die Zustellung der Klageschrift an sie die Stellung der beklagten Partei erlangt (BGH, Urt. v. 05.10.1994 - XII ZR 53/93, BGHZ 127, 156, 163; Beschl. v. 28.03.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764). Das Berufungsgericht hätte deshalb nicht das landgerichtliche Urteil bestätigen dürfen, in welchem die Klage mangels Aktivlegitimation der nur scheinbeklagten AG abgewiesen worden ist.
13
b) Hieran ändert auch die Hilfsbegründung des Berufungsurteils nichts, selbst bei angenommener Auslegungsfähigkeit der Bezeichnung "W. AG" könne die Berufung der Klägerin gegen die Klageabweisung keinen Erfolg haben , weil die GmbH mangels Klagezustellung an sie bis zum Schluss der ersten Instanz nicht am Prozess beteiligt worden sei. Auch diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
aa) Der Sinn dieser Erwägungen ist nicht eindeutig. Sollte dahinter die Ansicht stehen, dass die Klage gegen die GmbH mangels Zustellung abweisungsreif gewesen sei, so gibt es hierfür keine Rechtsgrundlage. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Klage der wahren Beklagten, hier der GmbH, tatsächlich nicht zugestellt worden ist. Gegebenenfalls wäre der Zustellungsmangel nicht, wie die Klägerin meint, durch das Nichtbestreiten des tatsächlichen Zugangs der Klageschrift an die GmbH geheilt worden (§ 189 ZPO), weil das fehlende Bestreiten bislang nur von der Scheinbeklagten, der AG, stammt und daher keine Rechtswirkungen zu Lasten der GmbH erzeugen kann. Die Klage gegen die GmbH dürfte aber auch bei unterstellter fehlender Zustellung an sie nicht einfach abgewiesen werden. Vielmehr müsste die Zustellung dann nachgeholt werden (§ 271 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 28.03.1995 aaO). Auf die Frage, ob die Zustellung (auch) an die GmbH erfolgt ist oder nicht, kommt es daher bis auf Weiteres nicht an, so dass an dieser Stelle offen bleiben kann, ob der Ansicht des Landgerichts Marburg (VersR 1993, 1424) beizutreten ist, wonach bei einer schwer durchschaubaren Verflechtung von Unternehmen mit gleichartigen Namen und gleicher Adresse die Zustellung an das vom Absender genannte Unternehmen schon dann erfolgt ist, wenn das Schriftstück bei einem anderen der verflochtenen Unternehmen angekommen ist, und ob gegebenenfalls die tatsächlichen Voraussetzungen dieser Rechtsprechung hier erfüllt sind.
15
bb) Falls das Berufungsgericht jedoch von einem Recht der AG auf die vom Landgericht ausgesprochene Klageabweisung ausgegangen ist, kann auch dieser Ansicht nicht beigetreten werden. Zwar kann ein Scheinbeklagter eine Entscheidung verlangen, durch den er aus dem Rechtsstreit entlassen wird und gleichzeitig dem Kläger, soweit dieser die falsche Zustellung veranlasst hat, die Kosten auferlegt werden, die zur Geltendmachung der fehlenden Parteistellung notwendig waren (OLG Stuttgart NJW-RR 1999, 216 m.w. Rechtsprechungsnachweisen ; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 41 Rdn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., vor § 50 Rdn. 8). Für eine Klageabweisung ist in diesem Zusammenhang jedoch jedenfalls dann kein Raum, wenn der Kläger, wie hier, selbst aufklärt oder anerkennt, dass der Zustellungsempfänger mit dem wahren Beklagten nicht identisch ist (Rosenberg/Schwab/ Gottwald, aaO Rdn. 10; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., Grdz. § 50 Rdn. 11). Die Klageabweisung des Landgerichts kann auch nicht im Sinne einer bloßen Prozessentlassung der scheinbeklagten AG verstanden werden. Da das Landgericht in seiner Urteilsbegründung die AG für die wahre Beklagte gehalten und deshalb die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten als unbegründet abgewiesen hat, erfasst das Urteil die ganze Klage; es beendet also den vorliegenden Prozess insgesamt. Das Urteil verbietet der Klägerin zwar nicht, einen neuen Prozess gegen die GmbH zu beginnen, versagt ihr jedoch die Möglichkeit , den vorliegenden Rechtsstreit gegen die GmbH einfach fortzuführen. Für eine derart weitreichende Entscheidung fehlt es im Fall der fehlerhaften Parteibezeichnung an einer Rechtsgrundlage.
16
4. Nach alledem sind das angefochtene Berufungsurteil und das von ihm bestätigte Endurteil des Landgerichts mitsamt dessen Zwischenurteil aufzuheben. Zur nunmehr nachzuholenden Verhandlung und Entscheidung über die Klage gegen die wahre Beklagte, die GmbH, ist der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
17
5. Die Kostenentscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:
18
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der scheinbeklagten AG zu tragen, weil sie die Klagezustellung an die AG veranlasst hat. Dass die AG sich im Prozess anwaltlich vertreten ließ, war im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig (vgl. OLG Köln, OLGZ 1989, 236), wie sich daran gezeigt hat, dass Land- und Oberlandesgericht sie als wahre Partei behandelt haben. Ihre Kosten haben sich auch nicht dadurch erhöht, dass sie, statt sich lediglich gegen ihre Prozessbeteiligung als Scheinbeklagte zu verteidigen, unberechtigt die Feststellung, sie sei die wahre Beklagte, und Klageabweisung beantragt hat. Dadurch sind die Gebühren ihrer Prozessbevollmächtigten nicht gestiegen, da der Streitwert derselbe war, als wenn sie ihre Stellung als Scheinbeklagte anerkannt hätte.
