vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 6 O 59/04, 29.07.2005
Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 16/06, 03.05.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 118/07 Verkündetam:
4.November2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt im schriftlichen Verfahren gemäß § 128
Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 19. Oktober 2009 eingereicht
werden konnten,

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. Mai 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Streitwert: 10.570 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003, im Folgenden: VBLS) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
neue Die Satzung der Beklagten enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist nur, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Die Anwartschaften der ca. 200.000 rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen.
3
Die Klägerin wurde am 31. Mai 1941 geboren und war nach Tätigkeiten im öffentlichen Dienst der DDR seit dem 1. Juli 1991 bei der Beklagten zusatzversichert. Sie ist schwerbehindert. Die Beklagte erteilte ihr gemäß § 79 Abs. 2 VBLS als einer rentennahen Versicherten eine Startgutschrift zum 31. Dezember 2001 in Höhe von 148,81 €, die sich als Mindestversorgungsrente nach §§ 40 Abs. 4, 44a VBLS a.F. ergab. Die Klägerin erhält seit dem 1. Mai 2003 neben einer gesetzlichen Rente in Höhe von 1.276,17 € eine Zusatzrente von der Beklagten, in die über die Startgutschrift hinaus weitere, im neuen Betriebsrentensystem erworbene Versorgungspunkte eingeflossen sind.
4
Die Klägerin hält die Umstellung des Versorgungssystems der Beklagten nicht für zulässig. Sie meint, die Beklagte sei dabei von nicht in jeder Hinsicht zutreffenden Tatsachen ausgegangen und greife insbesondere hinsichtlich der Rentendynamik in ihren erdienten Besitzstand ein. Unter Verstoß gegen Verfassungsrecht (vgl. BVerfG VersR 2000, 835) rechne die Beklagte die gesetzliche Rente zwar voll auf die nach ihrem alten Satzungsrecht versprochene Zusatzversorgung an, berücksichtige aber für die gesamtversorgungsfähige Zeit nur die Hälfte der Vordienstzeiten (Halbanrechnungsgrundsatz). Zu beanstanden sei ferner, dass für die Berechnung der Rentenanwartschaft bei Schwerbehinderten, die wie die Klägerin am 31. Dezember 2001 bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten, gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS als Rentenbeginn nicht pauschal die Vollendung des 63. Lebensjahres maßgeblich sei, sondern das für sie individuell frühest mögliche Eintrittsalter. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsse auch für Schwerbehinderte die Vollendung des 63. Lebensjahres zugrunde gelegt werden, wenn sie für den Versicherten günstiger sei. Die Klägerin werde darüber hinaus wegen ihres Alters diskriminiert , weil bei ihr die Pflichtversicherung erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres begonnen hat, also die Zeit, in der Umlagen vom Arbeitgeber an die Beklagte gezahlt worden sind, kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles , und der Nettoversorgungssatz deshalb gemäß § 41 Abs. 2 Satz 5, Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. für jedes Jahr auf nur 1,957% statt wie sonst 2,294% abgesenkt wird.
5
Die auf Erteilung einer höheren Startgutschrift und die Zahlung einer höheren Rente gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


6
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
I. Das Berufungsgericht hält sowohl den Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Betriebsrentensystem als auch die hier zur Anwendung gelangte Übergangsregelung für rentennahe Versicherte (§ 79 Abs. 2 VBLS) für rechtmäßig. Zwar werde jedenfalls in die erdiente Aussicht der Versicherten auf künftige Rentenzuwächse eingegriffen, diese Eingriffe beruhten aber auch hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden Annahme tatsächlicher Umstände auf den der neuen Satzung vorausgegangenen tarifvertraglichen Vereinbarungen; sie seien von der Einschätzungsprärogative und dem Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt (Art. 9 Abs. 3 GG). Die Tarifpartner hätten eine gemeinsame Expertengruppe beauftragt, "die Zahlen einvernehmlich unstreitig zu stellen"; offensichtliche und ergebnisrelevante Fehler seien nicht ersichtlich. Eine Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) liege nicht vor. Bei ergebnisbezogener Betrachtung seien die für rentennahe Versicherte wie die Klägerin vorgenommenen Einschnitte in erdiente Besitzstände hinnehmbar und auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB).
8
Insbesondere könne die Klägerin keine volle Berücksichtigung ihrer Vordienstzeiten verlangen. Die neue Satzung der Beklagten halte nicht an dem vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Halbanrechnungsgrundsatz fest, sondern belasse Versicherten wie der Klägerin lediglich im Rahmen einer zeitlich begrenzten Übergangsregelung zum Schutz ihres Besitzstandes die Vorteile der früheren Regelung.
9
Soweit nach der Übergangsvorschrift des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS für schwerbehinderte Menschen statt einer pauschalen Hochrechnung auf das 63. Lebensjahr auf den nach den konkreten Verhältnissen näher liegenden Zeitpunkt des tatsächlichen Renteneintritts abzustellen sei, bestehe hierfür ein sachlicher Grund. Denn anders als bei rentennahen Versicherten im Allgemeinen gebe es bei Schwerbehinderten konkrete Anhaltspunkte für den voraussichtlichen Rentenbeginn und damit für den Zeitpunkt, auf den es nach dem früheren Gesamtversorgungssystem ankam. Aus Art. 3 Abs. 1 GG lasse sich kein Anspruch auf eine andere Berechnung ableiten, wenn die Hochrechnung auf das 63. Lebensjahr im Einzelfall für den Versicherten günstiger ausfalle.
10
Auch für die Bestimmungen des § 41 Abs. 2 Satz 5, Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. gebe es, selbst wenn man in dem etwa 15% geringeren Nettoversorgungssatz eine altersbezogene Ungleichbehandlung sehen wolle , einen rechtfertigenden Sachgrund: Denn die betroffenen Versicherten hätten nur verhältnismäßig kurze Zeit im öffentlichen Dienst gearbeitet; für sie seien von den Arbeitgebern entsprechend geringere Beiträge an die Beklagte geleistet worden. Dabei trage die Beklagte für diesen Personenkreis ein erhöhtes Risiko im Hinblick auf die ohne Beitragszuschlag mitversicherten, im Alter häufigeren Risiken Erwerbsunfähigkeit und Schwerbehinderung. Die Versorgungszusage habe daher, wenn der genannte Personenkreis nicht generell von der Zusatzversorgung ausgenommen worden sei, jedenfalls wie geschehen beschränkt werden können.
11
II. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand.
12
1. Die Übergangsregelungen für rentennahe Versicherte sind wirksam. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (BGHZ 174, 127 Tz. 25 ff.) entschieden, dass die Satzung der Beklagten auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer umfassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Dies hat der Senat mit Urteil vom 24. September 2008 (BGHZ 178, 101 Tz. 23 ff.) bestätigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den rentennahen Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem gebilligt. Auf die Ausführungen in diesen Entscheidungen wird verwiesen. Insbesondere kommt ein Eingriff in eine von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Rechtsposition nicht in Betracht. Für den Systemwechsel bestand ausreichender Anlass; die Einschätzung der voraussichtlichen Entwicklung war Sache der Tarifvertragsparteien; deren Beurteilung ist von ihrer Einschätzungsprärogative gedeckt. Deshalb kommt es nicht auf den Vortrag der Revision darüber an, wie hoch die stillen Reserven der Beklagten tatsächlich sind, ob sie hätten eingesetzt werden können und müssen sowie ob die Tarifvertragsparteien bei der Prognose der weiteren finanziellen Entwicklung von unrichtigen oder unvollständigen Zahlen ausgegangen sind. Unerheblich ist erst recht, dass ein Angehöriger der Gewerkschaft , auf den sich die Klägerin als Zeugen beziehen will, der Neuregelung zugrunde liegende Tatsachen in wesentlichen Bereichen für unzutreffend hält und meint, dadurch seien die Entscheidungsorgane der Tarifparteien und der Beklagten bewusst in die Irre geführt worden.
13
2. Es ist hinzunehmen, dass gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VBLS für die Berechnung der Anwartschaften der 31. Dezember 2001 als Stichtag maßgebend ist und es deshalb für die Ermittlung des gesamtversorgungsfähigen Entgelts auf die letzten Jahre vor diesem Stichtag und nicht - wie nach § 43 VBLS a.F. - auf die entsprechenden Jahre vor Eintritt des Versicherungsfalls ankommt (BGHZ 178, 101 Tz. 46 ff.). Darüber hinaus ist nicht zu beanstanden, dass für die Startgutschriften der rentennahen Versicherten die Vordienstzeiten weiterhin nur zur Hälfte auf die gesamtversorgungsfähige Zeit angerechnet werden (aaO Tz. 54 ff.). Damit bleibt den Versicherten der vor der Systemumstellung erworbene Besitzstand erhalten. Ein schützenswertes Vertrauen auf eine Vollanrechnung der Vordienstzeit ist zu keiner Zeit begründet worden.
14
DieÜbergangsregelungen sind für Versicherte, die - wie die Klägerin - bei Systemumstellung schwerbehindert waren, durch § 79 Abs. 2 Sätze 4 und 5 VBLS insofern abgewandelt worden, als es bei der vorzunehmenden Hochrechnung nicht pauschal auf die Vollendung des 63. Lebensjahres, sondern im Regelfall auf das für den jeweiligen Versicherten frühest mögliche Eintrittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen ankommt. Bei der Klägerin war der Bezug einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen schon vor dem 31. Dezember 2001 möglich, so dass keine Hochrechnung über diesen Zeitpunkt hinaus vorgenommen worden ist.
15
Der Senat hat bereits in seinen Urteilen vom 3. Dezember 2008 (IV ZR 251/06 Tz. 26 und IV ZR 319/06 Tz. 34, beide bei juris abrufbar), auf die für die Einzelheiten verwiesen wird, die Wirksamkeit der Sonderregelung für schwerbehinderte Versicherte in § 79 Abs. 2 Sätze 4 und 5 VBLS bestätigt. Ihre sachliche Rechtfertigung liegt darin, dass die bei einer pauschalierenden Hochrechnung unvermeidbaren Abweichungen von den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles hier minimiert werden.
Zudem wird vermieden, dass der Versicherte infolge der Vorverlegung des Hochrechnungszeitpunkts den Schutz einer Mindestgesamtversorgung nach bisherigem Recht verliert, der der Klägerin hier zugute kommt. Der Auffassung der Revision, ein Versicherter habe Anspruch auf die Hochrechnung auf das 63. Lebensjahr, wenn sie für ihn günstiger sei als die Sonderregelung nach § 79 Abs. 2 Sätze 4 und 5 VBLS, fehlt jede rechtliche Grundlage; sie ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BGHZ 178, 101 Tz. 60).
16
4. Was den geringeren Nettoversorgungssatz angeht, den die Beklagte bei der Ermittlung der Startgutschrift gemäß § 41 Abs. 2 Satz 5, Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. angewandt hat, hat der Senat Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Regelung mit Urteil vom heutigen Tage (IV ZR 57/07 unter II 2), auf das verwiesen wird, zurückgewiesen. Die Leistungspflicht der Beklagten konnte im Hinblick darauf eingeschränkt werden , dass bei Versicherten, die - wie die Klägerin - zu Beginn der Pflichtversicherung das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatten und nicht die volle Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versorgungsfalles einer beitragspflichtigen Tätigkeit im öffentlichen Dienst nachgegangen sind, der Beklagten nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit Beiträge für ein durch das Alter der Versicherten erhöhtes Risiko zufließen; die nach dem sonst üblichen Nettoversorgungssatz berechnete Rente würde zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten führen. Diese versicherungsmathematisch erheblichen Gesichtspunkte rechtfertigen die angegriffene Regelung auch vor den Anforderungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie des europäischen Rechts (Richtlinie 2000/78/EG, ABlEG Nr. L303, S. 16 ff.; Art. 141 EG/119 EGV; allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, vgl.
EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs C-144/04 [Mangold] Slg. 2005, I-9981-10042 Rdn. 75 f.).
17
5. Ein Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich schließlich nicht daraus, dass in Fällen wie dem vorliegenden mehrere, die Höhe der Rente mindernde Gesichtspunkte zusammentreffen (wie die Anrechnung der Vordienstzeiten nur zur Hälfte und der geringere Nettoversorgungssatz

).


Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 29.07.2005 - 6 O 59/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 03.05.2007 - 12 U 16/06 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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bei uns veröffentlicht am 25.01.2017

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. April 2015 wird zurückgewiesen.

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 251/06 Verkündetam:
3.Dezember2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert,
Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2008

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. September 2006 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 11. März 2005 geändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Startgutschrift des Klägers § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS anzuwenden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung des Klägers sowie die weitergehende Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers sowie die Revision der Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ein Viertel und die Beklagte drei Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
beklagte I.Die Versorgungsansta lt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen konnte. Die Anwartschaften der rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VBLS), wohingegen sich die Anwartschaften der rentenfernen Versicherten nach § 18 Abs. 2 BetrAVG berechnen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS).
3
Seit der Satzungsänderung vom 26. Juni 2003 (BAnz. Nr. 132 vom 19. Juli 2003), die auf dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum ATV/ATV-K vom 12. März 2003 beruht, sieht die VBLS auch für schwerbehinderte Versicherte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet hatten, unter den Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS eine Startgutschriftberechnung nach den für rentennahe Versicherte geltenden Grundsätzen vor. § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS lautet: Die Sätze 1 bis 3 gelten für Beschäftigte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet haben und eine Rente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen könnten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 60. Lebensjahr vollendet hätten, entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 63. Lebensjahres das entsprechende, für sie individuell frühestmögliche Eintrittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen maßgeblich ist.
4
Ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen setzte nach § 236a Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der am Umstellungsstichtag geltenden Fassung insbesondere die Erfüllung einer Wartezeit voraus, die in den Fällen der von § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS betroffenen Versicherten 35 Jahre (420 Monate) betrug. Durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I 403) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 die Höchstdauer der Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI) von drei Jahren auf acht Jahre erhöht.
5
II. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Systemumstellung , die Wirksamkeit der Übergangsregelung sowie die Höhe der erteilten Startgutschrift.
6
Der am 26. Januar 1948 geborene und bei der Beklagten rentenberechtigte Kläger ist spätestens seit dem 16. November 2000 schwerbehindert. Er erstrebt vorrangig die Fortschreibung seiner Rentenanwartschaft nach dem vor der Systemumstellung geltenden Satzungsrecht über den Umstellungsstichtag hinaus. Hilfsweise begehrt er insbesondere die Erteilung einer Startgutschrift gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS nach den Grundsätzen für rentennahe Versicherte anstatt der erteilten Startgutschrift, die nach den Grundsätzen für rentenferne Versicherte berechnet wurde.
7
Bis zum Ablauf des Umstellungsstichtags legte der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung 382 Monate an Beitragszeiten (§§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 SGB VI) zurück. Zudem verwendete er nach Vollendung seines 17. Lebensjahres mindestens 62 Monate für schulische Ausbildung i.S. des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, von denen in der Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zum 31. Dezember 2001 wegen Überschreitung der Höchstanrechnungsdauer von drei Jahren nur 35 Monate als Anrechnungszeiten berücksichtigt wurden. Von der Möglichkeit, für nicht angerechnete Ausbildungszeiten freiwillige Nachzahlungen zu erbringen (§ 207 SGB VI), machte der Kläger nach dem Umstellungsstichtag Gebrauch und zahlte für die zwölf Monate der schulischen Ausbildung zwischen Vollendung des 16. und des 17. Lebensjahrs Beiträge nach.
8
Der Kläger meint, die erteilte Startgutschrift bleibe erheblich hinter dem Wert seiner bis zum Umstellungsstichtag aufgebauten, als erdienter Besitzstand besonders geschützten Rentenanwartschaft zurück. Für eine Neuberechnung erstrebt er unter anderem die Verpflichtung der Beklagten , zur Ermittlung der Startgutschrift bestimmte, in verschiedenen Klageanträgen näher konkretisierte Berechnungselemente zugrunde zu legen.
9
Hinsichtlich der Maßgeblichkeit des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS ist der Kläger der Auffassung, die erforderliche Wartezeit durch die Erweiterung der Anrechungszeiten zum 1. Januar 2002 und die Nachzahlung erfüllt zu haben. Bei anderer, engerer Auslegung des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS wäre dieser unwirksam, soweit die Erfüllung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits zum Umstellungsstichtag verlangt werde.
10
Die Beklagte stützt ihren Antrag auf Klageabweisung unter anderem darauf, dass die vom Kläger beanstandete Übergangsregelung für rentennahe Versicherte auf eine im Tarifvertrag vom 1. März 2002 von den Tarifvertragsparteien getroffene Grundentscheidung zurückgehe. Diese halte der mit Rücksicht auf die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie ohnehin eingeschränkten rechtlichen Überprüfung stand. Insbesondere wahre die erteilte Startgutschrift den verfassungsrechtlich geschützten Besitzstand des Klägers.
11
Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS seien nicht erfüllt, da am 31. Dezember 2001 nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rentenanspruchs nicht vorgelegen hätten.

12
Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im Übrigen - festgestellt , die Beklagte sei verpflichtet, bei der Berechung der Startgutschrift § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS n.F. anzuwenden und dem Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens eine Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag der nach ihrer alten Satzung (Fassung der 41. Änderung) entweder zum Umstellungsstichtag (31. Dezember 2001) oder zum Eintritt des Versicherungsfalles errechneten Zusatzrente entspricht. Während die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist, hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil geändert und unter Klageabweisung im Übrigen nur noch festgestellt , dass die von der Beklagten erteilte Startgutschrift den Wert der vom Kläger bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft nicht verbindlich festlege.
13
Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine bisherigen Anträge weiter, soweit er damit abgewiesen worden ist. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision insgesamt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision des Klägers hat nur insoweit Erfolg, als sie die Feststellung der Maßgeblichkeit des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS begehrt. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
15
I.DasBerufungsgericht hat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 24. November 2005 (12 U 102/04) ausgeführt, der Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Betriebsrentensystem stelle als solcher noch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Rechte der Pflichtversicherten dar.
16
Die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS hält das Berufungsgericht für nicht erfüllt, da der Kläger am 31. Dezember 2001 in der gesetzlichen Rentenversicherung die Wartezeit von 420 Monaten tatsächlich noch nicht erreicht gehabt habe. Eine Auslegung am Maßstab des durchschnittlichen Versicherten ergebe, dass die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS bereits am Umstellungsstichtag selbst erfüllt gewesen sein müssen. Daher komme es weder auf ein Erreichen der Wartezeit zu einem späteren Zeitpunkt noch auf die erhöhte Anrechnung nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Recht an. Auch die erst nach dem Umstellungsstichtag erfolgte Nachzahlung sei somit unbeachtlich. Da es nach Wortlaut und erkennbarem Sinn der Stichtagsregelung allein auf das tatsächliche Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen am Umstellungsstichtag ankomme, könne sich der Kläger auch nicht erfolgreich auf die Nachzahlungsmöglichkeit nach § 207 SGB VI berufen. § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS, der auf einer Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien beruhe und deswegen einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entzogen sei, verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder die Gebote von Treu und Glauben.
17
Die deswegen anzuwendenden Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte verstießen jedoch gegen höherrangiges Recht, weshalb sie für das Versicherungsverhältnis des Klägers unwirksam seien. Die auf dieser Grundlage erteilte Startgutschrift lege die Anwartschaft des Klägers demzufolge nicht verbindlich fest. Weitergehende Ansprüche des Klägers bestünden dagegen nicht.
18
II. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
19
1. Zu Unrecht lehnt das Berufungsgericht die Maßgeblichkeit von § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS für die Berechnung der Startgutschrift des Klägers ab.
20
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherten die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS bereits am Umstellungsstichtag erfüllt gewesen sein mussten. Es zieht jedoch daraus den nicht zwingenden Schluss, dass deswegen auch sämtliche Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine gesetzliche Rente für schwerbehinderte Menschen, soweit sie nicht in der Bestimmung selbst fingiert werden , am Umstellungsstichtag tatsächlich vorgelegen haben mussten.
21
Dadurch verkennt das Berufungsgericht, dass bei zutreffender Auslegung des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS der Versicherte eine gesetzliche Rente auch dann hätte beanspruchen können, wenn er zum Umstellungsstichtag deren Voraussetzungen einseitig hätte schaffen können - unterstellt, er hätte das Renteneintrittsalter bereits erreicht gehabt. Wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 104/06 (zur Veröffentlichung vorgesehen) erkannt hat, setzt diese, am Maßstab des durchschnittlichen Versicherten entwickelte Auslegung insbesondere das Wartezeiterfordernis aus dem gesetzlichen Rentenversicherungsrecht in ein sachgerechtes Verhältnis zu dem in § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS vorausgesetzten Mindestlebensalter von 52 Jahren. Zudem wahrt sie die Vereinbarkeit der Bestimmung mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen im genannten Senatsurteil verwiesen.

22
b) Der Kläger hatte die Möglichkeit, durch eine entsprechende Nachzahlung nach § 207 SGB VI seine Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung so zu erhöhen, dass er bereits am 31. Dezember 2001 die Wartezeit des § 236a Abs. 4 Nr. 3 SGB VI erfüllt gehabt hätte. Er hätte daher - das Erreichen des Renteneintrittsalters unterstellt - am Umstellungsstichtag die Voraussetzungen für eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen schaffen und somit i.S. von § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS beanspruchen können, weshalb seine Startgutschrift gemäß dieser Bestimmung nach den für rentennahe Versicherte geltenden Grundsätzen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VBLS) zu erfolgen hat. Die durch das Berufungsgericht getroffene Feststellung der Unverbindlichkeit der erteilten Startgutschrift, die auf einer Behandlung nach den für rentenferne Versicherte geltenden Grundsätzen beruht, ist damit gegenstandslos.
23
2. Dagegen hält das Berufungsgericht die weitergehenden Ansprüche des Klägers, insbesondere auf eine Rentenberechnung nach dem vor der Systemumstellung geltenden Satzungsrecht, zu Recht nicht für gegeben.
24
a) Der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (BGHZ 174, 127 Tz. 25 ff., 27) entschieden, dass die Satzung der Beklagten auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer umfassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Mit Urteil vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen) hat der Senat dies bestätigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den rentennahen Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem gebilligt. Die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraums getroffene Regelung ist jedenfalls vertretbar und schon aus diesem Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in den genannten Senatsurteilen verwiesen.
25
b) Hieran ändert auch nichts, dass der Kläger bereits bei Systemumstellung schwerbehindert war. Die Übergangsregelungen sind in diesem Fall gegenüber nicht schwerbehinderten rentennahen Versicherten zwar insofern abgewandelt, als bei der vorzunehmenden Hochrechung nicht pauschal auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs, sondern im Regelfall auf das für den jeweiligen Versicherten frühestmögliche Eintrittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen abzustellen ist. Nur wenn der einzelne schwerbehinderte Versicherte die Voraussetzungen für die Mindestgesamtversorgung (§ 41 Abs. 4 VBLS a.F.) erst zu einem späteren Zeitpunkt, aber noch bis Vollendung des 63. Lebensjahrs erfüllt, ist nach § 79 Abs. 2 Satz 5 VBLS auf diesen späteren Zeitpunkt hochzurechnen.
26
Der Kläger hat im Streitfall schon nicht vorgetragen, dass ihm hieraus Nachteile entstünden. Dessen ungeachtet beruht die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Versicherten jedenfalls auf einem sachlichen Grund. Für nicht schwerbehinderte Versicherte mussten die Tarifvertragsparteien der Ungewissheit, in welchem Lebensalter diese Versicherten jeweils tatsächlich in die gesetzliche Altersrente eintreten werden, durch eine pauschalierende Annahme begegnen. Insoweit wurde vertretbar die Vollendung des 63. Lebensjahrs festgelegt. Für schwerbehinderte Versicherte steht jedoch mit dem Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Versicherte frühestmöglich in eine abschlagsfreie gesetzliche Altersrente eintreten kann, ein konkreterer Anknüpfungspunkt zur Verfügung, der in der Gesamtheit der Fälle den tatsächlichen Verhältnissen näher kommen wird als der Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahrs. Die bei einer pauschalierenden Hochrechnung unvermeidbaren Abweichungen von den tatsächlichen Entwicklungen im Einzelfall, die zum Nachteil aber auch zum Vorteil des Versicherten ausschlagen können, werden durch das Abstellen auf diesen konkreten Zeitpunkt minimiert (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT Teil VII - ATV [Stand Juni 2003] Erl. 33.3.3. S. 273). Durch § 79 Abs. 2 Satz 5 VBLS wird zudem sichergestellt, dass der Versicherte durch den im Vergleich zu nicht schwerbehinderten Versicherten vorverlagerten Hochrechnungszeitpunkt nicht den Schutz durch die Mindestgesamtversorgung nach bisherigem Satzungsrecht verliert (vgl. Kiefer/ Langenbrinck, Betriebliche Alterversorgung im öffentlichen Dienst [Stand März 2007] § 33 ATV A 1.2 Erl. 6 S. 22; Langenbrinck/Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 2. Aufl. Rdn. 140).
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.03.2005 - 6 O 356/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 21.09.2006 - 12 U 89/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 319/06 Verkündetam:
3.Dezember2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Seiffert,
Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Dezember 2008

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Dezember 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig verworfen worden sind.
Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision der Beklagten sowie die Revision des Klägers werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger ein Viertel und die Beklagte drei Viertel.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte I.Die Versorgungsansta lt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
Die neue Satzung der Beklagten (VBLS) enthält Übergangsregelungen zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen Rentenanwartschaften. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen Versorgungskonten der Versicherten übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in rentennahe und rentenferne Versicherte unterschieden. Rentennah ist, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen konnte. Die Anwartschaften der rentennahen Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VBLS), wohingegen sich die Anwartschaften der rentenfernen Versicherten nach § 18 Abs. 2 BetrAVG berechnen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS).
3
Seit der Satzungsänderung vom 26. Juni 2003 (BAnz. Nr. 132 vom 19. Juli 2003), die auf dem Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum ATV/ATV-K vom 12. März 2003 beruht, sieht die VBLS auch für schwerbehinderte Versicherte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet hatten, unter den Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS eine Startgutschriftberechnung nach den für rentennahe Versicherte geltenden Grundsätzen vor. § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS lautet: Die Sätze 1 bis 3 gelten für Beschäftigte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet haben und eine Rente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen könnten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 60. Lebensjahr vollendet hätten, entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 63. Lebensjahres das entsprechende, für sie individuell frühestmögliche Eintrittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen maßgeblich ist.
4
Ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen setzte nach § 236a Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der am Umstellungsstichtag geltenden Fassung insbesondere die Erfüllung einer Wartezeit voraus, die in den Fällen der von § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS betroffenen Versicherten 35 Jahre (420 Monate) betrug. Durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I 403) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 die Höchstdauer der Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI) von drei Jahren auf acht Jahre erhöht.
5
II. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Systemumstellung , die Wirksamkeit der Übergangsregelung sowie die Höhe der erteilten Startgutschrift.

6
Der am 22. Mai 1947 geborene und bei der Beklagten rentenberechtigte Kläger ist spätestens seit dem 16. November 2000 schwerbehindert. Er erstrebt vorrangig die Fortschreibung seiner Rentenanwartschaft nach dem vor der Systemumstellung geltenden Satzungsrecht über den Umstellungsstichtag hinaus. Hilfsweise begehrt er insbesondere die Erteilung einer Startgutschrift gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS nach den Grundsätzen für rentennahe Versicherte anstatt der erteilten Startgutschrift, die nach den Grundsätzen für rentenferne Versicherte berechnet wurde.
7
Bis zum Ablauf des Umstellungsstichtags legte der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung 377 Monate an Beitragszeiten (§§ 54 Abs. 1 Nr. 1, 55 SGB VI) zurück. Zudem verwendete er nach Vollendung seines 17. Lebensjahres mindestens 74 Monate für schulische Ausbildung i.S. des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, von denen in der Rentenauskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zum 31. Dezember 2001 wegen Überschreitung der Höchstanrechnungsdauer von drei Jahren nur 36 Monate als Anrechnungszeiten berücksichtigt wurden. Von der Möglichkeit, für nicht angerechnete Ausbildungszeiten freiwillige Nachzahlungen zu erbringen (§ 207 SGB VI), machte der Kläger nach dem Umstellungsstichtag Gebrauch und zahlte für sieben Monate der schulischen Ausbildung zwischen Vollendung des 16. und des 17. Lebensjahrs Beiträge nach.
8
Der Kläger meint, die erteilte Startgutschrift bleibe erheblich hinter dem Wert seiner bis zum Umstellungsstichtag aufgebauten, als erdienter Besitzstand besonders geschützten Rentenanwartschaft zurück. Für eine Neuberechnung erstrebt er unter anderem die Verpflichtung der Beklag- ten, zur Ermittlung der Startgutschrift bestimmte, in verschiedenen Klageanträgen näher konkretisierte Berechnungselemente zugrunde zu legen.
9
Hinsichtlich der Maßgeblichkeit des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS ist der Kläger der Auffassung, die erforderliche Wartezeit durch die Erweiterung der Anrechnungszeiten zum 1. Januar 2002 und die Nachzahlung erfüllt zu haben. Bei anderer, engerer Auslegung des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS wäre dieser unwirksam, soweit die Erfüllung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits zum Umstellungsstichtag verlangt werde.
10
Die Beklagte stützt ihren Antrag auf Klageabweisung unter anderem darauf, dass die vom Kläger beanstandete Übergangsregelung für rentennahe Versicherte auf eine im Tarifvertrag vom 1. März 2002 von den Tarifvertragsparteien getroffene Grundentscheidung zurückgehe. Diese halte der mit Rücksicht auf die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie ohnehin eingeschränkten rechtlichen Überprüfung stand. Insbesondere wahre die erteilte Startgutschrift den verfassungsrechtlich geschützten Besitzstand des Klägers.
11
Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS seien nicht erfüllt, da am 31. Dezember 2001 nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rentenanspruchs nicht vorgelegen hätten.
12
Das Landgericht hat - unter Klageabweisung im Übrigen - festgestellt , die Beklagte sei verpflichtet, bei der Berechnung der Startgutschrift § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS n.F. anzuwenden, die dabei anzurech- nende gesetzliche Rente statt nach einem Näherungsverfahren anhand einer konkreten Rentenauskunft zu bestimmen und dem Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens eine Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag der nach ihrer alten Satzung (Fassung der 41. Änderung) entweder zum Umstellungsstichtag (31. Dezember 2001) oder zum Eintritt des Versicherungsfalles errechneten Zusatzrente entspricht.
13
Die Begründung zur umfassend eingelegten Berufung der Beklagten enthält hinsichtlich des Ausspruchs zu § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS keine Ausführungen. Diese finden sich vielmehr erstmalig in einem Schriftsatz vom 14. Februar 2006, der erst nach Ablauf der Begründungsfrist für die Berufung der Beklagten, jedoch noch innerhalb der Frist zur Erwiderung auf die Berufung des Klägers bei Gericht eingegangenen ist. Mit Schriftsatz vom 23. August 2006, der dann nach Ablauf auch der Erwiderungsfrist bei Gericht eingegangen ist, hat die Beklagte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt und hilfsweise - und erstmals ausdrücklich - Anschlussberufung eingelegt.
14
Während die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist, hat das Berufungsgericht auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil geändert und unter Klageabweisung im Übrigen nur noch festgestellt , dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der Startgutschrift § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS anzuwenden. Die vom Berufungsgericht festgestellte weitergehende Berufung sowie die Anschlussberufung der Beklagten hat es verworfen.
15
Der Kläger verfolgt mit seiner Revision seine bisherigen Anträge weiter, soweit er damit abgewiesen worden ist. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision insgesamt Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

