vorgehend
Landgericht Berlin, 100a O 17/07, 07.11.2008
Kammergericht, 2 U 99/08, 27.02.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 66/12 Verkündet am:
18. April 2013
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten
und Irrtümer auszuräumen, wenn er rechtzeitig erteilt wird und
gezielt den fehlenden Sachvortrag anspricht, den das Gericht als entscheidungserheblich
ansieht.
BGH, Urteil vom 18. April 2013 - I ZR 66/12 - KG Berlin
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. Februar 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Transportvergütung in Anspruch. Die Beklagte macht mit einer Widerklage Schadensersatz wegen angeblich nicht ordnungsgemäßer Ausführung eines der Klägerin erteilten Speditionsauftrags geltend.
2
Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Dezember 2003 zu festen Kosten mit der Besorgung eines Transports von gefrorenem Rindfleisch von ihrem Sitz in D. /Niedersachsen nach Novosibirsk/Russland. Das von der Beklagten auf Paletten gepackte Gut wurde den vertraglichen Vereinbarungen entsprechend zunächst mit Lastkraftwagen nach Braniewo/Polen befördert und dort in Kühlwaggons für den Weitertransport per Eisenbahn umgeladen. Die Entladung der Kühlwaggons in Novosibirsk erfolgte zwischen dem 19. und dem 22. Dezember 2003.
3
Die Klägerin verlangt von der Beklagten für die Durchführung der Güterbeförderung eine Transportvergütung in Höhe von 59.020 US-Dollar. Die Beklagte hat einen Vergütungsanspruch der Klägerin nur in Höhe von 45.295,40 US-Dollar (= 36.873,50 €) für begründet erachtet. Gegenüber diesem Anspruch der Klägerin hat sie mit einer vermeintlichen Schadensersatzforderung von insgesamt 147.295,98 € die Aufrechnung erklärt und hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags Widerklage erhoben.
4
Zur Begründung ihres Schadensersatzverlangens hat die Beklagte Folgendes vorgetragen: Vor der Verladung des Gutes in Kühlwaggons seien die Paletten - was unstreitig ist - ohne ihre Kenntnis und Billigung aufgelöst worden. Das tiefgefrorene Fleisch sei dann - ebenfalls unstreitig - lose in den Kühlwaggons befördert worden. Durch die Auflösung der Paletten seien die von ihr an den Fleischblöcken ordnungsgemäß angebrachten Herkunftsnachweise verlorengegangen. Deshalb hätten die russischen Veterinärbehörden die Herkunft des Fleisches als unbekannt eingestuft und schließlich am 16. April 2004 dessen Vernichtung angeordnet. Aufgrund des unmöglich gewordenen Herkunftsnachweises sei das in verkehrsgerechter Qualität zum Versand gebrachte Fleisch wertlos geworden und vom Käufer nicht bezahlt worden. Dadurch sei ihr ein Schaden in Höhe von insgesamt 147.295,98 € entstanden (entgangener Verkaufspreis 82.349,28 €, Kosten für Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer 21.826,60 €, Vernichtungskosten 14.252,80 €, Lagerkosten in Novosibirsk 5.667,20 € sowie verlorene Ausfuhrerstattung 23.950,64 €.
5
Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 110.442,48 € nebst Zinsen zu verurteilen.
6
Die Klägerin ist dem Schadensersatzverlangen der Beklagten entgegengetreten und hat insbesondere geltend gemacht, ihre Pflichten aus dem Straßengütertransport hätten mit der Ablieferung des Gutes in Braniewo geendet. Für die Umladung des Gutes in die Kühlwaggons sei sie daher nicht mehr als Frachtführerin verantwortlich. Aufgrund einer mit der Beklagten vereinbarten Geltung der ADSp hafte sie hinsichtlich des Eisenbahntransports nur für die Auswahl des von ihr beauftragten Transportunternehmens. Für ein Fehlverhalten der von ihr ausgewählten zuverlässigen und renommierten P. Internationale Spedition SP und einen daraus resultierenden Schaden der Beklagten, den sie bestreite, brauche sie daher nicht einzustehen.
7
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der geltend gemachten Transportvergütung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage und ihr Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagten stehe der zur Aufrechnung gestellte und darüber hinaus mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil sie die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht hinreichend dargelegt habe. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Straßengütertransport vom Sitz der Beklagten nach Braniewo in Polen unterfalle den Bestimmungen der CMR. Die Auflösung der mit dem Frachtgut bepackten Paletten sei noch dem Straßentransport zuzurechnen. Es sei bewusst in die Verpackung „eingegriffen“ worden, unter der sich die tiefgefrorenen Fleischblöcke befunden hätten, um eine optimale Raumaufteilung in den Kühlwaggons zu erreichen.
11
Eine Haftung der Klägerin für den von der Beklagten behaupteten Schaden nach Art. 17 Abs. 1 CMR komme nicht in Betracht. Das gelte selbst dann, wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehe, dass die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches allein wegen des Fehlens des Herstellernachweises erlassen worden sei. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die der Klägerin zum Transport übergebenen Paletten mit ausreichenden Herkunftsnachweisen versehen und ordnungsgemäß verpackt gewesen seien. Daher könne nicht angenommen werden, dass das Fleisch, so wie es der Klägerin zum Transport übergeben worden sei, tatsächlich verkäuflich gewesen sei.
12
Die von der Beklagten beantragte Einräumung einer weiteren Erklärungsfrist sei nicht in Betracht gekommen, weil sie mit der gerichtlichen Verfügung vom 7./20. Dezember 2011 bereits darauf hingewiesen worden sei, dass sie eine ordnungsgemäße Etikettierung und Verpackung der tiefgefrorenen Fleischblöcke bislang nicht in ausreichendem Maße dargetan habe.
13
Unabhängig davon habe die Beklagte auch nicht hinreichend dargelegt, dass der Zustand, in dem die Ware sich beim Entladen aus den Kühlwaggons befunden habe, zur Anordnung der Vernichtung des Fleisches geführt habe.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
15
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag über die Besorgung des Transports von tiefgefrorenem Fleisch vom Unternehmenssitz der Beklagten in D. nach Novosibirsk ausgegangen.
16
Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts auf den zwischen der Klägerin und der Beklagten zustande gekommenen Speditionsvertrag zu festen Kosten (§ 459 HGB) ergibt sich aus Art. 28 Abs. 4 EGBGB, der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Dezember 2003 noch Gültigkeit hatte. Nach dieser Vorschrift wird bei einem Güterbeförderungsvertrag vermutet, dass dieser mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt (Art. 28 Abs. 5 EGBGB), dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist. Dies gilt auch für multimodale Frachtverträge im Sinne von § 452 HGB (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - I ZR 151/04, TranspR 2008, 210 Rn. 15 = VersR 2008, 1711 mwN). Da die Klägerin ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und hier auch die Verladung des Transportgutes vorgenommen wurde, sind die Voraussetzungen für die Anwendung deutschen Rechts gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB erfüllt. Im Streitfall spricht auch nichts dafür, dass der Vertrag zu einem anderen Staat engere Verbindungen aufweist, zumal die Beklagte als Versenderin ihren Hauptsitz in Deutschland hat.
17
2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, eine mögliche Ersatzpflicht der Klägerin für die von der Beklagten geltend gemachten Schäden beurteile sich nach den Vorschriften der CMR, hat auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen dagegen keinen Bestand.
18
a) Die Klägerin hat die Besorgung der Versendung des tiefgefrorenen Fleisches vom Unternehmenssitz der Beklagten nach Novosibirsk zu festen Kosten (260 US-Dollar/Tonne) übernommen, so dass sie hinsichtlich der Beförderung die Pflichten eines Frachtführers hatte (§ 459 Satz 1 HGB). Entgegen der in der mündlichen Revisionsverhandlung geäußerten Ansicht der Revisionserwiderung ist der Umschlag des Gutes in Braniewo der Beförderung im Sinne von § 459 Satz 1 HGB zuzurechnen. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Beklagten stand bei der Übernahme der Ware durch die Klägerin bereits fest, dass in Braniewo für den Weitertransport nach Novosibirsk zwingend eine Umladung vom Lkw in Eisenbahnwaggons erfolgen musste. Den Umschlag des Gutes in Braniewo hat die Klägerin der Beklagten auch nicht gesondert in Rechnung gestellt. Diese Tätigkeit war vielmehr von dem vereinbarten Festpreis von 260 US-Dollar/Tonne umfasst.
19