Melullis Keukenschrijver Ambrosius
Asendorf Gröning
Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 26.01.2006 - 21 O 197/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.11.2006 - I-21 U 74/06 -

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 48/00 Verkündet am:
17. Februar 2004
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Tintenstandsdetektor
PatG 1981 §§ 81 ff., 110 ff.
Eine beschränkte Verteidigung des Patents im Nichtigkeitsverfahren vor dem
Bundespatentgericht schließt es nicht aus, daß der Patentinhaber mit der Berufung
das Patent wieder in der geltenden Fassung verteidigt.
BGH, Urt. v. 17. Februar 2004 - X ZR 48/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 17. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 1. Dezember 1999 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. Januar 1991 unter Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldungen JP 21022/90 (30. Januar 1990), JP 70318/90 (20. März 1990) und JP 332640/90 (29. November 1990) angemeldeten, u.a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 440 110 (Streitpatents), das vom
Deutschen Patentamt unter Nr. 691 10 309 geführt wird. Es umfaßt sechs Pa- tentansprüche. Verfahrenssprache ist Englisch. Das Streitpatent betrifft einen "ink near-end detecting device". Patentanspruch 1, der allein angegriffen wird, lautet:
"An ink near-end detecting device comprising: means for forming an ink pool (12) communicating with a printing head (3), said ink pool being formed below an ink tank (8) which accomodates a porous material (7) containing an aqueous ink; a pair of electrodes (S1, S2) arranged in a part of said porous material (7) and in a part of said ink pool (12), respectively: means for supplying at least one signal representing a predetermined resistance reference value; and resistance change detecting means (16, 17) for detecting the fact that said ink in said ink tank (8) has been nearly used up from a change of the resistance between said electrodes (S1, S2) of more than a predetermined reference resistance value." In der deutschen Übersetzung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:
"Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrates, umfassend: Mittel zur Bildung eines Tintenpools (12), der mit einem Druckkopf (3) in Verbindung steht, wobei der Tintenpool unterhalb eines Tintenbehälters (8) gebildet ist, in dem sich ein poröses Material (7) befindet, das eine wässerige Tinte enthält;
ein Paar Elektroden (S1, S2), die in einem Teil des porösen Materials (7) bzw. in einem Teil des Tintenpools (12) angeordnet sind; Mittel zur Lieferung mindestens eines Signals, das einen im voraus bestimmten Widerstandsbezugswert darstellt; und Widerstandsänderungserfassungsmittel (16, 17) zum Erfassen der Tatsache, daß die Tinte in dem Tintenbehälter (8) bald erschöpft ist, aus einer Veränderung des Widerstandes zwischen den Elektroden (S1, S2), die größer als ein im voraus bestimmter Bezugswiderstandswert ist." Die Klägerin hat beantragt, das Streitpatent im Umfang des Patentanspruchs 1 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären und geltend gemacht, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, daß Patentanspruch 1 in folgender Fassung aufrechterhalten wird:
"Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats , umfassend: einen mit einem Druckkopf (3) lösbar verbindbaren Tintenbehälter; Mittel zur Bildung eines Tintenpools (12), der mit dem Druckkopf (3) in Verbindung steht, wobei der Tintenpool unterhalb eines in dem Tintenbehälter (8) befindlichen porösen Materials (7) gebildet ist, das eine wäßrige Tinte enthält;
ein Paar Elektroden (S1, S2), von denen die eine in Berührung stehend mit einem Teil des porösen Materials (7) und die andere in einem Teil des Tintenpools (12) derart angeordnet ist, daß der Widerstand zwischen den Elektroden (S1, S2) in Abhängigkeit von der Verringerung der Verbindung zwischen der Tinte in dem Tintenpool (12) und der Tinte in dem porösen Material (7) in einer ersten Region (b) allmählich zunimmt, bis die Tinte in dem Tintenpool von der Tinte in dem porösen Element isoliert wird und dabei in einer zweiten Region (c) der Widerstand einen Maximalwert erreicht ; Mittel zur Lieferung mindestens eines Signals, das einen im voraus bestimmten Widerstandsbezugswert darstellt; und Widerstandserfassungsmittel (16, 17) zum Erfassen der Tatsache, daß die Tinte in dem Tintenbehälter (8) bald erschöpft ist, aus einer Veränderung des Widerstandes zwischen den Elektroden (S1, S2), die größer als ein im voraus bestimmter Widerstandsbezugswert ist, der in der ersten Region (b) eingestellt wird zum Erzeugen eines Ausgangssignals." Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.