16
Die Revision der Beklagten hat nur teilweise Erfolg und führt zur Zurückweisung der Anschlussberufung an Stelle deren Verwerfung. Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
17
A.Beide Revisionen sind in der erhobenen Form zulässig. Insbesondere ist von einer unbeschränkten Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht auszugehen.
18
Das Berufungsgericht hat die Revision ohne Einschränkung in der Urteilsformel zugelassen. Auch der - formelhaften - Begründung für die Zulassung, in der auf "mehrere Rechtsfragen von Grundsatzbedeutung" verwiesen wird, kann eine Beschränkung der Zulassung nicht entnommen werden. Hierfür reicht es nicht aus, dass das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision gibt, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstandes beschränken will (BGHZ 153, 358, 361; BGH, Urteil vom 26. Mai 1982 - IVb ZR 675/80 - NJW 1982, 1940 unter A I). Da das Berufungsgericht schon nicht ausgeführt hat, wegen welcher Rechtsfragen die Zulassung erfolgt, ist auch nicht unschwer oder eindeutig feststellbar, auf welchen Teil des Rechtsstreits die Zulassung beschränkt hätte sein sollen (vgl. hierzu BGHZ 153, 358, 361 f.).
19
B. Begründet ist jedoch nur die Revision der Beklagten, soweit sie sich gegen die Verwerfung von Berufung und Anschlussberufung wendet.
20
I.DasBerufungsgericht hat unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 24. November 2005 (12 U 102/04) ausgeführt, der Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Betriebsrentensystem stelle als solcher noch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Rechte der Pflichtversicherten dar.
21
Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz die Feststellung zu § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS angegriffen habe, seien Berufung und Anschlussberufung unzulässig. Die ursprüngliche Berufungsbegründung enthalte keine Ausführungen zur Feststellung hinsichtlich § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS, weshalb die Berufung insoweit nicht fristgemäß begründet worden sei (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO). Dies könne im Wiedereinsetzungsverfahren nicht geheilt werden. Die später hilfsweise erhobene Anschlussberufung vom 23. August 2006 sei erst nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist und damit ebenfalls verfristet erhoben worden (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Eine Wiedereinsetzung sei insoweit mangels Notfristcharakter schon nicht statthaft, jedenfalls könne das Versäumnis nicht als unverschuldet angesehen werden. Daher müsse es mit der vom Landgericht festgestellten Maßgeblichkeit der Übergangsregelungen für rentennahe Versicherte sein Bewenden haben.
22
Die Übergangsvorschriften für rentennahe Versicherte seien wirksam , weshalb dem Kläger weitergehende Ansprüche nicht zustünden.
23
II. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis zum überwiegenden Teil Stand.
24
1.Rechtsfehlerhaftistallerdings die Verwerfung der "weitergehenden Berufung" sowie der Anschlussberufung der Beklagten. Das Berufungsgericht hat dabei die gebotene Umdeutung der ursprünglich als selbständiges Rechtsmittel eingelegten Berufung, soweit sie sich gegen den Ausspruch zu § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS richtete, in eine unselbständige Anschlussberufung versäumt.
25
a) Die Beklagte hat bereits in der Berufungsbegründung den Antrag gestellt, die Klage insgesamt abzuweisen, und damit auch die Feststellung zu § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS angegriffen. Insoweit hat sie die Berufung jedoch nicht fristgerecht begründet. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hat das Berufungsgericht zu Recht nicht gewährt.
26
Jedoch sind auch im Verfahrensrecht analog § 140 BGB fehlerhafte Parteihandlungen in zulässige und wirksame umzudeuten, wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH, Urteil vom 27. April 1995 - VII ZR 218/94 - NJW 1995, 2362 unter I 2; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1986 - IVb ZB 83/86 - FamRZ 1987, 154 unter II 1). Ohne Prüfung der Möglichkeit der Umdeutung einer unzulässigen, weil nicht fristgerecht begründeten Berufung in eine zulässige Anschlussberufung darf die Berufung nicht als un- zulässig verworfen werden (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 1986 aaO). Die Umdeutung setzt nicht voraus, dass die Prozesshandlung als Anschlussberufung bezeichnet wird; es genügt vielmehr das - auch stillschweigend zum Ausdruck gebrachte - Begehren auf Abänderung des Urteils erster Instanz (BGH, Urteile vom 9. Mai 1984 - IVb ZR 74/82 - NJW 1984, 2351 unter 4 c; vom 28. Oktober 1953 - VI ZR 217/52 - NJW 1954, 226 unter 2). Insoweit sind also keine strengen Anforderungen zu stellen (BGHZ 100, 383, 386). Nicht als Anschlussberufung gewertet werden könnte dagegen eine Prozesserklärung, die sich in der Abwehr des gegnerischen Berufungsantrags erschöpft (BGH, Urteil vom 9. Mai 1984 aaO) oder aus der zweifelsfrei hervorgeht, dass ausschließlich ein selbständiges Rechtsmittel gewollt ist (BGHZ 100, 383, 387 f.; BGH, Urteil vom 27. April 1995 aaO sowie Beschluss vom 1. Oktober 1986 aaO; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher § 524 Rdn. 37). Auch wenn der tatsächliche Wille des Rechtsmittelführers ursprünglich auf die Durchführung einer selbständigen Berufung gerichtet war, kann in aller Regel zumindest ein - ausreichender - mutmaßlicher Wille angenommen werden, die unzulässige Hauptberufung wenigstens als Anschlussberufung "retten zu wollen" (BGHZ 100, 383, 388; BGH, Urteil vom 27. April 1995 aaO).
27
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze hätte das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten, soweit sie nicht fristgerecht begründet und somit unzulässig war, in eine Anschlussberufung umdeuten müssen. Insoweit hat die Beklagte ihren Angriff innerhalb der Frist zur Einlegung einer Anschlussberufung (§ 524 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO) und inhaltlich ausreichend begründet. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Beklagte in Abkehr von der Regel ihre insoweit unzulässige Berufung nicht zumindest als Anschlussberufung hätte retten wollen. Das Beru- fungsgericht musste daher die ursprünglich eingelegte Berufung zum einen Teil - soweit innerhalb der Berufungsfrist begründet - als Hauptberufung und zum anderen Teil - soweit lediglich innerhalb der Anschlussberufungsfrist begründet - als Anschlussberufung werten. Der erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist eingegangene Schriftsatz, in welchem die Beklagte nun ausdrücklich Anschlussberufung einlegte, war daher nicht als erstmalig erhobenes eigenes Begehren zu verstehen, sondern als Bestandteil der bereits vorher erhobenen Anschlussberufung (vgl. Rimmelspacher aaO).
28
2. In der Sache ist das Berufungsurteil jedoch - insbesondere hinsichtlich des Ausspruchs zu § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS - richtig.
29
a)Bei zutreffender Auslegung des § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS sind dessen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte zum Umstellungsstichtag das 52. Lebensjahr vollendet hatte und spätestens zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine gesetzliche Rente für schwerbehinderte Menschen einseitig hätte schaffen können - unterstellt, er hätte das Renteneintrittsalter bereits erreicht gehabt. Wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 104/06 (zur Veröffentlichung vorgesehen) erkannt hat, setzt diese, am Maßstab des durchschnittlichen Versicherten entwickelte Auslegung insbesondere das Wartezeiterfordernis aus dem gesetzlichen Rentenversicherungsrecht in ein sachgerechtes Verhältnis zu dem in § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS vorausgesetzten Mindestlebensalter von 52 Jahren. Zudem wahrt sie die Vereinbarkeit der Bestimmung mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen im genannten Senatsurteil verwiesen.
30
Der Kläger hatte die Möglichkeit, durch eine entsprechende Nachzahlung nach § 207 SGB VI seine Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung so zu erhöhen, dass er bereits am 31. Dezember 2001 die Wartezeit des § 236a Abs. 4 Nr. 3 SGB VI erfüllt gehabt hätte. Er hätte daher - das Erreichen des Renteneintrittsalters unterstellt - am Umstellungsstichtag die Voraussetzungen für eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen schaffen und somit i.S. von § 79 Abs. 2 Satz 4 VBLS beanspruchen können, weshalb seine Startgutschrift gemäß dieser Bestimmung nach den für rentennahe Versicherte geltenden Grundsätzen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 VBLS) zu erfolgen hat.
31
b)Die weitergehenden Ansprüche des Klägers, insbesondere auf eine Rentenberechnung nach dem vor der Systemumstellung geltenden Satzungsrecht, hält das Berufungsgericht zu Recht nicht für gegeben.
32
aa) Der Senat hat bereits mit Urteil vom 14. November 2007 (BGHZ 174, 127 Tz. 25 ff., 27) entschieden, dass die Satzung der Beklagten auch ohne Zustimmung der Versicherten und im Wege einer umfassenden Systemumstellung geändert werden konnte. Mit Urteil vom 24. September 2008 (IV ZR 134/07 - zur Veröffentlichung vorgesehen) hat der Senat dies bestätigt und die Berechnung der bis zum Zeitpunkt der Systemumstellung von den rentennahen Versicherten erworbenen Rentenanwartschaften sowie deren Übertragung in das neu geschaffene Betriebsrentensystem gebilligt. Die von den Tarifvertragsparteien im Rahmen ihres weiten Gestaltungsspielraums getroffene Regelung ist jedenfalls vertretbar und schon aus diesem Grunde verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in den genannten Senatsurteilen verwiesen.

33
bb) Hieran ändert auch nichts, dass der Kläger bereits bei Systemumstellung schwerbehindert war. Die Übergangsregelungen sind in diesem Fall gegenüber nicht schwerbehinderten rentennahen Versicherten zwar insofern abgewandelt, als bei der vorzunehmenden Hochrechung nicht pauschal auf die Vollendung des 63. Lebensjahrs, sondern im Regelfall auf das für den jeweiligen Versicherten frühestmögliche Eintrittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen abzustellen ist. Nur wenn der einzelne schwerbehinderte Versicherte die Voraussetzungen für die Mindestgesamtversorgung (§ 41 Abs. 4 VBLS a.F.) erst zu einem späteren Zeitpunkt, aber noch bis Vollendung des 63. Lebensjahrs erfüllt, ist nach § 79 Abs. 2 Satz 5 VBLS auf diesen späteren Zeitpunkt hochzurechnen.
34
Der Kläger hat im Streitfall schon nicht substantiiert vorgetragen, dass ihm hieraus konkrete Nachteile entstünden. Dessen ungeachtet beruht die unterschiedliche Behandlung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Versicherten jedenfalls auf einem sachlichen Grund. Für nicht schwerbehinderte Versicherte mussten die Tarifvertragsparteien der Ungewissheit, in welchem Lebensalter diese Versicherten jeweils tatsächlich in die gesetzliche Altersrente eintreten werden, durch eine pauschalierende Annahme begegnen. Insoweit wurde vertretbar die Vollendung des 63. Lebensjahrs festgelegt. Für schwerbehinderte Versicherte steht jedoch mit dem Zeitpunkt, zu dem der jeweilige Versicherte frühestmöglich in eine abschlagsfreie gesetzliche Altersrente eintreten kann, ein konkreterer Anknüpfungspunkt zur Verfügung, der in der Gesamtheit der Fälle den tatsächlichen Verhältnissen näher kommen wird als der Zeitpunkt der Vollendung des 63. Lebensjahrs. Die bei einer pauschalierenden Hochrechnung unvermeidbaren Abweichungen von den tatsächlichen Entwicklungen im Einzelfall, die zum Nachteil aber auch zum Vorteil des Versicherten ausschlagen können, werden durch das Abstellen auf diesen konkreten Zeitpunkt minimiert (vgl. Clemens/Scheuring /Steingen/Wiese, BAT Teil VII - ATV Stand Juni 2003 Erl. 33.3.3. S. 273). Durch § 79 Abs. 2 Satz 5 VBLS wird zudem sichergestellt, dass der Versicherte durch den im Vergleich zu nicht schwerbehinderten Versicherten vorverlagerten Hochrechnungszeitpunkt nicht den Schutz durch die Mindestgesamtversorgung nach bisherigem Satzungsrecht verliert (vgl. Kiefer/Langenbrinck, Betriebliche Alterversorgung im öffentlichen Dienst Stand März 2007 § 33 ATV A 1.2 Erl. 6 S. 22; Langenbrinck/ Mühlstädt, Betriebsrente der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, 2. Aufl. Rdn. 140).
35
3. Das Berufungsurteil hat daher keinen Bestand, soweit mit ihm Berufung und Anschlussberufung der Beklagten verworfen worden sind. Infolge der insoweit vorzunehmenden Umdeutung der ursprünglich eingelegten Berufung scheidet die Verwerfung einer "weitergehenden Berufung" aus. Die Zurückweisung der Anschlussberufung als unbegründet, die an Stelle deren Verwerfung als unzulässig geboten war, konnte der Senat selbst aussprechen, da der Fall auch im Übrigen zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO; vgl. Wenzel in: MünchKomm-ZPO 3. Aufl. § 561 Rdn. 7).
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 03.06.2005 - 6 O 178/04 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 07.12.2006 - 12 U 183/05 -

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 57/07 Verkündetam:
4.November2009
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VBL-Satzung § 41 Abs. 2b Satz 5 a.F.
Der geringere Nettoversorgungssatz für Versicherte, die bei Eintritt des Versicherungsfalls
das 50. Lebensjahr vollendet haben und bei denen die gesamtversorgungsfähige
Zeit nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. kürzer ist als die Zeit von
der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls,
bewirkt keine unangemessene Benachteiligung und ist mit höherrangigem
Recht vereinbar.
BGH, Urteil vom 4. November 2009 - IV ZR 57/07 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt im schriftlichen Verfahren
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 19. Oktober 2009
eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. März 2007 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des Hauptantrags sowie des Hilfsantrags wendet, ab 10. Mai 2000 eine Rente zu gewähren, bei der er mindestens so gestellt werde , als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte, bzw. unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente.
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Streitwert: 14.293 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
beklagte Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (BAnz. Nr. 1 vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 (Umstellungsstichtag ) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 (ATV) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem Versorgungstarifvertrag vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) beruhende - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem ersetzt.
2
Kläger Der meint, die Neuregelung greife unzulässig in seinen rechtlich geschützten Besitzstand ein. Er ist am 12. September 1943 geboren und bezieht bereits seit dem 10. Mai 2000 eine Versorgungsrente von der Beklagten, die sich nach altem Satzungsrecht richtet und aufgrund der Übergangsregelung des § 75 Abs. 2 Satz 1 der Satzung (VBLS) als Besitzstandsrente weitergezahlt wird. In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt der Kläger einschließlich Vordienstzeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes auf eine versicherte Zeit von 504 Monaten. Er hat aber erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres eine bei der Beklagten zusatzversicherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst aufgenommen. Die Beklagte hat insoweit nur für 63 Monate (5 Jahre und 3 Monate) Umlagen von dem ihr angeschlossenen Arbeitgeber erhalten.