Die als solche einheitliche Speditionsleistung hatte die Beförderung mit verschiedenartigen Transportmitteln (Lkw, Eisenbahn) zum Gegenstand. Einzelne Teile wären, wenn für sie gesonderte Verträge geschlossen worden wären , verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen gewesen. Der Transport des Frachtgutes per Lkw nach Braniewo in Polen wäre nach den Bestimmungen der CMR zu beurteilen. Für den Transport per Eisenbahn kämen internationale Eisenbahn-Übereinkommen, insbesondere das Abkommen über den internationalen Eisenbahn-Güterverkehr (SMGS) zur Anwendung, das sowohl Polen als auch Russland unterzeichnet haben (MünchKomm.HGB/Freise, 2. Aufl., Einl. Int. EisenbahnTranspR Rn. 44). Richtet sich die Leistung eines Fixkostenspediteurs auf die Besorgung eines solchen multimodalen Transports, greift § 452 HGB ein (BGH, Urteil vom 13. September 2007 - I ZR 207/04, BGHZ 173, 344 Rn. 23).
20
Nach § 452 HGB sind die Vorschriften der §§ 407 ff. HGB nur dann einheitlich auf die gesamte Beförderungsleistung anzuwenden, wenn sich aus internationalen Übereinkommen oder den besonderen Vorschriften der §§ 452a ff. HGB nichts anderes ergibt. Eine Anwendung unterschiedlicher Rechtsvorschriften für einzelne Teilstrecken der Beförderung ergibt sich im Streitfall aus § 452a HGB. Nach dieser Bestimmung ist für die Haftung des Frachtführers das Recht maßgeblich, das für einen hypothetischen Vertrag über eine Beförderung auf der Teilstrecke gelten würde, auf der der Schaden eingetreten ist. Nach der Darstellung der Beklagten hat die Auflösung der mit dem Fleisch bepackten Paletten in Braniewo zu dem ihr entstandenen Schaden geführt. Der Ort des schadensverursachenden Ereignisses ist mithin bekannt.
21
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Entfernung der Verpackung und Auflösung der Paletten seien dem Straßengütertransport zuzurechnen, kann nach den bislang getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben.
22
aa) Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass bewusst in die von der Beklagten vorgenommene Verpackung des Frachtgutes „eingegriffen“ und diese entfernt worden sei, um eine optimale Raumaufteilung in den Kühlwaggons zu erreichen. Dementsprechend sei die Auflösung der Paletten während der „Landphase“ erfolgt. Diese Beurteilung findet in den bisherigen Feststellungen keine tragfähige Grundlage.
23
bb) Die Vorinstanzen haben keine Feststellungen dazu getroffen, wer die Verpackung entfernt hat, wann dies geschehen ist und an welchem Ort die Paletten tatsächlich aufgelöst wurden. In Anbetracht des vom Berufungsgericht festgestellten Grundes für die Auflösung der Paletten ist auch denkbar, dass die Verpackung von Mitarbeitern des Eisenbahnunternehmens entfernt wurde, als sich die mit dem Frachtgut beladenen Paletten bereits in den Kühlwaggons für den Transport von Braniewo nach Novosibirsk befanden. Sollte dies der Fall sein, können die Entfernung der Verpackung und das Auflösen der Paletten nicht mehr dem vorangegangenen Straßengütertransport zugerechnet werden.
24
cc) Sofern sich der genaue Ablauf der Auflösung der Paletten nicht mehr klären lässt - seit der Durchführung des streitgegenständlichen Transports im Dezember 2003 sind fast zehn Jahre vergangen -, ist von einem unbekannten Schadensort im Sinne von § 452 Satz 1 HGB auszugehen mit der Folge, dass sich eine mögliche Haftung der Klägerin für den von der Beklagten geltend gemachten Schaden nach den §§ 407 ff. HGB beurteilt.
25
dd) Denkbar ist allerdings auch - was grundsätzlich möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11, juris Rn. 24 f.) -, dass die Parteien für den gesamten Transport bis zum Bestimmungsort die Geltung der CMR-Vorschriften vereinbart haben, worauf sich die Beklagte in den Vorinstanzen berufen hat.
26
Die Annahme des Berufungsgerichts, eine mögliche Haftung der Klägerin für den von der Beklagten geltend gemachten Schaden beurteile sich nach dem Haftungsregime der CMR, ist auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen mithin nicht tragfähig.
27
3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Es muss geklärt werden, nach welchem Haftungsregime sich eine mögliche Haftung der Klägerin richtet. Nach keinem der in Betracht kommenden Haftungsregime lässt sich ein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin ohne weitere Feststellungen ausschließen.
28
III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist, da weitere Feststellungen zu treffen sind, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
29
Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
30
1. Sofern nach den anwendbaren Haftungsvorschriften ein Schadensersatzanspruch der Beklagten in Betracht kommen sollte, wird das Berufungsgericht diesen Anspruch, den die Beklagte im Wege der Aufrechnung und der Widerklage geltend macht, nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht mit der Begründung verneinen können, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass die der Klägerin zum Transport übergebene Ware mit ausreichenden Herkunftsnachweisen versehen und ordnungsgemäß verpackt gewesen sei, so dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass das Fleisch in Russland hätte verkauft werden können.
31
a) Das Berufungsgericht wird allerdings - anders als die Revision meint - auch im wiedereröffneten Berufungsverfahren das von der Beklagten selbst durch Bezugnahme auf das Schreiben der VET Service GmbH vom 16. Dezember 2004 (Anlage B 26) vorgetragene maßgebliche ausländische Recht ohne Verstoß gegen § 293 ZPO zugrunde legen können. Nach der eigenen Darstellung der Beklagten handelt es sich bei der VET Service GmbH um die offizielle deutsche Vertretung der russischen staatlichen Veterinärbehörden. Aus dem Schreiben geht hervor, dass für den Export von Rindfleisch und Schweinefleisch ohne Knochen nach Russland eine Verpackung der Fleischblöcke in Polyethylenfolie auf Paletten - umwickelt mit Stretchfolie und etikettiert mit Palettenscheinen mit allen notwendigen Angaben (Nummern des Schlachtbetriebs = ES.Nr. und des Zerlegungsbetriebs = EZ.Nr., Name und Adresse des Herstellers, Warenbezeichnung, Herstellungsdatum, Bedingungen für Transport und Lagerung) - handelsüblich ist und die veterinärrechtlichen Anforderungen für den Import nach Russland erfüllt. Unter diesen Umständen hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung, die russischen Einfuhrbestimmungen für Rindfleisch von Amts wegen gemäß § 293 ZPO zu ermitteln.
32
b) Das Berufungsgericht wird jedoch im wiedereröffneten Berufungsverfahren weiteren Vortrag der Beklagten zu den Anforderungen an die Kennzeichnungspflicht der Ware zu berücksichtigen haben. Es hat die Beklagte bislang nicht mit der gebotenen Deutlichkeit darauf hingewiesen, dass es das Vorbringen zur ordnungsgemäßen Etikettierung der Paletten und zur ausreichenden Verpackung der Ware für nicht hinreichend erachtet. Dadurch hat das Berufungsgericht , worauf die Revision mit Recht hinweist, verfahrensfehlerhaft weiteren Vortrag der Beklagten zur Kennzeichnung der Ware und zu deren Verkäuflichkeit in Russland verhindert.
33
aa) Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO nicht, wenn es vor der mündlichen Verhandlung lediglich allgemeine und pauschale Hinweise erteilt. Es muss die Parteien vielmehr auf den fehlenden Sachvortrag , den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweisen und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen (BGH, Urteil vom 11. Februar 1999 - VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365, 371; Urteil vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320; Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624; MünchKomm.ZPO/Wagner, 4. Aufl., § 139 Rn. 20; Prütting in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4. Aufl., § 139 Rn. 8). Ein richterlicher Hinweis erfüllt nur dann seinen Zweck, Unklarheiten, Unvollständigkeiten und Irrtümer auszuräumen, wenn er gezielt und konkret den einzelnen Mangel anspricht.
34
bb) Diesen Anforderungen wird der gerichtliche Hinweis laut Verfügung vom 7./20. Dezember 2011, der sich an die Beklagte richtete und auf den das Berufungsgericht im angefochtenen Urteil ausdrücklich Bezug genommen hat, nicht gerecht. Dort heißt es lediglich, dass bisher nicht ausreichend dargetan ist, dass die Etikettierung und Verpackung der Fleischblöcke den Bedingungen, die in dem Schreiben der VET Service (Anlage B 26) und den „veterinär-sanitären Anforderungen beim Import von Fleisch …“ (Anlage K 28.11) beschrieben sind, genügt haben.
35
Diesem allgemein gehaltenen Hinweis konnte die Beklagte nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, welche Angaben zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung und Verpackung des Fleisches nach Ansicht des Gerichts noch fehlten. Das Berufungsgericht hätte die Beklagte konkret darauf hinweisen müssen, dass es nach dem von der Beklagten bis zur gerichtlichen Verfügung gehaltenen Vortrag davon ausging, dass das Fleisch in Russland nicht verkäuflich gewesen wäre, weil auf den zur Darlegung der erfolgten Kennzeichnung vorgelegten Etiketten (Anlagen B 4 und B 5) die ES-Nummern (Nummer des Schlachtbetriebs) fehlten.
36
cc) Hätte das Berufungsgericht rechtzeitig auf seine konkreten Bedenken hinsichtlich der Verkäuflichkeit des Fleisches in Russland hingewiesen, hätte die Beklagte darauf - wie die Revision dargelegt hat - mit hinreichend substantiiertem Vortrag reagiert. Die Beklagte hätte danach vorgetragen und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass der auf dem Etikett anzubringende Herkunftsnachweis nicht auch die ES-Nummer nennen müsse, wenn die EZ-Nummer (Nummer des Zerlegungsbetriebs) genannt sei, weil in einem solchen Fall jeder erkennen könne, wo das Fleisch eine tierärztliche Kontrolle durchlaufen habe. Darüber hinaus hätte die Beklagte vorgetragen und ebenso unter Beweis gestellt, dass Fleisch in Russland auch dann veräußert werden dürfe, wenn die Kennzeichnung nur die EZ-Nummer aufführe.
Stützt sich die Beklagte im wiedereröffneten Berufungsverfahren auf diesen Vortrag, wird ihn das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben.
37
c) Das Berufungsgericht wird auch, sofern es im wiedereröffneten Berufungsverfahren darauf ankommen sollte, dem Beweisangebot der Beklagten zur ordnungsgemäßen Anbringung der die Herkunftsnachweise enthaltenden Etiketten an den mit dem tiefgefrorenen Fleisch bepackten Paletten nachzugehen haben. Die Einholung des von der Beklagten mit Schriftsatz vom 6. Januar 2012 angebotenen Sachverständigengutachtens wird es jedenfalls nicht mit der Begründung ablehnen können, zwischen dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten und ihrem Berufungsvorbringen bestehe ein Widerspruch.
38
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, in Bezug auf die Anbringung der Etiketten sei zu berücksichtigen, dass diese derart auf der Verpackung befestigt sein müssten, dass ein Öffnen der Verpackung nicht ohne Beschädigung der Etiketten möglich sei. Dies habe die Beklagte in erster Instanz unter Zitierung der von der Klägerin dargelegten Bestimmung Nr. 13-8-01/2-1 vom 23. Dezember 1999 betreffend veterinär-sanitärer Anforderungen beim Import von Fleisch und Fleischprodukten in die Russische Föderation (Anlage K 18.11) selbst als Maßstab vorgetragen. Diese Voraussetzung sei beim Anbringen eines Etiketts auf oder innerhalb der Palettenverpackungsfolie nicht eingehalten. Ein Aufreißen der Folie sei ohne weiteres möglich, ohne dass dabei das im Verhältnis zur gesamten Palette relativ kleine Papier zwangsläufig zerstört werden müsste.
39
Erstmals im Berufungsverfahren habe die Beklagte die Existenz einer solchen Bestimmung mit Nichtwissen bestritten und behauptet, bei Palettenware sei ein Herkunftszeichen für die gesamte Palette zulässig, da bei deren Auflösung das Herkunftszeichen seine feste Verbindung zu dieser Palette verliere.
Dem von der Beklagten angebotenen Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens brauche nicht nachgegangen zu werden, weil der zweitinstanzliche Vortrag sowohl in Widerspruch zum bisherigen Vorbringen der Beklagten als auch zum Inhalt des von ihr in zweiter Instanz eingereichten Musters eines Vorzertifikats stehe. Darin heiße es unter Nr. 4.10, dass der das Zertifikat unterschreibende Tierarzt bestätige, dass das zerlegte und verpackte Fleisch auf der Verpackung oder am Polyblock ein Identitätskennzeichen trage, das so auf der Verpackung angebracht sei, dass ein Öffnen der Verpackung ohne Zerstörung unmöglich sei. Eine Ausnahme für Palettenware sei nicht enthalten.
40
bb) Dieser vom Berufungsgericht angenommene Widerspruch im Vortrag der Beklagten vermag die Nichterhebung eines angebotenen Beweises zu entscheidungserheblichem Vortrag einer Partei nicht zu rechtfertigen, weil darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung liegt, die im Prozessrecht keine Stütze findet.
41
Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere auch zu berichtigen. Eine etwaige Widersprüchlichkeit im Parteivortrag ist allein im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; Urteil vom 13. März 2012 - II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn. 16). Die Zurückweisung eines Beweisantrags für beweiserhebliche Tatsachen ist nur dann zulässig, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn die Bezeichnung der Tatsache zwar in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, aber „ins Blaue“ hinein aufgestellt ist und der Beweisantrag sich deshalb als rechtsmissbräuchlich darstellt (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1994 - VII ZR 140/93, NJW-RR 1995, 722; Urteil vom 28. Februar 2013 - I ZR 180/11, RdTW 2013, 277 Rn. 13).
42
cc) Davon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, im Jahr 2003 sei im Zusammenhang mit dem Export von Fleisch nach Russland verlangt worden, dass das zerlegte und verpackte Fleisch auf der Verpackung oder dem Polyblock ein Identitätskennzeichen trage. Diese Kennzeichnung sei so auf der Verpackung anzubringen gewesen, dass ein Öffnen der Verpackung ohne die Zerstörung der Kennzeichnung nicht möglich gewesen sei. Bei Palettenware sei ein Herkunftskennzeichen für die gesamte Palette zulässig gewesen, wenn eine Auflösung der Palette dazu geführt habe, dass das Herkunftskennzeichen seine feste Verbindung zu der Palette verloren habe und mit der Auflösung gleichzeitig der Herkunftshinweis beseitigt worden sei. Dieses Vorbringen nebst Beweisantritt wird das Berufungsgericht, soweit es darauf ankommen sollte, im wiedereröffneten Berufungsverfahren berücksichtigen müssen.
43
2. Das Berufungsgericht wird schließlich nicht zu hohe Anforderungen an die Darlegungslast der Beklagten in Bezug auf den von ihr geltend gemachten Umstand stellen dürfen, der Zustand der Ware, in dem sie sich beim Entladen der Eisenbahnwaggons befunden habe, sei für die Anordnung der Vernichtung des Fleisches ursächlich gewesen.
44
a) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847, 1848; Urteil vom 2. Februar 2012 - I ZR 81/10, GRUR 2012, 945 Rn. 33 = WRP 2012, 1222 - Tribenuronmethyl, mwN).
45
b) Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten. Rechtlich erheblich war vorliegend allein, dass die behördliche Entscheidung, das Fleisch zu vernichten, auf dem Zustand der Ware - dem Fehlen von Herkunftsnachweisen - beruhte. Zu dieser Kausalität hat die Beklagte durchweg vorgetragen, die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches sei erfolgt, weil sich an der Ware keine Herkunftsbezeichnungen befunden hätten. Diese Behauptung hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 2010 mit dem weiteren Vortrag belegt , welchen Inhalt die Vernichtungsanordnung der staatlichen Veterinärin S. gehabt habe. Darin heißt es unter anderem, es werde angewiesen, „die Ware - Rindfleischblöcke ohne Verpackung, ohne Markierung, ohne Be- nennung des Produzenten und der Warenart, ohne Herstellungsdatum mit fehlendem Veterinärstempel in einer Menge von 2.078 Collie mit 52.788 Kilogramm - … einer Vernichtung (Utilisierung) zuzuführen“. Schon dieser Vortrag reichte zur substantiierten Darlegung aus, dass die Anordnung zur Vernichtung des Fleisches ihren Grund im Zustand der Ware bei der Ankunft in Novosibirsk hatte.
46
Darüber hinaus hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Januar 2012 im Einzelnen dargelegt, wie das Verfahren abgelaufen sei, nachdem der amtliche Veterinär mit Verfügung vom 9. Januar 2004 veranlasst habe, die Partie Fleisch zu beschlagnahmen. Zudem hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2004 unter Beweisantritt (Zeugnis: S. ) vorgetragen, dass die Veterinärinspektorin die Vernichtung des Fleisches beaufsichtigt und sichergestellt habe, dass das Fleisch unbekannter Herkunft nicht mehr verzehrt werden dürfe. Darüber hinausgehenden Vortrag zur Ursächlichkeit des Zustands der Ware bei deren Ankunft in Novosibirsk für die Anordnung der Vernichtung wird das Beru- fungsgericht von der Beklagten zur Erfüllung ihrer Substantiierungslast nicht verlangen können.
Bornkamm Pokrant Schaffert
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(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur, soweit dies üblich ist.

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

15
a) Dass auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zustandegekommenen Speditionsvertrag zu fixen Kosten (§ 459 HGB) deutsches Recht anzuwenden ist, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei Art. 28 Abs. 4 EGBGB entnommen. Nach dieser Vorschrift wird bei einem Güterbeförderungsvertrag vermutet, dass dieser mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt (Art. 28 Abs. 5 EGBGB), dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist (vgl. MünchKomm.BGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 28 EGBGB Rdn. 321 m.w.N. in Fn. 1054). Dies gilt auch für multimodale Frachtverträge i.S. von § 452 HGB (BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 168/03, NJW-RR 2006, 1694 Tz. 15 = TranspR 2006, 466; Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR 2007, 405 Tz. 17; OLG Dresden TranspR 2002, 246; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., § 452 HGB Rdn. 1a m.w.N. in Fn. 8). Da die Beklagte ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und hier auch die Verladung des Transportgutes vorgenommen wurde, sind die Voraussetzungen für die Anwendung deutschen Rechts gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB erfüllt. Im Streitfall spricht auch nichts dafür, dass der Vertrag zu einem anderen Staat engere Verbindungen aufweist.

Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur, soweit dies üblich ist.

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

23
aa) Die Beklagte hat die Besorgung der Versendung der Maschinen zu festen Kosten übernommen, so dass sie hinsichtlich der Beförderung die Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters hatte, § 459 Satz 1 HGB. Die als solche einheitliche Speditionsleistung hatte die Beförderung mit verschiedenartigen Transportmitteln (Lkw, Schiff) zum Gegenstand. Einzelne Teile wären, wenn für sie gesonderte Verträge geschlossen worden wären, verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen gewesen. Der Transport der Maschinen per Lkw nach Bremerhaven wäre nach den §§ 407 ff. HGB zu beurteilen; dasselbe gilt gemäß Art. 28 Abs. 4 EGBGB für den Landtransport in den Vereinigten Staaten von Amerika. Für den Transport per Schiff kämen die §§ 556 ff. HGB zur Anwendung. Richtet sich die Leistung eines Fixkostenspediteurs auf die Besorgung eines solchen multimodalen Transports, greift § 452 HGB ein (vgl. Koller aaO § 452 HGB Rdn. 6).

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

Steht fest, daß der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, daß der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet.

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

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aa) Die Geltung der CMR beruht im Streitfall nicht auf Art. 1 oder 2 CMR. Es handelte sich bei dem vereinbarten Transport um einen Multimodaltransport, auf den, wie die im Streitfall nicht einschlägige Ausnahmeregelung des Art. 2 CMR über den sogenannten Huckepack-Verkehr zeigt, ohne die in der Nummer 6 des Transportvertrags der Parteien vorgenommene Rechtswahl nicht die CMR, sondern nach dem gemäß Art. 28 Rom-I-VO zeitlich noch anwendbaren Art. 28 Abs. 4 EGBGB das deutsche Recht anzuwenden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 181/05, BGHZ 177, 309 Rn. 20 ff.). Danach wäre der Streitfall ohne die Vereinbarung der CMR durch die Parteien gemäß § 452 Satz 1 und 2 HGB grundsätzlich nach den §§ 407 bis 450 HGB und insbesondere den §§ 425 ff. HGB zu beurteilen gewesen. Die Anwendung eines davon abweichenden hypothetischen Teilstreckenrechts hätte nach § 452a Satz 2 HGB den Nachweis des Schadenseintritts auf der betreffenden Teilstrecke durch denjenigen erfordert, der einen solchen Schadenseintritt behauptet hätte.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Das in einem anderen Staat geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 271/04
vom
9. Juni 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist jedenfalls
dann verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter
Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zuläßt (vgl.
BVerfG, NJW 2000, 945, 946 - zur Präklusion).

b) Ein solcher Fehler liegt vor, wenn im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu
einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen
worden ist, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen
Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, und das Berufungsgericht auch
das neue, nunmehr substantiierte Vorbringen unter Hinweis auf § 531 Abs. 2 ZPO
zurückweist.

c) Wird ein solcher Verfahrensfehler in einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, kann
das Berufungsgericht im Beschlußwege nach § 544 Abs. 7 ZPO das Berufungsurteil
aufheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
BGH, Beschl. v. 9. Juni 2005 - V ZR 271/04 - LG Schweinfurt
AG Bad Neustadt/Saale
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 9. Juni 2005 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 8. September 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.344,29 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente und von Krankenkassenbeiträgen aus einem Vertrag über die Überlassung landwirtschaftlichen Grundbesitzes unter Übernahme von Leistungen zum vollständigen Unterhalt durch den Übernehmer.
Die Klägerin ist seit dem 20. April 2001 in einem Seniorenheim untergebracht. Sie hat nach ihrer Aufnahme in das Heim von dem Beklagten die Zahlung einer Geldrente für ersparte Leistungen aus dem Leibgedingsvertrag sowie die Zahlung der Beiträge zur Krankenversicherung einschließlich des Beitrags zur Pflegeversicherung verlangt, was der Beklagte ablehnte. Die Klage hat vor dem Amtsgericht Erfolg gehabt, die Berufung des Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, mit der er auch die Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör wegen der Nichtzulassung seines Vortrages zur unzureichenden Leistungsfähigkeit des Betriebes gerügt hat.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. 1. Das Landgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die Klägerin aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB von dem Beklagten eine Geldrente für dessen Befreiung von der Pflicht zur Gewährung der Wohnung und zu Dienstleistungen verlangen kann. Die Erforderlichkeit der Unterbringung der Klägerin in einem Pflegeheim ist in den Vorinstanzen festgestellt worden. Für derartige Fälle hat der Senat bereits entscheiden, daß der Übernehmer des landwirtschaftlichen Anwesens, der seine Verpflichtungen zur Gewährung von Unterkunft und Pflege auf dem Grundstück wegen einer medizinisch notwendigen Unterbringung des Berechtigten in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen kann, sich in Höhe der ersparten Aufwendungen an den Kosten des Pflegeheimes beteiligen muß (vgl. Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, DNotZ 2002, 702, 705 und Senatsbeschl. v. 23. Januar 2003, V ZB 48/02, NJW-RR 2003, 577, 578).
2. Die Entscheidung kann aber nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht den Einwendungen des Beklagten über die unzureichende Leistungsfähigkeit des übernommenen Hofes für eine Rente in der festgesetzten Höhe nicht nachgegangen ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist wegen des gerügten Verfahrensfehlers begründet.
a) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht den Vortrag und die Beweisantritte in den Schriftsätzen vom 25. Mai 2004 und vom 16. Juli 2004 dazu, daß die Leistungsfähigkeit des übernommenen landwirtschaftlichen Anwesens zur Zahlung der zuerkannten Geldrente nicht ausreiche, unter Hinweis auf § 531 ZPO nicht zur Verhandlung und Entscheidung zugelassen. Es hätte dem Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nachgehen müssen, weil das Vorbringen aufgrund eines Verfahrensmangels des Erstgerichts nicht geltend gemacht worden war. Nach dieser Vorschrift ist neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn das Eingangsgericht die nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO gebotenen Hinweise unterlassen hat, damit sich die Parteien rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, ungenügende Angaben ergänzen und die anzubietenden Beweismittel bezeichnen können (Senat, BGHZ 158, 295, 305, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4722, S. 101). Diese Hinweise waren in erster Instanz nicht erteilt worden. Der Beschluß des Amtsgerichts vom 8. März 2002, auf den das Landgericht verwiesen hat, vermag die Nichtzulassung des neuen Vortrags und der dazu angebotenen Beweise nicht zu tragen. Jener Beschluß enthielt zwar umfängliche Hinweise zu den für die Entscheidung zu beachtenden rechtlichen Gesichtspunkten und forderte die Parteien zu einer Stellungnahme auf. Es fehlte aber jeder Hinweis darauf, daß der Vortrag des Beklagten zu der nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit nicht den Anforderungen genügte, um im Rahmen der Ausübung billigen Ermessens durch das Gericht bei der Bestimmung der Höhe der Geldrente
nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB berücksichtigt werden zu können. Das Gericht erfüllt seine Hinweispflicht nicht dadurch, daß es allgemeine und pauschale Hinweise erteilt; es muß vielmehr die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmißverständlich hinweisen und ihnen damit die Möglichkeit eröffnen, dieses Vorbringen zu ergänzen (BGH, Urt. v. 25. Juni 2002, X ZR 83/00, NJW 2002, 3317, 3320).
b) Die Zurückweisung des unter Beweis gestellten Vortrags des Beklagten verletzt dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Zwar führt nicht jeder Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht in erster Instanz und jede fehlerhafte Zurückweisung neuen Vorbringens im Berufungsrechtszug auch zu einer Verletzung des Verfahrensgrundrechts. Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Berufungsgericht jedoch dazu, neues Vorbringen dann zuzulassen, wenn eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der richterlichen Fürsorgepflicht das Ausbleiben des Vorbringens in der Eingangsinstanz mitverursacht hat (vgl. BVerfG, NJW 2000, 945, 946). Ist im Urteil des erstinstanzlichen Gerichts Vortrag zu einem entscheidungserheblichen Punkt mangels hinreichender Substantiierung zurückgewiesen worden, ohne daß der Partei durch einen unmißverständlichen Hinweis Gelegenheit zur Ergänzung gegeben war, stellt sich die Zurückweisung des neuen, nunmehr substantiierten Vortrags im Berufungsrechtszug als eine offenkundig unrichtige Anwendung des § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Ein solches Vorgehen des Gerichts kommt einer Verhinderung des Vortrages zu entscheidungserheblichen Punkten gleich (vgl. BVerfGE 84, 188, 190). c). Das Ausgangsurteil beruht auch auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies ist bereits dann so, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, daß das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens an-
ders entschieden hätte (Senatsurt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, NJW 2003, 3205 f. unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG). Insoweit gilt für die Bemessung einer Geldrente anstelle von Unterbringung und der Erbringung von Pflegeleistungen auf dem Grundstück aus Art. 18 Satz 1 BayAGBGB der allgemeine Grundsatz, daß durch einen Altenteilsvertrag dem Verpflichteten nicht höhere Leistungen auferlegt werden sollen, als er aus der Hofstelle bewirken kann (BGHZ 25, 293, 298). Ist eine Rente nach Art. 18 Satz 1 BayAGBGB festzusetzen, so ist es geboten, den rechnerischen Wert der Einzelleistungen auch dahin zu überprüfen, ob die sich daraus ergebende monatliche Geldleistung vom Verpflichteten aus den Erträgnissen des Hofes billigerweise in voller Höhe gewährt werden kann (BayObLGZ 1974, 386, 395 f.). 3. Der Senat hat von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluß nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch gemacht. Das gibt dem Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zur Ertragskraft der überlassenen Hofstelle nachzuholen und im Anschluß daran das Ermessen zur Bestimmung der Höhe der Rente neu auszuüben.

III.

Die Entscheidung über den Streitwert der Beschwerde folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO. Wenzel Krüger Klein Stresemann Czub
6
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich diese Darstellung ist (BGH, Beschluss vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Rn. 8; Urteile vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, WM 2005, 1847 unter II 2 b; Urteil vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, NJW 1999, 1859 unter II 2 a). Erfüllt das Parteivorbringen diese Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzelheiten oder die Erklärung für einen gehaltenen Vortrag nicht gefordert werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen. Die Nichtberücksichtigung eines als erheblich angesehenen Beweisangebots stellt demgegenüber eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar (Senatsbeschlüsse vom 19. November 2008 - IV ZR 341/07, r+s 2010, 64 Rn. 3; vom 29. Oktober 2008 - IV ZR 272/06, VersR 2009, 517 Rn. 7; Senatsurteil vom 21. November 2007 - IV ZR 129/05, VersR 2008, 382 Rn. 2). Der Umstand , dass der Vortrag des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15. Juli 2004 mit seinen Angaben im Schriftsatz vom 10. Oktober 2003 in Widerspruch stehen mag, rechtfertigt die Nichterhebung des angebotenen Beweises ebenfalls nicht. Auch hierin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung , die im Prozessrecht keine Stütze findet (Senatsurteil vom 17. Februar 2010 - IV ZR 259/08, VersR 2010, 473 Rn. 17; BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - X ZR 141/00, NJW 2002, 1276 unter I).
16
aa) Wie die Revision mit Recht rügt, war das Berufungsgericht von der Beweisaufnahme nicht deshalb entbunden, weil der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2008 eine ausdrückliche Schriftformabrede auf Nachfrage des Berufungsgerichts verneint hat. Diesen Vortrag hat der Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz vom 19. November 2008 dahingehend klargestellt, dass sich die Aussage seines Prozessbevollmächtigten nur darauf bezogen habe, dass eine ausdrückliche, schriftlich festgehaltene Schriftformabrede nicht bestanden habe, wohl aber - wie mehrfach vorgetragen - eine ausdrückliche mündliche Schriftformvereinbarung. Er hat dabei auf sein Vorbringen in den Schriftsätzen vom 10. Januar 2007 und vom 12. Dezember 2005 verwiesen. Der Umstand, dass der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu dem Vortrag in den genannten Schriftsätzen in Widerspruch stehen mag, rechtfertigt es nicht, von der Erhebung der angebotenen Beweise abzusehen. Darin liegt eine vorweggenommene Beweiswürdigung, die im Prozessrecht keine Stütze findet. Eine etwaige Widersprüchlichkeit des Parteivortrags kann nur im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - IV ZR 216/09, VersR 2011, 1384 Rn. 6; Urteil vom 1. Juli 1999 - VII ZR 202/98, NJW-RR 2000, 208; Urteil vom 5. Juli 1995 - KZR 15/94, NJWRR 1995, 1340, 1341 - Sesamstraße-Aufnäher).
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aa) Die Geltung der CMR beruht im Streitfall nicht auf Art. 1 oder 2 CMR. Es handelte sich bei dem vereinbarten Transport um einen Multimodaltransport, auf den, wie die im Streitfall nicht einschlägige Ausnahmeregelung des Art. 2 CMR über den sogenannten Huckepack-Verkehr zeigt, ohne die in der Nummer 6 des Transportvertrags der Parteien vorgenommene Rechtswahl nicht die CMR, sondern nach dem gemäß Art. 28 Rom-I-VO zeitlich noch anwendbaren Art. 28 Abs. 4 EGBGB das deutsche Recht anzuwenden gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 181/05, BGHZ 177, 309 Rn. 20 ff.). Danach wäre der Streitfall ohne die Vereinbarung der CMR durch die Parteien gemäß § 452 Satz 1 und 2 HGB grundsätzlich nach den §§ 407 bis 450 HGB und insbesondere den §§ 425 ff. HGB zu beurteilen gewesen. Die Anwendung eines davon abweichenden hypothetischen Teilstreckenrechts hätte nach § 452a Satz 2 HGB den Nachweis des Schadenseintritts auf der betreffenden Teilstrecke durch denjenigen erfordert, der einen solchen Schadenseintritt behauptet hätte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 199/03 Verkündet am:
25. Juli 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 612 Abs. 2; KonkursVwVergütV §§ 3, 4; ZPO § 286 F

a) Die dem von der Gesellschafterversammlung bestellten Liquidator einer
GmbH - mangels Vereinbarung über die Höhe seines Honorars - geschuldete
übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB war zur Zeit der Geltung der
Konkursordnung (hier: 1994/1995) wegen der Vergleichbarkeit der Tätigkeit
des Liquidators (§ 70 GmbHG) mit der Aufgabe eines Konkursverwalters in
sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der VergütVO vom 25. Mai
1960 (i.d.F. der VO v. 11. Juni 1979) zu bemessen.

b) Zur Übergehung unter Beweis gestellten Vorbringens durch Verkennung der
Anforderungen an die Substantiierung sowie zur Ablehnung der Zeugenvernehmung
als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung.
BGH, Urteil vom 25. Juli 2005 - II ZR 199/03 - OLG Köln
LG Köln
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 25. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Caliebe und Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Mai 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 8. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der L. -Baugesellschaft mbH i.L. (nachfolgend: Schuldnerin), die Ende 1991 aus der Zwischenbetrieblichen Einrichtung (ZBE) Bauorganisation N. durch Organisationsakt der beteiligten Trägerbetriebe hervorgegangen ist und Anfang Januar 1993 als GmbH in das Handelsregister eingetragen wurde. Bereits am 5. November 1993 beschlossen die Gesellschafter der Schuldnerin deren Liquidation und bestellten den Beklagten zum Liquidator; Regelungen über sein Honorar wurden nicht getroffen. In der Zeit von April 1994 bis Januar 1995 entnahmen der Beklagte und die in seinem N. Büro tätige freie Mitarbeiterin K. - seine jetzige Ehefrau - dem Vermögen der Schuldnerin insgesamt
593.921,30 DM, die der Beklagte als "Vorschüsse" auf seine Liquidatorvergütung verstanden wissen will. Nachdem mehrere Gesellschafter der Schuldnerin die ihrer Ansicht nach unzureichende Tätigkeit des Beklagten im Rahmen des Liquidationsverfahrens beanstandet hatten, wurde dieser durch Gesellschafterbeschluß vom 19. April 1995 als Liquidator abberufen und Rechtsanwalt P. als sein Nachfolger eingesetzt. Der Beklagte überließ diesem gemäß Übergabeprotokoll vom 3. Mai 1995 die aus 133 Aktenordnern und 47 Schnellheftern bestehenden Geschäftsunterlagen der Gesellschaft, von denen er sich zuvor auszugsweise Kopien für seine eigenen Unterlagen gefertigt hatte. Auf Antrag des neuen Liquidators vom 2. Juni 1995 eröffnete das Amtsgericht H. am 25. Januar 1996 das Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin.
Der Kläger hat gegen den Beklagten Stufenklage auf Auskunfterteilung über die den Entnahmen zugrundeliegenden Tatsachen und auf Bezahlung der sich aus der Auskunft ergebenden Forderungen erhoben. Nach Erteilung der Auskunft durch den Beklagten haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Im übrigen begehrt der Kläger vom Beklagten Erstattung der entnommenen Beträge in Höhe von insgesamt 593.921,30 DM; der Beklagte verweigert deren Rückzahlung unter Berufung auf seine Honoraransprüche als Liquidator, die er in einer im Prozeß vorgelegten Rechnung vom 5. Juni 1997 auf 1.058.000,00 DM beziffert und hinsichtlich derer er im Umfang der Klageforderung vorsorglich die Aufrechnung erklärt hat.
Das Landgericht hat den Beklagten aus ungerechtfertigter Bereicherung zur Rückzahlung von 321.772,46 DM nebst Zinsen verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen, weil dem Beklagten aus dem mit der Schuldnerin
zustande gekommenen Dienstvertrag über dessen Liquidatortätigkeit ein entsprechend den Vergütungssätzen und -richtlinien der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters vom 25. Mai 1960 (BGBl. I, 329, zuletzt geändert durch Verordnung v. 11. Juni 1979, BGBl. I, 637 - VergütVO) zu ermittelnder Vergütungsanspruch in Höhe von 272.184,84 DM brutto zustehe, der in dieser Höhe mit den dem Beklagten insgesamt zuzurechnenden Entnahmen aus dem Vermögen der Schuldnerin zu verrechnen sei. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel des Beklagten zurückgewiesen und auf die Berufung des Klägers der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der - vom Senat zugelassenen - Revision, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts (§§ 562, 563 Abs. 1 ZPO).
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Der Beklagte müsse dem Kläger die aus dem Vermögen der Schuldnerin ohne die erforderliche Zustimmung ihrer Gesellschafterversammlung entnommenen Gelder in vollem Umfang von 593.921,30 DM aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung in sonstiger Weise (§ 812 Abs. 1 Satz 2 2. Var. BGB) erstatten. Die vom Beklagten demgegenüber erklärte Aufrechnung sei zwar nicht bereits wegen eines Aufrechnungsverbots unzulässig, da der Kläger die Voraussetzungen des § 393 BGB nicht nachgewiesen habe; sie scheitere aber daran, daß der Beklagte einen aufrechenbaren Gegenanspruch auf
Vergütung seiner Leistungen als Liquidator der Schuldnerin letztlich nicht hinreichend dargelegt habe. Allerdings stehe dem Kläger grundsätzlich eine Vergütung für seine Liquidatortätigkeit aus einem konkludent mit der Schuldnerin geschlossenen Dienstvertrag zu. Mangels einer konkreten Honorarvereinbarung sei die geschuldete übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB entsprechend den Regelsätzen der VergütVO zu bemessen; dabei richte sie sich bei dem hier vorliegenden vorzeitigen Abbruch der Tätigkeit nach dem Verhältnis der tatsächlich erbrachten zur insgesamt geschuldeten Leistung. Diesbezüglich habe der Beklagte jedoch in beiden Instanzen nicht annähernd der ihm obliegenden Substantiierung genügt. Der von ihm vorgelegten pauschalen Leistungsaufstellung fehle die Bezugnahme auf konkrete Geschäftsunterlagen, in denen sich die von ihm beschriebenen Tätigkeiten dokumentiert haben müßten. Die zusätzlichen Zeugenbeweisantritte des Beklagten seien nicht geeignet, die ihm auferlegte Leistungsaufstellung anhand der Geschäftsunterlagen zu ersetzen. Wenn dieser es nicht für notwendig erachtet habe, entweder die umfangreichen Akten beim Kläger einzusehen oder konkrete Schriftstücke aus den von ihm selbst gefertigten Kopien zu benennen, so gehe das zu seinen Lasten.
II. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Versagung jeglicher Vergütung für die vom Beklagten behauptete Tätigkeit als von der Gesellschafterversammlung der Schuldnerin beauftragter und bestellter Liquidator beruht auf einer Verkennung der Anforderungen an die Darlegungslast des Beklagten und - als Folge davon - auf einer verfahrensfehlerhaften Übergehung seines schlüssigen, unter Beweis gestellten Vortrags; überdies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft den vom Beklagten angebotenen Zeugenbeweis als ungeeignet zum Nachweis von Art und Umfang seiner Liquidatortätigkeit angesehen (§ 286 ZPO; Art. 103 Abs. 1 GG).
1. Im Ansatz noch zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß der Beklagte dem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsbegehren des Klägers hinsichtlich der eigenmächtig aus dem Vermögen der Schuldnerin entnommenen "Vorschüsse" grundsätzlich einen zur Aufrechnung geeigneten Vergütungsanspruch für die als Liquidator erbrachten Dienstleistungen entgegenhalten kann. Noch zutreffend ist auch die Erwägung, daß - mangels einer Vereinbarung über die Höhe seines Honorars - der Liquidator Anspruch auf die übliche Vergütung i.S. von § 612 Abs. 2 BGB hat und daß diese in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der VergütVO zu bemessen ist; denn die Tätigkeit als Liquidator einer GmbH, der die Geschäfte beendigen , die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft erfüllen, deren Forderungen einziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umsetzen soll (§ 70 GmbHG), ist mit der Aufgabe eines Konkurs- oder Gesamtvollstreckungsverwalters vergleichbar (BGHZ 139, 309, 311 f.).
2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei jegliche Vergütung zu versagen , weil er die von ihm behaupteten Leistungen nach Art und Umfang nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe.

a) Die Versagung jeglicher Vergütung unter dem Blickwinkel unzureichender Substantiierung der vom Beklagten als Liquidator erbrachten Leistungen ist bereits deshalb unvertretbar, weil sie nur dann in Betracht käme, wenn der Beklagte überhaupt keine Tätigkeit als Liquidator entfaltet hätte. Davon kann aber - was das Oberlandesgericht übersehen hat - schon nach Aktenlage nicht ausgegangen werden, weil selbst der Kläger in der Klageschrift vorgetragen hat, der Beklagte sei für die Schuldnerin als Liquidator "tätig" geworden, und auch später schriftsätzlich eingeräumt hat, daß der Beklagte u.a. einen
gewissen Schriftwechsel mit der B. Bank AG geführt habe; im übrigen finden sich weitere Schriftstücke bei den Akten, die eindeutig ein Tätigwerden des Beklagten als Liquidator erkennen lassen (vgl. z.B. Beiakten 1204 Js 19283/97 StA H. , Bd. I, 161, 162 sowie Bd. II, 859). Angesichts dessen ist das nachträgliche Bestreiten jeglicher Liquidatortätigkeit des Beklagten durch den Kläger mit Nichtwissen als unbeachtlich anzusehen, wie bereits das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Schon in Anbetracht dessen hätte das Berufungsgericht gemäß § 287 ZPO dem Beklagten daher zumindest irgendeine Vergütung zuerkennen müssen, die sich nach § 3 Abs. 2 VergütVO selbst bei der geringsten denkbaren Tätigkeit auf mindestens 400,00 DM belaufen müßte.

b) Der weitergehende umfangreiche, durch Zeugen und Sachverständigen unter Beweis gestellte Vortrag des Beklagten zu Art und Umfang seiner Liquidatortätigkeit ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht unsubstantiiert. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen, wobei unerheblich ist, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlußfolgerung aus Indizien besteht. Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn das Gericht aufgrund der Darstellung nicht beurteilen kann, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolgen erfüllt sind (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, WM 1998, 1779 sowie v. 16. März 1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957 m.w.Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Art und Umfang seiner Tätigkeiten im Rahmen der einzelnen, von dem Sachverständigen W. vorgegebenen Leistungsbereiche - Liquidationseröffnungsbilanz, Überschuldungsprüfung, Anmeldung der Auflösung im Handelsregister, Bekanntmachung der Auflösung, Grund-
stücksverwaltung, Personalverwaltung, Erfüllung steuerlicher Pflichten der Gesellschaft , Jahresabschlüsse, Rechtsstreitigkeiten/Restitutionsansprüche, sonstige Rechtsstreitigkeiten, Liquidation von Vermögen, Begleichung von Verbindlichkeiten - hat der Beklagte zumindest so konkret vorgetragen, daß daraus die begehrte Rechtsfolge seiner nach §§ 3, 4 VergütVO zu ermittelnden Vergütung als Liquidator auch für den hier vorliegenden Fall der vorzeitigen Beendigung der Verwaltertätigkeit abgeleitet werden kann (vgl. zur Berechnungsweise: BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2004 - IX ZB 301/03, ZIP 2005, 180 - betr. Insolvenzverwalter; BGHZ 146, 166 - betr. vorläufigen Insolvenzverwalter; zur Regelvergütung für den Konkursverwalter nach der VergütVO: BVerfG, Beschl. v. 9. Februar 1989 - 1 BvR 1165/87, ZIP 1989, 382 f.; BGHZ 157, 282, 297 m.w.Nachw.). Das gilt - entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts - auch insoweit, als der Beklagte für einige Leistungsbereiche "vorbereitende Tätigkeiten" wie Sichtung und Ordnung des vorgefundenen Aktenmaterials oder intensives Aktenstudium zur Einarbeitung bei der Vorbereitung der Liquidationseröffnungsbilanz behauptet hat, selbst wenn solche Arbeiten nicht in irgendwelchen Schriftstücken ihren Niederschlag gefunden haben sollten. Denn die Vergütung des Liquidators ist ebenso wie die des Konkursverwalters im wesentlichen kein "Erfolgshonorar", sondern Tätigkeitsvergütung für geleistete Dienste, zu denen auch sämtliche vorbereitenden Aktivitäten gehören (vgl. Hess, InsVV 2. Aufl. § 3 Rdn. 15 m.Nachw.). Selbst die Zahl der Stunden, die der Beklagte im Rahmen seiner Amtsführung in eigener Person und durch Gehilfen aufgewendet haben will, ließe sich - auch wenn ein Zeithonorar nicht vereinbart war - mit Hilfe eines Sachverständigen zumindest überschlägig im Sinne einer Mindestschätzung (§ 287 ZPO) in das Vergütungssystem der VergütVO - ein Mischsystem zwischen pauschalierender Regelvergütung und am Einzelfall orientierten Erhöhungen und Abschlägen (vgl. BGHZ 157, 282, 288 f.) - "umrechnen".
Genügte danach das Beklagtenvorbringen den Anforderungen an die Substantiierung, so konnte der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; vielmehr war es Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erschienen (vgl. Sen.Urt. v. 13. Juli 1998 aaO S. 1779). Diesen Maßstab der Substantiierungslast hat das Berufungsgericht verkannt und dadurch das schlüssige, unter Beweis gestellte Vorbringen des Beklagten zu den wesentlichen Umständen seiner Tätigkeit übergangen (§ 286 ZPO).

c) Das Oberlandesgericht hat zudem von einer Beweiserhebung durch Vernehmung der vom Beklagten benannten Zeugen auch insoweit zu Unrecht abgesehen, als es "zusätzliche Zeugenbeweisantritte" für "nicht geeignet" erachtet hat, "die dem Beklagten auferlegte Leistungsaufstellung anhand der Geschäftsunterlagen zu ersetzen".
In dieser Ablehnung der Zeugenvernehmung liegt zum einen eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung (vgl. Sen.Urt. v. 13. September 2004 - II ZR 137/02, WM 2004, 2365, 2366 m.w.Nachw.). Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Tatrichter von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen darf, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zugunsten des Antragstellers zu unterstellen ist, und daß bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet größte Zurückhaltung geboten ist (Sen.Urt. v. 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, WM 2000, 2315, 2316 m.w.Nachw.). Dafür, daß die vom Beklagten benannten Zeugen zu den in ihr Wissen gestellten Tatsachen keine geeigneten Bekundungen bezüg-
lich der einzelnen Tätigkeiten des Beklagten machen könnten, fehlt jeder Anhalt.
Zum anderen findet das Vorgehen des Berufungsgerichts, dem darlegungs - und beweispflichtigen Beklagten die Art und Weise seiner Beweisführung , insbesondere die Reihenfolge der in Betracht kommenden Beweismittel, vorschreiben zu wollen, im Prozeßrecht keine Stütze. Selbst wenn es hier dem Beklagten - was offenbar nicht der Fall war - ohne weiteres möglich gewesen wäre, seine Leistungsaufstellung unter Bezeichnung konkreter Aktenstücke zu fertigen, so stand es ihm frei, anstelle des Beweisantritts durch Vorlage von Urkunden - zunächst oder vorrangig - den Zeugenbeweis zu wählen.
III. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es - ggf. nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die angebotenen Beweise erhebt und auf dieser Grundlage die erforderlichen Feststellungen trifft.
Goette Kurzwelly RiBGH Kraemer kann urlaubsbedingt nicht unterschreiben Goette Caliebe Reichart