vorgehend
Landgericht Hechingen, 2 O 366/10, 30.06.2011
Oberlandesgericht Stuttgart, 9 U 120/11, 21.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 11/12
Verkündet am:
24. Januar 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Vorsatzanfechtung gegenüber einem Leistungsmittler setzt nicht die Anfechtbarkeit
der Leistung auch gegenüber dem Leistungsempfänger voraus.

b) Die für die Vorsatzanfechtung von Zahlungen des Schuldners an Dritte gegenüber
seiner kontoführenden Bank als Leistungsmittlerin erforderliche Kenntnis der Bank
vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt nicht allein deshalb
vor, weil die Bank die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt.
BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - IX ZR 11/12 - OLG Stuttgart
LG Hechingen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein Kreditinstitut, verlangt von dem Beklagten als Verwalter in dem am 18. Dezember 2009 beantragten und am 31. Dezember 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des gewerblich tätiggewesenen W. S. (nachfolgend: Schuldner) Auszahlung eines Betrages von 31.084,96 € aus dem von diesem vereinnahmten Rückkaufswert einer Kapitallebensversicherung des Schuldners. Der Beklagte macht Gegenansprüche geltend , mit denen er gegen die Klageforderung aufrechnet und die er im Übrigen in Höhe von 111.226,24 € im Wege der Widerklage verfolgt.
2
Der Schuldner unterhielt bei der Klägerin ein Geschäftskonto, auf dem ihm zuletzt ein ungekündigter Kontokorrentkredit von 20.000 € eingeräumt war. Drei Monate vor Eingang des Insolvenzantrags, am 18. September 2009, betrug der Sollstand 18.690,57 €. In der kritischen Zeit erfolgten Zahlungseingänge über 145.045,68 €. Darüber durfte der Schuldner weitgehend wieder verfügen , so dass das Konto am 18. Dezember 2009 ein Soll von 17.987,33 € aufwies.
3
Die Kapitallebensversicherung des Schuldners war sicherungshalber an die Klägerin abgetreten. Den Rückkaufswert von 196.540,28 € zahlte der Versicherer an den Beklagten aus. Dieser behielt den Feststellungskostenanteil von 4 v.H. (7.861,61 €) sowie 36.397,11 € ein. Den Differenzbetrag von 152.281,56 € zahlte er an die Klägerin aus. Nach Abrechnung von Sicherheiten beläuft sich die unstreitige offene Restforderung der Klägerin auf 23.430,76 € in der Hauptsache und 7.654,23 € Zinsen, zusammen 31.084,99 €, den mit der Klage geltend gemachten Betrag.
4
Den Klageabweisungsantrag und die Widerklage begründete der Beklagte mit dem von ihm zuerst am 29. Dezember 2009 erklärten Widerspruch gegen die Ausführung von Lastschriften und der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Verrechnung der Zahlungseingänge auf dem Girokonto.
5
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 23.863,73 € stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen vom Beklagten eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren und die Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


7
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die zu Lasten des Kontos des Schuldners vorgenommenen Lastschriften bereits vom Schuldner genehmigt worden seien, weshalb der spätere Widerspruch des Beklagten ins Leere gegangen sei. Dies wird von der Revision nicht mehr in Frage gestellt. Soweit für die Revision noch von Bedeutung, hat das Berufungsgericht im Übrigen ausgeführt :
8
Der Beklagte berufe sich ohne Erfolg auf die von ihm erklärte Insolvenzanfechtung gemäß §§ 131, 133 InsO. Das Offenhalten einer Kontokorrentlinie sei in dem Umfang als kongruent und als Bargeschäft anzusehen, als es nicht zu einer Reduzierung des Kredits geführt habe.
9
Das gelte allerdings nur insoweit, als Verbindlichkeiten gegenüber Drittgläubigern erfüllt würden. Die Befriedigung eigener Forderungen der Bank sei nicht als Bargeschäft unanfechtbar. Daher sei die Rückführung von Darlehen der Klägerin in Höhe von 5.504,85 € vom Landgericht zu Recht als anfechtbar angesehen worden.
10
Auch ein Bargeschäft sei allerdings nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Anfechtung sei auch gegenüber der Bank als Anweisungsempfängerin ei- ner Überweisung möglich, weil die Verrechnung im Kontokorrent mit dem Aufwendungsersatzanspruch der Bank unzulässig sei, wenn die Bank diesen Anspruch in anfechtbarer Weise erlangt habe. Der Anfechtungstatbestand müsse dann aber nicht nur in der Person des Zuwendungsempfängers, sondern auch in der Person des Anweisungsempfängers gegeben sein.
11
Der Beklagte habe jedoch nicht ausreichend zu den Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gegenüber der Klägerin vorgetragen. Bei kongruenten Geschäften oder Bargeschäften seien an die Feststellung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes erhöhte Anforderungen zu stellen. Ein solcher Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sei auch im Deckungsverhältnis zur Bank denkbar. Dann müsse der Schuldner bei Erteilung des Überweisungsauftrages das Bewusstsein gehabt haben, die Bank wegen der Verrechnungsmöglichkeit mit den Zahlungseingängen im Rahmen des Kontokorrentkredits zu bevorzugen. Hierzu habe der Beklagte keinen konkreten Vortrag gehalten. Ein solcher Vorsatz sei auch nicht erkennbar, weil der Schuldner die verfügbare Liquidität auf dem Girokonto regelmäßig als sein Vermögen betrachte, über das er wie bei Barvermögen verfügen könne.
12
Auf die Frage, ob die Kenntnis der Klägerin vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners zu vermuten sei, komme es danach nicht an. Diese Vermutung könne bei Banken, die den Zahlungsverkehr automatisiert abwickeln, erschüttert sein.

II.


13
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts zur Vorsatzanfechtung gegenüber der Klägerin halten rechtlicher Prüfung nicht durchgehend stand.
14
Das Berufungsgericht hat zutreffend gesehen, dass eine Vorsatzanfechtung auch gegenüber einem Leistungsmittler, der auf Weisung des Schuldners dessen mittelbare Leistung an einen Dritten erbringt, grundsätzlich möglich ist. Das hat der Senat mit Urteil vom 29. November 2007 (IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 15 ff) entschieden. Das Berufungsgericht hat aber nicht ausreichend erkannt, unter welchen Voraussetzungen eine solche Anfechtung möglich ist. Der Senat hat diese Voraussetzungen erst nach Erlass der Entscheidung des Berufungsgerichts mit Urteil vom 26. April 2012 (IX ZR 74/11, ZIP 2012, 1038, zVb in BGHZ 193, 129) geklärt. Diese Grundsätze sind auch hier zugrunde zu legen.
15
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann im ungekündigten Kontokorrentverhältnis die Herstellung der Aufrechnungslage als kongruente Erfüllung der Kontokorrentabrede zu werten sein. Dies eröffnet den Weg zum Bargeschäftseinwand nach § 142 InsO, der durchgreift, soweit die Bank dem Schuldner aufgrund der Kontokorrentabrede allgemein gestattet, den durch die Gutschriften eröffneten Liquiditätsspielraum wieder in Anspruch zu nehmen, wenn und soweit der Schuldner den ihm versprochenen Kredit auch tatsächlich wieder abruft. Dient die erneute Inanspruchnahme des Kredits der Erfüllung von Forderungen von Fremdgläubigern, ist die Deckungsanfechtung einzelner Gutschriften mit dem Ziel, den Gegenwert nach § 143 Abs. 1 InsO zur Masse zu ziehen, ausgeschlossen. Anfechtbar ist dann nur die Rückführung des ausgereichten Dispositionskredits, zu dem es dadurch kommt, dass die Summe der in das Kontokorrent eingestellten Einzahlungen die der fremdnützigen Auszahlungen übersteigt (BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235 Rn. 15; vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, ZIP 2008, 237 Rn. 6).
16
Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es nur noch um solche Gutschriften , bei denen der Bargeschäftseinwand greift, die also nur unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.
17
2. Im Streitfall können die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO derzeit nicht ausgeschlossen werden. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen , wenn sie der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
18
Mit Urteil vom 26. April 2012 (aaO) hat der Senat zwischenzeitlich die Grundsätze festgelegt, die im Verhältnis zum uneigennützigen Treuhänder gelten , der ihm überlassene Geldbeträge vereinbarungsgemäß an bestimmte Gläubiger weiterleitet. Diese Grundsätze gelten auch im Verhältnis zur Schuldnerbank , die dem Schuldner im Rahmen eines eingeräumten, ungekündigten Kontokorrentkredits gestattet, über eingegangene Beträge zugunsten Dritter erneut zu verfügen (vgl. BGH, aaO Rn. 22 ff, 27).
19
a) Die Überweisungen des Schuldners an Dritte und seine Genehmigungen von Lastschriften Dritter im Rahmen der offenen Kreditlinie eines Kontokorrentkredits haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirkt. Eine Gläubigerbenach- teiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich also die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, WM 2011, 371 Rn. 12; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011, 803 Rn. 8; vom 26. April 2012, aaO Rn. 11).
20
Die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits stellt nicht lediglich, wie die Revisionserwiderung meint, einen masseneutralen Gläubigertausch dar, sondern bewirkt nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine Gläubigerbenachteiligung (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, WM 2001, 1476, 1477; vom 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, WM 2002, 561; vom 11. Januar 2007 - IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 Rn. 12; vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 13). Dies steht in Übereinstimmung mit dem Grundsatz, dass die abtrennbaren Wirkungen anfechtbarer Rechtshandlungen bei Prüfung der objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO einzeln zu betrachten sind (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009, aaO mwN). Hieran etwas zu ändern , bietet der Fall keinen Anlass.
21
b) Der Umstand, dass die Zahlungen auch gegenüber den Zahlungsempfängern anfechtbar sein können, hindert eine Anfechtung gegenüber der Klägerin als Zahlungsmittlerin nicht. Der Zahlungsmittler ist nicht schutzwürdig, wenn er sich infolge seiner Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners die in der Zahlung an Dritte liegende Gläubigerbenachteiligung zurechnen lassen muss. Denn durch die Ausführung eines vorsätzlich gläubigerbenachteiligenden Zahlungsauftrages wird der Leistungsmittler, der hierüber im Bilde ist, nicht entlastet. Er ist unter diesen Umständen gegebenenfalls neben dem Zahlungsempfänger gesamtschuldnerisch zur Rückgewähr des weggegebenen Geldes verpflichtet. Allerdings kann er den Empfänger möglicherweise im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches auf Regress in Anspruch nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 aaO Rn. 15). Umgekehrt schließt jedoch der Umstand, dass die Leistung gegenüber dem Zahlungsempfänger nicht anfechtbar ist, eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler nicht aus. Dieser hat dann allerdings keinen Regressanspruch. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es deshalb nicht erforderlich, dass für eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler auch die Voraussetzungen der Anfechtung gegenüber dem Leistungsempfänger gegeben sind. Beide Anfechtungsmöglichkeiten sind voneinander unabhängig.
22
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss der Schuldner bei Erteilung der Überweisungsaufträge nicht das Bewusstsein gehabt haben, die Bank wegen der Verrechnungsmöglichkeit mit den Zahlungseingängen zu bevorzugen. Hierauf kommt es nicht an.
23
Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 8; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8).
24
In diesen Fällen handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der konkreten Aussicht, demnächst weiteren Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit der baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewandt werden kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO; vom 5. März 2009, aaO; vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, WM 2013, 88 Rn. 7; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, Umdruck S. 8, zVb).
25
Diese Grundsätze gelten nach der neueren Rechtsprechung des Senats entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird. Dies hat der Senat mit Urteil vom 10. Januar 2013 ausdrücklich klargestellt (BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, Umdruck S. 8 f, zVb).
26
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Schuldner jedenfalls seit August 2009 zahlungsunfähig war und dies auch wusste. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht bislang nicht getroffen, weil es für die Beurteilung des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat.
27
d) Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt zudem voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kennt. Ob die Klägerin diese Kenntnis hatte, hat das Berufungsgericht offengelassen.
28
aa) Die Kenntnis des Anfechtungsgegners wird gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch hier die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher grundsätzlich, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter vielmehr gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 10. Januar 2013, Umdruck S. 14, zVb).
29
Das Landgericht hat festgestellt, dass der Klägerin spätestens ab Eingang des Schreibens des Rechtsanwalts E. des Schuldners vom 13. August 2009 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldner hatte. Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung bisher nicht getroffen.
30
bb) Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners berechtigt allerdings ein Kreditinstitut im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens nicht dazu, die Ausführung von eingehenden Zahlungsaufträgen eines weiterhin verpflichtungsund verfügungsbefugten Schuldners zu verweigern. Vielmehr darf ein Zahlungsdienstleister gemäß § 675o Abs. 2 BGB die Ausführung eines Vertrages nicht ablehnen, wenn die vertraglich vereinbarten Bedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Mithin muss die Bank, sofern ein Guthaben oder eine offene Kreditlinie vorhanden ist, grundsätzlich eine Überweisung vornehmen, selbst wenn sie von einem Insolvenzantrag oder der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis erlangt hat. Es macht dann keinen Unterschied, ob die Bank die Leistung an den Schuldner oder einen von diesem benannten Dritten erbringt. Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 23).
31
Setzt die Schuldnerbank als Zahlstelle die Erledigung von Aufträgen des Schuldners lediglich zahlungstechnisch um, kommt deshalb eine Vorsatzanfechtung ihr gegenüber auch bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners regelmäßig nicht in Betracht, weil es sich bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch ein Kreditinstitut um alltägliche Geschäftsvorgänge handelt , denen ein Wille des Überweisenden, seine Gläubiger zu benachteiligen, für die Bank regelmäßig nicht zu entnehmen ist (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 24). Denn für das Kreditinstitut sind verschiedene Konstellationen denkbar, bei denen trotz Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners dessen Zahlungsaufträge keinen anfechtungsrechtlichen Bedenken begegnen.
32
Das Kreditinstitut kennt den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners allerdings dann, wenn es nicht nur über dessen Zahlungsunfähig- keit unterrichtet, sondern im Zuge der Verfolgung eigener Interessen in eine vom Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden ist.
33
Es sind vielfältige Formen eines solchen Zusammenwirkens denkbar. Es ist etwa zu bejahen bei einem im Hinblick auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mit der Bank abgestimmten Zahlungsverhalten oder in Fällen , in denen die Bank nur ihr genehme Zahlungsaufträge des Schuldners zur Befriedigung einzelner von ihr bevorzugter Gläubiger ausführt (vgl. im Einzelnen BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 26 ff).

