Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2013 - V ZR 14/12

bei uns veröffentlicht am01.03.2013
vorgehend
Landgericht Potsdam, 1 O 161/08, 21.11.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 14/12 Verkündet am:
1. März 2013
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Grundstückseigentümer entscheidet auch dann allein über die kommerzielle
Verwertung der von seinem Grundstück aus angefertigten Fotografien seiner Bauwerke
und Gartenanlagen, wenn er den Zugang zu privaten Zwecken gestattet hat
(Bestätigung des Senatsurteils vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011,
749).
BGH, Urteil vom 1. März 2013 - V ZR 14/12 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. März 2013 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann und die
Richter Dr. Lemke, Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Dezember 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Unterlassung der Verwertung von Fotografien verurteilt und die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Schadens aus der Verwertung von Fotografien festgestellt worden ist.
Hiervon ausgenommen sind Fotografien von 1. Park Sanssouci mit den Schlössern Sanssouci, Neues Palais, Charlottenhof, Bildergalerie, Neue Kammern, Orangerie, Drachenhaus , Belvedere, Römische Bäder, Chinesisches Teehaus sowie Parkarchitekturen und -gebäuden ab dem 11. Februar 1998, 2. Neuer Garten einschließlich des Heiligen Sees mit Marmorpalais , Schloss Cecilienhof, Meierei, Orangerie und diversen Gartenarchitekturen und -gebäuden ab dem 11. Februar 1998, 3. Schloss und Park Rheinsberg einschließlich aller Nebengebäude , Wasserflächen und Brücken ab dem 27. März 1997, 4. Schloss und Park Charlottenburg mit den Nebengebäuden Belvedere, Mausoleum und Schinkelpavillon ab dem 5. Januar 2010, 5. Schloss und Park Sacrow ab dem 16. Februar 1998, 6. Schloss Glienicke und Parkgebäude ab dem 5. Januar 2010 und 7. Schloss und Park Königs Wusterhausen einschließlich Nebenanlagen ab dem 24. März 1999; insoweit bleiben die Verurteilung zur Unterlassung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsverfahren, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine durch Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg vom 23. August 1994 (GVBl. Bln. S. 515 = GVBl. BB 1995 I S. 2 - StV) errichtete öffentlich-rechtliche Stiftung, deren Aufgabe es ist, etwa 150 ehemals preußische Schlösser und andere historische Bauten und dazu gehörige Gartenanlagen zu bewahren, unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer sowie denkmalpflegerischer Belange zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie wendet sich dagegen, dass die Beklagte, eine Fotoagentur, die überwiegend im Auftrag Dritter, zum Beispiel von Presseunternehmen , daneben aber auch in eigener Initiative Fotografien herstellt, Fotos von Kulturgütern, die der Klägerin gehören, etwa Parkanlagen, Skulpturen und Außenansichten historischer Gebäude, ohne ihre - von einem Entgelt abhängige - Genehmigung vermarktet. Sie verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen , nicht zu privaten Zwecken nach dem 23. August 1994 angefertigte Fotos der ihr gehörenden Kulturgüter zu vervielfältigen, zu verbreiten oder öffentlich wiederzugeben oder dies geschehen zu lassen, soweit diese Fotos innerhalb ihrer Anwesen aufgenommen wurden. Darüber hinaus beantragt sie Auskunft über die Anzahl der Fotografien und die damit erzielten Einnahmen. Schließlich möchte sie die Ersatzpflicht der Beklagten für bereits entstandene und zukünftig noch entstehende Schäden festgestellt wissen.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Potsdam, ZUM 2009, 430). Das Oberlandesgericht hat sie im ersten Berufungsverfahren abgewiesen (OLG Brandenburg, GRUR 2010, 927). Dieses Urteil hat der Senat im ersten Revisionsverfahren aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749). Im zweiten Berufungsverfahren hat das Oberlandesgericht die Verurteilung der Beklagten unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen hinsichtlich des Unterlassungsantrags auf Aufnahmen aus dem Zeitraum ab dem 23. August 1994 und hinsichtlich der Feststellung der Schadensersatzpflicht auf den Zeitraum nach der Verkündung des ersten Revisionsurteils des Senats am 17. Dezember 2010 reduziert (GRUR-RR 2012, 301). Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht hält die Klage für überwiegend begründet. Nach der Entscheidung des Senats im ersten Revisionsverfahren sei davon auszugehen , dass die Beklagte das Eigentum der Klägerin an ihren Grundstücken verletze, indem sie von den Gebäuden und Parkanlagen ungenehmigt Fotoaufnahme anfertige und verwerte. Fest stehe ferner, dass die Klägerin in der Geltendmachung ihres Unterlassungsanspruchs weder durch den Staatsvertrag über ihre Errichtung, durch ihre Satzung oder andere öffentlich-rechtlichen Normen noch durch die Pressefreiheit eingeschränkt werde. Die Klägerin sei auch aktivlegitimiert. Sie habe das Eigentum an sechs Anwesen, darunter Schlosspark Sanssouci mit Neuem Palais und Neuem Garten sowie Schloss und Park Rheinsberg, nachgewiesen. Für die anderen Anwesen bedürfe es eines Nachweises nicht, weil die Klägerin die Unterlassung nur für Grundstücke verlange, die ihr gehörten. Sie könne aber Unterlassung nur für Aufnahmen verlangen , die nach dem 23. August 1994 angefertigt worden seien. Begründet sei auch der Auskunftsanspruch, weil die Klägerin Auskunft nur unter der Bedingung des Eigentumsnachweises verlange. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten könne nur für den Zeitraum ab der Verkündung des ersten Revisionsurteils angenommen werden. Eigentumsbeeinträchtigungen in dem Zeitraum davor habe die Beklagte nicht zu vertreten.

II.


4
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

5
1. Die Unterlassungsverurteilung ist nur teilweise gerechtfertigt.
6
a) Diese Verurteilung kann schon deshalb nicht in vollem Umfang aufrechterhalten werden, weil sie zu unbestimmt ist.
7
aa) Die Verurteilung der Beklagten setzt einen zulässigen und das heißt nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO „bestimmten“ Klageantrag voraus. In diesem Sinne bestimmt ist ein Klageantrag, wenn die zu unterlassende Beeinträchtigung so deutlich bezeichnet ist, dass der Streitgegenstand klar umrissen ist, sich der Beklagte erschöpfend verteidigen kann und nicht dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (vgl. BGH, Urteile vom 14. Dezember 1999 - II ZR 330/97, NJW 1999, 954 und vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00, BGHZ 156, 1, 8 f. und Senat, Urteil vom 29. Mai 2009 - V ZR 15/08, NJW 2009, 2528, 2529; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 253 Rn. 13). Diesen Anforderungen genügen der Antrag der Klägerin und die ihm stattgebende Unterlassungsverurteilung nicht.
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bb) Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass die Klägerin von der Beklagten Unterlassung der Vermarktung von Fotos nur der Anwesen beantragt hat, die ihr von den Ländern Berlin und Brandenburg zu Eigentum übertragen worden sind. Die Anwesen sind aber in dem Urteil nicht bezeichnet ; die Verurteilung zur Unterlassung ist - anders als die Verurteilung zur Auskunft - auch nicht davon abhängig, dass der Beklagten das Eigentum nachgewiesen wird. Das führt dazu, dass diese nicht erkennen kann, Fotos welcher der von der Klägerin verwalteten Schlösser und Gärten von dem Vermarktungsverbot erfasst werden. Der wesentliche Streitpunkt des zweiten Beru- fungsverfahrens wird damit nicht entschieden, sondern in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Das ist nicht zulässig.
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cc) Anders als das Berufungsgericht meint, hat der Senat einen Antrag der hier gestellten Art und eine darauf gestützte Verurteilung in seinem Urteil vom 17. Dezember 2010 gegen den Beklagten in dem parallelen Rechtsstreit V ZR 46/10 (ZUM 2011, 333, Tenor veröffentlicht bei juris) nicht als ausreichend bestimmt anerkannt. In jenem Urteil hat der Senat den dortigen Beklagten zwar zur Unterlassung der Vermarktung „der von der Klägerin verwalteten Kulturgüter“ verurteilt. Er hat es dabei aber nicht bewenden lassen und in die Verurteilung eine Bezugnahme auf den Staatsvertrag über die Errichtung der Klägerin vom 23. August 1994 aufgenommen, der in Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 3 die Anwesen im Einzelnen aufführt, die der Klägerin übertragen werden sollen. Ohne diesen Verweis könnte nicht festgestellt werden, welche Anwesen von dem Verbot erfasst sind.
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b) Die Unbestimmtheit der Verurteilung führt aber nicht dazu, dass die Unterlassungsverurteilung in vollem Umfang aufzuheben wäre. Die Klägerin möchte mit ihrem Antrag eine Unterlassungsverurteilung der Beklagten für jedes einzelne der von ihr nach dem Staatsvertrag verwalteten Anwesen erreichen. Die Zusammenfassung dieser Unterlassungsansprüche in einem - wenn auch zu unbestimmt gefassten - Sammelantrag ändert nichts daran, dass die Einzelansprüche darin enthalten sind. Die Einzelansprüche sind deshalb auch bei Unzulässigkeit des Sammelantrags zuzuerkennen, soweit die Anspruchsvoraussetzungen für die einzelnen Anwesen festgestellt sind.
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c) Danach ist die ausgesprochene Unterlassungsverurteilung hinsichtlich der in dem Ausspruch dieses Urteils bezeichneten sieben Anwesen für Fotogra- fien, die nach den jeweils angegebenen Erwerbszeitpunkten aufgenommen worden sind, begründet und insoweit aufrechtzuerhalten. Im Übrigen ist sie aufzuheben , weil das Eigentum der Klägerin an den anderen Anwesen und bei den im Ausspruch dieses Urteils genannten Anwesen ein früherer Zeitpunkt des Eigentumserwerbs nicht festgestellt sind.
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aa) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass der Eigentümer durch die Verwertung von Fotografien seines Grundstücks, die ohne seine Genehmigung innerhalb des Grundstücks aufgenommen wurden, in seinem Eigentum anders als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird und nach § 1004 Abs. 1 BGB verlangen kann, die Verwertung solcher Fotografien zu unterlassen. Das hat der Senat entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Nachweise in den Urteilen vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749 f. Rn. 12 f. und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 334 Rn. 12 f.) in dieser und in zwei Parallelsachen entschieden (Urteile vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749 Rn. 12 f.; - V ZR 46/10, ZUM 2011, 333 Rn. 12 f. und V ZR 44/10, NJW 2011, 753 Rn. 8). Die Entscheidungen haben nicht nur Zustimmung (Flöter/Königs, ZUM 2012, 383, 384 und 387; Schabenberger, GRUR-Prax 2011, 139), sondern auch Kritik erfahren (Lehment, GRUR 2011, 327; Schack, JZ 2011, 375; Stieper, ZUM 2011, 331). Die Kritik richtet sich sowohl gegen die Annahme eines Unterlassungsanspruchs als auch gegen das Ergebnis, zu dem der Senat bei der Kontrolle der Ausübung dieses Anspruchs gelangt ist. Sie gibt keine Veranlassung zu einer Änderung der Rechtsprechung.
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(1) Gegen den Unterlassungsanspruch wird eingewandt, die Verwertung ungenehmigter Fotografien eines fremden Grundstücks, die dessen Betreten voraussetzen, beeinträchtige das Grundstückseigentum nicht. Dem Eigentümer stehe das Recht zur Verwertung solcher Aufnahmen nicht zu (Lehment, GRUR 2011, 327; Schack, JZ 2011, 375, 376; Stieper, ZUM 2011, 331, 332). Mit diesen schon gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erhobenen Einwänden hat sich der Senat in seinen Urteilen vom 17. Dezember 2010 im Einzelnen auseinandergesetzt (V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 750 f. Rn. 15-18 und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 335 Rn. 15-18). Sie beruhen auf drei grundlegenden Missverständnissen.
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(a) Das erste Missverständnis betrifft die Frage nach dem Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums. Auf sie kommt es deshalb an, weil unter der in § 1004 Abs. 1 BGB vorausgesetzten Beeinträchtigung des Grundstückseigentums in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand zu verstehen ist (Senat, Urteile vom 19. Dezember 1975 - V ZR 38/74, BGHZ 66, 37, 39, vom 19. September 2003 - V ZR 319/01, BGHZ 156, 172, 175 und vom 1. Juli 2011 - V ZR 154/10, NJW-RR 2011, 1476, 1477 Rn. 14). Zu dem Zuweisungsgehalt des (Grundstücks-) Eigentums gehört, darüber besteht noch Einigkeit , nicht nur die Abwehr von Beeinträchtigungen der Sachsubstanz, sondern auch das Recht, darüber zu entscheiden, wer das Grundstück betreten darf und zu welchen Bedingungen dies ermöglicht werden soll. Damit gehört aber, was die Kritik übersieht, zum Zuweisungsgehalt des Grundstückseigentums auch das Recht des Grundstückseigentümers, darüber zu entscheiden, wer die wirtschaftlichen Vorteile ziehen darf, die das Betreten oder Benutzen des Grundstücks eröffnet (so schon BGH, Urteil vom 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778, 779). Gestattet er das Betreten oder Benutzen seines Grundstücks nur unter bestimmten Bedingungen, ist jede Abweichung hiervon ein Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Eigentums und damit eine Eigentumsbeeinträchtigung. Das ist in der Rechtsprechung nicht nur des Bundesgerichtshofs seit langem anerkannt (BGH, Urteile vom 15. September 2003 - II ZR 367/02, NJW 2003, 3702 und vom 16. März 2006 - I ZR 92/03, NJW-RR 2006, 1378, Senat, Urteil vom 19. September 2003 - V ZR 319/01, BGHZ 156, 172, 178; ferner OLG Dresden, NJW 2005, 1871 und OLG Brandenburg, NJWRR 1996, 1514). Hierin liegt keine Besonderheit des (Grundstücks-) Eigentums. Auch der Zuweisungsgehalt anderer absoluter Rechte wird beeinträchtigt, wenn die Grenzen einer erteilten Einwilligung überschritten werden. So deckt etwa die Einwilligung in eine bestimmte Form der Veröffentlichung eines Fotos durch den Fotografierten nur die Form der Veröffentlichung ab, in die eingewilligt wurde, nicht auch andere (BGH, Urteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, NJW 1985, 1617, 1618 f. und vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03, NJW 2005, 56, 57; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 1112). Ähnlich liegt es bei der schlichten Einwilligung in die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Bildern (BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 69/08, BGHZ 185, 291, 306 f. Rn. 36).
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(b) Das zweite Missverständnis der Kritik betrifft den Charakter des Abwehranspruchs des Grundstückseigentümers. Dieser Anspruch vermittelt dem Grundstückseigentümer zwar das Recht, über die Verwertung von auf dem Grundstück angefertigten Fotos zu entscheiden. Der Anspruch zeigt damit ähnliche Rechtsfolgen wie Immaterialgüterrechte, was auch eine daran angelehnte Ausgestaltung des Auskunftsanspruchs rechtfertigt (dazu Senat, Urteile vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 f. Rn. 38 und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 337 Rn. 34). Damit wird dem Grundstückseigentümer aber kein eigenständiges Recht am Bild der eigenen Sache zuerkannt (Senat, Urteile vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 750 Rn. 15 und V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 335 Rn. 15). Diese Rechtsfolge ist vielmehr der Eigenart der Beeinträchtigung geschuldet, die das Eigentum bei der ungenehmigten Verwertung von Fotografien erfährt. Besteht die Beeinträchtigung des Eigentums etwa darin, dass ein Dritter ohne Genehmigung des Kabelnetzbetreibers mit Teilnehmern, die an das Kabelnetz angeschlossen sind, Verträge über den Zugang zu seinen Mediendiensten durch das Kabelnetz schließt, führt derselbe Anspruch nicht zu einem Verwertungs-, sondern zu einem Nutzungsverbot (Senat, Urteil vom 19. September 2003 - V ZR 319/01, BGHZ 156, 172, 178).
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(c) Das dritte Missverständnis der Kritik betrifft den Rechtfertigungsgehalt des Urheberrechts des Fotografen an den ungenehmigten Fotografien. Sein Urheberrecht vermittelt dem Fotografen zwar ein ausschließliches Recht zur Verwertung gegenüber Dritten. Gegenüber dem Grundstückseigentümer vermittelt es dem Fotografen aber keine Befugnisse. Die ungenehmigte Verwertung der Fotografie ist eine Eigentumsstörung, die nicht dadurch rechtmäßig wird, dass dem Störer Rechte gegenüber Dritten zustehen, deren Rechte er nicht verletzt hat. Auch das ist keine Besonderheit des (Grundstücks-) Eigentums. Der Eingriff etwa in das Persönlichkeitsrecht durch ein rechtswidrig erlangtes Foto könnte nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Fotograf an dem rechtswidrig erlangten Foto ein Urheberrecht hat, auf Grund dessen er Dritte an der ungenehmigten Verwertung hindern könnte.
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(2) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin steht auch nicht im Widerspruch zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Februar 2011 (BVerfGE 128, 226 - sog. Fraport-Urteil) und den maßgeblichen Vorschriften des öffentlichen Rechts.
18
(a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem sog. Fraport-Urteil entschieden , dass eine Aktiengesellschaft, deren Anteile mehrheitlich der öffentlichen Hand zustehen, der Grundrechtsbindung nicht entzogen ist und deshalb zivilrechtliche Befugnisse wie das Hausrecht nur so ausüben darf, wie es staatliche Stellen unter Beachtung der Grundrechte könnten (BVerfGE 128, 226, 247 f. [B. I. 1. c], 258 f. [B II. 3.]). Eine solche Überlagerung des Zivilrechts durch eine Ausübungskontrolle anhand der maßgeblichen Vorschriften des öffentlichen Rechts nimmt der Senat in ständiger Rechtsprechung an, wenn staatliche Stellen öffentliche Aufgaben oder Zwecke mit den Mitteln des Zivilrechts verfolgen (Senat, Urteile vom 26. Oktober 1960 - V ZR 122/59, BGHZ 33, 230, 231 f., vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 106 und vom 4. Mai 2007 - V ZR 162/06, ZOV 2007, 30). Er hat deshalb auch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 Abs. 1 durch die Klägerin in dem angefochtenen Urteil einer Ausübungskontrolle an dem Maßstab der einschlägigen Vorschriften des öffentlichen Rechts unterzogen (Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 751 Rn. 20). Das entspricht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
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(b) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin ist im Rahmen dieser Ausübungskontrolle nicht zu beanstanden. Das hat der Senat in dem ersten Revisionsurteil im Einzelnen dargelegt (aaO S. 751 f. Rn. 21-27). Die dagegen vorgebrachten Einwände rechtfertigen keine andere Beurteilung.
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(aa) Das Verhalten der Klägerin steht nicht in Widerspruch zu der mit Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Informationsfreiheit.
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(aaa) Die Klägerin gestattet jedermann - auch der Beklagten - den kostenlosen Zugang zu ihren Anwesen zu nichtkommerziellen Zwecken. Sie gewährleistet durch entsprechende Entgeltermäßigungen und -freistellungen, dass die Presse ihrem Auftrag zur Unterrichtung der Öffentlichkeit ungehindert nachkommen kann (Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 Rn. 27). Im vorliegenden Verfahren geht es weder um den Zugang zu amtlichen Informationen der Klägerin als einer Stiftung des öffentlichen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1/12, juris zur Auskunftspflicht des BRH nach § 1 IFG) oder zu Informationen über eine bestimmte Person (BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 - 6 A 2/07, BVerwGE 130, 29 zur Auskunftspflicht des BND nach § 7 BNDG) noch um die Presse- und Informationsfreiheit und die Unterrichtung der Öffentlichkeit. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die der Senat seinem Urteil zugrunde zu legen hat, stellt die Beklagte Fotos unter anderem von den Anwesen der Klägerin überwiegend im Auftrag Dritter, zum Beispiel von Presseunternehmen, daneben aber auch in eigener Initiative her und bietet sie auf einem von ihr betriebenen Internetportal zum Verkauf an. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist allein die kommerzielle Verwertung der Fotografien von Gebäuden und Gartenanlagen , welche die Klägerin auch nicht generell untersagen, sondern lediglich von einem Entgelt abhängig machen will. Die Beklagte verfolgt nicht das Ziel, selbst die Öffentlichkeit über die Anwesen der Klägerin zu informieren: Sie will interessierten Unternehmen entgeltlich Fotos zur Verfügung stellen, mit deren Hilfe diese dann ihre unternehmerischen Ziele verfolgen können, etwa indem sie solche Fotos in einer Werbebroschüre abdrucken. Zu diesen Zielen kann auch die Information der Öffentlichkeit gehören, etwa wenn ein Presseunternehmen einen Artikel über die Klägerin oder ihre Anwesen mit Fotos aus den Beständen der Beklagten illustrieren möchte. Die Information der Öffentlichkeit ist dann aber nicht Ziel und Aufgabe der Beklagten, sondern Ziel und Aufgabe des Presseunternehmens. Die Beklagte selbst nimmt dabei nicht ihr Grundrecht aus Art. 5 GG, sondern ihr Grundrecht auf Berufs- und Gewerbefreiheit aus Art. 12 GG wahr (vgl. BVerfG, NJW 1992, 1153, 1154).
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(bbb) In die Berufs- und Gewerbefreiheit der Beklagte greift die Klägerin nicht dadurch ein, dass sie ihr - wie allen anderen Unternehmen - das Anfertigen von Fotos ihrer Anwesen zu kommerziellen Zwecken nur gegen Entgelt erlaubt. Dieses Verhalten steht auch nicht im Widerspruch zur Informationsfreiheit , die schon keinen Anspruch auf kostenlosen Zugang zu Informationen (BVerfG, NJW 2000, 649), jedenfalls keinen Anspruch vermittelt, solche Informationen kostenlos für eigene gewerbliche Zwecke zu verwerten. Weitergehende Rechte vermittelt Art. 10 Abs. 1 EMRK nicht (EGMR, EGMR-E 3, 430, 451 Rn. 74 [Rechtssache Leander] und 4, 358, 372 Rn. 52 [Rechtssache Gaskin ]). Sie folgen auch nicht aus dem dem Art. 10 EMRK nachgebildeten (Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 11 Rn. 1) Art. 11 Abs. 1 EuGrCh. Das Gemeinschaftsrecht verpflichtet die juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Mitgliedstaaten nur dazu, den Zugang zu Kulturgütern im Sinne von Art. 18 AEUV diskriminierungsfrei und so zu gestalten, dass die Grundfreiheiten nicht beeinträchtigt werden. Das ist hier aber der Fall, weil die Klägerin die kommerzielle Verwertung von Fotos, die auf ihren Anwesen aufgenommen werden, stets von einem Entgelt abhängig macht. Sie trägt auch dem durch Art. 11 EuGrCh geschützten Informationsinteresse der Öffentlichkeit (dazu: EuGH, Urteil vom 22. Januar 2013 – Rs C-283/11 – Sky Österreich gegen ORF, ZUM 2013, 202, 206 Rn. 51 f.) durch die erwähnten Sonderregelungen (Entgeltermäßigung und -freistellung) Rechnung. Das Gemeinschaftsrecht schreibt den Mitgliedstaaten indessen nicht vor, die gewerbliche Verwertung von Fotografien der von ihnen verwalteten Kulturgüter auch dann kostenfrei zu gestatten, wenn ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit nicht besteht. Es würde nach Art. 51 Abs. 2 EuGrCh durch Art. 11 EuGrCh auch nicht erweitert, sollte die Vorschrift überhaupt in diesem Sinne zu verstehen sein.
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bb) Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs steht auch nicht im Widerspruch zu der Aufgabenstellung der Klägerin. Dieser obliegt nach Art. 2 Abs. 1 StV zuvörderst, die ihr übergebenen Kulturgüter zu bewahren und unter Berücksichtigung historischer, kunst- und gartenhistorischer und denkmalpflegerischer Belange zu pflegen und ihr Inventar zu ergänzen. Die Erhaltung der Anwesen ist Voraussetzung dafür, dass diese der Öffentlichkeit auf Dauer zu nichtkommerziellen oder kommerziellen Zwecken zugänglich gemacht werden können. Die Mittel dafür werden ihr zwar die Bundesländer Berlin und Brandenburg und der Bund nach Art. 2 des Abkommens über die Finanzierung der Klägerin vom 23. August 1994 (GVBl. BB 1995 I S. 6) bereitstellen, aber nur soweit Zuwendungsbedarf besteht, die eigenen Einnahmen also nicht reichen. Dazu gehören auch Entgelte für die über die nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 der Satzung der Klägerin grundsätzlich kostenfreie Benutzung der Schlossgärten und Parkanlagen zur Erholung und Erbauung hinausgehenden Nutzungen, für die nach § 2 Abs. 3 Satz 2 der Satzung Ausnahmeregelungen vorgesehen werden können. Solche Nutzungen von einem Entgelt abhängig zu machen, ist angesichts des hohen Aufwands, den die Erhaltung von Schlössern und Parkanlagen , wie sie der Klägerin zugewiesen sind, verursacht, jedenfalls sachlich gerechtfertigt (aM Schack, JZ 2011, 375, 376; Stieper, ZUM 2011, 331, 333).
24
(cc) Vortrag dazu, dass das Entgelt, das die Klägerin verlangt, unangemessen hoch wäre, hat die Beklagte nicht gehalten. Anhaltspunkte dafür sind auch sonst nicht ersichtlich.
25
bb) Die weiter erforderliche Wiederholungsgefahr hat das Berufungsgericht zutreffend aus der einmaligen rechtswidrigen Verwendung eines Fotos durch die Beklagte, zum Beispiel durch Weiterleiten an den Auftraggeber oder durch Einstellen in das Internetbildportal, abgeleitet (Senat, Urteil vom 17. De- zember 2010 – V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 Rn. 28). Die rechtswidrige Verwendung des Fotos auch nur eines der Anwesen der Klägerin begründet hier auch die Wiederholungsgefahr für alle diese Grundstücke. Die Beklagte hat in dem vorliegenden Rechtsstreit die Ansicht vertreten, die Klägerin habe kein Recht, ihr die Verwertung der Fotos zu versagen. Sie sei auf Grund des Staatsvertrags verpflichtet, ihr die kommerzielle Verwertung solcher Fotos kostenlos zu gestatten. Damit hat sie sich des Rechts berühmt, Fotos aller Grundstücke der Klägerin kostenlos auch zu kommerziellen Zwecken anfertigen zu dürfen. Daraus folgt die Gefahr, dass sie das Recht, dessen sie sich berühmt, für alle Grundstücke der Klägerin in Anspruch nimmt.
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cc) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht schließlich an, dass der Unterlassungsanspruch das Eigentum der Klägerin an den Anwesen voraussetzt und Besitz daran nicht ausreicht. Grundlage des Anspruchs ist nämlich nicht das Hausrecht der Klägerin (so aber Stieper, ZUM 2011, 331, 332), sondern das Eigentum an dem Grundstück. Das Hausrecht könnte zwar auch auf den Besitz an dem Grundstück gestützt werden, gibt dem Besitzer aber nur das Recht, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt (Senat, Urteile vom 20. Januar 2006 - V ZR 134/05, NJW 2006, 1054 Rn. 7, vom 30. Oktober 2009 - V ZR 253/08, NJW 2010, 534, 535 Rn. 11 und vom 9. März 2012 - V ZR 115/11, WM 2012, 2168 f. Rn. 8). Darum geht es hier nicht. Die Klägerin verwehrt der Beklagten nicht das Betreten ihrer Anwesen, sondern die ungenehmigte Verwertung von Fotografien ihrer Grundstücke, die von diesen aus angefertigt wurden. Dieser Anspruch folgt nicht aus dem Hausrecht, sondern aus dem Eigentum am Grundstück, das deshalb auch festgestellt werden muss. Diese Feststellung hat das Berufungsgericht nur für sieben Anwesen und auch nur für den Zeitraum ab der Eintra- gung der Klägerin in die betreffenden Grundbücher getroffen. Die weitergehende Verurteilung kann deshalb keinen Bestand haben.
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2. Die Verurteilung zur Auskunft ist nicht zu beanstanden. Sie ist hinreichend bestimmt, weil sie von dem vorherigen Nachweis des Eigentums der Klägerin abhängig ist. Sie ist auch begründet, wie der Senat in seinem ersten Revisionsurteil vorbehaltlich der für diesen Anspruch durch die veränderte Antragstellung entbehrlich gewordenen Klärung des Eigentums der Klägerin entschieden hat (Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 Rn. 38).
28
3. Die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten ist zwar hinreichend bestimmt, aber nur im gleichen Umfang gerechtfertigt wie die Unterlassungsverurteilung. Eine weitergehende Verurteilung erlauben die Feststellungen des Berufungsgerichts auch hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs nicht.

III.


29
Die Sache ist im Umfang der Aufhebung nicht zur Endentscheidungreif und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
30
Im neuen Berufungsverfahren wird festzustellen sein, ob und seit wann die Klägerin Eigentümerin der übrigen Anwesen ist. Diese Feststellung wäre entbehrlich, wenn die Klägerin nicht nur eigene Eigentumsrechte, sondern auch Eigentumsrechte der bisherigen Eigentümer geltend machte. Das wäre möglich (OLG Düsseldorf, ZMR 1996, 28, 32; Erman/Ebbing, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 178; Palandt/Bassenge, BGB, 72. Aufl., § 1004 Rn. 2; für einen Grundbuchbe- richtigungsanspruch: Senat, Urteile 7. Dezember 2001 - V ZR 65/01, NJW 2002, 1038 und vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/02, VIZ 2004, 79, 80) und ist von dem Senat bisher nur mangels entsprechenden Vortrags nicht angenommen worden (Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 45/10, NJW 2011, 749, 752 Rn. 37).
Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch
Czub Kazele

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 21.11.2008 - 1 O 161/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 15.12.2011 - 5 U 13/09 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2013 - V ZR 14/12 zitiert 9 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 903 Befugnisse des Eigentümers


Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die be

Informationsfreiheitsgesetz - IFG | § 1 Grundsatz


(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben w

BND-Gesetz - BNDG | § 7 Berichtigung, Löschung und Verarbeitungseinschränkung personenbezogener Daten


(1) Der Bundesnachrichtendienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und deren Verarbeitung einzuschränken nach § 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes mit der Maßgabe, dass die Prüffrist nach § 12 Abs.

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2011 - V ZR 154/10

bei uns veröffentlicht am 01.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 154/10 Verkündet am: 1. Juli 2011 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Okt. 2009 - V ZR 253/08

bei uns veröffentlicht am 30.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 253/08 Verkündet am: 30. Oktober 2009 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2010 - V ZR 44/10

bei uns veröffentlicht am 17.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 44/10 Verkündet am: 17. Dezember 2010 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2010 - V ZR 46/10

bei uns veröffentlicht am 17.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 46/10 Verkündet am: 17. Dezember 2010 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtsho

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2010 - V ZR 45/10

bei uns veröffentlicht am 17.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 45/10 Verkündet am: 17. Dezember 2010 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Nov. 2002 - V ZR 105/02

bei uns veröffentlicht am 29.11.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 105/02 Verkündet am: 29. November 2002 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: j

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Mai 2007 - V ZR 162/06

bei uns veröffentlicht am 04.05.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 162/06 Verkündet am: 4. Mai 2007 Langendörfer-Kunz, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Mai 2009 - V ZR 15/08

bei uns veröffentlicht am 29.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 15/08 Verkündet am: 29. Mai 2009 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 909, 1004; ZPO § 25

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2001 - V ZR 65/01

bei uns veröffentlicht am 07.12.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 65/01 Verkündet am: 7. Dezember 2001 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: nein BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 16. März 2006 - I ZR 92/03

bei uns veröffentlicht am 16.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 92/03 Verkündet am: 16. März 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2004 - VI ZR 305/03

bei uns veröffentlicht am 28.09.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 305/03 Verkündet am: 28. September 2004 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2010 - I ZR 69/08

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 69/08 Verkündet am: 29. April 2010 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2012 - V ZR 115/11

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 115/11 Verkündet am: 9. März 2012 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachträglicher Leitsatz Nachschlagewerk

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juni 2003 - V ZR 320/02

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2003 - I ZR 259/00

bei uns veröffentlicht am 17.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 259/00 Verkündet am: 17. Juli 2003 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Pap

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2003 - V ZR 319/01

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 319/01 Verkündet am: 19. September 2003 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Nov. 2012 - 7 C 1/12

bei uns veröffentlicht am 15.11.2012

Tatbestand 1 Der Kläger, ein freier Wirtschaftsjournalist, begehrt Zugang zu Informationen des Bundesrechnungshofs über die Prüfung von Zuwendungen, die vom Bundesminist
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 01. März 2013 - V ZR 14/12.

Oberlandesgericht München Beschluss, 25. Juni 2019 - 24 W 700/19

bei uns veröffentlicht am 25.06.2019

Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 17.04.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 27.03.2019, Az. 113 O 4271/18, dahingehend abgeändert, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Sept. 2017 - V ZR 19/16

bei uns veröffentlicht am 29.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 19/16 Verkündet am: 29. September 2017 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja zu den

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2016 - V ZR 125/15

bei uns veröffentlicht am 10.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 125/15 Verkündet am: 10. Juni 2016 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2014 - V ZR 324/13

bei uns veröffentlicht am 19.12.2014

Tenor Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 32 - vom 12. Juli 2013 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 259/00 Verkündet am:
17. Juli 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Paperboy
Werden mit einer Klage Verbote verschiedener Handlungen begehrt, deren
Ausspruch jeweils von unterschiedlichen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen
abhängt, erfordert es das Gebot, einen bestimmten Klageantrag zu
stellen, daß die einzelnen Handlungen in gesonderten Anträgen als konkrete
Verletzungsformen umschrieben werden.

a) Wird ein Hyperlink zu einer Datei auf einer fremden Webseite mit einem urheberrechtlich
geschützten Werk gesetzt, wird dadurch nicht in das Vervielfältigungsrecht
an diesem Werk eingegriffen.

b) Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische
Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch
bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es
wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen
, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks
(auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird.

a) Nach § 15 UrhG (i.d.F. vom 9. September 1965) steht dem Urheber das ausschließliche
Recht zu, die öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu
erlauben oder zu verbieten. Dieses Recht ist als unbenanntes Recht in dem
umfassenden Verwertungsrecht des Urhebers aus § 15 UrhG enthalten.

b) Durch das Setzen eines Hyperlinks auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich
gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk,
wird in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung des Werkes nicht eingegriffen.

a) Das Setzen von Hyperlinks auf Artikel, die vom Berechtigten im Internet als
Bestandteile einer Datenbank öffentlich zugänglich gemacht worden sind, ist
keine dem Datenbankhersteller vorbehaltene Nutzungshandlung.

b) Das Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG wird nicht verletzt
, wenn aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in einer Datenbank
gespeichert sind, durch einen Internet-Suchdienst einzelne kleinere Bestandteile
auf Suchwortanfrage an Nutzer übermittelt werden, um diesen einen
Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des Volltextes für sie sinnvoll wäre.
Dies gilt auch dann, wenn der Suchdienst dabei wiederholt und systematisch
im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG auf die Datenbank zugreift.
Ein Internet-Suchdienst, der Informationsangebote, insbesondere Presseartikel,
auswertet, die vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemacht worden sind,
handelt grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn er Nutzern unter Angabe
von Kurzinformationen über die einzelnen Angebote durch Deep-Links den unmittelbaren
Zugriff auf die nachgewiesenen Angebote ermöglicht und die Nutzer
so an den Startseiten der Internetauftritte, unter denen diese zugänglich gemacht
sind, vorbeiführt. Dies gilt auch dann, wenn dies dem Interesse des Informationsanbieters
widerspricht, dadurch Werbeeinnahmen zu erzielen, daß
Nutzer, die Artikel über die Startseiten aufrufen, zunächst der dort aufgezeigten
Werbung begegnen. Die Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks
ist wettbewerbsrechtlich zumindest dann grundsätzlich hinzunehmen,
wenn diese lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachter
Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen
für Nutzer erleichtern.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - I ZR 259/00 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Oktober 2000 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Klageantrag zu 1 statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Verlag der Klägerin erscheinen die Zeitung "Handelsblatt" und die Zeitschrift "DM". Einzelne darin veröffentlichte Beiträge nimmt die Klägerin auch in ihr Internet-Informationsangebot auf.
Die Beklagten, die eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, bieten im Internet unter der Adresse "www.paperboy.de" einen Suchdienst für tagesaktuelle Nachrichten, insbesondere Zeitungsnachrichten, an. Der Suchdienst
"Paperboy" wertet die Website (d.h. den Internetauftritt als die Gesamtheit der unter einer Internetadresse in das Internet gestellten Webseiten) von mehreren hundert Nachrichtenanbietern aus. Weit überwiegend handelt es sich dabei um die Webangebote von Zeitungstiteln, darunter auch von "Handelsblatt" und "DM", aber auch um Veröffentlichungen von Unternehmen und Organisationen, Staatsorganen, Behörden und politischen Parteien. In die Suche werden nur tagesaktuelle Informationen einbezogen. Aus diesem Material weist "Paperboy" auf Anfrage diejenigen Veröffentlichungen in Form einer Auflistung nach, die den vom Nutzer (insbesondere durch Suchworte) vorgegebenen Suchkriterien entsprechen. Zugleich werden aus der betreffenden Veröffentlichung Stichworte und, zumindest teilweise, Satzteile oder Sätze angegeben, um den Inhalt der Veröffentlichung näher zu kennzeichnen.
Ein Beispiel ist folgender Hinweis auf eine Webseite des "K. Express" :
"[K. Express]: Express Online - News Donnerstag, 25. Februar 1999, 02.39 Uhr News Bundestag: Es krachte gewaltig Kanzler kontra CSU-Chef exp Bonn - Die Redeschlacht war hart, die Wortwahl markig. Regierung und Opposition schenkten sich am zweiten Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union FDP Kampf 759 Wörter, 5550 Bytes". Die beiden Aussagen "Bundestag: Es krachte gewaltig" und "Kanzler kontra CSU-Chef" geben wörtlich Überschriften des nachgewiesenen Artikels wieder. Dem Artikel entstammen weiter der Satz "Die Redeschlacht war hart, die Wortwahl markig", der Satzteil "Regierung und Opposition schenkten sich am zweiten" sowie die Worte "Investoren Vorgängerregierung Schieflage Union FDP Kampf".
In der jeweils ersten Zeile der aufgelisteten Suchergebnisse ist die Quelle angegeben (im Beispiel: "[K. Express]: Express Online - News"). Diese Angabe ist als ein Hyperlink (elektronischer Verweis) ausgestaltet, über den der Nutzer die angegebene Datei unmittelbar aufrufen kann. Durch Anklicken des Links kann die Datei mittels des im Computer des Nutzers eingerichteten Webbrowsers (eines Programms, das im World Wide Web den Zugang zu Webseiten und deren Betrachtung ermöglicht) automatisch abgerufen, in den Computer geladen und auf dem Bildschirm dargestellt werden. Bei dem Suchdienst "Paperboy" führt das Anklicken des Hyperlinks den Nutzer nicht auf die Startseite (Homepage) der Website des Informationsanbieters, sondern als sog. Deep-Link unmittelbar auf die ("tieferliegende") Webseite, auf der sich das Angebot befindet. Auf diese Weise wird der Nutzer an den Werbeeintragungen, die sich auf der Startseite des Internetauftritts befinden, vorbeigeleitet.
Die Beklagten bieten weiter an, dem Nutzer täglich eine Zusammenstellung aller tagesaktuellen Veröffentlichungen zu Suchworten, die von ihm angegeben werden, per E-Mail zu übermitteln. Diese Zusammenstellung bezeichnen sie als "persönliche Tageszeitung".
Die Klägerin ist der Ansicht, daß der Suchdienst "Paperboy" ihre Rechte an dem Online-Angebot von "Handelsblatt" und "DM" verletze. Die von ihr auf diese Weise in das Internet gestellten Artikel seien urheberrechtlich schutzfähige Werke sowie Teile von Datenbanken, die nach § 87a UrhG geschützt seien. Mit der Nutzung der unter den Adressen "www.handelsblatt.com" und "www.dm-online.de" zugänglichen Datenbanken sei sie nur einverstanden, wenn dazu die von ihr selbst eingerichteten Suchmaschinen (etwa "Handelsblatt Topix") verwendet würden. Die Übermittlung von Teilen einzelner Artikel an den Nutzer des Suchdienstes sei ebenso rechtswidrig wie die Ermöglichung
des unmittelbaren Aufrufs des Volltextes der Artikel durch Hyperlinks. Das Suchdienstangebot von "Paperboy" und die Herstellung der "persönlichen Ta- geszeitung" seien zudem als unlautere Ausbeutung einer fremden Leistung, Rufausbeutung und Behinderung wettbewerbswidrig. Die Werbung mit der Bezeichnung "Ihre persönliche Tageszeitung" sei schließlich auch irreführend, weil der Nutzer durch die E-Mail-Übermittlung lediglich Hinweise auf Veröffentlichungen erhalte, auf die er mittels Hyperlink zugreifen könne.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen , wie auf ihren - in den Antrag in Form von Ausdrucken aufgenommenen - Webseiten
1. im Geschäftsverkehr das Paperboy-Informationssuchsystem für tagesaktuelle Nachrichten anzubieten und/oder anbieten zu lassen und/oder dafür zu werben und/oder dafür werben zu lassen, soweit sich dies auf die Presseobjekte der Klägerin "DM" und/oder "Handelsblatt" bezieht, und/oder 2. die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung anzubieten und/ oder anbieten zu lassen. Auf einer der im Antrag wiedergegebenen Webseiten, deren Inhalt sich auch aus dem Berufungsurteil (S. 3-12) ergibt, wird "Paperboy" wie folgt vorgestellt :
"Paperboy ... Ihre persönliche Tageszeitung Paperboy ist ein Informationssuchsystem für tagesaktuelle Nachrichten. Mit Paperboy können Sie zum einen in den heutigen Meldungen von mehr als 290 der wichtigsten Nachrichtenanbietern suchen und zum anderen Ihre persönliche Tageszeitung erstellen, die Ihnen fortan jeden morgen als e-mail zugestellt wird, so daß Ihnen garantiert nichts mehr über Ihr
Unternehmen, Ihren Verein oder interessante Persönlichkeiten entgehen wird. Dieser Service ist kostenlos. Paperboy ist ein Service des H. systemhauses, H.. Wir bieten Lösungen für Inter- und Intranetanwendungen." Bei den übrigen in den Antrag aufgenommenen Webseiten handelt es sich um die Startseite (Homepage) von "Paperboy", die lediglich den Einstieg zu den anderen Webseiten eröffnet, eine Seite mit Hinweisen zum richtigen Suchen mit Hilfe des Suchdienstes, eine Liste der ausgewerteten Quellen (deren Zahl mit "zur Zeit 302" angegeben wird), eine Webseite mit der Aufforderung, weitere auszuwertende Quellen mitzuteilen, eine Zusammenstellung anderer Suchmaschinen und Verzeichnisse sowie eine Webseite, auf der angegeben wird, wie sich der Nutzer eine "persönliche Tageszeitung" einrichten könne.
Die Beklagten haben ein rechtswidriges Handeln in Abrede gestellt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es liege zwar keine Urheberrechtsverletzung vor, wohl aber ein Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Ausnutzens eines fremden Arbeitsergebnisses.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und im Hauptausspruch insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten zu unterlassen,
die Einrichtung einer persönlichen Tageszeitung wie auf den nachfolgenden Seiten 3 bis 12 dieses Urteils wiedergegeben anzubieten und/oder anbieten zu lassen. Im übrigen hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2001, 97).
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Die Revisionsbeklagten waren in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten. Die Klägerin beantragt, das Berufungsurteil durch Versäumnisurteil aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist, und insoweit die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den - im Revisionsverfahren allein noch zu beurteilenden - Klageantrag zu 1 abgewiesen, weil das Informationssuchsystem "Paperboy" weder unter urheberrechtlichen noch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten zu beanstanden sei.
Der Klägerin stünden auch dann keine Unterlassungsansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz zu, wenn unterstellt werde, daß jedenfalls einzelne der Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" urheberrechtlich geschützte Werke seien und angenommen werde, daß der im Internet zugängliche geordnete Bestand einer Vielzahl von Artikeln und Beiträgen aus beiden Presseerzeugnissen eine Datenbank im Sinne des § 87a UrhG sei.
Wenn "Paperboy" für seine Nutzer auf Suchanfrage hin tagesaktuelle Veröffentlichungen aufliste, würden keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte verletzt. Die Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung betroffener Werke würden dadurch schon deshalb nicht berührt, weil nicht dargetan sei, daß bei der Angabe einzelner Sätze, Satzteile oder Stichworte auch nur in Einzelfällen urheberrechtlich schutzfähige Werkteile übernommen worden seien.
Eine solche Wiedergabe von Ausschnitten aus den einzelnen Artikeln greife auch nicht in etwaige Rechte der Klägerin an einer Datenbank ein, weil sie weder einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufe noch die berechtigten Interessen der Klägerin an der Datenbank unzumutbar beeinträchtige.
Urheberrechtliche Nutzungsrechte der Klägerin würden auch nicht dadurch verletzt, daß der Suchdienst "Paperboy" nicht jeweils auf die Startseite (Homepage) des Internetauftritts (der Website) der Klägerin, sondern durch Deep-Links unmittelbar auf den gesuchten Beitrag verweise. Da die Beiträge durch die Nutzer aufgerufen würden, komme insoweit nur eine Haftung der Beklagten als Störer oder Anstifter in Betracht. Eine solche Haftung sei jedoch nicht gegeben, weil die Nutzer nicht rechtswidrig handelten. Die abgerufenen Beiträge würden nicht im Sinne des § 17 UrhG verbreitet. Wenn ein einzelner Beitrag durch den Nutzer vorübergehend im Arbeitsspeicher seines Computers gespeichert werde, sei dies zwar eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG, diese sei aber nicht rechtswidrig, weil sie nur zum eigenen Gebrauch vorgenommen werde und daher von der Urheberrechtsschranke des § 53 UrhG gedeckt sei.
Die Nutzung der tagesaktuellen Veröffentlichungen sei weiterhin kein rechtswidriger Eingriff in das - unterstellte - Recht der Klägerin als Herstellerin einer Datenbank aus § 87b UrhG, weil durch den Abruf einzelner, allenfalls weniger Beiträge jedenfalls nicht nach Art und Umfang wesentliche Teile der Datenbank der Klägerin genutzt würden. Die Datenbank werde von den Nutzern, auch wenn diese wiederholt auf sie zugreifen sollten, nicht systematisch vervielfältigt.
Die tägliche Auflistung der jeweils aktuellen Veröffentlichungen gemäß den vom Nutzer bestimmten Suchworten und die E-Mail-Übermittlung dieser Liste an den Nutzer als "persönliche Tageszeitung" greife ebenfalls nicht in Rechte der Klägerin an den einzelnen Artikeln oder der Datenbank ein. Insoweit gelte letztlich nichts anderes als bei der Beurteilung der Vorgänge bei den einzelnen Suchabfragen.
Die Beklagten handelten auch nicht wettbewerbswidrig, wenn sie Nutzer von "Paperboy", die einen gefundenen Beitrag abrufen wollten, durch die Verwendung von Deep-Links an der Werbung vorbeiführten, die sich auf den "überschlagenen" Webseiten befinde. Dabei könne offenbleiben, ob die Klägerin dies technisch verhindern könne. Der Nutzer habe ein Interesse daran, schnell und ohne als Umweg empfundene Zwischenstufen an sein Ziel geleitet zu werden. Dieses Interesse müsse sich die Klägerin entgegenhalten lassen, nehme sie doch durch die Präsentation ihrer Beiträge im Internet ein Medium für ihre gewerblichen Zwecke in Anspruch, bei dem ein möglichst unmittelbarer und schneller Zugriff auf die Fülle der dort zugänglichen Informationen im allgemeinen Interesse liege. Die Minderung ihrer Werbeeinnahmen wiege für die Klägerin nicht schwer genug, um das Vorgehen der Beklagten wettbewerbswid-
rig zu machen. Die Klägerin könne zudem ihre Werbeeinblendungen weitgehend auf die Webseiten mit den Beiträgen verlagern.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
Der Klageantrag zu 1 ist - abweichend von der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen, da er nicht hinreichend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Ein derartiger Mangel ist auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen).
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungsund Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGHZ 144, 255, 263 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 4.7.2002 - I ZR 38/00, GRUR 2002, 1088, 1089 = WRP 2002, 1269 - Zugabenbündel; Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, Umdruck S. 7 - Erbenermittler , jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag zu 1 nicht.
Es ist Sache des Klägers, mit seinem Klageantrag den Umfang seines Unterlassungsbegehrens abzugrenzen und damit den Streitgegenstand zu bestimmen. Dies ist hier nicht geschehen. Der Klageantrag zu 1 ist unbestimmt, weil die Zielrichtung, die er nach seinem Wortlaut hat, in Widerspruch zu seiner Begründung steht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 12.10.1995 - I ZR 191/93,
GRUR 1996, 57, 60 = WRP 1996, 13 - Spielzeugautos). Der Antrag umschreibt - entgegen dem Vorbringen der Klägerin - nicht Verletzungshandlungen (konkrete Verletzungsformen), deren Verbot begehrt wird. Nach seinem Wortlaut richtet er sich vielmehr lediglich gegen die - durch Wiedergabe mehrerer Webseiten dargestellte - konkrete Art und Weise, wie der Suchdienst "Paperboy" im Internet öffentlich angeboten und beworben wird, soweit sich dies auf die Presseerzeugnisse "Handelsblatt" und "DM" bezieht. Um ein solches Verbot geht es der Klägerin mit ihrem Unterlassungsbegehren jedoch nicht. Nach der Klagebegründung sollen den Beklagten verschiedene Handlungen, die sie im Rahmen ihres Suchdienstes begehen, als rechtswidrig verboten werden. Welche konkreten Handlungen gemeint sind, ist dem Antrag selbst aber nicht zu entnehmen. Dies gilt insbesondere auch, soweit die Beanstandungen der Klägerin damit zusammenhängen, daß der Suchdienst der Beklagten Deep-Links auf Artikel setzt, die von der Klägerin im Rahmen ihrer Internetauftritte ins Netz gestellt worden sind. Deshalb ist es auch nicht möglich, im Wege der Auslegung den Gegenstand des Klageantrags anhand seiner Begründung zu konkretisieren.
Ein Verbot der verschiedenen Handlungen, die nach der Klagebegründung als Eingriffe in Rechte der Klägerin aus dem Urheberrechtsgesetz oder als wettbewerbswidrig beanstandet werden, hätte zudem - wie auch die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils deutlich machen - jeweils sehr unterschiedliche tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen. Bei einer derartigen Sachlage hätten die verschiedenen Handlungen, die Gegenstand des Rechtsstreits sein sollen, in gesonderten Anträgen als konkrete Verletzungsformen umschrieben werden müssen. Eine solche Konkretisierung des Klageziels erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidi-
gung danach ausrichten zu können (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 1/01, WRP 2003, 896, 899 - Reinigungsarbeiten, für BGHZ vorgesehen).
III. Die Unbestimmtheit des Klageantrags zu 1 hat nicht zur Folge, daß die Sache insoweit - unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils - an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um der Klägerin Gelegenheit zu geben , das mit ihrer Klage verfolgte Begehren in Anträge zu fassen, die dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechen (vgl. dazu auch BGHZ 135, 1, 8 - Betreibervergütung; BGH, Urt. v. 19.4.2000 - XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280, 2281; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 - Rechenzentrum, jeweils m.w.N.). Denn der Klägerin stehen keine ihrem Begehren entsprechenden materiell-rechtlichen Unterlassungsansprüche zu. Dies kann der Senat auf der Grundlage des festgestellten und des unstreitigen Sachverhalts selbst beurteilen.
1. Unterlassungsansprüche der Klägerin aus § 97 Abs. 1 UrhG zur Verhinderung von Eingriffen in ihre Vervielfältigungsrechte an den Beiträgen aus dem "Handelsblatt" und aus "DM", die sie im Internet - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kostenlos - öffentlich zugänglich gemacht hat, bestehen nicht.

a) Die Klägerin kann von den Beklagten nicht verlangen, daß es diese unterlassen, Nutzern von "Paperboy" in dem dargelegten Umfang Ausschnitte aus Artikeln ihrer Presseerzeugnisse zu übermitteln. Dies gilt schon deshalb, weil weder vorgetragen noch ersichtlich ist, daß durch die Art und Weise, wie "Paperboy" Veröffentlichungen nachweist, selbständig urheberrechtlich schutzfähige Werkteile genutzt werden könnten. Aus diesem Grund kann auch die Übermittlung der "persönlichen Tageszeitung", die lediglich eine Zusammen-
stellung derartiger Hinweise auf tagesaktuelle Veröffentlichungen ist, keinen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch begründen.

b) Die Beklagten greifen durch das Setzen von Hyperlinks auch dann nicht in Vervielfältigungsrechte ein, wenn die Datei, zu der eine Verknüpfung hergestellt wird, ein geschütztes Werk enthält. Durch einen Hyperlink wird das Werk nicht im Sinne des § 16 UrhG vervielfältigt (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 16 Rdn. 22; Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks , 2002, Rdn. 29; Sosnitza, CR 2001, 693, 698; Plaß, WRP 2001, 195, 202). Ein Link ist lediglich eine elektronische Verknüpfung der den Link enthaltenden Datei mit einer anderen in das Internet eingestellten Datei. Erst wenn der Nutzer den Link anklickt, um diese Datei abzurufen, kann es zu einer urheberrechtlich relevanten Vervielfältigung - im Bereich des Nutzers - kommen.

c) Die Beklagten haften auch nicht als Störer dafür, daß sie Nutzern von "Paperboy" durch Deep-Links ermöglichen, unmittelbar den Volltext nachgewiesener Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" abzurufen und zu vervielfältigen.
Eine Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte an bestimmten Werken durch Dritte als Voraussetzung für eine Störerhaftung der Beklagten hat die Klägerin nicht dargetan.
Die Frage, ob ein vorbeugender Unterlassungsanspruch gegen einen Störer auch dann in Betracht kommen kann, wenn (noch) nicht festgestellt ist, daß er bereits zu einer bestimmten rechtswidrigen Handlung eines Dritten beigetragen hat und eine Beeinträchtigung lediglich zu befürchten ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, GRUR 2002, 902, 904
= WRP 2002, 1050 - Vanity-Nummer), kann dahinstehen. Gleiches gilt für die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Nutzer, der mit Hilfe der von "Paperboy" gesetzten Hyperlinks Presseartikel abruft, an diesen bestehende urheberrechtliche Befugnisse verletzt. Denn die Beklagten würden für ein rechtswidriges Handeln der Nutzer nicht allein deshalb als Störer haften, weil sie durch Hyperlinks den unmittelbaren Zugriff auf urheberrechtlich geschützte, vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Presseartikel vorbereiten.
Ein Berechtigter, der ein urheberrechtlich geschütztes Werk ohne technische Schutzmaßnahmen im Internet öffentlich zugänglich macht, ermöglicht dadurch bereits selbst die Nutzungen, die ein Abrufender vornehmen kann. Es ist seine Entscheidung, ob er das Werk trotz der Möglichkeit, daß nach Abruf auch rechtswidrige Nutzungen vorgenommen werden, weiter zum Abruf bereithält. Es wird deshalb grundsätzlich kein urheberrechtlicher Störungszustand geschaffen, wenn der Zugang zu dem Werk durch das Setzen von Hyperlinks (auch in der Form von Deep-Links) erleichtert wird (vgl. dazu auch Stadler, Haftung für Informationen im Internet, 2002, S. 172 ff.; Ernst, NJW-CoR 1997, 224; Plaß, WRP 2001, 195, 202). Die Gefahr rechtswidriger Nutzungen eines vom Berechtigten selbst im Internet öffentlich bereitgehaltenen Werkes wird durch Hyperlinks Dritter nicht qualitativ verändert, sondern nur insofern erhöht, als dadurch einer größeren Zahl von Nutzern der Zugang zum Werk eröffnet wird. Auch ohne Hyperlink kann ein Nutzer unmittelbar auf eine im Internet öffentlich zugängliche Datei zugreifen, wenn ihm deren URL (Uniform Resource Locator), die Bezeichnung ihres Fundorts im World Wide Web, genannt wird. Ein Hyperlink verbindet mit einem solchen Hinweis auf die Datei, zu der die Verknüpfung gesetzt wird, lediglich eine technische Erleichterung für ihren Abruf. Er ersetzt die sonst vorzunehmende Eingabe der URL im Adreßfeld des Webbrowsers und das Betätigen der Eingabetaste.

Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, inwieweit sich Nutzer hin- sichtlich der Vervielfältigung abgerufener Werke auf die Privilegierung von Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch berufen können (§ 53 UrhG). Ebenso kann offenbleiben, ob ein Berechtigter, der ein Werk im Rahmen seines Internetauftritts allgemein zugänglich gemacht hat, stillschweigend sein Einverständnis mit Vervielfältigungen erklärt, die mit dem Abruf des Werkes notwendig verbunden sind (vgl. zu dieser Frage Leistner in Bettinger /Leistner, Werbung und Vertrieb im Internet, 2003, S. 109 ff. m.w.N.).

d) Die Frage, ob das Setzen eines Hyperlinks in der Form eines DeepLinks dann eine urheberrechtliche Störerhaftung begründen kann, wenn der Berechtigte solche Links auf technischem Weg verhindern will, der Linksetzende aber solche Sperren umgeht, kann offenbleiben. Die Klägerin hat nicht behauptet , daß sie technische Schutzmaßnahmen gegen den unmittelbaren Zugriff auf "tieferliegende" Webseiten ihrer Internetauftritte anwende. Die Revision trägt zwar vor, ein Zugang zu den einzelnen von der Klägerin zum Abruf bereitgehaltenen Artikeln sei dem gewöhnlichen Nutzer nur über die Startseite ihrer Internetauftritte möglich. Daraus folgt aber nicht, daß die Klägerin Maßnahmen gegen einen unmittelbaren Abruf von Artikeln mit Hilfe von Deep-Links getroffen hat. Der Umstand, daß Nutzer, denen kein Hyperlink zur Verfügung gestellt wird, den Weg über die Startseiten der Internetauftritte der Klägerin gehen müssen, wenn sie die URL als genaue Fundstelle der dort gesuchten Dateien nicht kennen, ist kein technisches Hindernis für den unmittelbaren Zugriff. Der Umweg über die Startseite kann einem Nutzer bereits durch eine - innerhalb oder außerhalb des Internets veröffentlichte - Fundstellenangabe, die einen unmittelbaren Aufruf der Datei ermöglicht, erspart werden.
2. Die Klägerin kann einen auf das Vorliegen von Wiederholungsgefahr gestützten Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG auch nicht auf eine Verletzung ihr zustehender urheberrechtlicher Nutzungsrechte an der Zugänglichmachung von Artikeln aus "Handelsblatt" und "DM" stützen, weil das Setzen eines Hyperlinks auf eine Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk nicht in solche Rechte eingreift.

a) Nach § 15 UrhG steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, die öffentliche Zugänglichmachung seines Werkes zu erlauben oder zu verbieten. Dieses Recht ist als unbenanntes Recht der Verwertung des Werkes in unkörperlicher Form in dem umfassenden Verwertungsrecht aus § 15 UrhG enthalten. Dabei wird allerdings die Frage, welche konkreten Nutzungshandlungen durch dieses Recht erfaßt werden, unterschiedlich beurteilt. Nach der einen Ansicht ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nur als Recht an dem öffentlichen Bereithalten von Werken zur Abrufübertragung zu verstehen, nach anderer Ansicht nur als Recht an der Abrufübertragung selbst, nach einer dritten Ansicht als ein Verwertungsrecht, das sowohl ein Bereithaltungsrecht als auch ein Abrufübertragungsrecht umfaßt und sich damit - ähnlich wie das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) - auf zwei verschiedene Verwertungshandlungen bezieht (vgl. dazu Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 15 Rdn. 2; Wandtke/Bullinger/Heerma, Urheberrecht, § 15 Rdn. 12 ff.; Schrikker /v. Ungern-Sternberg aaO § 15 Rdn. 22 ff.; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht , 2. Aufl., Rdn. 415 ff.; Haberstumpf, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., Rdn. 286 ff.; Völker in Ensthaler/Bosch/Völker, Handbuch Urheberrecht und Internet, 2002, S. 177 ff., jeweils m.w.N.). Eine nähere Erörterung dieser Fragen kann hier jedoch unterbleiben, weil die beanstandeten Handlungen jedenfalls nicht in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, gleichgültig auf welche Nutzungshandlungen dieses bezogen wird, eingegriffen haben.


b) Wer einen Hyperlink auf eine vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachte Webseite mit einem urheberrechtlich geschützten Werk setzt, begeht damit keine urheberrechtliche Nutzungshandlung, sondern verweist lediglich auf das Werk in einer Weise, die Nutzern den bereits eröffneten Zugang erleichtert (vgl. Dustmann, Die privilegierten Provider, 2001, S. 188 f.; Manz, Die Haftung für Urheberrechtsverletzungen im Internet nach deutschem und amerikanischem Recht, 1999, S. 53 f.; Börsch, Sind Hyperlinks rechtmäßig?, 2003, S. 148 f.; Plaß, WRP 2000, 599, 602; dies., WRP 2001, 195, 202; Schack, MMR 2001, 9, 14 Fn. 77; Nolte, ZUM 2003, 540, 541 f.; ebenso österr. OGH MR 2003, 35 f. - METEO-data, mit zustimmender Anmerkung Burgstaller/Krüger ; a.A. Marwitz, K&R 1998, 363, 373). Er hält weder das geschützte Werk selbst öffentlich zum Abruf bereit, noch übermittelt er dieses selbst auf Abruf an Dritte. Nicht er, sondern derjenige, der das Werk in das Internet gestellt hat, entscheidet darüber, ob das Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Wird die Webseite mit dem geschützten Werk nach dem Setzen des Hyperlinks gelöscht , geht dieser ins Leere. Einem Nutzer, der die URL als genaue Bezeichnung des Fundorts der Webseite im Internet noch nicht kennt, wird der Zugang zu dem Werk durch den Hyperlink zwar erst ermöglicht und damit das Werk im Wortsinn zugänglich gemacht; dies ist aber auch bei einem Hinweis auf ein Druckwerk oder eine Webseite in der Fußnote einer Veröffentlichung nicht anders.

c) Die Informationsgesellschafts-Richtlinie (Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167 vom 22.6.2001 S. 10 = GRUR Int. 2001, 745), die bis zum 22. Dezember 2002 umzusetzen war (vgl. nunmehr den Ge-
setzesbeschluß des Deutschen Bundestages vom 11.4.2003, BR-Drucks. 271/03 für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft ), hat die urheberrechtliche Beurteilung von Hyperlinks, wie sie hier in Rede stehen, nicht verändert (vgl. Burgstaller/Krüger, MR 2003, 37; Nolte, ZUM 2003, 540, 541 f.; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 33 ff.; Stomper , MR 2003, 33, 34). Nach Art. 3 Abs. 1 der InformationsgesellschaftsRichtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Urhebern das ausschließliche Recht zu gewähren, die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, daß sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Diese Vorschrift bezieht sich auf Werknutzungen der öffentlichen Wiedergabe. Das Setzen eines Hyperlinks ist keine Wiedergabe in diesem Sinn; es bewirkt weder das (weitere) Bereithalten des Werkes noch eine Abrufübertragung des Werkes an den Nutzer.
3. Entgegen der Ansicht der Revision verletzen die Beklagten mit ihrem Suchdienst "Paperboy" auch nicht die Rechte, die der Klägerin nach ihrer Behauptung als Datenbankhersteller zustehen.

a) Zu den Rechten des Datenbankherstellers gemäß § 87b UrhG gehört nach weit überwiegender Ansicht schon nach geltendem Recht neben dem Vervielfältigungsrecht das Recht, die Datenbank öffentlich zugänglich zu machen (vgl. Leistner, Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, 2000, S. 307 f.; a.A. Koch, ZUM 2001, 839, 841 f.). Der Inhalt dieses Rechts wird nach der noch geltenden Rechtslage - wie bei dem entsprechenden Recht des Urhebers (vorstehend unter 2.) - unterschiedlich beurteilt. Teilweise wird es als Abrufübertragungsrecht verstanden (vgl. Schrikker /Vogel aaO § 87b Rdn. 5 f., 20; Lührig in Ensthaler/Bosch/Völker aaO
S. 136 f.; Fromm/Nordemann/Hertin aaO § 87b Rdn. 1; Haberstumpf, GRUR 2003, 14, 28) und teilweise als ein Recht, das ein Abrufübertragungsrecht und ein Bereitstellungsrecht umfaßt (vgl. Wandtke/Bullinger/Thum aaO § 87b Rdn. 38 ff.; Möhring/Nicolini/Decker, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 87b Rdn. 5). Diese Frage kann jedoch unerörtert bleiben, weil der geltend gemachte Unterlassungsanspruch (§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 87b UrhG) aus den nachstehend dargelegten Gründen keinen Erfolg haben kann.

b) Zugunsten der Klägerin kann unterstellt werden, daß die Artikel, die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich gemacht werden, Bestandteile von Datenbanken sind. Mit dem Setzen von Hyperlinks zu diesen Artikeln nehmen die Beklagten jedenfalls keine Nutzungshandlungen vor, die einem Datenbankhersteller vorbehalten sind.
aa) Das Setzen von Deep-Links, die den Nutzern von "Paperboy" ermöglichen , unmittelbar den Volltext der Artikel abzurufen, ist als solches keine unter § 87b UrhG fallende Nutzungshandlung (a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe aaO Rdn. 68). Die oben (unter III. 1. und 2.) dargelegten Gründe, aus denen das Setzen eines Hyperlinks keine urheberrechtliche Nutzungshandlung ist, gelten hier entsprechend.
bb) Ebenso wird ein Datenbankherstellerrecht aus § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG nicht verletzt, wenn - wie hier - aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, die in einer Datenbank gespeichert sind, einzelne kleinere Bestandteile an Nutzer übermittelt werden, um diesen einen Anhalt dafür zu geben, ob der Abruf des Volltextes für sie sinnvoll wäre. Darin liegt keine unter § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG fallende Nutzungshandlung.
Der Suchdienst "Paperboy" geht zwar bei seiner Auswertung von Inter- netauftritten - auch denen von "Handelsblatt" und "DM" - im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 2 UrhG "wiederholt und systematisch" vor. Die beanstandeten Handlungen laufen aber einer normalen Auswertung der benutzten Datenbanken nicht zuwider. Diese wird nicht beeinträchtigt, wenn möglichen Nutzern aus eingespeicherten Presseartikeln einzelne splitterhafte Kleinbestandteile mitgeteilt werden, um den Inhalt der Artikel anzudeuten. Die Benutzung der Datenbank wird dadurch nicht ersetzt, sondern allenfalls angeregt. Auch durch wiederholte Zugriffe auf einzelne Datenbanken summieren sich die mitgeteilten Artikelbestandteile nicht zu wesentlichen Teilen der Datenbanken (vgl. dazu auch Schricker/Vogel aaO § 87b Rdn. 22; Möhring/Nicolini/Decker aaO § 87b Rdn. 8; Leistner, GRUR Int. 1999, 819, 833; vgl. weiter - zu Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie - Bensinger, Sui-generis Schutz für Datenbanken, 1992, S. 213 f.). Dies gilt hier auch, soweit die Beklagten solche Artikelbestandteile Nutzern mit den von ihnen als "persönliche Tageszeitung" bezeichneten Hyperlink -Hinweisen zu bestimmten Themen übermitteln.

c) Die Klägerin hat nicht geltend gemacht, daß Nutzer von "Paperboy" durch Abruf aus der Vielzahl von Datenbanken, die ausgewertet werden, wiederholt und systematisch gerade die Datenbanken von "Handelsblatt" und "DM" in einer Weise benutzen, die deren normaler Auswertung zuwiderläuft. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies auch nicht der Fall.
4. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht die Ansicht vertreten, daß die Beklagten nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG handeln, wenn ihr Suchdienst Nutzern durch Hyperlinks ermöglicht, unmittelbar auf Artikel zuzugreifen , die im Rahmen der Internetauftritte von "Handelsblatt" und "DM" öffentlich zugänglich sind.

Im Hinblick darauf, daß die beanstandeten Handlungen urheberrechtlich unbedenklich sind, kämen Ansprüche aus § 1 UWG nur in Betracht, wenn sie wegen des Vorliegens besonderer Umstände gleichwohl als wettbewerbswidrig anzusehen wären (vgl. BGHZ 134, 250, 267 - CB-infobank I; 140, 183, 189 - Elektronische Pressearchive; 141, 13, 27 - Kopienversanddienst; vgl. weiter Wandtke/Bullinger/Thum aaO Vor § 87a ff. Rdn. 29). Solche Umstände sind hier nicht gegeben.
Durch das Setzen von Hyperlinks auf Artikel aus "Handelsblatt" und "DM" übernehmen die Beklagten keine Leistung der Klägerin. Sie erleichtern - wie dargelegt - nur den Zugriff auf Artikel, die der Öffentlichkeit bereits ohnehin zugänglich sind. Mit ihrem Suchdienst, der eine Vielzahl von Internetauftritten auswertet, bieten die Beklagten eine eigene Leistung an. Diese wäre ihnen zwar nicht möglich, wenn nicht Unternehmen wie die Klägerin ihre Informationsangebote im Internet öffentlich zugänglich machen würden, die Beklagten bieten aber der Allgemeinheit einen erheblichen zusätzlichen Nutzen durch die gemeinsame Erschließung dieser Informationsquellen. Die Herkunft der nachgewiesenen Artikel wird nicht verschleiert. Entgegen der Ansicht der Revision werden deshalb die Nutzer von "Paperboy" nicht irregeführt; ebensowenig wird der gute Ruf von Informationsanbietern wie der Klägerin ausgebeutet.
Die Beklagten handeln auch nicht deshalb unlauter, weil ihr Suchdienst durch Deep-Links den unmittelbaren Zugriff auf die von ihm nachgewiesenen Artikel ermöglicht und die Nutzer so an den Startseiten der Internetauftritte der Klägerin vorbeiführt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts widerspricht dies zwar dem Interesse der Klägerin an Werbeeinnahmen, die sie dadurch erzielen kann, daß Nutzer, die Artikel über die Startseiten aufrufen, zu-
nächst der dort aufgezeigten Werbung begegnen. Die Klägerin, die ihre Artikel im Internet selbst öffentlich zugänglich macht, kann aber nicht verlangen, daß nur der umständliche Weg über die Startseiten ihrer Internetauftritte gegangen wird und die Möglichkeiten der Hyperlinktechnik ungenutzt bleiben (vgl. dazu auch Plaß, WRP 2000, 599, 607; Sosnitza, CR 2001, 693, 702 f.; vgl. weiter österr. OGH MR 2003, 35, 36 - METEO-data; a.A. Wiebe in Ernst/Vassilaki /Wiebe aaO Rdn. 103). Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen , daß die Klägerin, wenn sie das Internet für ihre Angebote nutzt, auch die Beschränkungen in Kauf nehmen muß, die sich aus dem Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit des Internets für die Durchsetzung ihrer Interessen ergeben. Ohne die Inanspruchnahme von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks (gerade in der Form von Deep-Links) wäre die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle im World Wide Web praktisch ausgeschlossen. Ein Berechtigter, der die Vorteile des World Wide Web, die gerade auch auf der Hyperlinktechnik beruhen, für seine Angebote in Anspruch nimmt, kann es deshalb nicht als unlautere Behinderung beanstanden, wenn andere die Hyperlinktechnik zur Erschließung seines eigenen Webangebots für die Öffentlichkeit nutzen. Die Tätigkeit von Suchdiensten und deren Einsatz von Hyperlinks ist wettbewerbsrechtlich zumindest dann grundsätzlich hinzunehmen, wenn diese lediglich den Abruf vom Berechtigten öffentlich zugänglich gemachter Informationsangebote ohne Umgehung technischer Schutzmaßnahmen für Nutzer erleichtern (vgl. dazu auch Stadler aaO S. 199 f., 208).
Im übrigen kann die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ihre Werbeeinblendungen auch auf die "tieferliegenden" Webseiten mit den einzelnen Artikeln verlagern und so eine Beeinträchtigung ihrer Werbeeinnahmen zumindest abmildern, falls es ihr nicht - wie die Beklagten behaupten - möglich
sein sollte, den unmittelbaren Zugriff auf ihre Artikel mit Hilfe von Deep-Links mit technischen Mitteln zu verhindern.
IV. Die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil war danach mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Klageantrag zu 1 statt als unbegründet als unzulässig abgewiesen wird. Der Abweisung des Klageantrags zu 1 als unzulässig statt als unbegründet steht nicht entgegen, daß nur die Klägerin Revision eingelegt hat (vgl. BGHZ 144, 255, 264 - Abgasemissionen, m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 15/08
Verkündet am:
29. Mai 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die auf Unterlassung einer unzulässigen Vertiefung gerichtete Klage erfordert
nicht die Angabe der Bodenfestigkeit des bedrohten Grundstücks (Abgrenzung
zu Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 u. Urt. v.
27. November 1981, V ZR 42/79, WM 1982, 68).
BGH, Urteil vom 29. Mai 2009 - V ZR 15/08 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Konstanz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Klein und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger zu 1, 6 und 7 wird das Urteil des 9. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Dezember 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen die Abweisung des Unterlassungsanspruchs gerichtete Berufung der Kläger zu 1, 6 und 7 zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger zu 1, 6 und 7 (nachfolgend: Kläger) und die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Die Beklagte zu 1 errichtet auf ihrem bislang unbebauten Grundstück zwei Wohnhäuser nebst Tiefgarage.
2
Mit der Behauptung, infolge der Bauarbeiten drohe der Boden ihrer Grundstücke die erforderliche Stütze zu verlieren, nehmen die Kläger die Beklagten auf Unterlassung einer unzulässigen Vertiefung in Anspruch. Ihr Klageantrag lautet: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, es zu unterlassen, das Grundstück der Beklagten Nr. 1… so zu vertiefen, dass die Nachbargrundstücke der Klägerin Nr. 1… und der Kläger Nr. 6 und 7…. die erforderliche Stütze verlieren, sofern zur Abwendung der Gefahr keine genügende anderweitige Befestigung vorgenommen wird.
3
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihren Unterlassungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, der Unterlassungsantrag genüge den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht und sei daher unzulässig. Die Kläger müssten die frühere Festigkeit des Bodens ihrer Grundstücke genau angeben. Andernfalls stünde nicht fest, welchen Erfolg die Beklagten durch die von ihnen zu ergreifenden Befestigungs- oder Sicherungsmaßnahmen schuldeten.

II.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Unterlassungsantrag der Kläger ist ausreichend bestimmt.
6
1. Allerdings hat der Senat für einen auf Beseitigung der Folgen einer unzulässigen Vertiefung (§§ 1004 Abs. 1, 909 BGB) gerichteten Antrag entschieden , dass der Kläger die frühere Festigkeit seines Grundstücks genau angeben muss. Der durch eine Vertiefung im Sinne des § 909 BGB in seinem Eigentum beeinträchtigte Kläger kann verlangen, dass der Boden seines Grundstücks durch eine genügende anderweitige Befestigung wieder so belastbar wird, wie es vor der Störung der Fall war. Durch welche Maßnahmen dies erreicht wird, ist dem Beklagten überlassen. Maßgeblich ist, dass er die frühere Festigkeit des beeinträchtigten Grundstücks wiederherstellt; sie muss daher genau bezeichnet werden (vgl. Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 sowie Urt. v. 27. November 1981, V ZR 42/79, WM 1982, 68).
7
2. a) Das gilt indessen nicht, wenn von dem Beklagten verlangt wird, eine unzulässige Vertiefung zu unterlassen. Die Klage ist dann nicht auf die Herbeiführung eines bestimmten - und daher genau zu bezeichnenden - Erfolgs gerichtet , sondern auf die Vermeidung einer drohenden Beeinträchtigung. Sie ist ausreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn die zu unterlassende Beeinträchtigung so deutlich bezeichnet ist, dass der Streitgegenstand klar umrissen ist, sich der Beklagte erschöpfend verteidigen kann und nicht dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (vgl. BGHZ 156, 1, 8 f. m.w.N.). Bei einer (erstmals) drohenden Vertiefung genügt hierzu grundsätzlich die Wiedergabe des in § 909 BGB enthaltenen Verbots, ein Grundstück in der Weise zu vertiefen, dass der Boden eines benachbarten Grundstücks die erforderliche Stütze verliert, wenn nicht für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist (zutreffend: PWW/Lemke, BGB, 4. Aufl., § 909 Rdn. 39; wohl auch MünchKommBGB /Säcker, 4. Aufl., § 909 Rdn. 18 f.).
8
Die Angabe der Festigkeit des bedrohten Grundstücks ist dagegen nicht erforderlich (a.A. Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 909 Rdn. 7; Staudinger /Roth, BGB [2002], § 909 Rdn. 38; Erman/Lorenz, 12. Aufl., § 909 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 909 Rdn. 31; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 253 Rdn. 35). Die beklagte Partei und das Vollstreckungsgericht vermögen auch ohne sie zu erkennen, was verboten worden ist, nämlich dem Boden des klägerischen Grundstücks die erforderliche Stütze zu entziehen. Welche Stütze im Sinne von § 909 BGB erforderlich ist, beurteilt sich danach , welche Befestigung das Grundstück nach seiner tatsächlichen Beschaffenheit benötigt (Senat, BGHZ 101, 290, 293). Auch für die Feststellung, ob gegen das Verbot verstoßen wurde, ist die Angabe der ursprünglichen Festigkeit des klägerischen Grundstücks im Urteil nicht erforderlich. Nicht selten, beispielsweise bei Bodenabrissen oder einem Gebäudeeinsturz, wird der Verstoß ohnehin offenkundig sein. Ist er es nicht, genügt die - wenn auch regelmäßig mit sachverständiger Hilfe zu treffende - Feststellung, dass der Boden in der Senkrechten den Halt verliert oder die Festigkeit der unteren Bodenschichten in ihrem waagerechten Verlauf beeinträchtigt worden ist (vgl. Senat, BGHZ 85, 375, 378).
9
b) Etwas anderes folgt nicht aus der Erwägung des Berufungsgerichts, das von den Klägern verfolgte Unterlassungsbegehren decke sich mit einem Beseitigungsanspruch (und erfordere deshalb einen gleichlautenden Antrag), weil die Nichtbeseitigung einer Störung mit einer Fortsetzung der Beeinträchtigungshandlung gleichzusetzen sei. Letzteres ist nur anzunehmen, wenn ein bestehender Störungszustand durch weitere Verletzungshandlungen fortlaufend „erneuert“ wird (vgl. BGH, Urt. v. 31. Mai 1957, I ZR 163/55, LM § 1004 Nr. 32 für die Beibehaltung eines unrichtigen Firmennamens). Das trifft auf Beeinträch- tigungen infolge unzulässiger Vertiefung nicht zu. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch haben hier grundsätzlich unterschiedliche Inhalte. Mit einer (vorbeugenden) Unterlassungsklage kann sich der betroffene Eigentümer gegen einen drohenden, aber noch nicht eingetretenen Stützverlust wenden. Bei einem bereits eingetretenen Stützverlust ist der Beseitigungsanspruch geltend zu machen, und zwar auch dann, wenn die Beeinträchtigung infolge der Untätigkeit des Vertiefenden über einen längeren Zeitraum andauert (vgl. Senat, Urt. v. 15. Februar 2008, V ZR 17/07, NJW-RR 2008, 969, 970 Rdn. 17). Die Nichtbeseitigung des Stützverlusts stellt keine fortgesetzte Erneuerung der Störung dar; ihr kann deshalb nicht mit einem Unterlassungsantrag begegnet werden.

III.

10
Die Abweisung des auf Unterlassung einer unzulässigen Vertiefung gerichteten Klageantrag als unzulässig kann daher keinen Bestand haben; das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 ZPO).
11
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht geprüft hat, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet ist (vgl. hierzu MünchKommBGB /Säcker, 4. Aufl., § 909 Rdn. 18). Insbesondere fehlen Feststellungen, ob den Grundstücken der Kläger infolge der von der Beklagten zu 1 geplanten bzw. ausgeführten Vertiefung ihres Grundstücks ein Stützverlust droht. Die Klägerin zu 1 hat hierzu unter Beweisantritt vorgetragen, es lasse sich bereits aus den Bauplänen ersehen, dass die Stützmauer ihres Grundstücks einstürzen werde. Die Kläger zu 6 und 7 haben unter Bezugnahme auf ein von ihnen eingeholtes Sachverständigengutachten behauptet, im Zusammenhang mit dem Bau der Tiefgarage bzw. der Rampenanlage werde ihr Grundstück unterschnitten mit der Folge, dass der Einsturz von Carport und Schuppen mit an Sicher- heit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Hiermit hat sich das Berufungsgericht bislang nicht befasst. Dies wird nachzuholen sein, sofern es im Zeitpunkt der neuen Berufungsverhandlung noch darauf ankommt.
12
Im Hinblick auf den Jägerzaun, der bereits einen Stützverlust erlitten haben könnte, muss erforderlichenfalls geklärt werden, ob die Kläger insoweit die Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung verlangen, oder ob ihr diesbezüglicher Vortrag, was näher liegt, lediglich die drohende Gefahr verdeutlichen soll, die sie mit der vorbeugenden Unterlassungsklage abwenden wollen. Sollte das Klageziel auch die Beseitigung eines bereits eingetretenen Stützverlusts umfassen, ist auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das betrifft allerdings nicht die ausreichende Bestimmtheit des Klageantrags - der vorbeugende Unterlassungsantrag ist hinreichend bestimmt -, sondern ggf. die Formulierung eines dem Klageziel entsprechenden (weiteren) Antrags (vgl. zum möglichen Nebeneinander von Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch: Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 909 Rdn. 24).
Krüger Klein Schmidt-Räntsch Stresemann Roth

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 09.09.2005 - 3 O 175/03 B -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 19.12.2007 - 9 U 163/05 -
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheitert der Anspruch allerdings nicht schon daran, dass das Fotografieren eines Gebäudes oder einer Gartenanlage auf einem Grundstück das Grundstückseigentum nicht beeinträchtigt. Das ist vielmehr dann der Fall, wenn das Gebäude oder der Garten - wie hier - von dem Grundstück aus, auf dem sie sich befinden, fotografiert worden sind. Das hat der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des I. Zivilsenats (Urteile vom 20. September 1974 - I ZR 99/73, NJW 1975, 778 f. und vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252) mit Urteilen vom 17. Dezember 2010 in zwei Parallelverfahren (V ZR 45/10 und V ZR 46/10, jeweils zur Veröff. best.) entschieden. Zu den Befugnissen des Eigentümers zählt in dieser Konstellation auch das Recht, das äußere Erscheinungsbild der Sache zu verwerten (Senat, aaO; BGH, Urteil vom 20. September 1974 - I ZR 99/73, aaO; Urteil vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, aaO S. 2252). Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die erwähnten Senatsurteile Bezug genommen.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 319/01 Verkündet am:
19. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Betreiber eines Kabelnetzes kann von Anbietern digitaler Programme und
Mediendienste verlangen, es zu unterlassen, gegen seinen Willen Programm- und
Dienstsignale in sein Netz einzuleiten und sein Netz zur Durchleitung solcher Programme
und Mediendienste zu nutzen (Fortführung von BGH, Urt. v. 19. März 1996,
KZR 1/95, NJW 1996, 2656).

b) Programm- und Dienstsignale werden nicht gegen den Willen des Eigentümers in
ein Kabelnetz eingeleitet, wenn sie dort nur deshalb verfügbar sind, weil der Betreiber
des Netzes sein Netz ohne Filtereinrichtungen mit einem anderen Netz verbindet
, in das solche Signale eingespeist werden.

c) Der Umstand, daß der Betreiber eines Kabelnetzes sein Netz für Signale öffnet, die
Anbieter von Programmen und Mediendiensten in ein anderes Kabelnetz einspeisen
, berechtigt diese Anbieter dagegen nicht, dessen Netz auch zur Durchleitung
ihres Programm- und Dienstangebots an Dritte zu nutzen. Das setzt vielmehr eine
zusätzliche Disposition des Netzeigentümers voraus.
BGH, Urt. v. 19. September 2003 - V ZR 319/01 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juni 2001 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. Juli 2000 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt , es zu unterlassen, den an das Breitbandkabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfängern ohne Zustimmung der Klägerin den Zugang zu den Mediendiensten „Highspeed-Internet“ und „Cable City M. “ zu ermöglichen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten , angedroht. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in einer in M. gelegenen Wohnanlage aufgrund eines mit der Grundstückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags ein von ihr errichtetes Breitbandkabelnetz, über das sie die angeschlossenen Wohnungen auf der Grundlage von Einzelanschlußverträgen gegen Entgelt mit Rundfunkprogrammen beliefert. Dieses Hausverteilnetz (Netzebene
4) ist an einem Übergabepunkt an das bislang von der Deutschen Telekom AG betriebene Straßenverteilnetz (Netzebene 3) angeschlossen, in das die von den jeweiligen Programmveranstaltern produzierten Signale über eine sogenannte Kopfstation eingespeist werden. Die am Übergabepunkt angelieferten Signale werden von der Klägerin aufgrund eines mit der Deutschen Telekom AG geschlossenen Vertrags ungefiltert übernommen und über das Hausverteilnetz in die angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet.
Die Beklagte ist Anbieterin der kostenpflichtigen Mediendienste „Highspeed Internet“ - einem schnellen Internetzugang - und „Cable City M. “ - einem Stadtinformationsdienst -, bei denen die Datensignale nach Umwandlung (Encodierung) in Fernsehsignale über einen TV-Kanal des M. Breitbandkabelnetzes verbreitet werden. Voraussetzung für die Nutzung dieser Mediendienste ist die Installation eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten und mit einer individuellen Kennung versehenen Kabelmodems , das die Fernsehsignale in für Personal-Computer lesbare Datensignale rückumwandelt (decodiert). Der Zugang zum Internet erfordert außerdem ein Telefonmodem zur Anforderung von Daten über die als Rückkanal genutzte Telefonleitung.
Die Beklagte schloß mit mindestens einem Bewohner der von der Klägerin verkabelten Wohnanlage einen Vertrag über die entgeltliche Nutzung ihrer Mediendienste. Verhandlungen der Parteien über eine von der Beklagten für die Durchleitung von Signalen durch das Kabelnetz der Klägerin zu entrichtende Vergütung blieben ohne Erfolg. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung der Signaldurchleitung in Anspruch. Hilfsweise möchte sie der Beklagten verbieten lassen, den mit der Klägerin vertraglich verbundenen Empfängern Zugangsmöglichkeiten zu den genannten Mediendiensten durch das Kabelnetz der Klägerin zu verschaffen. Wiederum hilfsweise begehrt sie die Feststellung, daß sie nicht zur unentgeltlichen Signaldurchleitung verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Signaldurchleitung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Indem die Beklagte in die Netzebene 3 Signale einspeise, die durch den Übergabepunkt auch in die Netzebene 4 gelangten, greife sie in das Eigentum der Klägerin an dem von ihr errichteten und betriebenen Kabelnetz ein. Eine Duldungspflicht im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB treffe die Klägerin nicht. Aus den zwischen einem Kabelnetzbetreiber und seinen Kunden geschlossenen Verträgen lasse sich regel-
mäßig kein Durchleitungsanspruch von Programmanbietern herleiten. Eine kartellrechtliche oder medienrechtliche Duldungspflicht habe die Beklagte nicht dargelegt. Selbst wenn die Beklagte den Unterlassungsanspruch nur dadurch erfüllen könne, daß sie auf die Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 gänzlich verzichte, und dies einer Einstellung der von ihr betriebenen Mediendienste gleichkomme, stelle das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedenfalls solange keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar, als die Klägerin gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zur Duldung der Durchleitung bereit sei.

II.


Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klage ist mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.
Das Eigentum der Klägerin an den von ihr verlegten Breitbandkabeln, bei denen es sich lediglich um Scheinbestandteile des Grundstücks handelt, in das sie eingefügt worden sind (§ 95 BGB), wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die von der Beklagten produzierten Signale durch das Kabelnetz der Klägerin geleitet werden, also am Übergabepunkt in dieses Kabelnetz gelangen und von den Inhabern der daran angeschlossenen Wohnungen empfangen werden können. Diese Signaldurchleitung entspricht vielmehr den von der Klägerin selbst in Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse getroffenen Dispositionen. Damit fehlt es insoweit an einem dem Inhalt ihres Eigentumsrechts (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand, der einen Abwehranspruch gemäß § 1004
Abs. 1 BGB auslösen könnte (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39; Urt. v. 22. Septem- ber 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 17).
Richtig ist allerdings, daß die Beklagte mit der Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 auf das Kabelnetz der Klägerin einwirkt. Mit der Signaleinspeisung verfolgt die Beklagte den Zweck, die mit ihr vertraglich verbundenen und über Breitbandkabel der Netzebene 4 an die Netzebene 3 angeschlossenen Empfänger mit Inhalten aus dem Internet und aus einem Stadtinformationsdienst zu beliefern (Nr. 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Übertragen werden die von der Beklagten gesendeten Signale allerdings nicht nur an deren Kunden. Im Gegensatz zum Telefonnetz, bei dem es sich um ein auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen beruhendes Vermittlungsnetz handelt, stellt das Breitbandkabelnetz ein baumförmig strukturiertes Verteilnetz dar, bei dem die eingespeisten Signale grundsätzlich an alle angeschlossenen Teilnehmer verteilt werden. Erst die Nutzung der von der Beklagten produzierten Signale erfordert die Verwendung eines von ihr zur Verfügung gestellten Kabelmodems, das die empfangenen Signale decodiert und den jeweiligen Empfänger mittels einer individuellen Kennung zur Nutzung autorisiert. Hieraus folgt, daß die Beklagte, indem sie ihre Signale in die Netzebene 3 einspeist, auf sämtliche Breitbandkabel der Netzebene 4 einwirkt, in die ihre Signale gelangen, und zwar unabhängig davon, ob an die betreffenden Kabel oder Kabelnetze Kunden der Beklagten angeschlossen sind oder nicht.
Zu einer Eigentumsbeeinträchtigung führt die Einwirkung auf eine fremde Sache jedoch nur dann, wenn sie gegen den Willen des Eigentümers erfolgt (RGZ 131, 335, 336; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 6; Stau-
dinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 87 I 2, S. 347; Löhr, WRP 1975, 523, 525; vgl. auch BGHZ 44, 288, 293). Durch eine seinem Willen entsprechende Einwirkung wird der Eigentümer in der ihm durch § 903 BGB eingeräumten Dispositionsbefugnis - mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren - nicht nachteilig betroffen, so daß es an einem Widerspruch zum Inhalt seines Eigentumsrechts fehlt. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die auf die Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 zurückzuführende Einwirkung auf fremde Kabelnetze der Ebene 4 maßgeblich vom Willen der jeweiligen Kabelnetzbetreiber abhängig ist. Diese allein entscheiden durch die technische Ausgestaltung ihrer Anlagen darüber, welche der in der Netzebene 3 befindlichen Signale in und durch ihre Breitbandkabel geleitet werden. Dagegen haben die Anbieter von Programmen und Mediendiensten nach Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 keinerlei Einfluß mehr auf die technische Verbreitung dieser Signale innerhalb des Breitbandkabelnetzes.
Die Klägerin hat ein Kabelnetz der Ebene 4 mit einer dem vorgelagerten Kabelnetz der Ebene 3 entsprechenden Bandbreite errichtet und die Zusammenschaltung beider Netzebenen veranlaßt. Dies führt aufgrund der technischen Gegebenheiten zwangsläufig dazu, daß sämtliche in die Netzebene 3 eingespeisten Signale, auf deren Zusammensetzung die Klägerin keinen Einfluß hat, auch in das Kabelnetz der Klägerin eingeleitet und darin bis zu den Antennendosen der angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet werden. Zwar hätte die Klägerin die Möglichkeit, die Einleitung bestimmter, ihr unerwünschter Signale durch das Anbringen geeigneter Sperrvorrichtungen am Übergabepunkt zu unterbinden. Dies tut sie jedoch nicht. Vielmehr nimmt sie es hin, daß auch solche Signale in ihr Kabelnetz gelangen, die sie selbst zur Belieferung
der angeschlossenen Wohnungen mit Rundfunkprogrammen nicht benötigt und zu deren Anlieferung die Deutsche Telekom AG aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages über die Zusammenschaltung der Netzebenen möglicherweise nicht einmal berechtigt ist. Damit ist es nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst, die durch den Betrieb ihres zur Netzebene 3 uneingeschränkt geöffneten Kabelnetzes die Durchleitung der von der Beklagten produzierten Signale bewirkt (in diesem Sinne auch OLG Hamburg, NJW-RR 2002, 550 mit abl. Anm. Reinersdorff, MMR 2001, 528; OLG München, Urt. v. 13. April 2000, 29 U 2077/00). Zwar ist die Eröffnung dieser Durchleitungsmöglichkeit für die Beklagte durchaus von Nutzen, weil sie ansonsten die an das Kabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfänger mit ihren Signalen nicht erreichen könnte. Unbefugt und deshalb nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähig ist die in der Signaldurchleitung als solcher liegende Nutzung indes nicht, weil sie auf der von der Klägerin selbst vorgenommenen Ausgestaltung ihres Kabelnetzes und ihrem damit zum Ausdruck gebrachten Eigentümerwillen beruht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur Pay-TV-Durchleitung (BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656; vgl. auch OLG Hamburg, AfP 2000, 371) getroffenen Feststellung, daß der Betreiber eines Kabelnetzes der Ebene 4 vorbehaltlich abweichender Regelungen im Landesmedienrecht ohne eine Vereinbarung über die Vergütung nicht zur Durchleitung von Programmsignalen verpflichtet ist und daß umgekehrt ein Programmanbieter keinen Anspruch gegen den Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Durchleitung hat. Aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur unentgeltlichen Signaldurchleitung folgt keineswegs denknotwendig ein Anspruch auf Unterlassung der Signaldurchleitung (a. A. v. Reinersdorff , MMR 2001, 528, 529 und MMR 2002, 222, 225), solange es, wie
hier, der Kabelnetzbetreiber selbst ist, der die nicht geschuldete Signaldurch- leitung tatsächlich bewirkt. Hat der Kabelnetzbetreiber die technischen Voraussetzungen für eine – unbeschränkte – Durchleitung selbst geschaffen, dann liegt es an ihm, diese Voraussetzungen wieder zu beseitigen, wenn eine vertragliche Vereinbarung mit dem Programmanbieter über die für die Signaldurchleitung zu entrichtende Vergütung nicht zustande kommt. In diesem Falle ist der Kabelnetzbetreiber nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgrund seines Eigentums am Kabelnetz dazu befugt, geeignete Sperrvorrichtungen anzubringen, um die Durchleitung zu unterbinden. Einen weitergehenden Anspruch auf Unterlassung hat er dagegen nicht.
Die Klage ist daher mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.

III.


Beeinträchtigt wird das Eigentum der Klägerin jedoch dadurch, daß die Beklagte das Kabelnetz der Klägerin ohne deren Einverständnis zu dem Zweck gewerblich nutzt, ihren Kunden den Zugang zum Internet und zu einem Stadtinformationsdienst zu ermöglichen. Der hiergegen gerichtete Hilfsantrag der Klägerin ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB begründet. Hierüber kann der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.).
Als Betreiberin des von ihr errichteten Breitbandkabelnetzes erbringt die Klägerin zwei unterschiedliche Telekommunikationsdienstleistungen. Ihr selbst
geht es in erster Linie darum, den an das Kabelnetz angeschlossenen Emp- fängern gegen Entgelt den Empfang von Rundfunkprogrammen zu ermöglichen , die über das Breitbandkabel verbreitet werden. Gleichzeitig erbringt sie eine – unentgeltliche – Dienstleistung zugunsten der Programmanbieter, die zur Verbreitung ihrer Inhalte auf Durchleitungsmöglichkeiten angewiesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656, 2657). Dabei differenziert die Klägerin weder nach der Herkunft noch nach dem Zweck der von ihr durchgeleiteten Signale. Diese Dienstleistung nimmt auch die Beklagte in Anspruch, soweit sie als sogenannter Content-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, Recht der Multimedia-Dienste, § 3 MDStV Rdn. 14 f.) und als Service -Provider (vgl. Roßnagel/Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 16 f.) eigene oder fremde Inhalte verteilt oder auf Anforderung zur Nutzung übermittelt (vgl. §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 3 Nr. 1 MDStV). Hierauf beschränkt sich die Beklagte allerdings nicht. Vielmehr schließt sie mit interessierten Empfängern entgeltliche Verträge, in denen sie sich als sogenannter Access-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 18; zu den verschiedenen Arten von Anbietern vgl. auch v. Bonin/Köster, ZUM 1997, 821, 822) dazu verpflichtet, ihren Kunden über das Breitbandkabel den Zugang zum Internet und zu einem von ihr angebotenen Stadtinformationsdienst zu ermöglichen (Nr. 2.1. Satz 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Inhalt dieser Verpflichtung ist nicht die Belieferung mit bestimmten Signalen, sondern die Schaffung der technischen Voraussetzungen hierfür. Soweit die Vertragspartner der Beklagten, wie zumindest in einem Fall, an das von der Klägerin betriebene Kabelnetz angeschlossen sind, kann die Beklagte diese Verpflichtung nur erfüllen, indem sie die von der Klägerin verlegten Breitbandkabel zur Zugangsvermittlung (vgl. § 3 Nr. 1 letzte Alt. MDStV) nutzt. Die Beklagte macht damit die Breitbandkabel der Klägerin zum Gegenstand einer von ihr selbst
angebotenen Dienstleistung. Diese gewerbliche Nutzung ihres Kabelnetzes zum Zweck der Zugangsvermittlung ist – im Gegensatz zur Signaldurchleitung als solcher – keine unmittelbare Folge der von der Klägerin veranlaßten Zusammenschaltung der Netzebenen 3 und 4, sondern wurde hierdurch lediglich ermöglicht. Es bedurfte daher einer weitergehenden Entscheidung darüber, ob, durch wen und unter welchen Voraussetzungen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte. Diese Entscheidung oblag nach § 903 BGB ausschließlich der Klägerin als Eigentümerin des Kabelnetzes. Die Befugnis des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, umfaßt das Recht, die Art und Weise ihrer Nutzung zu bestimmen. Insbesondere ist dem Eigentümer die Entscheidung überlassen, ob und wie er seine Sache gewerblich nutzen will (BGH, Urt. v. 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 13; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 71; Soergel/ J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 903 Rdn. 33; Wolf, Sachenrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 45; Gerauer, GRUR 1988, 672, 673). Die Klägerin hat sich mit der Nutzung ihres Kabelnetzes durch die Beklagte zum Zweck der gewerblichen Zugangsvermittlung weder ausdrücklich noch durch ihr tatsächliches Verhalten einverstanden erklärt. Indem die Beklagte das Kabelnetz gleichwohl zu diesem Zweck nutzt, greift sie in die eigentumsrechtliche Dispositionsbefugnis der Klägerin ein. Eine solche unbefugte Nutzung fremder Sachen widerspricht dem Inhalt des Eigentumsrechts und stellt deshalb eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24).
Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Beeinträchtigung ihres Eigentums zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die an ihr Kabelnetz angeschlossenen Empfänger aufgrund des zwischen der Klägerin und der Grund-
stückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags oder aufgrund eigener Einzelanschlußverträge zur Nutzung des Kabelanschlusses als Internetzugang berechtigt sein sollten, ergäbe sich hieraus kein Anspruch beliebiger Dritter, dieses Kabelnetz ohne eine gesonderte Vereinbarung mit der Klägerin und ohne eine an diese zu entrichtende Vergütung zur gewerblichen Verschaffung von Zugangsmöglichkeiten zu nutzen.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Schmidt-Räntsch Stresemann
14
Zwar ist grundsätzlich jeder dem Inhalt des Eigentums (§ 903 BGB) widersprechende Zustand eine nach § 1004 Abs. 1 BGB abzuwehrende Eigentumsbeeinträchtigung (Senat, Urteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 mwN), so dass alle sich ohne Einverständnis des Eigentümers auf seinem Grundstück befindenden fremden Gegenstände - wie dort abgestellte Fahrzeuge - sein Eigentumsrecht beeinträchtigen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 1990 - III ZR 81/88, BGHZ 110, 313, 315 und Senatsurteil vom 4. Februar 2005 - V ZR 142/04, aaO). An einem öffentlichen Straßengrundstück steht dem Grundstückseigentümer ein solches umfassendes Herrschaftsrecht jedoch auch dann nicht zu, wenn er als Anlieger auf dessen Nutzung durch Teilhabe am Gemeingebrauch besonders angewiesen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 92/03 Verkündet am:
16. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Flüssiggastank

a) Die Wiederholungsgefahr, die in der Person des Erblassers aufgrund einer in
der Vergangenheit von ihm begangenen Verletzungshandlung begründet worden
ist, setzt sich nicht in der Person des Erben fort, der das Geschäft des
Erblassers weiterführt.

b) Die Zulässigkeit einer hilfsweise erklärten einseitigen Erledigungserklärung
kann nicht mit der Begründung bejaht werden, es bestehe ein rechtliches Interesse
an der Feststellung, dass die Hauptsache bis zum Eintritt des erledigenden
Ereignisses zulässig und begründet gewesen sei (Ergänzung zu BGHZ
106, 359; BGH, Urt. v. 19.3.1998 – I ZR 264/95, GRUR 1998, 1045 – Brennwertkessel
).
BGH, Urt. v. 16. März 2006 – I ZR 92/03 – OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. März 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm
, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. Februar 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin handelt mit Flüssiggas. Sie stellt ihren Kunden Gastanks im Rahmen eines Mietvertrags zur Verfügung und wartet diese gegen Entgelt. Die Kunden verpflichten sich vertraglich gegenüber der Klägerin, die Tanks nur von ihr befüllen zu lassen.
2
Der Ehemann der Beklagten (im Folgenden: Beklagter), gegen den sich das Verfahren ursprünglich richtete, handelte ebenfalls mit Flüssiggas. Er belieferte sowohl Kunden, denen er Gastanks verkauft hatte, als auch Kunden, die bereits im Besitz eines Gastanks waren, wobei seine Preise deutlich unter denen der Klägerin lagen. Unter anderem lieferte er den Zeugen N. und O. Flüssiggas, nachdem er sich von ihnen einen Revers hatte unterschreiben lassen, in dem sie jeweils bestätigten, Eigentümer des zu befüllenden Gastanks zu sein. In Wirklichkeit standen die Gastanks im Eigentum der Klägerin; sie waren mit der damaligen Unternehmensbezeichnung der Klägerin („TM “) gekennzeichnet.
3
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Verhalten des Beklagten sei wettbewerbswidrig und verletze ihr Eigentum. Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen , es zu unterlassen, ohne ihre Einwilligung in ihrem Eigentum stehende und mit ihrem Firmenlogo versehene Flüssiggasbehälter mit Flüssiggas zu befüllen und/oder befüllen zu lassen und/oder an zum Abfüllen geeignete Vorrichtungen anzuschließen; hilfsweise, es zu unterlassen, Flüssiggastanks mit Flüssiggas zu füllen, sofern der Tank in ihrem Eigentum steht und dem Benutzer des Tanks eine Fremdbefüllung nicht gestattet ist.
4
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens ist der Beklagte verstorben. Die Beklagte ist als Erbin in seine Parteirolle gerückt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (OLG Brandenburg OLG-Rep 2004, 323 = OLG-NL 2004, 3).
6
Hiergegen richtet sich die – vom Berufungsgericht zugelassene – Revision der Klägerin, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgt. Hilfsweise hat sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Erledigungserklärung tritt sie entgegen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F. ebenso verneint wie einen Unterlassungsanspruch wegen Eigentumsverletzung aus § 1004 BGB. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch lasse sich nicht daraus ableiten, dass der Beklagte Kunden der Klägerin beliefert habe, die mit der Klägerin eine Bezugsbindung vereinbart hätten. Diese schuldrechtliche Verpflichtung habe den Beklagten nicht gebunden. Ein bloßes Ausnutzen eines Vertragsverstoßes sei nicht wettbewerbswidrig. Ein Verleiten zum Vertragsbruch sei nicht nachgewiesen. Auch aus dem Umstand, dass die befüllten Tanks mit dem Firmenlogo der Klägerin gekennzeichnet gewesen seien, ergebe sich nichts anderes. Unstreitig stünden etwa 5% der Gastanks im Eigentum der Kunden, wobei die Kennzeichnung keine zuverlässige Auskunft über die Eigentümerstellung gebe. Unter diesen Umständen habe sich der Beklagte mit dem von den Kunden unterzeichneten Revers zufrieden geben können. Eine Nachforschungspflicht habe ihm nicht oblegen.
9
Der Klägerin stehe auch kein Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB zu. Der Beklagte habe dadurch, dass er die im Eigentum die Klägerin stehenden Tanks befüllt habe, nicht deren Eigentumsrechte verletzt, weil die Klägerin nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte habe lediglich die den Mietern als Besitzern zustehenden Gebrauchsmöglichkeiten wahrgenommen ; die Befüllung könne unter diesen Umständen allein das Besitzrecht der Mieter beeinträchtigen, die aber der Befüllung durch den Beklagten zugestimmt hätten. Zwar hätten sich die Mieter gegenüber der Klägerin verpflichtet, die Gastanks allein durch sie befüllen zu lassen; diese Verpflichtung sei jedoch ledig- lich schuldrechtlicher Natur und könne die objektiv aus der Sache fließenden Gebrauchsmöglichkeiten nicht mit Wirkung gegenüber Dritten begrenzen.
10
Unabhängig davon fehle es in der Person der (jetzigen) Beklagten an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Zwar sei die Beklagte im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in alle Rechte und Pflichten des Beklagten eingetreten. Die Wiederholungsgefahr betreffe jedoch die tatsächlichen Verhältnisse, bei denen es nur hinsichtlich des Besitzes (§ 857 BGB), nicht aber darüber hinaus eine Rechtsnachfolge gebe. Aufgrund des Prozessverhaltens der Beklagten könne nicht auf eine Erstbegehungsgefahr geschlossen werden. Ihr Prozessverhalten lasse nicht erkennen, dass sie sich des Rechts berühme, im Eigentum der Klägerin stehende Tanks zu befüllen.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg.
12
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht im Streitfall einen Wettbewerbsverstoß des Beklagten unter dem Gesichtspunkt einer wettbewerbswidrigen Behinderung verneint. Soweit es darum geht, dass die Kunden des Beklagten gegen die gegenüber der Klägerin bestehende vertragliche Bezugsbindung verstoßen haben , liegt allenfalls ein Ausnutzen fremden Vertragsbruchs vor, das noch keinen Wettbewerbsverstoß darstellt. Vertragliche Verpflichtungen, die ein Abnehmer gegenüber Dritten eingegangen ist, binden den an diesem Vertrag unbeteiligten Anbieter auch nicht in der Weise, dass ihm ein Ausnutzen des fremden Vertragsbruchs als Wettbewerbsverstoß zur Last gelegt werden könnte (vgl. BGHZ 143, 232, 240 – Außenseiteranspruch II). Selbst wenn er die vertragliche Bindung eines Kunden kennt, handelt er grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, wenn er eine Bestellung dieses Kunden akzeptiert und ihn beliefert. Anders hätte es sich nur dann verhalten, wenn der Beklagte den fremden Vertragsbruch seiner Kunden nicht le- diglich ausgenutzt, sondern diese zu dem Vertragsbruch verleitet hätte (BGHZ 143, 232, 240 – Außenseiteranspruch II). Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts gibt der Sachverhalt hierfür aber keine Anhaltspunkte.
13
Auch in einer möglichen Eigentumsverletzung (dazu sogleich unter II.2.a)) liegt kein Wettbewerbsverstoß des Beklagten. Vorschriften zum Schutz des Eigentums sind keine Marktverhaltensregelungen, die unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs als Wettbewerbsverstöße nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG verfolgt werden könnten (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 11.43; ferner BGHZ 140, 183, 187 f. – Elektronische Pressearchive , zum geistigen Eigentum).
14
2. Unabhängig davon, ob der Beklagte durch sein Verhalten Eigentumsrechte der Klägerin verletzt hat, hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin des Beklagten, ihres verstorbenen Ehemanns, mit Recht verneint. Denn im Verhältnis zur Beklagten fehlt es – wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat – an der erforderlichen Begehungsgefahr.
15
a) Das Berufungsgericht hat in dem Verhalten des Beklagten keine Verletzung von Eigentumsrechten der Klägerin gesehen und schon deswegen den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB verneint. Nach Erlass des Berufungsurteils hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die auf Veranlassung eines Kunden vorgenommene Befüllung eines im Eigentum eines anderen Lieferanten stehenden Gasbehälters mit Flüssiggas den Tatbestand einer Eigentumsbeeinträchtigung i.S. von § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt, wenn der andere Lieferant dem Kunden den Gasbehälter gegen eine Nutzungsentschädigung zur Verfügung gestellt und den Kunden verpflichtet hat, seinen Be- darf an Flüssiggas allein bei ihm zu decken. Der Eigentümer sei in einem solchen Fall nicht nach § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer solchen „Fremdbefüllung“ verpflichtet, weil sie nach seinem Vertrag mit dem Kunden keine bestimmungsgemäße Nutzung des Gasbehälters darstelle (BGH, Urt. v. 15.9.2003 – II ZR 367/02, GRUR 2004, 263; Urt. v. 9.2.2004 – II ZR 131/03, BGH-Rep 2004, 972, 973; Urt. v. 10.10.2005 – II ZR 323/03, GRUR 2006, 167 Tz 5 = WRP 2006, 113; vgl. hierzu – zustimmend – Grotheer, GRUR 2006, 110 ff., sowie – kritisch – M. Wolf, LMK 2003, 232 ff., und König, NJW 2005, 191 ff.). Die unbefugte Fremdbefüllung verkürze die Sachherrschaft des Eigentümers auch dann, wenn ein Tank seiner technischen Bestimmung entsprechend befüllt werde (BGH GRUR 2006, 167 Tz 5).
16
b) Im Streitfall stellt sich die Frage, ob der Beklagte durch sein Verhalten Eigentumsrechte der Klägerin verletzt hat, nicht (mehr), weil es in der Person der Beklagten an der für den Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr fehlt.
17
aa) Allerdings hätte eine vom Beklagten begangene Eigentumsverletzung die Gefahr weiterer Verletzungshandlungen begründet, so dass in seiner Person die Wiederholungsgefahr zu bejahen gewesen wäre. Dies gilt dagegen nicht für die Person der Beklagten, weil sie das Eigentum der Klägerin in der Vergangenheit nicht auf die beschriebene Weise verletzt hat. Eine aufgrund des persönlichen Verhaltens des Rechtsvorgängers in seiner Person begründete Wiederholungsgefahr geht als ein tatsächlicher Umstand nicht auf den Rechtsnachfolger über (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 15 Rdn. 12; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 83; Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rdn. 118; vgl. ferner Köhler, WRP 2000, 921, 922 f. zur Rechtsnachfolge im Falle der Unternehmensveräußerung). Die Frage, ob etwas anderes gilt, wenn die Haftung des Rechtsvorgängers nicht auf einer eigenen Handlung, sondern auf einer http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=106 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=106&S=359 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=106&S=359&I=368 - 8 - von einem Mitarbeiter begangenen Verletzungshandlung beruht (§ 8 Abs. 2 UWG), bedarf im Streitfall, in dem sich die Wiederholungsgefahr auf ein Verhalten des Rechtsvorgängers selbst stützt, keiner Entscheidung.
18
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist in der Person der Beklagten auch keine Erstbegehungsgefahr begründet. Eine solche Gefahr lässt sich insbesondere nicht daraus ableiten, dass die Beklagte das in Rede stehende Verhalten des Beklagten in der Berufungs- und in der Revisionsinstanz als rechtmäßig verteidigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.2001 – I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 – Berühmungsaufgabe; vgl. auch Ullmann, WRP 1996, 1007, 1009 f.). Ihrem eigenen Prozessvorbringen in der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz sowie in der Revisionsinstanz kann nicht entnommen werden, dass sie für sich selbst das Recht in Anspruch nähme, die im Eigentum eines Wettbewerbers stehenden Gastanks trotz einer entgegenstehenden Bezugsbindung der Kunden zu befüllen.
19
III. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise – also für den Fall, dass eine Begehungsgefahr in der Person der Beklagten zu verneinen ist – ausgesprochene Erledigungserklärung ist unzulässig.
20
Eine hilfsweise erklärte Erledigung der Hauptsache, die in der Erwartung der Zustimmung der Gegenseite abgegeben wird und dazu führen soll, dass das Gericht nicht mehr über die Hauptsache, sondern nur noch über die Kosten entscheidet , ist mit dem auf Verurteilung gerichteten Hauptantrag nicht zu vereinbaren und verbietet sich daher aus prozessualen Gründen (BGHZ 106, 359, 368 ff.; BGH, Urt. v. 19.3.1998 – I ZR 264/95, GRUR 1998, 1045, 1046 = WRP 1998, 739 – Brennwertkessel). Allerdings hat der Senat in der Entscheidung „Brennwertkessel“ erwogen, ob neben dem auf Verurteilung gerichteten Hauptantrag hilfsweise für den Fall der Bejahung eines erledigenden Ereignisses durch das Gericht die http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=106 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=BGHZ&B=106&S=359 - 9 - Feststellung begehrt werden könne, dass die Unterlassungsklage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war (BGH GRUR 1998, 1045, 1046). Auch wenn einem solchen Antrag die verfahrensrechtlichen Bedenken , die in der Entscheidung BGHZ 106, 359 angeführt sind, nicht entgegenstehen , fehlt es doch regelmäßig an dem für den Feststellungsantrag erforderlichen rechtlichen Interesse (§ 256 ZPO). Die günstige Kostenfolge, die sonst in Fällen der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung ein solches Feststellungsinteresse begründen kann, ist entgegen den in der Entscheidung „Brennwertkessel“ angestellten Erwägungen mit einem entsprechenden Hilfsantrag nicht zu erreichen, weil im Rahmen der Kostenentscheidung stets zu berücksichtigen wäre, dass die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen worden ist.
21
IV. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 14.03.2002 - 32 O 161/01 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 14.02.2003 - 6 U 63/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 319/01 Verkündet am:
19. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Betreiber eines Kabelnetzes kann von Anbietern digitaler Programme und
Mediendienste verlangen, es zu unterlassen, gegen seinen Willen Programm- und
Dienstsignale in sein Netz einzuleiten und sein Netz zur Durchleitung solcher Programme
und Mediendienste zu nutzen (Fortführung von BGH, Urt. v. 19. März 1996,
KZR 1/95, NJW 1996, 2656).

b) Programm- und Dienstsignale werden nicht gegen den Willen des Eigentümers in
ein Kabelnetz eingeleitet, wenn sie dort nur deshalb verfügbar sind, weil der Betreiber
des Netzes sein Netz ohne Filtereinrichtungen mit einem anderen Netz verbindet
, in das solche Signale eingespeist werden.

c) Der Umstand, daß der Betreiber eines Kabelnetzes sein Netz für Signale öffnet, die
Anbieter von Programmen und Mediendiensten in ein anderes Kabelnetz einspeisen
, berechtigt diese Anbieter dagegen nicht, dessen Netz auch zur Durchleitung
ihres Programm- und Dienstangebots an Dritte zu nutzen. Das setzt vielmehr eine
zusätzliche Disposition des Netzeigentümers voraus.
BGH, Urt. v. 19. September 2003 - V ZR 319/01 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juni 2001 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. Juli 2000 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt , es zu unterlassen, den an das Breitbandkabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfängern ohne Zustimmung der Klägerin den Zugang zu den Mediendiensten „Highspeed-Internet“ und „Cable City M. “ zu ermöglichen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten , angedroht. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in einer in M. gelegenen Wohnanlage aufgrund eines mit der Grundstückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags ein von ihr errichtetes Breitbandkabelnetz, über das sie die angeschlossenen Wohnungen auf der Grundlage von Einzelanschlußverträgen gegen Entgelt mit Rundfunkprogrammen beliefert. Dieses Hausverteilnetz (Netzebene
4) ist an einem Übergabepunkt an das bislang von der Deutschen Telekom AG betriebene Straßenverteilnetz (Netzebene 3) angeschlossen, in das die von den jeweiligen Programmveranstaltern produzierten Signale über eine sogenannte Kopfstation eingespeist werden. Die am Übergabepunkt angelieferten Signale werden von der Klägerin aufgrund eines mit der Deutschen Telekom AG geschlossenen Vertrags ungefiltert übernommen und über das Hausverteilnetz in die angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet.
Die Beklagte ist Anbieterin der kostenpflichtigen Mediendienste „Highspeed Internet“ - einem schnellen Internetzugang - und „Cable City M. “ - einem Stadtinformationsdienst -, bei denen die Datensignale nach Umwandlung (Encodierung) in Fernsehsignale über einen TV-Kanal des M. Breitbandkabelnetzes verbreitet werden. Voraussetzung für die Nutzung dieser Mediendienste ist die Installation eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten und mit einer individuellen Kennung versehenen Kabelmodems , das die Fernsehsignale in für Personal-Computer lesbare Datensignale rückumwandelt (decodiert). Der Zugang zum Internet erfordert außerdem ein Telefonmodem zur Anforderung von Daten über die als Rückkanal genutzte Telefonleitung.
Die Beklagte schloß mit mindestens einem Bewohner der von der Klägerin verkabelten Wohnanlage einen Vertrag über die entgeltliche Nutzung ihrer Mediendienste. Verhandlungen der Parteien über eine von der Beklagten für die Durchleitung von Signalen durch das Kabelnetz der Klägerin zu entrichtende Vergütung blieben ohne Erfolg. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung der Signaldurchleitung in Anspruch. Hilfsweise möchte sie der Beklagten verbieten lassen, den mit der Klägerin vertraglich verbundenen Empfängern Zugangsmöglichkeiten zu den genannten Mediendiensten durch das Kabelnetz der Klägerin zu verschaffen. Wiederum hilfsweise begehrt sie die Feststellung, daß sie nicht zur unentgeltlichen Signaldurchleitung verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Signaldurchleitung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Indem die Beklagte in die Netzebene 3 Signale einspeise, die durch den Übergabepunkt auch in die Netzebene 4 gelangten, greife sie in das Eigentum der Klägerin an dem von ihr errichteten und betriebenen Kabelnetz ein. Eine Duldungspflicht im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB treffe die Klägerin nicht. Aus den zwischen einem Kabelnetzbetreiber und seinen Kunden geschlossenen Verträgen lasse sich regel-
mäßig kein Durchleitungsanspruch von Programmanbietern herleiten. Eine kartellrechtliche oder medienrechtliche Duldungspflicht habe die Beklagte nicht dargelegt. Selbst wenn die Beklagte den Unterlassungsanspruch nur dadurch erfüllen könne, daß sie auf die Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 gänzlich verzichte, und dies einer Einstellung der von ihr betriebenen Mediendienste gleichkomme, stelle das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedenfalls solange keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar, als die Klägerin gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zur Duldung der Durchleitung bereit sei.

II.


Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klage ist mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.
Das Eigentum der Klägerin an den von ihr verlegten Breitbandkabeln, bei denen es sich lediglich um Scheinbestandteile des Grundstücks handelt, in das sie eingefügt worden sind (§ 95 BGB), wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die von der Beklagten produzierten Signale durch das Kabelnetz der Klägerin geleitet werden, also am Übergabepunkt in dieses Kabelnetz gelangen und von den Inhabern der daran angeschlossenen Wohnungen empfangen werden können. Diese Signaldurchleitung entspricht vielmehr den von der Klägerin selbst in Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse getroffenen Dispositionen. Damit fehlt es insoweit an einem dem Inhalt ihres Eigentumsrechts (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand, der einen Abwehranspruch gemäß § 1004
Abs. 1 BGB auslösen könnte (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39; Urt. v. 22. Septem- ber 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 17).
Richtig ist allerdings, daß die Beklagte mit der Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 auf das Kabelnetz der Klägerin einwirkt. Mit der Signaleinspeisung verfolgt die Beklagte den Zweck, die mit ihr vertraglich verbundenen und über Breitbandkabel der Netzebene 4 an die Netzebene 3 angeschlossenen Empfänger mit Inhalten aus dem Internet und aus einem Stadtinformationsdienst zu beliefern (Nr. 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Übertragen werden die von der Beklagten gesendeten Signale allerdings nicht nur an deren Kunden. Im Gegensatz zum Telefonnetz, bei dem es sich um ein auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen beruhendes Vermittlungsnetz handelt, stellt das Breitbandkabelnetz ein baumförmig strukturiertes Verteilnetz dar, bei dem die eingespeisten Signale grundsätzlich an alle angeschlossenen Teilnehmer verteilt werden. Erst die Nutzung der von der Beklagten produzierten Signale erfordert die Verwendung eines von ihr zur Verfügung gestellten Kabelmodems, das die empfangenen Signale decodiert und den jeweiligen Empfänger mittels einer individuellen Kennung zur Nutzung autorisiert. Hieraus folgt, daß die Beklagte, indem sie ihre Signale in die Netzebene 3 einspeist, auf sämtliche Breitbandkabel der Netzebene 4 einwirkt, in die ihre Signale gelangen, und zwar unabhängig davon, ob an die betreffenden Kabel oder Kabelnetze Kunden der Beklagten angeschlossen sind oder nicht.
Zu einer Eigentumsbeeinträchtigung führt die Einwirkung auf eine fremde Sache jedoch nur dann, wenn sie gegen den Willen des Eigentümers erfolgt (RGZ 131, 335, 336; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 6; Stau-
dinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 87 I 2, S. 347; Löhr, WRP 1975, 523, 525; vgl. auch BGHZ 44, 288, 293). Durch eine seinem Willen entsprechende Einwirkung wird der Eigentümer in der ihm durch § 903 BGB eingeräumten Dispositionsbefugnis - mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren - nicht nachteilig betroffen, so daß es an einem Widerspruch zum Inhalt seines Eigentumsrechts fehlt. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die auf die Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 zurückzuführende Einwirkung auf fremde Kabelnetze der Ebene 4 maßgeblich vom Willen der jeweiligen Kabelnetzbetreiber abhängig ist. Diese allein entscheiden durch die technische Ausgestaltung ihrer Anlagen darüber, welche der in der Netzebene 3 befindlichen Signale in und durch ihre Breitbandkabel geleitet werden. Dagegen haben die Anbieter von Programmen und Mediendiensten nach Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 keinerlei Einfluß mehr auf die technische Verbreitung dieser Signale innerhalb des Breitbandkabelnetzes.
Die Klägerin hat ein Kabelnetz der Ebene 4 mit einer dem vorgelagerten Kabelnetz der Ebene 3 entsprechenden Bandbreite errichtet und die Zusammenschaltung beider Netzebenen veranlaßt. Dies führt aufgrund der technischen Gegebenheiten zwangsläufig dazu, daß sämtliche in die Netzebene 3 eingespeisten Signale, auf deren Zusammensetzung die Klägerin keinen Einfluß hat, auch in das Kabelnetz der Klägerin eingeleitet und darin bis zu den Antennendosen der angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet werden. Zwar hätte die Klägerin die Möglichkeit, die Einleitung bestimmter, ihr unerwünschter Signale durch das Anbringen geeigneter Sperrvorrichtungen am Übergabepunkt zu unterbinden. Dies tut sie jedoch nicht. Vielmehr nimmt sie es hin, daß auch solche Signale in ihr Kabelnetz gelangen, die sie selbst zur Belieferung
der angeschlossenen Wohnungen mit Rundfunkprogrammen nicht benötigt und zu deren Anlieferung die Deutsche Telekom AG aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages über die Zusammenschaltung der Netzebenen möglicherweise nicht einmal berechtigt ist. Damit ist es nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst, die durch den Betrieb ihres zur Netzebene 3 uneingeschränkt geöffneten Kabelnetzes die Durchleitung der von der Beklagten produzierten Signale bewirkt (in diesem Sinne auch OLG Hamburg, NJW-RR 2002, 550 mit abl. Anm. Reinersdorff, MMR 2001, 528; OLG München, Urt. v. 13. April 2000, 29 U 2077/00). Zwar ist die Eröffnung dieser Durchleitungsmöglichkeit für die Beklagte durchaus von Nutzen, weil sie ansonsten die an das Kabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfänger mit ihren Signalen nicht erreichen könnte. Unbefugt und deshalb nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähig ist die in der Signaldurchleitung als solcher liegende Nutzung indes nicht, weil sie auf der von der Klägerin selbst vorgenommenen Ausgestaltung ihres Kabelnetzes und ihrem damit zum Ausdruck gebrachten Eigentümerwillen beruht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur Pay-TV-Durchleitung (BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656; vgl. auch OLG Hamburg, AfP 2000, 371) getroffenen Feststellung, daß der Betreiber eines Kabelnetzes der Ebene 4 vorbehaltlich abweichender Regelungen im Landesmedienrecht ohne eine Vereinbarung über die Vergütung nicht zur Durchleitung von Programmsignalen verpflichtet ist und daß umgekehrt ein Programmanbieter keinen Anspruch gegen den Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Durchleitung hat. Aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur unentgeltlichen Signaldurchleitung folgt keineswegs denknotwendig ein Anspruch auf Unterlassung der Signaldurchleitung (a. A. v. Reinersdorff , MMR 2001, 528, 529 und MMR 2002, 222, 225), solange es, wie
hier, der Kabelnetzbetreiber selbst ist, der die nicht geschuldete Signaldurch- leitung tatsächlich bewirkt. Hat der Kabelnetzbetreiber die technischen Voraussetzungen für eine – unbeschränkte – Durchleitung selbst geschaffen, dann liegt es an ihm, diese Voraussetzungen wieder zu beseitigen, wenn eine vertragliche Vereinbarung mit dem Programmanbieter über die für die Signaldurchleitung zu entrichtende Vergütung nicht zustande kommt. In diesem Falle ist der Kabelnetzbetreiber nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgrund seines Eigentums am Kabelnetz dazu befugt, geeignete Sperrvorrichtungen anzubringen, um die Durchleitung zu unterbinden. Einen weitergehenden Anspruch auf Unterlassung hat er dagegen nicht.
Die Klage ist daher mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.

III.


Beeinträchtigt wird das Eigentum der Klägerin jedoch dadurch, daß die Beklagte das Kabelnetz der Klägerin ohne deren Einverständnis zu dem Zweck gewerblich nutzt, ihren Kunden den Zugang zum Internet und zu einem Stadtinformationsdienst zu ermöglichen. Der hiergegen gerichtete Hilfsantrag der Klägerin ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB begründet. Hierüber kann der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.).
Als Betreiberin des von ihr errichteten Breitbandkabelnetzes erbringt die Klägerin zwei unterschiedliche Telekommunikationsdienstleistungen. Ihr selbst
geht es in erster Linie darum, den an das Kabelnetz angeschlossenen Emp- fängern gegen Entgelt den Empfang von Rundfunkprogrammen zu ermöglichen , die über das Breitbandkabel verbreitet werden. Gleichzeitig erbringt sie eine – unentgeltliche – Dienstleistung zugunsten der Programmanbieter, die zur Verbreitung ihrer Inhalte auf Durchleitungsmöglichkeiten angewiesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656, 2657). Dabei differenziert die Klägerin weder nach der Herkunft noch nach dem Zweck der von ihr durchgeleiteten Signale. Diese Dienstleistung nimmt auch die Beklagte in Anspruch, soweit sie als sogenannter Content-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, Recht der Multimedia-Dienste, § 3 MDStV Rdn. 14 f.) und als Service -Provider (vgl. Roßnagel/Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 16 f.) eigene oder fremde Inhalte verteilt oder auf Anforderung zur Nutzung übermittelt (vgl. §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 3 Nr. 1 MDStV). Hierauf beschränkt sich die Beklagte allerdings nicht. Vielmehr schließt sie mit interessierten Empfängern entgeltliche Verträge, in denen sie sich als sogenannter Access-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 18; zu den verschiedenen Arten von Anbietern vgl. auch v. Bonin/Köster, ZUM 1997, 821, 822) dazu verpflichtet, ihren Kunden über das Breitbandkabel den Zugang zum Internet und zu einem von ihr angebotenen Stadtinformationsdienst zu ermöglichen (Nr. 2.1. Satz 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Inhalt dieser Verpflichtung ist nicht die Belieferung mit bestimmten Signalen, sondern die Schaffung der technischen Voraussetzungen hierfür. Soweit die Vertragspartner der Beklagten, wie zumindest in einem Fall, an das von der Klägerin betriebene Kabelnetz angeschlossen sind, kann die Beklagte diese Verpflichtung nur erfüllen, indem sie die von der Klägerin verlegten Breitbandkabel zur Zugangsvermittlung (vgl. § 3 Nr. 1 letzte Alt. MDStV) nutzt. Die Beklagte macht damit die Breitbandkabel der Klägerin zum Gegenstand einer von ihr selbst
angebotenen Dienstleistung. Diese gewerbliche Nutzung ihres Kabelnetzes zum Zweck der Zugangsvermittlung ist – im Gegensatz zur Signaldurchleitung als solcher – keine unmittelbare Folge der von der Klägerin veranlaßten Zusammenschaltung der Netzebenen 3 und 4, sondern wurde hierdurch lediglich ermöglicht. Es bedurfte daher einer weitergehenden Entscheidung darüber, ob, durch wen und unter welchen Voraussetzungen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte. Diese Entscheidung oblag nach § 903 BGB ausschließlich der Klägerin als Eigentümerin des Kabelnetzes. Die Befugnis des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, umfaßt das Recht, die Art und Weise ihrer Nutzung zu bestimmen. Insbesondere ist dem Eigentümer die Entscheidung überlassen, ob und wie er seine Sache gewerblich nutzen will (BGH, Urt. v. 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 13; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 71; Soergel/ J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 903 Rdn. 33; Wolf, Sachenrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 45; Gerauer, GRUR 1988, 672, 673). Die Klägerin hat sich mit der Nutzung ihres Kabelnetzes durch die Beklagte zum Zweck der gewerblichen Zugangsvermittlung weder ausdrücklich noch durch ihr tatsächliches Verhalten einverstanden erklärt. Indem die Beklagte das Kabelnetz gleichwohl zu diesem Zweck nutzt, greift sie in die eigentumsrechtliche Dispositionsbefugnis der Klägerin ein. Eine solche unbefugte Nutzung fremder Sachen widerspricht dem Inhalt des Eigentumsrechts und stellt deshalb eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24).
Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Beeinträchtigung ihres Eigentums zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die an ihr Kabelnetz angeschlossenen Empfänger aufgrund des zwischen der Klägerin und der Grund-
stückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags oder aufgrund eigener Einzelanschlußverträge zur Nutzung des Kabelanschlusses als Internetzugang berechtigt sein sollten, ergäbe sich hieraus kein Anspruch beliebiger Dritter, dieses Kabelnetz ohne eine gesonderte Vereinbarung mit der Klägerin und ohne eine an diese zu entrichtende Vergütung zur gewerblichen Verschaffung von Zugangsmöglichkeiten zu nutzen.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 305/03 Verkündet am:
28. September 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 823 Ah, 1004; KUG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs.1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 2

a) Die (ausdrücklich oder stillschweigend erklärte) Einwilligung in die Verbreitung
von Bildnissen einer Person über deren Teilnahme an einem internationalen
Sportwettbewerb beinhaltet grundsätzlich kein Einverständnis mit der
Veröffentlichung der dort entstandenen Fotos in anderem Zusammenhang.

b) Die Verwendung eines bei einem Sportwettbewerb entstandenen Bildnisses
zur Illustration eines Pressebeitrags, der keine Berichterstattung über diese
Veranstaltung ist, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange der
abgebildeten Person zum Inhalt hat, ist unzulässig, wenn diese Verbreitung
des Fotos die berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt. Bei der
hierbei gebotenen Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen
und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit kommt dem Schutzbedürfnis
von Kindern und Jugendlichen besonderes Gewicht zu.
BGH, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2004 durch den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts Berlin vom 2. September 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Tochter der Prinzessin Caroline von Hannover, nimmt die Beklagte auf Unterlassung der erneuten Veröffentlichung eines Fotos in Anspruch.
Die Beklagte ist Verlegerin der Wochen-Zeitung "Welt am Sonntag". In deren Ausgabe vom 30. Juni 2002 erschien unter der Überschrift "Immer hoch zu Roß: Die begehrtesten Teenager beim Turnier in Paris" ein Beitrag, der sich u.a. mit der Teilnahme der Klägerin und Athina Onassis' an einem Reitturnier befaßt. Der Bericht ist mit zwei Fotos, darunter auch mit einem Bild der Klägerin
illustriert, das diese als Reiterin auf einem Pferd darstellt. In dem nebenstehenden Textbeitrag heißt es u.a.: "Im Leben jedes Mädchens gibt es eine Phase, die nur den Pferden gehört. Jungs haben nichts zu melden. Was ist das gegen den Rücken der Pferde, auf dem ja bekanntlich das Glück dieser Erde liegt - aber das schreiben sich die Mädchen ins Poesiealbum, das auch zu dieser Phase gehört. Das ist normal, und insofern sind Charlotte Casiraghi, Tochter von Caroline von Monaco, und Athina Onassis ganz normale Mädchen. Beide reiten, beide nahmen am Freitag an einem internationalen Springturnier in Le Touquet in Frankreich teil. Doch sonst ist manches anders als bei ihren Altersgenossinnen. Denn Athina, 17, und Charlotte, knapp 16 Jahre alt, dürften die beiden jungen Frauen sein, denen die internationale High Society derzeit die größte Aufmerksamkeit schenkt...,Charlotte, bildschön, 'witzig und wirklich cool', wie Karl Lagerfeld ihr attestierte, gilt als Glamourprinzessin der Zukunft. Doch wer, wie die beiden jungen Frauen, Springreiten auf Wettbewerbsniveau betreibt, braucht Ehrgeiz, Disziplin und muß viel Zeit mit den Pferden verbringen. Nicht viele kommen so weit, weil die Pferdephase meist schon mit 15 Jahren endet. Aber Athina und Charlotte bleiben offenbar noch lieber hoch zu Roß, als zu den Jungen hinabzusteigen." Die Klägerin, die der Beklagten die Verbreitung des Textes untersagen ließ, hält auch die Veröffentlichung des Bildes für unzulässig. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint eine Einwilligung der Klägerin und ihrer Mutter im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 KUG und führt aus, von einem stillschweigenden Einverständnis, das Bild der Klägerin in der erfolgten Weise zu veröffentlichen, könne nicht ausgegangen werden. Zwar habe die Klägerin bei ihrer Teilnahme an dem internationalen Reitturnier, zu dem Pressefotografen offiziell zugelassen gewesen seien, mit der Fertigung von Bildern zu Veröffentlichungszwecken rechnen müssen. Da das Recht am eigenen Bild im Zweifel nur für einen beschränkten Zweck übertragen werde, erstrecke sich eine konkludente Einwilligung der Klägerin aber nur auf eine Bildberichterstattung über die Veranstaltung. Der Artikel der Beklagten liefere jedoch - abgesehen von der Nennung des Veranstaltungsortes und der Erwähnung der Teilnahme der Klägerin und Athina Onassis' - keine näheren Informationen über die Veranstaltung. Im Vordergrund stehe vielmehr, die Klägerin als "bildschön" und "Glamourprinzessin der Zukunft" zu präsentieren und Vermutungen über ihre Beziehung zu Pferden und zu "Jungs" anzustellen. Eine Veröffentlichung ohne deren Einwilligung sei nicht zulässig. Allerdings handele es sich bei dem Foto um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Zwar sei die Klägerin keine "absolute Person der Zeitgeschichte", deren Bild die Öffentlichkeit um der dargestellten Person willen der Beachtung wert finde, doch sei das Auftreten der Klägerin bei dem internationalen CSIJ-Reitturnier als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen. Die gebotene Abwägung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin einerseits und des öffentlichen Informationsbedürfnisses andererseits ergebe aber, daß durch die Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse der Klägerin im Sinne von § 23 Abs. 2 KUG verletzt werde.

II.

Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin kann der Beklagten die erneute Veröffentlichung des beanstandeten Fotos untersagen. 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, daß grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr., vgl. Senatsurteil BGHZ 131, 332, 336 m.w.N.). Ist der Abgebildete minderjährig und deshalb nur beschränkt geschäftsfähig, bedarf es zusätzlich der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (Löffler/Steffen, Presserecht, Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69).
a) Im Streitfall ist eine Einwilligung in die Veröffentlichung des Bildnisses ausdrücklich weder von der Klägerin selbst noch von ihrer Mutter in deren Eigenschaft als gesetzlicher Vertreterin erteilt worden.
b) Allerdings kann eine Einwilligung gemäß § 22 Satz 1 KUG auch stillschweigend erteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 49, 288, 295; vom 14. Oktober 1986 - VI ZR 10/86 - NJW-RR 1987, 231 und vom 14. November 1995 - VI ZR 410/94 - VersR 1996, 204, 205 [Abschiedsmedaille]). Zutreffend nimmt das Berufungsgericht jedoch an, daß die Klägerin durch die Teilnahme an dem internationalen Reitturnier, bei dem Pressefotografen offiziell zugelassen waren, zwar stillschweigend ihr Einverständnis mit der Verbreitung von Bildnissen über
ihre Teilnahme an dieser Veranstaltung erklärt hat, diese Einwilligung aber nicht über eine Verbreitung im Rahmen einer Berichterstattung über dieses Turnier hinausging. Die Reichweite einer Einwilligung gemäß § 22 Satz 1 KUG ist durch Auslegung nach den Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Sie hängt wesentlich von der Art der Veröffentlichung ab, die den unmittelbaren Anstoß für ihre Erteilung gegeben hat; ihr darüber hinaus Bedeutung auch für spätere Veröffentlichungen eines anderen Zuschnitts beizulegen, ist in aller Regel nur aufgrund eines dahingehenden besonderen Interesses des Betroffenen möglich (Senatsurteile vom 6. Februar 1979 - VI ZR 46/77 - NJW 1979, 2203 [Fußballkalender ] und vom 14. November 1995 - VI ZR 410/94 - aaO). Einer ausdrücklichen Beschränkung seitens des Betroffenen bedarf es entgegen der Auffassung der Revision nicht. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht auf der Grundlage der von ihm in rechtsfehlerfreier Weise getroffenen Feststellungen mit Recht zu der Auffassung gelangt, daß die Veröffentlichung des Fotos der Klägerin in der "Welt am Sonntag" vom 30. Juni 2002 ohne die dafür erforderliche Einwilligung erfolgt ist. Der mit dem Bildnis der Klägerin illustrierte Artikel ist keine Berichterstattung über das Reitturnier. Zutreffend stellt das Berufungsgericht darauf ab, daß weder die beanstandete Abbildung selbst noch der begleitende Textbeitrag dazu dienen, das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinsichtlich des Turniers zu befriedigen, sondern sich nahezu ausschließlich mit der äußeren Erscheinung und persönlichen Belangen der Klägerin befassen. In dem für die Abwägung in seiner Gesamtheit zu beurteilenden Artikel wird lediglich über das Auftreten der Klägerin und Athina Onassis' berichtet. Der Beitrag liefert keinerlei Informationen über weitere Teilnehmer des Turniers, dessen Verlauf oder die Plazierungen anderer Reiter. Im Vordergrund steht die Präsentation der Klägerin, die u.a. mit den Attributen "bildschön" und "Glamourprinzessin der Zukunft" beschrieben wird. Daneben werden Vermutungen an-
gestellt über ihre Beziehung zu Pferden und zu Jungen. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Beklagte von einem Einverständnis der Klägerin und ihrer Mutter, das Foto zur Illustration eines solchen Artikels zu verwenden, nicht ausgehen konnte. Revisionsrechtlich unbedenklich ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, für den Umfang der stillschweigenden Einwilligung sei unwesentlich, daß die Klägerin einem von der Firma M. P. gesponserten Team angehört habe. 2. In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht angenommen, daß ohne Einwilligung eine erneute Veröffentlichung des betreffenden Fotos nicht zulässig ist. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift vorliegend nicht durch (§ 23 Abs. 2 KUG).
a) Die Klägerin gehört nicht zu einem Personenkreis, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen. Die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis einer Person unabhängig von einem bestimmten zeitgeschichtlichen Ereignis veröffentlicht werden darf, erfordert stets eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den berechtigten Interessen der abgebildeten Person (vgl. BVerfGE 101, 361, 392 = NJW 2000, 1021, 1025; BVerfG NJW 2001, 1921, 1922; Senatsurteil vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Wenn eine Person - wie die Klägerin - weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige Position im öffentlichen Leben ausfüllt, kommt regelmäßig dem Schutz ihres Persönlichkeitsrechts gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit ein höheres Gewicht zu (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - NJW 1996, 985, 986). Das Interesse der Öffentlichkeit und der Presse an der Bildberichterstattung ist in den Fällen weniger schutzwürdig, in denen es wie hier ausschließlich auf die Zugehörigkeit zu
einer Herrscherfamilie gestützt ist, während die abgebildete Person selbst keine offiziellen Funktionen ausübt, mag sie auch in die "internationale Gesellschaft (Jet-Set)“ eingeführt sein (vgl. EGMR, NJW 2004, 2647, 2650, Tz. 72). Eine andere Beurteilung wäre vorliegend auch dann nicht geboten, wenn die Klägerin , wie die Revision geltend macht, in anderen Fällen und zu bestimmten Zwecken in die Veröffentlichung anderer Fotos von sich eingewilligt hätte. Deswegen kann offenbleiben, ob die Veröffentlichung von Fotos der Klägerin in der französischen Publikation "Oh La!" mit Billigung ihrer Mutter erfolgte. Ebensowenig ist entscheidungserheblich, welche Funktion die Klägerin in dem Junioren -Reitteam der Firma bekleidet, die für den von ihr gesponserten Wettbewerb "Prix d'Amérique" Abbildungen der Klägerin in einem Programmheft verwandt hat und deren Logo auf dem Halstuch der Klägerin zu erkennen ist. Diese Umstände wären nicht geeignet, eine generell einwilligungsfreie Verbreitung von Bildnissen der Klägerin zu erlauben.
b) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, bei der beanstandeten Abbildung der Klägerin handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Das wird von der Revision als ihr günstig hingenommen und ist - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat bei seiner Bewertung mit Recht berücksichtigt, daß das Foto die Klägerin als Teilnehmerin einer öffentlichen Sportveranstaltung zeigt, nämlich einem CSIJTurnier , d.h. einem internationalen Junioren-Springturnier. Eine Bildberichterstattung über eine solche Veranstaltung ist grundsätzlich zulässig.
c) Zutreffend stellt das Berufungsgericht bei der gebotenen Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen der Klägerin (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und den durch die Meinungs- und Pressefreiheit gemäß Art. 5 GG geschützten Interessen der Beklagten darauf ab, daß der Zei-
tungsartikel hier keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis ist. Die beanstandete Abbildung hat für sich allein keinen Ereignisbezug, denn das Foto zeigt die Klägerin lediglich als Reiterin; die Örtlichkeit ist nicht zu erkennen. Auch der begleitende Textbeitrag liefert - abgesehen von der namentlichen Nennung des Turnierorts und der Mitteilung, daß neben der Klägerin auch Athina Onassis an dem Wettbewerb teilgenommen habe - keinerlei Informationen über die Sportveranstaltung, sondern nimmt diese und das dort aufgenommene Foto lediglich zum Anlaß zu Ausführungen über die Person der Klägerin und ihr Aussehen. Die Verwendung ihres Bildnisses zur Illustration eines solchen Artikels, der keine Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis darstellt, sondern nahezu ausschließlich persönliche Belange zum Inhalt hat und dadurch in besonderem Maße das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Klägerin auf ungehinderte Entfaltung ihrer Persönlichkeit tangiert, muß diese nicht hinnehmen (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - aaO, S. 864). Auch Bildnisse der Zeitgeschichte dürfen nämlich nicht uneingeschränkt verbreitet werden. So erstreckt sich die Befugnis zur Veröffentlichung gemäß § 23 Abs. 2 KUG nicht auf eine Verbreitung und Veröffentlichung , durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten verletzt wird. Im Rahmen der nach dieser Vorschrift erforderlichen Prüfung ist die Bildberichterstattung grundsätzlich in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Das bedeutet, daß sich die Unzulässigkeit der Bildnisveröffentlichung im Einzelfall auch allein oder im wesentlichen aus dem begleitenden Text ergeben kann (vgl. Senatsurteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - aaO; Wenzel/von Strobl-Albeg, aaO, Kap. 8, Rdn. 102 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Die schutzwürdigen Belange der Klägerin werden dadurch tangiert, daß das veröffentlichte Foto keinen Bezug auf das konkrete Ereignis erkennen läßt und einen Begleittext illustriert, der keine Be-
richterstattung über dieses Ereignis selbst liefert, sondern sich nahezu ausschließlich mit der äußeren Erscheinung der Klägerin befaßt. Diese Art der Verwendung des Bildnisses verletzt die berechtigten Interessen der Klägerin. Auch wenn diese als mittlerweile Achtzehnjährige heute nicht mehr in demselben Maße des besonderen Schutzes bedarf, wie er Kindern und Jugendlichen hinsichtlich der Gefahren gebührt, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von ihnen ausgehen (vgl. BVerfGE aaO, S. 385 = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG NJW 2000, 2191 und 2191 f.), so genießt ihr Persönlichkeitsrecht bei dieser Sachlage Vorrang gegenüber dem Grundrecht der Beklagten auf Presse- und Informationsfreiheit. 3. Da es für eine erneute Veröffentlichung des Bildnisses als Illustration einer Berichterstattung über das damalige Reitturnier an der dafür grundsätzlich erforderlichen Aktualität fehlen würde (vgl. dazu Wenzel/von Strobl-Albeg, aaO, Rdn. 18; Prinz/Peters, Medienrecht, 1999, Rdn. 851; Soehring, Presserecht, 3. Aufl., Rdn. 21.8), kann die Klägerin der Beklagten die Verbreitung des Fotos uneingeschränkt verbieten. Konkrete Umstände, unter denen eine erneute Veröffentlichung dieses Bildes in anderem Zusammenhang erlaubnisfrei zulässig sein könnte, zeigt die Revision nicht auf. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von der dem Senatsurteil vom 9. März 2004 (VI ZR 217/03 - aaO) zugrunde liegenden Fallgestaltung.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Greiner Diederichsen Pauge
Stöhr Zoll
36
bb) Das Berufungsgericht ist in anderem Zusammenhang - bei der Prüfung , ob sich die Klägerin rechtsmissbräuchlich verhält - rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die textgestützte Bildersuche mit der Anzeige der gefundenen Abbildungen in Vorschaubildern ein übliches Verfahren von Bildersuchmaschinen ist. Es hat ferner angenommen, dass die Klägerin sich entweder mit ihrem Unterlassungsbegehren zu ihrem früheren Verhalten, durch Gestaltung ihrer Internetseite den Einsatz von Suchmaschinen zu erleichtern, in einen unlösbaren Widerspruch setzt oder durch die "Suchmaschinenoptimierung" bei der Beklagten ein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend geweckt hat, es könne erwartet werden, dass die Klägerin, wenn sie eine Bildersuche nicht wolle, eine mögliche Blockierung der Suchmaschinenindexierungen von Bildern auch vornehme. Daraus ergibt sich ohne weiteres, dass das Verhalten der Klägerin, den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich zu machen, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen, aus der Sicht der Beklagten als Betreiberin einer Suchmaschine objektiv als Einverständnis damit verstanden werden konnte, dass Abbildungen der Werke der Klägerin in dem bei der Bildersuche üblichen Umfang genutzt werden dürfen. Ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2007 - I ZR 94/05, GRUR 2008, 245 Tz. 27 = WRP 2008, 367 - Drucker und Plotter). Da es auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Erklärungsempfängers ankommt, ist es ohne Bedeutung, ob die Klägerin gewusst hat, welche Nutzungshandlungen im Einzelnen mit der üblichen Bildersuche durch eine Bildersuchmaschine verbunden sind (im Ergebnis wie hier Gey aaO S. 172; Nolte aaO S. 250; Berberich, MMR 2005, 145, 147 f.; Leistner/Stang, CR 2008, 499, 504 f.; Meyer, K&R 2007, 177, 182 f.; ders., K&R 2008, 201, 207; Ott, ZUM 2007, 119, 126 f.; ders., ZUM 2009, 345, 346 f.; v. Ungern-Sternberg, GRUR 2009, 369, 372; a.A. Roggenkamp, K&R 2007, 325, 329; Schack, MMR 2008, 414, 415 f.; Schrader/Rautenstrauch, UFITA 2007, 761, 776 ff.). Danach hat sich die Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Filmen eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Filmaufnahmen allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), gefilmt werden und solche Filmaufnahmen verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 319/01 Verkündet am:
19. September 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Betreiber eines Kabelnetzes kann von Anbietern digitaler Programme und
Mediendienste verlangen, es zu unterlassen, gegen seinen Willen Programm- und
Dienstsignale in sein Netz einzuleiten und sein Netz zur Durchleitung solcher Programme
und Mediendienste zu nutzen (Fortführung von BGH, Urt. v. 19. März 1996,
KZR 1/95, NJW 1996, 2656).

b) Programm- und Dienstsignale werden nicht gegen den Willen des Eigentümers in
ein Kabelnetz eingeleitet, wenn sie dort nur deshalb verfügbar sind, weil der Betreiber
des Netzes sein Netz ohne Filtereinrichtungen mit einem anderen Netz verbindet
, in das solche Signale eingespeist werden.

c) Der Umstand, daß der Betreiber eines Kabelnetzes sein Netz für Signale öffnet, die
Anbieter von Programmen und Mediendiensten in ein anderes Kabelnetz einspeisen
, berechtigt diese Anbieter dagegen nicht, dessen Netz auch zur Durchleitung
ihres Programm- und Dienstangebots an Dritte zu nutzen. Das setzt vielmehr eine
zusätzliche Disposition des Netzeigentümers voraus.
BGH, Urt. v. 19. September 2003 - V ZR 319/01 - OLG München
LG München I
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. September 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 19. Juni 2001 aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 12. Juli 2000 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt , es zu unterlassen, den an das Breitbandkabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfängern ohne Zustimmung der Klägerin den Zugang zu den Mediendiensten „Highspeed-Internet“ und „Cable City M. “ zu ermöglichen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagten ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten , angedroht. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin betreibt in einer in M. gelegenen Wohnanlage aufgrund eines mit der Grundstückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags ein von ihr errichtetes Breitbandkabelnetz, über das sie die angeschlossenen Wohnungen auf der Grundlage von Einzelanschlußverträgen gegen Entgelt mit Rundfunkprogrammen beliefert. Dieses Hausverteilnetz (Netzebene
4) ist an einem Übergabepunkt an das bislang von der Deutschen Telekom AG betriebene Straßenverteilnetz (Netzebene 3) angeschlossen, in das die von den jeweiligen Programmveranstaltern produzierten Signale über eine sogenannte Kopfstation eingespeist werden. Die am Übergabepunkt angelieferten Signale werden von der Klägerin aufgrund eines mit der Deutschen Telekom AG geschlossenen Vertrags ungefiltert übernommen und über das Hausverteilnetz in die angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet.
Die Beklagte ist Anbieterin der kostenpflichtigen Mediendienste „Highspeed Internet“ - einem schnellen Internetzugang - und „Cable City M. “ - einem Stadtinformationsdienst -, bei denen die Datensignale nach Umwandlung (Encodierung) in Fernsehsignale über einen TV-Kanal des M. Breitbandkabelnetzes verbreitet werden. Voraussetzung für die Nutzung dieser Mediendienste ist die Installation eines von der Beklagten zur Verfügung gestellten und mit einer individuellen Kennung versehenen Kabelmodems , das die Fernsehsignale in für Personal-Computer lesbare Datensignale rückumwandelt (decodiert). Der Zugang zum Internet erfordert außerdem ein Telefonmodem zur Anforderung von Daten über die als Rückkanal genutzte Telefonleitung.
Die Beklagte schloß mit mindestens einem Bewohner der von der Klägerin verkabelten Wohnanlage einen Vertrag über die entgeltliche Nutzung ihrer Mediendienste. Verhandlungen der Parteien über eine von der Beklagten für die Durchleitung von Signalen durch das Kabelnetz der Klägerin zu entrichtende Vergütung blieben ohne Erfolg. Die Klägerin nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung der Signaldurchleitung in Anspruch. Hilfsweise möchte sie der Beklagten verbieten lassen, den mit der Klägerin vertraglich verbundenen Empfängern Zugangsmöglichkeiten zu den genannten Mediendiensten durch das Kabelnetz der Klägerin zu verschaffen. Wiederum hilfsweise begehrt sie die Feststellung, daß sie nicht zur unentgeltlichen Signaldurchleitung verpflichtet ist. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Unterlassung der Signaldurchleitung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Indem die Beklagte in die Netzebene 3 Signale einspeise, die durch den Übergabepunkt auch in die Netzebene 4 gelangten, greife sie in das Eigentum der Klägerin an dem von ihr errichteten und betriebenen Kabelnetz ein. Eine Duldungspflicht im Sinne von § 1004 Abs. 2 BGB treffe die Klägerin nicht. Aus den zwischen einem Kabelnetzbetreiber und seinen Kunden geschlossenen Verträgen lasse sich regel-
mäßig kein Durchleitungsanspruch von Programmanbietern herleiten. Eine kartellrechtliche oder medienrechtliche Duldungspflicht habe die Beklagte nicht dargelegt. Selbst wenn die Beklagte den Unterlassungsanspruch nur dadurch erfüllen könne, daß sie auf die Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 gänzlich verzichte, und dies einer Einstellung der von ihr betriebenen Mediendienste gleichkomme, stelle das Unterlassungsbegehren der Klägerin jedenfalls solange keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar, als die Klägerin gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts zur Duldung der Durchleitung bereit sei.

II.


Dies hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Die Klage ist mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.
Das Eigentum der Klägerin an den von ihr verlegten Breitbandkabeln, bei denen es sich lediglich um Scheinbestandteile des Grundstücks handelt, in das sie eingefügt worden sind (§ 95 BGB), wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die von der Beklagten produzierten Signale durch das Kabelnetz der Klägerin geleitet werden, also am Übergabepunkt in dieses Kabelnetz gelangen und von den Inhabern der daran angeschlossenen Wohnungen empfangen werden können. Diese Signaldurchleitung entspricht vielmehr den von der Klägerin selbst in Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse getroffenen Dispositionen. Damit fehlt es insoweit an einem dem Inhalt ihres Eigentumsrechts (§ 903 BGB) widersprechenden Zustand, der einen Abwehranspruch gemäß § 1004
Abs. 1 BGB auslösen könnte (vgl. Senat, BGHZ 66, 37, 39; Urt. v. 22. Septem- ber 2000, V ZR 443/99, NJW-RR 2001, 232; Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 17).
Richtig ist allerdings, daß die Beklagte mit der Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 auf das Kabelnetz der Klägerin einwirkt. Mit der Signaleinspeisung verfolgt die Beklagte den Zweck, die mit ihr vertraglich verbundenen und über Breitbandkabel der Netzebene 4 an die Netzebene 3 angeschlossenen Empfänger mit Inhalten aus dem Internet und aus einem Stadtinformationsdienst zu beliefern (Nr. 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Übertragen werden die von der Beklagten gesendeten Signale allerdings nicht nur an deren Kunden. Im Gegensatz zum Telefonnetz, bei dem es sich um ein auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen beruhendes Vermittlungsnetz handelt, stellt das Breitbandkabelnetz ein baumförmig strukturiertes Verteilnetz dar, bei dem die eingespeisten Signale grundsätzlich an alle angeschlossenen Teilnehmer verteilt werden. Erst die Nutzung der von der Beklagten produzierten Signale erfordert die Verwendung eines von ihr zur Verfügung gestellten Kabelmodems, das die empfangenen Signale decodiert und den jeweiligen Empfänger mittels einer individuellen Kennung zur Nutzung autorisiert. Hieraus folgt, daß die Beklagte, indem sie ihre Signale in die Netzebene 3 einspeist, auf sämtliche Breitbandkabel der Netzebene 4 einwirkt, in die ihre Signale gelangen, und zwar unabhängig davon, ob an die betreffenden Kabel oder Kabelnetze Kunden der Beklagten angeschlossen sind oder nicht.
Zu einer Eigentumsbeeinträchtigung führt die Einwirkung auf eine fremde Sache jedoch nur dann, wenn sie gegen den Willen des Eigentümers erfolgt (RGZ 131, 335, 336; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 6; Stau-
dinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24; Wolff/Raiser, Sachenrecht, 10. Aufl., § 87 I 2, S. 347; Löhr, WRP 1975, 523, 525; vgl. auch BGHZ 44, 288, 293). Durch eine seinem Willen entsprechende Einwirkung wird der Eigentümer in der ihm durch § 903 BGB eingeräumten Dispositionsbefugnis - mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren - nicht nachteilig betroffen, so daß es an einem Widerspruch zum Inhalt seines Eigentumsrechts fehlt. Insoweit hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, daß die auf die Einspeisung von Signalen in die Netzebene 3 zurückzuführende Einwirkung auf fremde Kabelnetze der Ebene 4 maßgeblich vom Willen der jeweiligen Kabelnetzbetreiber abhängig ist. Diese allein entscheiden durch die technische Ausgestaltung ihrer Anlagen darüber, welche der in der Netzebene 3 befindlichen Signale in und durch ihre Breitbandkabel geleitet werden. Dagegen haben die Anbieter von Programmen und Mediendiensten nach Einspeisung ihrer Signale in die Netzebene 3 keinerlei Einfluß mehr auf die technische Verbreitung dieser Signale innerhalb des Breitbandkabelnetzes.
Die Klägerin hat ein Kabelnetz der Ebene 4 mit einer dem vorgelagerten Kabelnetz der Ebene 3 entsprechenden Bandbreite errichtet und die Zusammenschaltung beider Netzebenen veranlaßt. Dies führt aufgrund der technischen Gegebenheiten zwangsläufig dazu, daß sämtliche in die Netzebene 3 eingespeisten Signale, auf deren Zusammensetzung die Klägerin keinen Einfluß hat, auch in das Kabelnetz der Klägerin eingeleitet und darin bis zu den Antennendosen der angeschlossenen Wohnungen weitergeleitet werden. Zwar hätte die Klägerin die Möglichkeit, die Einleitung bestimmter, ihr unerwünschter Signale durch das Anbringen geeigneter Sperrvorrichtungen am Übergabepunkt zu unterbinden. Dies tut sie jedoch nicht. Vielmehr nimmt sie es hin, daß auch solche Signale in ihr Kabelnetz gelangen, die sie selbst zur Belieferung
der angeschlossenen Wohnungen mit Rundfunkprogrammen nicht benötigt und zu deren Anlieferung die Deutsche Telekom AG aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Vertrages über die Zusammenschaltung der Netzebenen möglicherweise nicht einmal berechtigt ist. Damit ist es nicht die Beklagte, sondern die Klägerin selbst, die durch den Betrieb ihres zur Netzebene 3 uneingeschränkt geöffneten Kabelnetzes die Durchleitung der von der Beklagten produzierten Signale bewirkt (in diesem Sinne auch OLG Hamburg, NJW-RR 2002, 550 mit abl. Anm. Reinersdorff, MMR 2001, 528; OLG München, Urt. v. 13. April 2000, 29 U 2077/00). Zwar ist die Eröffnung dieser Durchleitungsmöglichkeit für die Beklagte durchaus von Nutzen, weil sie ansonsten die an das Kabelnetz der Klägerin angeschlossenen Empfänger mit ihren Signalen nicht erreichen könnte. Unbefugt und deshalb nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehrfähig ist die in der Signaldurchleitung als solcher liegende Nutzung indes nicht, weil sie auf der von der Klägerin selbst vorgenommenen Ausgestaltung ihres Kabelnetzes und ihrem damit zum Ausdruck gebrachten Eigentümerwillen beruht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung zur Pay-TV-Durchleitung (BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656; vgl. auch OLG Hamburg, AfP 2000, 371) getroffenen Feststellung, daß der Betreiber eines Kabelnetzes der Ebene 4 vorbehaltlich abweichender Regelungen im Landesmedienrecht ohne eine Vereinbarung über die Vergütung nicht zur Durchleitung von Programmsignalen verpflichtet ist und daß umgekehrt ein Programmanbieter keinen Anspruch gegen den Kabelnetzbetreiber auf unentgeltliche Durchleitung hat. Aus dem Fehlen einer Verpflichtung zur unentgeltlichen Signaldurchleitung folgt keineswegs denknotwendig ein Anspruch auf Unterlassung der Signaldurchleitung (a. A. v. Reinersdorff , MMR 2001, 528, 529 und MMR 2002, 222, 225), solange es, wie
hier, der Kabelnetzbetreiber selbst ist, der die nicht geschuldete Signaldurch- leitung tatsächlich bewirkt. Hat der Kabelnetzbetreiber die technischen Voraussetzungen für eine – unbeschränkte – Durchleitung selbst geschaffen, dann liegt es an ihm, diese Voraussetzungen wieder zu beseitigen, wenn eine vertragliche Vereinbarung mit dem Programmanbieter über die für die Signaldurchleitung zu entrichtende Vergütung nicht zustande kommt. In diesem Falle ist der Kabelnetzbetreiber nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgrund seines Eigentums am Kabelnetz dazu befugt, geeignete Sperrvorrichtungen anzubringen, um die Durchleitung zu unterbinden. Einen weitergehenden Anspruch auf Unterlassung hat er dagegen nicht.
Die Klage ist daher mit dem auf Unterlassung der Signaldurchleitung gerichteten Hauptantrag unbegründet.

III.


Beeinträchtigt wird das Eigentum der Klägerin jedoch dadurch, daß die Beklagte das Kabelnetz der Klägerin ohne deren Einverständnis zu dem Zweck gewerblich nutzt, ihren Kunden den Zugang zum Internet und zu einem Stadtinformationsdienst zu ermöglichen. Der hiergegen gerichtete Hilfsantrag der Klägerin ist gemäß § 1004 Abs. 1 BGB begründet. Hierüber kann der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a. F.).
Als Betreiberin des von ihr errichteten Breitbandkabelnetzes erbringt die Klägerin zwei unterschiedliche Telekommunikationsdienstleistungen. Ihr selbst
geht es in erster Linie darum, den an das Kabelnetz angeschlossenen Emp- fängern gegen Entgelt den Empfang von Rundfunkprogrammen zu ermöglichen , die über das Breitbandkabel verbreitet werden. Gleichzeitig erbringt sie eine – unentgeltliche – Dienstleistung zugunsten der Programmanbieter, die zur Verbreitung ihrer Inhalte auf Durchleitungsmöglichkeiten angewiesen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19. März 1996, KZR 1/95, NJW 1996, 2656, 2657). Dabei differenziert die Klägerin weder nach der Herkunft noch nach dem Zweck der von ihr durchgeleiteten Signale. Diese Dienstleistung nimmt auch die Beklagte in Anspruch, soweit sie als sogenannter Content-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, Recht der Multimedia-Dienste, § 3 MDStV Rdn. 14 f.) und als Service -Provider (vgl. Roßnagel/Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 16 f.) eigene oder fremde Inhalte verteilt oder auf Anforderung zur Nutzung übermittelt (vgl. §§ 2 Abs. 2 Nr. 3 und 4, 3 Nr. 1 MDStV). Hierauf beschränkt sich die Beklagte allerdings nicht. Vielmehr schließt sie mit interessierten Empfängern entgeltliche Verträge, in denen sie sich als sogenannter Access-Provider (vgl. Roßnagel /Meier, aaO, § 3 MDStV Rdn. 18; zu den verschiedenen Arten von Anbietern vgl. auch v. Bonin/Köster, ZUM 1997, 821, 822) dazu verpflichtet, ihren Kunden über das Breitbandkabel den Zugang zum Internet und zu einem von ihr angebotenen Stadtinformationsdienst zu ermöglichen (Nr. 2.1. Satz 2 der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Inhalt dieser Verpflichtung ist nicht die Belieferung mit bestimmten Signalen, sondern die Schaffung der technischen Voraussetzungen hierfür. Soweit die Vertragspartner der Beklagten, wie zumindest in einem Fall, an das von der Klägerin betriebene Kabelnetz angeschlossen sind, kann die Beklagte diese Verpflichtung nur erfüllen, indem sie die von der Klägerin verlegten Breitbandkabel zur Zugangsvermittlung (vgl. § 3 Nr. 1 letzte Alt. MDStV) nutzt. Die Beklagte macht damit die Breitbandkabel der Klägerin zum Gegenstand einer von ihr selbst
angebotenen Dienstleistung. Diese gewerbliche Nutzung ihres Kabelnetzes zum Zweck der Zugangsvermittlung ist – im Gegensatz zur Signaldurchleitung als solcher – keine unmittelbare Folge der von der Klägerin veranlaßten Zusammenschaltung der Netzebenen 3 und 4, sondern wurde hierdurch lediglich ermöglicht. Es bedurfte daher einer weitergehenden Entscheidung darüber, ob, durch wen und unter welchen Voraussetzungen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte. Diese Entscheidung oblag nach § 903 BGB ausschließlich der Klägerin als Eigentümerin des Kabelnetzes. Die Befugnis des Eigentümers, mit seiner Sache nach Belieben zu verfahren, umfaßt das Recht, die Art und Weise ihrer Nutzung zu bestimmen. Insbesondere ist dem Eigentümer die Entscheidung überlassen, ob und wie er seine Sache gewerblich nutzen will (BGH, Urt. v. 20. September 1974, I ZR 99/73, NJW 1975, 778; Erman/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 1004 Rdn. 13; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004 Rdn. 71; Soergel/ J. F. Baur, BGB, 13. Aufl., § 903 Rdn. 33; Wolf, Sachenrecht, 17. Aufl., § 3 Rdn. 45; Gerauer, GRUR 1988, 672, 673). Die Klägerin hat sich mit der Nutzung ihres Kabelnetzes durch die Beklagte zum Zweck der gewerblichen Zugangsvermittlung weder ausdrücklich noch durch ihr tatsächliches Verhalten einverstanden erklärt. Indem die Beklagte das Kabelnetz gleichwohl zu diesem Zweck nutzt, greift sie in die eigentumsrechtliche Dispositionsbefugnis der Klägerin ein. Eine solche unbefugte Nutzung fremder Sachen widerspricht dem Inhalt des Eigentumsrechts und stellt deshalb eine Eigentumsbeeinträchtigung dar (vgl. Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 24).
Die Klägerin ist nicht verpflichtet, diese Beeinträchtigung ihres Eigentums zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Selbst wenn die an ihr Kabelnetz angeschlossenen Empfänger aufgrund des zwischen der Klägerin und der Grund-
stückseigentümerin geschlossenen Gestattungsvertrags oder aufgrund eigener Einzelanschlußverträge zur Nutzung des Kabelanschlusses als Internetzugang berechtigt sein sollten, ergäbe sich hieraus kein Anspruch beliebiger Dritter, dieses Kabelnetz ohne eine gesonderte Vereinbarung mit der Klägerin und ohne eine an diese zu entrichtende Vergütung zur gewerblichen Verschaffung von Zugangsmöglichkeiten zu nutzen.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Klein Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 105/02 Verkündet am:
29. November 2002
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGBG § 9 Bm; BauGB § 11 Abs. 2

a) Privatrechtliche städtebauliche Verträge, mit denen Grundstücke zur Deckung des
Wohnbedarfs an Ortsansässige veräußert werden ("Einheimischenmodelle"), unterliegen
- jedenfalls bei Vertragsschluß vor Ablauf der Umsetzungsfrist für die EG-Richtlinie vom
5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen am 31. Dezember
1994 - nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG, sondern sind an dem - jetzt
in § 11 Abs. 2 BauGB geregelten - Gebot angemessener Vertragsgestaltung zu messen.

b) Das Gebot angemessener Vertragsgestaltung ermöglicht nicht nur eine Kontrolle des
vertraglichen Austauschverhältnisses, sondern auch eine
Überprüfung der einzelnen Vertragsklauseln. Hierbei erlangen - unter Berücksichtigung
der besonderen Interessenlage bei Einheimischenmodellen - auch die den §§ 9 bis 11
AGBG zugrundeliegenden Wertungen Bedeutung. Es ist jedoch - weitergehend als nach
dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen - eine Kompensation von Vertragsklauseln
, die für sich genommen unangemessen sind, durch vorteilhafte Bestimmungen
im übrigen Vertrag möglich.

c) Eine Regelung bei Verkauf eines Grundstücks im Rahmen eines Einheimischenmodells,
die die Käufer im Fall einer Weiterveräußerung innerhalb von zehn Jahren nach
Vertragsschluß zur Abführung der Differenz zwischen Ankaufspreis und Bodenwert verpflichtet
, stellt keine unangemessene Vertragsgestaltung dar. Die Gemeinde hat jedoch
bei ihrer Ermessensentscheidung über die Einforderung des Mehrerlöses auch die persönlichen
Verhältnisse der Käufer zu berücksichtigen.
BGH, Urt. v. 29. November 2002 - V ZR 105/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. November 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. März 2002 aufgehoben und das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 19. August 1999 abgeändert.
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner !" # # $&% 33.700,37 die Klägerin zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 8. Februar 1988 kauften die Beklagten von der Deutschen Stadtentwicklungsgesellschaft mbH ein 709 m² großes Bau-
grundstück zum Preis von 92.860,80 DM zuzüglich 66.005,96 DM anteiliger Erschließungskosten. Die vertraglichen Vereinbarungen entsprachen einem Mustervertrag der Verkäuferin, die von der klagenden Gemeinde mit der Veräußerung der in einem Neubaugebiet gelegenen Grundstücke betraut worden war. Unter § 6 Abs. 3 der Urkunde wurde vereinbart:
"Verkauft der Käufer sein Grundstück innerhalb von 10 Jahren nach Kaufvertragsabschluß, so hat er die Differenz zwischen dem erzielten Verkaufspreis und dem Ankaufspreis an die Stadt B. (scil. die Klägerin) abzuführen; ist das Grundstück ganz oder teilweise bebaut, so bestimmt sich der Abführungsbetrag aus der Differenz zwischen dem vom Gutachterausschuß (§§ 192 ff. BauGB) festgestellten oberen Bodenwert und dem Ankaufspreis ..." Nach § 6 Abs. 4 der Urkunde wurde diese Verpflichtung zugunsten der Klägerin "in der Weise" versprochen, daß sie "unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistungen zu fordern (§ 328 BGB)."
Die Beklagten, die auf dem Grundstück inzwischen ein größeres Einfamilienhaus errichtet hatten, verkauften das Anwesen mit notariellem Vertrag vom 29. Juni 1993 zum Preis von 900.000 DM weiter. Nach einer Verkehrswertermittlung des Gutachterauschusses beläuft sich die Differenz zwischen dem von den Beklagten entrichteten Ankaufspreis und dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt der Weiterveräußerung auf 131.823 DM.
Die Klägerin reduzierte diesen Betrag für jedes Jahr bestehenden Eigentums der Beklagten um 10 % und nimmt die Beklagten auf Zahlung eines ( *) Abschöpfungsbetrags in Höhe von 65.912,19 DM, mithin 33.700,37 ' nspruch. Ihre Klage ist in beiden Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit
der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt sie ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg.

I.


Das Berufungsgericht hält die Vertragsklausel, die die Beklagten zur Abführung des bei der Weiterveräußerung des Grundstücks erzielten Mehrerlöses verpflichten soll, wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam. Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift sei nicht durch § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB, aus dem die Zulässigkeit sogenannter Einheimischenmodelle folge, ausgeschlossen. Auch wenn die öffentliche Verwaltung bei Einheimischenmodellen eigennützige wirtschaftliche Interessen jedenfalls nicht vorrangig verfolge, habe sie doch eine weitaus stärkere Position inne, so daß ihre Vertragspartner durch die Regelungen des AGB-Gesetzes zu schützen seien. Zudem könne der Begriff der "Angemessenheit" im Sinne von § 11 Abs. 2 BauGB nicht anders ausgelegt werden als die für § 9 AGBG maßgebende "unangemessene Benachteiligung". Da beide Regelungen im Einklang miteinander stünden, bestehe für die Annahme einer das AGB-Gesetz verdrängenden Wirkung des § 11 BauGB keine Veranlassung. Im vorliegenden Fall scheitere die zur Ermittlung des Abführungsbetrags vereinbarte Schiedsgutachtenklausel an der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG, weil sie den Eindruck erwecke, die Feststellungen des Schiedsgutachters seien endgültig. Auf eine
Individualvereinbarung über die Einholung eines Schiedsgutachtens könne sich die Klägerin nicht berufen, weil sie für deren Zustandekommen beweisfällig geblieben sei.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin ihre Forderung auf Abführung des Mehrerlöses auf eine wirksame Vereinbarung unter § 6 Abs. 3 Satz 1 der notariellen Urkunde stützen.
1. Zutreffend ist allerdings der Ansatz des Berufungsgerichts, das als Prüfungsmaßstab sowohl das Verbot unangemessener Benachteiligung gemäß § 9 AGBG (i.V.m. Art. 229 § 5 EGBGB) als auch das nunmehr in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB kodifizierte Gebot angemessener Vertragsgestaltung in Erwägung zieht. Vorliegend ist zum einen über formularvertragliche Bestimmungen zu entscheiden (vgl. BGHZ 118, 229, 238 f), während zum anderen das hier maßgebliche, durch § 6 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 der notariellen Urkunde begründete privatrechtliche Rechtsverhältnis zwischen den Parteien (vgl. § 328 Abs. 1 BGB) dadurch gekennzeichnet wird, daß es auf die Verwirklichung städtebaulicher Planungsziele der Klägerin gerichtet ist.

a) Die Veräußerung des Grundstücks an die Beklagten, bei der sich die Klägerin einer von ihr beauftragten Zwischenerwerberin bediente, erfolgte im Rahmen eines sogenannten Einheimischenmodells. Hierdurch soll in Gemein-
den, die eine starke Nachfrage nach Bauland durch auswärtige Interessenten verzeichnen, Einheimischen der Erwerb von Bauflächen zu bezahlbaren, in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preisen ermöglicht werden (VGH München, NVwZ 1990, 979; Jachmann, MittBayNot 1994, 93; Busse, BayVBl. 1994, 353). Die grundsätzliche Zulässigkeit derartiger die Bauleitplanung ergänzender städtebaulicher Verträge zur Deckung des Wohnbedarfs der ortsansässigen Bevölkerung (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB) war bereits unter der Geltung des Bundesbaugesetzes anerkannt (Senat, Urt. v. 2. Oktober 1998, V ZR 45/98, NJW 1999, 208, 209; BVerwGE 92, 56, 59 ff). Von ihr ging auch der Gesetzgeber bei Einführung des § 124 Abs. 2 BauGB 1987 aus (Grziwotz, NJW 1993, 2665, 2667). Diese Vorschrift wurde später zunächst durch § 6 BauGB-MaßnG ersetzt, an dessen Stelle inzwischen § 11 BauGB getreten ist.

b) Obwohl Gemeinden mit der Bereitstellung von Bauland für ortsansässige Bürger eine öffentliche Aufgabe auf dem Gebiet des Städtebaurechts erfüllen (VGH München, NVwZ 1990, 979; Brohm, JZ 2000, 321, 327), ist auch das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis privatrechtlicher Natur (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1998, V ZR 45/98, aaO; BVerwGE aaO, 58 f.; VGH München, NVwZ-RR 2000, 121; Löhr, in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 11 Rdn. 1; Jachmann, MittBayNot 1994, 93, 100; Oerder, BauR 1998, 22, 24). Dies ergibt sich daraus, daß selbst dann ein privatrechtlicher Vertrag vorliegen würde, wenn die Klägerin keine Zwischenerwerberin hinzugezogen hätte, sondern selbst als Verkäuferin auftreten wäre. Für die Einordnung als öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Vertrag ist der Vertragsgegenstand maßgebend (GemS-OGB, BGHZ 97, 312, 314). Dieser bestimmt sich wiederum danach, ob die Vertragsabmachungen mit ihrem Schwer-
punkt öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sind (BGHZ 76, 16, 20; 116, 339, 342; BVerwGE 92, 56, 59; Bonk, in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 54 Rdn. 77). Der hier am 8. Februar 1988 geschlossene notarielle Vertrag hat im wesentlichen einen Grundstückskauf nebst Auflassung zum Gegenstand und findet damit seinen Schwerpunkt im Privatrecht. Hingegen geben die Regelungen unter § 6 der notariellen Urkunde, die der Absicherung der städtebaulichen Ziele der Klägerin dienen, dem Vertrag kein derartiges Gepräge, daß er unbeschadet seiner sonstigen Regelungen als öffentlichrechtlich anzusehen wäre. Diese Abreden stehen nämlich in engem Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung als dem Hauptgegenstand des Vertrages und nehmen an dessen Rechtsnatur teil.
2. Die Zuordnung zum Privatrecht ändert nichts an der Maßgeblichkeit des Gebots angemessener Vertragsgestaltung auch für den vorliegenden Fall. Da im Gesetz eine Differenzierung unterblieben ist, gilt § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB für alle städtebaulichen Verträge unabhängig davon, ob sie als privatrechtlich oder als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren sind (Quaas, in Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 11 Rdn. 8; Grziwotz, DVBl. 1994, 1048, 1050 Brohm, JZ 2000, 321, 331; vgl. auch Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB [Stand: Januar 2002], § 11 Rdn. 170; Löhr, in Battis/Krautzberger/Löhr, aaO, § 11 Rdn. 21 i.V.m. Rdn. 1). Auf den bereits am 8. Februar 1988 abgeschlossenen notariellen Vertrag ist § 11 BauGB allerdings nicht unmittelbar anwendbar , weil die Vorschrift erst durch das Bau- und Raumordnungsgesetz vom 18. August 1997 mit Wirkung zum 1. Januar 1998 in das Baugesetzbuch eingefügt worden ist. Nichts anderes gilt für die vorhergehende Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 4 BauGB-MaßnG, die erst am 1. Mai 1993 in Kraft trat. Einer Prüfung der zwischen den Parteien streitigen Mehrerlösabführungsklausel am
Maßstab der Angemessenheit steht dies jedoch nicht entgegen. Es handelt sich bei § 11 BauGB nicht um originär neues Recht, sondern lediglich um eine Klarstellung und Absicherung der bisher schon geltenden Rechtslage (vgl. Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO, § 11 Rdn. 4; Löhr, in Battis /Krautzberger/Löhr, aaO, § 11 Rdn. 1; Kahl/Röder, JuS 2001, 24, 25). Die Vorschrift verleiht - ebenso wie § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG für öffentlichrechtliche Verträge - lediglich für einen speziellen Regelungsbereich dem allgemeinen , verfassungsrechtlich verankerten (BVerfGE 23, 127, 133) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Ausdruck. Dieser bestimmt auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung das gesamte Handeln der Verwaltung (BVerwG, NJW 1985, 989, 990; Bonk, aaO, § 56 Rdn. 54; Kopp, VwVfG, 6. Aufl., § 56 Rdn. 13; Henneke, in Knack, VwVfG, 7. Aufl., § 56 Rdn. 14; Jachmann, MittBayNot 1994, 93, 103 f.; Hien, Festschrift für Schlichter, 1995, S. 129, 132 f; Hofstetter, BWNotZ 2000, 5, 6), und zwar auch dann, wenn sie sich zur Aufgabenerfüllung privatrechtlicher Handlungsformen bedient (BGHZ 93, 372, 381; Senat, Urt. v. 15. Oktober 1993, V ZR 19/92, NJW 1994, 586, 589; Krautzberger , in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO, § 11 Rdn. 170; Kahl, DÖV 2000, 793, 796, 798). In diesem Fall führt eine Vertragsgestaltung, die das Angemessenheitsgebot mißachtet, nach § 134 BGB zur Nichtigkeit (vgl. Jachmann, MittBayNot 1994, 93, 104).
3. Ob privatrechtliche städtebauliche Verträge, soweit sie Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 1 AGBG, jetzt § 305 Abs. 1 BGB) enthalten, daneben auch der Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG (nunmehr nach §§ 307 bis 309 BGB) unterliegen, war in der Rechtsprechung bislang noch nicht geklärt.

a) Mit dem Berufungsgericht bejahen die Instanzgerichte diese Frage in veröffentlichten Entscheidungen ganz überwiegend (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1992, 18; OLG München, MittBayNot 1994, 541; OLG Koblenz, MDR 1995, 1110; DNotI-Report 1998, 25; OLG Hamm, NJW 1996, 2104; OLG Celle, DNotI -Report 1999, 70; OLGR 1999, 113; OLG Oldenburg, OLGR 2001, 34; LG Ravensburg, BWNotZ 1998, 44; LG Karlsruhe, DNotZ 1998, 483; LG Traunstein , NotBZ 1998, 198; MittRhNotK 1998, 420; NJW-RR 1999, 891). Dem wird von Teilen des Schrifttums widersprochen. Hiernach soll § 11 BauGB als spezialgesetzliche Vorschrift anzusehen sein, die das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verdränge (so Löhr, in Battis/Krautzberger/Löhr, aaO, § 11 Rdn. 14; Grziwotz, NJW 1997, 237; Brohm, JZ 2000, 321, 331; Kahl, DÖV 2000, 793, 795; Kahl/Röder, JuS 2001, 24, 27; a.A. Stich, in Schlichter/Stich, Berliner Schwerpunkte-Kommentar zum BauGB, § 11 Rdn. 21; Albrecht, DNotZ 1996, 546, 547; Gaßner, BayVBl. 1997, 538; Raststätter, DNotZ 2000, 17, 24; Hofstetter, BWNotZ 2000, 5, 6; offen gelassen von VGH München, NVwZ 1999, 1008, 1010).

b) Der Senat tritt im Ergebnis der letztgenannten Auffassung bei. Nach Sinn und Zweck der konkurrierenden Normen und den sie tragenden Wertungen des Gesetzgebers enthält das nun in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB kodifizierte Gebot angemessener Vertragsgestaltung für städtebauliche Verträge eine erschöpfende Regelung, neben der das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine Anwendung finden kann. Keine maßgebende Bedeutung kommt hierbei allerdings dem zumeist in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkt zu, daß die Gemeinde bei Grundstücksverkäufen im Rahmen von Einheimischenmodellen ohne Gewinnerzielungsabsicht handele und im Gegensatz zu typischen AGB-Verträgen gerade im Interesse ihrer Vertrags-
partner tätig werde, denen der Grunderwerb und die Errichtung eines Eigenheims ermöglicht oder zumindest erleichtert werden solle. Der Schutzzweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt nämlich nicht auf das Geschäftsziel ab, sondern ist für die Zeit vor Einfügung des - im vorliegenden Fall noch nicht anwendbaren - § 24a AGBG in erster Linie darauf gerichtet, die einseitige Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit durch eine Vertragspartei zu verhindern (vgl. BGHZ 126, 326, 332). Bei städtebaulichen Verträgen zur Verwirklichung von Einheimischenmodellen kann es aber im Unterschied zu sonst vorformulierten Bestimmungen nicht darum gehen, den vom Gesetz erstrebten Ausgleich für das Fehlen der Richtigkeitsgewähr zu schaffen, die ansonsten als Ergebnis des Aushandelns der Vertragsbedingungen erwartet werden kann (vgl. dazu Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl., Einl. Rdn. 29). Mit der Vorformulierung der vertraglichen Bestimmungen entzieht sich die Gemeinde hier nicht einem Aushandeln der Konditionen im Einzelfall. Ihr verbleibt im Unterschied zu typischen Teilnehmern am Privatrechtsverkehr regelmäßig kein solcher Freiraum, weil sie auf Grund des verfassungsrechtlich verankerten Gleichbehandlungsgebots gehindert ist, im Zuge der Verwirklichung von Einheimischenmodellen mit den Erwerbsinteressenten bei gleicher Sachlage unterschiedliche Vertragsbedingungen auszuhandeln (Wagner, BayVBl. 1997, 539; Brohm, JZ 2000, 321, 331). Das Gleichheitsprinzip bindet nämlich die öffentliche Verwaltung auch dort, wo sie sich bei der unmittelbaren Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben gegenüber einer bestimmten Interessengruppe - wie hier gegenüber den von der Beklagten geförderten Grundstückskäufern - privatrechtlicher Rechtsformen bedient (vgl. Senat, BGHZ 29, 76, 80; 33, 230, 233).
Da der Abschluß des Kaufvertrages, aus dem die Klägerin ihren Anspruch herleitet, bereits 1988 erfolgte, braucht nicht darüber entschieden zu werden, ob an dieser Einschätzung auch für städtebauliche Verträge festzuhalten ist, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist der EG-Richtlinie vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (31. Dezember 1994), spätestens aber nach Umsetzung der Richtlinie insbesondere durch Einfügung des § 24a AGBG (jetzt § 310 Abs. 3 BGB) abgeschlossen worden sind. Infolge der genannten EG-Richtline ist der Zweck des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen um den Verbraucherschutz erweitert worden ist (vgl. Heinrichs, NJW 1996, 2190, 2194). Als Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift und damit als Normadressat sollen auch Einrichtungen der öffentlichen Hand jedenfalls dann anzusehen sein, wenn sie privatrechtliche Verträge abschließen (vgl. Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 24a Rdn. 18; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., Art. 2 RiLi Rdn. 12). Sollte dem zu folgen sein, müßte das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch für - zumindest privatrechtliche - städtebauliche Verträge Geltung beanspruchen können (vgl. Grziwotz, BauR 2001, 1839, 1841; ders. NVwZ 2002, 391, 394).
4. Daß hiernach das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Fällen wie dem vorliegenden keine Anwendung findet, macht die Erwerber von Grundstücken im Rahmen von Einheimischenmodellen nicht schutzlos gegenüber den von der Gemeinde - oder in ihrem Auftrag - gestellten Vertragsbedingungen.

a) Dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ist nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und
Schrifttum genügt, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde erbrachten oder zu erbringenden Leistung steht und die vertragliche Übernahme von Pflichten auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner der Behörde führt (BVerwGE 42, 331, 345; Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO, § 11 Rdn. 166; Quaas, in Schrödter, aaO, § 11 Rdn. 42; Bonk, aaO, § 56 Rdn. 54; Kopp, aaO, § 56 Rdn. 13; vgl. auch BGHZ 26, 84, 88 ff). Danach ist nicht nur - insofern weitergehend als nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. dazu Senat, BGHZ 146, 331, 338; Urt. v. 22. Februar 2002, V ZR 251/00, ZIP 2002, 808, 809) - eine Kontrolle des vertraglichen Austauschverhältnisses eröffnet (zu eng daher Hofstetter, BWNotZ 2000, 5, 6), vielmehr wird - insoweit in Übereinstimmung mit dem AGB-Gesetz - auch eine Überprüfung der einzelnen Vertragsklauseln ermöglicht (Grziwotz, NVwZ 2002, 391, 393 f). Bei dieser sind die den §§ 10 und 11 AGBG (jetzt §§ 308 und 309 BGB) zugrunde liegenden Wertungen zu berücksichtigen; denn Bestimmungen, die nach diesen Vorschriften unwirksam wären, können eine durch den Vertragszweck nicht mehr gedeckte, unverhältnismäßige und damit unangemessene Belastung des Vertragspartners der Gemeinde begründen (vgl. Rastätter, DNotZ 2000, 17, 24). Nichts anderes kann für die Generalklausel aus § 9 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1, 2 BGB) gelten (vgl. VGH München, NVwZ 1999, 1008, 1010; Rastätter, DNotZ 2000, 17, 24), zumal der allgemeine Grundsatz, auf dem sie beruht, selbst für öffentlich-rechtliche Verträge zu beachten ist (vgl. BVerwGE 74, 78, 83). All das hat nicht zur Folge, daß die besondere Interessenlage namentlich der Gemeinde beim Abschluß von Verträgen im Rahmen von Einheimischenmodellen außer Betracht bleiben kann (so aber Brohm, JZ 2000, 321, 331). Sie wäre vielmehr auch bei einer Angemessenheitsprüfung nach § 9 AGBG zu
berücksichtigen (so auch Wagner, BayVBl. 1997, 539), weil die Inhaltskontrolle am Maßstab der Generalklausel eine umfassende Abwägung der typischen Interessen der an Geschäften der betreffenden Art beteiligten Kreise erfordert (Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 9 Rdn. 78 m.w.N.).

b) Die Inhaltskontrolle einzelner Vertragsbestimmungen nach Maßgabe des Angemessenheitsgebots führt nicht stets zu denselben Ergebnissen wie eine Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (a.A. wohl VGH München, NVwZ 1999, 1008, 1010; Stich, in Schlichter/Stich, aaO, § 11 Rdn. 22). Für die nach Kriterien des öffentlichen Rechts bestimmte Angemessenheit ist entscheidend, ob bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs die gegenseitigen Rechte und Pflichten ausgewogen gestaltet wurden (vgl. BVerwGE 42, 331, 345). Dies ermöglicht insbesondere eine im Vergleich zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen weitergehende Kompensation von Vertragsklauseln, die für sich genommen unangemessen sind, durch vorteilhafte Bestimmungen im übrigen Vertrag. Zwar ist auch bei einer Prüfung der Angemessenheit nach § 9 AGBG der gesamte Vertragsinhalt zu berücksichtigen (vgl. BGHZ 116, 1, 4), zum Ausschluß einer unangemessenen Benachteiligung wird eine Kompensation aber grundsätzlich nur durch konnexe, in Wechselbeziehung stehende Klauseln zugelassen (vgl. Staudinger /Coester, BGB [1998], § 9 AGBG Rdn. 91; Brandner, in Ulmer/ Brandner/Hensen, aaO, § 9 Rdn. 85; auch BGHZ 94, 105, 113 ff; 114, 238, 246), während eine umfassende Kompensationswirkung nur kollektiv ausgehandelten , anerkannten Klauselwerken, wie etwa dem Gesamtgefüge der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (BGHZ 101, 357, 364; 138, 176, 177 f) oder der Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen (BGHZ 127, 275, 281), beigelegt wird (vgl. Staudinger/Coester, aaO, § 9 AGBG Rdn. 93;
Brandner, in Ulmer/Brandner/Hensen, aaO, § 9 Rdn. 86). Ist dagegen wie im Fall des Angemessenheitsgebots allein die Ausgewogenheit der Vertragsgestaltung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten maßgeblich, so gibt es für eine vergleichbare Einschränkung der Kompensation keine Grundlage (a.A. wohl Grziwotz, NVwZ 2002, 391, 394).
5. Die vom Berufungsgericht versäumte Überprüfung nach den Regeln des Angemessenheitsgebots kann der Senat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nachholen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dieser Kontrolle hält die Mehrerlösabführungsklausel in § 6 Abs. 3 Satz 1 des notariellen Vertrags vom 8. Februar 1988 stand.

a) Die von den Beklagten übernommene Verpflichtung, im Falle der vorzeitigen Weiterveräußerung des Grundstücks den Unterschiedsbetrag zwischen Ankaufspreis und Verkaufspreis bzw. - im Fall der Bebauung - zwischen Ankaufspreis und Bodenwert an die Klägerin abzuführen, stellt einen Teil der von ihnen für den Grundstückserwerb zu entrichtenden Gegenleistung dar, der neben ihre Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung trat. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Klägerin das Grundstück - durch die von ihr hinzugezogene Zwischenerwerberin - im Rahmen eines Einheimischenmodells zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Preis veräußerte. Der Verkehrswert des unbebauten Grundstücks ohne Berücksichtigung der Erschließungskosten belief sich im Jahre 1987 auf 160 bis 200 DM/m², wobei es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß sich der Verkehrswert bis zum Abschluß des notariellen Vertrags vom 8. Februar 1988 erheblich geändert haben könnte. Mit den Beklagten wurde jedoch - wiederum ohne Berücksichtigung der Erschließungskosten - ein Kaufpreis auf der Basis von lediglich 131 DM/m² vereinbart. Eine
solche Veräußerung unter dem objektiven Verkehrswert ist den Gemeinden aus haushaltsrechtlichen Gründen wegen des Gebots der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel (hier: § 92 Abs. 2 HGO) nur dann gestattet, wenn dies der Erfüllung legitimer öffentlicher Aufgaben - wie etwa der Förderung des (Einheimischen-)Wohnungsbaus - dient, und darüber hinaus die zweckentsprechende Mittelverwendung sichergestellt wird (VGH München, NVwZ 1999, 1008, 1011; Jäde, BayVBl. 1995, 283; Albrecht, DNotZ 1996, 546, 550; Grziwotz , NJW 1997, 237; Busse, DNotZ 1998, 486, 489; Raststätter, DNotZ 2000, 17, 25, 38; Otto, DVP 2001, 37). Die Klägerin war daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, für eine vertragliche Absicherung des - den verbilligten Grundstücksverkauf rechtfertigenden - Ziels der Einheimischenförderung Sorge zu tragen. Hierzu mußte sie sicherstellen, daß die bevorzugten ortsansässigen Käufer die auf den Grundstücken zu errichtenden Eigenheime zumindest für einen bestimmten Zeitraum tatsächlich selbst nutzten und nicht auf Kosten der Allgemeinheit Spekulationsgewinne erzielten, indem sie das verbilligte Bauland alsbald zum Verkehrswert weiterveräußerten. Dementsprechend sieht die zwischen den Parteien streitige Mehrerlösabführungsklausel vor, daß der volle Wert des Grundstücks den Käufern erst nach Ablauf einer zehnjährigen Bindungsfrist zugute kommen soll. Diese Bindung, die der Preis für den verbilligten Erwerb der Grundstücke ist (vgl. LG Traunstein, NotBZ 1998, 198, 200; Otto, DVP 2001, 37), stellt als solche keine unverhältnismäßige Belastung der Käufer dar. Mit ihr wurden die rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands überhaupt erst geschaffen (vgl. hierzu Kopp, aaO, § 56 Rdn. 13; Henneke, aaO, § 56 Rdn. 14); zudem ist wegen der zeitlich begrenzten Bindung eine Realisierung des vollen Grundstückswerts durch die Käufer nicht etwa ausgeschlossen, sondern lediglich aufgeschoben.
Kein anderes Ergebnis folgt unter Berücksichtigung der Wertungen, die § 9 AGBG zugrunde liegen. Insbesondere ist die Vereinbarung einer Nachforderung auf ein erkennbar "vorläufiges" Entgelt in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu beanstanden, wenn eine endgültige Bezifferung des geschuldeten Kaufpreises bei Vertragsschluß nicht möglich war (Senat, Urt. v. 22. Februar 2002, aaO, 810 m.w.N.). So liegen die Dinge hier; denn die Beklagten sollten durch die höhere Gegenleistung die Vorteile des günstigen Erwerbs aus Gründen der Einheimischenförderung erst im Fall einer vorzeitigen Weiterveräußerung verlieren.

b) Unter Berücksichtigung des von der Klägerin verfolgten städtebaulichen Ziels steht auch die vereinbarte "Bindungsdauer" von zehn Jahren, während derer die Käufer zur Abführung des Mehrerlöses verpflichtet sind, einer angemessenen Vertragsgestaltung nicht entgegen und führt insbesondere nicht zu einer unzumutbaren Belastung der Beklagten (vgl. BVerwGE 92, 56, 66; VGH München, NVwZ 1990, 979, 981). Da die Bindungsfrist der Sicherung der mit der Bauleitplanung in zulässiger Weise verfolgten Ziele dient, kann sie jedenfalls für einen der regelmäßigen Geltungsdauer eines Bebauungsplans entsprechenden Zeitraum von etwa 15 Jahren wirksam vereinbart werden (vgl. Jachmann, MittBayNot, 1994, 93, 108; Grziwotz, VIZ 1997, 197, 200; ders., DNotZ 1999, 646, 650; Raststätter, DNotZ 2000, 17, 39; auch OLG München, DNotZ 1998, 810, 811; OLG Oldenburg, OLGR 2001, 34, 35; Deutrich, MittBayNot 1996, 201, 202 jeweils zur Zulässigkeit von Bindungsfristen bis zu 20 Jahren).

c) Ebensowenig ist zu beanstanden, daß sich die Verpflichtung der Käufer zur Abführung des Mehrerlöses nicht auf die Differenz zwischen dem
Ankaufspreis und dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Ankaufs und damit auf die Herausgabe des unmittelbaren Subventionsvorteils beschränkt, sondern auch eine nachfolgende Steigerung des Bodenwerts bis zur Weiterveräußerung des Grundstücks umfaßt (Grziwotz, MittBayNot 1994, 465, 466 f; Jäde, BayVBl. 1995, 282, 283; a.A. OLG München, MittBayNot 1994, 464, 465). Auch diese Bestimmung ist vielmehr mit Blick auf das verfolgte Ziel der Einheimischenförderung angemessen; denn sie verhindert für den Fall einer vorzeitigen Weiterveräußerung in vollem Umfang eine Bereicherung auf Kosten der Allgemeinheit. Die hier durch eine erhöhte Gegenleistung auszugleichende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen besteht nämlich nicht nur in den Verlusten wegen des verbilligten Grundstücksverkaufs, sondern auch und gerade in der Verfehlung des von der Gemeinde verfolgten Zwecks einer Förderung ortsansässiger Bürger (Grziwotz, MittBayNot 1994, 465, 466 f). Es kommt hinzu, daß sich als Alternative zur Absicherung der Ziele von Einheimischenmodellen die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts anbietet (vgl. dazu OLG Karlsruhe, NJW-RR 1992, 18; OLG Koblenz, MDR 1995, 1110, 1111; OLG Hamm, NJW 1996, 2104; LG Traunstein, NJW-RR 1999, 891, 892; Grziwotz, NJW 1997, 237, 238). Macht die Gemeinde von dieser Möglichkeit Gebrauch, so kommt ihr ebenfalls eine zwischenzeitliche Steigerung des Bodenwertes zugute; denn nach § 497 Abs. 2 BGB a.F. (jetzt § 456 BGB) entspricht der Wiederkaufspreis im Zweifel dem ursprünglichen Kaufpreis. Wenn eine Gemeinde, namentlich weil ihr die für den Wiederkauf erforderlichen finanziellen Mittel fehlen, das gleiche wirtschaftliche Ergebnis durch die Vereinbarung einer Mehrerlösabführungsklausel zu erreichen versucht, kann dies nicht als unangemessene Benachteiligung ihres Vertragspartners angesehen werden (Grziwotz, MittBayNot 1994, 465; Rastätter, DNotZ 2000, 17, 42).

d) Die Mehrerlösabführungsklausel führt auch nicht deshalb zu einer unzumutbaren Belastung der Beklagten, weil sie sich nach ihrer Darstellung allein aus finanziellen Gründen von dem Anwesen trennen und bei der Weiterveräußerung zudem Verluste hinnehmen mußten. Die Finanzierung des Grunderwerbs und des Hausbaus fällt ausschließlich in den Risikobereich des Erwerbers. Erweist sich die vorgesehene Finanzierung aus Gründen wie Arbeitslosigkeit , Scheidung oder Tod des Ehegatten als undurchführbar, verwirklicht sich ein allgemeines Lebensrisiko des Erwerbers, dem die Gemeinde nicht schon im Rahmen des Grundstückskaufvertrags Rechnung tragen muß (Grziwotz , NJW 1997, 237, 238; Rastätter, DNotZ 2000, 17, 40; a.A. wohl OLG München, NVwZ 1999, 1025, 1026).
Das besagt jedoch nicht, daß die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls ohne jede Bedeutung wären. Vielmehr können sie im Rahmen der von der Gemeinde zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sein, ob und inwieweit der Anspruch auf Zahlung des Mehrerlöses überhaupt geltend gemacht werden soll (Grziwotz, NJW 1997, 237, 238; Brohm, JZ 2000, 321, 332). Auch im Bereich des Verwaltungsprivatrechts hat die Gemeinde nicht nur die Schranken von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu beachten, sondern ist weitergehenden Bindungen unterworfen, zu denen insbesondere die Einhaltung des Übermaßverbotes zählt (BGHZ 93, 372, 381; Senat, Urt. v. 15. Oktober 1993, V ZR 19/92, NJW 1994, 586, 589). Hierbei können auch die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Bürger Bedeutung erlangen (vgl. BGHZ 93, 372, 381 f). Vorliegend ist die Klägerin bei der Ausübung ihres Ermessens - auch mit Blick auf die angestrebte Einheimischenförderung - nicht gezwungen, den Interessen der Beklagten noch weiter entgegenzukommen, als sie dies bereits mit der Ermäßigung auf die Hälfte des von dem Gutachteraus-
schuß ermittelten Betrages getan hat. Insbesondere machen die Beklagten nicht geltend, auf Grund ihrer finanziellen Situation unfähig zu sein, die Klageforderung zu begleichen.

e) Schließlich ist die Mehrerlösabführungsklausel auch nicht deshalb unangemessen, weil sie für den - hier gegebenen - Fall einer Veräußerung nach Bebauung des Grundstücks die Ermittlung des für die Höhe des Abführungsbetrags maßgeblichen Bodenwerts durch den Gutachterausschuß gemäß §§ 192 ff BauGB vorsieht. Anderes läßt sich auch den Grundsätzen nicht entnehmen , die zu § 9 AGBG entwickelt worden sind. Zwar wird, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend annimmt, die Rechtsverfolgung unangemessen erschwert, wenn eine Vertragsklausel die Anrufung eines Schiedsgutachters vorschreibt und hierbei den Eindruck erweckt, dessen Entscheidung sei endgültig und der Rechtsweg ausgeschlossen (BGHZ 101, 307, 319). Unter § 6 Abs. 3 der notariellen Urkunde haben die Vertragsparteien jedoch kein Schiedsgutachten mit der Folge vereinbart, daß die Wertermittlung durch den Gutachterausschuß bis zur Grenze der offenbaren Unrichtigkeit entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB verbindlich wäre (vgl. BGHZ 43, 374, 376; 81, 229, 237). Die Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht ist - ungeachtet der Frage der Verwendung der Klausel über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus - für den Senat nicht verbindlich, weil die umfassende Verweisung auf die Verfahrensvorschriften der §§ 192 ff BauGB übersehen und damit nicht alle maßgeblichen Umstände berücksichtigt worden sind (vgl. Senat, Urt. v. 14. Oktober 1994, V ZR 196/93, NJW 1995, 45, 46 m.w.N.). Durch diese vom Berufungsgericht nicht beachtete Bezugnahme wird klargestellt, daß das einzuholende Gutachten mangels anderweitiger Vereinbarung keine bindende Wirkung hat (§ 193 Abs. 4 BauGB) und in einem gerichtlichen Verfahren auf
entsprechende Einwände hin in vollem Umfang nachgeprüft werden kann (vgl. Dieterich, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, aaO [Stand: Oktober 1991], § 193 Rdn. 132).

III.


Nach alledem hat das Berufungsurteil keinen Bestand (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat den Rechtsstreit auch der Höhe nach abschließend entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Wegen der vorzeitigen Grundstücksveräußerung kann die Klägerin als begünstigte Dritte (§ 328 Abs. 1 BGB) von den Beklagten gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 des notariellen Vertrags vom 8. Februar 1988 die Zahlung der Differenz zwischen Ankaufspreis und Bodenwert verlangen, wobei die Klägerin aufgrund der von ihr getroffenen Ermessensentscheidung lediglich /. 0 1 -% 243 5 76 8 einen Betrag in Höhe von 65.912,19 DM (= 33.700,37 +-, Beklagten haben keine erheblichen Einwände gegen die Höhe des Bodenwertes erhoben, die von der Klägerin auf der Grundlage der Wertermittlung des Gutachterausschusses behauptet worden ist. Soweit sie gerügt haben, bei der Wertermittlung sei von einem unzutreffenden Alter des Gebäudes ausgegangen worden, bleibt das ohne Auswirkungen auf den festgestellten Bodenwert. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten in der Berufungsinstanz ist der Umstand , daß auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet wurde, nicht vernachlässigt worden. Vielmehr wird im Wertermittlungsgutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Bodenwert eines bebauten Grundstücks in der Regel unter dem Bodenwert eines unbebauten Grundstücks liege, weil die vorhande-
ne Bebauung hinsichtlich Art und Ausmaß der baulichen Nutzung die Wünsche eines potentiellen Käufers in den seltensten Fällen vollständig erfülle. Dementsprechend hat der Gutachterausschuß den Bodenwert des Grundstücks in unbebautem Zustand mit 389.950 DM und in bebautem Zustand mit lediglich 290.690 DM angegeben.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 162/06 Verkündet am:
4. Mai 2007
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Berechtigung, landwirtschaftliche Flächen und Waldflächen nach § 3 Abs. 1 bis 4
AusglLeistG begünstigt zu erwerben, setzt auch im Fall von Wiedereinrichtern im
Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG deren Ortsansässigkeit voraus.
BGH, Urt. v. 4. Mai 2007 - V ZR 162/06 - OLG Rostock
LGNeubrandenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 18. Mai 2006 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist eigenen Angaben zufolge Rechtsnachfolger des früheren Eigentümers eines im heutigen Mecklenburg-Vorpommern gelegenen, 1945 enteigneten landwirtschaftlichen Guts. Er hat ehemals volkseigene landwirtschaftliche Flächen von der durch die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben mit der Privatisierung solcher Flächen beauftragten Klägerin gepachtet. Im November 1998 stellte er bei der Klägerin einen Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz auf begünstigten Erwerb von bis zu 100 ha Waldfläche zur Ergänzung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Bauernwald). Zu den Antragsunterlagen gehörte eine Erklärung des Beklagten, dass er seinen Hauptwohnsitz vor Abschluss des Kaufvertrages in die Nähe der Betriebsstätte verlegen werde sowie eine Meldebescheinigung, die einen entsprechenden Wohnsitz auswies.
2
Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 1998 verkaufte die Klägerin dem Beklagten rund 96 ha Waldfläche in der Gemarkung S. zum Preis von 156.853,17 DM. In § 9 des Kaufvertrages ist unter der Überschrift „Sicherung der Zweckbindung“ vereinbart: 1. Der Abschluß dieses Vertrages erfolgt in der Annahme, daß dem Käufer für den Kaufgegenstand ein Erwerbsanspruch nach den Bestimmungen des AusglLeistG zusteht……. 2. Die Verkäuferin ist berechtigt, von diesem Vertrage zurückzutreten, …….…..
d) wenn feststeht, dass die von dem Käufer für den Abschluß dieses Vertrages gegenüber der Verkäuferin erbrachten Nachweise und Angaben falsch waren, insbesondere also nicht die Voraussetzungen für den Erwerb von sogenanntem „Bauernwald“ im Sinne des § 3 Abs. 4 AusglLeistG gegeben waren….
3
Nachdem die Klägerin festgestellt hatte, dass der Beklagte mit erstem Wohnsitz in Lübeck und mit Nebenwohnsitz in Ratzeburg gemeldet war und auch faktisch nicht unter der von ihm angegebenen Adresse in der Nähe der Betriebsstätte lebte, erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag. Mit der Klage verlangt sie dessen Rückabwicklung.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben; die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht meint, die Klägerin sei zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, weil der Beklagte falsche Angaben zu seinem Hauptwohnsitz gemacht habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass das Ausgleichsleistungsgesetz bei Alteigentümern keine Ortsansässigkeit fordere und er deshalb zu falschen Angaben in diesem Punkt berechtigt gewesen sei. Da der Verkauf der Waldflächen durch einen privatrechtlichen Vertrag erfolgt sei, habe die Klägerin innerhalb der Grenzen der Privatautonomie selbst bestimmen können, welche Voraussetzungen ein Käufer erfüllen müsse. Das gelte unabhängig davon, ob das Ausgleichleistungsgesetz einen Hauptwohnsitz des Erwerbers in der Nähe seiner Betriebsstätte voraussetze. Ausreichend sei ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse der Klägerin daran, dass ein Käufer hierzu wahrheitsgemäße Angaben mache. Ein solches Interesse sei schon deshalb gegeben, weil die Klägerin gegebenenfalls zwischen mehreren Bewerbern auswählen könne. Die Klägerin habe auch nicht gegen Grundsätze des Verwaltungsprivatrechts verstoßen; denn es sei weder willkürlich noch unverhältnismäßig , wenn sie angesichts objektiv falscher Angaben des Beklagten zu einem für sie wichtigen Punkt die Rückabwicklung des Kaufvertrages verlange.

II.

6
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nur im Ergebnis stand.
7
1. Im Ausgangspunkt noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin auf der Grundlage des im Kaufvertrag unter § 9 Ziff. 2 d vereinbarten Rücktrittsrechts wegen der falschen Angaben, die der Beklagte zu seinem Wohnsitz gemacht hat, die Rückgängigmachung des Vertrages verlangen kann. Nicht zu beanstanden ist auch das Verständnis dieser Vertragsbestimmung dahin, dass nur solche unzutreffenden Angaben zum Rücktritt berechtigen sollten, die eine der Voraussetzungen für den Erwerb des Bauernwaldes betreffen.
8
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann allerdings nicht dahinstehen, ob die Berechtigung, Bauernwald vergünstigt zu kaufen, nach dem Ausgleichsleistungsgesetz davon abhängt, dass der Erwerber in der Nähe seines landwirtschaftlichen Betriebes ortsansässig ist bzw. wird. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe in den Grenzen der Privatautonomie selbst bestimmen können, von welchen Vorgaben sie den Vertragsschluss mit dem Beklagten abhängig mache, ist rechtsfehlerhaft; denn sie berücksichtigt nicht die Bindungen, denen die Klägerin aufgrund des Ausgleichsleistungsgesetzes unterliegt.
9
a) Die durch das Treuhand- und das Ausgleichsleistungsgesetz geregelte Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen ist eine öffentliche Aufgabe (vgl. BGHZ 158, 253, 259). Nimmt der Staat eine solche Aufgabe - wie hier - in den Formen des Privatrechts wahr (sog. Verwaltungsprivatrecht ), stehen ihm nur die privatrechtlichen Rechtsformen, nicht aber die Freiheiten und Möglichkeiten der Privatautonomie zu. Demgemäß kann sich die zuständige Verwaltungsbehörde den für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe bestehenden gesetzlichen Vorgaben nicht durch den Hinweis auf die Grundsätze der Privatautonomie entziehen (vgl. BGHZ 91, 84, 96; Senat, Urt. v. 21. Juli 2006, V ZR 158/05, WM 2006, 2101, 2103). Insbesondere kann sie die Bedingungen für die Gewährung von Subventionen und ähnlichen Vergünstigungen nicht privatautonom, also abweichend von den gesetzlich festgelegten Voraussetzungen bestimmen (Senat, Urt. v. 21. Juli 2006, V ZR 158/05, aaO).
10
b) Diese Bindung hat Auswirkungen auf die Auslegung eines zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe von einer Behörde oder einer von ihr beauftragten Person geschlossenen privatrechtlichen Vertrages. Da davon ausgegangen werden kann, dass sich die Behörde an die öffentlich-rechtlichen Vorgaben für ihren Verwaltungsauftrag halten will und daher beabsichtigt, diese in der Form des Privatrechts zur Geltung zu bringen, und da weiter unterstellt werden darf, dass sie Dritte, die sie mit ihren Aufgaben betraut, zu einem entsprechenden Vorgehen verpflichtet hat, sind vertragliche Regelungen in einem dem Verwaltungsprivatrecht zuzuordnenden Vertrag im Zweifel so auszulegen, dass sie mit den Anforderungen der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlagen in Übereinstimmung stehen (vgl. BGHZ 155, 166, 170; BGH, Urt. v. 17. Januar 1972, III ZR 86/69, WM 1972, 339, 340 f.).
11
Bei Beachtung dieses Grundsatzes durfte das Berufungsgericht den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über den Erwerb von Bauernwald (vgl. § 3 Abs. 4 AusglLeistG) nicht dahin auslegen, dass die Klägerin den Vertragsschluss auch für den Fall von der Ortsansässigkeit des Beklagten abhängig machen wollte, dass das Ausgleichsleistungsgesetz keine solche Anforderung enthält. Umstände, die für eine dahingehende Absicht der Klägerin sprechen könnten, liegen im Übrigen auch nicht vor. Aus dem Vertrag ergibt sich vielmehr das Gegenteil, da es dort in dem Abschnitt "Sicherung der Zweckbindung" heißt, der Vertragsabschluss erfolge in der Annahme, dass dem Käufer für den Kaufgegenstand ein Erwerbsanspruch nach den Bestimmungen des Ausgleichsleistungsgesetzes zustehe. Auch die Regelung in § 9 Ziff. 2 d, in der konkretisiert wird, dass zum Rücktritt der Klägerin berechtigende falsche Angaben insbesondere dann vorliegen, wenn sie die Voraussetzungen für den Erwerb von sogenanntem Bauernwald im Sinne des § 3 Abs. 4 AusglLeistG betreffen, lässt keinen Zweifel daran, dass die Klägerin den Vertragsschluss nur von den im Ausgleichsleistungsgesetz genannten Voraussetzungen und den entsprechenden Vorgaben in § 12 FlErwV (vgl. Zimmermann in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand April 2006, § 12 FlErwV Rdn. 3) abhängig machen wollte.
12
Die offenbar nur spekulative Erwägung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ein Interesse an wahrheitsgemäßen Angaben des Beklagten zu seinem Hauptwohnsitz gehabt, um gegebenenfalls zwischen mehreren Bewerbern auswählen zu können, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Weder lassen sich dem Kaufvertrag Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Ortsansässigkeit des Beklagten für die Klägerin ein maßgebliches Auswahlkriterium zwischen zwei Erwerbsberechtigten darstellte, noch hat das Berufungsgericht Feststellungen dazu getroffen, dass es einen weiteren Berechtigten gab, der an dem Kauf derselben Waldflächen interessiert war.
13
c) Im Übrigen wäre nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts das Rücktrittsrecht der Klägerin eingeschränkt gewesen, wenn sie den Vertragsschluss von weitergehenden Voraussetzungen als im Ausgleichsleistungsgesetz vorgesehen abhängig gemacht und der Beklagte hierzu unrichtige Nachweise vorgelegt hätte. Ebenso wenig wie die Verwaltung die Voraussetzungen für die Gewährung einer Subvention privatautonom gestalten kann, (vgl. Senat, Urt. v. 21. Juli 2006, V ZR 158/05, WM 2006, 2101, 2103), war die im Auftrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben tätige Klägerin berechtigt, die Voraussetzungen für die Teilnahme an dem begünstigen Flächenerwerb gemäß § 3 AusglLeistG abweichend von den gesetzlichen Vorgaben nach eigenem Ermessen zu bestimmen. Das führt dazu, dass die Nichteinhaltung der von dem Beklagten zur Sicherung der Zweckbindung des Vertrages übernommenen Verpflichtung, seinen Hauptwohnsitz in die Nähe der Betriebsstätte zu verlegen, nur dann zum Anlass für eine Rückabwicklung des Vertrages genommen werden darf, wenn ohne die Wohnsitzverlegung der - nach dem Inhalt des Ausgleichsleistungsgesetzes zu bestimmende - Zweck des Kaufvertrages verfehlt worden ist. Zum Rücktritt vom Vertrag berechtigende unrichtige Angaben des Beklagten lägen daher nicht vor, wenn er nach dem Ausgleichsleistungsgesetz berechtigt gewesen wäre, die streitgegenständlichen Waldflächen unabhängig davon zu erwerben, wo sich sein Wohnsitz zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses befand.
14
3. Das Berufungsurteil erweist sich im Ergebnis aber deshalb als richtig, weil die von dem Beklagten für sich in Anspruch genommene Erwerbsberechtigung als Wiedereinrichter nach § 3 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 3 Abs. 4 AusglLeistG seine Ortsansässigkeit erfordert. Allerdings wird die Frage, ob neben Wiedereinrichtern nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG auch diejenigen im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG ortsansässig sein bzw. werden müssen, unterschiedlich beantwortet.
15
a) Teilweise wird angenommen, für Wiedereinrichter nach § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG gelte das Erfordernis der Ortsansässigkeit nicht (so Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 49 ff.; Heller/Quandt/Sannwald, Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz , 1995, § 3 AusglLeistG Rdn. 10 f.; Witt, Der Flächenerwerb in den neuen Bundesländern, 1996, Rdn. 76).
16
b) Die überwiegende Auffassung geht demgegenüber davon aus, dass auch Wiedereinrichter im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG nur im Falle ihrer Ortsansässigkeit erwerbsberechtigt sind (so OLG Naumburg OLG-NL 2005, 106, 108; Zilch in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, Kommentar zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, 1995, § 3 AusglLeistG Rdn. 58; Meixner in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, Stand Dezember 2004, § 3 AusglLeistG Rdn. 41 u. 44; Zimmermann in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand April 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 42 u. 47; Schmidt-Preuß, NJW 1994, 3249, 3254; Bergsdorf AUR 2003, 37, 39; wohl auch Hauer in Fieberg /Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand März 2005, § 3 AusglLeistG Rdn. 71 sowie v. Arnim, OV Spezial 1996, 286).
17
c) Der Senat hält die überwiegende Auffassung für zutreffend.
18
aa) Der Gesetzeswortlaut lässt allerdings beide Auslegungen zu. In § 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG werden Wiedereinrichter als Personen definiert, die auf von ihnen gepachteten, ehemals volkseigenen Flächen "ihren ursprünglichen Betrieb wiedereingerichtet haben und ortsansässig sind (Wiedereinrichter )". Ergänzend bestimmt § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG, dass Wiedereinrichter im Sinne des Satzes 1 auch natürliche Personen sind, bei denen die Rückgabe ihres ursprünglichen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist, sowie Personen, denen landund forstwirtschaftliche Vermögenswerte durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind.
19
(1) Diese Formulierungen ermöglichen einerseits die Auslegung, dass für die in Satz 3 genannten Personen nicht nur das Tatbestandsmerkmal "ursprünglicher Betrieb", sondern auch dasjenige der "Ortsansässigkeit" ersetzt wird (so Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 47). Die Ortsansässigkeit in Satz 1 stellt sich nämlich - da sie vor dem in Klammern gesetzten Begriff "Wiedereinrichter" steht - als Teil der Definition des Wiedereinrichters dar. Wird Satz 3 dahin verstanden, dass eine weitere, von Satz 1 nicht erfasste Personengruppe zu Wiedereinrichtern erklärt wird, handelte es sich um eine eigenständige und abschließende Definition ei- nes Wiedereinrichters, die einen Rückgriff auf die in Satz 1 genannten Merkmale eines Wiedereinrichters nicht zuließe.
20
(2) Andererseits ist aber auch ein Verständnis nicht ausgeschlossen, das Satz 3 keine den Kreis der Berechtigten erweiternde, sondern lediglich eine klarstellende Funktion beimisst (so Hauer in Fieberg/Reichenbach/ Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand März 2005, § 3 AusglLeistG Rdn. 71; Zimmermann, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Stand April 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 47). Bei dieser Sichtweise beschränkt sich der Regelungsgehalt von Satz 3 auf die Aussage, dass auch Alteigentümer - obwohl die Enteignung ihres Grundbesitzes nicht rückgängig gemacht wird - ihren ursprünglichen Betrieb im Rechtssinne wiedereinrichten können , also anderen Wiedereinrichtern - nämlich Landwirten mit Restitutionsanspruch sowie nicht enteigneten Landwirten, die ihr Land in eine LPG einbringen mussten und es zurückerhalten haben (vgl. näher Hauer, aaO, Rdn. 71) - gleichstehen.
21
(3) Aus der von der Revision hervorgehobenen, zum Ende des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten Änderung des Wortlauts der Vorgängerreglung von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG lässt sich der Wille des Gesetzgebers ebenfalls nicht mit der gebotenen Gewissheit entnehmen. Zwar enthielt die - damals noch in der mit "Siedlungskauf" überschriebenen Vorschrift des § 4 befindliche - Vorgängerregelung den zusätzlichen Halbsatz "soweit die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind" und verwies damit unter anderem auf das in § 4 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs enthaltene Erfordernis der Ortsansässigkeit (vgl. die Formulierung von § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Entwurfs in dem Beschluss des Bundestages vom 30. Juni 1994 - BR-Drs. 689/94). Aus der Streichung dieses Zusatzes im Rahmen des zweiten Vermittlungsverfahrens (vgl. die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 1. September 1994 - BT-Drucks. 12/8413) kann aber nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Gruppe der in Satz 3 genannten Alteigentümer von dem Erfordernis der Ortsansässigkeit freizustellen. Erst in diesem Vermittlungsverfahren wurden nämlich das bis dahin in der mit „Landerwerb“ überschriebenen Vorschrift des § 3 enthaltene Wiedergutmachungsprogramm für Alteigentümer und das in § 4 ("Siedlungskauf") geregelte Förderprogramm zum Aufbau der Land- und Forstwirtschaft in den neuen Bundesländern in einer Vorschrift - dem dann Gesetz gewordenen § 3 ("Flächenerwerb") - zusammengefasst. Dabei gelangten zwar weite Teile der ursprünglichen Regelung zum Siedlungskauf in die ersten Absätze der neuen Vorschrift - darunter mit kleinen Änderungen und unter Fortfall des genannten Halbsatzes auch der Vorläufer von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG. Zugleich wurde der Aufbau der Vorschrift aber dahin geändert, dass die grundlegende Erwerbsvoraussetzung, nämlich die langfristige Pacht ehemals volkseigener, von der Treuhandanstalt zu privatisierender landwirtschaftlicher Flächen, die sich zuvor zusammen mit allen anderen Erwerbsvoraussetzungen in § 4 Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs befunden hatte, nunmehr in einem gesonderten Absatz vorangestellt wurde (§ 3 Abs. 1 AusglLeistG), während die weiteren Anforderungen - Wieder- oder Neueinrichter, Ortsansässigkeit und Selbstbewirtschaftung - erst in dem nächsten Absatz folgten (§ 3 Abs. 2 Satz 1 AusglLeistG). Angesichts dieses neuen Aufbaus liegt die Annahme nicht fern, dass der genannte Halbsatz ("soweit die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt sind") aus der Erwägung gestrichen worden ist, es könne angesichts des nunmehr vorangestellten ersten Absatzes - im Gegensatz zu § 4 des Entwurfs - kein Zweifel bestehen, dass auch die in Absatz 2 Satz 3 genannten Alteigentümer nur berechtigt sein sollten, von ihnen zuvor gepachtete Flächen zu erwerben, und dass Überlegungen zum Erfordernis der Ortsansässigkeit in diesem Zusammenhang keine Rolle gespielt haben.
22
bb) Auch Sinn und Zweck der in § 3 AusglLeistG geregelten Flächenerwerbsmöglichkeiten kann nicht eindeutig entnommen werden, ob Wiedereinrichter im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG ortsansässig sein müssen. Der Gesetzgeber hat in § 3 AusglLeistG nämlich zwei unterschiedliche Regelungsinhalte zusammengefasst. Je nachdem, welcher der beiden Inhalte bei der Auslegung von Satz 3 in den Vordergrund gestellt wird, lässt sich bezüglich der Notwendigkeit der Ortsansässigkeit der Alteigentümer ein unterschiedliches Ergebnis begründen.
23
(1) Zum einen enthält die Vorschrift - der Zielrichtung des Ausgleichsleistungsgesetzes entsprechend - ein Wiedergutmachungsprogramm für Alteigentümer , darunter insbesondere für diejenigen, denen land- und forstwirtschaftliche Vermögenswerte durch Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind (vgl. § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG). Wird dieser Zweck des Ausgleichsleistungsgesetzes betont, lässt sich gegen das Erfordernis der Ortsansässigkeit mit guten Gründen anführen, dass von Wiedereinrichtern, die ihren Grundbesitz endgültig verloren haben, nicht erwartet werden könne, auf irgendwo in den neuen Bundesländern gepachteten Flächen ortsansässig zu werden (so Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen , Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 51; Witt, Der Flächenerwerb in den neuen Bundesländern, 1996, Rdn. 76). Dieser Gesichtspunkt rechtfertigte zugleich eine unterschiedliche Behandlung der Alteigentümer im Sinne von Satz 3 im Vergleich zu den übrigen Wiedereinrichtern, die - da sie entweder einen durchsetzbaren Restitutionsanspruch haben oder, wie Landwirte, die ihr Land in eine LPG einbringen mussten, gar nicht enteignet worden sind - ihre Grundstücke zurückerhalten haben.
24
(2) (a) Die Vorschrift des § 3 AusglLeistG enthält neben dem Wiedergutmachungsprogramm aber auch ein eigenständiges Förderprogramm zum Auf- bau der Land- und Forstwirtschaft in den neuen Bundesländern (vgl. BVerfGE 112, 1, 39; 102, 254, 332; 94, 334, 349 f.). Mit diesem verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, für den Bereich der ostdeutschen Land- und Forstwirtschaft neue Eigentumsstrukturen und damit funktionsfähige Grundlagen für Erhalt und Fortentwicklung dieses Erwerbszweigs zu schaffen. Dabei hat er primär die ortsansässigen selbstwirtschaftenden Pächter im Blick ohne die Alteigentümer auszuschließen. Wird vorrangig auf diese Zielrichtung des Gesetzes abgestellt, ist Sinn und Zweck von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG darin zu sehen, dass auch die Alteigentümer am begünstigen Flächenerwerb teilnehmen und damit zum strukturellen Neuaufbau in den neuen Ländern beitragen können, sofern sie ortsansässige, selbstwirtschaftende Pächter sind (so BVerfGE 94, 334, 350).
25
Für diese Auslegung spricht, dass die - hier in Rede stehende - Erwerbsmöglichkeit für selbstwirtschaftende Pächter nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG dem Förderprogramm zum Aufbau der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet wird (vgl. BVerfGE 94, 334, 349), während sich das in § 3 AusglLeistG enthaltene Wiedergutmachungsprogramm in erster Linie in den Regelungen über die Erwerbsberechtigung der nicht selbstwirtschaftenden Alteigentümer (§ 3 Abs. 5 AusglLeistG) findet (vgl. Ludden, VIZ 1997, 129, 130).
26
(b) Andererseits stellt sich auch die Einbeziehung der selbstwirtschaftenden Alteigentümer in das landwirtschaftliche Förderprogramm als Teil der Wiedergutmachung dar. Das tritt in der aktuellen, auf das Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 15. September 2000 (BGBl. I. S. 1382) zurückgehenden Gesetzesfassung zwar nicht mehr deutlich hervor. In der ursprünglichen, am 1. Dezember 1994 in Kraft getretenen Fassung von § 3 AusglLeistG (BGBl. I S. 2624) war der in der Regelung von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG enthaltene Wiedergutmachungsaspekt allerdings noch klar erkennbar. Zu dem ursprüngli- chen Kreis der nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG berechtigten natürlichen Personen gehörten neben Wiedereinrichtern nämlich lediglich Neueinrichter, die am 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet ansässig waren. Da die zuletzt genannte Voraussetzung praktisch nur von ehemaligen Bürgern der DDR erfüllt wurde, konnten Personen aus den alten Bundesländern, die nicht Eigentümer oder Restitutionsberechtigte von in den neuen Ländern belegenen landwirtschaftlichen Flächen waren, von dem Förderprogramm zum Aufbau der Land- und Forstwirtschaft in den neuen Ländern nur profitieren, wenn sie Wiedereinrichter im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG waren. Ihre Bevorzugung gegenüber anderen Bürgern aus den alten Bundesländern, die an einem vergünstigen Erwerb landwirtschaftlicher Flächen im Beitrittsgebiet interessiert und erforderlichenfalls auch zu einem Wohnsitzwechsel bereit waren, rechtfertigte sich allein aus dem in § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG enthaltenen Wiedergutmachungsaspekt.
27
Dass die Vorschrift nicht nur Teil des Förderprogramms zum Aufbau der Land- und Forstwirtschaft, sondern auch Teil des Wiedergutmachungsprogramms ist, wird zudem aus den Folgerungen deutlich, die von dem Gesetzgeber aus der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20. Januar 1999 (1999/268/EG, ABl. L 107/21) gezogen wurden. Darin hatte die Kommission das im Ausgleichsleistungsgesetz enthaltene Flächenerwerbsprogramm als eine teilweise mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbarende Beihilfe im Sinne von Art. 92 Abs. 1 EG-Vertrag angesehen, hiervon jedoch die Erwerbsberechtigung der Wiedereinrichter ohne (durchsetzbaren) Restitutionsanspruch ausdrücklich ausgenommen. Der ihnen gewährte Vorteil wurde von der Kommission als Kompensation für Enteignungen oder enteignungsgleiche Eingriffe auf hoheitlicher Grundlage ohne Elemente einer Beihilfe angesehen (ABl. L 107/36 f.). Demgemäß hat der zur Rückforderung der unzulässigen Beihilfen verpflichtete Gesetzgeber nicht nur die den Alteigentümern nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG - und damit zweifelsfrei zur Wiedergutmachung - gewährten Vorteile unberührt gelassen, sondern auch die auf der Grundlage einer Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG mit Alteigentümern geschlossenen Kaufverträge uneingeschränkt bestätigt (vgl. § 3a Abs. 1 AusglLeistG).
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Der Wille des Gesetzgebers, den in der Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG liegenden Wiedergutmachungsaspekt sichtbar zu belassen, kann im Übrigen der Grund dafür sein, dass Satz 3 beibehalten worden ist, obwohl sich die Voraussetzungen dieser Erwerbsberechtigung seit der Änderung der Vorschrift durch das Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 15. September 2000 (BGBl. I. S. 1382) nicht mehr von denjenigen unterscheiden , die gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 für Neueinrichter gelten. Daher spricht das Argument, die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG habe neben der Alternative der Neueinrichter keine eigenständige Bedeutung mehr, wenn auch von den Alteigentümern die Ortsansässigkeit gefordert werde (so Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 54), nicht entscheidend gegen die Annahme, dass auch nach dieser Vorschrift Berechtigte ortsansässig sein müssen.
29
cc) Der Wille des Gesetzgebers, auch von den Alteigentümern im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG die Ortsansässigkeit zu fordern, kommt jedoch darin deutlich zum Ausdruck, dass er die Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG nur Personen eingeräumt hat, die Pächter der zu privatisierenden Flächen sind. Damit hat der Gesetzgeber mittelbar auf die eine Verpachtung solcher Flächen regelnde Richtlinie der Treuhandanstalt für die Durchführung der Verwertung und Verwaltung volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen vom 26. Juni 1992 (abgedruckt in VIZ 1993, 347) in der Fassung der Anpassungsrichtlinie vom 22. Juni 1993 (abgedruckt in BT/Drucks. 12/5861 S. 3) Bezug genommen. Im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie kann kein Zweifel bestehen, dass nur ortsansässige Alteigentümer Wiedereinrichter im Rechtssinne sind. Die Richtlinie definiert Wiedereinrichter nämlich als Personen, "die ortsansässig sind oder im Zusammenhang mit der Wiedereinrichtung ortsansässig werden, ihren ursprünglichen landwirtschaftlichen Betrieb wiedereinrichten und selbst bewirtschaften wollen, und zwar auch solche, bei denen die Rückgabe ihres ursprünglichen Betriebes aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen ist sowie natürliche Personen, denen Vermögenswerte durch Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden sind oder deren Erben, die ihren ehemaligen Betrieb wiedereinrichten und selbst bewirtschaften wollen".
30
Hieraus folgt, dass Alteigentümer neben anderen Wiedereinrichtern und neben ortsansässigen Neueinrichtern nur dann eine gleichberechtigte Chance hatten, zu privatisierende ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen zu pachten, wenn sie ortsansässig waren. Die Anpassungsrichtlinie vom 22. Juni 1993 sah bei annähernd gleichwertigen Betriebskonzepten nämlich vor, dass der Zuschlag vorrangig Wiedereinrichtern im Sinne der Richtlinie, also ortsansässigen Personen, sowie am 3. Oktober 1990 ortsansässigen Neueinrichtern zu erteilen war und im Range nachfolgend bestimmte auf der Basis des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes aus der Umstrukturierung ehemaliger LPG hervorgegange Gesellschaften zu berücksichtigen waren. Hierdurch sollte ausgeschlossen werden, dass Personen ohne regionalen Bezug Flächen pachteten und mit einem ortsansässigen Betriebsleiter oder Verwalter bewirtschafteten. Personen sollten - in Konkurrenz zu den örtlichen Interessenten - nur pachten können, wenn sie sich vor Ort engagierten (Zilch in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, Kommentar zum Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz, 1995, § 3 AusglLeistG Rdn. 58).
31
Es liegt daher nahe, dass der Gesetzgeber, hätte er Alteigentümern ohne Restitutionsanspruch ein Erwerbsrecht nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG unabhängig ihrer Ortsansässigkeit einräumen wollen, für eine Änderung dieser Verpachtungspraxis, also dafür Sorge getragen hätte, dass auch nicht ortsansässige Alteigentümer die Möglichkeit hatten, Flächen im Sinne von § 3 Abs. 1 AusglLeistG gleichrangig neben anderen Wiedereinrichtern und am 3. Oktober 1990 ortsansässigen Neueinrichtern zu pachten. Andernfalls wären viele Alteigentümer schon mangels Abschlusses eines Pachtvertrages über zu privatisierende Flächen von einem Erwerb nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG ausgeschlossen gewesen. Zudem wäre auch eine Klarstellung im Ausgleichsleistungsgesetz zu erwarten gewesen, wenn der Gesetzgeber die Erwerbsberechtigung nach § 3 Abs. 1 bis 4 dieses Gesetzes einerseits an die auf der Grundlage der genannten Treuhandrichtlinie abgeschlossenen Pachtverträge anknüpft, andererseits aber in demselben Zusammenhang einen von der Richtlinie abweichenden Wiedereinrichterbegriff verwendet sehen wollte.
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3. Die Klägerin war berechtigt, von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen, da der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bei Abschluss des Kaufvertrages und auch in der Folgezeit nicht ortsansässig war. Dabei kann dahinstehen, ob das Erfordernis der Ortsansässigkeit nur dann erfüllt ist, wenn der Hauptwohnsitz des Erwerbers in der Nähe der Betriebsstätte liegt - hiervon geht die auf der Grundlage von § 4 Abs. 3 AusglLeistG erlassene Flächenerwerbsverordnung aus (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 3 FlErwV) - oder ob es insbesondere bei verheirateten Erwerbern mit Rücksicht auf die aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates im Einzelfall ausreichend sein kann, wenn die Ortsansässigkeit auf andere Weise nachgewiesen wird (vgl. hierzu Ludden in Kimme, Offene Vermögensfragen, Stand März 2006, § 3 AusglLeistG Rdn. 43a ff.; Hauer in Fieberg/Reichenbach/ Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Stand März 2005, § 1 FlErwV Rdn. 23; Witt, Der Flächenerwerb in den neuen Bundesländern, 1996, Rdn. 85). Hierauf käme es nur an, wenn Umstände vorlägen, die es bei Anlegung eines gegenüber der Flächenerwerbsverordnung weniger strengen Maßstabs rechtfertigen könnten, den Beklagten als im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ortsansässig anzusehen, wenn also beispielsweise ein regelmäßig aufgesuchter oder mit besonderem örtlichen Engagement verbundener Zweitwohnsitz in der Nähe der Betriebsstätte vorhanden gewesen wäre. So verhält es sich indessen nicht. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich der Beklagte in der maßgeblichen Zeit in S. , also in der Nähe seines landwirtschaftlichen Betriebes, nicht regelmäßig, sondern nur sporadisch und dann auch lediglich als Gast aufgehalten. Kann der Beklagte aber nicht einmal auf eine eigene Wohnung in der Nähe der Betriebsstätte verweisen, scheidet die Annahme, er sei dort ortsansässig gewesen, in jedem Fall, also unabhängig von den nach der Flächenerwerbsverordnung zu erfüllenden Anforderungen aus.
33
4. Entgegen der Auffassung der Revision, die sich insoweit auf zwei von dem Beklagten eingeholte Rechtsgutachten stützt, erfordert die Frage, ob § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG mit Art. 39 EG-Vertrag (Arbeitnehmerfreizügigkeit), Art. 43 EG-Vertrag (Niederlassungsfreiheit) und dem in Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 zu der Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) gewährleisteten Recht auf freie Wohnsitzwahl (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 25. Januar 2007, Rs. C-370/05) vereinbar ist, keine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Eine Vorlagepflicht gemäß Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag besteht nicht, wenn das letztinstanzliche nationale Gericht in dem bei ihm schwebenden Verfahren feststellt, dass die betreffende entscheidungserhebliche gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts offenkundig und damit für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum ist (vgl. EuGH, Urt. v. 6. Oktober 1982, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415, 3430 Rdn. 16 = NJW 1983, 1257, 1258; BVerfG NJW 1988, 1456; BGHZ 109, 29, 35). Letzteres ist hier der Fall.
34
a) Zwar kann ein grenzüberschreitender Bezug des zu beurteilenden Sachverhalts (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH, Urt. v. 28. Januar 1992, Rs. C-332/90, Slg. 1992 I, 341, 356 f. Rdn. 9; Urt. v. 15. Dezember 1995, Rs. C-415/93, Slg. 1995 I, 4921, 5067 Rdn. 89) aufgrund des zweitinstanzlichen Vortrags des Beklagten nicht von vornherein ausgeschlossen werden, das Erfordernis der Ortsansässigkeit in der Nähe seines landwirtschaftlichen Betriebs hindere ihn, seine - längere Aufenthalte in Italien erfordernden - Tätigkeiten als Lehrbeauftragter einer italienischen Universität und als Geschäftsführer einer mit einer Zweigniederlassung in Italien vertretenen Kommanditgesellschaft auszuüben.
35
b) Eine unzulässige Beschränkung der dem Beklagten durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten liegt aber nicht vor.
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aa) Der Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG kann schon keine die Freizügigkeit im weiteren Sinne (Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit , Recht auf freie Wohnsitzwahl) beeinträchtigende Wirkung zugemessen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellen zwar auch unterschiedslos anwendbare, also nichtdiskriminierende Bestimmungen des nationalen Rechts, die einen Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaats daran hindern oder davon abhalten, sein Herkunftsland zu verlassen, um von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, Beeinträchtigungen dieses Rechts dar (EuGH, Urt. v. 27. Januar 2000, Rs. C-190/98, Slg. 2000 I, 493, 523 Rdn. 23). Allerdings ist nicht jede Bestimmung, die sich faktisch als Hindernis für eine wirtschaftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat darstellt, eine Beeinträchtigung im Rechtssinne. Dies kann vielmehr nur angenommen wer- den, wenn die Bestimmung den Zugang des Angehörigen eines Mitgliedsstaates zu dem Arbeits- oder Wirtschaftsmarkt anderer Mitgliedstaaten beeinflusst (vgl. EuGH, aaO).
37
Eine solche Wirkung hat die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG nicht. Zwar kann der Beklagte infolge der Notwendigkeit, in der Nähe seines landwirtschaftlichen Betriebs ansässig zu sein, keiner wirtschaftlichen Tätigkeit in Italien nachgehen, die es in zeitlicher Hinsicht erforderlich macht, überwiegend dort zu leben. Der Zugang zu dem Arbeits- und Wirtschaftsmarkt Italiens ist ihm dadurch aber weder verschlossen noch wird er ihm erschwert.
38
Darüber hinaus fehlt es auch deshalb an einer Beschränkung des Freizügigkeitsrechts im weiteren Sinn, weil die indirekten Auswirkungen, die das Erfordernis der Ortsansässigkeit auf wirtschaftliche Tätigkeiten des Beklagten in anderen Mitgliedstaaten hat, Folge seiner Entscheidung sind, an dem Erwerbsprogramm des Ausgleichsleistungsgesetzes teilzunehmen, d.h. landwirtschaftliche Flächen zu einem deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preis zu erwerben. Anders als in dem der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Januar 2007 (Rs. C-370/05) zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem die beanstandete nationale Bestimmung es zur Voraussetzung für den Erwerb jeglichen landwirtschaftlichen Grundstücks machte, dass der Käufer auf diesem Grundstück seinen ständigen Wohnsitz begründete, betrifft das in § 3 Abs. 2 Satz 3 AusglLeistG enthaltene Erfordernis der Ortsansässigkeit nur Erwerber, die die besonderen Vergünstigungen des Flächenerwerbsprogramms nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG in Anspruch nehmen. Wer nicht ortsansässig sein kann oder möchte, kann landwirtschaftliche Flächen auf dem freien Markt erwerben. Dem Beklagten war es zudem nach § 3 Abs. 5 AusglLeistG möglich, zu privatisierende landwirtschaftliche Flächen und Waldflächen mit derselben Verbilligung , wie sie ihm im Kaufvertrag vom 22. Dezember 1998 gewährt wurde, aber ohne die Verpflichtung zur Selbstbewirtschaftung und zur Ortsansässigkeit zu erwerben, wenn auch beschränkt auf Flächen, die nicht für einen Erwerb nach § 3 Abs. 1 bis 4 AusglLeistG in Anspruch genommen wurden. Angesichts dieser zumutbaren Alternativen, land- oder forstwirtschaftliche Flächen ohne eine damit verbundene Verpflichtung zur Wohnsitznahme zu kaufen, stellen sich die mit dem Erfordernis der Ortsansässigkeit verbundenen Auswirkungen auf die Grundfreiheiten des Beklagten nicht als eine staatliche Beschränkung, sondern als Folge einer von ihm eigenverantwortlich getroffenen wirtschaftlichen Entscheidung dar.
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bb) Selbst wenn aber ein Eingriff in eines der Grundfreiheiten des Beklagten vorliegen sollte, wäre dieser jedenfalls gerechtfertigt. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich, dass nationale Regelungen , die die Ausübung der durch den EG-Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen, wirksam sind, wenn sie ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgen, in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden und mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen (vgl. Urt. v. 30. November 1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995 I, 4165, 4197 f. Rdn. 37; Urt. v. 25. Januar 2007, Rs. C-370/05). Diese Voraussetzungen sind hier offenkundig erfüllt.
40
Mit dem Erfordernis der Ortsansässigkeit verfolgt der Gesetzgeber ein im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung im Allgemeininteresse liegendes Ziel. Durch die Bevorzugung ortsansässiger und selbstwirtschaftender Landwirte bei der Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Flächen in Ostdeutschland sollen neue und funktionsfähige Eigentumsstrukturen in diesem Bereich geschaffen werden (vgl. BVerfGE 94, 334, 350). Mit der Pflicht zur Selbstbewirtschaftung will der Gesetzgeber verhindern, dass Land nur als Kapitalanlage preisgünstig erworben wird; das Erfordernis der Ortsansässigkeit soll ausschließen, dass Personen ohne regionalen Bezug Flächen erwerben und mit einem ortsansässigen Betriebsleiter bewirtschaften. In Konkurrenz zu den örtlichen Interessenten sollen andere Personen Flächen nur pachten und erwerben können, wenn sie sich vor Ort engagieren (vgl. Zilch, in Motsch/Rodenbach/Löffler/Schäfer/Zilch, Kommentar zum Entschädigungsund Ausgleichsleistungsgesetz, 1995, § 3 AusglLeistG Rdn. 58 u. 61). Dieses Anliegen rechtfertigt etwaige Einschränkungen der durch das Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten der Erwerber. Die Europäische Kommission hat es als legitimes Ziel des deutschen Gesetzgebers bezeichnet, besondere Regelungen zu schaffen, die dazu dienen, die ostdeutschen Eigentumsstrukturen nach der Wiedervereinigung Deutschlands an das neue Wirtschaftssystem anzupassen. Ferner hat sie hervorgehoben, dass es in den meisten Mitgliedsstaaten Bodenreformen gegeben hat, die es den Bauern ermöglichte, das von ihnen bearbeitete Land zu erwerben (Entscheidung vom 20. Januar 1999, 1999/268/EG, ABl. L 107/45). Die Berücksichtigung einer so verstandenen territorialen Verbundenheit - welche die Grundlage für die Bevorzugung ortsansässiger Erwerbsinteressenten bildet - hat die Kommission dabei ausdrücklich als legitim angesehen.
41
Das Erfordernis der Ortsansässigkeit ist ein geeignetes Mittel um zu erreichen , dass die zu privatisierenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen vorrangig in das Eigentum von Personen mit einer solchen territorialen Verbundenheit gelangen und sie von anderen Interessenten nur verdrängt werden können, wenn diese willens sind, eine vergleichbare regionale Verbundenheit aufzubauen. Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die nähere Ausgestaltung des Erfordernisses der Ortsansässigkeit über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, ob also in jedem Fall der Erstwohnsitz in der Nähe der Betriebsstätte begründet werden muss und für welchen Zeitraum die Ortsansässigkeit verlangt werden kann, ist hier aus den zu II. 3. ausgeführten Gründen nicht entscheidungserheblich.

III.

42
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Neubrandenburg, Entscheidung vom 26.04.2005 - 4 O 292/04 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 18.05.2006 - 7 U 63/05 -
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein freier Wirtschaftsjournalist, begehrt Zugang zu Informationen des Bundesrechnungshofs über die Prüfung von Zuwendungen, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verschiedenen Stiftungen politischer Parteien und kirchlichen Organisationen zur Förderung entwicklungswichtiger Vorhaben gewährt wurden.

2

Mit Schreiben vom 2. September 2008 beantragte der Kläger beim Bundesrechnungshof unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, ihm jeweils eine Kopie des Ergebnisberichts einschließlich eventueller Beanstandungen von der jeweils letzten Prüfung bestimmter Organisationen (darunter Friedrich-Ebert-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Seidel-Stiftung, Heinrich-Böll-Stiftung, Katholische Zentralstelle für Entwicklung und Evangelische Zentralstelle für Entwicklung) zu übersenden. Diesen Antrag lehnte der Bundesrechnungshof durch Bescheid vom 16. Oktober 2008 ab mit der Begründung, dass das Bekanntwerden der vorliegenden Prüfungserkenntnisse nach § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG nachteilige Auswirkungen auf die externe Finanzkontrolle hätte. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2009 wies der Bundesrechnungshof den Widerspruch zurück. Bezüglich der bereits abgeschlossenen Prüfungsverfahren verwies er wiederum auf den genannten Versagungsgrund und führte aus, dass die Ermittlung der prüfungsrelevanten Sachverhalte ohne die Mitwirkung und die Auskünfte der geprüften Stellen, die sich auf eine vertrauliche Behandlung verließen, erheblich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht würde.

3

Mit Urteil vom 30. September 2010 wies das Verwaltungsgericht die hiergegen erhobene Klage ab. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch auf Informationszugang nicht zu. Der Bundesrechnungshof werde im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit weder als Behörde tätig noch nehme er öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahr; er sei folglich insoweit nicht informationspflichtig. Unabhängig davon sei auch der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG zu bejahen, da der Bundesrechnungshof dessen Voraussetzungen plausibel dargelegt habe.

4

Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Oktober 2011 der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Kopien der jeweils abschließenden Prüfungsniederschrift (einschließlich Prüfungsvermerk und Übersendungsschreiben) von der jeweils letzten Prüfung der genannten Organisationen zu übersenden, soweit nicht im Einzelfall Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 4, § 5 oder § 6 IFG entgegenstehen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch folge aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Der Bundesrechnungshof sei eine Behörde im Sinne des hier maßgeblichen materiell-funktionellen Behördenbegriffs. Er sei eine Stelle, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehme. Neben den staatlichen Stellen, die Funktionen der Rechtsprechung und der Gesetzgebung wahrnähmen, seien - entgegen der Gesetzesbegründung - sonstige unabhängige, d.h. weisungsfreie, Tätigkeiten nicht generell vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen. Der Wortlaut gebe hierfür nichts her. Auch der Entstehungsgeschichte könne das nicht entnommen werden. Aus systematischen Gesichtspunkten spreche der auf den Bundesrechnungshof zugeschnittene Ausnahmetatbestand des § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG dagegen, ihn in Bezug auf seine Prüfungstätigkeit nicht unter § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zu fassen. Denn anderenfalls bliebe für die Vorschrift kein nennenswerter Anwendungsbereich.

5

Der Informationszugang werde nicht durch § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG ausgeschlossen. Zur externen Finanzkontrolle gehöre auch die Prüfung von Stellen außerhalb der Bundesverwaltung, wenn sie vom Bund Zuwendungen erhielten. Die Beklagte habe jedoch nicht hinreichend dargelegt, dass das Bekanntwerden der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut der externen Finanzkontrolle haben könne. Hiernach genüge die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen, während fernliegende Befürchtungen ausschieden. Dabei sei eine Prognose der informationspflichtigen Stelle erforderlich. Diese sei gerichtlich jedenfalls daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, ihre Prognose einleuchtend begründet und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen habe. Die von der Beklagten befürchtete Verringerung der Bereitschaft der geprüften Stellen zur vertraulichen Zusammenarbeit sei letztlich unwahrscheinlich. Im rechtlichen Sinne sei der Bundesrechnungshof auf die freiwillige Mitwirkung der geprüften Stellen nicht angewiesen. Allerdings setze die effektive Ausübung der Kontrolltätigkeit eine Kooperation der geprüften Stellen voraus. Es fehle jedoch an einer gesicherten Tatsachenbasis für die Annahme, dass die behauptete Verhaltensänderung überhaupt eintrete. So hätten die geprüften Stellen auch bislang nicht sicher sein können, dass Beanstandungen gegenüber ihrer Verwaltungspraxis nicht öffentlich würden. Auch müssten geprüfte Zuwendungsempfänger grundsätzlich befürchten, dass es bei Beanstandungen zur Rückforderung von Zuwendungen kommen könne oder jedenfalls solche zukünftig nicht mehr gewährt würden. Unabhängig hiervon ergebe sich aus den vorgebrachten Befürchtungen auch unter systematischen und teleologischen Erwägungen keine relevante Beeinträchtigung für das Schutzgut der Finanzkontrolle. Die erwähnten Vorbehalte beträfen die gesamte Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs und würden damit - entgegen der Wertung des Gesetzgebers - zu einer weiteren Bereichsausnahme führen. Auch für die Befürchtung, bei einer Herausgabe der Prüfungsniederschriften werde sich das Hauptinteresse der geprüften Stellen künftig auf die Rechtfertigung ihrer bisherigen Verwaltungspraxis verlagern, fehle es an einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Schließlich rechtfertige der Gesichtspunkt der Vertraulichkeit der während des Prüfungsverfahrens erlangten Informationen keine generelle Verweigerung des Informationszugangs. Der Schutz der Vertraulichkeit werde allein gemäß § 3 Nr. 4 IFG bewirkt. Auch sei Vertraulichkeit kein Wesensmerkmal der Rechnungsprüfung. Schützenswerten privaten Belangen sei gemäß §§ 5 und 6 IFG im Einzelfall durch Schwärzung Rechnung zu tragen.

6

Dem Anspruch auf Informationszugang stehe auch § 3 Nr. 4 IFG nicht grundsätzlich entgegen. Insbesondere rechtfertige das Beratungsgeheimnis keine generelle Verweigerung des Informationszugangs. Wesentlich für dessen gegenständliche Reichweite sei die unmittelbare Zuordnung der Äußerung zu einem Mitglied des Bundesrechnungshofs. Die abschließende Prüfungsmitteilung und das Übersendungsschreiben unterlägen nicht dem Beratungsgeheimnis. Beim abschließenden Prüfungsvermerk könne, soweit er im Einzelfall dem Beratungsgeheimnis unterfallende Informationen enthalte, dem durch Schwärzung oder Erstellung einer Reinschrift Rechnung getragen werden. Schließlich sei der Anspruch auf Informationszugang nicht deshalb durch § 1 Abs. 3 IFG ausgeschlossen, weil der Kläger als Journalist zum Kreis der auskunftsberechtigten Personen nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW gehöre.

7

Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Oberverwaltungsgericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, weil es die von der damaligen Berichterstatterin im Anschluss an den Erörterungstermin angeforderte Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wenn auch ohne ausdrückliche Bezugnahme, so doch der Sache nach verwertet und sich dieser angeschlossen habe. Das Oberverwaltungsgericht habe ihr diese Stellungnahme nicht zugeleitet. Wäre die Stellungnahme ordnungsgemäß ins Verfahren eingeführt worden, hätte sie ihre diesbezüglichen Ausführungen - wie nun im Revisionsverfahren geschehen - vertieft.

8

Der Bundesrechnungshof sei eine sonstige Bundeseinrichtung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG. Außerhalb seiner Präsidialabteilung nehme er keine öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben wahr. Diesen Aufgaben setze das Gesetz nicht nur die Rechtsprechung und die Gesetzgebung im engeren Sinne entgegen; vielmehr kämen ausweislich des Wortlauts weitere Stellen in Betracht, die nicht dem Informationsfreiheitsgesetz unterlägen. Der Bundesrechnungshof sei im staatsrechtlichen Sinne nicht der Exekutive zuzuordnen; ihm komme eine verfassungsrechtliche Sonderstellung zu. Er übe bei der Prüfung und Beratung unabhängige Tätigkeiten aus, die das Gesetz ausweislich der Begründung vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausnehmen wolle. Die richterlich unabhängige und weisungsfreie Entscheidungsfindung rücke ihn in die Nähe der Bundesgerichte. Zum Schutz des hohen Rechtsguts der Unabhängigkeit sei der Informationszugang zu beschränken, um zu vermeiden, dass die Perspektive einer öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion die Entscheidungsfindung beeinflusse. Der Bundesrechnungshof unterstütze die parlamentarische Kontrolle der Bundesregierung und sichere das Budgetrecht des Haushaltsgesetzgebers durch Beratung und Information ab; insofern nehme er parlamentarische Angelegenheiten wahr.

9

Aus dem Versagungsgrund nach § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG folge bei systematischer Auslegung nicht, dass der Bundesrechnungshof hinsichtlich seiner Prüf- und Beratungstätigkeit grundsätzlich informationspflichtig sei. Denn auch dann, wenn der Bundesrechnungshof insoweit vom Informationsfreiheitsgesetz nicht erfasst werde, habe der Versagungsgrund weiterhin einen sinnvollen und notwendigen Anwendungsbereich sowohl für die Präsidialabteilung als auch für die geprüften Stellen. Denn dort befänden sich sowohl die Prüfungsberichte des Bundesrechnungshofs als auch Erwiderungen der geprüften Stellen sowie weiterer Schriftverkehr im Rahmen des kontradiktorischen Verfahrens. Auch Sinn und Zweck geböten die Einbeziehung des Bundesrechnungshofs in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes nicht; denn die Funktionsfähigkeit der auf Vertraulichkeit angelegten Tätigkeit des Bundesrechnungshofs würde dadurch beeinträchtigt.

10

Schließlich lege das Oberverwaltungsgericht beim Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG einen unzutreffenden, weil zu engen Prüfungsmaßstab zugrunde. Eine Gefährdung des Schutzguts der externen Finanzkontrolle sei nicht erforderlich. Die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen bestehe vielmehr bereits dann, wenn deren Eintritt nach der Einschätzung der zuständigen Behörde nicht sicher ausgeschlossen werden könne. Dies sei hier jedenfalls deswegen der Fall, weil der Kläger Informationszugang in seiner Eigenschaft als Journalist verlange und deswegen zu erwarten stehe, dass er diese Informationen veröffentlichen und journalistisch bewerten werde.

11

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Oktober 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 30. September 2010 zurückzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Er verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts.

15

1. Der gerügte Gehörsverstoß liegt nicht vor.

16

a) Die Garantie des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG gebietet, dass die Beteiligten sich sowohl zu den der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen (siehe auch § 108 Abs. 2 VwGO) als auch zu den Rechtsfragen äußern können (stRspr, siehe BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144>). Damit soll gewährleistet werden, dass sie von der abschließenden Entscheidung des Gerichts nicht überrascht werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Februar 2012 - 1 BvR 1263/11 - juris Rn. 21 m.w.N.). Das setzt die Kenntnis der jeweils maßgeblichen Umstände voraus. Diesem Zweck dient die Möglichkeit der Einsicht in die dem Gericht vorliegenden Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten (§ 100 Abs. 1 VwGO). Letzteres wird dadurch erleichtert, dass nach § 86 Abs. 4 Satz 3 VwGO die von einem Beteiligten eingereichten Schriftsätze den anderen übermittelt werden müssen. Diese Verpflichtung hat entsprechend auch für Stellungnahmen von Dritten zu gelten, die wie hier auf Veranlassung des Gerichts vorgelegt werden.

17

Die Beklagte trägt vor, dass der Bundesrechnungshof entgegen dieser Verpflichtung ein Doppel der vom Oberverwaltungsgericht erbetenen Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom 23. September 2011, die am 26. September 2011 mit E-Mail und am 28. September 2011 per Post beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist, nicht erhalten habe. In der Gerichtsakte findet sich indessen ein Sendebericht, wonach die Stellungnahme von der Geschäftsstelle auf Veranlassung der Berichterstatterin am 29. September 2011 per Telefax.PDF erfolgreich an die Telefaxnummer des Bundesrechnungshofs übermittelt worden ist. Der Sendebericht begründet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für den tatsächlichen Zugang des Telefax beim Empfänger; denn er belege nur das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - IX ZR 148/10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Ob dem angesichts der technischen Entwicklungen der Übertragungstechnik noch zu folgen ist (siehe OLG Frankfurt, Urteil vom 5. März 2010 - 19 U 213/09 - juris Rn. 17 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. September 2008 - 12 U 65/08 - juris Rn. 12), kann dahinstehen. Denn selbst wenn davon ausgegangen wird, dass der Bundesrechnungshof von der eingereichten Stellungnahme keine Kenntnis hatte, ist nicht dargetan, dass es deren bedurfte, um der Beklagten in ausreichendem Maß rechtliches Gehör zu gewähren. Soweit es allein um Rechtsfragen geht, sind die für Überraschungsentscheidungen entwickelten Maßstäbe anzulegen. Danach scheidet ein Gehörsverstoß aus.

18

Eine der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs zuwiderlaufende unzulässige Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten (stRspr, vgl. etwa Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 7 C 3.10 - NVwZ 2011, 696 Rn. 11 m.w.N.). Hiervon kann nicht die Rede sein. Die Stellungnahme des Bundesbeauftragten brachte keine grundlegend neuen Erkenntnisse und Erwägungen; insbesondere die Frage, ob aus der Regelung des Versagungsgrunds nach § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG auf die grundsätzliche Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes auch auf die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs zu schließen ist, war im Berufungsverfahren im Anschluss an die erstinstanzliche Entscheidung bereits schriftsätzlich erörtert worden. Des Weiteren ist auf die Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht zu verweisen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt vor, dass der Vorsitzende ausführlich die Rechtsauffassung des Senats dargelegt habe, die sich dann auch im Urteil wiederfinde. Dem hat die Beklagte nicht widersprochen.

19

b) Im Übrigen könnte die Beklagte selbst dann mit ihrer Verfahrensrüge nicht durchdringen, wenn hier aufgrund eines Versäumnisses des Oberverwaltungsgerichts ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu bejahen wäre. Ein Gehörsverstoß, der mit der fehlenden Möglichkeit begründet wird, zu Fragen des revisiblen Rechts Stellung zu nehmen, wird nämlich im Revisionsverfahren, in dem gerade diese Fragen wieder zur Diskussion stehen und alle Beteiligten Gelegenheit haben, ihre Rechtsansichten vorzutragen, geheilt (vgl. Urteile vom 27. Januar 2011 a.a.O. Rn. 12 und vom 26. Februar 2003 - BVerwG 8 C 1.02 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 67 S. 10; Eichberger, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 138 Rn. 83).

20

2. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts hat ebenso wenig Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Informationszugang - mit den im Entscheidungsausspruch formulierten Vorbehalten - ohne Verstoß gegen Bundesrecht bejaht.

21

a) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Bundesrechnungshof insgesamt, also auch in seiner Prüfungs- und Beratungstätigkeit, nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich auskunftspflichtig ist. Das ist nicht zu beanstanden.

22

aa) § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG verpflichtet Behörden des Bundes. Dabei legt das Gesetz, wie der Senat im Anschluss an die Gesetzesbegründung ausgeführt hat, keinen organisationsrechtlichen, sondern einen funktionellen Behördenbegriff zugrunde (Urteil vom 3. November 2011 - BVerwG 7 C 3.11 - BVerwGE 141, 122 Rn. 11 = Buchholz 400 IFG Nr. 6). Eine Behörde ist demnach jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Dies wiederum bestimmt sich nach materiellen Kriterien; auf den Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt es ebenso wenig an wie auf eine rechtliche Außenwirkung des Handelns (Urteil vom 3. November 2011 a.a.O. Rn. 16).

23

Bei diesem Verständnis von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat Satz 2, wonach sonstige Bundesorgane und -einrichtungen ebenfalls in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen sind, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, eine rein deklaratorische Bedeutung (Urteil vom 3. November 2011 a.a.O. Rn. 18). Damit wird lediglich klargestellt, dass Institutionen, denen organisationsrechtlich keine Behördeneigenschaft zukommt, bezogen auf bestimmte Tätigkeitsfelder gleichwohl Behörde im funktionellen Sinn sein können. Eine solche nach der jeweils wahrgenommenen Funktion differenzierende Betrachtungsweise liegt auch § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zugrunde. Hier sind die "Stellen" zwar in erster Linie Behörden im organisationsrechtlichen Sinne. Diese sind aber nicht als solche informationspflichtig. Vielmehr bedarf es auch hier der inhaltlichen Qualifikation ihrer jeweiligen Tätigkeit. Diese wird ungeachtet der gebrauchten Handlungsformen in aller Regel als Verwaltungstätigkeit einzustufen sein; nur insoweit können die in § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG genannten Behörden als "originäre Verwaltungsbehörden" bezeichnet werden (siehe Schoch, NVwZ 2012, 251<255>).

24

bb) Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes bezieht sich allein auf die Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinn. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Verwaltungsaufgaben ist der Begriff der Verwaltung nicht positiv, sondern grundsätzlich nur negativ im Wege der Abgrenzung von den anderen Staatsfunktionen zu bestimmen (Urteil vom 3. November a.a.O. Rn. 13). Dabei ist grundsätzlich von deren Dreiteilung auszugehen. Die Abgrenzung ist allerdings nicht durch staatsrechtliche Kategorien zwingend vorgegeben. Vielmehr kommt es auf das aus dem Informationsfreiheitsgesetz insbesondere nach dessen Regelungszusammenhang und Entstehungsgeschichte folgende Begriffsverständnis an (Urteil vom 3. November a.a.O. Rn. 14). Daraus hat der Senat entnommen, dass die Verwaltungstätigkeit im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes - insoweit in Übereinstimmung mit dem Begriff der vollziehenden Gewalt in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG - die Regierungstätigkeit mit umfasst (Urteil vom 3. November a.a.O. Rn. 19 f.). Denn die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG benannten Staatsfunktionen umschreiben, soweit es um die ihnen zuzuordnenden spezifischen Aufgaben geht, im Wesentlichen die Tätigkeitsbereiche, auf die sich das Informationsfreiheitsgesetz nicht erstreckt (Urteil vom 3. November a.a.O. Rn. 18).

25

cc) Hiernach ist der Bundesrechnungshof jedenfalls eine Stelle im Sinne des funktionellen Behördenbegriffs. Er nimmt mit seiner gesamten Tätigkeit Verwaltungsaufgaben im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes wahr. Eine gesonderte Betrachtung nach Aufgabengebieten ist zwar möglich und auch angezeigt; sie führt aber nicht dazu, dass die für den Bundesrechnungshof kennzeichnenden Tätigkeiten, wie insbesondere die Prüfungstätigkeit, nicht in den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes fallen.

26

aaa) Das Gesetz über den Bundesrechnungshof (Bundesrechnungshofgesetz - BRHG) vom 11. Juli 1985 (BGBl I S. 1445), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160), bezeichnet ihn in § 1 Satz 1 als oberste Bundesbehörde und fügt hinzu, dass er als unabhängiges Organ der Finanzkontrolle nur dem Gesetz unterworfen ist. Unter obersten Bundesbehörden (siehe Art. 36 Abs. 1 Satz 1 GG) sind die keinem Exekutivorgan unterstehenden obersten Verwaltungsbehörden des Bundes zu verstehen (vgl. Butzer, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 36 Rn. 18). Dem Gesetzestext ist nicht zu entnehmen, dass diese Einordnung - wie etwa bei den Verfassungsorganen Bundestag und Bundesrat - nur für die Verwaltungsabteilung Geltung beanspruchen soll. Ob der Hinweis in § 1 Satz 1 BRHG auf die Unabhängigkeit des Bundesrechnungshofs über die Gegenüberstellung verschiedener Aufgabenbereiche hinausgeht (so wohl die Begründung des Gesetzentwurfs BTDrucks 10/3323 S. 10), kann dahinstehen. Denn der Bundesrechnungshof hat die jedenfalls nötige organisatorische Eigenständigkeit, so dass er als Stelle im Sinne des funktionellen Behördenbegriffs anzusehen ist.

27

bbb) Beim Bundesrechnungshof ist - nach dem dortigen Sprachgebrauch - zwischen dem Präsidialbereich (§ 2 Abs. 2 Satz 3 BRHG) und dem sogenannten Hofbereich (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 BRHG) zu unterscheiden.

28

Die Präsidialabteilung, der unter der Leitung des Präsidenten (§ 6 Abs. 1 BRHG) die zentralen Verwaltungsaufgaben für den gesamten Geschäftsbetrieb des Bundesrechnungshofs, insbesondere die Organisation, die Haushaltsführung, die Personalverwaltung und Öffentlichkeitsarbeit obliegen, nimmt in gleicher Weise wie etwa die entsprechenden Abteilungen der Bundesgerichte Verwaltungsaufgaben wahr und ist damit grundsätzlich informationspflichtig.

29

Der Hofbereich weist demgegenüber Besonderheiten auf, die ihn von einer Vielzahl sonstiger "typischer" Verwaltungstätigkeiten abheben. So kommt dem Bundesrechnungshof insoweit eine spezifische Aufgabenstellung zu, als er nicht allein die Regierung, sondern zugleich die Kontrolltätigkeit des Parlaments unterstützt (Art. 114 Abs. 2 Satz 2 GG, § 1 Satz 2 BRHG). Diese Aufgabe wird institutionell dadurch abgesichert, dass dem Bundesrechnungshof durch die Übertragung der Garantie richterlicher Unabhängigkeit auf seine Mitglieder (Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG; § 3 Abs. 4 Satz 1 BRHG) sowie die Regelung der Amtszeit von Präsident und Vizepräsident (§ 3 Abs. 2 Satz 2 und 3 BRHG) eine Eigenständigkeit gegenüber der Regierung zugebilligt wird. Nach der Einschätzung des Gesetzgebers bewegt er sich deswegen zwischen Exekutive und Legislative (BTDrucks 10/3323 S. 10). Vor diesem Hintergrund ist die Einordnung des Bundesrechnungshofs in das Verfassungsgefüge umstritten (vgl. etwa Hauser, DVBl 2006, 539 und Rossi, Möglichkeiten und Grenzen des Informationshandelns des Bundesrechnungshofs, 2012, S. 34 ff. einerseits, Kube, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 114 Rn. 59 ff. andererseits, jeweils m.w.N.). Diese Besonderheiten, die in ähnlicher Weise auch die Stellung der Landesrechnungshöfe kennzeichnen, haben insoweit bei den landesrechtlichen Regelungen zur Informationsfreiheit zu im Einzelnen unterschiedlichen Bestimmungen geführt, wonach der sogenannte Hofbereich häufig und in unterschiedlicher Ausgestaltung vom allgemeinen Informationszugang ausgenommen ist. Neben einer Bereichsausnahme für den Rechnungshof finden sich Regelungen, die diesen - im Umkehrschluss - bezogen auf seine Prüfungsaufgabe oder jedenfalls insoweit von der Informationspflicht ausnehmen, als seine Mitglieder in richterlicher Unabhängigkeit tätig sind (siehe Reus/Mühlhausen, NVwZ-Extra 10/2010 S. 1 ff.).

30

ccc) Im Unterschied zu diesen landesrechtlichen Bestimmungen hat der Bundesgesetzgeber eine ausdrückliche Regelung im Grenzbereich der Staatsfunktionen nicht getroffen. Die dann gebotene Auslegung führt zum Ergebnis, dass die Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs als Verwaltungstätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG anzusehen ist.

31

(1) Die Tätigkeit des Bundesrechnungshofs ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch in seiner Prüfungs- und Beratungsaufgabe weder der Rechtsprechung noch der Gesetzgebung zuzurechnen. Der Status richterlicher Unabhängigkeit, der den Mitgliedern des Bundesrechnungshofs zugebilligt ist, macht ihre Tätigkeit nicht zur Rechtsprechung. Die vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommene Gesetzgebung wird ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs zwar über den Bereich der Rechtsetzung hinausgehend in einem weiteren Sinne parlamentarischer Tätigkeit verstanden (BTDrucks 15/4493 S. 8). Erfasst werden jedoch nur Tätigkeiten der gesetzgebenden Organe und ihrer Untergliederungen. Allein die Unterstützung einer parlamentarischen Aufgabe durch eine außenstehende Institution zählt nicht dazu.

32

(2) Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 1 Abs. 1 IFG sollen über diesen eindeutigen Bereich der der Verwaltung gegenüberstehenden Staatsfunktionen hinaus "sonstige(r) unabhängige(r) Tätigkeiten" vom Informationszugang ausgenommen bleiben (BTDrucks 15/4493 S. 8). § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG stelle klar, dass auch Bundestag und Bundesrat, Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichte und Bundesbank in den Anwendungsbereich des Gesetzes einbezogen seien, soweit dort öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrgenommen würden (BTDrucks 15/4493 S. 7). Zum Bereich sonstiger unabhängiger Tätigkeiten zählten zum Beispiel die geld- und währungspolitischen Beratungen der Deutschen Bundesbank vor Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion (BTDrucks 15/4493 S. 8). Der Hinweis auf die Bundesbank versteht sich demnach nicht abschließend, sondern lediglich beispielhaft für weitere - unbenannte - unabhängige Tätigkeiten. Das würde für sich genommen mit Rücksicht darauf, dass der sogenannte Hofbereich des Bundesrechnungshofs ministerialfrei und somit unabhängig ausgestaltet ist, die Annahme nahelegen, er sei in gleicher Weise wie der genannte Aufgabenbereich der Bundesbank einzuordnen (so etwa Schoch, IFG, 2009, § 1 Rn. 90, 106 ff.; a.A. Sitsen, Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, 2009, S. 120 ff., 124 ff.).

33

Dem steht aber, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend betont, die Gesetzessystematik, nämlich das Verhältnis von § 1 Abs. 1 IFG und § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG, entgegen. Denn dieser auf den Schutz der Prüfungstätigkeit des Bundesrechnungshofs bezogene Versagungsgrund (BTDrucks 15/4493 S. 10) hat nur dann einen bedeutsamen Anwendungsbereich, wenn der Bundesrechnungshof auch in dieser Hinsicht grundsätzlich informationspflichtig ist.

34

Gesetzliche Regelungen sind, soweit möglich, so auszulegen, dass sie sich zu einem in sich stimmigen Regelungssystem fügen (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 9. Mai 1978 - 2 BvR 952/75 - BVerfGE 48, 246 <257>). Dieses Ziel wird jedenfalls dann verfehlt, wenn eine Norm aufgrund der gefundenen Auslegung keinen Anwendungsbereich mehr hat und folglich überflüssig ist. Ein Auslegungsergebnis, nach dem die Norm lediglich in einem Restbereich anwendbar bleibt, verliert ebenfalls an Überzeugungskraft. Unterfiele der Bundesrechnungshof im sogenannten Hofbereich nicht dem Informationsfreiheitsgesetz, liefe der Versagungsgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG zwar nicht völlig leer (so aber Schoch, a.a.O. § 3 Rn. 63 f.). Schwerlich nachvollziehbar ist allerdings, inwieweit der Bundesrechnungshof im Präsidialbereich sich auf diesen Versagungsgrund sollte berufen können; dies gilt auch für die vom Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung angeführten Reisekostenabrechnungen, die Rückschlüsse auf den Inhalt der Prüfungen nicht zulassen. Demgegenüber ist nicht ausgeschlossen, dass eine geprüfte Behörde, in deren Akten sich Prüfberichte befinden, sich gegenüber einem Informationszugangsanspruch auf diesen Versagungsgrund beruft (vgl. Rossi, a.a.O. S. 107 f.). Dieser Anwendungsfall ist aber insoweit atypisch, als die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen dann nicht derjenigen Institution obliegt, deren Wirkungskreis geschützt werden soll. Auf diese Fallkonstellation kann der Anwendungsbereich des Versagungsgrunds bei verständiger Auslegung deshalb nicht reduziert werden.

35

Dieses systematische Argument wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt und bestärkt. Zum Verständnis des Gesetzes ist nicht nur die Begründung des Gesetzentwurfs heranzuziehen, der mit wenigen Änderungen durch den Innenausschuss vom Bundestag verabschiedet worden ist. Vielmehr können auch die dem zugrunde liegenden Vorarbeiten Rückschlüsse auf die zutreffende Auslegung zulassen. Eine solche Vorarbeit ist der mit Erläuterungen versehene Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums vom 20. Dezember 2000 (abgedruckt in: Schoch/Kloepfer, Informationsfreiheitsgesetz , 2002, Anhang I, S. 201 ff.). Er war auch über das Ende der 14. Legislaturperiode hinaus die Grundlage der weitergehenden Überlegungen und Beratungen der beteiligten Kreise, die letztlich in den in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen mündeten (siehe dazu Kollbeck/von Dobeneck, in: Berger/Roth/Scheel, IFG, 2006, II. Rn. 73 ff., 79 ff.).

36

Der Referentenentwurf umschreibt in § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 IFG-E den Kreis der Anspruchsverpflichteten im Wesentlichen gleichlautend mit dem Gesetzentwurf und der nun geltenden Gesetzesfassung. In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG-E wird auf den Bundesrechnungshof ausdrücklich Bezug genommen. Dort heißt es: "Satz 2 stellt klar, dass auch Bundestag, Bundesrat, Bundesgerichte, Bundesbank und Bundesrechnungshof einbezogen werden, soweit dort Verwaltungsaufgaben wahrgenommen werden" (a.a.O. S. 213). Aus dieser Aufzählung folgt im Umkehrschluss, dass der Bundesrechnungshof in seinem spezifischen Aufgabengebiet nicht informationspflichtig sein sollte. Die Begründung des Gesetzentwurfs ist demgegenüber modifiziert worden. Während der Bundesrechnungshof nicht mehr erwähnt wird, ist die nachfolgende, von der Beklagten zur Stützung ihrer Rechtsauffassung herangezogene Passage in der Begründung des Referentenentwurfs, wonach "sonstige unabhängige Tätigkeiten vom Informationszugang ausgenommen bleiben", unverändert übernommen worden (BTDrucks 15/4493 S. 7 f.). Diese Abweichung in den Erläuterungen zu einer im Wesentlichen unverändert gebliebenen Vorschrift kann nicht als bloßes Redaktionsversehen abgetan werden. Sie findet ihre Erklärung vielmehr darin, dass dem Gesetzentwurf insoweit eine vom Referentenentwurf abweichende rechtliche Konzeption zugrunde liegt. Der Referentenentwurf benennt bei den durch § 3 Nr. 1 IFG-E geschützten Gemeinwohlinteressen - eher restriktiv - lediglich die internationalen Beziehungen sowie verschiedene Sicherheitsbelange; denn ein auf den Bundesrechnungshof in seinen Besonderheiten bezogener Versagungsgrund ist wegen des Verständnisses von § 1 Abs. 1 IFG-E, das den Bundesrechnungshof insoweit aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausnimmt, entbehrlich. Demgegenüber führt der Gesetzentwurf und ihm folgend § 3 IFG unter den schutzwürdigen besonderen öffentlichen Belangen ausdrücklich die auf den Bundesrechnungshof bezogenen Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle an; dessen bedarf es nunmehr, weil der Bundesrechnungshof bei § 1 Abs. 1 IFG-E nicht mehr unter den Ausnahmen aufgezählt wird.

37

b) Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Versagungsgrundes des § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG hat das Oberverwaltungsgericht einen rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt, der nicht gegen Bundesrecht verstößt.

38

Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf Informationszugang ausgeschlossen, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle haben kann. Das Oberverwaltungsgericht spricht von einer Gefahr für das genannte Schutzgut und verlangt die konkrete Möglichkeit solcher nachteiligen Auswirkungen; hierfür bedürfe es einer Prognose. Das ist nicht zu beanstanden.

39

aa) Das Gesetz fordert nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut. Schon aus dem Wortlaut erschließt sich, dass es nicht ausreicht, wenn das Schutzgut lediglich berührt wird. Vielmehr ist erforderlich, dass es negativ berührt wird (vgl. Urteil vom 27. September 2007 - BVerwG 7 C 4.07 - Buchholz 406.252 § 8 UIG Nr. 1 Rn. 19). Ein Nachteil ist all das, was dem Schutzgut abträglich ist. Die nachteiligen Auswirkungen können demnach auch mit dem Begriff der Beeinträchtigung umschrieben werden (vgl. Schoch, a.a.O. § 3 Rn. 94). Zum geforderten Maß und zur Intensität der zu besorgenden Beeinträchtigung äußert sich die Begründung des Gesetzentwurfs allein durch den Verweis auf die Neufassung des Umweltinformationsgesetzes nicht; denn weder dieses Gesetz noch die Begründung des Entwurfs erläutern den Begriff. Dass die Beeinträchtigung von gewissem Gewicht sein muss, folgt indessen aus dem Gebot einer engen Auslegung der Ausnahmetatbestände (vgl. Beschluss vom 9. November 2010 - BVerwG 7 B 43.10 - Buchholz 400 IFG Nr. 3 Rn. 12; BTDrucks 15/4493 S. 9).

40

bb) Das Gesetz lässt es für die Versagung des Informationszugangs ausreichen, dass das Bekanntwerden nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut "haben kann". Der sichere Nachweis muss demnach nicht erbracht werden. Das liegt schon in der Natur einer (vorbeugenden) Regelung, die nicht erst rückblickend die tatsächlichen Wirkungen eines Handelns bewerten, sondern aufgrund einer prognostischen Entscheidung den Eintritt der nachteiligen Veränderung verhindern will. Es genügt demnach die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf nicht nur eine theoretische sein. Deswegen scheiden eher fernliegende Befürchtungen aus (Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 1 Rn. 19). Wenn das Oberverwaltungsgericht die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen verlangt, liegt darin jedenfalls implizit der Verweis auf den allgemeinen ordnungsrechtlichen Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, die sich wiederum nach dem Gewicht des Schutzguts richtet (Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - Buchholz 400 IFG Nr. 5 Rn. 11).

41

Die Feststellung der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen setzt seitens der informationspflichtigen Stelle die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzguts ergeben kann (vgl. Beschluss vom 30. April 2009 - BVerwG 7 C 17.08 - UPR 2009, 313 Rn. 28 zum UIG; Schoch, a.a.O. § 3 Rn. 53, 97; Rossi, a.a.O. S. 109 f.). Diese Einschätzung kann insbesondere bei Vorgängen, die eine typisierende Betrachtungsweise ermöglichen, auch auf allgemeinen Erfahrungswerten beruhen. Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass im Wege einer generalisierenden Sichtweise entgegen der gesetzgeberischen Konzeption der Sache nach eine Bereichsausnahme für die gesamte Tätigkeit der betreffenden Behörde geschaffen wird (Urteil vom 24. Mai 2011 - BVerwG 7 C 6.10 - Buchholz 400 IFG Nr. 4 Rn. 13; siehe auch Beschluss vom 23. Juni 2011 - BVerwG 20 F 21.10 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 64 Rn. 21).

42

Dieser Auslegung widerspricht die differenzierende Formulierung der tatbestandlichen Anforderungen der verschiedenen Ausschlusstatbestände des § 3 IFG nicht (in anderem rechtlichen Zusammenhang betont im Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 1 Rn. 54; Schoch, a.a.O. Vorbem. §§ 3 bis 6 Rn. 33). Das folgt aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzentwurf zu § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG hat noch die Formulierung "nachteilige Auswirkungen haben könnte" verwendet. Nach der Anhörung vor dem Innenausschuss, in der Sachverständige insbesondere Kritik an einem hiernach uferlosen Versagungstatbestand geübt hatten (vgl. Roth, in: Berger/Roth/Scheel, a.a.O. § 3 Rn. 14), hat der Innenausschuss empfohlen, das Wort "könnte" durch "kann" zu ersetzen. Die Änderung sollte der Vereinheitlichung des Schutzstandards der besonderen öffentlichen Belange in § 3 Nr. 1 und 2 IFG dienen (BTDrucks 15/5606 S. 3, 5). Wenn nicht lediglich von einer Annäherung, sondern von einer Vereinheitlichung des Schutzstandards die Rede ist, folgt daraus die Übertragung der für § 3 Nr. 2 IFG geltenden Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe (vgl. Schoch, a.a.O. § 3 Rn. 97; VGH Kassel, Beschluss vom 2. März 2010 - 6 A 1684/08 - NVwZ 2010, 1036 Rn. 16 und Urteil vom 21. März 2012 - 6 A 1150/10 - DVBl 2012, 701 Rn. 40 ff.).

43

cc) Auf der Grundlage seiner beanstandungsfreien Rechtsauffassung hat das Oberverwaltungsgericht den Vortrag der Beklagten geprüft, aber keine hinreichend nachvollziehbare Darlegung von konkreten Umständen zu erkennen vermocht, um von nachteiligen Auswirkungen des begehrten Informationszugangs ausgehen zu können. Diese Sachverhaltswürdigung ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Soweit ihr tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, hat die Beklagte diese nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen, so dass der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO daran gebunden ist. Die rechtlichen Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung (siehe hierzu etwa Urteil vom 29. Februar 2012 - BVerwG 7 C 8.11 - Buchholz 419.01 § 26 GenTG Nr. 1 Rn. 35, 44 m.w.N. = NVwZ 2012, 1179) hat das Oberverwaltungsgericht nicht überschritten. Insbesondere ist weder ein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze noch gar gegen die Denkgesetze vorgetragen oder sonst ersichtlich. Vielmehr sind die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts plausibel. So leuchtet unmittelbar ein, dass die Zuwendungsempfänger gut beraten sind, sich im Rahmen eines Prüfungsverfahrens weiterhin kooperativ zu verhalten, um Sanktionen seitens des Zuwendungsgebers zu vermeiden.

44

c) Gegen die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Geheimnisschutz nach § 3 Nr. 4 IFG, bei denen es in Bezug auf die Reichweite des Beratungsgeheimnisses der Rechtsprechung des Fachsenats (Beschluss vom 21. Februar 2007 - BVerwG 20 F 9.06 - BVerwGE 128, 135 = Buchholz 11 Art. 114 GG Nr. 3) folgt, bringt die Beklagte nichts vor.

45

d) Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der geltend gemachte Anspruch nach § 1 Abs. 1 IFG von einem presserechtlichen Auskunftsanspruch hier nach § 4 Abs. 1 des Pressegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Mai 1966 (GV.NRW S. 340) - PresseG NRW -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. November 2008 (GV.NRW S. 706), nicht verdrängt wird.

46

Nach § 1 Abs. 3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme des § 29 VwVfG und des § 25 SGB X vor. Eine Sperrwirkung kann demnach nur eine Norm entfalten, die einen mit dem Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz identischen sachlichen Regelungsgegenstand hat (Urteil vom 3. November 2011 - BVerwG 7 C 4.11 - Buchholz 400 IFG Nr. 7 Rn. 9). Damit sind die Voraussetzungen für den Nachrang des Informationsfreiheitsgesetzes allerdings nicht abschließend umschrieben. Wenn und soweit die Bestimmung des § 1 Abs. 3 IFG dem Fachrecht Geltung verschaffen will, bedarf es des Weiteren der Prüfung, ob sich die spezialgesetzliche Bestimmung als abschließend versteht. Davon kann bei einem den Presseangehörigen vorbehaltenen Auskunftsanspruch nicht ausgegangen werden. Denn die Berufsgruppe der Journalisten soll durch die entsprechenden Regelungen in den Pressegesetzen privilegiert werden; damit ließe sich nicht vereinbaren, wenn ihnen die Berufung auf ein Jedermannsrecht verwehrt würde (vgl. Schnabel, NVwZ 2012, 854 <857 ff.> m.w.N.; OVG Münster, Urteil vom 9. Februar 2012 - 5 A 166/10 - NVwZ 2012, 902 Rn. 33 ff. zum IFG NRW).

(1) Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dieses Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift steht eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient.

(2) Die Behörde kann Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationen in sonstiger Weise zur Verfügung stellen. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, so darf dieser nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Als wichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand.

(3) Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen gehen mit Ausnahme des § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 25 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch vor.

(1) Der Bundesnachrichtendienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und deren Verarbeitung einzuschränken nach § 12 des Bundesverfassungsschutzgesetzes mit der Maßgabe, dass die Prüffrist nach § 12 Abs. 3 Satz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zehn Jahre beträgt.

(2) Der Bundesnachrichtendienst hat personenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und deren Verarbeitung einzuschränken nach § 13 Absatz 1 und 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Für die Verwendung elektronischer Akten findet § 13 Absatz 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes mit der Maßgabe Anwendung, dass die Erforderlichkeit der elektronischen Akten für die Aufgabenerfüllung spätestens nach zehn Jahren zu prüfen ist.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.
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2. Zutreffend - und von der Revision nicht angegriffen - ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Befugnis der Beklagten zum Ausspruch des bundesweiten Stadionverbots aus ihrem Hausrecht und aus dem Hausrecht der übrigen Vereine bzw. Tochtergesellschaften der Fußballbundesligen und der Fußballregionalligen folgt, die sich in den DFB-Richtlinien gegenseitig zum Ausspruch des Verbots bevollmächtigt haben. Es beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht seinem Inhaber, grundsätzlich frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt zu der Örtlichkeit gestattet und wem er ihn verwehrt (Senat, Urt. v. 20. Januar 2006, V ZR 134/05, NJW 2006, 1054 m.w.N.; zu Stadionverboten: LG Duisburg, Urt. v. 22. Juli 2005, 7 S 63/05, juris, Rdn. 50). Das gilt auch, wenn - wie bei dem Besuch eines Fußballspiels - der Zutritt aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit dem Hausrechtsinhaber gewährt wird.
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a) Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Beklagte aufgrund ihres Hausrechts grundsätzlich befugt ist, für das von ihr betriebene Hotel ein Hausverbot auszusprechen. Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht es seinem Inhaber, in der Regel frei darüber zu entscheiden, wem er den Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt (Senat, Urteil vom 20. Januar 2006 - V ZR 134/05, NJW 2006, 1054 Rn. 7; Urteil vom 30. Oktober 2009 - V ZR 253/08, NJW 2010, 534, 535 Rn. 11; BGH, Urteil vom 8. November 2005 - KZR 37/03, BGHZ 165, 62, 70 mwN). In ihm kommt insbesondere die - ihrerseits aus der grundrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) fließende - Befugnis des Eigentümers zum Ausdruck, mit der Sache grundsätzlich nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen (§ 903 Satz 1 BGB). Darüber hinaus ist das Hausrecht Ausdruck der durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt (BVerfG, NJW 1994, 36, 38 mwN). Dazu gehört , dass rechtlich erhebliche Willensentscheidungen in der Regel keiner Rechtfertigung bedürfen; das gilt in gleicher Weise für die Entscheidung, ob und in welchem Umfang einem Dritten der Zugang zu einer bestimmten Örtlichkeit gestattet wird.
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(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 65/01 Verkündet am:
7. Dezember 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Gegenstand der Auflassung von den Beteiligten versehentlich falsch bezeichnet
, so finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer
Falschbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet") Anwendung. Die Auflassung ist
danach nur hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende
Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äußerlich umschriebenen
Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit
an einer Auflassung fehlt.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2001- V ZR 65/01 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 12. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte verurteilt wird, den Veränderungsnachweis Nr. 16 des Staatlichen Vermessungsamtes B. zu genehmigen und der Berichtigung des Grundbuches dahin zuzustimmen , daß die Stadt W. als Eigentümerin des im Veränderungsnachweis mit Flurstück Nr. 64/4 bezeichneten Grundstücks eingetragen wird.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer zweier nebeneinander liegender Grundstücke (Flurstücke Nr. 64/2 und Nr. 66/2) in der Innenstadt von W. (Sachsen). Das
benachbarte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1), eingetragen im Grundbuch von W. Blatt 543 unter lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses, stand im Eigentum der Stadt W. Eine etwa 20 m² groûe, an seine Anwesen grenzende Teilfläche dieses Grundstücks nutzte mit Zustimmung der Stadt W. allein der Kläger. Grundlage hierfür soll nach den Behauptungen des Klägers ein 1989 zwischen ihm und der Stadt W. mündlich geschlossener und später in privatschriftlicher Form bestätigter Tauschvertrag gewesen sein. Danach habe er, der Kläger, der Stadt W. eine 8 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/2 überlassen und von dieser im Gegenzug die etwa 20 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/1 erhalten. Dieser angebliche Geländetausch wurde jedoch weder im Liegenschaftskataster noch im Grundbuch gewahrt.
Am 1. November 1995 schlossen die Stadt W. und der Beklagte einen notariell beurkundeten Kaufvertrag. In der Urkunde wird als Kaufgegenstand das "im Grundbuch von W. Blatt 543 eingetragene Grundstück, Flurstück 64/1 (lfd. Nr. 4) mit einer Gröûe von 633 m²" genannt. Als Kaufpreis wurden 250.000 DM vereinbart, wovon 31.650 DM "auf den Grund und Boden" entfallen sollten. Die Urkunde enthält überdies die Einigung der Erschienenen hinsichtlich des Übergangs des Eigentums an dem Kaufgegenstand. Nach der Beurkundung erhielt der Beklagte von der Stadt W. eine Kopie der Katasterkarte , auf der u.a. das Flurstück 64/1 dargestellt war. In Abänderung des zuvor geschlossenen Kaufvertrages vereinbarten die Vertragsparteien mit notarieller Urkunde vom 6. Februar 1996 ein Rücktrittsrecht zugunsten des Beklagten für den Fall von Finanzierungsschwierigkeiten.
Vor Vertragsschluû hatte der Beklagte gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt W. das Anwesen besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war von dem
Kläger die Hoffläche der ihm gehörenden Grundstücke und die von ihm für Parkplätze genutzte Teilfläche des Nachbargrundstücks bereits einheitlich mit roten Steinen gepflastert worden. Dagegen bestand das Pflaster der übrigen Hoffläche des Grundstücks der Stadt W. aus grauen, bogenförmig verlegten Natursteinen. Am Rand der von ihm genutzten Teilfläche hatte der Kläger zur Abgrenzung von dem verbleibenden Grundstück der Stadt W. im Anschluû an eine auf der Grenze verlaufende halbhohe Mauer zwei massive Steinpoller setzen lassen.
Der inzwischen als Eigentümer des Flurstücks Nr. 64/1 eingetragene Beklagte nahm die von dem Kläger genutzte Teilfläche im Sommer 1998 in Besitz.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht Eigentümer dieser Teilfläche geworden. Kaufobjekt habe nur das Grundstück sein sollen, wie es sich bei der Besichtigung tatsächlich dargestellt habe. Er hat von dem Beklagten die Auflassung der näher umschriebenen Teilfläche an die Stadt W. verlangt , hilfsweise die Auflassung an sich selbst und weiter hilfsweise die Feststellung , daû ihm an der Teilfläche ein Nutzungsrecht zustehe. Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Ein erstes Urteil des Oberlandesgerichts , das die Verurteilung im wesentlichen bestätigt hat, ist von dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen wegen Verletzung des Beklagten in seinem Grundrecht aus Art. 78 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Verfassungsgerichtshof hat der Kläger weitere Hilfsanträge gestellt, mit denen er die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Eintragung der Stadt W., hilfsweise seiner selbst, als Eigentümer der noch zu vermessenden bzw. nach nicht
bestandskräftigem Veränderungsnachweis bereits vermessenen Teilfläche erstrebt. In einem zweiten Urteil hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, mit der er seine Anträge weiterverfolgt und mit zusätzlichen Hilfsanträgen von dem Beklagten die Genehmigung des Veränderungsnachweises hinsichtlich der umstrittenen Teilfläche, weiter hilfsweise dessen Zustimmung zur Abmessung und Abschreibung einer Fläche von ca. 20 m² entsprechend dem Veränderungsnachweis , sowie jeweils die Bewilligung zu seiner Eintragung als Eigentümer des Teilgrundstücks verlangt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt - mit klarstellender Maûgabe - zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hält den Kläger zwar für befugt, einen etwaigen Anspruch der Stadt W. im Wege gewillkürter Prozeûstandschaft geltend zu machen. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil weder die Voraussetzungen eines Grundbuchberichtigungsanspruchs nach § 894 BGB noch die eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB erfüllt seien. Die Stadt W. habe dem Beklagten nämlich das gesamte Flurstück Nr. 64/1 verkauft und übereignet und
nicht etwa nur eine durch die "natürlichen Grenzen" umschriebene Teilfläche dieses Grundstücks. Allerdings sei eine Falschbezeichnung auch bei Grundstücksgeschäften unschädlich, hier hätten die Vertragsparteien aber nichts von der Vertragsurkunde Abweichendes gewollt. Nach der Aussage des Zeugen S. habe bei der Besichtigung des Anwesens das streitige Teilstück keine Rolle gespielt und sei nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Die Vertragsparteien hätten keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Willen gehabt, sondern sich einfach vorgestellt, daû das Grundstück "im Ganzen" verkauft werden solle. Auch die Vertragsauslegung ergebe keinen von dem Wortlaut der Vertragsurkunde abweichenden Inhalt des Vertrages. Wer ein Grundstück kaufe, könne regelmäûig davon ausgehen, daû der tatsächliche Grenzverlauf und nicht die natürlichen Grenzen maûgeblich seien. Auch juristischen Laien sei bekannt, daû nicht die natürlichen Grenzmarken verbindlich seien. Der zwischen dem Kläger und der Stadt W. formunwirksam vereinbarte Tausch der Grundstücksflächen könne keine Bedeutung erlangen, weil die Vertragsparteien daran bei Vertragsschluû nicht gedacht hätten. Unerheblich sei auch die Nutzung der Teilfläche durch den Kläger, wie schon der Vergleich mit der Einräumung eines bloûen Nutzungsrechts oder einer irrtümlichen Überbauung zeige. Aus den weiteren Umständen habe sich für den Beklagten ebenfalls nicht ergeben, daû das Grundstück nur teilweise habe verkauft werden sollen. Insbesondere sei der Kaufpreis offenbar nach der Fläche des gesamten Grundstücks errechnet worden. Schlieûlich ergebe auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht, daû die streitige Teilfläche von dem Verkauf ausgenommen sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Das Berufungsgericht bejaht allerdings zu Recht die Prozeûführungsbefugnis des Klägers. Der Kläger kann einen nur der Stadt W. als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks zustehenden Grundbuchberichtigungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft geltend machen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Kläger im Prozeû ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (s. nur BGHZ 100, 217, 218 m.w.N.) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Grundbuchberichtigungsanspruch, der nicht selbständig abtretbar ist, geltend gemacht werden soll (Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127). Vorliegend ist die Ermächtigung des Klägers in schlüssiger Weise durch die von der Stadt W. in der Vereinbarung vom 30. September 1998 erklärte Abtretung erfolgt (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, aaO). Unter den gegebenen Umständen ist das Berufungsgericht zutreffend von einem eigenen Interesse des Klägers ausgegangen, den Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Dieses Interesse des Klägers ist auch schutzwürdig, insbesondere wird der Beklagte durch die gewählte Art der Prozeûführung nicht unbillig benachteiligt.
2. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag bedarf allerdings einer interessengerechten Auslegung. In Anbetracht der inzwischen veränderten Umstände ist der Hauptantrag dahin zu verstehen, daû der Kläger die Genehmi-
gung des nun vorliegenden Veränderungsnachweises durch den Beklagten erstrebt (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868 zur Auslegung eines vergleichbaren Antrages bei fehlender Zulässigkeit), und der Antrag im übrigen auf die Zustimmung des Beklagten zur Eintragung der Stadt W. als Eigentümerin der umstrittenen Teilfläche im Wege der Grundbuchberichtigung gerichtet ist (vgl. Senat, Urt. v. 17. November 2000, V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 6). Während des anhängigen Rechtsstreits ist nämlich die Abvermessung der umstrittenen Teilfläche erfolgt und Gegenstand eines Veränderungsnachweises geworden. Damit ist zwar dem Kläger die an sich für eine Verurteilung erforderliche Bezeichnung nach Maûgabe des § 28 GBO (vgl. Senat, BGHZ 37, 233, 242) noch nicht möglich. Der Veränderungsnachweis bildet aber die Grundlage der Grundstücksabschreibung (§ 2 Abs. 3 GBO) und erlaubt es, durch entsprechende Bezugnahme das noch nicht abgeschriebene Grundstück übereinstimmend mit dem (künftigen) Inhalt des Grundbuchs festzulegen, weil das Grundbuchamt bei der Abschreibung die Angaben im Veränderungsnachweis übernimmt. Auch in einem solchen Fall wird daher dem Zweck des § 28 GBO genügt, die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern (Senat, BGHZ 90, 323, 327 f; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 24. April 1987, V ZR 228/85, NJW-RR 1988, 266). Die hier erhobene Leistungsklage ist daher ausnahmsweise zulässig, wobei es unschädlich ist, daû der Beklagte den Veränderungsnachweis nicht genehmigt hat. Der Kläger ist nämlich nicht gehalten, zunächst allein die Genehmigung des Veränderungsnachweises zu erstreiten, sondern kann dieses Ziel mit der auf Verurteilung zur Eintragungsbewilligung gerichteten Klage verbinden (vgl. Senat, BGHZ 90, 323, 328).
3. Die Klage hat bereits mit diesem Hauptantrag Erfolg. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) gegenüber dem Beklagten. Ein solcher Anspruch ist vielmehr gegeben, weil sich die am 1. November 1995 erklärte Auflassung nicht auf das gesamte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1) erstreckte, sondern die nun im Streit befindliche Teilfläche (nach dem Veränderungsnachweis Flurstück Nr. 64/4) nicht deren Gegenstand war. Da der Beklagte insoweit mangels Auflassung kein Eigentum erworben hat (§ 925 Abs.1 Satz 1 BGB), ist dieses bei der Stadt W. verblieben, die ihrerseits das Eigentum mangels Eigentumsumschreibung (§ 26 Abs. 2 ZGB, § 873 Abs. 1 BGB) nicht an den Kläger verloren hatte. Damit stimmt die im Grundbuch dargestellte Rechtslage, die den Beklagten als Eigentümer des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 ausweist, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage überein.

a) Der Wortlaut der in der notariellen Urkunde vom 1. November 1995 erklärten Auflassung ist zweifelsfrei auf die Übereignung des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 gerichtet. Allerdings finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) auch dann Anwendung, wenn die Beteiligten den Gegenstand der Auflassung versehentlich falsch bezeichnen. Die Auflassung ist dann hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äuûerlich umschriebenen Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit an einer Auflassung fehlt (RGZ 46, 225, 227 f; Senat, Urt. v. 8. Juni 1965, V ZR 197/62, DNotZ 1966, 172, 173; Urt. v. 25. November 1977, V ZR 102/75, WM 1978, 194, 196; vgl. auch RGZ 133, 279, 281; Senat, Urt. v. 23. Juni 1967, V ZR 4/66, LM § 256 ZPO Nr. 83; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 17. November 2000,
V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 5 f; OLG Nürnberg, DNotZ 1966, 542, 544; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153; Staudinger/Pfeifer, BGB [1995], § 925 Rdn. 68; MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 925 Rdn. 37; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf , 7. Aufl., 2000, Rdn. 1a).

b) All das verkennt das Berufungsgericht nicht grundsätzlich, meint aber, ein von dem Wortlaut der Urkunde abweichender Wille der Vertragsparteien lasse sich nicht feststellen. Dies ist von Rechtsfehlern beeinfluût. Die Revision rügt zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit dem festgestellten Sachverhalt und den Beweisergebnissen nicht umfassend auseinandergesetzt hat. Durch ein zu enges Verständnis des gemäû § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willens hat sich das Berufungsgericht den Blick auf den entscheidungserheblichen Tatsachenstoff verstellt.
aa) Nach § 133 BGB ist der wirkliche - möglicherweise ungenau oder sogar unzutreffend geäuûerte - Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721). Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung festgestellt, und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne daû es auf Weiteres ankommt (BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO). Es ist insbesondere nicht erforderlich, daû sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen macht. Ausreichend ist vielmehr, daû er ihn erkennt und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abschlieût (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; BGH, Urt. v. 13. Februar 1989, II ZR 179/88,
NJW-RR 1989, 931, 932). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 171/86, NJWRR 1988, 265; Urt. v. 20. November 1992, aaO; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO; vgl. auch MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 14), und auch eine abweichende Auslegung kommt nicht in Frage (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 32/96, WM 1997, 777, 778; Urt. v. 13. November 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).
bb) Das Berufungsgericht stellt jedoch nicht auf den solchermaûen nach § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willen ab, sondern richtet seine Feststellungen auf einen gemeinsamen "besonderen rechtlichen Willen" der Vertragsparteien , der gegenüber dem wirklichen Willen offensichtlich dadurch qualifiziert sein soll, daû sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung des Kaufobjekts "besondere Vorstellungen über die 'natürliche Grenze' des Grundstücks gemacht haben" müssen. Es läût dabei auûer acht, daû sich das von den B eteiligten bei Abgabe der Auflassungserklärungen gemeinsam Gewollte nicht etwa nur aus deren aktuellen Vorstellungen oder - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt - den "gemachten Gedanken" bei einer vorangegangenen Besichtigung des Anwesens erschlieût. Heranzuziehen sind vielmehr alle Umstände, die zur Aufdeckung oder Aufhellung des Parteiwillens dienlich sein können, damit das Gericht auf dieser Grundlage seine Überzeugung von dem wirklichen Willen bilden kann (vgl. BGHZ 20, 109, 110 f; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Der Senat kann aber gemäû § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache abschlieûend
entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichen, um dem Senat das Nachholen der von dem Berufungsgericht versäumten zwingenden Schluûfolgerungen zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181; Urt. v. 27. September 1991, V ZR 55/90, NJW 1992, 183, 184).
aa) Das Berufungsgericht stellt fest, daû die Stadt W. mit der Übereignung der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten ihre eigenen Interessen miûachtet hätte, weil dieses Areal im Wege des Tausches Eigentum des Klägers habe werden sollen. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen, ist insbesondere von der Aussage des Zeugen S., des Bürgermeisters der Stadt W., gedeckt. Da es keinen Hinweis dafür gibt, daû die Verkäuferin abweichend von dem Regelfall nicht das Vernünftige wollte (vgl. BGHZ 134, 325, 329), ist aus diesem Umstand zu schlieûen, daû ihr Wille bei Erklärung der Auflassung nicht dahin ging, dem Beklagten das Eigentum auch an der von dem Kläger genutzten Teilfläche zu verschaffen. Dieser Schluûfolgerung steht nicht entgegen, daû sich, wie das Berufungsgericht feststellt, der Bürgermeister der Stadt W. bei der Besichtigung des Anwesens und wohl auch die bei der Beurkundung als Vertreterin handelnde Zeugin B. keine Vorstellungen von dem genauen Grenzverlauf machten, also keine (aktuelle) Kenntnis von dem gegenüber der Darstellung im Liegenschaftskataster abweichenden Kauf- und Auflassungsgegenstand hatten. Für den die Verkäuferin nach § 51 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO vertretenden Bürgermeister stand, wie er selbst als Zeuge bekundet hat, auûer Frage, daû ungeachtet der Rechtslage an dem Flächentausch mit dem Kläger festgehalten werden sollte, die fragliche Teilfläche also nicht mehr zur Disposition der Verkäuferin stand. Mithin war, auch ohne daû er sich dies bei der Besichtigung nochmals vergegenwärtigte, sein Wille nicht auf die Übereignung
der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten gerichtet. Daû die Willensrichtung der bei Erklärung der Auflassung mit Einzelvollmacht (§ 59 Abs. 2 SächsGemO ) handelnden Zeugin B. eine andere war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Falls die Willensrichtung der nach Weisung handelnden Zeugin überhaupt maûgeblich sein sollte (vgl. BGHZ 51, 141, 147 für den Geschäftswillen bei arglistiger Täuschung des Vollmachtgebers), war für sie - wie sie bekundet hat - doch klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehört" und damit nicht Gegenstand des Geschäfts mit dem Beklagten sein konnte.
bb) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ferner zu schlieûen , daû der Beklagte diesen Willen der Verkäuferin erkannte und sich in dessen Kenntnis mit ihr über den Eigentumsübergang einigte. Durch die der Beurkundung vorangehende Besichtigung des Anwesens hatte sich der Beklagte über den Gegenstand des Kaufvertrages und der Eigentumsverschaffung informiert. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daû die Besichtigung nicht nur den Zweck hatte, den Beklagten über den Zustand des Grundstücks zu unterrichten, sondern ihm auch dessen Lage und ungefähre Gröûe vermitteln sollte. Hierbei war aber, wie das Berufungsgericht weiter feststellt, die Nutzung der umstrittenen Teilfläche durch den Kläger "visuell erkennbar". Überdies hatte sich der Kläger nicht nur auf die offensichtliche Nutzung beschränkt, sondern das Areal durch die einheitliche, deutlich zu unterscheidende Pflasterung für jedermann ersichtlich in seine Grundstücke einbezogen und durch die massiven Poller zum verbleibenden Nachbargrundstück abgegrenzt. Die aufwendige und erkennbar dauerhaft gewollte bauliche Gestaltung vermittelte den Eindruck, die Fläche zähle zum Grundstückseigentum des Klägers. Auf dieser Grundlage ging nicht nur der Zeuge S. davon aus, daû "jeder normale Mensch" das durch Pflaster und Poller abgegrenzte "andere Grundstück" erkannte.
Vielmehr war auch der über die Hintergründe, insbesondere über den Flächentausch , nicht informierten Zeugin B. klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehörte" und nicht verkauft werden sollte. Es gibt keinen Hinweis darauf , daû der Beklagte, der in gleicher Weise wie die Zeugin informiert war und sich wie diese bei der Besichtigung Kenntnis von dem Gegenstand des beabsichtigten Geschäfts verschaffen wollte, eine andere Vorstellung gewonnen hatte. Tritt wie hier einem Erwerbsinteressenten bei der Besichtigung des Objekts aufgrund der tatsächlichen Situation klar vor Augen, welche Flächen Teil eines Nachbargrundstücks sind, so kann er ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, daû ihm der Veräuûerer weitergehendes Eigentum ve rschaffen kann und will, als sich das Grundstück nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37; MünchKommBGB /Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Lutter, AcP 164 [1964], 122, 140; auch OLG Oldenburg, Recht 1920, Nr. 1220; OLG Hamm, aaO). Eine solche zweifelsfreie Zuordnung wird allerdings nicht möglich sein, soweit der Interessent lediglich nicht auf der Grenze stehende Grenzeinrichtungen vorfindet, die den richtigen Grenzverlauf nur ungenau wiedergeben (vgl. MünchKommBGB /Säcker, 3. Aufl., § 912 Rdn. 15), jedoch unerkannt bleiben oder wegen Geringfügigkeit hingenommen werden. Gleiches gilt im Falle eines Überbaus, der nach § 912 BGB geduldet werden muû. Geht es aber wie hier um eine gröûere zusammenhängende Fläche, deren Inbesitznahme als Eigentum durch den Nachbarn dem Grundstückseigentümer weder verborgen bleibt, noch regelmäûig von ihm geduldet wird, so kann ein Interessent im Zweifel nur davon ausgehen, daû dieser Bereich nicht mehr zum Eigentum des Veräuûerers zählt und daher auch nicht übereignet werden soll.
Der Kenntnis des Beklagten steht die von dem Berufungsgericht in anderem Zusammenhang erörterte Frage der Bemessung des Kaufpreises nicht entgegen. Zwar ergibt sich auf der Grundlage eines - von der Verkäuferin als angemessen erachteten - Kaufpreises von 50 DM/m² bei der Grundfläche von 633 m², die in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des Objekts für das gesamte Flurstück Nr. 64/1 genannt wird, genau der Betrag von 31.650 DM, der als Kaufpreisanteil für "Grund und Boden" vereinbart worden ist. Daraus folgt aber nicht, daû die Beteiligten auch die dem Kläger überlassene Teilfläche einbeziehen wollten. Nachdem sie davon ausgingen, daû das verbliebene Anwesen dem Flurstück Nr. 64/1 entsprach, war es nur folgerichtig , die hierfür in dem Liegenschaftskataster vermerkte Grundfläche auch der Preisermittlung zugrunde zu legen. Eigenständige Bedeutung für die Bestimmung des Vertragsgegenstandes kann diese Angabe mithin nicht erlangt haben. Die Unmaûgeblichkeit des Kaufpreises folgt im übrigen auch daraus, daû - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - die tatsächliche Grundfläche des Flurstücks Nr. 64/1 unstreitig nicht nur 633 m², sondern 645 m² betrug. Hätte der von der Stadt W. zur Ermittlung des Kaufpreises hinzugezogene Sachverständige mithin die Grundstücksgröûe nicht aus den vorhandenen Unterlagen übernommen, sondern selbst ermittelt, so könnten sich die genannten 633 m² nur durch die Berücksichtigung eines Tauschs der Teilflächen zwischen der Stadt W. und dem Kläger ergeben, also wiederum keine Einbeziehung des umstrittenen Areals in das Geschäft mit dem Beklagten begründen.
cc) An dem geschilderten Willen der Verkäuferin und an der Kenntnis des Beklagten hiervon hat sich bis zur Erklärung der Auflassung nichts geändert. Insbesondere kann der Beklagte nicht aufgrund der Katasterkarte eine
andere Vorstellung gewonnen haben, weil ihm deren Kopie erst nach der Beurkundung vom 1. November 1995 und damit erst nach der Auflassung ausgehändigt wurde. Die nachfolgende Abänderung zuvor getroffener Vereinbarungen durch die notarielle Urkunde vom 6. Februar 1996 kann insoweit keine Bedeutung erlangen, weil sie die Auflassungserklärungen nicht zum Gegenstand hatte und diese durch den Hinweis auf das unveränderte Bestehenbleiben der "übrigen Vertragsvereinbarungen" unberührt lieû (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37).

d) Die von dem Berufungsgericht weiter vorgenommene Auslegung des objektiven Erklärungswertes aus der Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. BGH, Urt. v. 8. September 1997, II ZR 55/96, NJW 1998, 384, 385) bleibt danach ohne Bedeutung. Gegenüber dem übereinstimmend Gewollten kommt eine abweichende Auslegung nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997 und Urt. v. 13. November 1998, beide aaO).
4. Der Beklagte kann gegen den Berichtigungsanspruch nicht einwenden , daû ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung der umstrittenen Teilfläche zustehe. Zwar vermag eine solche Verpflichtung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zu begründen (vgl. Senat, Urt. v. 28. Juni 1974, V ZR 131/72, NJW 1974, 1651), die Stadt W. schuldete aber dem Beklagten jedenfalls insoweit keine Eigentumsverschaffung, weil die vorstehenden Überlegungen zur Falschbezeichnung bei Erklärung der Auflassung wegen der Identität von Auflassungs- und Kaufgegenstand in gleicher Weise auch für den zugrundeliegenden Kaufvertrag gelten. Insbesondere ist eine versehentliche Falschbezeichnung auch im Rahmen des § 313 BGB unschädlich (vgl. Senat, BGHZ 87, 150, 153 m.w.N.; Hagen, DNotZ 1984, 267, 283 ff).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 320/02 Verkündet am:
6. Juni 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 233 § 10, Art. 237 § 2; BGB § 744 Abs. 2
Die auf ein gesetzliches Notprozeßführungsrecht gestützte Grundbuchberichtigungsklage
einzelner Separationsinteressenten wahrt die Frist des Art. 237 § 2
Abs. 2 EGBGB nicht, wenn die Interessenten bereits von der Gemeinde zur Geltendmachung
des Eigentums der Interessentengesamtheit ermächtigt sind, dies aber
nicht offenlegen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 320/02 - OLG Naumburg
LG Stendal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. August 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Grundbuch von H. waren "Die Separationsinteressenten von H. " als Eigentümer der Flurstücke 226/20 und 233/21 der Flur 2 eingetragen. Ein Rechtsträgernachweis vom 9. November 1983 gibt als Grund der Überführung der Flächen in Volkseigentum einen Beschluß des Rates der Gemeinde vom 1. November 1983 an. Volkseigentum wurde am 29. November 1983 im Grundbuch vermerkt. Aufgrund von Vermögenszuordnungsbescheiden vom 18. Juni 1996 wurde die Beklagte am 27. März 1997 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Mit ihrer am 29. September 1998 eingegangenen, am 20. Oktober 1998 zugestellten Klage haben die Kläger hinsichtlich des Flurstücks 226/20 und des aus Flurstück 233/21 hervorgegangenen Flurstücks 21/14 die Zustimmung zur
Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Separationsinteressenten bean- tragt. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig, das Oberlandesgericht als unbegründet abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Berichtigungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit die Kläger den Berichtigungsanspruch der Interessentengemeinschaft in gesetzlicher Prozeßstandschaft verfolgen, für unzulässig. Soweit sie sich auf eine Ermächtigung der Gemeinde H. zur Prozeßführung stützen, sei die Klage unbegründet. Denn die Gemeinde habe - jedenfalls - mit Ablauf des 30. September 1998 Eigentum an den Flächen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB erworben. Die Ermächtigung zur Prozeßführung hätten die Kläger nämlich erst nach diesem Zeitpunkt dem Gericht angezeigt.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine gesetzliche Prozeßstandschaft der Kläger verneint, eine gewillkürte Prozeßstandschaft dagegen bejaht.

a) Revisionsrechtlich ist zwar davon auszugehen, daß die Kläger Mitglieder , der weitere Personen umfassenden Separationsinteressentengemeinschaft sind. Dies berechtigte sie jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht, die Rechte der Interessenten im eigenen Namen geltend zu machen. Die Interessenten an den von den Gemeinheitsteilungen des 19. Jahrhunderts (für Preußen: Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, GS.S. 53) ausgenommenen , den gemeinsamen Zwecken benachbarter Höfe dienenden Zweckgrundstücken bilden einen altrechtlichen Personenzusammenschluß, der, was das gemeinsame Vermögen angeht, grundsätzlich eine Gemeinschaft zur gesamten Hand darstellt (h.M.; näher, auch zu hier nicht interessierenden Ausnahmefällen , Böhringer, NJ 2000, 120, 122; zum Fortbestehen der Interessentengemeinschaften vgl. Art. 113 EGBGB, für die Zeit der DDR § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB). Ob und inwieweit Mitgliedern von Gesellschaften mit gesamthänderisch gebundenem Vermögen, entsprechend der Regel für Teilhaber einer Gemeinschaft (§ 744 Abs. 2 BGB), die Befugnis zukommt, Rechte der Gesamtheit im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist umstritten und von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (ablehnend BGHZ 17, 181, 182; ablehnend für die Klage im Eigeninteresse bei Verweigerung der Mitwirkung der Mitgesellschafter BGHZ 39, 14, 20; offengelassen Urteil v. 11. Februar 1980, II ZR 41/79, WM 1980, 1141, 1143; zum Streitstand vgl. MünchKommBGB /Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rdn. 21; Staudinger/Langhein, BGB [2002], § 744 Rdn. 31). Für ein Notgeschäftsführungsrecht der klagenden Separationsinteressenten spricht, daß die Berichtigungsklage der Erhaltung des Vermögenswertes des Personenzusammenschlusses dient. Dagegen spricht die an die Körperschaften angenäherte Vertretung der Gesamtheit durch "Organe", die Art. 233 § 10 Abs. 3 EGBGB aufgreift. Dies geht zurück auf die gesetzliche Anordnung der Vertretungsverhältnisse für die von den Gemeinheitsteilungen
ausgeschlossenen Zweckgrundstücke (für Preußen: Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887, GS. S. 105, wonach die Vertretung auf Antrag dem Gemeindevorstand zu übertragen war). Der Streitstand nötigt den Senat indes nicht, die Frage zu entscheiden. Jedenfalls für die entsprechende Anwendung im Bereich der Gesamthandsgemeinschaften ist eine Verwaltungsmaßregel nach § 744 Abs. 2 BGB nicht nur durch die Erforderlichkeit der Maßnahme als solche bedingt, sondern mit Rücksicht auf den Vorrang der für die Gemeinschaft geltenden Regelungen als subsidiäres Recht zu verstehen (zutr. MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, aaO, §§ 744, 745 Rdn. 41), das nur eingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der Gemeinschaft nicht handeln. Für Gemeinschaften im Bereich des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten findet dieser Gesichtspunkt der Subsidiarität des Notgeschäftsführungsrechts einzelner Mitglieder in der dort vorgesehenen Bestellung eines Administrators bei Ausbleiben einer gemeinschaftlichen Verwaltung eine weitere Stütze (LRS 37 I 17; vgl. auch MünchKomm-BGB/Quack, aaO, Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der das gesetzliche Vertretungsrecht der Gemeinde als "eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinde" begreift; zutr. dagegen Staudinger/Rauscher, aaO [1996] Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes allein von einem Handeln in fremdem Namen ausgeht). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Prozeßführungsrecht der Kläger im Interesse der Separationsinteressenten; denn die Gemeinde H. , auf deren Gemarkung die Zweckgrundstücke gelegen sind, hatte die Kläger, wie diese selbst vortragen, bereits vor Prozeßbeginn ermächtigt, im eigenen Namen den Berichtigungsantrag zu verfolgen. Hierzu war sie gemäß Art. 233 § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB befugt. Die Interessentengemeinschaft hatte mithin durch ihre gesetzliche Vertreterin gehandelt. Eine Notwendigkeit, die
Klage, wie dies ausdrücklich erfolgt ist, als gesetzliche Prozeßstandschafter, gestützt auf § 744 Abs. 2 BGB, zu erheben, bestand nicht.

b) Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klageerhebung in gewillkürter Prozeßstandschaft bestehen nicht. Die Kläger haben als Separationsinteressenten ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Wahrung der Rechte der Gesamtheit. Eine unbillige Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten (BGHZ 96, 151, 155) ist mit ihr nicht verbunden. Auf die Ermächtigung haben sich die Kläger, was grundsätzlich erforderlich ist (BGHZ 125, 196, 201), in der Tatsacheninstanz, nämlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15. Dezember 1998, berufen.
2. Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung konnte den Verlust des Eigentums der Separationsinteressenten, falls dieses die Enteignungsmaßnahme zur Zeit der DDR überstanden hat, durch Fristablauf (Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB) nicht hindern.

a) Die Vorschrift ist, unbeschadet des Umstandes, daß zum Stichtag, dem 30. September 1998, Volkseigentum im Grundbuch nicht mehr eingetragen war, heranzuziehen. Der Senat hat bereits - weitergehend - entschieden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB eingreift, wenn nicht mehr, wie hier, der Abwicklungsberechtigte selbst, sondern eine Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist, die dessen Funktion übernommen hat (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02 z. Veröff. best.). Die Beklagte war Abwicklungsberechtigte. In ihrer, den Vermerk zugunsten des Volkseigentums ablösenden Eintragung als Eigentümerin kam die bestehende Zuordnung des ehemaligen volkseigenen Vermögens berichtigend zum Ausdruck.


b) Die Kläger haben es versäumt, sich vor Ablauf des 30. September 1998 auf die von der Gegenseite erteilte Ermächtigung zu berufen. Die Wirkungen der gewillkürten Prozeßstandschaft treten erst in dem Augenblick ein, in dem sie offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6, 8; Urt. v. 3. März 1993, IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669, 671; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Dieser Grundsatz, der der Ermächtigung die Wirkung des § 185 BGB versagt, ist von der Rechtsprechung zur Verjährung gemäß § 209 BGB a.F. entwickelt worden (vgl. bereits BGH, Urt. v. 26. November 1957, VIII ZR 70/57, NJW 1958, 338, 339 = MDR 1958, 421, 422, m. Anm. Bülow). Durchgreifende Bedenken, ihn auch auf die Wahrung der Frist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB durch Klageerhebung anzuwenden, bestehen nicht. Zwar führt die Vorschrift, anders als die Verjährung, zum Verlust des Rechts selbst. Im Vordergrund steht aber hier wie dort das gesetzgeberische Anliegen, Rechtsfrieden zum Nachteil des Berechtigten, der sich verschwiegen hat, zu schaffen (vgl. zur Verjährung BGHZ 59, 72, 74; Motive I, 291 f.). Art. 237 § 2 EGBGB sollte, in Anlehnung an eine Verwirkungs- (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 585) oder Ersitzungsvorstellung, die definitive Klärung einer – aus der Wirklichkeit der DDR herrührenden unübersichtlichen und zweifelhaften – Rechtslage bewirken (vgl. OLG Dresden, VIZ 2000, 424, 425; MünchKommBGB /Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1, 17, 20; Bamberger /Roth/Kühnholz, BGB 2003, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1), indem jedem, der sich auf einen Mangel berufen konnte, eine letzte, zeitlich begrenzte Chance eingeräumt wurde, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine Berufung auf den Mangel nicht mehr möglich sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche aaO, Rdn. 1; Schmidt-
Räntsch aaO; ders., VIZ 1997, 449, 453; unergiebig insoweit die Gesetzesmaterialien , vgl. BT-Drucks. 13/7275, abgedruckt in ZIP 1997, 711, 712).

c) Dies verstößt nicht gegen Art. 14 GG, obwohl der gesetzliche Eigentumserwerb und damit der entschädigungslose Entzug der Rechtsposition des früheren Eigentümers ohne Rücksicht auf die Schwere etwaiger Erwerbsfehler eintritt (vgl. auch Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 = VIZ 1998, 94, 95). Anders als die Revision meint, ist die Verhältnismäßigkeit angesichts der Bedeutung des mit der Vorschrift verfolgten Ziels gewahrt. Bei ihrem Inkrafttreten waren bereits sieben Jahre seit dem Beitritt verstrichen; während dieser Zeit und noch ein weiteres Jahr bis zum 30. September 1998 bestand für die vom Eigentumsverlust bedrohten "Alt"-Eigentümer Gelegenheit, ihre Rechte aus dem Eigentum geltend zu machen (vgl. MünchKommBGB /Busche aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 20 m.w.N.; Bamberger/ Roth/Kühnholz aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 2; a.A. Rosenberger, VIZ 1997, 403; Horst, DtZ 1997, 183; s. auch Grün, ZIP 1996, 1860; 1997, 491).

d) Der Senat hat es bisher offengelassen, ob der Erwerb des Abwicklungsberechtigten des ehemaligen Volkseigentums nach Art. 237 § 2 EGBGB gegenüber dem Erwerb des Buchberechtigten nach Art. 237 § 1 EGBGB insoweit begünstigt ist, als dem wahren Berechtigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Ausschlußfrist versagt ist (Art. 232, § 2 Abs. 2 Satz 3 einerseits, Abs. 1 Satz 4 andererseits; Urt. v. 17. November 2000, V ZR 487/99, WM 2001, 477, 479). Die Frage kann auch weiter offen
bleiben. Die Kläger haben die Frist, jedenfalls nicht unverschuldet versäumt; denn der fristwahrenden Erhebung der Klage in gewillkürter Prozeßstandschaft stand nichts im Wege.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch
12
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen das ungenehmigte Fotografieren eines Gebäudes oder eines Gartens und die Verwertung solcher Fotografien allerdings nicht in jedem Fall eine Eigentumsbeeinträchtigung dar. An ihr fehlt es vielmehr, wenn ein Gebäude oder eine Gartenanlage von einer anderen Stelle aus als dem Grundstück, auf dem sie sich bleibend befinden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2002 - I ZR 102/99, BGHZ 150, 6, 9 f. für den verhüllten Reichstag), fotografiert werden und solche Fotografien verwertet werden (BGH, Urteile vom 9. März 1989 - I ZR 54/87, NJW 1989, 2251, 2252 und vom 5. Juni 2003 - I ZR 192/00, NJW 2004, 594, 595; ebenso OLG Düsseldorf, AfP 1991, 424, 425; OLG Köln, NJW 2004, 619 f.; LG Freiburg , NJW-RR 1986, 400, 401; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2000, 522, 524). Das hat der Bundesgerichtshof aus einer Parallelwertung zu § 59 UrhG abgeleitet. Die urheberrechtliche Freistellung soll nicht eigentumsrechtlich unterlaufen werden können.