Die Beklagte hat Berufung mit dem Ziel eingelegt, die Abweisung der gegen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gerichteten Klage zu erreichen, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der in erster Instanz verteidigten Fassung. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 hat sie zunächst erklärt, es werde nach wie vor der vom gerichtlichen Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten nicht berücksichtigte Hilfsantrag 1 weiterverfolgt. Sodann hat sie erklärt, es werde im Hinblick auf die Ausführungen im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ein neuer Patentanspruch 1 eingereicht, und nunmehr beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts vom
1. Dezember 1999 abzuändern und das europäische Patent 0 440 110 mit Wir- kung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang des beigefügten Patentanspruchs 1 beschränkt aufrechtzuerhalten. Dieser lautet:
"Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung eines Tintenvorrats, umfassend: einen mit einem Druckkopf (3) lösbar verbindbaren Tintenbehälter (8); Mittel zur Bildung eines Tintenpools (12), der mit dem Druckkopf (3) in Verbindung steht, wobei der Tintenpool unterhalb des Tintenbehälters (8) gebildet ist, in dem sich ein poröses Material (7) befindet, das eine wäßrige Tinte enthält; einen röhrenförmigen Fortsatz (11), der den oberen Teil des Tintenpools (12) begrenzt, der sich zur Aufnahme der wäßrigen Tinte aus dem porösen Material (7) nach unten erstreckt, und wobei der röhrenförmige Fortsatz (11) sich vom Boden des Tintenbehälters (8) derart nach innen erstreckt, daß das poröse Material (7) von diesem zusammengepreßt wird; ein Paar Elektroden (S1, S2), die in einem Teil des porösen Materials (7) bzw. in einem Teil des Tintenpools (12) angeordnet sind; Mittel zur Lieferung mindestens eines Signals, das einen im voraus bestimmten Widerstandsbezugswert darstellt; und Widerstandserfassungsmittel (16, 17) zum Erfassen der Tatsache , daß die Tinte in dem Tintenbehälter (8) bald erschöpft ist, aus einer Veränderung des Widerstands zwischen den Elektroden (S1, S2), die größer als ein im voraus bestimmter Bezugswiderstandswert ist."
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte erklärt, sie beantrage in erster Linie die Abweisung der gegen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gerichteten Klage; hilfsweise stellt sie den Antrag aus ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 2004 und begehrt mit Hilfsantrag 2 die Aufrechterhaltung des Patentanspruchs 1 in der in erster Instanz verteidigten Fassung.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Prof. Dr.-Ing. C. H. , , hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist nicht begründet.
I. Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung das Streitpatent in seiner erteilten Fassung verteidigt, nachdem sie in erster Instanz ihre Verteidigung auf den Umfang ihres in der Berufungsbegründung gestellten Antrags beschränkt hatte. Daran war sie nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht gehindert. Eine beschränkte Verteidigung des Patents im Verfahren vor dem Bundespatentgericht schließt es nicht aus, daß der Patentinhaber das Patent mit der Berufung wieder in der geltenden Fassung verteidigt. Dies beruht dar-
auf, daß eine solche beschränkte Verteidigung wie eine Beschränkung des Schutzrechts in dem dafür vorgesehenen besonderen patentrechtlichen Beschrän kungsverfahren behandelt wird. Da in diesem Verfahren die Beschränkungserklärung bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über das Schutzrecht jederzeit zurückgenommen werden kann, muß das gleiche auch für das Nichtigkeitsverfahren gelten, wenn dort eine Beschränkung durch eine eingeschränkte Verteidigung zugelassen wird (Sen.Urt. v. 23.02.1965 - Ia ZR 63/63, GRUR 1965, 480 - Harnstoff; Sen.Urt. v. 04.05.1995 - X ZR 29/93, GRUR 1996, 757, 758 - Zahnkranzfräser; Senat BGHZ 128, 149, 154 - Lüfterkappe).
Dies läßt sich jedoch nicht auf eine teilweise Rücknahme der Berufung übertragen, von der der Rechtsinhaber nicht mehr zum alten Gegenstand des Patents zurückkehren kann (Sen.Urt. v. 13.01.1956 - I ZR 117/54, GRUR 1956, 317, 318 - Wasch- und Bleichmittel). Eine solche Rücknahme kann nach ihrem Wirksamwerden nicht rückgängig gemacht werden (Senat BGHZ 128, 149, 154 - Lüfterkappe; Benkard/Rogge, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 110 PatG Rdn. 17; Busse, PatG, vor § 110 Rdn. 25; Keukenschrijver, Das Patentnichtigkeits- und Nichtigkeitsberufungsverfahren, Rdn. 209; vgl. Senat BGHZ 135, 58, 63 - Einkaufswagen ).
Eine teilweise Berufungsrücknahme ist hier nicht schon darin zu sehen, daß die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 28. Januar 2004 erklärt hat, aufgrund der Ausführungen im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen werde ein neuer Patentanspruch eingereicht und nunmehr der Antrag gestellt, das Streitpatent im Umfang dieses beigefügten Patentanspruchs 1 beschränkt aufrecht-
zuerhalten. Mit Blick auf ihre Wirkung, die sachlich auf einen Verlust von möglichen Rechten hinausläuft und die damit in ihrer Wirkung einem Verzicht auf diese gleichkommt, sind an eine solche Erklärung hinsichtlich ihrer Klarheit und Bestimmtheit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Senat BGHZ 135, 58, 63 - Einkaufswagen). An der danach für einen Rechtsmittelverzicht zu fordernden Unbedingtheit und Eindeutigkeit fehlt es hier. Zu Beginn ihres Schriftsatzes vom 28. Januar 2004 hat die Beklagte beanstandet, das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen befasse sich nur mit dem erteilten Patentanspruch 1 und nicht mit Patentanspruch 1 in der von der Beklagten vor dem Bundespatentgericht verteidigten Fassung. Dieser werde jedoch nach wie vor als Hilfsantrag weiterverfolgt, wie sich aus dem Schriftsatz der Beklagten vom 25. April 2001 unter Nr. 1 ergebe. Dort ist aber gerade zur "Antragssituation" klargestellt worden , daß das Streitpatent in erster Linie im Umfang des erteilten Patentanspruchs 1 verteidigt werde und hilfsweise in der in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht vorgelegten Fassung. Dies legt den Schluß nahe, daß eine Rücknahme der Berufung mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 nicht erklärt worden ist. Dementsprechend hat die Beklagte im Termin vor dem Senat in erster Linie die Abweisung der gegen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gerichteten Nichtigkeitsklage beantragt. Danach läßt sich eine Erklärung, die als teilweise Berufungsrücknahme auszulegen wäre, nicht feststellen.
