Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2018 - VII ZR 81/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:260418UVIIZR81.17.0
bei uns veröffentlicht am26.04.2018
vorgehend
Landgericht Schwerin, 4 O 233/11, 29.03.2012
Oberlandesgericht Rostock, 4 U 69/12, 14.03.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 81/17 Verkündet am:
26. April 2018
Klein,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Anspruch auf Ersatz von nach Vertragspreisen einschließlich eines Prozentsatzes
für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten wegen verzögerter
Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren steht dem Auftragnehmer nicht
aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 642 BGB zu.
BGH, Urteil vom 26. April 2018 - VII ZR 81/17 - OLG Rostock
LG Schwerin
ECLI:DE:BGH:2018:260418UVIIZR81.17.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2018 durch die Richter Dr. Kartzke, Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. März 2017 - 4 U 69/12 - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 29. März 2012 wird, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt worden ist, zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin fordert den Ersatz von nach Vertragspreisen einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekos- ten für eine mobile Stahlgleitwand wegen einer durch die Verlängerung von Zuschlagsfristen eingetretene Verzögerung im Vergabeverfahren.
2
Die Beklagte führte im Jahr 2004 eine öffentliche Ausschreibung betreffend den grundhaften Ausbau der Bundesautobahn A 19 für Leistungen der Verkehrsführung und Verkehrssicherung durch, an dem sich die Klägerin mit einem Angebot zu einem Gesamtpreis von 1.076.416,75 € netto beteiligte. Darin bot die Klägerin entsprechend der Ausschreibung unter Einbeziehung der VOB/B (2002) die Vorhaltung einer Stahlgleitwand von 14,8 km für 588 Tage zu einem Einheitspreis von 1.184 €/Tag netto an. In der Ausschreibung war als Frist für die Ausführung der Leistungen der Zeitraum von September 2004 bis April 2006 angegeben, vorbehaltlich der Zuschlagserteilung des Bauhauptloses. Nach den der Ausschreibung zugrunde liegenden Besonderen Vertragsbedingungen sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens zwölf Tage nach Zuschlagserteilung beginnen, insbesondere der Aufbau der Verkehrssicherung spätestens 36 Werktage nach Zuschlagserteilung erfolgen. Die am 2. September 2004 endende Binde- und Zuschlagsfrist wurde auf Bitten der Beklagten mit Zustimmung der Klägerin mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31. März 2006. Am 30. März 2006 erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag für die angebotenen Arbeiten über 1.186.211,26 € brutto nach Abzug eines Nachlasses von 5 %.
3
Wegen der Dauer des Vergabeverfahrens hatte die Klägerin im Jahr 2005 begonnen, die zur Ausführung vorgesehene und von ihr vorgehaltene Stahlgleitwand sukzessive auf anderen Baustellen einzusetzen. Bei Zuschlagserteilung musste die Klägerin daher die benötigte Stahlgleitwand bei einem Nachunternehmer anmieten. Mit Nachtragsangebot vom 22. November 2006 und in der Schlussrechnung vom 11. Oktober 2007 machte die Klägerin Mehrkosten für die Vorhaltung der Stahlgleitwand wegen der mehrfachen Ver- längerung der Zuschlagsfrist in Höhe von 648.832 € geltend. Die Beklagte kürzte die Schlussrechnung um diese Position.
4
Die Stahlgleitwand wurde auf Weisung der Beklagten nur an 333 Tagen eingesetzt, da die Beklagte die Baumaßnahme erheblich beschleunigte. Wegen der Verkürzung der Leistungszeit macht die Klägerin einen Anspruch in Höhe von 94.778,24 € geltend, der Gegenstand des Parallelverfahrens VII ZR 82/17 ist.
5
Mit der Klage hat die Klägerin unter Vorlage eines Privatgutachtens, in dem die Vertragspreise kalkulatorisch aufgeschlüsselt und die konkrete Menge und Dauer der Vorhaltung der Stahlgleitwand bis zur Zuschlagserteilung ermittelt worden sind, den Ersatz von Vorhaltekosten in Höhe von 431.783,60 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 430.688,62 € nebst vorgerichtlichen Anwaltskosten und Zinsen stattgegeben und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und die vollständige Zurückweisung der Berufung der Klägerin erreichen.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
7
Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 39 EGBGB.

I.

8
Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Klägerin stehe infolge der verzögerten Vergabe und der daraus resultierenden Vorhaltung der mobilen Stahlgleitwand ein Anspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 642 BGB zu. Der werkvertragliche Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB sei auf das bei öffentlicher Ausschreibung zwischen Auftraggeber und Bieter begründete vertragsähnliche Verhältnis für die Erfassung einer verschuldensunabhängigen Entschädigung des Auftragnehmers analog anzuwenden.
10
Eine Regelung zu einer verschuldensunabhängigen vorvertraglichen Haftung des Auftraggebers im Falle unterbliebener beziehungsweise verzögerter Mitwirkung bei öffentlichen Ausschreibungen fehle. Ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B (2002) erfasse nicht den Fall einer vorvertraglichen Behinderung infolge einer verzögerten Zuschlagserteilung. Die Klägerin mache keine wegen der Bauzeitverschiebung erhöhten Preise oder Ähnliches geltend, sondern verlange Entschädigung für das in Erwartung des Zuschlags erfolgte Vorhalten ihrer Leistung.
11
Es bestehe insoweit eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung zur sachgerechten Abstimmung von Vergabe- und Vertragsrecht geboten erscheine. Das infolge von Verzögerungen im Vergabeverfahren bedingte Vorhalten von Leistungen (Arbeitskraft, Gerät und Kapital) des Bestbieters entspreche dem vertraglichen Vorhalten der Leistung bei einem Annahmeverzug des Bestellers gemäß § 642 BGB. Denn die vorvertragliche Interessenlage der Beteiligten des Vergabeverfahrens entspreche im Wesentlichen der der Werkvertragsparteien. Bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist sei der Bieter nicht nur preislich an sein Angebot gebunden, er erkläre darüber hinaus, zu den in der Aus- schreibung festgelegten Ausführungsterminen leistungsbereit zu sein. Der öffentliche Auftraggeber habe ebenfalls ein Interesse daran, dass der Bieter entsprechend den Ausführungsterminen mit der Ausführung seiner Leistungen beginne. Dass in Fällen einer verzögerten Vergabeentscheidung der Bestbieter allein das damit verbundene Verzögerungsrisiko tragen solle, sei angesichts der vergleichbaren Konstellation zu den von § 642 BGB erfassten Fällen ein Wertungswiderspruch. Allein der Umstand, dass sich das Verzögerungsrisiko vor dem durch Zuschlagserteilung wirksamen Vertragsschluss realisiert habe, ändere nichts an der im Werkvertragsrecht vorgenommenen Risikozuweisung.
12
Nach der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin 14,8 km mobile Stahlgleitwand aus dem eigenen Fundus entsprechend den Ausschreibungsspezifika nach dem Submissionsergebnis in berechtigter Erwartung des Zuschlags vorgehalten habe, um zeitnah nach dem avisierten Zuschlagstermin am 2. September 2004 ihre vertraglichen Leistungen termingerecht erbringen zu können. Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung des Anspruchs beinhalte die nach § 642 BGB zu entschädigenden Positionen. Die Klägerin mache auf (nachträglicher) kalkulativer Grundlage Vorhaltekosten und Allgemeine Geschäftskosten zuzüglich Umsatzsteuer geltend. Durchgreifende Angriffe der Beklagten bezüglich der Berechnung des Klageanspruchs seien nicht erkennbar. Der Vortrag der Klägerin hierzu sei plausibel (§ 287 ZPO).

II.

13
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
Ein Anspruch auf Ersatz von nach Vertragspreisen einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten für die mobile Stahlgleitwand in Höhe von 430.688,62 € wegen verzögerter Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Es kann daher dahinstehen, ob sich, wie die Revision geltend macht, bereits aus dem Inhalt der Ausschreibung, insbesondere der vorbehaltenen Beauftragung des Bauhauptloses, ergibt, dass der Klägerin das Risiko, die Stahlgleitwand während des Vergabeverfahrens vorzuhalten, in vollem Umfang zugewiesen worden war.
15
1. Die Parteien haben einen Vertrag geschlossen, der den spätesten Ausführungsbeginn auf zwölf Werktage nach dem 2. September 2004, dem Ende der in der Ausschreibung vorgesehenen Bindefrist, festlegte. Die Klägerin hat ein entsprechendes Angebot abgegeben; die Beklagte hat dieses Angebot mit ihrem Zuschlagsschreiben vom 30. März 2006 unverändert angenommen. Dies gilt unabhängig davon, dass der in dem Angebot für den Beginn der Ausführung vorgesehene späteste Termin zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war. Ein Zuschlag in einem Vergabeverfahren ist regelmäßig so auszulegen, dass er sich auch auf wegen Zeitablaufs obsolet gewordene Fristen und Termine bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 37; Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901 Rn. 21 = NZBau 2009, 771). Eine Auslegung der Ausschreibungsunterlagen dahingehend, dass für die Bauzeit in jedem Fall an einen noch nicht feststehenden tatsächlichen Zuschlagstermin angeknüpft wird, kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, aaO Rn. 20).
16
2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann dem Auftragnehmer ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B zustehen, soweit es infolge verzögerter Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 213/08, BGHZ 186, 295 Rn. 12; Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901 Rn. 11 = NZBau 2009, 771). Die Ver- mutung der Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung gilt bei einem Bauvertrag nicht unabhängig von der vereinbarten Leistungszeit, weil diese regelmäßig Einfluss auf die Vereinbarung der Höhe der Vergütung des Auftragnehmers hat. Deshalb hat die durch ein verzögertes Vergabeverfahren bedingte Änderung der Leistungszeit auch zur Folge, dass die Parteien sich über eine Anpassung der Vergütung verständigen müssen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - VII ZR 213/08, aaO Rn. 25; Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 49). Kommt es nicht zu einer solchen Einigung, ist der Vertrag ergänzend auszulegen. Dabei ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart hätten. Danach ist die Bauzeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anzupassen. Besonderheiten, wie etwa Bauerschwernisse oder -erleichterungen durch jahreszeitliche Verschiebungen, sind unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen beider Parteien und vor dem Hintergrund, dass der Auftragnehmer der Bindefristverlängerung zugestimmt hat, zu berücksichtigen. Die Grundsätze des vereinbarten § 6 Abs. 3 und 4 VOB/B sind sinngemäß anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, aaO Rn. 27; Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, aaO Rn. 48). Zugleich ist der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B anzupassen (BGH, Urteil vom 8. März 2012 - VII ZR 202/09, BauR 2012, 939 Rn. 20 = NZBau 2012, 287; Urteil vom 26. November 2009 - VII ZR 131/08, BauR 2010, 455 Rn. 13 = NZBau 2010, 102; Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, aaO Rn. 28; Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, aaO Rn. 49).
17
b) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass diese für Fälle der verzögerten Vergabe entwickelten Grundsätze im Streitfall zu keinem Anspruch der Klägerin führen, da die Klägerin keine Mehrvergütung in An- lehnung an die Grundsätze des § 2 Abs. 5 VOB/B aufgrund der Verschiebung der Ausführungsfristen geltend macht, sondern den Ersatz von nach Vertragspreisen einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten im Zeitraum bis zur verzögerten Zuschlagserteilung. Das Klagebegehren beruht nicht auf einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung von rechtsgeschäftlich an die Einhaltung der Bauzeit geknüpften Leistungspflichten der Klägerin, die sie durch eine entsprechende Anpassung/ Erhöhung der von der Beklagten nach dem Vertrag geschuldeten Vergütung (Gegenleistung) ausgeglichen wissen will (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901 Rn. 14 = NZBau 2009, 771). Die Klägerin stützt ihren Anspruch vielmehr auf die verzögerte Erteilung des Zuschlags und knüpft die begehrte Rechtsfolge damit an eine Störung der vorvertraglichen Rechtsbeziehung.
18
3. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch in Höhe der geltend gemachten Vorhaltekosten für die mobile Stahlgleitwand bis zur Zuschlagserteilung gemäß § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 und § 280 Abs. 1 BGB zu. Es kann offen bleiben, ob - wie die Revision geltend macht - eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung im Vergabeverfahren aufgrund von Verzögerungen bei der Vergabe des Hauptbauloses vorgelegen hat. Denn die Klägerin fordert mit der Klage keine etwa von ihr in Erwartung des Vertragsschlusses getätigten konkreten Aufwendungen, sondern eine Entschädigung für das Vorhalten ihrer Leistung bis zur Erteilung des Zuschlags, die sie nach Maßgabe des § 642 BGB auf der Grundlage der für die Leistung kalkulierten Vergütung einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten berechnet hat. Es kann daher ebenfalls dahingestellt bleiben, ob Fehler im Vergabeverfahren überhaupt einen Anspruch des Bieters auf Ersatz von solchen konkreten Aufwendungen begründen könnten.
19
4. Anders als das Berufungsgericht meint, steht der Klägerin infolge der verzögerten Vergabe ein Anspruch auf Ersatz von nach Vertragspreisen einschließlich eines Prozentsatzes für Allgemeine Geschäftskosten kalkulierten Vorhaltekosten für die mobile Stahlgleitwand bis zur Zuschlagserteilung auch in entsprechender Anwendung des § 642 BGB nicht zu.
20
a) § 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Unternehmers, wenn der Besteller eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und der Besteller hierdurch in Annahmeverzug gerät (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 - VII ZR 16/17, BauR 2018, 242 Rn. 19 = NZBau 2018, 25; Urteil vom 20. April 2017 - VII ZR 194/13, BauR 2017, 1361 Rn. 18 = NZBau 2017, 596, jeweils zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Die angemessene Entschädigung nach § 642 BGB wird für die Wartezeiten des Unternehmers gezahlt und stellt eine Kompensation für die Bereithaltung von Personal , Geräten und Kapital dar (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 - VII ZR 16/17, aaO Rn. 28 m.w.N.).
21
b) Eine unmittelbare Anwendung des § 642 BGB kommt im Streitfall nicht in Betracht, da - wovon auch das Berufungsgericht ausgeht - in dem Zeitraum, für den Vorhaltekosten für die mobile Stahlgleitwand geltend gemacht werden, noch kein Werkvertrag zwischen den Parteien bestand und die Beklagte keine Obliegenheit zur Vornahme einer bei der Herstellung des Werks erforderlichen Mitwirkungshandlung im Sinne des § 642 Abs. 1 BGB traf (vgl. Bornheim/ Badelt, ZfBR 2008, 249, 257).
22
Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Peters, NZBau 2010, 156 f.) kann ein Annahmeverzug des Auftraggebers nicht im Wege einer vermeintlichen Rückwirkung der Zuschlagserteilung auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Ablaufs der Bindefrist begründet werden. Das Verhal- ten der Parteien im Rahmen der Bindefristverlängerung und der Zuschlagserteilung ist dahin auszulegen, dass sie den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen und dadurch bedingte Preissteigerungen jedoch noch eine Einigung herbeiführen wollten (BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901 Rn. 24 = NZBau 2009, 771; Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 44). Kommt es nicht zu der von den Parteien erwarteten nachträglichen Einigung, existiert eine zu füllende Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist, wobei die Bauzeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls anzupassen ist und Bauerschwernisse oder -erleichterungen zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, aaO Rn. 24, 27; Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, aaO Rn. 44, 48). Im Hinblick auf die bei einer verspäteten Zuschlagserteilung erforderliche Vertragsanpassung gerät der Auftraggeber daher nicht bereits deswegen in Annahmeverzug, weil im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung die Ausführungstermine bereits verstrichen sind.
23
c) Ein Anspruch auf Ersatz von Vorhaltekosten des Bieters wegen verzögerter Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren kann nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 642 BGB gestützt werden. Es ist bereits zweifelhaft, ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist. Eine Ausdehnung des § 642 BGB auf den vorvertraglichen Bereich in Fällen der Zuschlagsverzögerung scheitert jedenfalls an der für eine entsprechende Anwendung erforderlichen vergleichbaren Interessenlage. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht kein Grund für eine verschuldensunabhängige Haftung des Auftraggebers für die Folgen von Zuschlagsverzögerungen, die nicht auf einer Pflichtverletzung beruhen (Kau/Hänsel, NJW 2011, 1914, 1916; vgl. auch Althaus/ Bartsch in Althaus/Heindl, Der öffentliche Bauauftrag, 3. Aufl., Teil 4, Rn. 224).
24
aa) Der Bieter, der sich im Vergabeverfahren leistungsbereit hält, nimmt die Vorhaltung seiner Leistung deswegen in Kauf, weil er darauf hofft, dass ihm der Zuschlag erteilt wird. Es handelt sich um Kosten der Vertragsakquise, die - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung der Vertragsparteien - grundsätzlich vom Bieter zu tragen sind. Vor Abschluss des Vertrags handelt der Bieter , der seine Leistung vorhält, insoweit auf eigenes Risiko. Denn der Auftraggeber ist gegenüber dem Bieter nicht zum Vertragsschluss verpflichtet, sondern lediglich zur Durchführung eines vergaberechtskonformen Verfahrens. Die Ungewissheit , ob und wann dem Bieter der Zuschlag erteilt wird, gehört zum allgemeinen Risiko eines jeden, der sich an einer öffentlichen Ausschreibung beteiligt.
25
bb) Vor diesem allgemeinen Risiko wird der Bieter hinreichend dadurch geschützt, dass sein Angebot befristet ist und eine Verlängerung der Bindefrist seiner Zustimmung bedarf. Stimmt der Bieter einer Bindefristverlängerung zu, erklärt er damit, dass der angebotene Preis bei unveränderter Leistung und unveränderten Leistungszeiten bis zum Ablauf der Bindefrist gilt (vgl. BGH, Urteile vom 10. September 2009 - VII ZR 152/08, BauR 2009, 1901 Rn. 37 = NZBau 2009, 771; VII ZR 82/08, BGHZ 182, 218 Rn. 29). Der Bieter hat in einem solchen Fall daher weiterhin das für jeden Bieter sich aus einer solchen Verlängerung ergebende Risiko zu tragen.
26
cc) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts lief die Klägerin nicht wegen des in der Ausschreibung festgelegten Ausführungstermins von zwölf Werktagen nach Zuschlagserteilung Gefahr, mit ihrer Leistung nach erfolgtem Zuschlag in Leistungsverzug zu geraten, wenn sie sich nicht während des gesamten Vergabeverfahrens vorsorglich leistungsbereit hielt. Nach dem vorstehend Gesagten war aufgrund der Erteilung des Zuschlags nach Ablauf der in der Ausschreibung genannten Bindefrist im Wege der Vertragsanpassung ein neuer Ausführungstermin zwischen den Parteien zu vereinbaren. Da hierbei die Umstände des Einzelfalls und die sinngemäße Anwendung der Grundsätze des § 6 Nr. 3 und 4 VOB/B (2002) auch im Interesse der Klägerin zu berücksichtigen waren, bestand für sie keine Veranlassung, die mobile Stahlgleitwand über den gesamten Zeitraum der verzögerten Vergabe vorzuhalten. Die Klägerin durfte im Hinblick auf das Erfordernis einer nachträglichen Anpassung der vertraglichen Ausführungsfristen zudem nicht davon ausgehen, dass eine solche Vorhaltung ihrer Leistung dem Interesse der Beklagten als Auftraggeberin entsprach.
27
5. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben. Das Urteil ist im angefochtenen Umfang aufzuheben. Die Berufung der Klägerin ist, soweit über sie nicht bereits rechtskräftig erkannt worden ist, zurückzuweisen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

III.

28
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Kartzke Halfmeier Jurgeleit Graßnack Brenneisen
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 29.03.2012 - 4 O 233/11 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 14.03.2017 - 4 U 69/12 -

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Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 29.03.2012 – 4 O 233/11 – wie folgt geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 430.688,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2007 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 4.140,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.10.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Klägerin fordert als Auftragnehmerin von der beklagten Bundesrepublik Deutschland Entschädigung wegen Vorhaltekosten für eine mobile Stahlgleitwand aufgrund einer erheblichen Verzögerung im Vergabeverfahren sowie die Erstattung damit im Zusammenhang stehender vorgerichtlicher Anwaltskosten.

2

Die Klägerin unterbreitete der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung am 19.07.2004 (Anl. K 1 – AB 1 ff.) ein Angebot - betreffend den grundhaften Ausbau der Bundesautobahn A 19, RF Wittstock – Rostock, km 90,80 – km 104,250 - für Leistungen der Verkehrsführung und Verkehrssicherung in Höhe von insgesamt 1.076.416,75 EUR netto (= 1.248.643,43 EUR brutto), welches entsprechend der Ausschreibung unter der Position 00.03.0024 die Leistung "Stahlgleitwand von 14.800,00 m für 588 Tage vorhalten" zu einem Einheitspreis von 1.184,00 EUR netto/Tag und dementsprechend zu einem Gesamtbetrag von 696.192,00 EUR netto (K 2 - AB 58ff, 68) beinhaltete.

3

In der Ausschreibung (B 1 - GA I 45) heißt es u.a.: "Frist der Ausführung: September 2004 - April 2006. Vorbehaltlich der Zuschlagserteilung des Bauhauptloses".

4

Nach den der Ausschreibung zugrunde liegenden Besonderen Vertragsbedingungen (AB 5ff.) sollte die Ausführung der Arbeiten spätestens 12 Tage nach Zuschlagserteilung beginnen, insbesondere der Aufbau der Verkehrssicherung spätestens 36 Werktage nach Zuschlagserteilung erfolgen. Ziff. 8.4 der Besonderen Vertragsbedingungen enthält den Hinweis, dass die Ausschreibung vorbehaltlich der Beauftragung des Bauhauptloses erfolge und es aus diesem Grund zur Verzögerung der Zuschlagserteilung kommen könne.

5

Nach den Ausschreibungsbedingungen war die Klägerin an ihr Angebot bis zum Ende der Zuschlagsfrist am 02.09.2004 gebunden. Nach dem Submissionsergebnis vom 19.08.2004 (Anl. K 3 – AB 78) hatte die Klägerin das günstigste Angebot abgegeben. Hiervon hatte die Klägerin noch am selben Tag - unstreitig - Kenntnis erlangt (K 3 - AB 78).

6

Auf Bitten der Beklagten erklärte sich die Klägerin mit einer Verlängerung der Bindefrist zunächst bis zum 29.10.2004, dann bis zum 30.03.2005, weiter bis zum 30.06.2005, sodann bis zum 31.10.2005 und schließlich bis zum 31.03.2006 einverstanden. Die erbetenen Verlängerungen der Zuschlags- und Bindefrist begründete die Beklagte zunächst mit Verzögerungen "aufgrund der verwaltungstechnischen Bearbeitung" (K 4 - AB 79), anschließend jeweils mit einer "Verschiebung des Hauptbauloses" (K 6 - AB 82, K 8 - AB 85, K 10 - AB 98, K 13 - AB 93). Am 30.03.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag für das verfahrensgegenständliche Teillos über 1.186.211,26 EUR brutto nach Abzug eines Nachlasses in Höhe von 5% (K 14 - AB 96f.).

7

Auch bei der Vergabe des Bauhauptloses kam es zu zahlreichen, teilweise erheblichen Verzögerungen: So forderte die Beklagte nach Angebotseröffnung am 17.08.2004 von der auf dem ersten Rang befindlichen Bietergemeinschaft, erstmals am 13.10.2004, Aufklärung gem. § 24 VOB/A hinsichtlich der Angebotspreise, dem die Bietergemeinschaft am 11.11.2004 entsprach. Am 27.01.2005 forderte die Beklagte die Bietergemeinschaft zu einer weiteren Aufklärung ihres Angebots bis zum 18.02.2005 auf, wozu die Bietergemeinschaft am 14.02.2005 Stellung nahm. Erst am 17.01.2006 teilte die Beklagte der Bietergemeinschaft im Hauptbaulos gemäß § 13 VgV mit, dass ihr Angebot nicht für den Zuschlag vorgesehen sei, weshalb die Bietergemeinschaft am 20.01.2006 den Ausschluss ihres Angebots als vergaberechtswidrig rügte und am 27.01.2006 einen Nachprüfungsantrag stellte, der am 10.03.2006 von der Vergabekammer zurückgewiesen wurde.

8

Wegen der enormen Verzögerung im Vergabeverfahren hatte die Klägerin bereits im Jahr 2005 und damit vor Erteilung des Zuschlags am 30.03.2006 begonnen, die zur Ausführung vorgesehene Stahlgleitwand von 14,8 km sukzessive auf anderen Baustellen einzusetzen, und zwar eine Teilmenge von 3.032 m ab dem 21.04.2005, eine weitere Teilmenge von 5.376 m ab dem 22.07.2005 und eine weitere Teilmenge von 5.691 m ab dem 13.10.2005.

9

Bei Zuschlagserteilung sah sich die Klägerin daher gehalten, die benötigte Stahlgleitwand bei einem Nachunternehmer anzumieten. Mit Schreiben vom 13.04.2006 (K 15 - AB 98) zeigte die Klägerin Mehrkosten infolge der verspäteten Zuschlagserteilung an, welche sie mit Nachtragsangebot N 3.1 vom 22.11.2006 (K 16 - AB 101) auf 648.832,00 EUR netto bezifferte.

10

Entgegen der erfolgten Beauftragung, nämlich u.a. 14,8 km Stahlgleitwand für 588 Tage vorzuhalten, wurde die mobile Stahlgleitwand auf Weisung der Beklagten nur 333 Tage eingesetzt, da die Beklagte zum einen wegen der erheblichen Verzögerung in den Vergabeverfahren und zum anderen wegen der geforderten Fertigstellung des Autobahnteilstücks vor dem G 8-Gipfel in Heiligendamm die Baumaßnahme erheblich beschleunigte. Wegen der Verkürzung der Leistungszeit beanspruchte die Klägerin mit Nachtragsangebot N 4.1 den sich aus dem verkürzten Bauzeitraum ergebenden Differenzbetrag. Dieser ist Gegenstand des Parallelverfahrens 4 U 155/12.

11

Nach Ausführung ihrer Leistungen rechnete die Klägerin mit Schlussrechnung vom 11.10.2007 (K 18 - 108 ff.) unter Position N 3.1 Mehrkosten wegen Vorhaltens der Stahlgleitwand durch die wiederholte Verlängerung der Zuschlagsfrist entsprechend dem Nachtragsangebot N 3.1 und unter Position N 4.1 Mehrkosten wegen Verkürzung der Bauzeit ab. Ausweislich der bei der Klägerin am 26.11.2007 eingegangenen Schlusszahlungsmitteilung (K 18 - AB 107) leistete die Beklagte Schlusszahlung, jedoch unter Streichung der vorgenannten Positionen.

12

Gegen diese und andere Kürzungen der Schlussrechnung machte die Klägerin mit Schreiben vom 19.12.2007 einen Vorbehalt gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B geltend (K 19 - AB 130). Auf Antrag der Klägerin vom 25.03.2008 haben die Parteien sodann zu den vorgenannten Schlussrechnungspositionen ein Schlichtungsverfahren gem. § 18 Nr. 2 Ziff. 2 VOB/B durchgeführt. Gegen den den Anspruch der Klägerin zurückweisenden Bescheid vom 22.07.2008 (K 24 - AB 139) legte die Klägerin am 08.09.2008 Einspruch ein (K 25 - AB 143), der mit Bescheid vom 08.12.2008 zurückgewiesen wurde (K 26 - AB 144). Mit Schreiben vom 09.07.2010 begründete die Klägerin nunmehr auf Grundlage eines baubetrieblichen Gutachtens ihren Anspruch erneut. Nach weiteren Vergleichsbemühungen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 28.02.2011 (K 34 - AB 197) eine außergerichtliche Einigung ab.

13

Die Klägerin verfolgt im Rahmen ihrer am 04.10.2011 beim Landgericht eingegangenen Zahlungsklage ihren Anspruch auf Ersatz von Vorhaltekosten auf privatsachverständiger Grundlage der K. ... Baumanagement GmbH (K 35 - AB 199 ff.) in Höhe von 431.783,60 EUR weiter. Sie hat mit Hilfe des für die Darlegung und Berechnung des Anspruchs eingeholten Privatgutachtens zunächst eine kalkulatorische Aufschlüsselung der Vertragspreise vorgenommen, da sie ihre Vertragspreise bei Angebotsabgabe aus Erfahrungswerten gebildet hatte. Für die streitgegenständliche Position 00.03.0024 ergeben sich nach Aufschlüsselung für die Vorhaltung Einzelkosten in Höhe von 1.029,57 EUR je Tag und darauf bezogene Allgemeine Geschäftskosten (8 %) in Höhe von 82,37 EUR, mithin 1.111,94 EUR je Tag für die Gesamtmenge von 14,8 km. Unter Zugrundelegung eines sich daraus ergebenden Preises je Tag/m in Höhe von 0,07513108 EUR und der infolge des sukzessiven anderweitigen Einsatzes ermittelten Vorhaltemenge und -dauer berechnet sie einen Vorhalteaufwand von 4.954.371 Meter Tage (14.800 m x 217 d + 11.768 m x 92 d + 6.389 m x 83 d + 698 m x 168 d), welche multipliziert mit den ermittelten Kosten von 0,07513108 EUR je Tag und Meter insgesamt 371.283,30 EUR netto und zzgl. 16 % MwSt einen Betrag von 430.688,62 EUR ergibt. Soweit die K. ... Baumanagement GmbH zu einem Gesamtbetrag von 431.783,60 EUR - die Klagesumme - gelangt (Differenz: 1.094,98 EUR) handelt es sich um einen offensichtlichen Rechenfehler.

14

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Schadensersatzanspruch gem. § 6 Nr. 6 VOB/B bestehe nicht, da die verzögerte Zuschlagserteilung nicht von der Beklagten zu vertreten sei. Auch ein Anspruch aus § 642 BGB komme nicht in Betracht, da vor Zuschlagserteilung kein Annahmeverzug der beklagten Seite vorliegen könne. Einem Anspruch aus § 311 Abs. 2 BGB fehle das hierfür erforderliche Verschulden der Beklagten. Einem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag stehe entgegen, dass das Vorhalten der Stahlgleitwand mit derartigen Zusatzkosten nicht im Interesse der Beklagten gelegen haben könne.

15

Die Klägerin hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. In ihrer rechtzeitigen Berufungsbegründung hat sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend zum Ablauf des Vergabeverfahrens im Hauptbaulos vorgetragen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Schwerin, verkündet am 29.03.2012, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Klägerin - 431.783,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.11.2007 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 4.140,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie erhebt die Einrede der Verjährung und bestreitet, dass die Klägerin Stahlgleitwände aus dem eigenen Fundus vorgehalten, vielmehr von Anfang an eine Anmietung beabsichtigt habe. Sie ist der Auffassung, die Klage aus einer einzelnen Position der Schlussrechnung sei unzulässig. Im Übrigen würde sich der Anspruch wegen der verzögerten Vergabe und der in dem Parallelverfahren verfolgte Anspruch wegen der vorzeitigen Rücknahme der eingesetzten Stahlgleitwand ausschließen. Außerdem sei die Berechnung auf Grundlage des Gutachtens nicht nachvollziehbar, soweit dort ein anderer Angebotspreis zugrunde gelegt werde.

21

Der Senat hat zu der Behauptung der Klägerin, vor Zuschlagserteilung 14,8 km Stahlgleitwand aus dem eigenen Fundus bis zu dem terminlich benannten sukzessiven anderweitigen Einsatz vorgehalten zu haben, Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen H. ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.02.2017 Bezug genommen.

II.

22

Die zulässige Berufung ist - abgesehen von einem Betrag in Höhe von 1.094,98 EUR - begründet.

23

Der Klägerin steht infolge der verzögerten Vergabe und der daraus resultierenden Vorhaltung der mobilen Stahlgleitwand ein Anspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 642 BGB zu. Der werkvertragliche Entschädigungsanspruch nach § 642 BGB ist auf das bei öffentlicher Ausschreibung zwischen Auftraggeber und Bieter begründete vertragsähnliche Verhältnis für die Erfassung einer verschuldensunabhängigen Entschädigung des Auftragnehmers analog anzuwenden.

1.

24

a) Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, bedarf einer besonderen Legitimation. Es muss eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegen, deren Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle.

25

b) Eine Regelung zu einer verschuldensunabhängigen vorvertraglichen Haftung des Auftraggebers im Falle unterbliebener bzw. verzögerter Mitwirkung bei öffentlichen Ausschreibungen fehlt. Ob aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 30. September 2010 (C - 314/09 - juris) der öffentliche Auftraggeber bei Verstößen gegen bieterschützende Normen des Vergaberechts verschuldensunabhängig haftet, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 09. Juli 2011 (X ZR 143/10 - juris Rn. 13) offengelassen.

26

In seinen Entscheidungen zur Behandlung verzögerter Vergabeverfahren hat der BGH indes bereits Regeln zur sachgerechten Abstimmung von Vergabe- und Vertragsrecht entwickelt. So steht dem Auftragnehmer in Anlehnung an § 2 Nr. 5 VOB/B dann ein Mehrvergütungsanspruch zu, wenn infolge einer verzögerten Vergabe sich Bauzeit/Ausführungsfristen, mithin Leistungspflichten des Auftragnehmers ändern und dadurch Mehrkosten entstehen (so u.a. BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08 -; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 60/14 -).

27

Dieser Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B 2002 erfasst indes nicht den Fall einer vorvertraglichen Behinderung infolge einer verzögerten Zuschlagserteilung.

