Bundesgerichtshof Urteil, 07. Mai 2019 - II ZR 278/16

bei uns veröffentlicht am07.05.2019
vorgehend
Landgericht Berlin, 101 O 32/15, 09.11.2015
Kammergericht, 22 U 182/15, 19.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 278/16 Verkündet am:
7. Mai 2019
Ginter
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Unterlassungsklage, mit der ein Aktionär einen Eingriff in seine Mitgliedschaftsrechte
durch pflichtwidriges Organhandeln abwehren will, ist ohne unangemessene
Verzögerung zu erheben (Fortführung von BGH, Urteil vom 10. Juli 2018
- II ZR 120/16 z.V.b. in BGHZ).
BGH, Urteil vom 7. Mai 2019 - II ZR 278/16 - KG
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2019:070519UIIZR278.16.0

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher, die Richter Sunder und Dr. Bernau, die Richterin B. Grüneberg und den Richter Dr. von Selle

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Kammergerichts vom 19. September 2016 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft. Mit Beschluss vom 6. Mai 2013 ermächtigte die Hauptversammlung den Vorstand der Beklagten , mit Zustimmung des Aufsichtsrats Wandelschuldverschreibungen auszugeben , die den Aktionären zum Bezug anzubieten waren. In dem Beschluss war unter anderem geregelt, dass der Wandlungspreis aufgrund einer Verwässerungsschutzklausel nach näherer Maßgabe der Anleihe- bzw. Genussscheinbedingungen zum Zwecke der Wahrung der Rechte der Inhaber bzw. Gläubiger der Schuldverschreibungen bzw. der Genussrechte ermäßigt werden kann, wenn die Gesellschaft während der Options- bzw. Wandlungsfrist unter Einräumung eines ausschließlichen Bezugsrechts an ihre Aktionäre das Grundkapital erhöht oder eigene Aktien veräußert.
2
Der Vorstand der Beklagten beschloss mit Zustimmung des Aufsichtsrats am 3. Dezember 2013 die Ausgabe von 25 zinslosen Teilwandelschuldverschreibungen im Nennbetrag von jeweils 107.000 € (100.000 € zuzüglich 7.000 € Disagio), die er den Aktionären gegen Zahlung von 100.000 € zur Zeichnung anbot. Die am 4. Dezember 2013 auf der Homepage der Beklagten und im Bundesanzeiger veröffentlichten Anleihebedingungen sahen vor, dass die Anleihegläubiger im Fall der Wandlung 107.000 Stückaktien zu einem Preis von 5,87 € je Aktie erwerben konnten, der durch Wandlungszuzahlung (Wand- lungspreis abzüglich 1,00 € je Aktie) und Begebung der Wandelschuldverschreibungen zu leisten war. Der Verwässerungsschutz der Gläubiger war dahin geregelt, dass "im Fall einer oder mehrerer Barkapitalerhöhungen (mit oder ohne Bezugsrecht), in denen insgesamt mehr als 267.500 Aktien ausgegeben werden, der Wandlungspreis automatisch auf den Ausgabepreis einer solchen Barkapitalerhöhung gemäß den näheren Bestimmungen der Anleihebedingungen herabgesetzt (wird), falls dieser Ausgabepreis niedriger ist als der Wandlungspreis".
3
Anfang Dezember 2013 betrug das Grundkapital der Beklagten 13.082.892 €, wobei 13.082.892 Aktien ausgegeben waren. Der Kläger ist Aktionär der Beklagten. Er hielt zu diesem Zeitpunkt 749.283 Stückaktien, was einer Beteiligungsquote von 5,727 % entsprach. Im Dezember 2013 veröffent- lichte die Beklagte die vollständige Platzierung der Wandelschuldverschreibungen.
4
Im Oktober 2014 nahm die Beklagte eine weitere Kapitalerhöhung durch Ausgabe von 1.351.089 neuen Aktien zum Preis von 3,08 € pro Aktie vor, der auf dem XETRA-Schlusskurs des letzten Handelstages an der Frankfurter Wertpapierbörse vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung beruhte. Die Aktienausgabe erfolgte unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre, was die Beklagte im Oktober 2014 durch eine Ad-hoc-Mitteilung bekannt gab. Im November 2014 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Homepage, dass sich aufgrund der Ausgabe neuer Aktien der Wandlungspreis auf 3,08 € reduziere (sogenanntes Repricing). Zum Ablauf des Jahres 2016 übte die Beklagte gegenüber den Anleihegläubigern das ihr in den Anleihebedingungen vorbehaltende Endfälligkeitswandlungsrecht aus.
5
Der Kläger hat mit seiner Ende März 2015 eingereichten Klage beantragt , die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, aufgrund von Wandlungserklärungen der Anleihegläubiger neue Aktien zu einem Preis von weniger als 5,87 € je Aktie zu begeben. Zudem hat er von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 265.091,84 € nebst Zinsen und die Feststellung begehrt, dass diese ihm für den weiteren Schaden ersatzpflichtig ist, der ihm aus Wandlungserklärungen entstehen werde.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt der Kläger nach Eintritt der Endfälligkeit der Wandelschuldverschreibungen festzustellen, dass die Unterlassungsklage in der Hauptsache erledigt ist, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, es zu unterlassen, aufgrund von Wandlungserklärungen neue Aktien der Beklagten gegen Zahlung eines Betrages unter 5,87 € je Aktie zu begeben. Im Übrigen verfolgt der Kläger seine im zweiten Rechtszug gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
8
I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Der Kläger sei mit dem Unterlassungsanspruch nach Treu und Glauben mangels Einhaltung einer angemessenen Klagefrist ausgeschlossen, weil er bereits im Dezember 2013 von den Anleihebedingungen Kenntnis gehabt habe. Der Beklagten sei die Unterlassung der Erfüllung der Wandlungsansprüche zudem unmöglich geworden, nachdem das Wandlungsrecht durch Begebung der Wandelschuldverschreibungen wirksam begründet worden sei.
10
Im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch sei ein rechtswidriger Eingriff in die Mitgliedsrechte des Klägers zwar jedenfalls insoweit zu bejahen, als die Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen mit den Bedingungen des Verwässerungsschutzes der Anleihegläubiger nicht durch den Hauptversammlungsbeschluss gedeckt gewesen sei. Es fehle aber an einer schlüssigen Schadensdarlegung. Allein mit der prozentualen Verringerung der Gesellschaftsbeteiligung könne ein Schaden nicht dargelegt werden. Darüber hinaus sei auch der Schadensersatzanspruch mangels Einhaltung einer angemessenen Klagefrist ausgeschlossen.
11
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
12
1. Die Unterlassungsklage ist in der Hauptsache nicht erledigt.
13
a) Der Kläger kann den Unterlassungsanspruch im Revisionsverfahren mit dem Antrag weiterverfolgen, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Eine Erledigungserklärung ist grundsätzlich auch dann zu berücksichtigen, wenn der Kläger sie erst im Revisionsverfahren abgibt, und zwar gleichgültig, ob der Beklagte der Erledigung zustimmt oder weiterhin Klageabweisung beantragt (BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04, ZIP 2006, 368). Das gilt jedenfalls dann, wenn das erledigende Ereignis außer Streit steht (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 - IVa ZR 98/87, NJW 1989, 2885, 2887 mwN). Die Ausübung des Endfälligkeitswahlrechts durch die Beklagte und die Endfälligkeit der Wandelschuldverschreibungen, die zur Erledigung des Unterlassungsbegehrens führen, sind nicht streitig.
14
b) Das Unterlassungsbegehren war bei Eintritt des erledigenden Ereignisses unbegründet, weil der Kläger mit der Klageerhebung zu lange zugewartet hat.
15
aa) Für die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses zur Kapitalerhöhung unter Bezugsrechtsausschluss hat der Bundesgerichtshof bereits geklärt, dass diese ohne unangemessene Verzögerung und mit der dem Aktionär zumutbaren Beschleunigung zu erheben ist. Der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu berücksichtigende Zeitraum beginnt, wenn der Aktionär den Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie die eine Nichtigkeit aus seiner Sicht nahelegenden Umstände kennt oder kennen muss. Ferner ist dem Aktionär eine Klageerhebung nicht zumutbar, solange er nicht ausreichend Zeit hatte, schwierige tatsächliche Fragen zu klären oder klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ankommt. Vor der gebotenen Nachberichterstattung über die Kapitalerhöhung hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, wann der Aktionär die ein pflichtwidriges Organhandeln aus seiner Sicht nahelegenden Umstände kannte oder kennen musste. Jeweils im Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ist auch zu beurteilen, ob eine unangemessene Verzögerung vorliegt (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 27, 31).
16
bb) Diese Grundsätze gelten auch für eine Unterlassungsklage, mit der ein Aktionär einen Eingriff in seine Mitgliedschaftsrechte durch pflichtwidriges Organhandeln abwehren will.
17
(1) Der Bundesgerichtshof hat mit diesen Grundsätzen seine Rechtsprechung zu Aktionärsklagen konkretisiert, mit denen die Rechtswidrigkeit und daraus folgende Nichtigkeit von Kapitalerhöhungsbeschlüssen mit Bezugsrechtsausschluss des Vorstands und Aufsichtsrats gegen die Aktiengesellschaft geltend gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 17 mwN). Diese Rechtsprechung betrifft einen Ausschnitt des verbandsrechtlichen Anspruchs des Aktionärs darauf, dass die Gesellschaft seine Mitgliedsrechte achtet und alles unterlässt, was sie über das durch Gesetz und Satzung gedeckte Maß hinaus beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 133 - Holzmüller). Bezüglich dieses Anspruchs hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 135 f.) bereits ausgeführt, dass er auch als auf Unterlassung oder Wiederherstellung gerichteter Leistungsanspruch innerhalb einer Frist klageweise geltend zu machen ist, die zu der Monatsfrist des § 246 AktG nicht außer Verhältnis steht. Dementsprechend hat er sich in seinem Urteil vom 10. Juli 2018 (II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 27) auch auf diese Rechtsprechung bezogen. Schließlich wird auch aus der Inbezugnahme des "Holzmüller"-Urteils in der "Mangusta/Commerzbank II"-Entscheidung (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II) deutlich, dass Aktionäre bei rechtswidrigem Verwaltungshandeln ihre Rechte generell nicht unter Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gegenüber der Gesellschaft missbräuchlich ausüben dürfen, weswegen ein solcher Anspruch ohne unangemessene Verzögerung geltend zu machen ist.
18
(2) Auch das Schrifttum geht davon aus, dass eine Unterlassungsklage, mit der ein Aktionär einen Eingriff in seine Mitgliedschaftsrechte durch pflichtwidriges Organhandeln abwehren will, jedenfalls ohne unangemessene Verzögerung zu erheben ist (Casper in Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., Vor § 241 Rn. 27; Drinkuth, AG 2006, 142, 147; Groß/T. Fischer in Heidel, AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 126; Hirte in Großkomm. AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 132; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986, 209; Kubis, DStR 2006, 188, 192; KK-AktG/Lutter, 2. Aufl., § 203 Rn. 44; Lutter, BB 1981, 861, 863; Mimberg in Marsch-Barner/Schäfer, Hdb börsennotierte AG, 4. Aufl., § 39 Rn. 14; Paefgen, ZIP 2004, 145, 152; MünchHdbGesR IV/Rieckers, 4. Aufl., § 18 Rn. 8, 11; Waclawik, ZIP 2006, 397, 405).
19
(3) Letztlich ergibt sich aus der allgemeinen Rücksichtnahmepflicht des Aktionärs gegenüber der Gesellschaft (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 31; Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II; Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 135 f. - Holzmüller), dass auch die Unterlassungsklage ohne unangemessene Verzögerung erhoben werden muss. Während die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsbeschlusses die Wirksamkeit der durchgeführten Kapitalmaßnahme nicht berührt (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 257 - Mangusta/Commerzbank II), kann die Unterlassungsklage zu einer Blockade angestrebter Veränderungen führen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 30). Das Interesse der Gesellschaft, schnell Rechtssicherheit zu erhalten, ist jedenfalls nicht weniger schutzwürdig als bei einer Feststellungsklage, die ähnlich einer Fortsetzungsfeststellungklage im Wesentlichen lediglich der Vorbereitung möglicher Schadensersatz- und sonstiger Ansprüche des Aktionärs dient (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 - II ZR 120/16, ZIP 2018, 1586 Rn. 30 mwN; Hirte, EWiR 2006, 65, 66; vgl. auch Kocher/v. Falkenhausen, ZIP 2018, 1949, 1954).
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cc) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt , dass der Kläger den Unterlassungsanspruch nicht ohne unangemessene Verzögerung gerichtlich geltend gemacht hat, weil er seine Klage erst im März 2015 eingereicht hat.
21
Der Beschluss des Vorstands vom 3. Dezember 2013 wurde dem Kläger noch im Dezember 2013 bekannt. Damit musste er auch die eine Nichtigkeit des Vorstandsbeschlusses aus seiner Sicht nahelegenden Umständekennen. Bereits aus den Anleihebedingungen vom 3. Dezember 2013 ergab sich neben der Stückelung der Wandelschuldverschreibungen, dass der Verwässerungsschutz für die Anleihegläubiger im Fall einer oder mehrerer Barkapitalerhöhungen (mit oder ohne Bezugsrecht) greifen sollte. Daraus war erkennbar, dass entgegen der Ermächtigung durch die Hauptversammlung vom Verwässerungsschutz der Anleihegläubiger auch der Fall erfasst war, dass die Beklagte nicht unter Einräumung eines ausschließlichen Bezugsrechts an ihre Aktionäre ihr Grundkapital erhöht. Damit hatte er auch Gelegenheit, die Fragen klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage ankommt.
22
Eine Klageerhebung war dem Kläger danach jedenfalls im November 2014 zumutbar. Zwar hat der Kläger die Erhebung der Klage noch nicht schon unangemessen verzögert, wenn er nicht alsbald nach dem Beschluss des Vor- stands vom 3. Dezember 2013 eine Klage einreichte. Im Hinblick darauf, dass der Beschluss des Vorstands vom 3. Dezember 2013 im Ergebnis erst dann zu einer Abweichung vom Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung und einer Beeinträchtigung seiner Aktionärsrechte führte, wenn das Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre erhöht wurde, konnte er zunächst noch darauf bauen, dass der Vorstand den fehlerhaften Beschluss vom 3. Dezember 2013 insoweit nicht umsetzte und das Kapital allenfalls unter Bezugsrecht der Aktionäre erhöhen würde.
23
Er musste die Klage dann aber unverzüglich erheben, nachdem die Beklagte das Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre erhöhte und er davon Kenntnis erlangen konnte. Mitte Oktober 2014 hat die Beklagte durch Ad-hoc-Mitteilung bekannt gegeben, dass sie neue Aktien unter Bezugs- rechtsausschluss zu einem Preis von 3,08 € ausgebe. Die Beklagte hat die da- raufhin erfolgte Anpassung des Wandlungspreises zudem im November 2014 auf ihrer Homepage veröffentlicht. Damit musste dem Kläger die aus seiner Sicht drohende Verwässerung seiner Beteiligung bekannt sein. Der Kläger hat sich zwar zu dem Zeitpunkt, wann er die Veröffentlichung zur Kenntnis genommen hat, nicht erklärt. Da der Kläger vor diesem Zeitpunkt aber von einer Klageerhebung nur in der Erwartung absehen konnte, dass das Kapital nicht oder nicht unter Bezugsrechtsausschluss erhöht wurde, und er die Verwaltung der Beklagten auf ihren Fehler nicht hinwies, war es ihm jedenfalls zumutbar, die weitere Entwicklung zu beobachten, um unverzüglich tätig werden zu können.
24
2. Der vom Kläger für den Fall, dass die Unterlassungsklage nicht in der Hauptsache erledigt ist, gestellte Hilfsantrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, es zu unterlassen, aufgrund von Wandlungserklärungen neue Aktien der Beklagten zu begeben, ist unzulässig. Ein Antrag auf Feststellung, dass ein Klageanspruch bis zum Eintritt eines erledigenden Ereignisses be- stand, setzt voraus, dass ausnahmsweise ein über das Kosteninteresse hinausgehendes rechtliches Interesse an der Feststellung besteht (§ 256 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2011 - II ZR 206/08, ZIP 2011, 637 Rn. 23). Ein solches Interesse hat der Kläger nicht dargetan. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf die Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats (§ 120 Abs. 1 und 2 AktG) hingewiesen hat, genügt dies für die Darlegung eines rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung nicht, zumal auch schon seit Ausübung des Endfälligkeitswandlungsrechts durch die Beklagte und der Endfälligkeit der Wandelschuldverschreibungen bereits mehrere Geschäftsjahre, in denen über die Entlastung zu befinden war (§ 120 Abs. 1 Satz 1 AktG), verstrichen sind.
25
3. Zahlung von Schadensersatz kann der Kläger nicht verlangen, weil er einen Schaden nicht ausreichend dargelegt hat. Es ist auch nicht erkennbar, dass dem Kläger künftig noch Schaden droht.
26
a) Die Beteiligung des Aktionärs durch Ausgabe neuer Aktien kann auf zwei Arten Schaden nehmen: durch Minderung der Beteiligungsquote und durch Minderung des Werts der Beteiligung (vgl. BT-Drucks. 12/6721, 10; MünchKommAktG/Bayer, 4. Aufl., § 203 Rn. 173; Cahn, ZHR 164 (2000), 113, 139 f.; Hirte, Bezugsrechtsausschluss und Konzernbildung, 1986, 246; Schmolke, Organwalterhaftung für Eigenschäden von Kapitalgesellschaften, 2004, 311; MünchHdbGesR IV/Scholz, 4. Aufl., § 57 Rn. 118). Unter beiden Gesichtspunkten hat der Kläger weder einen Schaden noch die Möglichkeit, einen solchen Schaden künftig zu erleiden, dargelegt. Einen Schaden unter dem Gesichtspunkt einer Schmälerung seiner Beteiligungsquote hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Einen Schaden unter dem Gesichtspunkt einer Minderung des Werts seiner Beteiligung (vgl. § 255 Abs. 2 Satz 1 AktG) hat er nicht geltend gemacht.
27
b) Der Sachvortrag des Klägers ermöglicht es nicht, einen auf der Verringerung seiner Beteiligungsquote beruhenden (Mindest-)Schaden auch nur schätzungsweise (§ 287 Abs. 1 ZPO) zu beziffern. Der Kläger hat seinen Schaden mit der Differenz beziffert, die zwischen seiner Beteiligung an der Marktkapitalisierung der Beklagten bei Begebung der Wandelschuldverschreibungen (5,727 % von 85.562.113 €) und seiner Beteiligung nach den Wandlungen an der Marktkapitalisierung der Beklagten bei Begebung der Wandelschuldverschreibungen (5,417 % von 85.562.113 €) besteht. Dabei lässt der Kläger unberücksichtigt , dass der Beklagten infolge der Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen und nachfolgender Wandlungen Kapital zugeflossen ist und nicht von einem gleichbleibenden Börsenwert der Beklagten ausgegangen werden kann.
28
Der Kläger hat zwar zur Begründung des Unterlassungsanspruchs sinngemäß auch geltend gemacht, dass der herabgesetzte Wandlungspreis hinter dem inneren Wert der Aktien zurückgeblieben sei, weil Gesellschaftsvermögen verschleudert worden sei. Darauf hat er seinen Schadensersatzanspruch aber nicht gestützt und seine Schadensberechnung nicht abgestellt.
29
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, das Berufungsgericht hätte ihn auf die Unschlüssigkeit seiner Schadensdarlegung hinweisen müssen (§ 139 ZPO), greift diese Rüge nicht durch. Ein Rechtsmittelführer, der die Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO geltend macht, muss darlegen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er hierauf im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, NJW-RR 2016, 952 Rn. 14 mwN). Nur hierdurch wird das Rechtsmittelgericht in die Lage versetzt zu beurteilen, ob die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verstoß gegen die Hinweispflicht beruht (BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 243/16, GRUR 2018, 740 Rn. 13). Derartigen Vortrag hat der Kläger nicht gehalten, der vielmehr an seiner unschlüssigen Schadensberechnung festhält.
30
c) Die Möglichkeit des Eintritts eines künftigen Schadens hat der Kläger ebenso wenig dargelegt.
31
Ein Interesse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung einer Ersatzpflicht für künftige Schadensfolgen aus einer bereits eingetretenen Verletzung eines absoluten Rechtsguts wie eines Mitgliedschaftsrechts ist zwar bereits zu bejahen, wenn die Möglichkeit besteht, dass solche Schäden eintreten. Daran fehlt es aber, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 - VI ZR 133/06, NJWRR 2007, 601 Rn. 5 mwN).
32
Einen Grund, warum mit dem Eintritt eines Schadens zu rechnen sei, hat der Kläger nicht dargelegt. Der Kläger bezieht sich auch mit dem Feststellungsantrag auf eine Verringerung seiner Beteiligungsquote, ohne dass er darzulegen vermocht hat, dass daraus ein Vermögensschaden eingetreten ist. Daraus ist auch der künftige Eintritt eines Vermögensschadens nicht erkennbar. Der Kläger hat hierzu auch nur vorgetragen, dass sich der Schaden insoweit nicht abschließend beziffern lasse.
Drescher Sunder Bernau B. Grüneberg von Selle
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 09.11.2015 - 101 O 32/15 -
KG, Entscheidung vom 19.09.2016 - 22 U 182/15 -

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(1) Über den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe entscheidet der Vorstand, soweit die Ermächtigung keine Bestimmungen enthält. Die Entscheidung des Vorstands bedarf der Zustimmung des Aufsichtsrats; gleiches gilt für die Entscheidung des Vorstands nach § 203 Abs. 2 über den Ausschluß des Bezugsrechts.

(2) Sind Vorzugsaktien ohne Stimmrecht vorhanden, so können Vorzugsaktien, die bei der Verteilung des Gewinns oder des Gesellschaftsvermögens ihnen vorgehen oder gleichstehen, nur ausgegeben werden, wenn die Ermächtigung es vorsieht.

(3) Weist ein Jahresabschluß, der mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen ist, einen Jahresüberschuß aus, so können Aktien an Arbeitnehmer der Gesellschaft auch in der Weise ausgegeben werden, daß die auf sie zu leistende Einlage aus dem Teil des Jahresüberschusses gedeckt wird, den nach § 58 Abs. 2 Vorstand und Aufsichtsrat in andere Gewinnrücklagen einstellen könnten. Für die Ausgabe der neuen Aktien gelten die Vorschriften über eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen, ausgenommen § 188 Abs. 2. Der Anmeldung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals ist außerdem der festgestellte Jahresabschluß mit Bestätigungsvermerk beizufügen. Die Anmeldenden haben ferner die Erklärung nach § 210 Abs. 1 Satz 2 abzugeben.

(1) Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern oder der Gesellschaft ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird (Wandelschuldverschreibungen), und Schuldverschreibungen, bei denen die Rechte der Gläubiger mit Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden (Gewinnschuldverschreibungen), dürfen nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden. Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. Die Satzung kann eine andere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. § 182 Abs. 2 gilt.

(2) Eine Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen kann höchstens für fünf Jahre erteilt werden. Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats haben den Beschluß über die Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen sowie eine Erklärung über deren Ausgabe beim Handelsregister zu hinterlegen. Ein Hinweis auf den Beschluß und die Erklärung ist in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen.

(3) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Gewährung von Genußrechten.

(4) Auf Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußrechte haben die Aktionäre ein Bezugsrecht. Die §§ 186 und 193 Abs. 2 Nr. 4 gelten sinngemäß.

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.

(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 79/04
vom
21. November 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AktG § 186 Abs. 3, 4; §§ 192, 202 Abs. 2, 203 Abs. 2, 221

a) Für einen Hauptversammlungsbeschluss, durch den der Vorstand zu einem
Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen
i.S. von § 221 AktG im Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung
(§ 192 AktG) ermächtigt wird, gelten die gleichen Grundsätze wie für
eine Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines genehmigten
Kapitals (§ 203 Abs. 2 AktG; vgl. BGHZ 136, 133).

b) Die konkrete Prüfung, ob der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt
ist, hat der Vorstand vorzunehmen, wenn er von der Ermächtigung Gebrauch
macht.
BGH, Beschluss vom 21. November 2005 - II ZR 79/04 - OLG Celle
LG Hannover
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Kraemer, Caliebe und Dr. Reichart
einstimmig beschlossen:
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt , die Revision durch Beschluss gemäß § 552 a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:


1
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die für die Entscheidung maßgeblichen Grundsätze sind durch das Senatsurteil vom 23. Juni 1997 (BGHZ 136, 133) geklärt. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
2
I. Durch das nach Einlegung der Revision des Klägers eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ist der Rechtsstreit nicht gemäß § 240 ZPO unterbrochen worden, weil die vorliegende Anfechtungsklage nicht die Insolvenzmasse betrifft. Aus demselben Grund wird die Beklagte weiterhin durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten (§ 246 Abs. 2 Satz 1 AktG; vgl. Hüffer in MünchKommAktG 2. Aufl. § 246 Rdn. 54).
3
II. Der erstmalig in der Revisionsinstanz gestellte Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ist zulässig (vgl. BGHZ 106, 359, 368), aber unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Insolvenz der Beklagten ein erledigendes Ereignis im Hinblick auf die vorinstanzliche Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Kapitalerhöhungsbeschlüsse der Beklagten vom 28. November 2002 darstellt. Unbegründet ist der Feststellungsantrag jedenfalls deshalb, weil die Anfechtungsklage mangels Vorliegens von Anfechtungsgründen nicht begründet war. Auf die - von dem Kläger in einem anderen Rechtsstreit angefochtenen - Bestätigungsbeschlüsse (§ 244 AktG) der Beklagten vom 26. November 2003 kommt es insoweit nicht an.
4
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Hauptversammlungsbeschluss zu TOP 5 vom 28. November 2002, durch welchen der Vorstand der Beklagten zu einem Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines genehmigten Kapitals ermächtigt worden ist (§§ 202 Abs. 2, 203 Abs. 2, 186 Abs. 3, 4 AktG), nicht gegen das Gesetz verstieß und insbesondere der Vorstandsbericht (§§ 203 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG) unter den gegebenen Umständen den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats seit dem Urteil vom 23. Juni 1997 (BGHZ 136, 133) bedarf es für einen Bezugsrechtsausschluss gemäß § 203 Abs. 2 AktG keines bereits konkretisierten Vorhabens der Gesellschaft, zu dessen Verwirklichung das genehmigte Kapital eingesetzt werden soll. Denn das Institut des genehmigten Kapitals (§§ 202 ff. AktG) soll einer Gesellschaft die Flexibilität geben, die sie braucht, um auf dem nationalen und internationalen Markt rasch und erfolgreich auf vorteilhafte Angebote reagieren und die Möglichkeiten zur Unternehmenserweiterung, z.B. durch Erwerb von Unternehmensbeteiligungen , ausnutzen zu können (Senat aaO S. 136). Dementsprechend genügt es, dass die Zwecke der Ermächtigung allgemein umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung bekannt gegeben werden. Sie hat anhand dieser allgemeinen Umschreibung zu prüfen, ob die Maßnahme im Interesse der Gesellschaft liegt (Senat aaO S. 139). Diesen Anforderungen genügt der vorliegende Vorstandsbericht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt.
5
Entgegen der Ansicht der Revision müssen im vorliegenden Fall nicht deshalb "höhere Anforderungen" an den Ermächtigungsbeschluss und den Vorstandsbericht gestellt werden, weil der Spielraum der Ermächtigung hier weiter reichte als im Falle des Senatsurteils vom 23. Juni 1997 (aaO). Eine Beschränkung der dortigen Grundsätze auf Ermächtigungen geringeren Umfangs ist weder diesem Urteil noch dem Senatsurteil vom 15. Mai 2000 (BGHZ 144, 290) zu entnehmen und wäre auch der Rechtssicherheit abträglich. Die Unterscheidung zwischen sog. "Vorratsermächtigungen" und zulässigen Ermächtigungsbeschlüssen hat der Senat im Urteil vom 23. Juni 1997 (aaO S. 138) als nicht praktikabel verworfen. Eine Ermächtigung zu einer "strategischen Neuausrichtung" der Gesellschaft (dazu OLG München, AG 2003, 451) wurde hier nicht erteilt. Es ist grundsätzlich Sache der Hauptversammlung darüber zu entscheiden , wie weit eine Ermächtigung reichen soll. Soll sie - wie hier - zu vielfältigen möglichen Zwecken eingesetzt werden, kann sie naturgemäß nicht konkret umschrieben und mit konkreten Erfordernissen begründet, aber gleichwohl von der Hauptversammlung auf ihre allgemeine Vereinbarkeit mit dem wohlverstandenen Gesellschaftsinteresse geprüft werden. Die konkrete Prüfung, ob eine bestimmte Maßnahme von der Ermächtigung gedeckt und der Ausschluss des Bezugsrechts sachlich gerechtfertigt ist (vgl. Senat, BGHZ 71, 40, 45 f.), hat der Vorstand - unter Kontrolle des Aufsichtsrats (§ 204 Abs. 1 Satz 2 AktG) - vorzunehmen , wenn er von der Ermächtigung Gebrauch macht (Senat BGHZ 136, 139 f.).
6
2. Im Ergebnis nichts anderes gilt für den angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss zu TOP 7, durch den der Vorstand der Beklagten zu einem Bezugsrechtsausschluss - mit Zustimmung des Aufsichtsrats - im Zusammenhang mit einer bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 192 Abs. 2 Nr. 1, 2 AktG ermächtigt wurde. Ein gesetzliches Bezugsrecht der Aktionäre auf Bezugsaktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung besteht ohnehin nicht, weil dadurch die Zwecke des § 192 Abs. 2 Nr. 1-3 AktG verfehlt würden (vgl. Hüffer, AktG 6. Aufl. § 192 Rdn. 3). Die Ermächtigung bezog sich vielmehr auf einen Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen u.a. zu den in § 192 Abs. 2 AktG genannten Zwecken (vgl. §§ 221 Abs. 4, 186 AktG). Nach allgemeiner Auffassung kann der Beschluss über eine bedingte Kapitalerhöhung mit dem Beschluss über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen o.ä. kombiniert werden (vgl. Hüffer aaO § 192 Rdn. 13). Weiter kann die Hauptversammlung den Vorstand analog § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG zu einem Ausschluss des Bezugsrechts gemäß § 221 Abs. 4 AktG ermächtigen (Hüffer aaO § 221 Rdn. 39 m.w.Nachw.). Dies dient in Verbindung mit der Ermächtigung zur Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten i.S. von § 221 AktG den gleichen Zwecken wie die entsprechende Ermächtigung im Rahmen eines genehmigten Kapitals, weshalb die in dem Senatsurteil vom 23. Juni 1997 (BGHZ 136, 133) genannten Grundsätze hier in gleicher Weise eingreifen (vgl. Habersack in MünchKommAktG 2. Aufl. § 221 Rdn. 180; Krieger in MünchHdbAG 2. Aufl. § 63 Rdn. 14; Hofmeister, NZG 2000, 713, 719).
7
3. Entgegen der Ansicht der Revision sind an die materielle Rechtfertigung der Ermächtigungsbeschlüsse bzw. an den Vorstandsbericht auch nicht deshalb "höhere Anforderungen" zu stellen, weil gleichzeitig ein bedingtes und ein genehmigtes Kapital (mit Bezugsrechtsausschluss) beschlossen worden sind. Beide können bis zu den für sie jeweils maßgeblichen Höchstgrenzen (§§ 192 Abs. 3, 202 Abs. 3 AktG) gleichzeitig nebeneinander bestehen (vgl. Bayer in MünchKommAktG 2. Aufl. § 202 Rdn. 70 m.w.Nachw.). Zwar übersteigt das beschlossene Gesamtvolumen für Schuldverschreibungen mit oder ohne Wandelungsrecht in Höhe von bis zu 80 Mio. € das Grundkapital der Beklagten deutlich. Jedoch wird die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen durch die Höhe des bedingten Kapitals beschränkt, das sich hier innerhalb der Grenze des § 192 Abs. 3 AktG hielt. Soweit der Vorstand der Beklagten darüber hinaus zur Ausgabe von Finanzierungsinstrumenten i.S. von § 221 AktG zwecks Erwerbs von Beteiligungen o.ä. sowie zur Gewinnung neuer Investoren für die Gesellschaft ermächtigt wurde, trug dies dem Interesse der Beklagten Rechnung, sich bietende Finanzierungsmöglichkeiten flexibel ergreifen zu können und nicht auf teurere Bankkredite angewiesen zu sein. Finanzierungsmöglichkeiten der genannten Art konnten zur Zeit der Beschlussfassung nur erhofft, nicht aber konkret angegeben werden. Ob und inwieweit der Vorstand (mit Zustimmung des Aufsichtsrats) hiervon Gebrauch macht, liegt nicht in seinem freien , sondern in seinem gebundenen, auch gerichtlich überprüfbaren Ermessen nach den im Senatsurteil vom 23. Juni 1997 (aaO S. 140 f.; vgl. auch Sen.Urt. v. 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, Umdr. S. 6 ff., z.V.b. in BGHZ) aufgestellten Grundsätzen.
Goette Kurzwelly Kraemer
Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 26.08.2003 - 18 O AktE 118/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 17.03.2004 - 9 U 216/03 -
27
(1) Die Fragen nach der Dauer einer möglichen Frist einerseits und dem Beginn einer solchen Frist andererseits können nicht unabhängig voneinander beantwortet werden. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Feststellungsklage ohne unangemessene Verzögerung zu erheben ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 135 f. - Holzmüller). Danach beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu berücksichtigende Zeitraum erst, wenn der Aktionär den Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie die eine Nichtigkeit des Beschlusses aus seiner Sicht nahelegenden tatsächlichen Umstände kennt oder kennen muss. Denn vor diesem Zeitpunkt war der Aktionär nicht gehalten, ein gerichtliches Vorgehen gegen die Verwaltungsentscheidung in Betracht zu ziehen. Ferner ist dem Aktionär eine Klageerhebung nicht zumutbar, solange er nicht ausreichend Zeit hatte, schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu klären oder klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ankommt (vgl. für die GmbH: BGH, Urteil vom 14. Mai 1990 - II ZR 126/89, BGHZ 111, 224, 226). Die Möglichkeit, eine solche Klärung herbeizuführen, hängt wiederum von den für den Aktionär verfügbaren Informationen ab. Dies zugrunde gelegt beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Klageerhebung maßgebende Zeitraum spätestens mit der gebotenen Nachberichterstattung, also mit dem auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss zu erstattenden Vorstandsbericht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, 244 - Mangusta/ Commerzbank I). Ob der Aktionär schon vor diesem Zeitpunkt über die für eine zeitnahe Klageerhebung erforderlichen Kenntnisse verfügte, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

(1) Die Klage muß innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung erhoben werden.

(2) Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Die Gesellschaft wird durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die Gesellschaft durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten.

(3) Zuständig für die Klage ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 148 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 statt. Die Gesellschaft kann unmittelbar nach Ablauf der Monatsfrist des Absatzes 1 eine eingereichte Klage bereits vor Zustellung einsehen und sich von der Geschäftsstelle Auszüge und Abschriften erteilen lassen. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(4) Der Vorstand hat die Erhebung der Klage unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Ein Aktionär kann sich als Nebenintervenient nur innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung an der Klage beteiligen.

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(1) Die Fragen nach der Dauer einer möglichen Frist einerseits und dem Beginn einer solchen Frist andererseits können nicht unabhängig voneinander beantwortet werden. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Feststellungsklage ohne unangemessene Verzögerung zu erheben ist (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 90/03, BGHZ 164, 249, 259 - Mangusta/Commerzbank II; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Februar 1982 - II ZR 174/80, BGHZ 83, 122, 135 f. - Holzmüller). Danach beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu berücksichtigende Zeitraum erst, wenn der Aktionär den Beschluss des Vorstands oder Aufsichtsrats sowie die eine Nichtigkeit des Beschlusses aus seiner Sicht nahelegenden tatsächlichen Umstände kennt oder kennen muss. Denn vor diesem Zeitpunkt war der Aktionär nicht gehalten, ein gerichtliches Vorgehen gegen die Verwaltungsentscheidung in Betracht zu ziehen. Ferner ist dem Aktionär eine Klageerhebung nicht zumutbar, solange er nicht ausreichend Zeit hatte, schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu klären oder klären zu lassen, auf die es für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage ankommt (vgl. für die GmbH: BGH, Urteil vom 14. Mai 1990 - II ZR 126/89, BGHZ 111, 224, 226). Die Möglichkeit, eine solche Klärung herbeizuführen, hängt wiederum von den für den Aktionär verfügbaren Informationen ab. Dies zugrunde gelegt beginnt der für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Klageerhebung maßgebende Zeitraum spätestens mit der gebotenen Nachberichterstattung, also mit dem auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft über die Ausnutzung des genehmigten Kapitals unter Bezugsrechtsausschluss zu erstattenden Vorstandsbericht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005 - II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, 244 - Mangusta/ Commerzbank I). Ob der Aktionär schon vor diesem Zeitpunkt über die für eine zeitnahe Klageerhebung erforderlichen Kenntnisse verfügte, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Hauptversammlung beschließt alljährlich in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahrs über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats. Über die Entlastung eines einzelnen Mitglieds ist gesondert abzustimmen, wenn die Hauptversammlung es beschließt oder eine Minderheit es verlangt, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von einer Million Euro erreichen.

(2) Durch die Entlastung billigt die Hauptversammlung die Verwaltung der Gesellschaft durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. Die Entlastung enthält keinen Verzicht auf Ersatzansprüche.

(3) Die Verhandlung über die Entlastung soll mit der Verhandlung über die Verwendung des Bilanzgewinns verbunden werden.

(4) (weggefallen)

(1) Der Beschluß über eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen kann nach § 243 angefochten werden.

(2) Die Anfechtung kann, wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder zum Teil ausgeschlossen worden ist, auch darauf gestützt werden, daß der sich aus dem Erhöhungsbeschluß ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist. Dies gilt nicht, wenn die neuen Aktien von einem Dritten mit der Verpflichtung übernommen werden sollen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten.

(3) Für die Anfechtung gelten die §§ 244 bis 248a.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

14
a) Geht es um gerichtliche Versäumnisse im Zusammenhang mit der richterlichen Hinweispflicht, hat der Beschwerdeführer darzustellen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - XI ZR 153/02, NJW-RR 2003, 1003, 1004; Urteil vom 16. Oktober 2008 - III ZR 253/07, NJW 2009, 148 Rn. 10; Beschluss vom 18. Mai 2011 - IV ZB 6/10, juris Rn. 12). Die mangels eines richterlichen Hinweises zunächst unterbliebene Ergänzung eines das Wiedereinsetzungsgesuch begründenden Vortrags oder seiner Glaubhaftmachung kann dabei auch noch nach Ablauf der Fristen der § 234, § 236 Abs. 2 ZPO - und zwar auch im Rechtsbeschwerdeverfahren - erfolgen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. September 1981 - IVb ZB 758/81, VersR 1981, 1160, 1161; vom 6. Mai 1999 - VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284; vom 10. Mai 2006 - XII ZB 42/05, NJW 2006, 2269 Rn. 10; vom 31. März 2010 - XII ZB 166/09, FamRZ 2010, 879 Rn. 12; vom 10. März 2011 - VII ZB 28/10, NJW-RR 2011, 790 Rn. 10 f.; vom 17. Januar 2012 - VIII ZB 42/11, WuM 2012, 157 Rn. 10; vom 3. Dezember 2015 - V ZB 72/15, NJW 2016, 874 Rn. 9). Ergibt sich die Ergänzungsbedürftigkeit aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, so ist dieErgänzung grundsätzlich innerhalb der Frist für die Rechtsbeschwerdebegründung vorzunehmen.
13
aa) Ein Rechtsmittelführer, der die Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO geltend macht, muss darlegen, wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere was er hierauf im Einzelnen vorgetragen hätte und wie er weiter vorgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2016 - VI ZB 4/16, juris Rn. 14 mwN). Nur hierdurch wird das Rechtsmittelgericht in die Lage versetzt zu beurteilen, ob die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verstoß gegen die Hinweispflicht beruht.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.