II. 1. Das Streitpatent betrifft eine Aufzeichnungsvorrichtung (einen Drukker ) und insbesondere eine Vorrichtung zur Erkennung des Zeitpunkts, an dem der Tintenvorrat in der Aufzeichnungsvorrichtung nahezu erschöpft ist; letztere bezeichnet das Streitpatent als "Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats."

Bei Tintenstrahldruckern soll die Tintenfüllung möglichst vollständig aufgebraucht werden. Zugleich soll vermieden werden, daß die Tintenversorgung des Druckkopfes ausfällt, weil dann der Aufzeichnungsvorgang nicht fortgesetzt werden kann und, wenn die Tintenversorgung vollständig erschöpft ist, Luft in die Durchgänge eindringen kann, die die Tintenversorgung mit der Düse zur Aufzeichnung verbinden mit der Folge, daß es lange dauert, bis der Aufzeichnungsvorgang fortgesetzt werden kann. Zur Überwindung dieser Schwierigkeit bezeichnet es die Streitpatentschrift (deutsche Übers. S. 1 Z. 19 f.) als beispielsweise aus der europäischen Auslegeschrift 0 236 937 bekannt, als Mittel zur Kontrolle des Tintenpegels in einem nahezu erschöpften Zustand den elektrischen Widerstand bei einer Durchleitung von elektrischem Strom durch die Tintenführung im Tintentank zwischen zwei Elektroden, die im Tintenbehälter befestigt sind, zu erfassen. Befindet sich eine durchgehende Tintenbrücke zwischen den beiden in Tinte eingetauchten und benetzten Elektroden, ergibt sich ein niederohmiger elektrischer Widerstand; ist die Tintenbrücke und damit der Stromfluß durch elektrisch nicht leitfähiges Material, z.B. durch Luft, unterbrochen , so steigt der Widerstandswert in dem Maße an, in dem die Elektroden nicht in die Flüssigkeit eintauchen. Bei Erreichen eines dem Verbrauch der Tinte entsprechenden Werts wird mittels einer Zeitverzögerungsschaltung sodann nach einem bestimmten Zeitraum der Drucker am Drucken gehindert. Diese Methode ist jedoch, worauf die Streitpatentschrift (deutsche Übers. S. 1 Z. 33 f.) hinweist, nicht anwendbar, wenn der Tintenbehälter - wie weitgehend üblich - auf einem beweglichen Schlitten befestigt ist und deshalb poröses Material zur Absorbierung der Tintenflüssigkeit enthält, weil es dann nicht möglich
ist, daß der Detektor den Zeitpunkt unmittelbar vor dem vollständigen Verbrauch der Tinte direkt erfaßt.
Das Streitpatent will auch für diesen Fall eine Füllstandsinformation über eine elektrische Widerstandsmessung im Tintentank bereitstellen. Die Streitpatentschrift bezeichnet es als zugrundeliegende Aufgabe, bei einem mit porösem Material ausgestatteten Tintentankbehälter eine Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats zu schaffen, die mit hoher Genauigkeit den Zeitpunkt unmittelbar vor dem vollständigen Verbrauch der in dem porösen Material enthaltenen Tinte erfaßt (deutsche Übers. S. 2 Z. 10-19).
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung beschreibt als Lösung eine Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats mit folgenden Merkmalen:
Die Vorrichtung umfaßt
1. einen Tintenbehälter,

a) in dem sich ein poröses Material befindet,
aa) das eine wäßrige Tinte enthält,

b) der mit einem Druckkopf verbunden ist,
2. Mittel zur Bildung eines Tintenpools,


a) der mit dem Druckkopf in Verbindung steht,

b) unterhalb des Tintenbehälters gebildet ist,
3. ein Paar Elektroden,

a) die in einem Teil des porösen Materials

b) bzw. in einem Teil des Tintenpools angeordnet sind,
4. Mittel zur Lieferung mindestens eines Signals,

a) das einen im voraus bestimmten Widerstandsbezugswert darstellt,
5. und Widerstandserfassungsmittel,

a) zum Erfassen der Tatsache, daß die Tinte in dem Tintenbehälter bald erschöpft ist,

b) aus einer Veränderung des Widerstands zwischen den Elektroden ,
aa) die größer als ein im voraus bestimmter Bezugswiderstandswert ist.

2. Als mit der Entwicklung von Aufzeichnungsvorrichtungen und deren Tintenbehältern befaßter Fachmann ist in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen ein Maschinenbauingenieur der Fachrichtung Feinwerktechnik mit mehrjähriger Berufserfahrung und Kenntnissen auf den Gebieten der Benetzung und der Mechatronik anzusehen.