28

Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die Klägerin vorliegend keine wegen der Bauzeitverschiebung erhöhten Preise oder ähnliches geltend macht, sondern Entschädigung für das in Erwartung des Zuschlags erfolgte Vorhalten ihrer Leistung verlangt, konkret den nicht erfolgten anderweitigen Einsatz der vorgehaltenen Stahlgleitwand. Diese Behinderungskosten sind jedoch keine infolge der Leistungsverschiebung bedingten Mehrkosten, sondern resultieren allein aus dem für das Vergabeverfahren notwendigen "Standby" des Bestbieters innerhalb der Bindefrist. Dass Mehrvergütungsansprüche des Bieters infolge eines verzögerten Vergabeverfahrens auf verschiedenen Sachverhalten beruhen und unterschiedliche Streitgegenstände sein können, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 22. Juli 2010 (VII ZR 213/08 - juris Rdn. 46) angedeutet, ohne indes die den Anspruch begründenden Voraussetzungen zu klären.

29

Nach Auffassung des Senats besteht insoweit eine planwidrige Regelungslücke, deren Schließung zur sachgerechten Abstimmung von Vergabe- und Vertragsrecht geboten erscheint.

30

c) In der Literatur wird die Frage, ob der öffentliche Auftraggeber aufgrund verzögerter Zuschlagserteilung entstandene vorvertragliche Behinderungskosten zu ersetzen hat, kontrovers diskutiert. Während Kau/Hänsel (NJW 2011, 1914, 1916) eine Haftung für nicht vom Auftraggeber zu vertretende Zuschlagsverzögerungen ausschließen, da diese zum allgemeinen "Lebensrisiko" eines jeden Unternehmers gehörten, der sich an einer öffentlichen Ausschreibung beteiligt, bejahen Kapellmann (NZBau 2009, 375) und Peters (NZBau 2010, 156, 158) einen Ersatz derartig entstandener Behinderungskosten.

31

d) Das infolge von Verzögerungen im Vergabeverfahren bedingte Vorhalten von Leistungen (Arbeitskraft, Gerät und Kapital) des Bestbieters entspricht indes dem vertraglichen Vorhalten der Leistung bei einem Annahmeverzug des Bestellers gemäß § 642 BGB. Denn die vorvertragliche Interessenlage der Beteiligten des Vergabeverfahrens entspricht im Wesentlichen der der Werkvertragsparteien: Bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist ist der Bieter nicht nur preislich an sein Angebot gebunden, sondern er erklärt darüber hinaus, zu den in der Ausschreibung festgelegen Ausführungsterminen leistungsbereit zu sein. Bei einer wie vorliegend und auch sonst regelmäßig kurz nach Ablauf der Zuschlagsfrist beginnenden Ausführungszeit läuft der Bestbieter anderenfalls Gefahr, sofort mit den von ihm zu erbringenden Leistungen in Verzug zu geraten. Der öffentliche Auftraggeber hat ebenfalls ein Interesse, dass der Bieter entsprechend den Ausführungsterminen (oft kurzfristig) mit der Ausführung seiner Leistungen beginnt. Ihm allein obliegt die Einschätzung und Erklärung, ob er in der Lage und willens ist, zu den ausgeschriebenen Konditionen den Auftrag zu erteilen. Nur er kann einschätzen, ob Vergabereife der ausgeschriebenen Leistungen vorliegt. Mangelt es an der Vergabereife, so darf er (noch) nicht ausschreiben. Der Bestbieter hingegen darf grundsätzlich auf die ohne schuldhaftes Zögern zu erteilende Vergabe des öffentlichen Auftrags vertrauen.

32

Dass in Fällen einer verzögerten Vergabeentscheidung der Bestbieter allein das damit verbundene Verzögerungsrisiko tragen soll, ist angesichts der vergleichbaren Konstellation zu den von § 642 BGB erfassten Fällen ein Wertungswiderspruch. Allein der Umstand, dass sich das Verzögerungsrisiko vor dem durch Zuschlagserteilung wirksamen Vertragsschluss realisiert hat, sollte an der im Werkvertragsrecht vorgenommenen Risikozuweisung nichts ändern. Diese Risikozurechnung erscheint auch vor dem Hintergrund sachgerecht, dass es allein in der Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers liegt, ob er bei einer erheblichen Verzögerung im Vergabeverfahren gem. § 17 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A wegen "anderer schwerwiegender Gründe", die u.a. in einer zur Unwirtschaftlichkeit der Vergabe führenden und erforderlich gewordenen Mehrvergütung wegen Verzögerung des Vergabeverfahrens liegen kann (vgl. Ingenstau/Korbion/Portz, VOB, 19. Aufl., § 17 VOB/A Rn. 33), neu ausschreibt oder das Kostenrisiko zu tragen bereit ist.

33

Vorliegend hat die Beklagte trotz der erheblichen Verzögerungen im Vergabeverfahren von einer Neuausschreibung abgesehen.

2.

34

Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin 14,8 km mobile Stahlgleitwand aus dem eigenen Fundus entsprechend den Ausschreibungsspezifika nach dem Submissionsergebnis in berechtigter Erwartung des Zuschlags vorgehalten hat, um zeitnah nach dem avisierten Zuschlagstermin am 02.09.2004 ihre vertraglichen Leistungen termingerecht erbringen zu können.

35

Der für die Klägerin seinerzeit verantwortlich handelnde Zeuge H. ... hat dies im Rahmen seiner Vernehmung nachvollziehbar und ohne Widersprüche erklärt. Dem steht insbesondere die Erklärung des Zeugen, die Reservierung des Materials "zu 100 %" sei erst mit dem Eröffnungstermin erfolgt, nicht entgegen. Streitgegenständlich sind Behinderungskosten, die nach dem Submissionstermin am 19.08.2004, nämlich nach dem ausgeschriebenen Zuschlagstermin am 02.09.2004 entstanden sind.

3.

36

Einer in Anlehnung an § 6 Nr. 1 S. 1 VOB/B erforderlichen Behinderungsanzeige bedurfte es vorliegend nicht. Die Beklagte selbst hat im Rahmen ihrer Bitten um Verlängerung der Bindefrist die in ihrem Verantwortungsbereich liegende Behinderung mitgeteilt.

4.

37

Die von der Klägerin vorgenommene Berechnung des Anspruchs auf Grundlage der baubetrieblichen Stellungnahme der K. ... Baumanagement GmbH (Anlage K 35 - AB 199 ff.) beinhaltet auch die nach § 642 BGB zu entschädigenden Positionen.

38

a) Die Klägerin macht auf (nachträglicher) kalkulativer Grundlage Vorhaltekosten und Allgemeine Geschäftskosten zuzüglich Mehrwertsteuer geltend. Die Positionen Wagnis und Gewinn berücksichtigt sie im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21. Oktober 1999 - VII ZR 185/98 - juris Rn. 26) nicht. Der Entschädigungsanspruch umfasst auch die Allgemeinen Geschäftskosten, da der Auftragnehmer diese Kosten in der Regel nicht ersparen kann (vgl. Ingenstau/Korbion/Düring, aaO, § 6 Abs. 6 VOB/B, Rn. 60 mit weiteren Literatur- und auch Rechtsprechungsnachweisen).

39

b) Durchgreifende Angriffe der Beklagten bezüglich der Berechnung des Klageanspruchs auf Grundlage der baubetrieblichen Stellungnahme sind nicht erkennbar. Der Vortrag der Klägerin hierzu ist plausibel (§ 287 ZPO).

40

Insbesondere ergibt sich auch aus der Gutachtenanlage hinreichend nachvollziehbar die (nachträgliche) kalkulatorische Aufschlüsselung der dem Angebot zugrunde liegenden Preise, die entgegen der Behauptung der Beklagten sehr wohl mit dem Angebotspreis übereinstimmen. Der von der Beklagten behauptete Angebotspreis von insgesamt 1.049.280,19 EUR netto beruht offensichtlich auf einem von ihr zugrunde gelegten, indes im Jahr 2004 noch nicht geltenden Mehrwertsteuersatz von 19 % (bis 31.12.2006: 16 %), worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2017 hingewiesen hat. Im Weiteren hat die Beklagte nicht (substantiiert) vorgetragen, dass die angesetzten Prozentsätze/Zuschläge bei den einzelnen Kostenbestandteilen unzutreffend seien. Substantiierter Vortrag hierzu sollte der Beklagten indes angesichts der bei ihr anzunehmenden fachlichen Kompetenz und der ihr aus dieser und anderen Ausschreibungen bekannten Kalkulationen von Vertragspreisen möglich sein.

5.

41

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der geltend gemachte werkvertragliche Anspruch nicht verjährt. Die für diesen Anspruch geltende dreijährige Verjährungsfrist ist insbesondere infolge des Schlichtungsverfahrens gem. § 18 Nr. 2 Ziff. 2 VOB/B und infolge der von Juli 2010 bis Februar 2011 geführten Verhandlungen über den klägerischen Anspruch gemäß § 203 BGB gehemmt gewesen.

42

a) Angesichts der vereinbarten Geltung der VOB/B und der zunächst als Nachtrag angemeldeten Forderung ist davon auszugehen, dass die Parteien stillschweigend eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, dass sie die Erstellung einer Schlussrechnung als Voraussetzung für die Fälligkeit der Forderung angesehen haben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 06. Oktober 1988 - VII ZR 367/87 -, juris Rn. 18). Damit wäre aufgrund der Schlussrechnungslegung am 11.10.2007 - ohne Hemmungstatbestände - Verjährungsende der 31.12.2010.

43

b) Der Hemmungstatbestand des § 18 Nr. 2 VOB/B aufgrund der Durchführung des Schlichtungsverfahrens ist für den geltend gemachten werkvertraglichen Anspruch gegeben. Die Hemmung trat ab Eingang des Antrages auf Durchführung des Verfahrens ein und endete drei Monate nach Zugang des Bescheides.

44

Das an das W. ... ministerium gerichtete Schreiben der Klägerin vom 25.03.2008 (K 21 - AB 135) auf Durchführung des Verfahrens ist unstreitig am 08.04.2008 beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr eingegangen.

45

Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 22.07.2008 (K 24 - AB 139) ist der Klägerin unstreitig am 24.07.2008 zugegangen, damit endete die Hemmung am 24.10.2008. Die Hemmung umfasst somit den Zeitraum vom 08.04.2008 bis zum 24.10.2008, mithin 6 Monate und 16 Tage.

46

Die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin haben sich u.a. bezüglich der streitgegenständlichen Forderung mit Schreiben vom 09.07.2010 (K 27 - AB 146) erneut an die Beklagte gewandt. Die bis zum Schreiben der Anwälte der Klägerin vom 17.02.2011 (AB 192) hierzu geführte Korrespondenz ist als Verhandeln im Sinne von § 203 BGB zu werten. Sowohl die von den Beteiligten in ihren Schreiben gewählten Überschriften (Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B) als auch die von der Beklagten erforderten Nachweise für den geltend gemachten Anspruch lassen die Annahme zu, dass sich die Parteien in Verhandlungen gemäß § 203 BGB befunden haben.

47

Der Begriff der Verhandlungen ist hierbei weit auszulegen. Es genügt, dass der Gläubiger zu erkennen gibt, dass er einen Anspruch geltend macht und worauf er ihn im Kern stützt. Anschließend genügt jeder Meinungsaustausch über den Anspruch oder seine tatsächliche Grundlage, es sei denn, der Schuldner lehnt sofort erkennbar Verhandlungen ab (Palandt/Ellenberger, BGB, 76. Auflage, § 203 Rn. 2).

48

Nach diesen Maßstäben war infolge von Verhandlungen der Parteien die Verjährung im Zeitraum von Juli 2010 bis Februar 2011, mithin für mindestens 7 Monate gehemmt.

49

Infolge eines insgesamt anzunehmenden Hemmungzeitraums von (mindestens) 6 Monaten + 16 Tagen (ohne Einspruch gegen den ablehnenden Bescheid und Zurückweisung des Einspruchs) und (mindestens) weiteren 7 Monaten (Verhandlungen gem. § 203 BGB) war der Anspruch zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 04.10.2011 noch nicht verjährt.

6.

50

Eine Abhängigkeit (Ausschluss oder Kompensation) zwischen dem hier geltend gemachten Entschädigungsanspruch wegen verzögerter Vergabe und dem im Parallelverfahren 4 U 155/12 verfolgten Anspruch wegen des auf Weisung der Beklagten vorzeitig erfolgten Abbaus der Stahlgleitwand besteht ebenfalls nicht.

51

Wer wegen Annahmeverzugs des Bestellers seine Leistungen nicht erbringen kann, sondern Geräte, Arbeitskraft und Kapital vorhält und deshalb auch andere Aufträge nicht generieren bzw. ausführen kann, behält gleichwohl seinen Vergütungsanspruch wegen der beauftragten Leistungen. Werden diese Leistungen später gekündigt (siehe Parallelverfahren 4 U 155/12), führt dies grundsätzlich nicht zum Wegfall der Vergütung. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 642 BGB tritt neben den Vergütungsanspruch des Unternehmers und ist insbesondere nicht mit diesem zu verrechnen (Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 642 Rn. 27).

7.

52

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die isolierte klageweise Geltendmachung der mit Schlussrechnungsposition N 3.1 beanspruchten Behinderungskosten zulässig. Es handelt sich um einen eigenständigen Anspruch mit eigener Grundlage, der unabhängig von der Schlussrechnung geltend gemacht werden kann.

8.

53

Der Senat hat bereits im Beschluss vom 21.03.2016 ausgeführt, dass die Klägerin angesichts des Submissionsergebnisses auch auf Erteilung des Zuschlags vertrauen durfte. Die Beklagte hat hierzu nur allgemeine Ausführungen entgegengehalten, die eine andere Annahme nicht rechtfertigen.

9.

54

Wegen der von der Klägerin zu beanspruchenden Entschädigung stehen ihr auch die für deren Durchsetzung angefallenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Denn die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Mandatierung bereits in Zahlungsverzug.

55

Anknüpfungspunkt für den Verzug der Beklagten ist hierbei - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht die Abrechnung des streitgegenständlichen Anspruchs auf Grundlage der baubetrieblichen Stellungnahme der K. ... Management GmbH vom 16.06.2011 (K 35), sondern die Geltendmachung im Rahmen der Schlussrechnung vom 11.10.2007 unter Bezugnahme auf die Aufstellung der Kosten im Nachtragsangebot N 3.1. Denn es kommt nicht auf die Richtigkeit der (Be-)Rechnung an. Entscheidend ist, dem Auftraggeber eine sachliche Prüfung des Anspruchs zu ermöglichen, was vorliegend hinsichtlich der beanspruchten Behinderungskosten wegen der verzögerten Zuschlagserteilung zu bejahen ist (K 16 - AB 101f.).

10.

56

Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 2 BGB. Mit der in der Schlusszahlungsmitteilung erfolgten Streichung der von der Klägerin beanspruchten Entschädigung von Vorhaltekosten hat die Beklagte die Erfüllung der Forderung ernsthaft und endgültig verweigert. Die von den Parteien erst nach Durchführung des Schlichtungsverfahrens als Verhandlungen gemäß § 203 BGB zu wertende Korrespondenz führt zu keiner abweichenden Beurteilung dieses verzugsbegründenden Umstands.

11.

57

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

58

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 ZPO.

12.

59

Im Hinblick auf die bislang nicht geklärte Rechtsfrage, ob und ggf. auf welcher Grundlage und in welchem Umfang infolge verzögerter Vergabeverfahren vorvertraglich entstandene Vorhaltekosten des Bestbieters zu erstatten sind, war die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 82/17 Verkündet am:
26. April 2018
Mohr,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VOB/B (2002) § 8 Nr. 1 Abs. 2, § 2 Nr. 3

a) Im Falle der einvernehmlichen Vertragsbeendigung richtet sich die vom
Auftragnehmer zu beanspruchende Vergütung nach § 8 Nr. 1 Abs. 2
VOB/B (2002), sofern sich die Parteien über die Folgen der Vertragsbeendigung
nicht anderweitig geeinigt haben (im Anschluss an BGH, Urteil
vom 4. Juni 1973 - VII ZR 113/71, NJW 1973, 1463).

b) Eine Anpassung der vereinbarten Vergütung nach § 2 Nr. 3 VOB/B
(2002) kommt nur in Betracht, wenn es ohne Eingriff in den ursprünglichen
Leistungsbestand zu einer reinen Mengenänderung bei den Vordersätzen
der bei Vertragsschluss festgelegten Leistungen kommt (im
Anschluss an BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 346/01,
BauR 2004, 495 = NZBau 2004, 207).
BGH, Urteil vom 26. April 2018 - VII ZR 82/17 - OLG Rostock
LG Schwerin
ECLI:DE:BGH:2018:260418UVIIZR82.17.0

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2018 durch die Richter Dr. Kartzke, Halfmeier und Prof. Dr. Jurgeleit und die Richterinnen Graßnack und Dr. Brenneisen
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. März 2017 - 4 U 155/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin fordert eine Vergütung für infolge verkürzter Bauzeit nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 94.778,24 €.
2
Die Beklagte führte im Jahr 2004 eine öffentliche Ausschreibung betreffend den grundhaften Ausbau der Bundesautobahn A 19 für Leistungen der Verkehrsführung und Verkehrssicherung durch, an dem sich die Klägerin mit einem Angebot zu einem Gesamtpreis von 1.076.416,75 € netto beteiligte. Darin bot die Klägerin entsprechend der Ausschreibung unter Einbeziehung der VOB/B (2002) die Vorhaltung einer Stahlgleitwand von 14,8 km für 588 Tage zu einem Einheitspreis von 1.184 €/Tag netto an. In der Ausschreibung war als Frist für die Ausführung der Leistungen der Zeitraum von September 2004 bis April 2006 angegeben, vorbehaltlich der Zuschlagserteilung des Bauhauptloses. Die am 2. September 2004 endende Binde- und Zuschlagsfrist wurde auf Bitten der Beklagten mit Zustimmung der Klägerin mehrfach verlängert. Am 30. März 2006 erteilte die Beklagte der Klägerin den Zuschlag für die angebo- tenen Arbeiten über 1.186.211,26 € brutto nach Abzug eines Nachlasses von 5 %.
3
Wegen der Dauer des Vergabeverfahrens hatte die Klägerin im Jahr 2005 begonnen, die zur Ausführung vorgesehene und von ihr vorgehaltene Stahlgleitwand sukzessive auf anderen Baustellen einzusetzen. Bei Zuschlagserteilung musste die Klägerin daher die benötigte Stahlgleitwand bei einem Nachunternehmer anmieten. Die Klägerin machte Mehrkosten für die Vorhaltung der Stahlgleitwand wegen der mehrfachen Verlängerung der Zuschlagsfrist in Höhe von 431.783,60 € geltend. Diese Forderung ist Gegenstand des Parallelverfahrens VII ZR 81/17.
4
Die Stahlgleitwand wurde auf Weisung der Beklagten nur an 333 Tagen eingesetzt, da diese die Baumaßnahme erheblich beschleunigte. Die Klägerin beansprucht für die infolge vorzeitiger Vertragsbeendigung nicht erbrachten Leistungen auf der Grundlage eines vorgerichtlich eingeholten Sachverständigengutachtens und unter Berücksichtigung eines Nachlasses von 5 % eine Vergütung in Höhe von insgesamt 94.778,24 €.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung des geforderten Betrags verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
7
Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung anzuwenden, Art. 229 § 39 EGBGB.

I.

8
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe aufgrund der erheblich verkürzten Bau- bzw. Vorhaltezeit ein Anspruch aus § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) zu. Die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, die ca. 14.800 m lange Stahlgleitwand bereits nach einer Standzeit von 333 Tagen (statt nach vereinbarten 588 Tagen) abzubauen, sei nach verständiger Auslegung als eine den Anspruch nach § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) begründende freie Kündigung anzusehen. Die Beklagte habe aufgrund der Notwendigkeit zur vorzeitigen Fertigstellung der Baumaßnahme von ihrem freien Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. Angesichts der erheblichen Beschleunigung der Baumaßnahme wegen der enormen Verzögerung beim Baubeginn einerseits und der notwendigen Fertigstellung des Autobahnteilstücks vor dem G 8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007 andererseits habe die Kündigung ihre Ursache allein im Risiko- und Verantwortungsbereich der Beklagten.
9
Die als Kündigung auszulegende Aufforderung zum Abbau der Stahlgleitwand habe zwar nicht dem Schriftformerfordernis nach § 8 Nr. 5 VOB/B (2002) entsprochen. Indes sei allgemein anerkannt, dass bei einem VOBVertrag die Kündigungsregelungen in §§ 8, 9 VOB/B (2002) jedenfalls auch dann Geltung erlangen sollen, wenn von einer einverständlichen Vertragsaufhebung auszugehen sei und die Parteien sich nicht über deren Folgen ausdrücklich verständigt hätten. Aufgrund des nach Aufforderung der Beklagten erfolgten Abbaus der Stahlgleitwand und der weiteren Baustellenräumung sowie der Fertigstellung der Baumaßnahme sei hier die Annahme einer einver- nehmlichen (konkludenten) Vertragsaufhebung berechtigt. Vorliegend hätten sich die Parteien über die Folgen dieser einvernehmlichen Vertragsaufhebung ausdrücklich nicht verständigt.
10
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sei dahin auszulegen, dass die Klägerin die Vorhaltung der Stahlgleitwand in einem Umfang von 14.800 m für mindestens 588 Tage schuldete. Bei einer Verkürzung der vertraglich vereinbarten Leistungs(Miet-)zeit werde der Auftragnehmer in seiner berechtigten Vergütungserwartung für den gesamten Zeitraum enttäuscht. Aufgrund des überwiegend mietrechtlichen Charakters der streitgegenständlichen Bauleistung sei eine Anpassung nach den Regelungen zur Vergütungsanpassung für Mehr- und Mindermengen beim Einheitspreisvertrag gemäß § 2 Nr. 3 VOB/B (2002) nicht vorzunehmen. Im Übrigen komme eine Anwendung des § 2 Nr. 3 VOB/B (2002) nur in Betracht, wenn sich die Verringerung der Leistung ohne Einwirkung des Auftraggebers wegen der an Ort und Stelle vorgefundenen Verhältnisse ergebe, was vorliegend nicht der Fall sei.
11
Die Klägerin mache aufgrund einer nachträglichen Kalkulation ihres Angebotspreises den Vergabegewinn, den Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten als nicht ersparte Kosten geltend. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihrem Vergütungsanspruch nur solche Vergütungsbestandteile zugrunde lege, die ohnehin nicht erspart werden könnten und ihr unabhängig von einem anderweitigen Erwerb zuständen, mithin durch anderweitigen Erwerb nicht kompensiert werden könnten. Gegen die Berechnung des Anspruches habe die Beklagte keine substantiierten Angriffe geführt.

II.

12
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
13
1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass der Klägerin nach teilweiser einvernehmlicher Aufhebung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags vom 30. März 2006 nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B (2002) ein Vergütungsanspruch wegen nicht erbrachter Leistungen in Höhe von 94.778,24 € zusteht.
14
a) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass der Vertrag vom 30. März 2006 durch die Beschleunigungsmaßnahmen der Beklagten, die dazu geführt haben, dass die Vorhaltung der Stahlgleitwand nur an 333 Tagen statt wie im Leistungsverzeichnis angegeben 588 Tagen erforderlich war, teilweise einvernehmlich vorzeitig beendet worden ist.
15
aa) Das Berufungsgericht legt den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag hinsichtlich der darin enthaltenen Position zur Vorhaltung einer Stahlgleitwand von 14,8 km für 588 Tage dahin aus, dass die Klägerin danach verpflichtet war, entsprechend der in Aussicht genommenen Bauzeit eine Stahlgleitwand für einen Zeitraum von insgesamt 588 Tagen zur Verfügung zu halten. Die tatrichterliche Vertragsauslegung ist revisionsrechtlich nur dahingehend überprüfbar, ob Verstöße gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, sonstige Erfahrungssätze oder Denkgesetze vorliegen oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2015 - VII ZR 58/14, NZBau 2016, 213 Rn. 15; Urteil vom 9. Juli 2015 - VII ZR 5/15, BGHZ 206, 203 Rn. 20; Versäumnisurteil vom 22. Januar 2015 - VII ZR 87/14, NJW 2015, 1107 Rn. 14; Urteil vom 18. Dezember 2014 - VII ZR 60/14, BauR 2015, 828 Rn. 17 m.w.N. = NZBau 2015, 220). Beachtliche Rechtsfehler des Berufungsgerichts bei der Vertragsauslegung liegen entgegen der Auffassung der Revision nicht vor.
16
Die Auffassung der Revision, das Berufungsgericht sei von einem Pauschalpreis - und nicht von einem Einheitspreisvertrag ausgegangen, trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat vielmehr zugrunde gelegt, dass das Vorhalten der Stahlgleitwand nach den im Vertrag vereinbarten Einheitspreisen je Tag der Vorhaltung abzurechnen war. Soweit das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Zeitraum der Vorhaltung der Stahlgleitwand mit 588 Tagen verbindlich im Sinne einer Mindestvertragslaufzeit vereinbart worden ist, begegnet dies keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist möglich und widerspricht insbesondere nicht dem Grundsatz einer interessengerechten Auslegung.
17
Soweit die Revision dagegen anführt, die Beklagte habe in der Leistungsbeschreibung "Baubeschreibung Verkehrsführung" gefordert, die Einheitspreise so zu kalkulieren, dass diese für die gesamte Bauzeit verbindlich sind, steht dies einer interessengerechten Auslegung nicht entgegen. Dieser von der Beklagten vorgegebene Passus der Leistungsbeschreibung stützt vielmehr die Annahme des Berufungsgerichts, dass sich ein Bieter auf eine Bauzeit von 588 Tagen einzurichten und seine Preise entsprechend zu kalkulieren hatte.
18
bb) Ausgehend von der Annahme, dass die Klägerin nach dem Vertrag eine Stahlgleitwand jedenfalls für eine Bauzeit von 588 Tagen zur Verfügung halten musste, stellt die Anforderung der Stahlgleitwand durch die Beklagte während eines Zeitraums von lediglich 333 Tagen eine Verkürzung der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit dar, die einer Teilkündigung des Vertrags gleichzustellen ist. Da nach den von der Revision insoweit nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts von einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung auszugehen ist, kommt es auf die von der Revision für erheblich gehaltene Frage, ob die Parteien auf das für eine Kündigung geltende Schriftformerfordernis nach § 8 Nr. 5 VOB/B (2002) verzichten können, nicht entscheidend an.
19
b) Im Falle der einvernehmlichen Vertragsbeendigung richtet sich die vom Auftragnehmer zu beanspruchende Vergütung nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B (2002), der inhaltlich weitgehend dem § 649 Satz 2 BGB entspricht , sofern sich die Parteien über die Folgen der Vertragsbeendigung nicht anderweitig geeinigt haben (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 113/71, NJW 1973, 1463 f., juris Rn. 25 f.m.w.N.; Ingenstau/Korbion/Joussen/Vygen, VOB Teile A und B, 20. Aufl., § 8 Abs. 6 VOB/B Rn. 8; O. Vogel, BauR 2011, 313, 315). Feststellungen zu einer solchen Vereinbarung hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
20
aa) § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B (2002) verdrängt, wie das Berufungsgericht richtig erkennt, als speziellere Regelung den § 2 Nr. 3 VOB/B (2002) (vgl. OLG Celle, BauR 1995, 558, juris Rn. 4; Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB Teile A und B, 20. Aufl., § 2 Abs. 3 VOB/B Rn. 33; Kapellmann/Schiffers/Markus, Vergütung , Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag, Bd. 1, Einheitspreisvertrag , 7. Aufl., Rn. 512; Kuffer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl., § 2 VOB/B Rn. 111). Eine Anpassung der vereinbarten Vergütung nach § 2 Nr. 3 VOB/B (2002) kommt nur in Betracht, wenn es ohne Eingriff in den ursprünglichen Leistungsbestand zu einer reinen Mengenänderung bei den Vordersätzen der bei Vertragsschluss festgelegten Leistungen kommt (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 346/01, BauR 2004, 495, 496, juris Rn. 18 = NZBau 2004, 207). Diese Voraussetzung ist, wie dargestellt, nicht erfüllt.
21
bb) Der Klägerin steht danach gemäß § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B (2002) die vereinbarte Vergütung zu; sie muss sich jedoch anrechnen lassen, was sie infolge der teilweisen Aufhebung des Vertrags an Kosten erspart oder durch anderweitige Verwendung ihrer Arbeitskraft und ihres Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Das Berufungsgericht hält in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Klägerin einen Betrag in Höhe von 94.778,24 € für gerechtfertigt. Dies begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2016 - VII ZR 201/15, BGHZ 209, 278 Rn. 27; Urteil vom 28. Oktober 1999 - VII ZR 326/98, BGHZ 143, 79, 83 f., juris Rn. 13; Urteil vom 30. September 1999 - VII ZR 206/98, BauR 2000, 126, 128, juris Rn. 13 = NZBau 2000, 140; Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 277/97, BGHZ 140, 263, 269, juris Rn. 25). Die Höhe der von der Klägerin errechneten Vergütung wird von der Revision im Übrigen nicht angegriffen.
22
2. Die Klägerin kann von der Beklagten weiterhin unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gemäß § 280 Abs. 1, § 286 BGB Ersatz der durch die vorgerichtliche Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten entstandenen Rechtsver- folgungskosten in der geltend gemachten Höhe von 1.935,50 € nach einem Gegenstandswert von 94.778,24 € verlangen. Eine Obliegenheit der Klägerin, ihren Prozessbevollmächtigten hinsichtlich des im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Vergütungsanspruchs und des im Parallelverfahren VII ZR 81/17 verfolgten Zahlungsanspruchs einen einheitlichen Auftrag zu erteilen , folgt entgegen der Auffassung der Revision nicht bereits daraus, dass sie in diesem Fall wegen der Zusammenrechnung der Forderungen infolge der sich aus der Gebührentabelle ergebenden Gebührenstufen insgesamt eine geringere Verfahrensgebühr an ihre Prozessbevollmächtigten hätte zahlen müssen. Da die Klägerin berechtigt war, die beiden Ansprüche in zwei getrennten Prozessen geltend zu machen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. November 2017 - VII ZR 81/17 und VII ZR 82/17), ist die Erteilung zweier getrennter Aufträge nicht als Verstoß gegen § 254 Abs. 2 Satz 1, 2. Fall BGB zu bewerten. Die Hö- he der von der Klägerin nach einem Streitwert von 94.778,24 € zu beanspru- chenden Gebühr steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

III.

23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Kartzke Halfmeier Jurgeleit Graßnack Brenneisen

Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 29.11.2012 - 4 O 270/12 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 14.03.2017 - 4 U 155/12 -

(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.

(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

12
Der Klägerin steht dem Grunde nach ein Mehrvergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B zu, soweit es infolge der verzögerten Vergabe zu einer Verschiebung der Ausführungsfristen gekommen ist. Die Auslegung der vertraglichen Erklärungen der Parteien durch das Berufungsgericht und seine Ausführungen zur Berechnung und zur Höhe der Mehrvergütung begegnen allerdings durchgreifenden Bedenken.
13
Nach einem solchen Vertragsschluss kann es bei der vereinbarten Ausführungszeit nicht verbleiben. Sie ist aus tatsächlichen Gründen bereits gegenstandslos. Ein ersatzloser Wegfall entspricht jedoch nicht dem Willen der Parteien. Das Verhalten der Parteien ist dahin auszulegen, dass sie den Vertrag zwar bereits bindend schließen, über neue, dem eingetretenen Zeitablauf Rechnung tragende Fristen oder Termine und ihre Folgen auf die Vergütung jedoch noch eine Einigung herbeiführen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, aaO, Tz. 44, 49). Das ist hier teilweise geschehen, indem der Baubeginn einvernehmlich auf den 1. April 2006 festgelegt wurde. Zu den Folgen dieser Änderung auf die Vergütung haben die Parteien dagegen keine Einigung getroffen. Die durch diese fehlende Einigung entstandene Lücke des Vertrages ist durch ergänzende Vertragsauslegung dahin zu schließen, dass der vertragliche Vergütungsanspruch in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2009 - VII ZR 11/08, aaO, Tz. 44, 46, 49).

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.

(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

19
§ 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Unternehmers, wenn der Besteller eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und der Besteller hierdurch in Annahmeverzug gerät. Voraussetzung ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Bestellers bei der Herstellung des Werks. Mitwirkungshandlungen des Bestellers sind dabei in einem weiten Sinn zu verstehen und können sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen bestehen. Maßgebend ist, dass ohne die Mitwirkung des Bestellers die Herstellung des Werks nicht erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - VII ZR 194/13, BauR 2017, 1361 Rn. 18 = NZBau 2017, 596, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.

(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

19
§ 642 BGB regelt einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch des Unternehmers, wenn der Besteller eine ihm obliegende Mitwirkungshandlung unterlässt, die bei der Herstellung des Werks erforderlich ist, und der Besteller hierdurch in Annahmeverzug gerät. Voraussetzung ist eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Bestellers bei der Herstellung des Werks. Mitwirkungshandlungen des Bestellers sind dabei in einem weiten Sinn zu verstehen und können sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen bestehen. Maßgebend ist, dass ohne die Mitwirkung des Bestellers die Herstellung des Werks nicht erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2017 - VII ZR 194/13, BauR 2017, 1361 Rn. 18 = NZBau 2017, 596, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

(1) Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.

(2) Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)