3
Beklagte Die hat gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa ihrer bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Satzung (im Folgenden : VBLS a.F.) für den Faktor der gesamtversorgungsfähigen Zeit, von dem die Höhe ihrer Zusatzrente abhängt, die der gesetzlichen Rente zugrunde liegenden Monate, soweit sie über die Umlagemonate hinausgehen , nur zur Hälfte berücksichtigt (sog. Halbanrechnungsgrundsatz). Außerdem hat die Beklagte als Vomhundertsatz des gesamtversorgungsfähigen Entgelts für jedes Jahr der gesamtversorgungsfähigen Zeit nicht die allgemein vorgesehenen 2,294% zugrunde gelegt, sondern nur 1,957%. Diesen geringeren Nettoversorgungssatz schreibt § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. für die Fälle des § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. vor, nämlich wenn der Pflichtversicherte - wie hier - bei Eintritt des Versicherungsfalles das 50. Lebensjahr vollendet hat und die nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. gesamtversorgungsfähige Zeit, d.h. die Zeit der Umlagemonate , kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles.
4
Der Kläger hat in den Vorinstanzen mit dem Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren habe. Hilfsweise hat er beantragt, so gestellt zu werden, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte, unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente und unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit.
5
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit die Berufung des Klägers gegen den Hilfsantrag zurückgewiesen wurde, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren. Mit der Revision beantragt der Kläger, nach seinen Schlussanträgen in der Berufungsinstanz zu erkennen.

Entscheidungsgründe:


6
DasRechtsmittel hat keinen Erfolg.
7
I. Soweit der Kläger abweichend von § 42 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VBLS a.F. die volle Anrechnung seiner Vordienstzeiten oder die ausschließliche Berücksichtigung seiner Zeiten im öffentlichen Dienst ohne Halbanrechnung von Vordienstzeiten und ohne Berücksichtigung der darauf beruhenden Rentenanteile verlangt, stützt er sich vor allem auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. März 2000 (VersR 2000, 835). Danach ist die Anwendung des Halbanrechnungsgrundsatzes bei voller Anrechnung der gesetzlichen Rente im Rahmen der Gesamtversorgung allerdings noch bis zum Ende des Jahres 2000 hinzunehmen (dazu vgl. Senatsurteile vom 26. November 2003 - IV ZR 186/02 - VersR 2004, 183 unter 2 c; vom 10. November 2004 - IV ZR 391/02 - VersR 2005, 210 unter 2 a). Da der Kläger die Zusatzrente der Beklagten hier schon seit 10. Mai 2000 bezieht, hält das Berufungsgericht die gegen den Halbanrechnungsgrundsatz vorgebrachten Einwendungen des Klägers für unbegründet.
8
In dem geringeren Nettoversorgungssatz für Pflichtversicherte, bei denen die Zeit der Umlagemonate kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles, sieht das Berufungsgericht keine Diskriminierung wegen des Alters. Die Regelung hebe im Wortlaut nicht darauf ab, dass der Versicherte bei Beginn der Pflichtversicherung älter als 50 Jahre sei. Sie greife vielmehr auch ein, wenn die Versicherung bereits vorher begonnen habe, die Zahl der Umlagemonate aber gleichwohl hinter der Zahl der Kalendermonate von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalles zurückbleibe. Jedenfalls sei die Regelung sachlich gerechtfertigt im Hinblick auf die verhältnismäßig kurze Zeit der Tätigkeit im öffentlichen Dienst und die dementsprechend geringeren Beitragsleistungen , die die Beklagte vom Arbeitgeber erhält. Außerdem steige mit zunehmendem Lebensalter das versicherte Risiko, das außer dem Erreichen der Altersgrenze auch Erwerbsunfähigkeit und Schwerbehinderung einschließe. Die Anknüpfung der Satzung an die Zeit ab Vollendung des 50. Lebensjahres als des maßgeblichen Stichtags sei sachlich vertretbar. Die Regelung für den Nettoversorgungssatz in § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. verstoße daher nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (AGG) oder gegen europäisches Recht.
9
Das Berufungsgericht hat deshalb auch das Begehren des Klägers in seinem Hilfsantrag zurückgewiesen, eine Rente ab 10. Mai 2000 unter Berücksichtigung eines Nettoversorgungssatzes von 2,294% je Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit zu gewähren.
10
II. Soweit die Revisionsanträge darüber hinausgehen, ist die Revision unzulässig. Im Übrigen ist sie unbegründet.
11
1. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen, soweit der Kläger mit seinen Anträgen begehrt, ihm eine Versorgungsrente auf der Grundlage einer gesamtversorgungsfähigen Zeit von 476 Monaten zu gewähren oder ihn hilfsweise mindestens so zu stellen, als ob er nur im öffentlichen Dienst versicherungspflichtig gearbeitet hätte bzw. unter Anrechnung nur der aus diesen Zeiten erzielten gesetzlichen Rente. Insoweit hat das Berufungsgericht die Rechtsfragen als höchstrichterlich geklärt angesehen. Zugelassen hat es die Revision dagegen nur, soweit es um die Anwendung des geringeren Nettoversorgungssatzes gemäß § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. geht.
12
Diese Beschränkung der Revisionszulassung ist wirksam. Es handelt sich um tatsächlich und rechtlich selbständige, abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, die unabhängig voneinander Gegenstand von Teilurteilen sein könnten (vgl. Senatsurteil vom 17. September 2008 - IV ZR 191/05 - VersR 2008, 1524 Tz. 7 m.w.N.). Zwar geht es beim Halbanrechnungsgrundsatz ebenso wie beim Nettoversorgungssatz um Faktoren innerhalb der Rentenberechnung. Sie beeinflussen deren Ergebnis, also die zu beanspruchende Rentenhöhe, jedoch unabhängig voneinander jeweils zu einem rechnerisch abgrenzbaren Teilbetrag. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klage auch bezüglich der Anträge, für die es die Revision nicht zugelassen hat, mit Recht abgewiesen (vgl. BGHZ 178, 101 Tz. 54 ff.).
13
2. § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. benachteiligt den über 50 Jahre alten Versicherungsnehmer nicht unangemessen und ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
14
a) Die Satzungsnormen sind Allgemeine Versicherungsbedingungen , die auf die Gruppenversicherungsverträge Anwendung finden, die von den beteiligten Arbeitgebern als Versicherungsnehmer mit der Beklagten als Versicherer zugunsten der bezugsberechtigten Versicherten, der Arbeitnehmer, abgeschlossen worden sind (st. Rspr. vgl. BGHZ 142, 103, 105 ff.; BVerfG VersR 2000, 835, 836). Die Satzungen der Beklagten bauen auf Tarifverträgen der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen auf. Ob und wieweit sie im Hinblick darauf überhaupt einer richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB unterliegen, kann offen bleiben, solange keine unangemessene Benachteiligung festzustellen ist (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 30 ff.). Bei der gebotenen umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen sind insbesondere die auch tarifrechtlich bedeutsamen Wertentscheidungen des Grundgesetzes, die Grundrechte sowie die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft zu beachten (Artt. 3 Abs. 1, 9 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG).
15
b) Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, bewirkt der geringere Nettoversorgungssatz von 1,957% pro Jahr gesamtversorgungsfähiger Zeit eine Benachteiligung derjenigen Versorgungsempfänger, die - wie der Kläger - bei Eintritt des Versicherungsfalls das 50. Lebensjahr vollendet haben und bei denen die gesamtversorgungsfähige Zeit nach § 42 Abs. 1 VBLS a.F. kürzer ist als die Zeit von der Vollendung des 50. Lebensjahres bis zum Eintritt des Versicherungsfalls. Die Leistungspflicht der Beklagten ist für solche Fälle eingeschränkt worden, weil der Beklagten im Vergleich zu Pflichtversicherten, die schon wesentlich jünger bei der Beklagten pflichtversichert waren, nur für eine verhältnismäßig kurze Zeit Umlagen zufließen und die sonst übliche Höhe der Rente daher zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Beklagten führen würde. Die Tarifvertragsparteien hatten deshalb erwogen, Arbeitnehmer, die erst nach dem 50. Lebensjahr in den öffentlichen Dienst eintreten, generell von der Versicherungspflicht auszunehmen. Um daraus entstehende Härtefälle zu vermeiden, entschloss man sich zu der in der Satzung vorgesehenen Beschränkung der Zusatzrente auf einen geringeren Prozentsatz (Gilbert/Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst § 41 Anm. 6).
16
c) Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind Entgelte für die vom Arbeitnehmer geleistete Betriebstreue (BGHZ 169, 122 Tz. 17). Unter diesem Gesichtspunkt ist es sachlich gerechtfertigt, bei der Bemessung der Höhe der zu leistenden Rente danach zu differenzieren, ob der Arbeitnehmer eine umlagepflichtige Tätigkeit im öffentlichen Dienst im Wesentlichen über die gesamte Dauer seines Erwerbslebens ausgeübt hat oder aber nur eine verhältnismäßig kurze Zeit von weniger als 15 Jahren. Hinzu kommt, dass nicht nur die Beendigung der Erwerbstätigkeit infolge des Erreichens der Altersgrenze versichert ist, sondern ohne Zuschlag auch das Risiko, schon vor Erreichen der Altersgrenze wegen Erwerbsunfähigkeit oder Schwerbehinderung auf eine Versorgung angewiesen zu sein. Dieses Risiko wird nach der Lebenserfahrung größer , wenn es wie hier um die Zeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres geht. Die Anknüpfung an die Vollendung des 50. Lebensjahres und die Bewertung des Ausgleichs für zusätzliche Lasten, die die Beklagte bei einem Beginn der Pflichtversicherung erst nach dem 50. Lebensjahr zu tragen hat, mit einem Abschlag von dem sonst üblichen Nettoversorgungssatz von 2,294% um etwa 15% auf 1,957% erscheint nicht unan- gemessen. Diese Ansätze beruhen auf der für tatsächliche Gegebenheiten und betroffene Interessen maßgebenden Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien, auf deren Tarifverträgen die Satzungen der Beklagten aufbauen (vgl. BGHZ 174, 127 Tz. 34 ff.). Die der Regelung des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. zugrunde liegenden Gesichtspunkte tragen versicherungsmathematischen Erfordernissen Rechnung. Dass die Höhe der Zusatzrente aus anderen Gründen weiteren Einschränkungen unterliegen kann, wie sie sich etwa aus dem Halbanrechnungsgrundsatz ergeben, und der Arbeitnehmer deshalb letzten Endes nur die Mindestversorgungsrente nach §§ 44, 44a VBLS a.F. erhält wie der Kläger des vorliegenden Falles, macht die Vorschrift des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. auch nicht teilweise unwirksam. Vielmehr hält sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand und verstößt weder gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG).
17
Soweit d) aus § 7 AGG, aus Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG (ABlEG Nr. L303, S. 16 ff.), aus Art. 141 EG/119 EGV sowie aus allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts (vgl. EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Rs C-144/04 [Mangold] Slg. 2005, I-9981-10042 Rdn. 75 f.) ein Verbot der Diskriminierung wegen Alters zu entnehmen ist, ist eine Ungleichbehandlung jedenfalls gerechtfertigt, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie einem legitimen Ziel dient, solange dies nicht zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt (§ 10 AGG, Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG).
18
aa) Dass § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. faktisch auf eine Diskriminierung wegen des Geschlechts hinauslaufen könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich. Vielmehr kommen ein Eintritt in eine pflichtversi- cherte Tätigkeit im öffentlichen Dienst erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres oder andere, unter die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2b Satz 5 VBLS a.F. fallende Konstellationen nach der Lebenserfahrung für Frauen im Allgemeinen nicht signifikant häufiger in Betracht als für Männer. Zwar wird die Erwerbsbiographie von Frauen herkömmlich durch Kindererziehungszeiten unterbrochen und ihre berufliche Entwicklung dadurch verzögert; für die hier in Betracht kommende Altersgruppe von Frauen spielen diese Gründe aber keine ins Gewicht fallende Rolle mehr.
19
bb) Vielmehr sind hier die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG erfüllt: Die Beklagte betreibt ein betriebliches System der sozialen Sicherheit (vgl. BGHZ 169, 122 Tz. 18; Senatsurteil vom 1. Juni 2005 - IV ZR 100/02 - VersR 2005, 1228 unter II 4). Wie oben unter II 2 c bereits dargelegt, dient die Festsetzung von Altersgrenzen in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. dem Zweck, unter versicherungsmathematischen Gesichtspunkten unterschiedliche Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten anhand von Altersgrenzen zu bilden. Dadurch soll eine im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit von Spätversicherten unangemessen hohe Versorgungslast der Beklagten vermieden werden (Berger/Kiefer/Langenbrinck, Das Versorgungsrecht für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes § 41 Anm. 2; MünchKomm-BGB/Thüsing, 5. Aufl. § 10 AGG Rdn. 54).
20
Darüber cc) hinaus ist die in § 41 Abs. 2b Satz 5 i.V. mit § 41 Abs. 2 Satz 5 VBLS a.F. getroffene Regelung auch nach § 10 Satz 1 und 2 AGG, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt. Wie oben unter II 2 c aufgezeigt, erscheint diese Regelung objektiv und angemes- sen. Dass sie kein Ziel aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung verfolgt, wie die Revision geltend macht, ist nicht entscheidend. Es kommen auch andere legitime Ziele in Betracht, nämlich hier die Berücksichtigung versicherungsmathematisch erheblicher Gesichtspunkte wie der zeitlich auf weniger als 15 Jahre beschränkten Dauer der Pflichtversicherung und die Erhöhung des von der Beklagten zu tragenden Risikos bei über 50-jährigen Versicherten. Die dafür in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Mittel erscheinen erforderlich und auch angemessen insbesondere im Hinblick darauf, dass eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung von Arbeitnehmern, die erst nach Vollendung des 50. Lebensjahres in den öffentlichen Dienst eintreten, ohne Reduzierung des Nettoversorgungssatzes im hier vorgesehenen Umfang von den Tarifvertragsparteien überhaupt nicht für möglich gehalten wurde (Gilbert/Hesse aaO).
21
Zweifel dd) bei der Auslegung und Anwendung europäischen Rechts, die eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nahe legen könnten, ergeben sich danach nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 10.03.2006 - 6 O 389/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 01.03.2007 - 12 U 115/06 -

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.