III.


34
Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien im Blick auf § 133 Abs. 1 InsO zu prüfen haben, ob ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorlag und ob die Klägerin hiervon Kenntnis hatte.
35
Greift die Anfechtung durch, ist die Beklagte zum Wertersatz verpflichtet, ohne sich auf einen Wegfall der Bereicherung berufen zu können (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 30 ff).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
LG Hechingen, Entscheidung vom 30.06.2011 - 2 O 366/10 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 21.12.2011 - 9 U 120/11 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2013 - IX ZR 13/12

bei uns veröffentlicht am 10.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 13/12 Verkündet am: 10. Januar 2013 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja "Göttinger Gruppe"

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2012 - IX ZR 74/11

bei uns veröffentlicht am 26.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 74/11 Verkündet am: 26. April 2012 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1 Ein.
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2013 - IX ZR 11/12.

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2013 - IX ZR 235/12

bei uns veröffentlicht am 25.04.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 235/12 Verkündet am: 25. April 2013 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2013 - IX ZR 93/11

bei uns veröffentlicht am 05.12.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 93/11 Verkündet am: 5. Dezember 2013 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 133 Abs. 1

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juni 2013 - IX ZR 259/12

bei uns veröffentlicht am 13.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 259/12 Verkündet am: 13. Juni 2013 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO §§ 130, 131, 142

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Feb. 2014 - IX ZR 221/11

bei uns veröffentlicht am 06.02.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 221/11 vom 6. Februar 2014 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und den Richt

Referenzen

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,

1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder
3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.

(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

15
b) In Betracht kommt jedoch ein Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO; insoweit fehlt es an den für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 74/11
Verkündet am:
26. April 2012
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ein uneigennütziger Treuhänder unterliegt der Vorsatzanfechtung, wenn er nach
Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ihm überlassene Geldbeträge
vereinbarungsgemäß an bestimmte, bevorzugt zu befriedigende Gläubiger des
Schuldners weiterleitet.
Ein uneigennütziger Treuhänder, der anfechtbar erlangte Gelder des Schuldners
weisungsgemäß an dessen Gläubiger auszahlt, ist zum Wertersatz verpflichtet,
ohne sich auf einen Wegfall der Bereicherung berufen zu können (Aufgabe von
BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298, 301 ff).
BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. April 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt wurde.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 15. Dezember 2003 über das Vermögen der G. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 2. März 2004 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Die Beklagte, eine Steuerberatersozietät, erbrachte für die im Bereich der Lagerlogistik tätige Schuldnerin allgemeine wirtschaftliche und steuerrechtliche Beratungsleistungen. Zur Abgeltung ihr zuvor in Rechnung gestellter Honorarforderungen überwies die Schuldnerin am 18. Dezember 2003 Beträge von insgesamt 24.650 € und am 22. Dezember 2003 einen Betrag von 9.601,61 € an die Beklagte.
3
Außerdem veranlasste die Schuldnerin am 23. Dezember 2003 zwei weitere Überweisungen über insgesamt 33.000 € an die Beklagte. Mit diesen Geldern tilgte die Beklagte weisungsgemäß offene Beitragsrückstände der Schuldnerin bei verschiedenen Krankenkassen sowie Lohnforderungen von Arbeitnehmern der Schuldnerin.
4
Der auf Erstattung sämtlicher Überweisungsbeträge gerichteten Zahlungsklage haben Landgericht und Oberlandesgericht lediglich hinsichtlich der Überweisungen vom 18. und 22. Dezember 2003 in Höhe von 34.251,61 € stattgegeben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein abgewiesenes Zahlungsbegehren über 33.000 € weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Hinsichtlich der Abweisung der Klageforderung über 33.000 € hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine Anfechtung gegen die Beklagte nach §§ 130, 131 InsO scheide aus, weil diese die Zahlungen vereinbarungsgemäß als Sozialversicherungsbeiträge an verschiedene Krankenkassen und als Vergütung an Arbeitnehmer weitergeleitet und daher lediglich als Zahlstelle fungiert habe. Die Überweisung sei auch nicht nach § 133 InsO anfechtbar. Der Kläger könne sich nicht mit Erfolg auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. November 2007 (IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314) berufen, weil der jener Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sei. Der Bundesgerichtshof habe ausgeführt, Anfechtungsgegner im Sinne der Vorsatzanfechtung könne auch sein, wer infolge der anfechtbaren Handlung Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt habe. So liege es hier jedoch nicht, weil die Beklagte das Geld nur zur Weiterleitung erhalten habe und nicht von einer Verbindlichkeit befreit worden sei. Die Beklagte könne nicht deshalb als Drittschuldnerin angesehen werden, weil die Schuldnerin vor der Weiterleitung der empfangenen Beträge noch die Möglichkeit gehabt habe, von der Beklagten Rückzahlung des Geldes zu verlangen. Vielmehr seien die Überweisungen allein vorgenommen worden, um die empfangenen Beträge nach Weisung der Schuldnerin weiterzuleiten.
7
Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand.

II.


8
Noch zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass eine Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) gegen die Beklagte ausscheidet, weil diese keine Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin ist.
9
Hat der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert hat, so richtet sich die Deckungsanfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners handelte (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 35). Da mittelbare Zuwendungen so zu behandeln sind, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar von dem Schuldner erworben, findet die Deckungsanfechtung nicht gegen den Leistungsmittler, der als solcher kein Gläubiger des Schuldners ist, sondern allein gegen den Leistungsempfänger statt (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14). Die Schuldnerin hat sich im Streitfall der Beklagten als Zwischenperson bedient, um Zuwendungen an ihre Gläubiger zu erbringen. Zugleich erkannten die Zuwendungsempfänger , dass es sich um Leistungen der Schuldnerin handelte. Vor diesem Hintergrund kommt eine Anfechtung nach §§ 130, 131 InsO gegen die Beklagte als bloße Leistungsmittlerin nicht in Betracht.

