Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen vom 19.06.2013 wird der Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 31.05.2013 - Az.: 10 O 30/11 - abgeändert und das Gesuch der Klägerinnen auf Ablehnung des Sachverständigen H. vom 10.01.2013 für begründet erklärt.

2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.241,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten Pflichtteilsergänzung.

Mit Beschlüssen vom 06.08.2012 und 24.08.2012 - 10 O 301/11 - hat das Landgericht den Sachverständigen R.-O. H. mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens über das Hausgrundstück „ in “ beauftragt.

Bei dem anberaumten Ortstermin am 04.12.2012 weigerte sich die Beklagte, der Klägerin zu 1), die mit ihrer Prozessbevollmächtigten erschienen war, Zutritt zu dem Hausgrundstück zu gewähren. Sie berief sich darauf, dass zwei Mieter (einer ist der Sohn der Beklagten), die einzelne Wohnungen in dem Anwesen gemietet hätten, nicht mit dem Zutritt durch die Klägerinnen einverstanden seien. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen verließ den Ortstermin unter Protest, nachdem ihrer Partei der Zutritt zu dem Anwesen verwehrt wurde. Der Sachverständige H. führte den Ortstermin trotzdem in Anwesenheit der Beklagtenseite durch.

Der Sachverständige H. verwies darauf, dass er nach Diskussion mit der Klägervertreterin trotz angekündigten Befangenheitsantrages für den Fall, dass er den Ortstermin einseitig durchführe, diesen durchgeführt habe, um im Nachhinein nach Weisung des Gerichts zu entscheiden, ob ein weiterer Ortstermin nötig sei und wie in diesem zu verfahren sei. Er teilte mit, dass aus seiner Sicht ein weiterer Ortstermin nicht notwendig sei.

Das Landgericht hat den Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 31.05.2013 - 10 O 30/11 (Bl. 338 d.A.) zurückgewiesen. Hiergegen haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom 19.06.2013 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht mit Beschluss vom 21.06.2013 (Bl. 346 d.A.) nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt. Sie ist auch begründet, weil die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit gemäß §§ 406 Abs. 1, Abs. 3, 42 ZPO erfüllt sind.

Der Senat hatte durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden, weil die angefochtene Entscheidung vom Einzelrichter erlassen wurde.

(1.)

Der Ablehnungsantrag vom 10.01.2013, bei Gericht am 15.01.2013 eingegangen, war nicht verfristet.

Nach § 406 Abs. 2. S. 2 ZPO sind Ablehnungsgründe unverzüglich nach Kenntnis vom Ablehnungsgrund geltend zu machen. Das bedeutet, dass der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist, und der Antragsteller glaubhaft zu machen hat, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen (BGH, Beschl. v. 15.03.2005 - VI ZB 74/04 - NJW 2005, 1869).

Grundsätzlich besteht für die Parteien keine Verpflichtung, selbst Erkundigungen darüber anzustellen, ob ein Ablehnungsgrund in Betracht kommt. Anders kann dies im Einzelfall sein, wenn konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes bestehen (BGH, Beschl. v. 23.09.2008 - X ZR 135/04 - NJW 2009, 84). Es soll verhindert werden, dass eine Partei sich erst abwartend auf eine Begutachtung einlässt bzw. der Rechtsstreit verzögert wird.

Zwar hatte die Klägervertreterin nach den Erklärungen des Sachverständigen im Ortstermin vom 04.12.2012 Anhaltspunkte dafür, dass der Sachverständige den Ortstermin unter Verletzung von § 357 ZPO durchführen könnte. Eine sofortige Erkundigung war von ihr aber nicht zu verlangen, weil der Sachverständige angekündigt hatte, das Gericht zu informieren. Die Klägervertreterin durfte deshalb zunächst auf eine Reaktion des Gerichts und Mitteilung über den Ortstermin vom 04.12.2012 warten, denn die Einhaltung des § 357 ZPO war durch das Gericht sicherzustellen. Angesichts der Weihnachtsfeiertage und des Jahreswechsels war ein Tätigwerden der Klägervertreterin vor Januar 2013 nicht zu verlangen.

(2.)

Gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Gemäß § 42 ZPO genügt es, dass objektive Umstände gegeben sind, aufgrund deren vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung besteht, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (BGH, Urt. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363; BGH, Beschl. v. 23.10.2007 - X ZR 100/05 - GRUR 2008, 191). Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht selbst Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hegt oder ob dieser tatsächlich parteiisch ist oder sich nach Lage der Dinge zumindest darüber hätte bewusst sein können, dass sein Verhalten geeignet sein könnte, Zweifel an seiner Neutralität aufkommen zu lassen. Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der - nicht auf rein subjektiven oder unvernünftigen Vorstellungen beruhende - Anschein einer Voreingenommenheit besteht (BGH, Beschl. v. 23.10.2007 - X ZR 100/05 - GRUR 2008, 191).

Letzteres ist der Fall, weil der Sachverständige H. am 04.12.2012 einen Ortstermin in Gegenwart der Beklagtenseite durchgeführt hat, nachdem die Beklagte der Klägerin zu 1) die Teilnahme verweigert hat. Durch diesen einseitigen Ortstermin ist der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit gemäß § 357 ZPO zum Nachteil der Klägerinnen verletzt, die nach § 357 Abs. 1 ZPO auch im Anwaltsprozess ein Recht hatten, selbst neben ihrer Prozessbevollmächtigten an der Beweisaufnahme teilzunehmen.

Führt ein Sachverständiger zur Vorbereitung seines Gutachtens eine Orts- und Sachbesichtigung in Anwesenheit nur einer der Parteien durch, ohne der anderen die Gelegenheit zur Teilnahme zu geben, so lässt ihn dies nach herrschender Meinung als befangen erscheinen (BGH, Beschl. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363; OLG Karlsruhe MDR 2010, 1148; OLG Saarbrücken, MDR 2007, 1279; OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Frankfurt OLGR 2009, 573). Dies rechtfertigt sich aus dem Verstoß gegen das Gebot der Waffengleichheit, weil sich der Sachverständige der einseitigen Einflussnahme einer Partei aussetzt. Eine verständige Partei darf in der Folge mutmaßen, dass hierbei auch ein - für sie nach Inhalt und Umfang nicht zu überblickender - Informations- und Meinungsaustausch über das streitige Rechtsverhältnis stattgefunden hat. Dies ist aus Sicht eines unbefangenen Dritten geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu begründen (Senat, Beschl. v. 28.07.2004 - 5 W 88/04 - OLGR Saarbrücken 2004, 612; Beschl. v. 27.04.2007 - 5 W 104/07 - OLGR Saarbrücken 2007, 636).

Die Parteien müssen sich darauf verlassen können, dass der Sachverständige in seinem Ergebnis noch nicht festgelegt ist, solange die Parteien ihr Fragerecht noch nicht ausgeübt haben und die Begutachtung nicht abgeschlossen ist (OLG Bremen OLGR 2009, 700; OLG Saarbrücken, MDR 2007, 1279). Auch die Möglichkeit, die anlässlich des Ortstermins getroffenen Feststellungen zu wiederholen, vermag das dann begründete Misstrauen der benachteiligten Partei nicht auszuräumen (BGH, Beschl. v. 15.04.1975 - X ZR 52/75 - NJW 1975, 1363). Das gilt selbst dann, wenn der Sachverständige das beanstandete Geschehen nachträglich aus freien Stücken offen gelegt hat. Da sich die Besorgnis der Befangenheit neben der zu befürchtenden Festlegung hinsichtlich des Ergebnisses der Begutachtung gerade aus dem - von der abwesenden Partei in seiner Dimension nicht einzuschätzenden - Austausch des Sachverständigen mit der gegnerischen Partei ergibt, lassen sich die begründeten Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen, der diese Situation veranlasst hat, nicht mehr beseitigen (Senat, Beschl. v. 02.06.2009 - 5 W 165/09-58).

Aus diesen Gründen ist es nicht entscheidend, dass objektiv lediglich eine Fehleinschätzung des Sachverständigen H. vorgelegen hat und es zu keiner Einflussnahme der Beklagten gekommen sein mag.