Ein solcher Fachmann entnimmt Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung , daß der mit einem Tintenabsorbierungsmittel ausgestattete Tintentank um eine Vorrichtung zur Erkennung der baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats erweitert werden soll. Er erfährt, daß er dazu zunächst dem Tintentank einen Tintenpool hinzufügen soll. Dieser Begriff wird in Patentanspruch 1 dahin erläutert , daß er unterhalb des Tintentanks angeordnet ist. Er wird von dem Fachmann daher als ein an dieser Stelle angeordneter gesonderter Raum zur Aufnahme von Flüssigkeit verstanden werden. Nach den weiteren Erläuterungen soll er nämlich in der Tintenführung liegend mit dem Tintentank einerseits und dem Druckkopf andererseits in Verbindung stehen. In diesem Pool soll wäßrige Tinte enthalten sein, jedoch nicht, wie im Tintentank, poröses Material. Weitere Aussagen zum Tintenpool und zu dessen Gestaltung enthält Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung nicht, insbesondere gibt er nicht an, daß der röhrenförmige Fortsatz (11), den Fig. 1 und Fig. 8 der Streitpatentschrift zeigen, und den die Streitpatentschrift auf S. 5 Z. 14-23 der deutschen Übersetzung beschreibt, vorhanden sein müssen, der sich vom Boden des Tintenbehälters nach innen erstreckt und der das poröse Material im Eingang zum Tintenpool zusammenpreßt. Daß ein solcher vorhanden sein soll, ergibt sich für den
Fachmann - wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat - auch nicht, wenn er Zeichnungen und Beschreibung des Streitpatents hinzuzieht ; auch daraus kann der Fachmann nicht entnehmen, daß dieser röhrenförmige Fortsatz stets ein Merkmal des Tintentanks gemäß Patentanspruch 1 sein soll.
Als Mittel zur Detektierung des Tintenvorrats verwendet das Streitpatent - wie der von ihr eingangs geschilderte Stand der Technik - zwei Elektroden. Nach Patentanspruch 1 sollen diese in einem Teil des porösen Materials bzw. in einem Teil des Tintenpools angeordnet sein. Dem Fachmann ist klar, daß die Detektion des Flüssigkeitsvorrats wie im Stand der Technik dadurch erreicht werden soll, daß der zwischen den Elektroden fließende Strom ausgewertet wird. Dieser wird um so größer sein, je größer die mögliche Kontaktzone zwischen einer Elektrode und der Tinte ist. Der Fachmann entnimmt Patentanspruch 1, daß er eine der Elektroden im Tintenpool anordnen soll. Ihm ist weiter klar, daß eine Widerstandsmessung eine geringe Flüssigkeitsmenge erfassen können muß, da es darum geht, mit Hilfe der Widerstandsmessung die kurz bevorstehende Erschöpfung der Tinte zu ermitteln. Daraus entnimmt er, daß die zweite Elektrode so angeordnet sein muß, daß sie einerseits sicher von Tinte benetzt wird und mit der anderen Elektrode über eine Tintenbrücke verbunden ist, solange nicht ein Signal ausgelöst werden soll; andererseits soll sie so angeordnet werden, daß entweder parallel mit dem Tintenverbrauch ein Widerstandsverlauf erfaßt werden kann oder daß bei Erreichen oder Unterschreiten einer vorbestimmten Tintenmenge ein Signal über die unmittelbar bevorstehende Erschöpfung gewonnen werden kann.
III. Eine Lehre dieses Inhalts ist im druckschriftlichen Stand der Technik nicht vorbeschrieben und daher neu im Sinne des Art. 54 EPÜ. Keine der Ent- gegenhaltungen beschreibt eine Vorrichtung zur Erkennung des Zeitpunkts, an dem der Tintenvorrat erschöpft ist, für einen Tintenbehälter, der auf einem beweglichen Schlitten befestigt ist und bei dem poröses Material im Tintentankinnern angeordnet ist, um das Aufschäumen von Tinte zu verhindern.
IV. In der erteilten Fassung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents jedoch nicht schutzfähig, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ).
1. Die Streitpatentschrift legt einen Tintentank zugrunde, der auf einem beweglichen Schlitten befestigt ist und bei dem es allgemein üblich ist, daß poröses Material im Tintenbehälter angeordnet ist, welches die Tinte hält. Einen solchen beschreibt die US-Patentschrift 4 771 295. Sie betrifft einen Ein- oder Mehrkammertintentank, bevorzugt für einen thermischen Tintenstrahldrucker, bezieht aber auch andersartige Tintenstrahlanwendungen ein, bei denen die Eignung eines Schaummaterials zur Tintenspeicherung erwünscht und kompatibel ist (deutsche Übers. S. 8 letzter Abs.). Es sind mehrere Tintenkammern vorgesehen, da es sich um ein für den Mehrfarbendruck geeignetes Gerät handelt , die Beschreibung weist jedoch darauf hin, daß der Tintenbehälter auch nur ein einziges Abteil aufweisen kann (deutsche Übers. S. 2 1. Abs.). In jedem Tintentank befindet sich offenporiges Schaummaterial, das aufgrund seiner Kapillarwirkung Tinte aufzunehmen und zu speichern imstande ist.
Aus dieser Veröffentlichung entnimmt der Fachmann mithin eine Vorrichtung mit den Merkmalen 1 und 2 der obigen Merkmalsgliederung. Es befindet sich in dem in der Veröffentlichung beschriebenen Tintentank poröses Material , hier "foam" genannt, sowie die Tinte, und der Tintenbehälter ist mit dem Druckkopf verbunden. Die Tinte wird durch Tintenröhren geleitet, deren Querschnitte größer sind als die mittlere Porenweite des Schaummaterials und die unterhalb der einzelnen Schaumkörper zwischen diesen und dem Schreibkopf angeordnet sind.
2. Für den Fachmann bestand, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, Veranlassung, mit porösem Material ausgestattete Tanks mit einer Füllstandskontrolle zu versehen. Die Überwachung des Tintenfüllstands war eine wichtige Verbesserung, da unerkanntes Ausbleiben von Tinte im Laufe eines Druckvorgangs nicht nur Makulatur verursacht, sondern auch wichtige Komponenten des Tintendruckers beschädigen kann. Deshalb lag es für den Fachmann nahe, die bei Tintentanks mit frei in ihren Speicherräumen gehaltener Tinte bewährte Technik aufzugreifen, den unterschiedlichen elektrischen Widerstand von Tinte und Luft für eine Füllstandsaussage zu nutzen.
3. Vorrichtungen zur Füllstandskontrolle in Tintentanks mit frei in den Speicherräumen gehaltener Tinte waren dem Fachmann bekannt. Die Streitpatentschrift bezeichnet eine Füllstandskontrolle für einen solchen Tank als aus der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung 023 937 vorbekannt. Auch die deutsche Offenlegungsschrift 36 11 966 beschreibt eine solche. Danach sollen in einem aus einem flexiblen Material hergestellten und als Tinten-
blase bezeichneten Tintentank unter Einsatz eines Elektrodenpaares die Restmenge an Tinte in einer geschlossenen Tintenblase gemessen und die zu er- fassende Restmenge an Tinte auf ein gewünschtes Niveau festgesetzt werden. Zu diesem Zweck weist die Tintenblase einen als Formteil aus geeignetem Isoliermaterial wie Kunststoff oder dergleichen mit einer mit ihm einstückig ausgestalteten Tintenauslaßröhre versehenen Stopfen auf (S. 14 2. Abs.). Dieser weist in der bevorzugten Ausführungsform zwei Elektroden und zwei seitliche Rippen auf. Wenn die Tinte bis zu einem vorbestimmten Niveau verbraucht ist, fällt die Blase im wesentlichen vollständig zusammen, wovon jedoch der Bereich der Rippen im Stopfen ausgenommen ist. Das eingeschlossene Gas bewegt sich in der Blase abwärts und dringt in den Raum zwischen den Rippen ein, der mit dem Stopfen in Verbindung steht. Damit wird der elektrische Widerstand zwischen den Elektroden rasch verändert, weil sich dort nunmehr Gas befindet. Durch Erfassen dieses Widerstandes kann festgestellt werden, daß die Restmenge der Tinte innerhalb der Blase das vorbestimmte Niveau erreicht hat (S. 18 2. Abs.). Damit unterscheidet eine Vorrichtung nach dieser Entgegenhaltung nur zwischen einem niederohmigen Zustand, wenn die beiden Elektroden mit Tinte benetzt sind und das in der Tintenblase enthaltene Gas oberhalb der Elektroden steht, und einem hochohmigen Zustand, wenn die Flüssigkeitsbrücke zwischen den beiden Elektroden unterbrochen ist, weil sich Gas zwischen den Elektroden befindet.
4. Ausgehend von diesem Stand der Technik stellte sich dem Fachmann die Frage, wie er den gleichen Erfolg bei einem Tintentank, in dem sich poröses Material befindet, erreichen konnte und wo er für diesen Zweck die Elektroden anbringen sollte. Dabei bot sich für eine der Elektroden, wie der gerichtliche
Sachverständige überzeugend dargestellt hat, eine Anordnung in einem Bereich mit Flüssigkeitsansammlung an, der in der Nähe des Austritts der Tinte in die Düsen des Druckers lag. Auf diese Weise konnte sie zum einen in Flüssigkeit eintauchen, wodurch sich die Meßgenauigkeit erhöht; eine Lage in der Nähe der Düsen erlaubte andererseits eine Überwachung bis in die Nähe der völligen Erschöpfung des Tintenvorrats. Von dieser Gestaltung geht auch die deutsche Offenlegungsschrift aus, die eine dem Tintenpool des Streitpatents entsprechende Kammer zwischen dem Tintentank und dem Druckteil beschreibt.