III.


10
Im Streitfall können jedoch entgegen der Annahme des Berufungsgerichts die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 129 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO bestehen. Nach diesen Vorschriften ist eine Rechtshandlung anfechtbar, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligt, wenn der Schuldner sie in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen , vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
11
1. Die Überweisungen des Schuldners an die Beklagte in Höhe von ins- gesamt 33.000 € haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubi- gerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs.1 InsO bewirkt. Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, sich somit die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 20. Januar 2011 - IX ZR 58/10, WM 2011, 371 Rn. 12; vom 17. März 2011 - IX ZR 166/08, WM 2011, 803 Rn. 8; vom 29. September 2011 - IX ZR 74/09, WM 2011, 2293 Rn. 6; ständige Rechtsprechung).
12
Durch die Überweisungen an die Beklagte hat sich die Schuldnerin zum Nachteil ihrer Gläubiger finanzieller Mittel in Höhe von 33.000 € entäußert, ohne hierfür eine gleichwertige Gegenleistung zu erhalten. Der zunächst noch bestehende Herausgabeanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte gemäß §§ 675, 667 BGB ist kein gleichwertiges Surrogat der abgeflossenen Zahlungsmittel. Allerdings war das Treuhandverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten nach § 116 InsO mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin und Treugeberin erloschen. Die Masse hätte Zwangsvollstreckungen in das Treuhandanderkonto der Beklagten nach § 771 ZPO abwehren und in einer etwaigen Treuhänderinsolvenz das Treuhandguthaben aussondern können. Deshalb wird im Schrifttum die Einzahlung des Schuldners auf ein Treuhandanderkonto teilweise nicht als gläubigerbenachteiligend angesehen (Jaeger/Henckel, InsO, § 129 Rn. 193 f). Dagegen spricht, dass Gläubiger des Schuldners das Treuhandguthaben nicht wie dessen Bankguthaben aufgrund eines Vollstreckungstitels gegen den Schuldner pfänden können, so dass ein Zugriffshindernis entstanden ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298, 301). Gerade ein beruflich zur Verschwiegenheit verpflichteter Treuhänder ist dem Insolvenzverwalter auch nicht ohne weiteres nach § 97 InsO zur Auskunft verpflichtet, so dass sich Schwierigkeiten dabei ergeben können, den Verbleib von Treuhandgeldern aufzuklären. Folglich ist daran festzuhalten, dass bereits die Weggabe von Geldern an einen uneigennützigen Verwaltungstreuhänder des Schuldners für dessen Gläubiger benachteiligend ist. Diese Wirkung tritt nicht erst durch die Weiterleitung der empfangenen Geldmittel auf Geheiß des Schuldners ein, so dass es hier auf die Frage nicht ankommt, ob eine darin liegende weitere Gläubigerbenachteiligung durch Erlöschen der Rechte des Schuldners gegenüber dem Verwaltungstreuhänder diesem im Falle eines kollusiven Zusammenwirkens zugerechnet werden kann.
13
2. Der Bundesgerichtshof hat früher die Gläubigeranfechtung gegen den uneigennützigen Verwaltungstreuhänder des Schuldners nach § 7 AnfG aF versagt , weil er dann, wenn er dem Anfechtenden zum Wertersatz verpflichtet wäre , wirtschaftlich etwas gewähren würde, was, solange das Treuhandverhältnis bestand, niemals aus dem Schuldnervermögen ausgeschieden sei. Habe der Treuhänder auf Geheiß des Schuldners das Treugut auf einen Dritten übertragen , so werde vielfach dieses Geschäft ebenfalls anfechtbar sein. Daneben bedürfe es keines Wertersatzanspruchs der Gläubiger gegen den Treuhänder (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993, aaO S. 302). Diese Überlegung ist nach der Rechtsfolgenverweisung des § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht mehr stichhaltig.
14
a) Zwar trifft es auch weiterhin zu, dass die Weiterleitung von Treuhandgeldern des Schuldners auf dessen Weisung vielfach als mittelbare Zuwendung gegenüber den begünstigten Insolvenzgläubigern gleichfalls anfechtbar sein wird. Die Deckungsanfechtung gegen den Insolvenzgläubiger schließt aber nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich die Vorsatzanfechtung gegen einen die Zahlung vermittelnden Verwaltungstreuhänder des Schuldners nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 24 f).
15
b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Der zahlungsvermittelnde Verwaltungstreuhänder ist nicht schutzwürdig, wenn er infolge seiner Kenntnis von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, der sich nicht nur auf die Begründung der Verwaltungstreuhand beschränkt, sondern eine Masseverkürzung durch die auf diesem Wege ermöglichten mittelbaren Zuwendungen an bestimmte Insolvenzgläubiger einschließt, sich auch die weitere Gläubigerbenachteiligung zurechnen lassen muss. Er handelt trotz seines Treuhandauftrages damit auch schuldhaft im Sinne von § 989 BGB. Denn durch die Ausführung einer vorsätzlich gläubigerbenachteiligenden Weisung, die der Verwaltungstreuhänder als solche erkennt, wird er anfechtungsrechtlich nicht entschuldigt. Der uneigennützige Verwaltungstreuhänder ist unter diesen Umständen gesamtschuldnerisch mit dem Empfänger der mittelbaren Zuwendung zur Rückgewähr der weggegebenen Gelder verpflichtet (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007, aaO Rn. 25 f). Im Innenverhältnis schuldet dieser Empfänger nach § 426 Abs. 1 BGB die Rückgewähr des mittelbar an ihn geleisteten Geldes allein. Diese Regressmöglichkeit mildert das anfechtungsrechtliche Haftungsrisiko eines nach § 133 Abs. 1 InsO bösgläubigen Verwaltungstreuhänders des Schuldners in interessengerechter Weise. Muss der Empfänger einer mittelbaren Leistung aufgrund des Gesamtschuldnerausgleichs das Erlangte an den mithaftenden Anfechtungsgegner herausgeben, so lebt nach Wortlaut und Sinn von § 144 Abs. 1 InsO seine Forderung gegen die Insolvenzmasse ebenso wieder auf, als wenn er den Rückgewähranspruch der Masse gemäß § 143 Abs. 1 InsO selber erfüllt hätte.
16
3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO getroffen. Auf der Grundlage des im Revisionsverfahren als zutreffend zu unterstellenden Klagevorbringens liegt ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin vor.
17
Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, Rn. 14 mwN; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 19; vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 19; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 8). In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f). Der Benachteiligungsvorsatz eines Schuldners, der unter Einschaltung einer Mittelsperson Zahlungen an seine Gläubiger bewirkt, ist im Deckungs- und Valutaverhältnis einheitlich zu bestimmen (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 33).
18
Die Schuldnerin hat die Überweisungen am 23. Dezember 2003 laut der Klagedarstellung erbracht, nachdem sie über ihre Zahlungsunfähigkeit und den am 15. Dezember 2003 gegen sie gestellten Insolvenzantrag unterrichtet war. Mit ihrer Zahlung wollte sie unter Einschaltung der Beklagten ersichtlich eine Begünstigung sowohl der Sozialversicherungsträger als auch ihrer Arbeitnehmer sicherstellen, die notwendigerweise zu Lasten der übrigen Gläubiger gehen musste. Bei dieser Sachlage einer Gläubigerbefriedigung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und des bereits gestellten Eröffnungsantrags wäre ein Benachteiligungsvorsatz ohne weiteres gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 14).
19
4. Der Gesamtplan des Schuldners, bestimmte Gläubiger zum Nachteil der anderen zu bevorzugen, wurde auf der Grundlage des Klagevorbringens auch von der Beklagten erkannt.
20
a) Kennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder ist er über einen gegen den Schuldner gestellten Eröffnungsantrag unterrichtet , so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist der Anfechtungsgegner zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 153; vom 18. März 2010, aaO Rn. 19 ff; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 21; vom 29. September 2011, aaO Rn. 15). Nach dem Klageinhalt war der Beklagten sowohl die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin als auch der gegen sie gestellte Insolvenzantrag bekannt. Allein aus dem Wissen um tatsächliche Umstände, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit folgt, kann nicht in jedem Fall schon die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners abgeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8).
21
b) Wird ein Anfechtungsgegner als bloße Zahlstelle des Schuldners tätig, ist der Leistungsmittler an dem Zahlungsvorgang nur in dieser technischen Funktion als Zahlstelle beteiligt, ohne einen eigenen Vorteil zu erlangen. Sofern sich hingegen die Mitwirkung des Anfechtungsgegners nicht in der Erledigung von Zahlungsvorgängen erschöpft, sondern er über die allgemein geschuldeten Dienstleistungen einer Zahlstelle hinaus im Eigen- oder Fremdinteresse aktiv an einer vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung des Schuldners teilnimmt, kann aus dieser Mitwirkung in Verbindung mit der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit auf die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes geschlossen werden (MünchKomm-InsO/Kirchhof, InsO, 2. Aufl., § 129 Rn. 49a). In dieser Weise könnte der Streitfall gelagert sein.
22
aa) Bei der Würdigung, ob eine Vorsatzanfechtung gegen einen Leistungsmittler durchgreift, ist zu beachten, dass dieser selbst in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder eines gegen ihn gestellten Eröffnungsantrages in seiner Funktion als Zahlstelle verpflichtet sein kann, von dem Schuldner veranlasste Zahlungsaufträge durchzuführen. Dies trifft insbesondere auf Banken zu, soweit diese in den Leistungsvorgang zwischen dem Schuldner und dem Leistungsempfänger eingeschaltet werden.
23
(1) Allein die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder eines gegen ihn gestellten Eröffnungsantrages berechtigt ein Kreditinstitut im Vorfeld der Insolvenzeröffnung nicht dazu, die Ausführung von eingereichten Zahlungsaufträgen des - mangels Erlasses von Anordnungen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO - weiter verpflichtungs- und verfügungsbefugten Schuldners zu verweigern. Vielmehr darf ein Zahlungsdienstleister gemäß § 675o Abs. 2 BGB die Ausführung eines Vertrages nicht ablehnen, wenn die vertraglich vereinbarten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Ausnahmsweise ist der Zahlungsdienstleister etwa bei einem Verstoß gegen Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung zur Ablehnung des Auftrags verpflichtet (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 108). Mithin muss die Bank, sofern ein Guthaben oder eine offene Kreditlinie vorhanden ist, eine Überweisung vornehmen, selbst wenn sie von einem Insolvenzantrag oder der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erfahren hat (Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rn. 3.15, 3.20; ebenso Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 82 Rn. 21 zum früheren Rechtszustand). Es besteht dann kein rechtlicher Unterschied, ob das Kreditinstitut die dem Schuldner geschuldete Leistung an diesen selbst oder an einen von diesem bezeichneten Dritten erbringt (vgl. Bork in FS G. Fischer, 2008, S. 37, 47). Entsprechendes gilt im Lastschriftverfahren. Als Zahlstelle ist die Bank auch in diesem Fall - sofern nicht gesetzliche Verbotsregeln eingreifen - zur Einlösung der ihr vorgelegten Lastschrift verpflichtet, falls für die konkrete Buchung ausreichende Deckung vorhanden ist (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 17 mwN).
24
(2) Setzt eine Zahlstelle die Erledigung seitens des Schuldners erteilter Zahlungsaufträge lediglich rein zahlungstechnisch um, wird eine Vorsatzanfechtung vielfach nicht in Betracht kommen, weil sie als Leistungsmittler nicht erkennen kann, ob die von dem Schuldner veranlassten Zahlungsvorgänge überhaupt rechtlich zu beanstanden sind. Bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs etwa durch ein Kreditinstitut handelt es sich um alltägliche Geschäftsvorgänge, denen ein Wille des Überweisenden, seine Gläubiger zu benachteiligen, regelmäßig nicht zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 37). Für das Kreditinstitut sind unterschiedliche Gestaltungen denkbar, bei denen die Ausführung eines Zahlungsauftrags trotz Zahlungsunfähigkeit des Kontoinhabers keinen anfechtungsrechtlichen Beden- ken begegnet. Eine Überweisung kann etwa dem Zweck dienen, einen insolvenzfest gesicherten Vertragspartner zu befriedigen (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - IX ZR 63/10, WM 2011, 762, vorgesehen für BGHZ 189, 1 Rn. 32) oder bei dem Zahlungsempfänger ein insolvenzfestes Sicherungsrecht abzulösen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZR 39/08, WM 2009, 812 Rn. 13). Handelt es sich um eine Privatperson, kann die Zahlung aus dem unpfändbaren Schonvermögen herrühren (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 13 ff). Ebenso kann eine Zahlung mit der Erledigung eines für sich genommen anfechtungsrechtlich beanstandungsfreien Bargeschäfts verknüpft sein. Gerade die von § 142 InsO eröffnete Möglichkeit, auch zahlungsunfähigen Schuldnern beim unmittelbaren Austausch gleichwertiger Leistungen ohne Anfechtungsrisiken für deren Vertragspartner die Teilnahme am allgemeinen Geschäftsverkehr zu erhalten (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 167), würde angesichts der Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ausgehöhlt, wenn bei Ausführung darauf bezogener Zahlungsaufträge anstelle der Vertragspartner die mitwirkenden Banken eine Anfechtung zu befürchten hätten.
25
(3) Allerdings kann ein Kreditinstitut auch ohne rechtliche Verpflichtung Lastschrifteinzüge zulassen oder Überweisungen vornehmen, wenn die seinem Kunden gewährte Kreditlinie überschritten ist. Dann kommt es zu einer Erweiterung der Kreditlinie hinsichtlich der geduldeten Zahlung (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14). Auch in diesem Fall kann allein aus der Vornahme der Handlung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners keine Kenntnis seines Benachteiligungsvorsatzes hergeleitet werden. Durch eine Kreditgewährung an einen zahlungsunfähigen Schuldner mag die Bank ihr Ausfallrisiko erhöhen; für ihre Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist dieser Umstand jedoch ohne Belang.