Auch der Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ihre Teilnahme am Ortstermin verweigert hat und erst dadurch die Klägerinnen keine Informationen über den Verlauf des Ortstermins erlangen konnten, ändert daran nichts. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen durfte die Rechte ihrer Mandantinnen nach § 357 ZPO wahren.

(3.)

Da das Ablehnungsgesuch Erfolg hat, bedarf es keiner gesonderten Kostenentscheidung; seine Kosten sind vielmehr Teil der Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens ist auf 1/3 des Streitwerts der Hauptsache festzusetzen (BGH, Beschl. v. 15.12.2003 - II ZB 32/03 - AGS 2004, 159; Senat, Beschl. v. 27.04.2007 - 5 W 104/07 - OLGR Saarbrücken 2007, 636).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 569 Frist und Form


(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts ande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 406 Ablehnung eines Sachverständigen


(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist. (2) Der A

Zivilprozessordnung - ZPO | § 357 Parteiöffentlichkeit


(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen. (2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofer

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(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 74/04
vom
15. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der
Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die
Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten
Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung
des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muß.
BGH, Beschluß vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht von den Beklagten die Zahlung des hälftigen Betrages der Schadensersatzleistungen, die sie als Berufshaftpflichtversicherer des Dr. E. an die Witwe des Patienten F. erbracht hat. F., dessen Hausarzt Dr. E. war, ließ sich im Januar 1995 wegen einer erektilen Dysfunktion in der andrologischen Sprechstunde der Urologischen Abteilung der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 beraten. Im Dezember 1995 wurde bei F. ein Darmkarzinom in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, an dem er inzwischen verstorben ist. Die Klägerin behauptet, unter den gegebenen Umständen hätte der Beklagte zu 2 differentialdiagnostische Erwägungen anstellen und weitere Befunde erheben müssen. Mit hinreichender Sicherheit wäre im Januar 1995 bereits
das Rektumkarzinom erkannt worden. Das Verkennen dieses Befundes oder das Unterlassen einer Reaktion hierauf wäre auf jeden Fall als grober Behandlungsfehler zu werten. Die Beklagten wenden ein, daß in dem fraglichen Zeitraum das Dickdarmkarzinom noch nicht vorgelegen habe. Durch Beweisbeschluß vom 5. Dezember 2003 hat das Landgericht Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines schriftlichen medizinischen Gutachtens beauftragt. Durch Verfügung vom 1. März 2004 hat das Gericht das Gutachten den Parteien zugeleitet und Frist zur Stellungnahme bis 30. März 2004 gesetzt. Die Frist ist auf Antrag der Klägerin bis 15. April 2004 verlängert worden. Mit am 15. April 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Einwände gegen das Gutachten vorgebracht und unter Bezugnahme darauf den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat den Befangenheitsantrag mit Beschluß vom 17. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 19. Oktober 2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Ablehnungsantrag verspätet und deshalb unzulässig sei, weil die Geltendmachung des Befangenheitsgrundes keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten erfordert habe. Das Oberlandesgericht hat im Hinblick auf den uneinheitlichen Meinungsstand in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit dem von ihr eingelegten Rechtsmittel die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit weiter.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO; sie ist auch im übrigen zulässig, § 575 ZPO. Die Beschwerde hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. 1. Der Antrag auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist allerdings entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht bereits als unzulässig - weil verspätet - zurückzuweisen.
a) Nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag grundsätzlich spätestens binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen anzubringen. Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, ist die Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgebend. Die Ablehnungsgründe sind in diesem Falle nicht binnen einer kalendermäßigen Frist, sondern grundsätzlich unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nach Kenntnis des Gutachtens geltend zu machen. Das bedeutet, daß der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepaßten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. § 121 Rn. 3). Zugleich hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. In einem einfach gelagerten Fall können bereits wenige Tage ausreichend sein, um die das Ablehnungsgesuch stützenden Tatsachen zu erkennen und vorzutragen. Hingegen kann sich die Frist je nach Sachlage verlängern, wenn der Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung des Gutachtens zu erkennen ist. Von diesen Grundsätzen geht auch das Beschwerdegericht aus.

b) Von den Oberlandesgerichten werden zur Länge der Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterschiedliche Auffassungen vertreten. aa) Einige Oberlandesgerichte (OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 470; OLG Köln, OLGR Köln 1995, 147; OLG Naumburg, 10 W 23/01, juris-Abfrage; OLG München, OLGR München 2004, 117; 2003, 58) sind in Übereinstimmung mit Stimmen im Schrifttum (Musielak/Huber ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 14; Reichold in: Thomas/Putzo ZPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 7) der Meinung, die ZweiWochen -Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte grundsätzlich auch für § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie bilde im Interesse des Prozessgegners die Obergrenze und gelte auch dann, wenn eine längere Frist zur Stellungnahme zu einem Gutachten nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt worden sei. Durch letztere solle die sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens ermöglicht werden. Eine solche sei für die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht erforderlich. bb) Teilweise wird in der Rechtsprechung die Auffassung des Beschwerdegerichts vertreten, eine allgemeine Fristbindung sei zwar nicht sachgerecht. Es sei vielmehr ausschließlich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen und jeweils zu prüfen, welche Zeit im konkreten Fall erforderlich sei, um den Ablehnungsgrund erkennen und unverzüglich geltend machen zu können. Doch entspreche die Frist auch nicht der vom Gericht gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Inhalt des Gutachtens, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens gerade nicht erfordere (vgl. BayObLGZ 1994, 183; KG, KGR Berlin 2001, 183; OLG Nürnberg, VersR 2001, 391; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 1995, 139; OLG München, OLGR München 1994, 237; OLG München, OLGR München 2000, 211; Thüringer OLG, OLGR Jena 2000, 113, 115 f.; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2000, 275 und
OLG-NL 2003, 92; Stein-Jonas/Leipold ZPO, 21. Aufl. § 406 Rn. 19; Zöller/Greger ZPO, 25. Aufl., § 406 Rn. 11). cc) Das Oberlandesgericht Düsseldorf vertritt die Auffassung (OLGR Düsseldorf 2001, 469; ebenso [MünchKomm/Damrau ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 7]), daß ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist eingereicht wird, zumindest dann nicht nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätet sei, wenn sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten ergebe. Die am Rechtsstreit beteiligten Parteien müßten sich innerhalb der nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist abschließend mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen und mitteilen, ob und gegebenenfalls in welchen Punkten Ergänzungsbedarf gesehen werde. Komme hierbei eine Partei aufgrund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens nicht nur zu dem Ergebnis , daß dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig sei, sondern daß bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten auf Voreingenommenheit ihr gegenüber zurück zu führen seien, sei auch diese Besorgnis Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten. Die Länge der Frist, binnen derer die Partei das Ergebnis ihrer Prüfung des Gutachtens in Antragsform anzubringen habe, könne in einem solchen Fall nicht davon abhängig sein, ob lediglich ein Ergänzungsantrag oder auch ein Befangenheitsantrag oder - wie im vorliegenden Fall - eine Kombination aus beiden Anträgen eingereicht werde. Der Antragsteller könne nicht gezwungen sein, binnen kürzerer Frist eine Vorprüfung des Gutachtens vorzunehmen, nur um feststellen zu können, ob das Gutachten Mängel enthalte, die aus seiner Sicht nicht nur einen Ergänzungsantrag nötig machten, sondern sogar die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (aaO) weist darauf hin, daß die Anwendung einer gegenüber der Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO verkürzten Frist zur Einreichung des Befangen-
heitsantrags auch nicht geboten sei, um zu verhindern, daß Ablehnungsanträge aus prozeßtaktischen Gründen zurückgehalten würden. Zum einen ergebe sich die Möglichkeit des Antragstellers, binnen längerer Frist zulässigerweise einen Ablehnungsantrag stellen zu können, ohnehin nur in den Fällen, in denen die Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO länger sei als die angemessene Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Zum anderen könne das Gericht prozeßleitende Maßnahmen erst dann treffen, wenn die Stellungnahmefrist des § 411 Abs. 4 ZPO abgelaufen sei. Deshalb verfange nicht der Einwand, die Prozeßförderungspflicht der Parteien gebiete eine schnellere Geltendmachung des entsprechenden Ablehnungsgrundes. dd) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muß sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 - X ZR 29/86 - NJW-RR 1987, 893). Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet, daß s ie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können. Ergibt sich der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, muß der Partei eine angemessene Zeit zur Überlegung und zur Einholung von rechtlichem Rat zur Verfügung stehen. Auch wenn durch die zeitliche Begrenzung des Ablehnungsrechts gemäß § 406 Abs. 2 ZPO bezweckt werden soll, der Verzögerung von Prozessen durch verspätete Ablehnungsanträge entgegenzuwirken (vgl. Jeßnitzer/Frieling, Der gerichtliche Sachverständige, 10. Aufl., Rn. 223), ist andererseits zu bedenken, daß der Anspruch einer Pro-
zeßpartei auf einen aus ihrer Sicht unparteiischen Sachverständigen unmittelbarer Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist und die Durchsetzung dieses Anspruchs nicht durch verfahrensrechtliche Hürden unangemessen erschwert werden darf. Darauf weist die Rechtsbeschwerde mit Recht hin. Vor diesem Hintergrund darf die Frage nach der Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsantrags nicht ausschließlich von der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles durch das Prozeßgericht abhängig gemacht werden. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muß die Partei wissen, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht. Muß sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen, läuft die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab. ee) Nach den dargestellten Grundsätzen hat die Klägerin den Befangenheitsantrag gegen den gerichtlichen Sachverständigen am letzten Tag der verlängerten Frist zur Stellungnahme, dem 15. April 2004, noch rechtzeitig gestellt. Die Klägerin hat den Antrag damit begründet, daß der Sachverständige eine einseitige Beweiswürdigung zugunsten des Beklagten zu 2 vorgenommen habe. Diesen Vorwurf hat die Klägerin anhand des Gutachtens im einzelnen belegt. Dafür mußte sie sich offensichtlich mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen. 2. Der Antrag ist aber unbegründet. Er wird ausschließlich auf Umstände gestützt, die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des schriftlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen haben. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 5. November
2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, Sonderheft 1, 101). Die Klägerin rügt, der Sachverständige habe das Gutachten erstellt, ohne daß ihm originale Krankenunterlagen oder ärztliche Dokumentationen vorgelegen hätten; er habe die Tatsachen unzureichend erfasst und sei deshalb von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Damit erhebt sie den Vorwurf einer fehlerhaften Gutachtenserstattung aufgrund mangelnder Sorgfalt. Dieser Vorwurf begründet aber regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil er nicht die Unparteilichkeit des Sachverständigen betrifft. Der mangelnden Sorgfalt eines Sachverständigen sehen sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Das Prozeßrecht gibt in den §§ 411, 412 ZPO dem Gericht und den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Berichtigt durch Beschluss
vom 4. November 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 135/04 Verkündet am:
23. September 2008
Wermes
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Multiplexsystem
PatG §§ 81 ff.; § 81 Abs. 1 Satz 2

a) Zur Frage, ob die Erklärung, dass das Streitpatent im Patentnichtigkeitsverfahren
eingeschränkt verteidigt werde, nur von dem materiell am Patent Berechtigten
abgegeben werden kann.

b) Zur Behandlung einer unrichtigen Bezeichnung des Beklagten im Patentnichtigkeitsverfahren.
BGH, Urt. v. 23. September 2008 - X ZR 135/04 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. September 2008 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver,
Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das durch Beschluss vom 7. September 2004 berichtigte Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 30. Juni 2004 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Das europäische Patent 308 449 wird unter Abweisung der weitergehenden Klage teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung seiner Patentansprüche hinausgeht: 1. Verfahren zum verbindungslosen Übertragen von Meldungen (20) variabler Länge in einem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten (4) von einem Ausgangsknoten (42) mit einer Ausgangsadresse (SA) zu einem Bestimmungsknoten (46) mit einer Bestimmungsadresse (DA), mit den folgenden Verfahrensschritten: Jede Meldung (20) variabler Länge wird in eine Vielzahl von Schlitzen (32) fester Länge, alle Schlitze fester Länge mit gleicher Länge, unter Einschluss eines ersten Schlitzes, folgender Schlitze und eines letzten Schlitzes segmentiert, wobei jeder der Schlitze mit fester Länge ein Kopffeld (34, 36, 38) und ein Meldungssegment (40) enthält; die Schlitze fester Länge werden von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen; und das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge, die an dem Bestimmungsknoten (46) empfangen werden, in die Mel- dung variabler Länge wird auf der Basis der Information in dem Kopffeld gesteuert; dadurch gekennzeichnet, dass ein eindeutig der von dem Ausgangsknoten zu übertragenden Meldung variabler Länge zugeordneter Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einem Ausgangsidentifizierungsfeld (38) in dem Kopffeld jedes der Schlitze (32) fester Länge vorgesehen wird; dass die Bestimmungsadresse (DA) nur in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes fester Länge eingegeben wird und dass der erste Schlitz neben der Bestimmungsadresse (DA) einen ersten Teil eines Informationsfeldes (28) der Meldung (20) enthält; dass das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge an dem Bestimmungsknoten in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) der an dem Bestimmungsknoten (46) empfangenen Schlitze (32) fester Länge gesteuert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, enthaltend den Verfahrensschritt, ein Typenfeld (36) in dem Kopffeld jedes Schlitzes fester Länge vorzusehen und in das Typenfeld einen ersten, zweiten oder dritten Code einzucodieren, der einen Meldungsbeginn (BOM), eine Meldungsfortführung (COM) bzw. ein Meldungsende (EOM) darstellt , und wobei das Wiederzusammensetzen der empfangenen Schlitze (32) fester Länge an dem Bestimmungsknoten (46) in Übereinstimmung mit dem ersten, zweiten und dritten Code gesteuert wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem die Meldung (20) variabler Länge ein Bestimmungsadressfeld (22) enthält, das auf eine Übereinstimmung mit einer dem Bestimmungsknoten zugeordneten Adresse überprüft wird, und bei dem das Adressfeld (22) in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes (32) fes- ter Länge übertragen wird, der zum Übertragen der Meldung (20) variabler Länge verwendet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem das Verfahren den Verfahrensschritt umfasst, Meldungssegmente (40), die einer einzelnen Meldung (20) variabler Länge zugeordnet sind, in einem Puffer (77) an dem Bestimmungsknoten zu speichern.
5. Verfahren nach Anspruch 4, bei dem, wenn der erste Code (BOM) an dem Bestimmungsknoten festgestellt wird, der Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einen Komparator (82) eingegeben wird, und wenn ein zweiter einem anschließend empfangenen Schlitz zugeordneter Code (COM) festgestellt wird, dessen Ausgangsidentifizierer (SI) ebenfalls in dem Komparator zur Überprüfung einer Übereinstimmung eingegeben wird, und dann, wenn eine Übereinstimmung auftritt, das Meldungssegment (40) des anschließend empfangenen Schlitzes fester Länge in dem Puffer (77) gespeichert wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, bei dem bei Feststellen des dritten Codes (EOM) die zusammengesetzte Meldung (20) variabler Länge in dem Puffer (77) aus dem Puffer (77) ausgegeben wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, enthaltend den Verfahrensschritt, dass mehrfache Komparatoren (82) und Puffer (77) an dem Bestimmungsknoten vorgesehen werden, zur Ermöglichung eines gleichzeitigen Empfangs einer Vielzahl von Meldungen (20) variabler Länge, die jeweils ihren eigenen Ausgangsidentifizierungscode (SI) aufweisen, wobei die Meldungssegmente (40) jeder Meldung (20) variabler Länge in einem einzelnen Puffer (77) gespeichert werden.
8. Verfahren nach Anspruch 1, enthaltend den Verfahrensschritt, dass zwei oder mehr Meldungen (20) variabler Länge gleichzeitig von dem Ausgangsknoten (42) zu dem Bestimmungsknoten (46) in dem Netzwerk übertragen werden.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ein Viertel und die Beklagte drei Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war bei Klageerhebung Inhaberin des am 17. März 1988 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Patentanmeldung im Australischen Bund vom 17. März 1987 im Weg der internationalen Anmeldung angemeldeten europäischen Patents 308 449 (Streitpatents), dessen deutscher Teil in der Folgezeit am 20. Mai 2003 auf die Q. GmbH in M. umgeschrieben wurde und das während des Berufungsverfahrens wegen Ablaufs der Höchstschutzdauer erloschen ist. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent betrifft die Nachrichtenübertragung in einem Multiplexsystem und umfasst 29 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut : "1. A method of transmitting variable length messages (20) on a network having a plurality of nodes (4) from a source node (42) having a source address (SA) to a destination node (46) having a destination address (DA), said method including the steps of: segmenting each variable length message (20) into a plurality of fixed length slots (32) including a first slot, continuing slots, and a last slot, each of said fixed length slots including a header field (34, 36, 38) and a message segment (40); transmitting the fixed length slots from the source node to the network; and controlling reassembly of fixed length slots received at the destination node (46) into the variable length message on the basis of information in the header field; characterised by: a source identifier code (SI) uniquely associated with the variable length message to be transmitted from the source node being provided in a source identifier field (38) in the header field of each of said fixed length slots (32); the destination address (DA) being entered only in the message segment (40) of the first fixed length slot; and said reassembly of fixed length slots at the destination node being controlled in accordance with the source identifier code (SI) of fixed length slots (32) received at the destination node (46).”
2
