Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2014 - VIII ZR 201/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die durch ein Wohnraummietverhältnis verbundenen Parteien streiten über eine Nachforderung der Klägerin aus der Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2010. Die Abrechnung der Klägerin weist für die Beklagten Betriebskosten in Höhe von insgesamt 2.785,51 € aus, wovon 1.041,91 € auf die Heizkosten entfallen. Nach Abzug der von den Beklagten geleisteten Vorauszahlungen ergibt sich aus der Abrechnung eine Nachforderung der Klägerin in Höhe von 1.382,51 €, die sie im vorliegenden Rechtsstreit nebst Zinsen geltend macht.
- 2
- Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe eines Betrages von 978,71 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den geltend gemachten Anspruch in Höhe eines Betrages von 1.041,91 € weiter.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat überwiegend Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
- 5
- Bei den Positionen Entwässerung/Schmutzwasser, Müllabfuhr und Wasser sei die Abrechnung der Klägerin um insgesamt 403,74 € zu kürzen, weil die Klägerin insoweit zu Unrecht nach Personenzahl abgerechnet habe und die gebotene Abrechnung nach Wohnfläche zu entsprechend geringeren Kosten zu Lasten der Beklagten führe.
- 6
- Die Heizkosten mit dem von der Klägerin errechneten Betrag von 1.041,91 € hätten für die Nachforderung ebenfalls außer Betracht zu bleiben, da die Abrechnung der Klägerin bezüglich der Heizkosten aus formellen Gründen unwirksam sei. Denn die Klägerin habe als Gesamtkosten einen bereits bereinigten Betrag angegeben, ohne dies in ihrer Abrechnung deutlich zu machen. Die Klägerin erhalte von ihrem Energieversorger jahresübergreifende Abrechnungen. Aus diesen Abrechnungen werde in einer "Simulationsrechnung" des Energieversorgers, die auf den internen Zwischenabrechnungen des Hausmeisters zum Jahresende basiere, der auf das jeweilige Kalenderjahr entfallende Betrag der Abrechnung errechnet. Diese Vorgehensweise sei aus der den Beklagten erteilten Betriebskostenabrechnung aber nicht ersichtlich, weil dort lediglich der Gesamtbetrag der auf die beschriebene Weise ermittelten, auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Brennstoffkosten aufgeführt sei. Damit seien nicht umlagefähige Kosten vorab ausgeschieden worden, ohne dass dies dem Mieter mitgeteilt und dieser so in die Lage versetzt worden sei, den Vorwegabzug nachzuprüfen.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Abrechnung der Klägerin bezüglich der Heizkosten nicht aus formellen Gründen unwirksam.
- 8
- Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Wirksamkeit einer Betriebskostenabrechnung die Angabe der auf die Mieter der Abrechnungseinheit verteilten Gesamtkosten voraussetzt. Dies heißt aber nicht, dass der Vermieter aus formellen Gründen gehalten wäre, nicht nur den Gesamtbetrag der im Kalenderjahr umzulegenden Kosten anzugeben, sondern sämtliche zur Ermittlung dieses Betrags erforderlichen Rechenschritte offen zu legen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - der Vermieter aus den jahresübergreifenden Abrechnungen seines Energieversorgers die auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Kosten errechnet, weil er gegenüber seinen Mietern nach dem Kalenderjahr abzurechnen hat. Die Nachvollziehbarkeit der Abrechnung wird nicht durch die unterbliebene Offenlegung der Zwischenschrit- te beeinträchtigt, denn dem Mieter wird der für die Abrechnung maßgebliche Gesamtbetrag der Brennstoffkosten mitgeteilt, der im Abrechnungszeitraum für die abgerechnete Wirtschaftseinheit angefallen ist. Etwaige inhaltliche Fehler bei dem angegebenen Gesamtbetrag sind der materiellen Ebene zuzuordnen und berühren die formelle Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnung nicht.
- 9
- Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Senats zur Bereinigung der Gesamtkosten um nicht umlagefähige Kostenbestandteile, etwa bei den Hauswartkosten (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 2011 - VIII ZR 118/11, WuM 2012, 22 Rn. 22 f.; vom 28. Mai 2008 - VIII ZR 261/07, NJW 2008, 2260 Rn. 12; vom 31. Oktober 2007 - VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142 Rn. 24; vom 14. Februar 2007 - VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059 Rn. 10). Eine derartige Kostenbereinigung ist mit der hier vorliegenden Konstellation, dass der Vermieter aus jahresübergreifenden Abrechnungen die auf das Kalenderjahr entfallenden Kosten ermitteln muss, nicht vergleichbar. Im Übrigen hat der Senat bereits angedeutet, dass an der genannten Rechtsprechung zur Erforderlichkeit auch der Angabe nicht umlagefähiger Kosten möglicherweise nicht festzuhalten sein wird (vgl. Senatsurteil vom 9. Oktober 2013 - VIII ZR 22/13, WuM 2013, 734 Rn. 15 f.).
III.
- 10
- Das Urteil des Berufungsgerichts kann daher keinen Bestand haben, soweit es wegen der von ihm angenommenen Unwirksamkeit der Heizkostenabrechnung eine Betriebskostennachforderung der Klägerin verneint hat. Da die Revision die von den Vorinstanzen vorgenommene Kürzung der von der Klägerin begehrten Nachforderung (1.382,51 €) um 403,74 € (wegen des falschen Umlageschlüssels bei einigen weiteren Betriebskostenpositionen) nicht angegriffen hat, verbleibt von der Nachforderung rechnerisch ein Betrag von 978,77 €. Deshalb ist das Berufungsurteil (nur) insoweit aufzuheben, als es hiervon zum Nachteil der Klägerin abweicht (§ 562 Abs. 1 ZPO); die weitergehende Revision ist zurückzuweisen.
- 11
- Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur materiellen Richtigkeit der Heizkostenabrechnung getroffen hat. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Köln, Entscheidung vom 23.11.2012 - 221 C 107/12 -
LG Köln, Entscheidung vom 21.06.2013 - 10 S 1/13 -
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(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.