26
bb) Dagegen erkennt der Leistungsmittler den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er bei Ausführung von Zahlungsaufträgen nicht nur über dessen Zahlungsunfähigkeit unterrichtet ist, sondern im Zuge der Verfolgung von Sonderinteressen in eine von dem Schuldner angestrebte Gläubigerbenachteiligung eingebunden ist. In einem solchen Fall ist der Leistungsmittler nicht mehr als reine Zahlstelle anzusehen. Bereits der historische Gesetzgeber hat es als Selbstverständlichkeit betont, dass kollusive Vorgehensweisen der Vorsatzanfechtung unterliegen (Hahn, Materialien zur Konkursordnung, Neudruck der Ausgabe Berlin 1881, 1983, S. 121, 130 f). Im Fall eines kollusiven Zusammenwirkens mit dem Schuldner hat der Leistungsmittler - anders als bei der rein technischen Durchführung von Zahlungsvorgängen (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 37 f) - Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners.
27
(1) Es sind vielfältige Gestaltungen denkbar, in denen eine Gläubigerbenachteiligung auf kollusives Zusammenwirken des Schuldners mit dem Zahlungsmittler zurückgeht. Eine solche Konstellation ist anzunehmen, wenn es sich um ein zwischen dem Schuldner und dem Leistungsmittler mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Zwangslage des Schuldners abgestimmtes, einzelne Gläubiger begünstigendes Zahlungsverhalten handelt. In solchen Fällen besteht kein Unterschied, ob es sich bei dem Zahlungsmittler um einen beauftragten Treuhänder oder um eine Bank handelt. Der Benachteiligungsvorsatz wird etwa erkannt, wenn der Leistungsmittler mangels insgesamt hinreichender Deckung in Absprache mit dem Schuldner bestimmte Gläubiger durch eine Zahlung befriedigt. Ebenso ist von einer Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes auszugehen , wenn eine Bank bei unzureichender Deckung, ohne sich mit dem Schuldner ins Benehmen zu setzen, lediglich einzelne Zahlungsaufträge an von ihr bevorzugte Empfänger zum Zwecke einer selektiven Befriedigung ausführt. Gleiches gilt bei Duldung einer Überschreitung der Kreditlinie, die allein deshalb erfolgt, weil die Bank die Befriedigung eines bestimmten Zahlungsempfängers sicherstellen will. In einer solchen Situation schaltet sich die Bank anders als im normalen Giroverkehr mit eigenem Benachteiligungswillen in die konkreten Zahlungsabläufe zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern ein. Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes ist schließlich nicht zu bezweifeln, wenn ein Kreditinstitut seine Funktion als Zahlstelle missbraucht, indem es bei insgesamt nicht genügender Deckung eine Überweisung von einem Guthabenkonto des Schuldners auf ein bei dem Kreditinstitut geführtes Darlehenskonto des Schuldners zulässt, die in der Art einer Vorwegbefriedigung zur Verringerung eines dem Schuldner von der Bank gewährten Kredits führt.
28
(2) Im Streitfall kann die Beklagte möglicherweise einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin erkannt haben.
29
Die Beklagte war nicht allgemein in die Abwicklung des Zahlungsverkehrs der Schuldnerin eingeschaltet. Vielmehr wurden ihr von der Schuldnerin eigens Zahlungsbeträge mit der Weisung zugewandt, die Mittel zur Tilgung von Verbindlichkeiten der Schuldnerin zu verwenden. Dabei ist zu beachten, dass die Treuhandvereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten, welche die Beklagte zur weisungsgemäßen Befolgung von Zahlungsaufträgen der Schuldnerin verpflichtete, möglicherweise zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde , als der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits bekannt war und sie folglich gebilligt hat, durch den Vertragsschluss in gläubigerbenachteiligende Handlungen eingebunden zu werden. Überdies kann die Beklagte zahlungslenkend an einer selektiven Befriedigung von Gläubigern der Schuldnerin mitgewirkt haben, wenn sie die ihr anvertrauten Gelder weisungsgemäß und wissentlich gezielt zur Befriedigung von bestimmten einzelnen Gläubigern der Schuldnerin trotz zumindest drohender Zahlungsunfähigkeit verwendet hat. Im Blick auf die Zahlungsempfänger kann die Beklagte ferner erkannt haben, dass es sich nicht etwa um bevorrechtigte Gläubiger handelte und keine Bargeschäfte vorlagen.

IV.


30
Falls die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO eingreifen, ist die Beklagte gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB zur Zahlung von 33.000 € an den Kläger verpflichtet.
31
1. Die Beklagte, welche - nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt - die ihr überlassenen Geldmittel an Gläubiger der Schuldnerin weitergeleitet hat, ist nicht in der Lage, der sie gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO treffenden Verpflichtung nachzukommen, die aus dem Vermögen der Schuldnerin weggegebenen Gegenstände zurückzugewähren. Vielmehr hat die Beklagte gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB Wertersatz zu leisten. Da gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO der Mangel des rechtlichen Grundes als von Anfang an bekannt gilt, ist der Anfechtungsgegner wie ein bösgläubiger Bereicherungsschuldner der verschärften Haftung des § 819 Abs. 1 BGB unterworfen und so zu behandeln, als wäre der Rückgewähranspruch gegen ihn im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Handlung (§ 140 InsO) rechtshängig geworden (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 14; vom 13. Dezember 2007 - IX ZR 116/06, WM 2008, 449 Rn. 7). Ist folglich bei dem Anfechtungsgegner von einer Kenntnis der Rückgewährpflicht auszugehen, erweist sich jede Weitergabe des zurückzugewährenden Gegenstandes durch ihn als pflichtwidrig (Jacoby in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2011, § 143 Rn. 60). Darum hat der Empfänger im Falle einer freiwilligen Übertragung der anfechtbar erworbenen Gegenstände dafür uneingeschränkt Wertersatz zu leisten (Jacoby in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 143 Rn. 61 ff; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 143 Rn. 79; Jaeger/ Henckel, aaO, § 143 Rn. 126). Da die Beklagte den anfechtbar erworbenen Betrag in vollem Umfang durch Überweisungen an Dritte weitergeleitet hat, ist sie unter den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO in Höhe von 33.000 € zur Zahlung von Wertersatz verpflichtet.
32
2. Zwar hat der Senat in dem bereits erwähnten Urteil zu § 3 Abs. 1, § 7 Abs. 1 AnfG entschieden, dass sich der Wertersatzanspruch ausnahmsweise auf den von dem Anfechtungsgegner selbst erlangten wirtschaftlichen Vorteil beschränkt, wenn dieser - wie im Streitfall - allein in der Funktion eines uneigennützigen Treuhänders anfechtbar eine Leistung erhalten und das Erlangte im Rahmen des Treuhandauftrags verwendet hat (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993 - IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298, 302 f). An dieser Entscheidung kann unter der Geltung von § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 11 Abs. 1 Satz 2 AnfG zum Umfang der geschuldeten Rückgewähr nicht festgehalten werden.
33
a) Vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung hatte der Anfechtungsgegner nach der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Auffassung im Rahmen der Konkursanfechtung bei Unmöglichkeit einer Rückgabe in Natur auch dann vollen Wertersatz zu leisten, wenn er die Unmöglichkeit der Rückgewähr oder die Verschlechterung des anfechtbar erworbenen Gegenstandes nicht verschuldet hatte (BT-Drucks. 12/2443, S. 167; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - IX ZR 167/86, BGHZ 101, 286, 288 f). Die Zufallshaftung galt auch für die Gläubigeranfechtung (Huber, AnfG, 10. Aufl., § 11 Rn. 5). Diese strengen Grundsätze hat der Senat jedoch nicht auf die Haftung eines uneigennützigen Treuhänders angewandt und ihm ausnahmsweise die Berufung auf Entreicherung gestattet (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993, aaO, S. 303 f).
34
b) Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung und des entsprechend angepassten Anfechtungsgesetzes hat es als unangemessen erachtet, den Anfechtungsgegner einer Zufallshaftung zu unterwerfen, sondern sowohl bei der Insolvenzanfechtung (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) als auch bei der Gläubigeranfechtung (§ 11 Abs. 1 Satz 2 AnfG) einer Gleichbehandlung mit bösgläubigen Bereicherungsschuldnern und unrechtmäßigen Besitzern den Vorzug gegeben (§ 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 292 Abs. 1, § 989 BGB). Durch die Neuregelungen hat der Gesetzgeber im Vergleich zu dem früheren Rechtszustand zugunsten von Anfechtungsgegnern eine Haftungserleichterung beabsichtigt (BTDrucks. 12/2443, S. 167). Allerdings soll der Anfechtungsgegner im Fall der Unmöglichkeit der Rückgabe haftungsrechtlich nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden als bösgläubige Bereicherungsschuldner und unrechtmäßige Besitzer (vgl. BT-Drucks. 12/3803, S. 58). Angesichts der einheitlichen Anbindung der Haftung des Anfechtungsgegners an die Haftung bösgläubiger Bereicherungsschuldner und unrechtmäßiger Besitzer ist die genannte Entscheidung , soweit sie sich mit dem Entreicherungseinwand befasst, überholt. Haftet der Anfechtungsgegner bei Weggabe eines anfechtbar erworbenen Gegenstandes generell auf Wertersatz, hat dies auch für einen uneigennützigen Treuhänder zu gelten.
35
c) Diese rechtliche Bewertung ist mit Rücksicht auf den Zweck der Insolvenzanfechtung , im Interesse der Wiederherstellung des Schuldnervermögens bestimmte, als ungerechtfertigt angesehene Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen (BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 29; vom 17. Februar 2011 - IX ZR 91/10, WM 2011, 1080 Rn. 9), allein sachgerecht. Versagte der Wertersatzanspruch gegen einen uneigennützigen Treuhänder generell, könnte der Schuldner durch Einsatz einer solchen Person, die Schuldnervermögen auf bevorzugt befriedigte Gläubiger überträgt, die der Gläubigergleichbehandlung verpflichtete Insolvenzanfechtung auf einfachstem Wege unterlaufen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 1993, aaO S. 303 f). Geradezu widersinnig wäre es, wenn ein Treuhänder ihm vor Verfahrenseröffnung von dem Schuldner zwecks Vereitelung eines Zugriffs durch den Insolvenzverwalter vorübergehend übertragene Vermögenswerte dem Schuldner nach Verfahrenseröffnung ohne Anfechtungsrisiko heimlich zurückgewähren könnte (vgl. BGH, aaO S. 303). Damit würden sogar Fälle eines kollusiven Zusammenwirkens von Schuldner und Treuhänder allgemein der Anfechtung entzogen.

V.


36
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Mangels Entscheidungsreife ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). In der wiedereröffneten mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht im Blick auf die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO zu prüfen haben, ob ein Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin daraus hergeleitet werden kann, dass ihr im Zeitpunkt der an die Beklagte bewirkten Überweisungen ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt war. Ein etwaiger Benachteiligungsvorsatz kann von der Beklagten erkannt worden sein, wenn diese über die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin unterrichtet war und die überwiesenen Beträge weisungsgemäß eingesetzt hat, um bestimmte Gläubiger der Schuldnerin bevorzugt zu befriedigen.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.10.2008 - 321 O 52/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.04.2011 - 6 U 225/08 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

6
Die Anfechtung von Verrechnungen, welche eine Bank im Rahmen eines dem Schuldner eingeräumten Kontokorrentkredites vornimmt, ist jedoch nur solange und so weit gemäß § 142 InsO eingeschränkt, wie die Entgegennahme der Leistungen durch die Duldung von Verfügungen ausgeglichen wird, die der Bankkunde zur Tilgung der Forderungen von Fremdgläubigern trifft. Belastungsbuchungen , die eigene Forderungen der Bank betreffen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht (BGHZ 150, aaO S. 128; BGH, Urt. v. 17. Juni 2004 - IX ZR 2/01, WM 2004, 1575, 1576; v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1577; Beschl. v. 24. Mai 2005 - IX ZR 46/02, NZI 2005, 630).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

12
Eine aa) Gläubigerbenachteiligung im Sinne der insolvenzrechtlichen Anfechtungsvorschriften liegt vor, wenn eine Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert hat (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2005 - IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343, 350; vom 16. Oktober 2008 - IX ZR 2/05, ZInsO 2008, 1322 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 129 Rn. 37 mwN). Eine Verkürzung der Masse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Drit- ten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der anderenfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte (BGH, Urteil vom 10. Mai 2007 - IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162 Rn. 9; vom 16. Oktober 2008, aaO).
8
1. Zutreffend gehen Land- und Oberlandesgericht davon aus, dass nach § 129 Abs. 1 InsO jede Anfechtung eine Rechtshandlung voraussetzt, welche die späteren Insolvenzgläubiger benachteiligt. Eine solche objektive Gläubigerbenachteiligung tritt ein, wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Dies kann geschehen durch eine Verringerung des Aktivvermögens oder durch eine Vermehrung der Passiva (BGH, Urteil vom 11. No- http://www.juris.de/jportal/portal/t/4yuk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR286600994BJNE015001160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 5 - vember 1993 - IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 78 f; vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 f; vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 18).
12
Gläubigerbenachteiligung a) tritt ein, wenn die Insolvenzmasse durch eine Rechtshandlung verkürzt wird, so dass sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGHZ 124, 76, 78 f; 155, 75, 80 f; HKInsO /Kreft, aaO § 129 Rn. 36). Eine solche Verkürzung der Masse ist grundsätzlich auch in Fällen zu bejahen, in denen der Schuldner mit den Mitteln eines ihm zuvor zur Disposition gestellten Kredits einen Gläubiger befriedigt hat (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - IX ZR 195/00, WM 2001, 1476, 1477; v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, WM 2002, 561). Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens ist mit dessen Abruf pfändbar (vgl. BGHZ 147, 193, 195 ff) und daher vom Insolvenzbeschlag erfasst. Durch die isoliert auf ihre gläubigerbenachteiligende Folge zu prüfende Tilgung der Gläubigerforderung mit den gewährten Darlehensmitteln wird das Aktivvermögen des Schuldners grundsätzlich zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger verringert, wenn die Masse im eröffneten Verfahren nicht zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht und der Gläubiger einer Insolvenzforderung nicht lediglich unmittelbar durch einen anderen , nicht besser gesicherten gleichartigen Gläubiger ersetzt wird (vgl. Urt. v. 7. Februar 2002 aaO, 562 f).
13
Aufgrund b) der Insolvenzanfechtung soll vornehmlich dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners unter Benachteiligung der Insolvenzmasse veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden ist, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§ 129 Abs. 1, § 143 Abs. 1 InsO). Das ist nicht ausschließlich der Fall, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entzieht (vgl. aber die Begründung des Regierungsentwurfs zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 24. November 1992 BT-Drucks. 12/3803 S. 55); denn die Insolvenzgläubiger werden auch benachteiligt , wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt wird (ständige Rechtsprechung, siehe zuletzt BGHZ 174, 228, 233 f Rn. 18; BGH, Urt. v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674, 1675 Rn. 25, jeweils m.w.N.). Der Begriff der Gläubigerbenachteiligung darf demnach nicht zu sehr verengt und nicht allein auf seine praktischen Hauptfallgestaltungen beschränkt werden, sondern er muss auch in seinen Randbereichen dem Zweck des Anfechtungsrechts Rechnung tragen (vgl. auch Marotzke ZInsO 2007, 897, 899 f). Deshalb hat der Senat die vom Reichsgericht für richtig erachtete Zusammenschau der Wirkungen neuer Kreditaufnahme zum Zwecke der Gläubigerbefriedigung im Sinne eines masseneutralen Gläubigertausches (vgl. RGZ 48, 148, 151) verlassen und auch für die Gläubigerbefriedigung mit Mitteln eines zuvor eingeräumten und vom Schuldner abgerufenen Dispositionskredits in einzelner Betrachtung von Kreditschöpfung und Mittelverwendung die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Deckungshandlung bejaht (vgl. BGHZ 170, 276, 280 Rn. 12; BGH, Urt. v. 7. Juni 2001 - IX ZR 196/00, WM 2001, 1476, 1477; v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, WM 2002, 561, 563; Beschl. v. 27. März 2008 - IX ZR 210/07, ZIP 2009, 747, 748 Rn. 4). Das steht im Einklang mit dem von der neueren Rechtsprechung allgemein entwickelten Grundsatz, dass die abtrennbaren Wirkungen anfechtbarer Rechtshandlungen bei Prüfung der objektiven Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO einzeln zu betrachten sind (vgl. BGHZ 147, 233, 236; BGH, Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523 unter II. 2. d, bb; v. 9. Juli 2009 - IX ZR 86/08, ZIP 2009, 1674, 1676 Rn. 29, 36).

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

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aa) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153; zur früheren Rechtsprechung vgl. BGHZ 124, 76, 81 f; 131, 189, 195). Ein Schuldner , der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153). Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (HK-InsO/Kreft, aaO § 133 Rn. 10; vgl. auch MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 133 Rn. 26; Bork ZIP 2004, 1684, 1691 f).
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2. Der Schuldner handelt dann mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (BGHZ 155, 72, 84; 162, 143, 153; BGH, Urt. v. 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NZI 2006, 159, 161). Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder aber sich diese Folge als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen. Ist der Schuldner im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung bereits zahlungsunfähig, handelt er folglich nur dann nicht mit dem Vorsatz , die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände , die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann.
15
b) In Betracht kommt jedoch ein Anspruch aus § 133 Abs. 1 InsO; insoweit fehlt es an den für eine abschließende Entscheidung notwendigen tatsächlichen Feststellungen.
10
a) Der Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153; BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, Rn. 13; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 133 Rn. 13; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO § 133 Rn. 24; HKInsO /Kreft, 5. Aufl. § 133 Rn. 10; Graf-Schlicker/Huber, InsO § 133 Rn. 12). Er muss also entweder wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorgestellt, aber in Kauf genommen haben, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 8). Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit oder seine drohende Zahlungsunfähigkeit, kann daraus nach ständiger Rechtsprechung auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden (BGHZ 155, 75, 83 f; 167, 190, 195 Rn. 14; BGH, Urt. v. 24. Mai 2007, aaO S. 1513 Rn. 19; Urt. v. 29. November 2007 - IX ZR 121/06, ZIP 2008, 190, 193 Rn. 32; Urt. v. 18. Dezember 2008 aaO). In diesem Fall handelt der Schuldner nur dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit, bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 aaO S. 1511 f Rn. 8).
8
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 13/12
Verkündet am:
10. Januar 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
"Göttinger Gruppe"

a) Ein vom Gläubiger mit der Durchsetzung einer Forderung gegen den späteren
Insolvenzschuldner beauftragter Rechtsanwalt ist Wissensvertreter des Gläubigers
, soweit er sein Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen erlangt oder es
über seine Internetseite selbst verbreitet hat.

b) Die Angaben des Rechtsanwalts auf seiner Internetseite zu der Liquiditätslage des
späteren Insolvenzschuldners können ein Beweisanzeichen für die Kenntnis vom
Gläubigerbenachteiligungsvorsatz darstellen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - LG München I
AG München
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den
Richter Vill, die Richterin Lohmann, den Richter Grupp und die Richterin
Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 15. Dezember 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die S. Göttinger Aktiengesellschaft (künftig: Schuldnerin) sammelte von zahlreichen Anlegern , insbesondere Kleinanlegern, Kapital zum Erwerb, zur Verwaltung und zur Verwertung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen, indem sie diese veranlasste, mit ihr stille Gesellschaften zu gründen. Auch der Beklagte beteiligte sich in den neunziger Jahren an der Schuldnerin. Im Jahr 2001 kündigte er die Beteiligung und verlangte von der Schuldnerin seine Einlage zurück. Da diese nicht freiwillig zahlte, verklagte er sie und legte gegen das klageabweisende Urteil Berufung ein. Er ließ sich durch die Rechtsanwälte L. und Kollegen (künftig: Anwälte) vertreten, die neben ihm eine Vielzahl von weiteren Anlegern vertraten und auf ihrer Internetseite sich seit 2001 immer wieder mit der Schuldnerin beschäftigten.

2
Nach Bekanntwerden der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den geltend gemachten Ansprüchen von Anlegern der Schuldnerin (Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254; jeweils vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753; - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; - II ZR 310/03, ZIP 2005, 759; vom 26. September 2005 - II ZR 314/03, ZIP 2005, 2060) schloss diese am 18. November 2005 mit den Anwälten zugunsten von deren Mandanten, die sie bis zum 11. September 2005 mit ihrer Vertretung beauftragt hatten, einen Gesamtvergleich, wonach sie mit den Mandanten nach einem vereinbarten Schlüssel Einzelvergleiche schließen und an die Anwälte bis zum 15. April 2006 treuhänderisch 1.733.618,14 € zur Verteilung an die Mandanten zahlen sollte. Wenn der Termin nicht gehalten würde, sollte sie 2.088.606,19 € nebst Zinsen zahlen. Das Geld sollte sie in Höhe von 1.411.952,20 € (Zahlung bis zum 15. April 2006) beziehungsweise in Höhe von 1.766.940,95 € (Zahlung nach dem 15. April 2006) durch die Veräußerung vinkulierter Namensaktien an der G. Lebensversicherung und durch die Veräußerung von näher bezeichneten Immobilien aufbringen. Die Namensaktien wurden als Sicherung an die Anwälte verpfändet. Weiter verpflichtete sich die Schuldnerin, ihre Grundstückskäufer in dem notariellen Kaufvertrag anzuweisen, vom Kaufpreis 321.665,94 € direkt an die Anwälte zu zahlen. Dementsprechend verglich sich die Schuldnerin mit dem Beklagten am 7. April 2006 durch vom Berufungsgericht festgestellten Vergleich auf die Zahlung von 1.604,91 € nebst Zinsen beziehungsweise auf die Zahlung von 1.283,93 €, wenn sie bis zum 15. April 2006 erfolgte.
3
Der vereinbarte Zahlungstermin verstrich ereignislos. Erst im August 2006 wurden die Grundstücke und im Oktober 2006 die Aktien veräußert. Vom Kaufpreis für die Versicherung flossen weisungsgemäß 1.507.274,50 € auf das Konto des eingeschalteten Notars, der das Geld ebenfalls weisungsgemäß an die Anwälte weiterüberwies. Daraus wurden Ende Oktober 2006 an den Beklagten 1.604,91 € gezahlt. Eine weitere Rate in Höhe von 300.000 € wurde Anfang April 2007 wiederum über den Notar an die Anwälte gezahlt.
4
Am 14. Juni 2007 wurde auf am 7. April 2007 eingegangenen Gläubigerantrag hin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er focht die im Oktober 2006 an den Beklagten erfolgte Zahlung an.
5
Das Amtsgericht hat den Kläger verurteilt, an die Schuldnerin 1.604,91 € nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision will der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Landgericht hat ausgeführt: Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO. Die angefochtene Zahlung vom 31. Oktober 2006 stelle eine Rechtshandlung der Schuldnerin dar, die zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger geführt habe. Die Schuldnerin habe mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt, wovon der Beklagte gewusst habe. Die Schuldnerin sei im maßgeblichen Zeitpunkt am 31. Oktober 2006 bereits zahlungsunfähig gewesen, ohne dass sie mit einer baldigen Überwindung der Krise habe rechnen können. Da es sich hierbei um für die Schuldnerin offen zutage liegende Umstände gehandelt habe, sei von einer entsprechenden Kenntnis der Schuldnerin auszugehen. Konkrete Umstände, die eine Beseitigung der Liquiditätslücke in naher Zukunft erwarten ließen, seien nicht ersichtlich und würden von dem Beklagten nicht vorgetragen. Der Beklagte oder aber seine Bevollmächtigten, deren allgemeines, sich aus ihren Internetpublikationen ergebendes Wissen dem Beklagten nach § 166 BGB zuzurechnen sei, hätten zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gewusst. Dass die wirtschaftliche Lage schlecht gewesen sei und die Zahlungsunfähigkeit gedroht habe, ergebe sich schon aus dem Zahlungsverhalten der Schuldnerin, der dem Beklagten bekannten Art und Weise der Liquiditätsbeschaffung und der Lage, in der sich die Schuldnerin angesichts der Prozesslawine befunden habe.
8
Dahinstehen könne, ob an den Aktien der G. Lebensversicherung ein Sicherungspfandrecht entstanden sei. Die Verpfändung wäre gleichfalls anfechtbar gewesen. Mangels anfechtungsfesten Absonderungsrechts habe die Zahlung gegen Freigabe des Pfandes objektiv gläubigerbenachteiligende Wirkung. Auf die Frage der Inkongruenz komme es für die Entscheidung nicht an, weil die Zahlung nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sei.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Mit Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass dem Kläger gegen den Beklagten ein Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO zusteht. Rechtsfehler, die das Ergebnis in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat die von ihm verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen in tatrichterlicher Verantwortung entsprechend gewürdigt.
10
Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO sind Rechtshandlungen, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen , vorgenommen hat, anfechtbar, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.
11
1. Die Rückzahlung der Einlage an den Beklagten acht Monate vor Stellung des Insolvenzantrags stellt sich aufgrund der Anweisung der Schuldnerin an die Käufer der Namensaktien, den Kaufpreis an den Notar zu zahlen, und an den Notar, das Geld an die Anwälte weiterzuleiten, als Rechtshandlung der Schuldnerin dar. Diese hat willensgeleitet darüber entschieden, die Zahlungen letztlich über die Anwälte an den Beklagten zu erbringen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2011 - IX ZR 179/08, ZInsO 2011, 1350 Rn. 10).
12
2. Durch die Zahlung an den Beklagten sind die Insolvenzgläubiger objektiv benachteiligt worden (§ 129 Abs. 1 InsO). Denn deren Befriedigungsmöglichkeiten hätten sich ohne sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 14). Durch die Zahlung an den Beklagten ist das Aktivvermögen der Schuldnerin verkürzt und insoweit der Zugriff der Gläubiger auf ihr Vermögen vereitelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 Rn. 19 mwN). Selbst wenn der Beklagte trotz der möglichen Unwirksamkeitsgründe, nämlich der mangelnden Bestimmtheit des Verpfän- dungsvertrages und der fehlenden Besitzverschaffung an den Aktien, durch die gewählte Treuhandkonstruktion ein Absonderungsrecht an den Aktien erworben haben sollte, wäre der Verpfändungsvertrag seinerseits - ebenfalls eine objektiv gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der Schuldnerin - wirksam nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO angefochten.
13
3. Die Schuldnerin handelte sowohl bei Abschluss des Gesamtvergleichs mit Verpfändungsvertrag als auch bei der Zahlung mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
14
a) Der Schuldner handelt mit Vorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 14; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 32; vom 5. März 2009 - IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 Rn. 10; vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). In diesen Fällen handelt der Schuldner dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er aufgrund konkreter Umstände - etwa der sicheren Aussicht, demnächst Kredit zu erhalten oder Forderungen realisieren zu können - mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann. Droht die Zahlungsunfähigkeit , bedarf es konkreter Umstände, die nahe legen, dass die Krise noch abgewendet werden kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 8; vom 5. März 2009, aaO; vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, Rn. 7, zVb).
15
aa) Entgegen der Revisionsbegründung gelten diese Grundsätze auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird. Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung des Insolvenzantrags abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf (BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f; vom 17. Juli 2003 - IX ZR 272/02, NJW 2003, 3560, 3561). Aber auch dann, wenn nicht festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen einzelnen Gläubiger befriedigt, um ihn von der Vollstreckung oder von der Stellung eines Insolvenzantrags abzuhalten, handelt er mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er nur weiß, dass er zur Zeit der Wirksamkeit der Rechtshandlung (§ 140 InsO) zahlungsunfähig war (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 19; vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 18 f; vgl. Fischer, NZI 2008, 588, 589 f). Mithin hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, dass die Schuldnerin ab November 2005 zahlungsunfähig war und sie darum wusste.
16
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit seit Mitte November 2005 bejaht. Die Revision greift diese Wertung auch nicht an. Eine Gesamtwürdigung der hier zu beachtenden Indizien gestattet den Schluss auf eine Zahlungseinstellung ab Mitte November 2005. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern runde 146.000 € Schadensersatz und einer Gläubigerin - tituliert seit dem 1. November 2005 - 1,3 Millionen € und einer weiteren 87.000 € aus Lieferung und Leistung schuldete und diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht beglich. Zum 31. Oktober 2006 schuldete die Schuldnerin allein den von den Anwälten vertretenen Anlegern Schadensersatz in Höhe von 1.375.420,73 € und anderen Gläubigern 3.230.242,36 € aus Lieferung und Leistung und beglich diese Forderungen bis zur Insolvenzeröffnung nicht. Haben im für die Anfechtung maßgeblichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 28; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12). Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011, aaO). Dass es sich bei den genannten Beträgen nicht um lediglich geringfügige Liquiditätslücken gehandelt hat, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler daraus geschlossen , dass in die Grundbücher der der Schuldnerin gehörenden Immobilien ab Ende Mai 2005 Zwangshypotheken in einem Umfang von 756.000 € und bis Ende 2005 in einem Umfang von runden 4,4 Millionen € eingetragen worden sind, eine Bank Ende Dezember 2005 das Kreditengagement über runde 5,3 Millionen € gekündigt und fällig gestellt hat und ab Juli 2006 der Gerichtsvollzieher wegen Forderungen in einem Umfang von 5,9 Millionen € mit nur teilweisem Erfolg bei der Schuldnerin regelmäßig vollstreckte.
17
cc) Dass die Schuldnerin beziehungsweise die für sie verantwortlich Handelnden von ihrer Zahlungsunfähigkeit wussten, hat das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerfrei - ohne dass die Revision insoweit eine Rüge erhoben hätte - daraus geschlossen, dass diese Umstände für die Schuldnerin offen zutage lagen. Danach handelte die Schuldnerin nur dann ohne Benachteiligungsvorsatz , wenn sie aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen durfte, durch Verringerung der fälligen Forderungen und durch Erhöhung der Liquidität die fälligen Verbindlichkeiten insgesamt erfüllen zu können. Auch ernsthafte Sanierungsbemühungen können gegen den Benachteiligungsvorsatz sprechen. Es muss dann allerdings zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges , von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, ZInsO 2012, 171 Rn. 11).
18
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Schuldnerin aufgrund etwaiger Sanierungsbemühungen, erwarteter Mittelzuflüsse oder der wirtschaftlichen Neuaufstellung mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der Beklagte hat auch nie behauptet, dass die Schuldnerin aufgrund eines schlüssigen Sanierungskonzeptes im November 2005 den Gesamtvergleich geschlossen und im Oktober 2006 die Auszahlung an den Beklagten vorgenommen hat. Die bloße Hoffnung der Schuldnerin , die Krise überwinden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen. Allerdings hat der Beklagte vorgetragen, dass der Vorstand der Schuldnerin vor Abschluss des Gesamtvergleichs die Anlegervertreter um einen Sanierungsbeitrag gebeten und darauf verwiesen hat, dass man eine Steuererstattung und Geldeingänge von anderen Anlegern erwarte. Hierin ist ein schlüssiges Sanierungskonzept jedoch nicht zu erkennen.
19
b) Ein erhebliches Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist ferner gegeben, wenn der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhält, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, mithin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011, aaO Rn. 10). Allerdings hat das Berufungsgericht offen gelassen, ob Verpfändung und Zahlung kongruente oder inkongruente Leistungen darstellen. Das ist entgegen der Revision als solches nicht zu beanstanden, sofern das Gericht - wie geschehen - trotz Annahme einer kongruenten Leistung einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz feststellt. Das Berufungsgericht hat zudem Tatsachen festgestellt, die den Schluss auf eine inkongruente Leistung zulassen.
20
aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Beklagten gegen die Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der Einlage jedenfalls in Höhe des im Prozessvergleich vereinbarten Betrages zustand. Der Zahlungsanspruch ist spätestens mit der gerichtlichen Geltendmachung fällig geworden. Zudem haben sich die Schuldnerin und der Beklagte in dieser Höhe im April 2006 vor dem Berufungsgericht verglichen.
21
bb) Ein Anspruch auf Besicherung folgt hieraus nicht. Er ist nicht als minus in dem Anspruch auf Befriedigung enthalten, sondern als aliud anzusehen. Die Gewährung einer Sicherheit ist demgemäß nur dann kongruent, wenn der Sicherungsnehmer einen Anspruch auf gerade diese Sicherheit hatte. Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand. Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, liegt darin eine inkongruente Deckung (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZInsO 2010, 807 Rn. 16).
22
Zwar hatte die Schuldnerin die Aktien an der Lebensversicherung den Anwälten als Sicherung zugleich mit dem Gesamtvergleich vom 18. November 2005 verpfändet. Die gesicherten Forderungen der von den Anwälten vertretenen Anleger waren jedoch bereits lange zuvor infolge der Verletzung von Aufklärungspflichten (jetzt § 280 Abs. 1, 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) entstanden. In dem Gesamtvergleich hat die Schuldnerin ihre Zahlungspflicht gegenüber den Anwälten dem Grunde nach anerkannt und dadurch auf der einen Seite das Prozess- und Vollstreckungsrisiko der von den Anwälten vertretenen Anleger vermindert und auf der anderen Seite sich selbst infolge des teilweisen Forderungsverzichts Liquidität verschafft; der Vergleich diente dabei neben der Verstärkung auch der Sicherung der zuvor entstandenen Ansprüche. Jedenfalls auf die Sicherung ihrer Schadensersatzforderungen hatten die Anleger keinen Anspruch (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010, aaO Rn. 17). Mithin war die Verpfändung der Aktien, ihre Wirksamkeit unterstellt, inkongruent.
23
cc) Ebenso wenig hatte der Beklagte einen Anspruch darauf, den Geldbetrag aufgrund einer mittelbaren Zahlung durch einen Gläubiger der Schuldnerin , nämlich den Käufer der Aktien, zu erhalten, der von der Schuldnerin angewiesen worden war, den Kaufpreis auf ein Notarkonto zu überweisen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine vom Schuldner durch Anweisung einer Zwischenperson erwirkte mittelbare Zahlung an einen seiner Gläubiger inkongruent , wenn jener Gläubiger keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung hatte (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, NJW 2006, 1348 Rn. 9). Auch hier bewirkt der Gesamtvergleich vom 18. November 2005 keine kongruente Zahlung, weil er die abweichende Erfüllung der bereits zuvor entstandenen Ansprüche vorsah.
24
4. Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies hat das Berufungsgericht nach der festgestellten Indizienlage rechtsfehlerfrei angenommen.
25
a) Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Die vom Berufungsge- richt in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 25), ist dadurch teilweise überholt (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009, aaO). Die vom Senat in der neueren Rechtsprechung betonte Gesamtwürdigung der Beweisanzeichen hat das Berufungsgericht im Ergebnis vorgenommen, so dass seine Annahme einer tatsächlichen Vermutung im Ergebnis ohne Folgen geblieben ist. Es hat die Kenntnis des Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin aus den zwischen den Parteien unstreitigen Umständen und den Angaben der Anwälte in ihren Internetveröffentlichungen geschlossen. Diese Würdigung hält gleichfalls den Angriffen der Revision stand.
26
aa) Beanstandungsfrei hat es dabei auf das Wissen der den Beklagten im Rechtsstreit mit der Schuldnerin vertretenden Anwälte abgestellt, die - soweit sie ihr Wissen aus allgemein zugänglichen Quellen erlangt oder ihr Wissen über ihre Internetseiten allgemein verbreitet haben - nach § 166 Abs. 1 BGB Wissensvertreter des Beklagten waren (vgl. Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 123; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 41). Eine Wissenszurechnung kommt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 14 ff).
27
bb) Die Kenntnis des Beklagten von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hat das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Verantwortung aus dem Gesamtvergleich, der verspäteten Zahlung, den höchstrichterlich bestätigten Ansprüchen der Anleger gegen die Göttinger Gruppe und den Internetveröffentlichungen der Anwälte abgeleitet. Die Revisionsrügen bringen diese Würdigung nicht zu Fall.
28
(1) Die schlechte wirtschaftliche Lage der Schuldnerin und deren drohende Zahlungsunfähigkeit hat das Berufungsgericht entgegen den Ausführungen der Revisionsbegründung nicht allein aus dem Umstand der verspäteten Zahlung hergeleitet, sondern insbesondere aus dem Umstand, dass die Schuldnerin durch die nicht fristgerechte Zahlung die Chance vergeben hat, eine weitere Reduzierung der Forderung um runde 354.000 € zu erreichen. Auch hat das Berufungsgericht in der den Anwälten bekannten Herkunft der Zahlungsmittel ein gewichtiges Indiz für die fehlende Liquidität der Schuldnerin gesehen. Diese musste zur Begleichung der Vergleichsforderung Anlagevermögen veräußern, wofür ihr nach dem Inhalt des Vergleichs ein Zeitraum von fünf Monaten zugestanden wurde, sie tatsächlich aber fast elf Monate benötigte.
29
(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht auf die in der ersten Hälfte des Jahres 2005 bekannt gewordenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu etwaigen Schadensersatzansprüchen von Anlegern der Schuldnerin hingewiesen. Den Entscheidungen war zu entnehmen, dass jedenfalls die Anleger, denen nach den vertraglichen Vereinbarungen das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden sollte, ihre Beteiligung kündigen durften, nachdem sich die Schuldnerin in einem Rechtsstreit mit dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in einem Prozessvergleich verpflichtet hatte, die Auseinandersetzungsguthaben nicht mehr ratierlich, sondern nur noch in jeweils einer Summe auszuzahlen (BGH, Urteile vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 758; II ZR 310/03, ZIP 2005, 759, 762). Daraus hat das Berufungsgericht mit Recht geschlossen, dass der Schuldnerin hierdurch erhebliche Liquidität entzogen wurde. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass aus diesem Grund die meisten, wenn nicht alle Anleger sich von ihrer Beteiligung trennen konnten, ist von der Revision nicht angegriffen.