Für die Anordnung der zweiten Elektrode boten sich dem Fachmann auf den ersten Blick allerdings mehrere Möglichkeiten. Er konnte diese entweder ebenfalls im Tintenpool anordnen, im Tintensumpf, d.h. dem Raum am unteren Ende des Tintentanks unterhalb des porösen Materials bzw. an dessen unterem Ende, unterbringen oder aber für sie eine Lage im Bereich des porösen Materials im Tintentank vorsehen. Von diesen Alternativen mußte er jedoch schon aufgrund einfacher Überlegungen die Anbringung im Tintenpool als ungeeignet verwerfen, weil sich auf diese Weise Veränderungen der Meßwerte erst erhalten ließen, wenn der Tintenvorrat so weit aufgebraucht ist, daß der Tintenpool nicht mehr ausschließlich mit Tinte gefüllt ist, sondern - auch - Luft enthält. Erst dann werden die Elektroden hier nicht mehr ausschließlich von Tinte bedeckt sein, sondern zumindest teilweise und mit zunehmender Tendenz mit der Folge einer Veränderung der Widerstandswerte auch von Luft. Dieser kurz vor dem endgültigen Verbrauch der Tinte liegende Zeitpunkt ist jedoch für eine Messung des baldigen Endes des Tintenvorrats zu spät; er erlaubt insbesondere keine der jeweiligen Benutzung des Druckers anzupassende rechtzeitige Warnung
vor dem baldigen Ende des Tintenvorrats. Ebenso mußte dem Fachmann ohne weiteres eine Anbringung im Tintensumpf als eher ungeeignet erscheinen, da auch das zu Messungen führen konnte, auf die es dem Fachmann nicht ankam und die insbesondere dem Zweck einer für alle Fälle rechtzeitigen Warnung nicht genügten. Auf diese Weise ließen sich Aussagen nur über den Vorrat im Tintensumpf und dessen Verbindung zum Tintenpool treffen; saubere Messungen der im Raum über dem Sumpf befindlichen Tinte konnte der Fachmann auf diese Weise nicht erwarten. Demzufolge erkannte er, indem er entweder diese Überlegungen anstellte oder durch diese drei in Betracht kommenden Möglichkeiten ausprobierte, daß eine sinnvolle Anordnung der zweiten Elektrode vor allem im Bereich des im Tankinneren befindlichen porösen Materials in Betracht kam, um die von ihm erstrebte Füllstandskontrolle zu erreichen, die aus seiner Sicht damit zu bevorzugen sein mußte. Eine über diese räumliche Anordnung hinausgehende Lehre kann der Fachmann insoweit dem erteilten Patentanspruch 1 des Streitpatents aber nicht entnehmen. Die Optimierung durch eine bestimmte Form und eine bestimmte Anordnung der Elektroden bleibt ihm auch nach der Lehre von Patentanspruch 1 des Streitpatents selbst überlassen.
5. Schließlich war es dem Fachmann auch nahegelegt, den Widerstandswert des Widerstands zwischen den beiden Elektroden zu erfassen und mit Hilfe einer elektrischen Schaltungsanordnung festzustellen, ob der Widerstandswert des Widerstandes zwischen den Elektroden kleiner oder größer als ein Bezugswiderstandswert ist. Die Streitpatentschrift gibt in Merkmal 5 nicht mehr an, als daß ein Vergleich zwischen dem zwischen den Elektroden gemessenen Widerstand und dem im voraus bestimmten Bezugswiderstandswert stattfinden soll. Dieser Vergleich ist jedoch charakteristisch für alle Lösungen
der Füllstandsüberwachung mittels Elektroden. Auch die deutsche Patentschrift 31 13 066 arbeitet, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargestellt hat, hiermit. Sie sieht drei in einem Tintentank bodennah angeordnete Elektroden mit zwei voneinander unabhängigen Meßstrecken vor. Zwei der insgesamt drei Elektroden sind in einem vertieften Boden des Tintentanks angeordnet , während die dritte etwas oberhalb positioniert ist. Damit können zwei voneinander unabhängige Meßstrecken genutzt werden. Mit abnehmendem Füllstand wächst der Widerstand längs der oberen Meßstrecke schneller als der Widerstand der Meßstrecke am Boden des Tintentanks. Die Entgegenhaltung nutzt damit für ihre Füllstandsüberwachung nicht nur den niederohmigen Widerstandsbereich einerseits und den hochohmigen Widerstandsbereich andererseits , sondern sie verfolgt die mit der Füllstandsabnahme einhergehenden Veränderungen des elektrischen Widerstands im niederohmigen Bereich. Hieraus leitet sie zumindest zwei Kontrollzustände ab, nämlich zum einen den normalen Druckbetrieb und zum anderen die Vorwarnung über eine baldige Erschöpfung des Tintenvorrats. Nimmt der Flüssigkeitsstand ab, so steigt der Widerstand zwischen der mittleren und der erhöht angebrachten Elektrode schneller an als der zwischen den beiden Elektroden, die im Tintensumpf angeordnet sind. Damit steigt auch die Differenz der beiden Spannungen an. Für das Stopsignal wird jedoch nicht die Differenz zwischen den beiden Meßspannungen berücksichtigt, sondern allein die eine der beiden Meßspannungen gegenüber einer festen Bezugsspannung. Das Verfolgen einer Spannungsdifferenz stellt aber, wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats dargestellt hat, keine besonderen Anforderungen an den Fachmann.
IV. In der Fassung des Hilfsantrags 1 geht Patentanspruch 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. In dieser Fassung kann das Streitpatent deshalb nicht zulässigerweise verteidigt werden.
Patentanspruch 1 nach diesem Hilfsantrag unterscheidet sich von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung im wesentlichen dadurch, daß die Ausgestaltung des Tintenpools dahingehend beschrieben wird, daß ein röhrenförmiger Fortsatz (11), der den oberen Teil des Tintenpools begrenzt, sich vom Boden des Tintenbehälters derart nach innen erstreckt, daß das poröse Material von diesem zusammengepreßt wird. Zu diesem Merkmal heißt es in der Patentbeschreibung wie in den ursprünglich eingereichten Unterlagen lediglich, daß dieser röhrenförmige Fortsatz vorhanden ist und mit dem geschäumten Element in engem Kontakt gehalten wird. Das geschäumte Element ist danach in dem Tintenbehälter in der Weise angeordnet, daß das Element von dem röhrenförmigen Fortsatz zusammengepreßt wird (deutsche Übers. S. 5 Z. 14-23).
Die Aufnahme eines weiteren Merkmals aus der Beschreibung in den Patentanspruch ist zulässig, wenn dadurch die zunächst weitergefaßte Lehre eingeschränkt wird und wenn die weiteren Merkmale in der Beschreibung als zu der beanspruchten Erfindung gehörend zu erkennen waren (st. Rspr., z.B. Sen.Urt. v. 30.10.1990 - X ZB 18/88, GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze).
Diese Voraussetzung ist hier hinsichtlich des mit dem ersten Hilfsantrag eingefügten Merkmals nicht erfüllt. Daß die Ausgestaltung des Tintentanks dazu beitragen sollte, bei einem mit porösem Material ausgestatteten Tintentankbe-
hälter eine Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats zu schaffen, die mit hoher Genauigkeit den Zeitpunkt unmittelbar vor dem vollständigen Verbrauch der in dem porösen Material enthaltenen Tinte erfaßt, konnte der Fachmann der Streitpatentschrift nicht entnehmen. Weder in den Anmeldeunterlagen noch in der Patentschrift ist ein solcher Zusammenhang hergestellt worden; der röhrenförmige Fortsatz ergibt sich vielmehr nur aus der Abbildung. Auf ihn bezugnehmende Hinweise in der Beschreibung fehlen. Es ist auch nicht zu erkennen, daß der fachkundige Leser im Prioritätszeitpunkt einen solchen Zusammenhang von sich aus quasi automatisch mitgelesen hätte. Allerdings war dem Fachmann beispielsweise aus der US-Patentschrift 4 771 295 bekannt, daß eine Komprimierung des zur Aufnahme der Tinte bestimmten Materials als solche eine Erhöhung der Kapillarwirkung in dem komprimierten Teil und damit eine Verbesserung der Sogwirkung zur Folge haben kann. Deren deutsche Übersetzung schildert auf Seite 3 letzter Absatz und auf Seite 7 2. vollständiger Absatz die Komprimierung des Schaums als Mittel zur Reduzierung der Porengröße und damit zur Erhöhung der Kapillarität. Allein aus diesem Wissen erschließt sich, wie auch der gerichtliche Sachverständige bei seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt hat, für den Fachmann nicht ohne weiteres und insbesondere nicht ohne nähere Überlegungen , daß der röhrenförmige Fortsatz in dem abgebildeten Ausführungsbeispiel dem Zweck dient, über ein Zusammenpressen des in ihm angeordneten und des darüberliegenden Materials eine Verbesserung des Tintenflusses im Sinne von dessen Verstetigung herbeizuführen. Eine nach unten zunehmende Erhöhung der Saugwirkung durch Verringerung der Kapillargröße wird bereits durch das Eigengewicht des porösen Materials erreicht, in dem sich die Tintenflüssigkeit befindet. Auf diese Weise wird das Material im unteren Bereich
und insbesondere an der Übergangsstelle zum Tintenpool zusammengedrückt und damit ein auf diese Übergangsstelle gerichteter Tintenfluß erzielt. Daß und auf welche Weise darüber hinaus eine Verbesserung durch die Anordnung des röhrenförmigen Fortsatzes erreicht wird, muß sich dem fachkundigen Leser allein bei Betrachtung der Abbildung nicht aufdrängen; auf diesen Gedanken ist erst der deutlich höher qualifizierte gerichtliche Sachverständige bei der Vorbereitung des Gutachtens gekommen. Auch das spricht dafür, daß es sich insoweit um eine nachgebrachte vorteilhafte Ausgestaltung der Vorrichtung zur Erkennung einer baldigen Erschöpfung des Tintenvorrats handelt, die dem Fachmann in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart war.
V. Mit Hilfsantrag 2 soll Patentanspruch 1 insoweit modifiziert werden, als die Anordnung der Elektroden, die Mittel zur Lieferung mindestens eines Signals und die Widerstandserfassungsmittel weiterbeschrieben werden. Es wird danach unterschieden zwischen einer "Region" oder einem Bereich b, in dem in Abhängigkeit von der Verringerung der Verbindung zwischen der Tinte in dem Tintenpool und der Tinte in dem porösen Material der Widerstand allmählich zunimmt, bis die Tinte in dem Tintenpool von der Tinte in dem porösen Element isoliert wird, und einer zweiten "Region" c, nämlich der Bereich, in dem der Widerstand einen Maximalwert erreicht. Die Widerstandserfassungsmittel sollen die baldige Erschöpfung des Tintenvorrats aus einer Veränderung des Widerstands zwischen den Elektroden erfassen, die größer als ein im voraus bestimmter Widerstandsbezugswert ist, der im Bereich b eingestellt wird. Der Bereich b ist dabei nicht definiert. Über ihn wird lediglich ausgesagt, daß der Widerstand zwischen den Elektroden zunimmt. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß die Tinte "bald" erschöpft ist, wie dies Patentanspruch 1 in der erteilten
Fassung ausdrückt. Es handelt sich bei der geänderten Fassung um die technische Beschreibung desselben Zustandes, den Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung mit baldigem Verbrauch umschreibt. Eine weitere Aussage ist damit nicht verbunden. Der Bereich c wird ebenfalls nicht definiert; er dient lediglich dazu, den ersten Bereich negativ abzugrenzen. Über ihn wird im übrigen nur gesagt, daß der Widerstand in diesem Bereich einen Maximalwert erreicht. Wo die Grenze zwischen beiden Bereichen verläuft, läßt sich Patentanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrags nicht entnehmen, insbesondere bietet Patentanspruch 1 auch danach keine nähere Eingrenzung des in der erteilten Fassung verwendeten Begriffs "bald". Damit geht die Fassung, die Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 erhalten soll, über die erteilte Fassung nicht hinaus.
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf