Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2013 - I ZR 66/12
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Transportvergütung in Anspruch. Die Beklagte macht mit einer Widerklage Schadensersatz wegen angeblich nicht ordnungsgemäßer Ausführung eines der Klägerin erteilten Speditionsauftrags geltend.
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- Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Dezember 2003 zu festen Kosten mit der Besorgung eines Transports von gefrorenem Rindfleisch von ihrem Sitz in D. /Niedersachsen nach Novosibirsk/Russland. Das von der Beklagten auf Paletten gepackte Gut wurde den vertraglichen Vereinbarungen entsprechend zunächst mit Lastkraftwagen nach Braniewo/Polen befördert und dort in Kühlwaggons für den Weitertransport per Eisenbahn umgeladen. Die Entladung der Kühlwaggons in Novosibirsk erfolgte zwischen dem 19. und dem 22. Dezember 2003.
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- Die Klägerin verlangt von der Beklagten für die Durchführung der Güterbeförderung eine Transportvergütung in Höhe von 59.020 US-Dollar. Die Beklagte hat einen Vergütungsanspruch der Klägerin nur in Höhe von 45.295,40 US-Dollar (= 36.873,50 €) für begründet erachtet. Gegenüber diesem Anspruch der Klägerin hat sie mit einer vermeintlichen Schadensersatzforderung von insgesamt 147.295,98 € die Aufrechnung erklärt und hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags Widerklage erhoben.
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- Zur Begründung ihres Schadensersatzverlangens hat die Beklagte Folgendes vorgetragen: Vor der Verladung des Gutes in Kühlwaggons seien die Paletten - was unstreitig ist - ohne ihre Kenntnis und Billigung aufgelöst worden. Das tiefgefrorene Fleisch sei dann - ebenfalls unstreitig - lose in den Kühlwaggons befördert worden. Durch die Auflösung der Paletten seien die von ihr an den Fleischblöcken ordnungsgemäß angebrachten Herkunftsnachweise verlorengegangen. Deshalb hätten die russischen Veterinärbehörden die Herkunft des Fleisches als unbekannt eingestuft und schließlich am 16. April 2004 dessen Vernichtung angeordnet. Aufgrund des unmöglich gewordenen Herkunftsnachweises sei das in verkehrsgerechter Qualität zum Versand gebrachte Fleisch wertlos geworden und vom Käufer nicht bezahlt worden. Dadurch sei ihr ein Schaden in Höhe von insgesamt 147.295,98 € entstanden (entgangener Verkaufspreis 82.349,28 €, Kosten für Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer 21.826,60 €, Vernichtungskosten 14.252,80 €, Lagerkosten in Novosibirsk 5.667,20 € sowie verlorene Ausfuhrerstattung 23.950,64 €.
- 5
- Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 110.442,48 € nebst Zinsen zu verurteilen.
- 6
- Die Klägerin ist dem Schadensersatzverlangen der Beklagten entgegengetreten und hat insbesondere geltend gemacht, ihre Pflichten aus dem Straßengütertransport hätten mit der Ablieferung des Gutes in Braniewo geendet. Für die Umladung des Gutes in die Kühlwaggons sei sie daher nicht mehr als Frachtführerin verantwortlich. Aufgrund einer mit der Beklagten vereinbarten Geltung der ADSp hafte sie hinsichtlich des Eisenbahntransports nur für die Auswahl des von ihr beauftragten Transportunternehmens. Für ein Fehlverhalten der von ihr ausgewählten zuverlässigen und renommierten P. Internationale Spedition SP und einen daraus resultierenden Schaden der Beklagten, den sie bestreite, brauche sie daher nicht einzustehen.
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- Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Transportvergütung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
- 8
- Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage und ihr Widerklagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 9
- I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagten stehe der zur Aufrechnung gestellte und darüber hinaus mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil sie die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht hinreichend dargelegt habe. Dazu hat es ausgeführt:
- 10
- Der Straßengütertransport vom Sitz der Beklagten nach Braniewo in Polen unterfalle den Bestimmungen der CMR. Die Auflösung der mit dem Frachtgut bepackten Paletten sei noch dem Straßentransport zuzurechnen. Es sei bewusst in die Verpackung „eingegriffen“ worden, unter der sich die tiefgefrorenen Fleischblöcke befunden hätten, um eine optimale Raumaufteilung in den Kühlwaggons zu erreichen.
- 11
- Eine Haftung der Klägerin für den von der Beklagten behaupteten Schaden nach Art. 17 Abs. 1 CMR komme nicht in Betracht. Das gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehe, dass die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches allein wegen des Fehlens des Herstellernachweises erlassen worden sei. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die der Klägerin zum Transport übergebenen Paletten mit ausreichenden Herkunftsnachweisen versehen und ordnungsgemäß verpackt gewesen seien. Daher könne nicht angenommen werden, dass das Fleisch, so wie es der Klägerin zum Transport übergeben worden sei, tatsächlich verkäuflich gewesen sei.
- 12
- Die von der Beklagten beantragte Einräumung einer weiteren Erklärungsfrist sei nicht in Betracht gekommen, weil sie mit der gerichtlichen Verfügung vom 7./20. Dezember 2011 bereits darauf hingewiesen worden sei, dass sie eine ordnungsgemäße Etikettierung und Verpackung der tiefgefrorenen Fleischblöcke bislang nicht in ausreichendem Maße dargetan habe.
- 13
- Unabhängig davon habe die Beklagte auch nicht hinreichend dargelegt, dass der Zustand, in dem die Ware sich beim Entladen aus den Kühlwaggons befunden habe, zur Anordnung der Vernichtung des Fleisches geführt habe.
- 14
- II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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- 1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag über die Besorgung des Transports von tiefgefrorenem Fleisch vom Unternehmenssitz der Beklagten in D. nach Novosibirsk ausgegangen.
- 16
- Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Speditionsvertrag zu festen Kosten (§ 459 HGB) ergibt sich aus Art. 28 Abs. 4 EGBGB, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Dezember 2003 noch Gültigkeit hatte. Nach dieser Vorschrift wird bei einem Güterbeförderungsvertrag vermutet, dass dieser mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt (Art. 28 Abs. 5 EGBGB), dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. Dies gilt auch für multimodale Frachtverträge im Sinne von § 452 HGB (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - I ZR 151/04, TranspR 2008, 210 Rn. 15 = VersR 2008, 1711 mwN). Da die Klägerin ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und hier auch die Verladung des Transportgutes vorgenommen wurde, sind die Voraussetzungen für die Anwendung deutschen Rechts gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB erfüllt. Im Streitfall spricht auch nichts dafür, dass der Vertrag zu einem anderen Staat engere Verbindungen aufweist, zumal die Beklagte als Versenderin ihren Hauptsitz in Deutschland hat.
- 17
- 2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, eine mögliche Ersatzpflicht der Klägerin für die von der Beklagten geltend gemachten Schäden beurteile sich nach den Vorschriften der CMR, hat auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen dagegen keinen Bestand.
- 18
- a) Die Klägerin hat die Besorgung der Versendung des tiefgefrorenen Fleisches vom Unternehmenssitz der Beklagten nach Novosibirsk zu festen Kosten (260 US-Dollar/Tonne) übernommen, so dass sie hinsichtlich der Beförderung die Pflichten eines Frachtführers hatte (§ 459 Satz 1 HGB). Entgegen der in der mündlichen Revisionsverhandlung geäußerten Ansicht der Revisionserwiderung ist der Umschlag des Gutes in Braniewo der Beförderung im Sinne von § 459 Satz 1 HGB zuzurechnen. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beklagten stand bei der Übernahme der Ware durch die Klägerin bereits fest, dass in Braniewo für den Weitertransport nach Novosibirsk zwingend eine Umladung vom Lkw in Eisenbahnwaggons erfolgen musste. Den Umschlag des Gutes in Braniewo hat die Klägerin der Beklagten auch nicht gesondert in Rechnung gestellt. Diese Tätigkeit war vielmehr von dem vereinbarten Festpreis von 260 US-Dollar/Tonne umfasst.
- 19
- Die als solche einheitliche Speditionsleistung hatte die Beförderung mit verschiedenartigen Transportmitteln (Lkw, Eisenbahn) zum Gegenstand. Einzelne Teile wären, wenn für sie gesonderte Verträge geschlossen worden wären , verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen gewesen. Der Transport des Frachtgutes per Lkw nach Braniewo in Polen wäre nach den Bestimmungen der CMR zu beurteilen. Für den Transport per Eisenbahn kämen internationale Eisenbahn-Übereinkommen, insbesondere das Abkommen über den internationalen Eisenbahn-Güterverkehr (SMGS) zur Anwendung, das sowohl Polen als auch Russland unterzeichnet haben (MünchKomm.HGB/Freise, 2. Aufl., Einl. Int. EisenbahnTranspR Rn. 44). Richtet sich die Leistung eines Fixkostenspediteurs auf die Besorgung eines solchen multimodalen Transports, greift § 452 HGB ein (BGH, Urteil vom 13. September 2007 - I ZR 207/04, BGHZ 173, 344 Rn. 23).
- 20
- Nach § 452 HGB sind die Vorschriften der §§ 407 ff. HGB nur dann einheitlich auf die gesamte Beförderungsleistung anzuwenden, wenn sich aus internationalen Übereinkommen oder den besonderen Vorschriften der §§ 452a ff. HGB nichts anderes ergibt. Eine Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften für einzelne Teilstrecken der Beförderung ergibt sich im Streitfall aus § 452a HGB. Nach dieser Bestimmung ist für die Haftung des Frachtführers das Recht maßgeblich, das für einen hypothetischen Vertrag über eine Beförderung auf der Teilstrecke gelten würde, auf der der Schaden eingetreten ist. Nach der Darstellung der Beklagten hat die Auflösung der mit dem Fleisch bepackten Paletten in Braniewo zu dem ihr entstandenen Schaden geführt. Der Ort des schadensverursachenden Ereignisses ist mithin bekannt.
- 21
- b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Entfernung der Verpackung und Auflösung der Paletten seien dem Straßengütertransport zuzurechnen, kann nach den bislang getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben.
- 22
- aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass bewusst in die von der Beklagten vorgenommene Verpackung des Frachtgutes „eingegriffen“ und diese entfernt worden sei, um eine optimale Raumaufteilung in den Kühlwaggons zu erreichen. Dementsprechend sei die Auflösung der Paletten während der „Landphase“ erfolgt. Diese Beurteilung findet in den bisherigen Feststellungen keine tragfähige Grundlage.
- 23
- bb) Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen dazu getroffen, wer die Verpackung entfernt hat, wann dies geschehen ist und an welchem Ort die Paletten tatsächlich aufgelöst wurden. In Anbetracht des vom Berufungsgericht festgestellten Grundes für die Auflösung der Paletten ist auch denkbar, dass die Verpackung von Mitarbeitern des Eisenbahnunternehmens entfernt wurde, als sich die mit dem Frachtgut beladenen Paletten bereits in den Kühlwaggons für den Transport von Braniewo nach Novosibirsk befanden. Sollte dies der Fall sein, können die Entfernung der Verpackung und das Auflösen der Paletten nicht mehr dem vorangegangenen Straßengütertransport zugerechnet werden.
- 24
- cc) Sofern sich der genaue Ablauf der Auflösung der Paletten nicht mehr klären lässt - seit der Durchführung des streitgegenständlichen Transports im Dezember 2003 sind fast zehn Jahre vergangen -, ist von einem unbekannten Schadensort im Sinne von § 452 Satz 1 HGB auszugehen mit der Folge, dass sich eine mögliche Haftung der Klägerin für den von der Beklagten geltend gemachten Schaden nach den §§ 407 ff. HGB beurteilt.
- 25
- dd) Denkbar ist allerdings auch - was grundsätzlich möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11, juris Rn. 24 f.) -, dass die Parteien für den gesamten Transport bis zum Bestimmungsort die Geltung der CMR-Vorschriften vereinbart haben, worauf sich die Beklagte in den Vorinstanzen berufen hat.
- 26
- Die Annahme des Berufungsgerichts, eine mögliche Haftung der Klägerin für den von der Beklagten geltend gemachten Schaden beurteile sich nach dem Haftungsregime der CMR, ist auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen mithin nicht tragfähig.
- 27
- 3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Es muss geklärt werden, nach welchem Haftungsregime sich eine mögliche Haftung der Klägerin richtet. Nach keinem der in Betracht kommenden Haftungsregime lässt sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin ohne weitere Feststellungen ausschließen.
- 28
- III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist, da weitere Feststellungen zu treffen sind, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 29
- Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 30
- 1. Sofern nach den anwendbaren Haftungsvorschriften ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Betracht kommen sollte, wird das Berufungsgericht diesen Anspruch, den die Beklagte im Wege der Aufrechnung und der Widerklage geltend macht, nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht mit der Begründung verneinen können, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die der Klägerin zum Transport übergebene Ware mit ausreichenden Herkunftsnachweisen versehen und ordnungsgemäß verpackt gewesen sei, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass das Fleisch in Russland hätte verkauft werden können.
- 31
- a) Das Berufungsgericht wird allerdings - anders als die Revision meint - auch im wiedereröffneten Berufungsverfahren das von der Beklagten selbst durch Bezugnahme auf das Schreiben der VET Service GmbH vom 16. Dezember 2004 (Anlage B 26) vorgetragene maßgebliche ausländische Recht ohne Verstoß gegen § 293 ZPO zugrunde legen können. Nach der eigenen Darstellung der Beklagten handelt es sich bei der VET Service GmbH um die offizielle deutsche Vertretung der russischen staatlichen Veterinärbehörden. Aus dem Schreiben geht hervor, dass für den Export von Rindfleisch und Schweinefleisch ohne Knochen nach Russland eine Verpackung der Fleischblöcke in Polyethylenfolie auf Paletten - umwickelt mit Stretchfolie und etikettiert mit Palettenscheinen mit allen notwendigen Angaben (Nummern des Schlachtbetriebs = ES.Nr. und des Zerlegungsbetriebs = EZ.Nr., Name und Adresse des Herstellers, Warenbezeichnung, Herstellungsdatum, Bedingungen für Transport und Lagerung) - handelsüblich ist und die veterinärrechtlichen Anforderungen für den Import nach Russland erfüllt. Unter diesen Umständen hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung, die russischen Einfuhrbestimmungen für Rindfleisch von Amts wegen gemäß § 293 ZPO zu ermitteln.
- 32
- b) Das Berufungsgericht wird jedoch im wiedereröffneten Berufungsverfahren weiteren Vortrag der Beklagten zu den Anforderungen an die Kennzeichnungspflicht der Ware zu berücksichtigen haben. Es hat die Beklagte bislang nicht mit der gebotenen Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass es das Vorbringen zur ordnungsgemäßen Etikettierung der Paletten und zur ausreichenden Verpackung der Ware für nicht hinreichend erachtet. Dadurch hat das Berufungsgericht , worauf die Revision mit Recht hinweist, verfahrensfehlerhaft weiteren Vortrag der Beklagten zur Kennzeichnung der Ware und zu deren Verkäuflichkeit in Russland verhindert.
- 33
- aa) Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO nicht, wenn es vor der mündlichen Verhandlung lediglich allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien vielmehr auf den fehlenden Sachvortrag , den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 371; Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320; Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624; MünchKomm.ZPO/Wagner, 4. Aufl., § 139 Rn. 20; Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 139 Rn. 8). Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er gezielt und konkret den einzelnen Mangel anspricht.
- 34
- bb) Diesen Anforderungen wird der gerichtliche Hinweis laut Verfügung vom 7./20. Dezember 2011, der sich an die Beklagte richtete und auf den das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, nicht gerecht. Dort heißt es lediglich, dass bisher nicht ausreichend dargetan ist, dass die Etikettierung und Verpackung der Fleischblöcke den Bedingungen, die in dem Schreiben der VET Service (Anlage B 26) und den „veterinär-sanitären Anforderungen beim Import von Fleisch …“ (Anlage K 28.11) beschrieben sind, genügt haben.
- 35
- Diesem allgemein gehaltenen Hinweis konnte die Beklagte nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, welche Angaben zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung und Verpackung des Fleisches nach Ansicht des Gerichts noch fehlten. Das Berufungsgericht hätte die Beklagte konkret darauf hinweisen müssen, dass es nach dem von der Beklagten bis zur gerichtlichen Verfügung gehaltenen Vortrag davon ausging, dass das Fleisch in Russland nicht verkäuflich gewesen wäre, weil auf den zur Darlegung der erfolgten Kennzeichnung vorgelegten Etiketten (Anlagen B 4 und B 5) die ES-Nummern (Nummer des Schlachtbetriebs) fehlten.
- 36
- cc) Hätte das Berufungsgericht rechtzeitig auf seine konkreten Bedenken hinsichtlich der Verkäuflichkeit des Fleisches in Russland hingewiesen, hätte die Beklagte darauf - wie die Revision dargelegt hat - mit hinreichend substantiiertem Vortrag reagiert. Die Beklagte hätte danach vorgetragen und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass der auf dem Etikett anzubringende Herkunftsnachweis nicht auch die ES-Nummer nennen müsse, wenn die EZ-Nummer (Nummer des Zerlegungsbetriebs) genannt sei, weil in einem solchen Fall jeder erkennen könne, wo das Fleisch eine tierärztliche Kontrolle durchlaufen habe. Darüber hinaus hätte die Beklagte vorgetragen und ebenso unter Beweis gestellt, dass Fleisch in Russland auch dann veräußert werden dürfe, wenn die Kennzeichnung nur die EZ-Nummer aufführe.
- 37
- c) Das Berufungsgericht wird auch, sofern es im wiedereröffneten Berufungsverfahren darauf ankommen sollte, dem Beweisangebot der Beklagten zur ordnungsgemäßen Anbringung der die Herkunftsnachweise enthaltenden Etiketten an den mit dem tiefgefrorenen Fleisch bepackten Paletten nachzugehen haben. Die Einholung des von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. Januar 2012 angebotenen Sachverständigengutachtens wird es jedenfalls nicht mit der Begründung ablehnen können, zwischen dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten und ihrem Berufungsvorbringen bestehe ein Widerspruch.
- 38
- aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, in Bezug auf die Anbringung der Etiketten sei zu berücksichtigen, dass diese derart auf der Verpackung befestigt sein müssten, dass ein Öffnen der Verpackung nicht ohne Beschädigung der Etiketten möglich sei. Dies habe die Beklagte in erster Instanz unter Zitierung der von der Klägerin dargelegten Bestimmung Nr. 13-8-01/2-1 vom 23. Dezember 1999 betreffend veterinär-sanitärer Anforderungen beim Import von Fleisch und Fleischprodukten in die Russische Föderation (Anlage K 18.11) selbst als Maßstab vorgetragen. Diese Voraussetzung sei beim Anbringen eines Etiketts auf oder innerhalb der Palettenverpackungsfolie nicht eingehalten. Ein Aufreißen der Folie sei ohne weiteres möglich, ohne dass dabei das im Verhältnis zur gesamten Palette relativ kleine Papier zwangsläufig zerstört werden müsste.
- 39
- Erstmals im Berufungsverfahren habe die Beklagte die Existenz einer solchen Bestimmung mit Nichtwissen bestritten und behauptet, bei Palettenware sei ein Herkunftszeichen für die gesamte Palette zulässig, da bei deren Auflösung das Herkunftszeichen seine feste Verbindung zu dieser Palette verliere.
- 40
- bb) Dieser vom Berufungsgericht angenommene Widerspruch im Vortrag der Beklagten vermag die Nichterhebung eines angebotenen Beweises zu entscheidungserheblichem Vortrag einer Partei nicht zu rechtfertigen, weil darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt, die im Prozessrecht keine Stütze findet.
- 41
- Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen. Eine etwaige Widersprüchlichkeit im Parteivortrag ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 16). Die Zurückweisung eines Beweisantrags für beweiserhebliche Tatsachen ist nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn die Bezeichnung der Tatsache zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber „ins Blaue“ hinein aufgestellt ist und der Beweisantrag sich deshalb als rechtsmissbräuchlich darstellt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - VII ZR 140/93, NJW-RR 1995, 722; Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11, RdTW 2013, 277 Rn. 13).
- 42
- cc) Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, im Jahr 2003 sei im Zusammenhang mit dem Export von Fleisch nach Russland verlangt worden, dass das zerlegte und verpackte Fleisch auf der Verpackung oder dem Polyblock ein Identitätskennzeichen trage. Diese Kennzeichnung sei so auf der Verpackung anzubringen gewesen, dass ein Öffnen der Verpackung ohne die Zerstörung der Kennzeichnung nicht möglich gewesen sei. Bei Palettenware sei ein Herkunftskennzeichen für die gesamte Palette zulässig gewesen, wenn eine Auflösung der Palette dazu geführt habe, dass das Herkunftskennzeichen seine feste Verbindung zu der Palette verloren habe und mit der Auflösung gleichzeitig der Herkunftshinweis beseitigt worden sei. Dieses Vorbringen nebst Beweisantritt wird das Berufungsgericht, soweit es darauf ankommen sollte, im wiedereröffneten Berufungsverfahren berücksichtigen müssen.
- 43
- 2. Das Berufungsgericht wird schließlich nicht zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten in Bezug auf den von ihr geltend gemachten Umstand stellen dürfen, der Zustand der Ware, in dem sie sich beim Entladen der Eisenbahnwaggons befunden habe, sei für die Anordnung der Vernichtung des Fleisches ursächlich gewesen.
- 44
- a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848; Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 33 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl, mwN).
- 45
- b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten. Rechtlich erheblich war vorliegend allein, dass die behördliche Entscheidung, das Fleisch zu vernichten, auf dem Zustand der Ware - dem Fehlen von Herkunftsnachweisen - beruhte. Zu dieser Kausalität hat die Beklagte durchweg vorgetragen, die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches sei erfolgt, weil sich an der Ware keine Herkunftsbezeichnungen befunden hätten. Diese Behauptung hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 mit dem weiteren Vortrag belegt , welchen Inhalt die Vernichtungsanordnung der staatlichen Veterinärin S. gehabt habe. Darin heißt es unter anderem, es werde angewiesen, „die Ware - Rindfleischblöcke ohne Verpackung, ohne Markierung, ohne Be- nennung des Produzenten und der Warenart, ohne Herstellungsdatum mit fehlendem Veterinärstempel in einer Menge von 2.078 Collie mit 52.788 Kilogramm - … einer Vernichtung (Utilisierung) zuzuführen“. Schon dieser Vortrag reichte zur substantiierten Darlegung aus, dass die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches ihren Grund im Zustand der Ware bei der Ankunft in Novosibirsk hatte.
- 46
- Darüber hinaus hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Januar 2012 im Einzelnen dargelegt, wie das Verfahren abgelaufen sei, nachdem der amtliche Veterinär mit Verfügung vom 9. Januar 2004 veranlasst habe, die Partie Fleisch zu beschlagnahmen. Zudem hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2004 unter Beweisantritt (Zeugnis: S. ) vorgetragen, dass die Veterinärinspektorin die Vernichtung des Fleisches beaufsichtigt und sichergestellt habe, dass das Fleisch unbekannter Herkunft nicht mehr verzehrt werden dürfe. Darüber hinausgehenden Vortrag zur Ursächlichkeit des Zustands der Ware bei deren Ankunft in Novosibirsk für die Anordnung der Vernichtung wird das Beru- fungsgericht von der Beklagten zur Erfüllung ihrer Substantiierungslast nicht verlangen können.
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 07.11.2008 - 100a O 17/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 27.02.2012 - 2 U 99/08 -
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Annotations
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur, soweit dies üblich ist.
Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.
Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur, soweit dies üblich ist.
Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.
Steht fest, daß der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, daß der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet.
Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.
Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.