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Zudem hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Anleger, die eine Beteiligung an der Schuldnerin nach dem 1. Januar 1998 erworben haben und denen die Schuldnerin eine ratierliche Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens versprochen hatte, in jedem Fall die Einlage im Wege des Schadensersatzes wegen Verletzung der Aufklärungspflicht von der Schuldnerin zurückverlangen konnten. Nach der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die 6. KWG-Novelle hätte die Schuldnerin entweder für Klarheit sorgen müssen, ob das Stehenlassen eines Auseinandersetzungsguthabens möglicherweise als erlaubnispflichtiges Bankgeschäft aufgefasst werden konnte und deswegen die Gefahr bestand, dass die Aufsichtsbehörde - wie geschehen - gegen sie eine Verbotsverfügung erlasse. Alternativ hätte sie die Anlageinteressenten darauf hinweisen müssen, dass aufgrund der Gesetzesänderung rechtliche Bedenken gegen die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben bestehen könnten (BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763, 765). Daraus hat das Berufungsgericht unbeanstandet geschlossen, dass ein maßgeblicher Teil der Anleger von der Schuldnerin die Einlage zurückfordern konnte.
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Die Anwälte, die zumindest seit 2001 sich mit der Schuldnerin und der Göttinger Gruppe beschäftigten, etwa 400 Anleger gegen die Schuldnerin vertraten und selbst wegen dieser Ansprüche für ihre Mandanten Prozesse führten , haben die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage verfolgt und die entsprechenden Schlüsse zeitnah gezogen. Dass sich daran ihre Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schon im November 2005 anschloss, durfte das Berufungsgericht aus ihrem Internetauftritt vom 5. Juni 2007 schließen, wo diese mitgeteilt haben, nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sei das Schicksal der Göttinger Gruppe als Unternehmen besiegelt. Jedem, der seine Augen nicht völlig verschlossen habe, müsse klar sein, dass aufgrund der bisher getätigten Anlagen eine Erfüllung der Schadensersatzansprüche selbst dann nicht mehr möglich sei, wenn sie nur von einem Bruchteil der Anleger geltend gemacht würden. Aus diesen Äußerungen und den Äußerungen der Anwälte in den vor 2005 erfolgten Internetauftritten ergibt sich, dass diese die Geschäftstätigkeit der Göttinger Gruppe seit 2001 kritisch beobachteten und ihnen die desolate finanzielle und wirtschaftliche Lage zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannt war, sie insbesondere wussten, dass die Schuldnerin sich im Wesentlichen nur über die Einlagen der Anleger finanzierte.
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(3) Gegen diese Würdigung spricht nicht der Vortrag des Beklagten, die Anwälte seien davon ausgegangen, der Konzern der Schuldnerin habe in der Vergangenheit bei den Anlegern mehr als 2 Milliarden € eingesammelt, weshalb die von ihnen repräsentierte Forderung von 1,7 Millionen € noch nicht einmal ein Promille dieser Summe decke. Selbst wenn die Göttinger Gruppe als Konzern seit Ende der achtziger und Beginn der neunziger Jahre bei den Anlegern Einlagen in einem Umfang von über 2 Milliarden € eingesammelt haben sollte, sagt dies nichts über die Liquidität des Konzerns und der Schuldnerin sowie die Kenntnis des Beklagten von der fehlenden Liquidität in November 2005 und im Oktober 2006 aus. Die Anwälte haben seit 2001 anhand der ihnen zugänglichen Informationen immer wieder in ihren vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Internetauftritten darauf hingewiesen, dass das eingenommene Geld nicht mehr vorhanden war. Deswegen war ihnen wegen der Vielzahl der Anleger und des Umfangs der berechtigten Schadensersatzansprüche klar, dass die Schuldnerin nicht alle Forderungen der Anleger würde begleichen können.
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(4) Das Berufungsgericht hat auch keinen Vortrag des Beklagten übergangen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils ist der Vortrag des Beklagten genannt, die für die Schuldnerin handelnden Vorstände hätten im Rahmen der Gespräche, die zum Abschluss des Gesamtvergleichs geführt hätten, gefragt, ob ein Sanierungsbeitrag erbracht werden könnte. Hierzu hätten sie angegeben , dass sie neben den Einzahlungen von Anlegern eine Steuerrückzahlung erwarteten, das Geschäftsfeld der Schuldnerin neu ausrichten und das Unternehmen dadurch sanieren wollten. Daraus musste das Berufungsgericht indes nicht den Schluss ziehen, der Beklagte habe keine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin gehabt.
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Allerdings verlangt § 133 Abs. 1 InsO als Indizgrundlage positive Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, das heißt für sicher gehaltenes Wissen. Steht in Rede, die (drohende) Zahlungsunfähigkeit sei behoben, genügt hierfür, dass der Anfechtungsgegner von dieser Möglichkeit ausging (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, NJW 2008, 2190 Rn. 14). Doch darf eine anfechtbare Rechtshandlung nicht allein aufgrund eines "Gesinnungswandels" auf Seiten des Anfechtungsgegners zu einer unanfechtbaren werden. Vielmehr muss die Auffassung des Anfechtungsgegners , der Schuldner sei nunmehr (möglicherweise) nicht mehr (drohend ) zahlungsunfähig, an eine ihm nachträglich bekannt gewordene Veränderung der Tatsachengrundlage anknüpfen (vgl. BGH, aaO Rn. 15). Haben zunächst - wie im Streitfall - Umstände vorgelegen, die zwingend auf die (drohende ) Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, weshalb deren Kenntnis der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit gleich stand, kommt der Wegfall der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit nur in Betracht, wenn diese Umstände nicht mehr gegeben sind (BGH, aaO Rn. 17).
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Dazu fehlt es an jedem Vortrag des Beklagten. Die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eröffnete Möglichkeit der Anleger, vereinbarte Zahlungen an die Schuldnerin zu verweigern und Einlagen zurückzufordern, bestand weiterhin. Mit den Einlagen neuer Anleger durften die Altanleger nicht ausbezahlt werden, weil diese - als Folge des jedenfalls dann vorliegenden Schneeballsystems - wiederum Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin gehabt hätten, was die Anwälte wussten. Ebenso wenig hat der Beklagte dargetan, dass die erwartete Steuerrückerstattung die Liquiditätslage der Schuldnerin durchgreifend verbessern würde. Dass die Anwälte darauf nicht vertraut haben, ergibt sich schon daraus, dass sie für ihre Mandanten eine nachträgliche Sicherung haben erreichen wollen.
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Ebenso wenig hat das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten übergangen, die Staatsanwaltschaft Braunschweig habe ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der Schuldnerin wegen Insolvenzverschleppung eingestellt. Es hat diesem Umstand nur nicht die Bedeutung beigemessen, die die Revision ihr beimessen will. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Anwälte sich durch die Einstellung des Verfahrens in ihrer Überzeugung über die schlechte finanzielle Lage der Schuldnerin nicht hätten erschüttern lassen, wie die Internetauftritte der Anwälte belegen.
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b) Ein weiteres Beweisanzeichen für die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, welches das Berufungsgericht zu Lasten des Beklagten ebenfalls hätte berücksichtigen können, sind die inkongruente Verpfändung der Namensaktien und die inkongruenten Zahlungen (vgl. oben). Nach der Rechtsprechung des Senats bildet eine inkongruente Deckung ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, ZInsO 2012, 2244 Rn. 13). Dies war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall (vgl. oben).
Kayser Vill Lohmann
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG München, Entscheidung vom 23.03.2011 - 132 C 23454/10 -
LG München I, Entscheidung vom 15.12.2011 - 6 S 9752/11 -

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

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Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

(1) Lehnt der Zahlungsdienstleister die Ausführung oder Auslösung eines Zahlungsauftrags ab, ist er verpflichtet, den Zahlungsdienstnutzer hierüber unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb der Fristen gemäß § 675s Abs. 1 zu unterrichten. In der Unterrichtung sind, soweit möglich, die Gründe für die Ablehnung sowie die Möglichkeiten anzugeben, wie Fehler, die zur Ablehnung geführt haben, berichtigt werden können. Die Angabe von Gründen darf unterbleiben, soweit sie gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßen würde. Der Zahlungsdienstleister darf mit dem Zahlungsdienstnutzer im Zahlungsdiensterahmenvertrag ein Entgelt für den Fall vereinbaren, dass er die Ausführung eines Zahlungsauftrags berechtigterweise ablehnt.

(2) Der Zahlungsdienstleister des Zahlers ist nicht berechtigt, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen, wenn die im Zahlungsdiensterahmenvertrag festgelegten Ausführungsbedingungen erfüllt sind und die Ausführung nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt.

(3) Für die Zwecke der §§ 675s, 675y und 675z gilt ein Zahlungsauftrag, dessen Ausführung berechtigterweise abgelehnt wurde, als nicht zugegangen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.