In der deutschen Übersetzung der Patentschrift lautet dieser Patentanspruch : "1. Verfahren zum Übertragen von Meldungen (20) variabler Länge in einem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten (4) von einem Ausgangsknoten (42) mit einer Ausgangsadresse (SA) zu einem Bestimmungsknoten (46) mit einer Bestimmungsadresse (DA), mit folgenden Verfahrensschritten: Jede Meldung (20) variabler Länge wird in eine Vielzahl von Schlitzen (32) fester Länge unter Einschluß eines ersten Schlitzes, folgender Schlitze und eines letzten Schlitzes segmentiert, wobei jeder der Schlitze mit fester Länge ein Kopffeld (34, 36, 38) und ein Meldungssegment (40) enthält; die Schlitze fester Länge werden von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen und das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge, die an dem Bestimmungsknoten (46) empfangen werden, in die Meldung variabler Länge wird auf der Basis der Information in dem Kopffeld gesteuert; dadurch gekennzeichnet, daß ein eindeutig der von dem Ausgangsknoten zu übertragenden Meldung variabler Länge zugeordneter Ausgangsidentifizierungscode (SI) in einem Ausgangsidentifizierungsfeld (38) in dem Kopffeld jedes der Schlitze (32) fester Länge vorgesehen wird; daß die Bestimmungsadresse (DA) nur in dem Meldungssegment (40) des ersten Schlitzes fester Länge eingegeben wird; und daß das Wiederzusammensetzen der Schlitze fester Länge an dem Bestimmungsknoten in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) der an dem Bestimmungsknoten (46) empfangenen Schlitze (32) fester Länge gesteuert wird."
3
Wegen der weiteren Patentansprüche in der Verfahrenssprache und in deutscher Übersetzung wird auf die Patentschrift des Streitpatents verwiesen.
4
Die Klägerin, die von der Lizenznehmerin der Beklagten gemeinsam mit einer weiteren Partei vor dem Landgericht München I wegen Patentverletzung in Anspruch genommen worden ist, hat die Klage zunächst gegen die "Q. Ltd." unter einer Anschrift in München gerichtet, die diejenige der Lizenznehmerin ist, sich jedoch im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens darauf berufen, dass insoweit eine bloße Falschbezeichnung vorgelegen habe. Sie hat im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn u.a. die Veröffentlichungen von William Stallings, Local Networks, An Introduction, New York 1984 (Anlagen K3, K54, K59, K64), Andrew S. Tanenbaum, Computer Networks, Englewood Cliffs 1981 (Anlagen K4, K20), Ken-ichi Yukimatsu, Naoya Watanabe und Takashi Honda, Multicast Communication Facilities in a High Speed Packet Switching Network, in P. Kühn (Hrsg.), New Communication Services: A Challenge to Computer Technology, ICCC 1986, S. 276 - 281 (Anlage K28), Steven Temple, The design of a Ring Communication Network, Diss. Cambridge 1984 (Anlage K35) und die US-Patentschrift 4 493 021 (Agrawal u.a.; Anlage K29) bildeten, nicht schutzfähig sei. Wegen zweier weiterer, nunmehr nicht mehr im Streit stehender Patentansprüche hat sie die Nichtigkeitsgründe der mangelhaften ausführbaren Offenbarung und der Erweiterung gegenüber dem Inhalt der europäischen Patentanmeldung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2, 3) geltend gemacht. Sie hat beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
5
Die Beklagte hat sich zunächst gegen die Zulässigkeit der Klage gewandt und im Übrigen beantragt, diese abzuweisen. Hilfsweise hat sie das Streitpatent in eingeschränkten Fassungen nach zwei Hilfsanträgen in deutscher Sprache verteidigt. Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig erklärt.
6
Mit ihrer Berufung vertieft die Beklagte ihren Vortrag zur Zulässigkeit der Klage und stellt die mangelnde Patentfähigkeit des Streitpatents in Abrede. Sie hat zuletzt den Antrag gestellt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass nur noch die aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Patentansprüche 1 bis 8 verteidigt werden. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
7
Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr. B. P.
ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Beklagte hat gutachterliche Stellungnahmen von Prof. H. J. C. und Dr. J. F. M. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Patentgericht hat zu Recht die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe sachlich geprüft, denn die Klägerin hat nicht eine "falsche", d.h. nicht passiv- legitimierte Partei, sondern die bei Klageerhebung im deutschen Patentregister eingetragene damalige Patentinhaberin, gegen die die Nichtigkeitsklage nach § 81 Abs. 1 Satz 2 PatG zu richten war, allerdings unter einer unvollständigen Firmenbezeichnung und unter einer nicht zutreffenden Anschrift, verklagt. Beides erweist sich vorliegend, wie dies schon das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat, als unschädlich:
9
1. Bei der Auslegung der Parteibezeichnung ist der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich Anlagen zu berücksichtigen. Wird daraus unzweifelhaft deutlich, welche Partei wirklich gemeint ist, so stände der entsprechenden Auslegung nicht einmal entgegen, dass der Kläger irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person gewählt hat (Sen.Urt. v. 27.11.2007 - X ZR 144/06, NJW-RR 2008, 582 = MDR 2008, 524).
10
Der Senat hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass eine Parteibezeichnung nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (so auch BGHZ 4, 328, 334; BGH, Urt. v. 26.2.1987 - VII ZR 58/86, NJW 1987, 1946 m.w.N.). Bei objektiv unrichtiger oder auch mehrdeutiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll (BGH NJW 1987, 1946 aaO; Sen.Beschl. v. 28.3.1995 - X ARZ 255/95, NJW-RR 1995, 764 m.w.N.). Bei der Auslegung der Parteibezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (so ausdrücklich BAG, Urt. v. 12.2.2004 - 2 AZR 136/03, AP Nr. 50 zu § 4 KSchG 1969). Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn der Mangel in Anbetracht der jewei- ligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lässt, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (so BAG aaO). Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert wird, ankommt (so BGHZ 4, 328, 334). An diesen Grundsätzen, die auch im Patentnichtigkeitsverfahren anzuwenden sind, hält der Senat fest. Ihre Anwendung ergibt im vorliegenden Fall, dass sich die Klage von Anfang an gegen die bei Klageerhebung als Patentinhaberin im Register eingetragene Q. Pty. Ltd. gerichtet hat.
11
2. Demnach bezeichnete die Angabe in der Klageschrift keine unter der dort genannten Bezeichnung und mit dem genannten Sitz tatsächlich existierende Partei, denn eine Q. mit Ltd. Sitz in M. gab und gibt es nicht. Aus der Anlage K1 zur Klageschrift ergab sich aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die Nichtigkeitsklage gegen die Patentinhaberin des Streitpatents, die sich in einer Presseerklärung selbst (weitgehend entsprechend ihrer ursprünglichen Bezeichnung) verkürzt als Q. Ltd. bezeichnet hatte, richten sollte, und nicht gegen das als Lizenznehmerin bezeichnete Tochterunternehmen ("wholly-owned subsidiary") Q. GmbH, dessen Sitz sich bei Klageerhebung in M. befand und das das Streitpatent erst zu einem späteren Zeitpunkt erworben hat. Aus Seite 3 der Klageschrift ergab sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass eine "australische Gesellschaft mbH" als Inhaberin des Streitpatents verklagt werden sollte; der Firmenbestandteil in der Firma der Beklagten "Pty." (Proprietary limited company) entspricht dabei im Wesentlichen der Rechtsform der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Dass die Klägerin nicht die korrekte und vollständige Firmenbezeichnung der Beklagten verwendet, sondern den Firmenbestandteil "Pty." weggelassen hat, ist zudem schon deshalb unschädlich, weil die Beklagte selbst öffentlich unter Weglassung dieses Zusatzes aufgetreten ist (vgl. die von der Beklagten herrührende Anlage K1 zur Klage). Die Klageschrift unterscheidet zudem deut- lich zwischen der Patentinhaberin, gegen die die Nichtigkeitsklage gerichtet sein sollte, und deren Lizenznehmerin, deren Klage gegen die Nichtigkeitsklägerin und eine weitere Partei, die S. AG, Anlass für die Nichtigkeitsklage war.
12
3. Da sich die Klage somit von Anfang an gegen die tatsächlich als Patentinhaberin passivlegitimierte Partei gerichtet hat, kommt es auf die von den Beklagtenvertretern vorgebrachte (und nach Aktenlage zutreffende) Erwägung, dass die Q. Pty. Ltd. im Zeitpunkt der Richtigstellung der Parteibezeichnung im Schriftsatz der Klägerin vom 3. Juli 2004 nicht mehr als Patentinhaberin im maßgeblichen Register des Deutschen Patent- und Markenamts eingetragen war, nicht an. Die mit der Klageerhebung begründete Beklagtenstellung der Q. Ltd. Pty. blieb vielmehr trotz der Umschreibung erhalten (vgl. BGHZ 117, 144, 146 - Tauchcomputer).
13
II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent weiterhin zulässigerweise eingeschränkt verteidigt.
14
1. Der Wirksamkeit der eingeschränkten Verteidigung steht nicht entgegen , dass die Beklagte zwar weiterhin prozessführungsbefugt ist, aber nicht festgestellt werden kann, dass sie auch sachbefugt und damit zu Verfügungen über das Patent berechtigt ist. An der Befugnis des zwar prozessual legitimierten , aber nicht materiell berechtigten Beklagten, im Patentnichtigkeitsverfahren durch beschränkte Verteidigung zu verfügen, sind Zweifel geäußert worden (Keukenschrijver, Patentnichtigkeitsverfahren, 3. Aufl. 2008 Rdn. 160). Es kann indessen offen bleiben, ob insoweit die Rechtslage nicht anders zu beurteilen als beim (Teil-)Verzicht auf das Patent, der für seine Wirksamkeit als Verfügung über das Patent voraussetzt, dass der Verfügende sachbefugt ist (vgl. Schwendy in Busse, PatG, 6. Aufl. 2003 Rdn. 15 zu § 20; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005 Rdn. 12 zu § 20; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 593; so schon RG, Urt. v. 8.10.1930 - I 88/30, MuW XXXI, 34, 35). Im vorliegenden Fall könnte die Sachbefugnis allenfalls auf die nunmehr im Register eingetragene Q. GmbH übergegangen sein, für die die Prozessbevollmächtigten der Beklag- ten nach ihrem eigenen Vortrag, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, ebenfalls erklärungsbefugt waren. Eine entsprechende Einverständniserklärung wurde abgegeben. Dabei ist es jedenfalls nicht erforderlich, dass der materiell Berechtigte dem Verfahren beitritt (a.A. Keukenschrijver aaO); der Senatsbeschluss BGHZ 172, 98, 106 ff. - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil dort nicht ausgesagt ist, dass der materiell Berechtigte nur im Weg des Beitritts seine Rechte geltend machen kann. Auf den Beitritt kann es zudem schon deshalb nicht ankommen, weil nur die materiellrechtliche Wirksamkeit der Verfügung, nicht aber auch deren prozessuale Wirksamkeit zweifelhaft sein kann.
15
2. Die eingeschränkte Verteidigung hält sich auch im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung in der europäischen Patentanmeldung und des erteilten Patents. Insbesondere ergibt sich das in Patentanspruch 1 eingefügte Merkmal, dass der erste Schlitz neben der Bestimmungsadresse (DA) einen ersten Teil eines Informationsfeldes (28) der Meldung (20) enthält, mit hinreichender Deutlichkeit aus Figur 1 der ursprünglich eingereichten und in der Patentschrift enthaltenen Zeichnungen. Die Änderungen führen nicht zu formalen Beanstandungen. Namentlich kann das Patent mit Patentansprüchen in deutscher Sprache verteidigt werden (st. Rspr.; u.a. BGHZ 118, 221 - Linsenschleifmaschine ; BGHZ 147, 306, 314 - Taxol), wenn es auch häufig zweckmäßiger sein wird, das Patent mit Patentansprüchen in der Verfahrenssprache zu verteidigen , um Zweifel an der vollständigen inhaltlichen Übereinstimmung der Sprachfassungen auszuschließen.
16
III. 1. Soweit das Streitpatent über die Fassung hinausgeht, in der es in zulässiger Weise beschränkt verteidigt wird, ist es ohne Weiteres für nichtig zu erklären. Dies betrifft insbesondere die Vorrichtungsansprüche 10 und 23 mit den auf diese rückbezogenen Unteransprüchen, daneben auch sämtliche Verfahren zum verbindungsorientierten Übertragen von Meldungen.
17
2. Soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht schutzfähig und das Streitpatent deshalb auf die auf den Nichtigkeitsgrund mangelnder Schutzfähigkeit gestützte Klage (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 52, 54, 56 EPÜ) insgesamt für nichtig zu erklären ist.
18
a. Das Streitpatent betrifft in seiner verteidigten Fassung die Übertragung von Meldungen in einem Multiplexsystem und lehrt hierzu Verfahren für die Übertragung von Meldungen willkürlicher, jedoch begrenzter Länge in (ursprünglich ) verbindungslosen Übertragungssystemen, wobei das Verfahren für die wirksame Unterstützung jedweder Adressierungsart selbst in einem System mit kurzen, als Schlitze (slots) bezeichneten Zeitscheiben sorgt. Bei der Datenkommunikation in Multiplexsystemen können Daten in Einheiten, sog. Paketen, ausgetauscht werden, die aus einem Kopffeld (header field), das die Steuerung und vielfach auch das Adressieren der Einheit übernimmt, und der tatsächlichen Information bestehen. In neuen Entwürfen werden hierzu nach den Angaben im Streitpatent nur kleine Schlitze mit fester Länge (fixed length slots) geschaltet. Dies ist dahin zu verstehen, dass die Schlitze auch untereinander gleiche Länge haben können und vielfach auch haben sollen; dies wird in der Regel auch dann der Fall sein, wenn lediglich eine maximale Länge angegeben wird, weil das rationelle Ausnützen der Übertragungskapazitäten in aller Regel dahin führen wird, die maximale Länge jeweils auszunützen; dass sich dabei je nach der Länge der Meldung bei der Übertragung des letzten Schlitzes Schwierigkeiten ergeben können, diese Länge zu erreichen, wird auch durch die Lehre des Streitpatents nicht vermieden. Wenn die schnelle Paketvermittlung eine Kommunikation variabler Länge tragen solle, müsse, so das Streitpatent, die ursprüngliche Meldung segmentiert und an der Bestimmungsstelle wieder zusammengesetzt werden. Bei der Segmentierung müsse die Meldung lediglich in Einheiten einer Größe aufgeteilt werden, die gleich oder kleiner der Schlitzgröße sei. Bei der Übertragung müssten aber von der Bestimmungsstelle alle Segmente der Meldung empfangen und zugeordnet werden. Deshalb sei eine logische Zuordnung zwischen allen Schlitzen der einzelnen Meldung erforderlich.
19
b. Durch das Streitpatent sollen der Aufwand für Adressierung und Steuerung der Datenpakete gering gehalten und eine einfache Wiederzusammensetzung der Meldungen an der Bestimmungsadresse ermöglicht werden.
20
c. Hierzu lehrt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 mit den Einfügungen , die die verteidigte Fassung vorsieht, 1. ein Verfahren zum verbindungslosen Übertragen 1.1 von Meldungen variabler Länge 1.2 ineinem Netzwerk mit einer Vielzahl von Knoten 1.3 von einem Ausgangsknoten mit einer Ausgangsadresse 1.4 zu einem Bestimmungsknoten mit einer Bestimmungsadresse (destination address) mit folgenden Verfahressschritten: 2. Jede Meldung variabler Länge wird segmentiert 2.1 in eine Vielzahl von Schlitzen (slots) 2.2 die Schlitze 2.2.1 sind von fester und gleicher Länge 2.2.2 sind ein erster, folgende und ein letzter Schlitz, 2.2.3 enthalten jeweils 2.2.3.1 ein Kopffeld (header field) 2.2.3.2 und ein Meldungssegment (message segment), 2.2.4 der erste Schlitz enthält neben der Bestimmungsadresse einen ersten Teil eines Informationsfelds der Meldung, 3. im Kopffeld jedes Schlitzes ist ein Ausgangsidentifizierungsfeld (source identifier field) vorgesehen, 3.1 in das ein Ausgangsidentifizierungscode (source identifier code) eingetragen wird, 3.2 der eindeutig der Meldung zugeordnet (uniquely associated) ist, 4. dieBestimmungsadressewird nur im Meldungssegment des ersten Schlitzes eingegeben, 5. die Schlitze werden 5.1 von dem Ausgangsknoten in das Netzwerk übertragen, 5.2 am Bestimmungsknoten empfangen und 5.3 wieder zusammengesetzt zu der Meldung, 5.3.1 wobei die Steuerung hierzu erfolgt 5.3.1.1 auf der Basis der Information in dem Kopffeld und 5.3.1.2 in Übereinstimmung mit dem Ausgangsidentifizierungscode.
21
d. Unter Schlitzen (slots) sind dabei Dateneinheiten zu verstehen. Die Paketvermittlung stellt sicher, dass die Übertragungsleitung durch einen Benutzer nicht für mehr als einige hundertstel Sekunden blockiert wird (Tanenbaum, unten III. 3. a, Anlage K4, S. 116, Textblock Z. 8 - 10).
22
Die nunmehr nur noch beanspruchte verbindungslose Übertragung erfasst alle Übertragungen, bei denen - unabhängig vom Verbindungsweg - zwischen Senderknoten und Empfängerknoten eine wie auch immer geartete und auch rein logische Verknüpfung hergestellt wird.
23
Das Informationsfeld der Meldung (Merkmal 2.2.4) versteht der Senat in Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen dahin, dass dieses die zu übertragenden Daten enthält. Das Meldungssegment umfasst demgegenüber einen Teil dieses Informationsfelds, beim ersten Schlitz zusätzlich die Bestimmungsadresse und gegebenenfalls bestimmte weitere Felder (vgl. Fig. 1, Bezugszeichen 24 und 26), aber nicht den Ausgangsidentifizierungscode (SI) (vgl. Fig. 1); diese Information wird im Kopffeld transportiert (Merkmale 2.2.3.1 und 3). Die Anzeige, ob es sich um den ersten, einen folgenden oder den letzten Schlitz handelt, kann ebenfalls im Kopffeld übermittelt werden, Patentanspruch 1 trifft dafür aber keine Festlegung.
24
Wie der Ausgangsidentifizierungscode eindeutig der Meldung zugeordnet wird, überlässt die Patentschrift des Streitpatents dem Können des nacharbeitenden Fachmanns.
25
3. Patentanspruch 1 in seiner verteidigten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ). Das Ergebnis von Verhandlung und Beweisaufnahme lässt auch nicht die Wertung zu, dass sich sein Gegenstand für den Fachmann, einen Hochschulingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Nachrichtenübertragung in Multiplexsystemen, in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte (Art. 56 EPÜ).
26
Sowohl das Buch von Tanenbaum (Anlagen K4, K20) als auch die Dissertation von Temple (Anlage K35), der Aufsatz von Yukimatsu (Anlage K28) und das Patent von Agrawal (Anlage K29) beschreiben verbindungsorientierte Übertragungen. Das Buch von Stallings liegt von der nunmehr noch schutzbeanspruchenden Lehre noch weiter ab und hat in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.
27
a. Das 1981 erschienene Buch "Computer Networks" von Andrew S. Tanenbaum (jeweils Auszüge in Anlagen K4, K20 sowie die in der Berufungsverhandlung einzeln überreichten Seiten 194/195) beschreibt das X.25-Protokoll , das zwischen 1976 und 1984 als Telekommunikationsstandard entwickelt worden ist. Das dort beschriebene Verfahren offenbart, dass die virtuelle Kanalnummer (virtual circuit number), die dem Wiederzusammensetzen der Meldung dient und dem Ausgangsidentifizierungscode (SI) entsprechen mag, zwischen der Sendestelle und der Empfangsstelle ausgehandelt wird. Der erste Schlitz, der auch als Vorschlitz angesprochen werden kann, dient dem Verbindungsaufbau , nämlich der Anfrage, ob der Anruf angenommen wird (call request und call accepted; vgl. Fig. 5-26 (a)). Dieser Verbindungsaufbau entfällt bei der verbindungslosen Übertragung. In dem ersten Schlitz wird nach dem X.25-Protokoll kein Teil des Informationsfelds der Meldung übermittelt (Merkmal 2.2.4). Dies mag zwar auf den ersten Blick anders erscheinen, da Fig. 5-26 (a) in dem ersten Schlitz auch "user data" vorsieht und diese nicht näher spezifiziert werden. Dass es sich dabei indessen nicht um die Daten handeln kann, die übertragen werden sollen, erhellt schon daraus, dass der erste Schlitz dem Verbindungsaufbau dient und dass bei seiner Absendung noch nicht feststeht, ob eine Verbindung überhaupt zustande kommt. Dem Fachmann drängt sich mit dieser Erkenntnis die Überlegung auf, dass es bloße Ressourcenverschwendung wäre, mit der Rufanfrage im ersten Schlitz, deren Ergebnis nicht voraussehbar ist, bereits zu übertragende Daten zu versenden. Damit fehlt es auch an jeglicher Anregung, im ersten Schlitz bereits zu versendende Daten zu übermitteln. In dem ersten Schlitz wird zwar die Bestimmungsadresse (called address) übermittelt, aber nicht im Meldungssegment. Damit ist Merkmal 4 des verteidigten Patentanspruchs 1 des Streitpatents nicht verwirklicht. Die Über- mittlung der Bestimmungsadresse erfolgt vielmehr in einem vorgelagerten Bereich des Schlitzes. Damit wird der Vorteil, den das Streitpatent dadurch erzielt, dass der Kopfteil durch Herausnahme der Bestimmungsadresse klein gehalten wird, nicht verwirklicht.
28
b. Die Dissertation von Steve Temple (Anlage K35) beschreibt Architektur, Protokolle und Realisierung eines lokalen Netzes hoher Leistung (high speed local area network). Die Dissertation entwirft ein neues Netz, den Cambridge Fast Ring, und entwickelt diesen als grundlegende Kommunikationsstruktur. Dabei werden Funktionen für das Senden und Empfangen von Dateneinheiten fester Länge bereitgestellt. Die Daten sowie die Adresse des Ausgangsknotens und des Bestimmungsknotens werden zusammen mit weiterer Steuerinformation in einer als minipacket bezeichneten, festen und unveränderbaren Datenstruktur übertragen. Das in Kapitel 8 beschriebene basic protocol stellt ein Rahmenwerk für die Definition unterschiedlicher weiterer Protokolle dar, so für das Single Shot Protocol (SSP) zum Austausch von Meldungen variabler Länge und das Byte Stream Protocol (BSP) zur verbindungsorientierten Übertragung zwischen beliebigen Knoten im Netz. Dabei werden in jedem minipacket die Adressen des Ausgangsknotens und des Bestimmungsknotens übermittelt, um eine Kommunikationsstruktur für beliebige Anwendungen bereitzustellen. Die Veröffentlichung stellt damit ein universell einsetzbares System zur Verfügung.
29
Jedenfalls im Single Shot Protocol entspricht dabei, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Kanalnummer dem Ausgangsidentifizierungscode (SI). Allerdings weist die Kanalnummer nicht die Eindeutigkeit auf, wie sie beim Streitpatent vorgesehen ist, denn verschiedene Bestimmungsknoten könnten die gleiche Kanalnummer auswählen. Damit reicht der Ausgangsidentifizierungscode (die Kanalnummer) in der Form, wie er bei Temple generiert wird, nicht immer zur eindeutigen Zuordnung des minipacket zu einer bestimmten Meldung aus. Auf die jeweilige Übertragung der Bestimmungsadresse kann deshalb in einem universell einsetzbaren System nicht verzichtet werden. Sofern der Fachmann erkennen konnte, dass unter entsprechenden Rahmenbedingungen die Identifizierung über die Kanalnummer eindeutig wie im Streitpatent gestaltbar war, musste er zugleich erkennen, dass er damit die universelle Einsetzbarkeit der Lehre von Temple beeinträchtigen konnte. Auch wenn die Problematik, die sich aus dem Umfang des Kopffelds ergeben konnte ("overhead"-Problem), nach Auskunft des gerichtlichen Sachverständigen zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents bereits bekannt war, erlaubt zur Überzeugung des Senats die auf der anderen Seite zu berücksichtigende Einschränkung der universellen Einsetzbarkeit bei Verzicht auf die Übermittlung der Bestimmungsadresse in jedem minipacket nicht die sichere Würdigung dahin, dass dem Fachmann das Weglassen der Bestimmungsadresse in den folgenden Schlitzen nahegelegt war. Dass der Fachmann, wie es das Bundespatentgericht angenommen hat, nicht davon abgehalten wird, nach entsprechenden Wegen zu suchen, um die Leistungsfähigkeit des Netzes zu steigern, reicht nicht aus, um ein Naheliegen dieser Maßnahme allein aus der Dissertation von Temple und den fachlichen Fähigkeiten des Fachmanns zu bejahen.
30
c. Die Veröffentlichung von Ken-ichi Yukimatsu, Naoya Watanabe und Takashi Honda "Multicast Communication Facilities in a High Speed Packet Switching Network" (Multicast-Kommunikationsanlagen in einem Hochgeschwindigkeitsnetzwerk mit Paketvermittlung; Anlage K28) aus dem Jahr 1986 betrifft ein Paket-Multiplexverfahren in einem Ringnetz (logische Schleife) und entsprechende Protokolle. Sie schlägt die Multiplexierung von Meldungen auf kurze Rahmen fester Länge vor, darunter die distance-indexed frame multiple- xing method (das abstandsindizierte Rahmenmultiplexverfahren). Die Bestimmungsadressen werden nur im ersten Rahmen der Meldung übertragen. Jedoch können schon die Abstandsindices nicht mit dem Ausgangsidentifizierungscode gleichgesetzt werden, denn sie sind nicht meldungsspezifisch und, wie der gerichtliche Sachverständige angegeben hat, schwerfällig. Eine Anregung , von den Abstandsindices, die allerdings ebenfalls zur eindeutigen Zuordnung der Meldungsteile geeignet sein mögen, auf einen Ausgangsidentifizierungscode überzugehen, ist der Veröffentlichung nicht zu entnehmen. Dass das erste Paket (call setup packet) auch Information übertragen soll, wird nicht eindeutig beschrieben. Nach S. 280 linke Spalte vorletzter und letzter Absatz soll das call setup packet ein Gruppenlabel und die Zieladressen (destination addresses) enthalten. Soweit ein Rufaufbaupaket für eine empfängerselektive Multicast-Kommunikation, wie es im Folgeabsatz beschrieben ist, auch die Inhalte (the contents) der folgenden Informationspakete enthalten soll, kann dies ersichtlich nicht die zu übermittelnde Nachricht betreffen, sondern allenfalls eine Art Inhaltsverzeichnis oder Angabe des Informationstyps. Jedenfalls kann der Aussage nicht deutlich entnommen werden, dass bereits ein Teil der zu übermittelnden Meldung übertragen werden soll. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin erscheint als durch die Lehre des Streitpatents vermittelt. Zudem ist die Angabe der Bestimmungsadresse im Kopffeld und nicht im Meldungsfeld vorgesehen. Das ebenfalls beschriebene Paketmultiplexverfahren arbeitet nicht mit festen Paketgrößen.
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d. Die US-Patentschrift 4 493 021 (Agrawal; Anlage K29) beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung für ein lokales Netz, die für den Austausch von Daten beliebiger, variabler Länge unter einer Vielzahl am Netz angeschlossener Rechner geeignet sind. Ein Rechner segmentiert dabei eine Datei in eine Anzahl Blöcke mit variabler, aber begrenzter Länge. Die Blöcke werden einem Netzwerk-Adapter übergeben, der sie in Pakete maximaler Länge (256 bytes) segmentiert (s. die Zusammenfassung, "abstract"). Die Segmentierung findet auf zwei Ebenen statt, nämlich zunächst als Segmentierung von Dateien in eine Sequenz von Blöcken (Beschr. Sp. 5 Z. 28 - 30) und sodann als Segmentierung der Blöcke in eine Sequenz von Paketen (Beschr. Sp. 5 Z. 32 - 34), die zusätz- lich mit Steuerinformation versehen werden. Letzteres ist zwar mit der Segmentierung von Meldungen in Schlitze nach dem Streitpatent vergleichbar. Jedoch führt die Anfügung von Steuerinformation an die Pakete (packet header und transport header) ersichtlich zu einer Vermehrung der mitzutransportierenden Steuerdaten, während das Streitpatent darauf abzielt, die Steuerdaten im Kopffeld zu vermindern.
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e. Auch eine Zusammenschau der genannten Entgegenhaltungen führt nicht in naheliegender Weise zu Patentanspruch 1 des Streitpatents in seiner verteidigten Fassung. Es fehlt schon an der Anregung, auf das auf einen call request setzende verbindungsorientierte System zu verzichten, das sämtliche Entgegenhaltungen kennzeichnet und das, wie ausgeführt, der Erkenntnis entgegensteht , bereits im ersten Schlitz Teile der zu transportierenden Information zu übermitteln (Merkmal 2.2.4). Aber auch wenn der Fachmann in Erwägung zog, die Verbindung ohne "Vorschlitz" aufzubauen, erhielt er noch keine Anregung , sich gerade die jetzt noch verteidigte Lösung zu erschließen. Denn weder der Veröffentlichung von Temple noch denen von Tanenbaum oder Yukimatsu ist zu entnehmen, dass es ausreichen könnte, die Bestimmungsadresse im Meldungsfeld des ersten Schlitzes zu übermitteln, und in der US-Patentschrift ist diese Erkenntnis jedenfalls verstellt, weil die nur im ersten Rahmen enthaltene Bestimmungsadresse bei unbefangener Betrachtung dort als Teil des Kopffelds erscheint. Letzteres schließt der Senat aus den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, wonach ein Kopffeld als der Bereich angesehen wurde , der sich durch eine vorbestimmte Reihung von Feldern bestimmter Länge mit den erforderlichen Steuerdaten auszeichnet. Schließlich handelt es sich bei der Merkmal 4 ausfüllenden Maßnahme auch nicht um eine selbstverständliche oder im Belieben des Fachmanns stehende Maßnahme (vgl. hierzu Senat BGHZ 156, 179, 189 f. - blasenfreie Gummibahn I), denn sie erfüllt die Funktion , den Kopfteil des Schlitzes "schlank" zu halten und nicht mit dort nicht mehr notwendigen Informationen zu befrachten. Damit sind Umstände gegeben, die auch eine Wertung dahin, dass der Fachmann allein auf Grund seines Fachwissens oder seines Fachkönnens in naheliegender Weise in der Lage gewesen wäre, die Bestimmungsadresse im Meldungsfeld und nicht im Kopf des Schlitzes unterzubringen, nicht erlauben. Das gilt unabhängig von der Feststellung , dass das "overhead"-Problem zum Prioritätszeitpunkt bekannt war.
33
4. Die verteidigten Patentansprüche 2 bis 8 werden von Patentanspruch 1 mitgetragen.
34
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG i.V.m. §§ 91, 92, 97 ZPO. In der beschränkten Verteidigung des Streitpatents in der Berufungsinstanz sieht der Senat keine teilweise Berufungsrücknahme (vgl. Sen.Urt. v. 17.2.2004 - X ZR 48/00, GRUR 2004, 583, 584 - Tintenstandsdetektor).
Scharen Keukenschrijver Meier-Beck
Asendorf Gröning
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 30.06.2004 - 4 Ni 8/03 (EU) -

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 100/05
vom
24. Juni 2008
in der Patentnichtigkeitssache
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin
Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Asendorf

beschlossen:
I. Auf die Vergütung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. N. wird ein Abschlag von 15.000,-- EUR festgesetzt. Eine weitergehende Festsetzung bleibt vorbehalten.
II. Der Antrag des gerichtlichen Sachverständigen, zu seinen Gunsten eine weitere Vergütung in Höhe von 5.355,-- EUR für die Ausarbeitung seiner Erwiderung auf den Befangenheitsantrag festzusetzen, wird zurückgewiesen.
III. Der Berufungsklägerin wird aufgegeben, bis zum 1. August 2008 einen weiteren Vorschuss in Höhe von 15.000,-- EUR einzubezahlen , weil der bisher eingezahlte Vorschuss zur Deckung der anfallenden Kosten voraussichtlich nicht ausreichen wird.

Gründe:


1
I. Der in dem Patentnichtigkeitsberufungsverfahren als gerichtlicher Sachverständiger bestellte Antragsteller Prof. Dr. N. hat für das von ihm er- stattete Gutachten zunächst pauschal einen Betrag von 25.000,-- EUR in Rechnung gestellt; nachdem die Klägerin dem widersprochen hat, hat er seine Rechnung aufgeschlüsselt und ein Honorar für 221 Stunden zu je 95,-- EUR nebst Umsatzsteuer sowie Nebenkosten in Höhe von 984,-- EUR einschließlich Umsatzsteuer, insgesamt 25.968,55 EUR, verlangt. Außerdem hat er für die Erwiderung auf ein gegen ihn gerichtetes, erfolglos gebliebenes Ablehnungsgesuch einen Betrag von 5.355,-- EUR in Rechnung gestellt.
2
II. 1. Der festgesetzte Abschlag entspricht dem einbezahlten Vorschuss. Die endgültig festzusetzende Vergütung für das schriftliche Gutachten wird sich angesichts des außergewöhnlichen Umfangs der Sache voraussichtlich höher belaufen, zumal die Klägerin sachliche Einwendungen gegen die vom Gutachter angesetzte Stundenzahl nicht vorgebracht hat. Nachdem der gerichtliche Sachverständige die Stundenzahl bisher lediglich mit dem Gewicht der Akten begründet und eine nähere Aufschlüsselung nicht vorgenommen hat, kann allerdings nach derzeitigem Sachstand mit einer Vergütung für 221 Stunden nicht gerechnet werden.
3
2. Für eine Vergütung für die Erwiderung auf das Ablehnungsgesuch besteht keine gesetzliche Grundlage (§§ 7, 8, 12 JVEG).
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 01.03.2005 - 3 Ni 23/03 (EU) -

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 32/03
vom
15. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Beschluß des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2003 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 81.806,00

Gründe:


I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um Schadensersatz nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit in der von der Klägerin betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Das Oberlandesgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen und den Sachverständigen F. mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Der Beschwerdeführer hat den Sachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluß vom 27. Juni 2003 hat das Berufungsgericht die Ablehnung für unbegründet erklärt; die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Gegen den Beschluß legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die er
nach Hinweis durch das Berufungsgericht als außerordentliches Rechtsmittel wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs bezeichnet. Das Oberlandesgericht hat vor der Weiterleitung an den Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung komme weder nach § 321 a ZPO n.F. analog noch auf Grund einer Umdeutung der Beschwerde in eine Gegenvorstellung in Betracht.
II. Die Beschwerde ist weder als Rechtsbeschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.
1. Die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde scheitert im gegebenen Fall schon daran, daß eine solche weder gesetzlich vorgesehen noch in der angefochtenen Entscheidung zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO n.F.).
2. Eine außerordentliche Beschwerde zum Bundesgerichtshof ist nach der Neugestaltung des Beschwerderechts und der Einführung der Rechtsbeschwerde durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) nicht mehr gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts greifbar gesetzwidrig ist, insbesondere ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt (BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133; Beschl. v. 23. Juli 2003 - XII ZB 91/03, BB 2003, 2314). Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der Beschwerdegerichte nicht eröffnet hat, unter Hinweis auf die regelmäßig geringere Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Parteien und aus Gründen der Entlastung des Bundesgerichtshofs (BT-Drucks. 14/4722 S. 116 re.Sp.) bewußt davon abgesehen, eine dem § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. vergleichbare Regelung - Zulassung der Re-
vision auch bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten (BT-Drucks. 14/4722 S. 104 re.Sp.) - zu schaffen, obwohl die Zulassungsgründe sich bei Revision und Rechtsbeschwerde nicht unterscheiden (BGHZ 150, 133).
3. Die Verletzung von Verfahrensgrundrechten, zu denen vor allem das Recht auf rechtliches Gehör zählt, dessen Verletzung der Beschwerdeführer hier rügt, ist daher vor dem Gericht, das den Verfahrensfehler begangen haben soll, im Wege der Gegenvorstellung zu rügen; die Einräumung einer Rechtsschutzmöglichkeit bei einem anderen oder gar höheren Gericht ist dahingegen verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, ZIP 2003, 1102). Der Beklagte ist daher auf die von ihm bereits erhobene Gegenvorstellung, über die das Berufungsgericht mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden hat, zu verweisen.
4. Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO auf ein Drittel des Hauptsache- "! !$#% % "& ! ' streitwertes von 245.420,00 Bamberg, BauR 2000, 773). Die Gegenauffassung, die Festsetzung richte sich nach § 12 Abs. 2 GKG, weil es sich bei der Ablehnung des Sachverständigen um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handele (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222 m.w.N.), vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich bei der Entscheidung nach § 406 Abs. 4 und 5 ZPO nicht um eine eigenständige Streitigkeit, sondern eine das Verfahren betreffende Entscheidung im Rahmen des Rechtsstreits handelt, der keine selbständige Bedeutung zukommt. Bemißt sich somit der Beschwerdewert nach § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, ist dieses nicht mit dem Hauptsachestreitwert gleichzusetzen (a.A. OLG Naumburg, OLGR 1998, 323; OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222), sondern nur mit einem Bruchteil von etwa einem Drittel (OLG Celle, OLGR 1994, 109; OLG Bamberg, BauR 2000, 773; a.A. OLG
Dresden, JurBüro 1998, 318: 1/10), weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozeß entspricht: Sein Gutachten bestimmt nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern dient dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittelt; das Gericht wiederum ist an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern kann weitere Sachverständige beauftragen. Daran ändert es nichts, daß in vielen Verfahren, in denen es um spezielle und schwierige Fachfragen geht, die Stellung des Sachverständigen so stark sein mag, daß das Gericht kaum umhin kommt, seiner Auffassung zu folgen, weil dies an seiner nach dem Gesetz beschränkten Aufgabe nichts ändert (OLG Bamberg aaO).
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn