Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2017 - I ZR 161/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:161117UIZR161.16.0
16.11.2017
vorgehend
Landgericht Frankfurt am Main, 8 O 12/15, 08.07.2015
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 6 U 157/15, 23.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 161/16 Verkündet am:
16. November 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Knochenzement I

a) Ein auf § 3a UWG i.V. mit § 17 UWG gestützter Unterlassungsanspruch unter
dem Gesichtspunkt des Verbots der Fruchtziehung aus einer vorangegangenen
Verletzung von Betriebsgeheimnissen erfasst nicht den Vertrieb und die Bewerbung
von Produkten, die zwar Nachfolgeprodukte von unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen
hergestellter Produkte sind, selbst aber nicht unter Verletzung
von Betriebsgeheimnissen hergestellt werden.

b) Die Ausnutzung der Auswirkungen eines vorangegangenen wettbewerbswidrigen
Verhaltens ist nicht per se, sondern nur dann nach der wettbewerbsrechtlichen
Generalklausel gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, wenn sie unmittelbar
mit dem vorangegangenen Wettbewerbsverstoß zusammenhängt und ihrerseits
die Voraussetzungen einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne von
§ 3 Abs. 1 UWG erfüllt.

c) Ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch wegen Verletzung
von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen kann allenfalls darauf gerichtet
sein, dem Schädiger die Benutzung des unbefugt erlangten oder verwerteten
Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses zu verbieten.
BGH, Urteil vom 16. November 2017 - I ZR 161/16 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2017:161117UIZR161.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Marx

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin stellte seit dem Jahr 1959 Knochenzemente her, die unter der Bezeichnung "P. " vertrieben wurden. Von 1998 bis 2005 erfolgte deren Vertrieb über die Beklagte, zunächst in einem Joint-Venture mit einem Drittunternehmen und seit dem Jahr 2004 durch die Beklagte allein. Die Beklagte ist Mitglied des B.-Konzerns. Sie vertreibt neben Knochenzementen eine Reihe weiterer Medizinprodukte, wie künstliche Gelenke , Prothesen, Fixationssysteme sowie Mischsysteme zum Anmischen von Knochenzementen und Antibiotika zur lokalen Behandlung im Wund- und Knochenbereich.
2
Im Februar 2005 kündigte die Rechtsvorgängerin der Klägerin an, die Belieferung der Beklagten mit "P. "-Knochenzementen zum 31. August 2005 zu beenden, um diese Produkte selbst zu vermarkten. Nach Einstellung der Belieferung durch die Klägerin brachte die Beklagte eigene Knochenzemente des B.-Konzerns heraus und vertrieb diese unter der Bezeichnung "R. " und "B. ".
3
Ende 2008 nahm die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf diese Knochenzemente wegen der Verletzung von Betriebsgeheimnissen gerichtlich in Anspruch (nachfolgend: Vorprozess). In der Berufungsinstanz des Vorprozesses wurden die Beklagte und andere Unternehmen des B.-Konzerns durch das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. Juni 2014 - 6 U 15/13 im Umfang des zuletzt gestellten Hilfsantrages insoweit zur Unterlassung verurteilt , als die Knochenzemente der Beklagten unter Verwertung von Spezifikationen bestimmter Inhaltsstoffe, die vom Oberlandesgericht als Betriebsgeheimnisse der Klägerin angesehen wurden, hergestellt und vertrieben wurden. Der Beklagten wurde außerdem verboten, die Anweisung, zur Herstellung von Knochenzement diese Spezifikationen zu verwenden, an Dritte weiterzugeben. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stellte in Bezug auf die verbotenen Handlungen außerdem die Schadensersatzpflicht der Beklagten fest und verurteilte sie zur Auskunftserteilung. Das Berufungsurteil des Vorprozesses ist rechtskräftig.
4
Seit September 2014 bewirbt und vertreibt die Beklagte unter der Bezeichnung "H. "-Knochenzemente der Firma Z. Diese unterfallen nicht dem Unterlassungsgebot des im Vorprozess ergangenen Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main.
5
Im vorliegenden Rechtsstreit wendet sich die Klägerin gegen Vertrieb und Bewerbung der "H. "-Knochenzemente. Sie macht geltend, die Belieferung von Kunden mit "H. "-Knochenzementen und die entsprechende Werbung für diese Zemente fielen aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls in den Verbotsbereich von § 3 Abs. 1 UWG, obwohl diese Zemente nicht unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen der Rechtsvorgängerin der Klägerin hergestellt würden. Es sei dennoch geboten, der Beklagten zu verbieten , für eine Karenzzeit von zwei Jahren diejenigen Abnehmer zu beliefern, die nach dem 5. Juni 2012, also innerhalb von zwei Jahren vor dem im Vorprozess ergangenen Berufungsurteil, die rechtswidrig hergestellten Knochenzemente von der Beklagten bezogen hätten. Die Beklagte habe sich durch die Verletzung der Betriebsgeheimnisse der Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Zeit von 2008 bis 2014 in die Lage versetzt, ein gleichwertiges Konkurrenzprodukt anzubieten. Dadurch habe sie sich in unlauterer Weise durch Aufbau bestimmter Kundenbeziehungen eine Marktposition verschafft, die sie nunmehr durch das Angebot der "H. "-Zemente weiter ausnutze. Diese Möglichkeit müsse ihr durch eine zweijährige Karenzzeit abgeschnitten werden, damit sie wieder in die (schlechtere) Wettbewerbssituation gegenüber der Klägerin zurückgesetzt werde, in der sie sich ohne die Verletzung der Betriebsgeheimnisse befunden hätte.
6
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln für die Dauer von zwei Jahren zu untersagen,
a) Abnehmer mit "H. "-Knochenzement zu beliefern oder beliefern zu lassen , sofern diese Abnehmer nach dem 5. Juni 2012 von der Beklagten die Knochenzemente "R. " ... und/oder "B. " [es folgt eine Aufzählung der unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen der Rechtsvorgängerin der Klägerin hergestellten Knochenzemente] bezogen haben; und/oder
b) gegenüber den in lit. a) genannten Abnehmern für "H. "-Knochenzemente zu werben.
7
Darüber hinaus begehrt die Klägerin in Bezug auf das in den Unterlassungsanträgen beschriebene Verhalten Auskunftserteilung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht. Die Klägerin hat die Beklagte außerdem auf Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


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A. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
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Angebot und Vertrieb der "H. "-Zemente könnten nicht unter dem Gesichtspunkt der Fruchtziehung aus vorangegangenem rechtswidrigen Verhalten als unlauter gemäß § 3 Abs. 1 UWG angesehen werden. Zwar könne die Fruchtziehung aus einem unlauteren Verhalten unter bestimmten Voraussetzungen ihrerseits als unlauter zu beurteilen sein. Daran seien jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Die Beklagte habe ersichtlich nicht im Sinne eines vorgefassten Gesamtplans bereits bei Angebot und Vertrieb der unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen nachgestellten Zemente die Absicht gehabt, diese später durch die nunmehr angebotenen, anders zusammengesetzten Zemente zu ersetzen. Vielmehr handele es sich bei dieser Maßnahme um eine von der Beklagten weder beabsichtigte noch erwünschte Reaktion auf das von der Klägerin erwirkte Verbot von Angebot und Vertrieb der nachgestellten Zemente.
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Die Unterlassungsanträge ließen sich ferner nicht als Schadensbeseitigung unter dem Gesichtspunkt einer "Naturalherstellung in Form zeitweiligen Unterlassens" anstelle einer Kompensation in Geld rechtfertigen. Eine Karenzzeit von zwei Jahren käme als sachgerechtes Mittel zum Schadensausgleich allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagte im August 2005 für die Dauer von zwei Jahren überhaupt nicht der Lage gewesen wäre, ihre Kunden weiterhin mit Knochenzementen welcher Art auch immer weiter zu beliefern. Dies könne jedoch nicht angenommen werden.
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B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht eine Unterlassungspflicht im Hinblick auf die Belieferung ihrer Abnehmer mit "H. "-Knochenzementen und die Werbung hierfür abgelehnt.
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1. Die Unterlassungsanträge sind nicht wegen eines Verstoßes gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF sowie §§ 3, 3a UWG nF, jeweils in Verbindung mit § 17 UWG gerechtfertigt.

a) Da die Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche auf
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Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, GRUR 2016, 403 Rn. 9 = WRP 2016, 450 - Fressnapf; Urteil vom 2. März 2017 - I ZR 41/16, GRUR 2017, 922 Rn. 13 = WRP 2017, 1081 - Komplettküchen). Die nach der Vornahme der angegriffenen Handlungen im Jahr 2014 und vor der Entscheidung in der Revisionsinstanz am 16. November 2017 mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, 2158) erfolgte Neufassung des Rechtsbruchtatbestands in § 3a UWG hat nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Januar 2016 - I ZR 61/14, GRUR 2016, 516 Rn. 11 = WRP 2016, 581 - Wir helfen im Trauerfall; Urteil vom 18. Mai 2017 - I ZR 100/16, GRUR 2017, 1278 Rn. 9 = WRP 2017, 1471 - Märchensuppe). Mit der Neufassung des § 3 Abs. 1 UWG nF ist ebenfalls keine für den Streitfall relevante Änderung der Rechtslage verbunden. Die Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG hatte im Hinblick auf den im Streitfall maßgebli- chen Schutz von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern bereits bisher die Funktion eines Auffangtatbestands (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - I ZR 54/11, GRUR 2013, 301 Rn. 25 f. = WRP 2013, 491 - Solarinitiative). Die Vorschrift des § 17 UWG ist unverändert geblieben.
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Sowohl nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (November 2017) maßgeblichen neuen Recht, als auch nach dem zum Zeitpunkt der beanstandeten Handlung (Ende 2014) maßgeblichen Recht steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF sowie §§ 3, 3a UWG nF, jeweils in Verbindung mit § 17 UWG nicht zu.
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b) Das mit den Unterlassungsanträgen angegriffene Verhalten stellt keine unmittelbare Verletzung des § 17 UWG dar. Das Berufungsgericht hat festgestellt , dass die von den Unterlassungsanträgen erfassten "H. "-Knochenzemente selbst nicht unter unbefugter Verwertung von Betriebsgeheimnissen der Rechtsvorgängerin der Klägerin hergestellt worden sind. Davon geht auch die Revision aus.
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c) Die Unterlassungsanträge sind ferner nicht unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Fruchtziehung aus einem zuvor im Rahmen der Herstellung und des Vertriebs der Vorgängerprodukte "R. " und "B. " unlauter verwerteten Betriebsgeheimnis begründet.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats darf eine unter Verstoß gegen § 17 UWG erlangte Kenntnis von Betriebsgeheimnissen vom Verletzer in keiner Weise verwendet werden. Ergebnisse, die der Verletzer durch solche Kenntnisse erzielt, sind von Anfang und - jedenfalls in der Regel - dauernd mit dem Makel der Wettbewerbswidrigkeit behaftet (BGH, Urteil vom 19. Dezember 1984 - I ZR 133/82, GRUR 1985, 294, 296 - Füllanlage; Beschluss vom 19. März 2008 - I ZR 225/06, WRP 2008, 938 Rn. 9). Das nach diesen Grundsätzen bestehende Verwendungsverbot bezieht sich allerdings nicht auf jegliche, nur mittelbar mit der Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen zusammenhängende wettbewerbliche Vorteile, sondern nur auf den unter Verletzung des Betriebsgeheimnisses hergestellten Gegenstand und dessen Verwertung. So darf der Verletzer eine technische Anlage, die durch Benutzung von unter Verstoß gegen § 17 UWG wettbewerbswidrig erworbener Kenntnisse erstellt wurde, nicht verwenden (vgl. BGH, GRUR 1985, 294, 296 - Füllanlage). Gleiches gilt für Werkzeuge, die an Hand von unbefugt verwerteten Zeichnungen hergestellt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1958 - I ZR 73/57, GRUR 1958, 297, 299 - Petromax). Ferner hat der Verletzer den Gewinn herauszugeben , der durch den Einsatz von unter Verwendung von geheimen Know-how hergestellten Werkzeugen erzielt wurde (BGH, WRP 2008, 938 Rn. 9, 11).
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bb) Eine solche Fallgestaltung ist vorliegend jedoch nicht gegeben.
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Zwar ist davon auszugehen, dass die von der Beklagten nach Einstellung der Belieferung durch die Klägerin ab dem Jahr 2005 unter den Bezeichnungen "R. " und "B. " vertriebenen Knochenzemente unter unbefugter Verwertung von Betriebsgeheimnissen der Rechtsvorgängerin der Klägerin hergestellt worden sind. Die Unterlassungsanträge richten sich aber nicht gegen die Verwendung und Verwertung dieser unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen hergestellten Knochenzemente "R. " oder "B. ". Die Klägerin wendet sich ferner nicht gegen Produkte oder Dienstleistungen, die mit solchen Zementen verbunden sind oder die sich auf solche Zemente beziehen und die deshalb eine weitere Auswertung der Betriebsgeheimnisse der Klägerin darstellen könnten. Die Unterlassungsanträge der Klägerin richten sich vielmehr darauf, den Vertrieb und die Bewerbung von anderen, nicht mit dem Vorwurf der Verletzung von Betriebsgeheimnissen behafteten Produkten (zeitweise) zu verbieten. Ein solches Verbot kann nicht auf die Bestimmungen zum Schutz des Betriebsgeheimnisses gemäß §§ 17, 18 UWG in Verbindung mit §§ 3, 3a, 8 Abs. 1 UWG gestützt werden.
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2. Das Berufungsgericht hat ferner im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Beklagte auch nicht nach der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG in Bezug auf die "H. "-Knochenzemente zur Unterlassung des Vertriebs und der Wettbewerb verpflichtet ist.
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a) Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass nach der Senatsrechtsprechung mit der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel grundsätzlich auch Auswirkungen vorangegangener wettbewerbswidriger Verhaltensweisen unterbunden werden können, von denen unmittelbar Störungen des lauteren Wettbewerbs ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - I ZR 36/87, GRUR 1988, 829, 830 = WRP 1988, 668 - Verkaufsfahrten II; Urteil vom 7. Mai 1998 - I ZR 214/95, GRUR 1999, 177 = WRP 1998, 1168 - Umgelenkte Auktionskunden). Ein Verbot der Ausnutzung von Auswirkungen vorangegangenen unlauteren Verhaltens hat der Senat ferner in Fällen angenommen, in denen die Irreführung unmittelbar auf den Vertragsabschluss gerichtet gewesen ist, in denen also gerade darüber getäuscht wurde, dass mit der erschlichenen Handlung überhaupt ein Vertrag zustande gekommen war (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis; Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 314/98, GRUR 2001, 1178, 1180 = WRP 2001, 1073 - Gewinn-Zertifikat). Dagegen ist nach der Rechtsprechung des Senats die Fruchtziehung aufgrund von Verträgen , zu deren Abschluss der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlasst werden konnte, als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig, sondern nur dann, wenn sie nach den gesamten Umständen als eigene Störung des lauteren Wettbewerbs zu würdigen ist (vgl. BGH, GRUR 1999, 261, 264 - HandyEndpreis ; GRUR 2001, 1178, 1180 - Gewinn-Zertifikat). Nach diesen Grundsät- zen kann eine Ausnutzung der Auswirkungen eines vorangegangenen wettbewerbswidrigen Verhaltens mithin nicht per se, sondern allenfalls dann unzulässig sein, wenn sie unmittelbar mit dem vorangegangenen Wettbewerbsverstoß zusammenhängt und ihrerseits die Voraussetzungen einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG erfüllt. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

b) Die Annahme der Unlauterkeit eines für sich genommen rechtmäßigen
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Wettbewerbsverhaltens unter dem Gesichtspunkt der Fruchtziehung aus einer vorangegangenen wettbewerbswidrigen Verhaltensweise setzt voraus, dass von dem angegriffenen Verhalten eine unmittelbare Störung des lauteren Wettbewerbs ausgeht oder sonst ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem unlauteren Vorgehen und der als Fruchtziehung beanstandeten Handlung besteht. Das Kriterium der Unmittelbarkeit ist erforderlich, um zu verhindern, dass unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Fruchtziehung in einer mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit und dem gebotenen Schutz der Interessen unbeteiligter Dritter nicht im Einklang stehenden konturlosen Weise Verhaltensweisen dem Verbot der Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG unterworfen werden, die für sich genommen mit den Grundsätzen des lauteren Wettbewerbs im Einklang stehen.
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An einer entsprechenden Unmittelbarkeit fehlt es im Streitfall. Die Klägerin greift kein Wettbewerbsverhalten der Beklagten an, das sich unmittelbar auf die unter Verletzung von Betriebsgeheimnissen hergestellten Knochenzemente "R. " und "B. " und deren Eigenschaften beziehen. Gegenstand der Klageanträge ist vielmehr die in gewissem Umfang auch auf dem rechtswidrigen Vertrieb beruhende Marktposition und damit ein auf die Verletzung von Betriebsgeheimnissen nur mittelbar zurückzuführender Umstand. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihre Marktstellung im Bereich der Knochenzemente nicht allein durch den rechtswidrigen Vertrieb der Produkte "R. " und "B. " des B.-Konzerns gewonnen hat, sondern in den Jahren 1998 bis 2005 an ihrem Kundenkreis die Zemente der Klägerin rechtmäßig vertrieben hat.
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c) Die Voraussetzungen einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG liegen auch deshalb nicht vor, weil aufgrund einer Gesamtabwägung ein die Interessen der Beklagten und ihrer Kunden sowie der Allgemeinheit überwiegendes Interesse der Klägerin an einem Belieferungsund Werbeverbot nicht besteht.
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aa) Nach § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig. Die Ableitung von Ansprüchen aus dieser wettbewerbsrechtlichen Generalklausel setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb angeführten Beispielsfällen unlauteren Verhaltens entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 157/08, GRUR 2011, 431 Rn. 11 = WRP 2011, 444 - FSA-Kodex; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 26 - Solarinitiative). Ein Rückgriff auf die Generalklausel ist in Fällen geboten, in denen die Tatbestände der §§ 3a bis 7 UWG zwar bestimmte Gesichtspunkte der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung erfassen, aber keine umfassende Bewertung der Interessen der durch das Wettbewerbsverhältnis betroffenen Marktteilnehmer ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 73/02, GRUR 2006, 426 Rn. 16 = WRP 2006, 577 - Direktansprache am Arbeitsplatz II; Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 176/06, GRUR 2009, 1080 Rn. 13 = WRP 2009, 1369 - Auskunft der IHK; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 26 - Solarinitiative).
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bb) Die Klägerin hat ihre Unterlassungsanträge auf die Erwägung gestützt , die Beklagte habe sich durch die Verletzung der Betriebsgeheimnisse der Rechtsvorgängerin der Klägerin in der Zeit von 2008 bis 2014 und den da- mit verbundenen Aufbau bestimmter Kundenbeziehungen eine Marktposition verschafft, die sie nunmehr durch das - für sich genommen rechtmäßige - Angebot der "H. "-Zemente weiter ausnutze. Diese Möglichkeit müsse ihr durch eine auf die Belieferung und Bewerbung der "H. "-Zemente bezogene zweijährige Karenzzeit abgeschnitten werden. Auf diese Weise werde die Beklagte wieder in die (schlechtere) Wettbewerbssituation gegenüber der Klägerin zurückgesetzt, in der sie sich ohne die Verletzung der Betriebsgeheimnisse befunden hätte. Eine Unlauterkeit dieses mit den Klageanträgen angegriffenen Verhaltens könne sich nicht aus den speziellen Tatbeständen der §§ 3a bis 7 UWG ergeben.
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cc) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das Liefern und Bewerben der der "H. "-Zemente nicht die Voraussetzungen einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG erfüllen.
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(1) Bei der Prüfung der Unlauterkeit im Sinne der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG ist eine umfassende Bewertung der Interessen der durch das Wettbewerbsverhältnis betroffenen Marktteilnehmer vorzunehmen (vgl. BGH, GRUR 2009, 1080 Rn. 13 - Auskunft der IHK; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - I ZR 60/09, BGHZ 187, 255 Rn. 25 - Hartplatzhelden.de ; BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 26 - Solarinitiative; BGH, Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 149/14, GRUR 2016, 725 Rn. 25 = WRP 2016, 850 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II; Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14, BGHZ 210, 144 Rn. 97 - Segmentstruktur). Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall ein überwiegendes Interesse der Klägerin an einem Belieferungs- und Werbeverbot nicht angenommen werden.
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(2) Dem Interesse der Klägerin am Ausgleich der von ihr geltend gemachten Störung der wettbewerblichen Chancengleichheit durch ein (zeitwei- ses) Belieferungs- und Werbeverbot stehen im Streitfall zunächst die gemäß Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interessen der Beklagten gegenüber, mit einem rechtlich nicht zu beanstandenden Produkt in einer für sich genommen wettbewerbsrechtlich zulässigen Weise am Wettbewerb teilzunehmen.
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Zu berücksichtigen ist weiter das ebenfalls durch Art. 12 Abs. 1 GG grundgesetzlich geschützte Recht des Herstellers der von der Beklagten vertriebenen "H. "-Knochenzemente an einem ungehinderten Marktzugang.
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Dem Interesse der Klägerin stehen schließlich die berechtigten Interessen der Endkunden an der Belieferung mit Knochenzementen ihrer Wahl sowie der Patienten und der Allgemeinheit an einem funktionierenden Preiswettbewerb gegenüber. Diese Interessen wiegen im Streitfall besonders schwer, weil nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen und von der Revision nicht beanstandeten Feststellungen des Landgerichts sich der Marktanteil der Klägerin durch die begehrte Liefersperre von 43% auf bis zu 87% erhöhen würde. Dies begründet nach den Feststellungen des Landgerichts die Gefahr, dass die Klägerin wegen des Wegfalls der Konkurrenz durch die Beklagte nicht marktgerechte und damit überhöhte Preise durchsetzen könnte, was nicht nur zum Nachteil der Kunden, sondern auch zum Nachteil der Patienten und Krankenkassen ausgehen würde.
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(3) Ein diese rechtlich geschützten Interessen der Beklagten und ihres Zulieferers sowie dem Interesse der Allgemeinheit an einem funktionierenden Wettbewerb auf dem hier maßgeblichen Produktsegment überwiegendes Interesse der Klägerin kann nicht angenommen werden. Der von der Klägerin begehrte Rechtsschutz ist nicht erforderlich, um die Beeinträchtigung ihrer Marktposition durch die Beklagte aufgrund des rechtswidrigen Vertriebs der Knochenzemente "R. " und "B. " des B.-Konzerns auszugleichen.
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Dem durch die rechtswidrige Verwertung von Betriebsgeheimnissen Verletzten steht gemäß § 17 Abs. 2 UWG in Verbindung mit §§ 3a, 9 Abs. 1 UWG ein Anspruch auf Schadensersatz zu (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 28/06, GRUR 2009, 603 Rn. 22 = WRP 2009, 613 - Versicherungsuntervertreter ). Gleichfalls in Betracht kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB. Der Inhalt des Ersatzanspruchs richtet sich jeweils nach den §§ 249 ff. BGB. Der Verletzte kann mithin gemäß § 249 Abs. 1 BGB Folgenbeseitigung (Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 17 Rn. 58) oder gemäß § 251 Abs. 1 BGB Schadensersatz in Geld verlangen. Dabei kann er den ihm entstandenen Schaden auf dreifache Weise berechnen, also seinen konkreten Schaden einschließlich des entgangenen Gewinns geltend machen, seinen Schaden nach der entgangenen Lizenz berechnen oder die Herausgabe des Verletzergewinns verlangen (BGH, Urteil vom 18. Februar 1977 - I ZR 112/75, GRUR 1977, 539, 541; Beschluss vom 19. März 2008 - I ZR 225/06, WRP 2008, 938 Rn. 6). Die Klägerin hat dies mit Erfolg im Vorprozess getan. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin die Beklagte im Vorprozess erfolgreich auf Auskunft über Namen und Anschriften der Abnehmer der Beklagten in Anspruch genommen hat. Sie ist dadurch in die Lage versetzt worden, diesen Abnehmern gegenüber in sachlicher, die wettbewerbsrechtlichen Grenzen gemäß § 4 Nr. 1 und Nr. 2 UWG beachtender Form mitzuteilen, dass die Beklagte zum Vertrieb der Knochenzemente "R. " und "B. " nicht berechtigt war (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2012 - I ZR 136/10, GRUR 2012, 1048 Rn. 27 = WRP 2012, 1230 - MOVIVOL-Zulassungsantrag).
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Konkrete Umstände, die dafür sprechen könnten, dass die Interessen der Klägerin durch diese rechtlichen Restitutionsmöglichkeiten im Streitfall nicht hinreichend gewahrt werden können und deshalb die beantragten Verbote notwendig sind, sind weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich. Die Revision macht nicht geltend, dass das Berufungsgericht insoweit konkreten Sachvortrag der Klägerin übergangen habe.
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d) Da im Streitfall ein überwiegendes Interesse der Klägerin an einem Belieferungs- und Werbeverbot nicht in Betracht kommt, kann die Rüge der Revision auf sich beruhen, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft die Unterlassungsansprüche insgesamt abgewiesen und dabei nicht erwogen, ob diese nicht zumindest teilweise, etwa durch eine prozentuale Begrenzung der Lieferbeschränkungen auf (nur) einen Großteil der Kunden oder eine zeitliche Verkürzung des Verbots, berechtigt seien.
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3. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Unterlassungsanträge nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensbeseitigung ("Naturalherstellung in Form zeitweiligen Unterlassens") gerechtfertigt sind.
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a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Unterlassungsanträge seien auch dann unbegründet, wenn das damit angegriffene Verhalten (Lieferung und Bewerbung der "H. "-Knochenzemente) selbst nicht als unlautere Handlungen bewertet werde, sondern geprüft werde, ob die Beklagte im Rahmen ihrer (unterstellten) Schadensersatzpflicht für Angebot und Vertrieb der nachgestellten Knochenzemente "R. " und "B. " unter dem Gesichtspunkt der Naturalherstellung verpflichtet sei, vor der Aufnahme des Vertriebs von Zementen mit abgeänderter Zusammensetzung eine Karenzzeit von zwei Jahren einzuhalten. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung ebenfalls stand.
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b) Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit entschieden, dass ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch in besonderen Ausnahmefällen darauf gerichtet sein kann, dass dem Verletzer eine gewisse Zeit verboten wird, wettbewerbliche Vorteile aus einem vorangegangenen unlauteren Verhalten zu ziehen. So können nach dieser älteren Rechtsprechung in Fäl- len der unlauteren Mitarbeiterabwerbung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes durch Naturalrestitution Beschäftigungsverbote ausgesprochen werden, die darauf gerichtet sind, zu verhindern, dass durch die Abwerbung ein unlauterer Vorteil erlangt wird (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1961 - I ZR 26/60, GRUR 1961, 482, 483 = WRP 1961, 212 - Spritzgußmaschine; Urteil vom 21. Dezember 1966 - Ib ZR 146/64, GRUR 1967, 428, 429 - Anwaltsberatung I; Urteil vom 19. Dezember 1971 - I ZR 97/69, GRUR 1971, 358, 359 = WRP 1971, 224 - Textilspitzen; Urteil vom 23. April 1975 - I ZR 3/74, GRUR 1976, 306, 307 - Baumaschinen). Auch in Fällen der unlauteren Abwerbung des Kundenstamms hat es der Senat in der Vergangenheit in besonders gravierenden Fällen gebilligt, mithilfe eines Belieferungsverbots den unlauter erlangten Vorteil wieder auszugleichen (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1963 - Ib ZR 41/62 und 40/63, GRUR 1964, 215, 216 f. = WRP 1964, 49 - Milchfahrer; Urteil vom 3. Dezember 1969 - I ZR 151/67, GRUR 1970, 182, 184 = WRP 1970, 220 - Bierfahrer).
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c) Ob an dieser Rechtsprechung angesichts der jeweils betroffenen Interessen Dritter (Arbeitnehmer, Kunden) und der Beschränkung des freien Wettbewerbs festzuhalten ist (krit. Alexander, Schadensersatz und Abschöpfung im Lauterkeits- und Kartellrecht, 2010, 236 ff., 239; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 9 Rn. 1.26; Fritsche in MünchKomm.UWG, 2. Aufl., § 9 Rn. 71) und diese Grundsätze außerdem erweiternd auf die Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen angewendet werden können, muss im Streitfall nicht entschieden werden.
42
aa) Jedenfalls kann ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen allenfalls darauf gerichtet sein, dem Schädiger die Benutzung des unbefugt erlangten oder verwerteten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu verbieten (vgl. Goldmann in Harte /Henning, UWG, 4. Aufl., § 9 Rn. 106). Die vorliegende Klage richtet sich jedoch nicht gegen die Benutzung der unbefugt erlangten oder verwerteten Betriebsgeheimnisse der Rechtsvorgängerin der Klägerin, sondern gegen das Inverkehrbringen und Bewerben von Knochenzementen, durch die keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Klägerin betroffen sind.
43
bb) Im Übrigen können die auf Unterlassung gerichteten Klageanträge im Streitfall selbst dann keinen Erfolg haben, wenn davon auszugehen wäre, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen Verletzung von Betriebsgeheimnissen durch die Auswertung der Knochenzemente "R. " und "B. " unter dem Gesichtspunkt der Naturalherstellung die im Streitfall begehrte Unterlassung der Belieferung des insoweit erworbenen oder erhaltenen Kundenstamms und die Werbung gegenüber diesen Kunden für eine gewisse Karenzzeit umfassen würde. Der Begründetheit der Klage unter diesem Gesichtspunkt steht die Vorschrift des § 308 Abs. 1 ZPO entgegen. Ansprüche auf Schadensersatz wegen des Vertriebs der Knochenzemente "R. " und "B. " liegen außerhalb des Streitgegenstands des vorliegenden Verfahrens.
(1) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Par44 tei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten ; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 63 - Goldbären; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 = WRP 2016, 1510 Rn. 26 - Kinderstube; Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 184/16, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe; Urteil vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16 - Tiegelgröße). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die
begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser; Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 18/14, GRUR 2016, 292 Rn. 11 = WRP 2016, 321 - Treuhandgesellschaft ; BGH, GRUR 2016, 1301 Rn. 26 - Kinderstube). Deshalb entscheidet ein Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsspruch über einen Unterlassungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat (BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten; BGH, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe ; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16 - Tiegelgröße). Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstandes maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt , auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser).
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(2) Die Frage der Reichweite des Schadensersatzanspruchs der Klägerin wegen Verletzung von Betriebsgeheimnissen durch den Vertrieb der Knochenzemente "Refobacin" und "Biomet" ist nicht Gegenstand des Rechtsschutzbegehrens der Klägerin im vorliegenden Verfahren. Schadensersatzansprüche wegen dieses Klagegrundes waren vielmehr allein Gegenstand des Vorverfahrens. In diesem Rechtsstreit wurde die Beklagte durch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main rechtskräftig zur Unterlassung verurteilt. Außerdem hat das Oberlandesgericht die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt und sie zur Auskunftserteilung verurteilt.
Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin nicht etwa - ausgehend von
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der bereits rechtskräftig festgestellten Schadensersatzpflicht der Beklagten auf der zweiten Stufe - ihren Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Betriebsgeheimnissen inhaltlich konkretisiert und Naturalrestitution in Form einer zweijährigen Liefer- und Werbesperre verlangt. Sie hat vielmehr einen ei- genständigen Wettbewerbsverstoß gemäß § 3 Abs. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Fruchtziehung aus einem vorangegangenen Rechtsverstoß geltend gemacht, indem sie der Beklagten ein "Ausnutzen eines rechtswidrig erworbenen Kundenstamms" vorgeworfen hat. Klagegrund des vorliegenden Verfahrens ist mithin nicht die Verletzung von Betriebsgeheimnissen durch den Vertrieb der Knochenzemente "R. " und "B. ", sondern die zeitlich und sachlich davon zu unterscheidende Ausnutzung des durch diese vorangegangene Geschäftstätigkeit erworbenen Kundenstamms durch die Belieferung mit einem neutralen, nicht rechtsverletzenden Nachfolgeprodukt und die Werbung für dieses Produkt. Allein auf dieses eigenständig angegriffene und als unlauter gemäß § 3 Abs. 1 UWG gerügte Verhalten hat die Klägerin nicht nur ihren Unterlassungsantrag gerichtet, sondern dieses Verhalten auch zum Gegenstand ihrer Folgeanträge auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gemacht. Nichts anderes gilt für den Antrag auf Erstattung von Abmahnkosten. In dem diesem Antrag zugrundeliegenden Abmahnschreiben vom 15. Oktober 2014 hat sich die Klägerin allein auf einen Anspruch gemäß § 3 Abs. 1 UWG gestützt und insoweit geltend gemacht, darin liege eine unlautere Fruchtziehung durch die Überleitung von Kundenbeziehungen, obwohl das abgemahnte Verhalten der Beklagten ohne Berücksichtigung des vorangegangen Wettbewerbsverstoßes als zulässig angesehen werden könne.
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II. Aus den vorstehenden Gründen sind die Folgeanträge ebenfalls unbegründet. Es fehlt im Streitfall an einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG.
48
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
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C. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Klägerin (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Büscher Löffler Schwonke
Feddersen Marx
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 08.07.2015 - 3-8 O 12/15 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 23.06.2016 - 6 U 157/15 -

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Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


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Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Zivilprozessordnung - ZPO | § 308 Bindung an die Parteianträge


(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

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Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern o

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige g

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Sept. 2015 - I ZR 105/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juli 2015 - I ZR 18/14

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Apr. 2018 - I ZR 244/16

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(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

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1. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr stützt, ist die Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rn. 31 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens, mwN). Nach der Verbreitung des beanstandeten Werbeprospekts Ende des Jahres 2010/ Anfang des Jahres 2011 und vor der Entscheidung in der Revisionsinstanz am 4. Februar 2016 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158) novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht. Deshalb besteht auch kein Anlass, wegen der Gesetzesänderung die vor deren Inkrafttreten geschlossene Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO wiederzueröffnen.
13
3. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl nach dem zur Zeit seiner Vornahme rechtswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Revisionsentscheidung geltenden Recht rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. November 2016 - I ZR 29/15, GRUR 2017, 286 Rn. 8 = WRP 2017, 296 - Hörgeräteausstellung; Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 213/15, GRUR 2017, 288 Rn. 17 = WRP 2017, 309 - Energieverbrauchskennzeichnung; Urteil vom 12. Januar 2017 - I ZR 258/15, GRUR 2017, 409 Rn. 12 = WRP 2017, 418 - Motivkontaktlinsen, jeweils mwN). Für den Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten kommt es auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 29/12, GRUR 2016, 392 Rn. 25 = WRP 2016, 467 - Buchungssystem II, mwN). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

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1. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rn. 31 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens; Urteil vom 15. Dezember 2016 - I ZR 221/15, GRUR 2017, 292 Rn. 15 = WRP 2017, 313 - Energieverbrauchskennzeichnung im Internet). Die nach der Vornahme der beanstandeten Handlungen durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158) mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 erfolgte Neufassung des Rechtsbruchtatbestands in § 3a UWG hat nicht zu einer Änderung der Rechtslage geführt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Januar 2016 - I ZR 61/14, GRUR 2016, 516 Rn. 11 = WRP 2016, 581 - Wir helfen im Trauerfall; Beschluss vom 18. Mai 2017 - I ZR 3/16, GRUR 2017, 743 Rn. 13 = WRP 2017, 801- Uber Black).

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

25
aa) Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken berührt die Anwendung des § 3 Abs. 1 UWG 2008 im vorliegenden Fall nicht, weil die beanstandete Verhaltensweise allein die wirtschaftlichen Interessen des Klägers als Mitbewerber und nicht die Interessen von Verbrauchern im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie betrifft.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 314/98 Verkündet am:
26. April 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Gewinn-Zertifikat

a) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige
Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich
nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des
Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu
schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift
nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als
unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist.

b) Zur Frage der Wettbewerbswidrigkeit der Teilnahme an der Abwicklung von
Verträgen, die durch betrügerisches Verhalten zustande gekommen sind.
BGH, Urteil vom 26. April 2001 - I ZR 314/98 -OLG Karlsruhe
LG Offenburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 12. November 1998 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Das beklagte Versandhandelsunternehmen besorgt im Inland den Versand und die sonstige Vertragsabwicklung, wenn Kunden bei der in Straßburg ansässigen S. (im folgenden: S. ) Waren bestellt haben. Die Kundenwerbung führt die S. selbst durch.
Im Frühjahr 1997 warb die S. in Sendungen an private Endverbraucher mit einem sog. Gewinnspiel. Die als "Gewinn-Zertifikat" gestalteten, persönlich adressierten Schreiben waren in verschiedener Weise als zweite und endgültig letzte Gewinnbenachrichtigung bezeichnet, trugen eine Gewinn-Num-
mer und benannten den Angeschriebenen u.a. in der folgenden Weise als Gewinner : "Bargeld-Gewinn (50.000 DM) steht fest: Gewinn-Nr.: 435 543 Gewinner: G.K. [Empfänger]" Es wurde zugesagt, daß der Gewinn sofort nach Posteingang und der vorgeschriebenen Prüfung durch einen Juror an den Angeschriebenen ausgezahlt werde. Der Empfänger wurde weiter wie folgt persönlich angesprochen:
"Beachten Sie bitte die 2 wichtigen Kopien, die wir diesem Brief beigelegt haben. Ja, Sie haben bares Geld gewonnen! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der Bargeld-Gewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit. Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück. Wichtig: Senden Sie jetzt rasch das endgültige Gewinn-Zertifikat zusammen mit der Kopie des Gewinn-Zertifikats ein, damit Sie nun endlich Ihren Geldgewinn erhalten können. Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen. Übrigens hat sich Ihr Gewinn seit der letzten Benachrichtigung nochmals erhöht. Um wieviel, sehen Sie auf der Kopie von Ihrem Gewinn-Zertifikat!"
Zur Begründung, warum die sog. Barcode-Marke unbedingt auf dem Bestellschein aufgeklebt werden müsse, heißt es in dem Schreiben: "Die Barcode -Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung
elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren BargeldGewinn erhalten."
Auf der Rückseite des "Gewinn-Zertifikats" ist u.a. folgende Erläuterung abgedruckt:
"So gewinnen Sie: Senden Sie Ihr Gewinn-Zertifikat pünktlich ein. Wenn Ihre GewinnNummer mit einer der ausgedruckten Gewinn-Nummern übereinstimmt , haben Sie aus einem der aufgeführten Gesamtwerte einen Preis gewonnen. Die Höhe des Bargeld-Gewinns richtet sich nach der Anzahl der eingegangenen Gewinn-Zertifikate." Auf einem beigefügten Schreiben befindet sich ein Bestellschein ("Mindestbestellwert : 30,-- DM"). Auf diesem ist - gemäß einem besonderen Hinweis - die Barcode-Marke aufzukleben. Über dem dafür vorgesehenen Feld steht: "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland."
Die vorgefertigte Rückantwort ist an die S. in Straßburg adressiert. Auf der Rückseite ist "wenn zutreffend" der vorgedruckte Satz anzukreuzen: "JA, ich habe bestellt und fordere meinen Gewinn an."
Der klagende Verbraucherschutzverein e.V. sieht diese Werbung als wettbewerbswidrig an, weil sie irreführend sei und die Teilnahme an dem Gewinnspiel unzulässig mit einer Warenbestellung koppele. Dieser Wettbewerbsverstoß sei auch der Beklagten als Störer zuzurechnen.
Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen , es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs an private Endverbraucher Waren nebst Rechnung zu versenden,

a) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , bei der den persönlich angeschriebenen privaten Endverbrauchern ein wertvoller Gewinn, z.B. 50.000,-- DM, angekündigt wird und durch Formulierungen wie "ENDGÜLTIG LETZTE GEWINN-BENACHRICHTIGUNG FÜR ... (Name des Angeschriebenen ) Bargeld-Gewinn (50.000,-- DM) steht fest: GewinnNr. ... (Gewinn-Nummer des Angeschriebenen) Gewinner: ... (Name des Angeschriebenen)", "Ja, Sie haben bares Geld gewonnen ! Dazu gratulieren wir Ihnen ganz herzlich, allerdings müssen Sie Ihren Gewinn ganz schnell anfordern, denn diese Nachricht wird nicht wiederholt, das heißt für Sie, der BargeldGewinn steht nur noch kurze Zeit zur Auszahlung bereit." sowie "Entfernen Sie vorsichtig das Gewinn-Siegel und überzeugen Sie sich gleich persönlich von Ihrem Glück" der Eindruck erweckt wird, der Angeschriebene habe einen wertvollen Preis, z.B. 50.000,-- DM, gewonnen, ohne daß eindeutig und unmißverständlich darauf hingewiesen wird, daß nur die Möglichkeit besteht, den betreffenden Gewinn zu erhalten;
und/oder

b) wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht , mit der dem Angeschriebenen nahegelegt wird, zugleich mit der Gewinnanforderung eine Bestellung aufzugeben, und zwar durch Hinweise wie "Und bitte vergessen Sie nicht, die Barcode-Marke auf den Bestellschein aufzukleben, damit Sie auch ganz sicher Ihren Gewinn bekommen" sowie "Diese Barcode -Marke bitte unbedingt auf dem Bestellschein aufkleben! Die Barcode-Marke enthält den Gewinnbetrag. Er wird nach Eingang Ihrer Bestellung elektronisch erfaßt, damit absolut sichergestellt ist, daß Sie Ihren Bargeld-Gewinn erhalten".
Die Beklagte hat ein eigenes wettbewerbswidriges Verhalten in Abrede gestellt. Die Werbung der S. habe sie nicht gekannt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen.
Mit seiner - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, daß der Beklagten nicht untersagt werden könne, Waren, die aufgrund der beanstandeten Gewinnspielwerbung der S. bestellt worden seien, mit Rechnungen zu versenden. Es sei allerdings nach §§ 1, 3 UWG wettbewerbswidrig, Kunden durch eine irreführende Gewinnmitteilung anzulocken und diese Mitteilung mit der Aufforderung zu verbinden, Waren zu bestellen. Die Durchführung der in dieser Weise angebahnten Geschäfte sei jedoch weder mit einer Täuschung des Verkehrs verbunden noch in anderer Weise wettbewerbswidrig. Die Beklagte könne deshalb nicht als Störer in Anspruch genommen werden, wenn sie an der Abwicklung der Bestellungen mitwirke.
Die Beklagte unterstütze allerdings die wettbewerbswidrige Werbung der S. durch ihre Bereitschaft, die Auslieferung der Waren, die bei der in Frankreich ansässigen S. bestellt worden seien, zu übernehmen. Ohne den in der Werbung der S. herausgestellten Hinweis "WICHTIG: Der Warenversand und unsere Kundenbetreuung erfolgen aus Deutschland" würde ein nicht unbeachtlicher Teil der Angesprochenen von einer Bestellung von vornherein absehen, sei es aus grundsätzlichem Mißtrauen gegenüber Geschäften mit dem Ausland, sei es wegen befürchteter Schwierigkeiten bei der Abwicklung. Diese wettbewerbswidrige Unterstützung der S. bei ihrer Werbung begründe aber keinen Anspruch gegen die Beklagte, die Warenauslieferung zu unterlassen.
Mangels eines entsprechenden Klageantrags könne es offenbleiben, ob der Kläger von der Beklagten verlangen könnte, diejenigen Handlungen zu unterlassen, die es der S. ermöglichten, in ihrer Werbung herauszustellen, daß die Verträge in Deutschland abgewickelt würden.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Revisionsangriffe haben keinen Erfolg.
1. Mit dem Klageantrag zu a) wendet sich der Kläger dagegen, daß die Beklagte an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung versendet , wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, durch die in gleicher Weise wie bei der konkret beanstandeten Werbung der Eindruck erweckt wird, der persönlich angeschriebene Empfänger sei Gewinner eines Geldbetrages in der Größenordnung von 50.000,-- DM, obwohl nicht mehr als die Möglichkeit eines solchen Gewinns gegeben ist.
Nach dem Klageantrag zu b) soll der Beklagten verboten werden, an private Endverbraucher Waren mit beigefügter Rechnung zu versenden, wenn die Warenbestellung auf einer Gewinnspielwerbung beruht, bei der die Gewinnanforderung wie im konkreten Fall mit einer Bestellung verknüpft worden ist. Aufgrund der Verbindung der Klageanträge zu a) und zu b) mit "und/oder" wird mit der Klage eine Verurteilung zur Unterlassung auch für den Fall begehrt, daß die unter a) und b) aufgeführten Umstände zusammentreffen.
2. Das Unterlassungsbegehren ist selbst dann nicht begründet, wenn alle im Klageantrag unter a) und b) genannten Umstände vorliegen. Erst recht ist der Klageantrag unbegründet, wenn nur jeweils die unter a) oder b) aufgeführten Umstände gegeben sind.
Der Unterlassungsantrag richtet sich dagegen, daß die Beklagte durch die Abwicklung von Verträgen, die unter der Einwirkung der Gewinnspielwer-
bung zustande gekommen sind, an einem Wettbewerbsverstoß der S. mitwirkt.

a) Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß die Gewinnspielwerbung der S. , die nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen ist (vgl. BGHZ 113, 11, 15 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 148/95, GRUR 1998, 419 f. = WRP 1998, 386 - Gewinnspiel im Ausland; Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung ), wettbewerbswidrig ist. Die Werbung ist geeignet, Empfängern der Werbeschreiben , die dieses nicht sehr genau und kritisch lesen, vorzuspiegeln, daß ihnen ein Gewinn bereits sicher sei, während bei Einsendung des GewinnZertifikats nur die Möglichkeit eines Gewinns besteht (§ 3 UWG). Der Umstand, daß viele der Empfänger, die das Schreiben als Mitteilung eines bereits auszuzahlenden Bargeldgewinns verstehen, zweifeln werden, ob die S. als ein gewerbliches Unternehmen ihnen wirklich ein Geldgeschenk machen wolle, schließt die Annahme einer wettbewerbswidrigen Irreführung nicht aus. Die Werbung ist jedenfalls geeignet, durch Irreführung die Hoffnung zu begründen, daß - wie angekündigt - ein Geldgewinn ausgezahlt werde, und durch Ausbeutung dieser Hoffnung den eigenen Warenabsatz zu fördern.
Weiterhin ist die Kopplung der Teilnahme am Gewinnspiel mit einer Warenbestellung nach § 1 UWG wettbewerbswidrig (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.1975 - I ZR 46/74, WRP 1976, 100, 101 - MARS; Urt. v. 19.12.1975 - I ZR 120/74, WRP 1976, 172, 173 f. - Versandhandels-Preisausschreiben).

b) Der Unterlassungsantrag des Klägers wendet sich aber nicht gegen ein Verhalten, mit dem ein solcher Wettbewerbsverstoß der S. gefördert wird, sondern gegen die Teilnahme der Beklagten an der Abwicklung der Ver-
träge, die aufgrund der beanstandeten Werbung zustande gekommen sind. Dieses im Inland stattfindende Verhalten ist nach deutschem Wettbewerbsrecht zu beurteilen.
Nach dem gegebenen Sachverhalt handelt jedoch weder die S. wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn sie die durch ihre Gewinnspielwerbung zustande gebrachten Verträge abwickelt, noch die Beklagte, wenn sie die technische Durchführung der Vertragsabwicklung durch die Versendung bestellter Waren unter Beifügung von Rechnungen übernimmt. Dies gilt auch dann, wenn unterstellt wird, daß der Beklagten bei dieser Tätigkeit die vorausgegangene Werbung der S. bekannt ist.
(1) Die Abwicklung von Verträgen, zu deren Abschluß der Kunde durch wettbewerbswidrige Mittel veranlaßt werden konnte, ist als solche grundsätzlich nicht wettbewerbswidrig. Zweck des § 1 UWG ist es, die Lauterkeit des Wettbewerbs im Interesse der Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zu schützen. Die Abwicklung von Verträgen wird deshalb von dieser Vorschrift nur dann erfaßt, wenn sie nach den gesamten Umständen auch selbst als unlauteres Wettbewerbsverhalten zu würdigen ist. In vielen Fällen wird dies deshalb nicht der Fall sein, weil der Wettbewerbsverstoß für den Vertragsschluß letztlich nicht ursächlich geworden ist, etwa weil der durch eine Werbung nur unzureichend oder irreführend unterrichtete Verbraucher vor Vertragsschluß Kenntnis von allen maßgeblichen Umständen erhalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 186/98, WRP 2001, 392, 394 f. - 1-Pfennig-Farbbild, m.w.N.). Aber auch dann, wenn der Vertrag unter der Einwirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zustande gekommen ist und deshalb Willensmängel vorliegen, die zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Vertrages führen oder ein Rücktrittsrecht nach § 13a UWG begründen, wird die Durchführung des Vertrages nicht allein
dadurch selbst wettbewerbsrechtlich unlauter. Die Vorschrift des § 1 UWG richtet sich nicht schlechthin gegen anstößiges Verhalten von Gewerbetreibenden und dessen Folgen. Der darin enthaltene Begriff der Sittenwidrigkeit ist vielmehr wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. BGHZ 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; 144, 255, 265 - Abgasemissionen; BGH, Urt. v. 5.10.2000 - I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner, m.w.N.). Dies erfordert bei der Beurteilung einer Vertragsabwicklung die Prüfung, ob auch von dieser selbst eine unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, daß im vorliegenden Fall Umstände gegeben seien, die auch den Vollzug der Verträge, die unter dem Eindruck der wettbewerbswidrigen Werbung der S. geschlossen worden seien, wettbewerbswidrig machten. Die S. hat allerdings zielgerichtet und systematisch grob wettbewerbswidrige Mittel eingesetzt, um Verbraucher zu Warenbestellungen zu veranlassen. Der Warenabsatz durch Abwicklung der auf diese Weise zustande gebrachten Verträge war dementsprechend Teil des Gesamtplans der S. . Ein solcher - durchaus typischer - Zusammenhang zwischen wettbewerbswidriger Werbung und Vertragsabwicklung genügt jedoch grundsätzlich nicht, um auch der Vertragsabwicklung den Stempel der Wettbewerbswidrigkeit aufzudrücken.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar mit den Fallgestaltungen, in denen der Senat auch die Fruchtziehung aus einem wettbewerbswidrigen Verhalten als wettbewerbsrechtlich unlauter beurteilt hat (vgl. BGHZ 123, 330, 332 ff. - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 26.1.1995 - I ZR 39/93, GRUR 1995, 358, 360 = WRP 1995, 389 - Folgeverträge II; Urt. v. 26.11.1997 - I ZR 109/95, GRUR 1998, 415, 416 = WRP 1998,
383 - Wirtschaftsregister; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 264 = WRP 1999, 94 - Handy-Endpreis). In diesen Fällen ging es darum, daß Gewerbetreibende oder Angehörige der freien Berufe durch rechnungsähnlich aufgemachte Angebotsschreiben dazu veranlaßt worden waren, die angegebenen Beträge als geschuldet zu überweisen. Nach dem Inhalt der Angebotsschreiben sollten diese Zahlungen als stillschweigende Annahme des getarnten Angebots verstanden werden. Das gesamte Vorgehen war danach darauf angelegt, die Betroffenen in eine "Vertragsfalle" zu locken und sie dann an dem scheinbar geschlossenen Vertrag festzuhalten. Unter solchen Umständen ist auch der Versuch, gegen Betroffene unter Berufung auf den behaupteten Vertrag Ansprüche herzuleiten, als eigene Störung des lauteren Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 803; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1060 f.).
Ein derartiger Sachverhalt ist hier nicht gegeben. Die von der Werbung der S. angesprochenen Verbraucher wissen, daß sie bei der Warenbestellung Verträge schließen, zu deren Erfüllung sie verpflichtet sind. Die beanstandete Werbung ist lediglich geeignet, die Verbraucher mit unlauteren Mitteln zu solchen Bestellungen zu veranlassen.
(3) Die Abwicklung von Verträgen, die aufgrund einer wettbewerbswidrigen Werbung der vorliegenden Art zustande gekommen sind, wäre allerdings dann wettbewerbswidrig, wenn das Verhalten des Werbenden als Betrug (§ 263 StGB) zu werten sein sollte und die Vertragsabwicklung als eine - bis zur Beendigung mögliche (vgl. BGHSt 2, 344, 345 f.; BGH, Beschl. v. 2.10.1998 - 2 StR 389/98, wistra 1999, 21; Cramer in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch , 26. Aufl., § 263 Rdn. 180; Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl., § 64 III 2 b) - Teilnahme daran (§ 27 StGB). In diesem Fall könnte ein
Unternehmen, das die Vertragsabwicklung übernimmt, wegen seines Tatbeitrags auch wettbewerbsrechtlich als Störer in Anspruch genommen werden, weil dann auch von der Vertragsabwicklung eine Beeinträchtigung des lauteren Wettbewerbs ausgehen würde. Gleiches würde auch dann gelten, wenn zwar nicht festgestellt werden kann, ob und gegebenenfalls welchen Kunden gegenüber ein vollendeter Betrug vorliegt (etwa weil die Kausalität der Täuschung nicht feststellbar ist), das Verhalten des Werbenden aber jedenfalls als versuchter Betrug zu würdigen ist und die Vertragsabwicklung ohne Rücksicht darauf durchgeführt wird, ob der betreffende Kunde Opfer des auf Betrug angelegten Vorgehens geworden ist oder nicht (vgl. dazu auch BGH GRUR 1998, 415, 416 f. - Wirtschaftsregister; v. Ungern-Sternberg, WRP 2000, 1057, 1061).
Im vorliegenden Fall erfüllt das Verhalten der S. nach den getroffenen Feststellungen weitgehend den Tatbestand des Betruges. Ihre Werbung zielte darauf ab, Verbraucher durch Täuschung in den Glauben zu versetzen, sie hätten einen hohen Geldbetrag gewonnen und könnten diesen erhalten, wenn sie nur Waren mit einem Mindestbestellwert von 30,-- DM bestellten. Ein im Sinne des § 263 StGB bedeutsamer Irrtum wird weder dadurch ausgeschlossen , daß der Getäuschte den Irrtum hätte vermeiden können (vgl. BGHSt 34, 199, 201; Lackner/Kühl, Strafgesetzbuch, 23. Aufl., § 263 Rdn. 20), noch dadurch , daß er an der Richtigkeit der ihm gemachten Erklärungen noch gewisse Zweifel hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.1990 - 1 StR 144/90, wistra 1990, 305; Cramer aaO § 263 Rdn. 40; Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 50. Aufl., § 263 Rdn. 40). Die Täuschung hat bei vielen der Angesprochenen zur Folge, daß diese Warenbestellungen aufgeben, die sie andernfalls unterlassen hätten. Der Vertragsschluß als solcher stellt allerdings keinen Schaden im Sinne des § 263 StGB dar, wenn die bestellte Ware für den Getäuschten sinnvoll verwendbar und im Vergleich zum Kaufpreis nicht minderwertig ist (vgl. BGHSt 3, 99, 102 f.;
16, 220, 221 f.; 23, 300, 302; Cramer aaO § 263 Rdn. 128; Nack in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 47 Rdn. 52 ff., 59 ff.). Etwas anderes hat der Kläger hier nicht vorgetragen. Bei dieser Sachlage kann die unter den Parteien umstrittene Frage, ob die Beklagte bereits bei der Abwicklung der Verträge Kenntnis von der Werbung der S. hatte, offenbleiben.
3. Die Revision meint, dem Klagebegehren sei jedenfalls deshalb unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung stattzugeben, weil die Beklagte nach den getroffenen Feststellungen bewußt einen Beitrag zu der unlauteren Werbung der S. geleistet habe, indem sie dieser die Werbung mit der Vertragsabwicklung im Inland ermöglicht habe. Damit kann die Revision jedoch nicht durchdringen, weil der Kläger ein solches Verhalten nicht zum Gegenstand seiner Klageanträge gemacht hat.
Die Revision rügt insoweit weiter, das Berufungsgericht habe jedenfalls seine Pflicht verletzt, auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 139 ZPO). Den Entscheidungsgründen sei zu entnehmen, daß das Berufungsgericht eine Störerhaftung der Beklagten als gegeben ansehe, wenn diese es der S. ermögliche, in ihrer Werbung die Vertragsabwicklung in Deutschland herauszustellen. Auf entsprechende Anregung hätte der Kläger hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, der S. dadurch einen werbenden Hinweis auf die Abwicklung von Verträgen in Deutschland zu ermöglichen, daß sie ihre Adresse für die Vertragsabwicklung zur Verfügung stellt, den Warenversand und/oder die Rechnungsstellung übernimmt und/oder sonst den Vollzug der Verträge unterstützt.
Auch mit diesem Vorbringen kann die Revision keinen Erfolg haben. Die Vorschrift des § 139 ZPO verpflichtete das Berufungsgericht nicht, den Kläger
zu einem Antrag zu veranlassen, der auf einem anderen Sachverhalt beruht, als er bisher vorgetragen hatte, und mit dem deshalb ein neuer Streitgegenstand in den Prozeß eingeführt worden wäre (vgl. BGHZ 7, 208, 211 f.; 24, 269, 278; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 5, 11; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 22. Aufl., § 139 Rdn. 10).
III. Die Revision war danach auf Kosten des Klägers zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Schaffert

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

11
Eine Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG scheidet offensichtlich aus, weil es sich bei der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Bestimmung des § 21 des FSA-Kodexes der Klägerin nicht um eine gesetzliche Vorschrift im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG handelt. Nach dem mit der Vorschrift des § 4 Nr. 11 UWG verfolgten Gesetzeszweck kann ein Verstoß gegen eine Bestimmung, die nicht die besonderen Voraussetzungen einer gesetzlichen Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG erfüllt, nicht ohne weiteres nach § 3 UWG 2004 bzw. § 3 Abs. 1 UWG 2008 als unlauter angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2009 - I ZR 152/07, GRUR 2010, 654 Rn. 25 = WRP 2010, 876 - Zweckbetrieb). Auch im Übrigen kommt ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 3 UWG nur in Betracht, wenn das betreffende Verhalten von seinem Unlauterkeitsgehalt her den in den Beispielsfällen der §§ 4 ff. UWG geregelten Verhaltensweisen entspricht (BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 176/06, GRUR 2009, 1080 Rn. 12 = WRP 2009, 1369 - Auskunft der IHK).
16
2. Das beanstandete Wettbewerbsverhalten ist nicht nur nach altem, sondern auch nach neuem Recht auf der Grundlage der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel (§ 1 UWG a.F., § 3 UWG) zu beurteilen, da nur auf diese Weise die rechtlich geschützten Interessen aller Beteiligten bei der Entscheidung abgewogen werden können. Dem Beispielstatbestand des § 4 Nr. 10 UWG (gezielte Behinderung eines Mitbewerbers) und dem Tatbestand der unzumutbaren Belästigung (§ 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG) können zwar Richtlinien für die Abwägung entnommen werden; diese Tatbestände erfassen aber jeweils nur bestimmte, wenn auch wesentliche Gesichtspunkte, unter denen die mit dem Unterlassungsantrag angegriffenen Wettbewerbshandlungen zu beurteilen sind.
13
b) Die Ableitung von Ansprüchen aus der wettbewerbsrechtlichen Generalklausel wegen noch unter der Geltung des UWG 2004 vorgenommener Wettbewerbshandlungen setzt mindestens voraus, dass die betreffende Verhaltensweise von ihrem Unlauterkeitsgehalt her den in den §§ 4 bis 7 UWG 2004 aufgeführten Beispiels- bzw. Anwendungsfällen unlauteren Verhaltens entspricht (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 3 Rdn. 65; MünchKomm.UWG/Sosnitza, § 3 Rdn. 9 m.w.N.) und zudem den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 241/03, GRUR 2006, 1042 Tz. 29 = WRP 2006, 1502 - Kontaktanzeigen; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO). Ein Rückgriff auf die Generalklausel ist insbesondere in Fällen geboten, in denen die Tatbestände der §§ 4 bis 7 UWG zwar bestimmte Gesichtspunkte der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung erfassen, aber keine umfassende Bewertung der Interessen der durch das Wettbewerbsverhältnis betroffenen Marktteilnehmer ermöglichen (vgl. BGH, Urt. v. 9.2.2006 - I ZR 73/02, GRUR 2006, 426 Tz. 16 = WRP 2006, 577 - Direktansprache am Arbeitsplatz II; Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 183/04, GRUR 2008, 262 Tz. 9 = WRP 2008, 219 - Direktansprache am Arbeitsplatz III).

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

25
bb) Würde die in Rede stehende Verwertungsbefugnis ausschließlich dem Kläger zugewiesen, so wäre damit eine Einschränkung der Wettbewerbsfreiheit verbunden, die im Hinblick auf die grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten (Art. 5 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG) nur bei einem überwiegenden Interesse des Klägers gerechtfertigt werden könnte. Ein solches überwiegendes Interesse des Klägers kann jedoch nicht angenommen werden. Insbesondere ist der vom Kläger begehrte Rechtsschutz nicht erforderlich, um für ihn ein Leistungsergebnis zu schützen, für das er erhebliche Investitionen getätigt hätte und dessen Erbringung und Bestand ohne diesen Rechtsschutz ernstlich in Gefahr geriete (vgl. dazu Ehmann, GRUR Int. 2009, 659, 661, 664; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 9/80; Peukert, WRP, 2010, 316, 320 mwN).
25
aa) Die richterrechtliche Schaffung eines Leistungsschutzrechtes im Rahmen des § 3 Abs. 1 UWG, welches dem Schutz der Verwertbarkeit einer fiktiven Figur außerhalb des Urheberrechts sowie dem Schutz der vom Rechteinhaber im Bereich der wirtschaftlichen Verwertung dieser Figur erbrachten Investitionen dient, ist nicht bereits deshalb geboten, weil dies die gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG grundrechtlich geschützten Interessen des Inhabers der Rechte an der Figur nahelegen. Eine allein der Klägerin als Rechteinhaber zugewiesene Verwertungsbefugnis würde die Wettbewerbsfreiheit und damit auch die Interessen der Allgemeinheit sowie die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) einschränken und kommt daher nur bei einem überwiegenden Interesse der Klägerin in Betracht (vgl. BGHZ 187, 255 Rn. 25 - Hartplatzhelden.de; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 9/79; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 3 Rn. 90).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 58/14 Verkündet am:
4. Mai 2016
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Segmentstruktur

a) Um eine revisionsrechtliche Nachprüfung der Annahme der wettbewerblichen Eigenart eines
Produktes zu ermöglichen, muss das Berufungsgericht in seinem Urteil den für die Feststellung
der Schutzfähigkeit entscheidenden Gesamteindruck einer Gestaltung, die ihn tragenden
einzelnen Elemente sowie die die Besonderheit des nachgeahmten Produkts ausmachenden
Elemente nachvollziehbar darlegen.

b) Die Maßstäbe einer unlauteren Nachahmung von Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers
unter dem Gesichtspunkt der Behinderung ergeben sich nicht aus § 4 Nr. 3 UWG
und § 4 Nr. 9 UWG aF, sondern aus § 4 Nr. 4 UWG und § 4 Nr. 10 UWG aF.

c) Solange die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses fortbesteht und die
besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände nicht weggefallen sind, kommt eine zeitliche
Begrenzung des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes nicht in Betracht.

d) Für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen Nachahmungen eines wettbewerblich
eigenartigen Produkts ist stets ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers gemäß § 4
Nr. 3 UWG und § 4 Nr. 9 UWG aF oder § 4 Nr. 4 UWG und § 4 Nr. 10 UWG aF erforderlich
(Aufgabe der Rechtsprechung zum Schutz der Leistung als solcher nach den Fallgruppen
des "Einschiebens in eine fremde Serie" und des Saisonschutzes für Modeneuheiten).
BGH, Urteil vom 4. Mai 2016 - I ZR 58/14 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
ECLI:DE:BGH:2016:040516UIZR58.14.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Beklagten und der Klägerin zu 1 wird unter Zurückweisung der weitergehenden Revision der Klägerin zu 1 das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als über den auf Wettbewerbsrecht gestützten Unterlassungsantrag in der Variante 2 sowie den auf Wettbewerbsrecht gestützten Auskunftsantrag erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin zu 1 (nachfolgend: Klägerin) befasst sich mit der Erhebung und Aufbereitung von Daten des pharmazeutischen Marktes und vertreibt die regionalen Marktberichte "RPM 1860" und "RPM 3000" (RPM = regionaler pharmazeutischer Markt) an die pharmazeutische Industrie. Die Marktberichte enthalten unter anderem die Umsatz- und Absatzentwicklungen der in Deutschland vertriebenen Medikamente und dienen der pharmazeutischen Industrie vornehmlich zur Steuerung und Organisation ihres Außendienstes. Die den Berichten zugrundeliegenden Umsatz- und Absatzzahlen erhält die Klägerin von den Apothekengroßhändlern aufgrund vertraglicher Vereinbarung.
2
Die in den Bezeichnungen der regionalen Marktberichte "RPM 1860" und "RPM 3000" jeweils enthaltene Zahl steht für die Anzahl der geographischen Zonen, in die das Gebiet Deutschlands eingeteilt worden ist. Bei der Erstellung der Marktberichte müssen aus datenschutzrechtlichen Gründen die Angaben von mindestens drei Apotheken zusammengefasst werden. Um dennoch möglichst präzise und differenzierte Zahlen zu erhalten, hat die Klägerin die Daten für begrenzte geographische Einheiten (Segmente) zusammengefasst.
3
Nach eigenen Angaben begann die Klägerin im Jahr 1969, Marktdaten für einzelne regionale Bezirke zu ermitteln. Auf Grund von politischen oder organisatorischen Veränderungen (beispielsweise Kreisgebietsreform, Einführung der fünfstelligen Postleitzahlen, Herstellung der Einheit Deutschlands) überarbeitete sie im Laufe der Zeit mehrfach die Segmentstruktur. Dies geschah unter Mitwirkung eines Arbeitskreises (Workshop), dem Mitarbeiter der Klägerin - insbesondere die Kläger zu 2 und 3 - und Repräsentanten der pharmazeutischen Industrie angehörten. Diese brachten ihre besonderen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse ein. Die erarbeitete Segmentstruktur enthielt zunächst 1.845 Segmente. 1998 stellte die Klägerin die streitgegenständliche Struktur mit 1860 Segmenten vor. Daneben bietet sie den "RPM 3000" mit einer Unterteilung in 2.847 Segmente an.
Die Kläger zu 2 und 3 sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin beige4 treten. Sie waren als Mitarbeiter der Klägerin - mit zwischen den Parteien streitigen Beiträgen - an der Entwicklung der Gebietsstruktur der Klägerin beteiligt.
Die Beklagte bietet seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Januar 2001
5
unter der Bezeichnung "RPI" (= regionale Pharmainformation) ebenfalls regionale Marktberichte für die pharmazeutische Industrie an. Sie hatte zuvor mit Wirkung zum Oktober 2000 Vermögensgüter von der PI Pharma Intranet Information AG (nachfolgend PI AG) übernommen. Die PI AG hatte ebenfalls einen aus 1860 Segmenten bestehenden Marktbericht vertrieben. Hiergegen ist die Klägerin mit einer unter dem Gesichtspunkt des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes erfolgreichen Unterlassungsklage vorgegangen, weil die PI AG die Datenbankstruktur der Klägerin unmittelbar übernommen und die Klägerin dadurch behindert hatte (vgl. OLG Frankfurt, MMR 2003, 45). Der Geschäftsführer der Beklagten war früher Geschäftsführer der Klägerin und anschließend Geschäftsführer der PI AG.
Die Kläger behaupten, die Beklagte habe seit ihrem Markteintritt Anfang
6
2001 Marktberichte mit drei verschiedenen Strukturen angeboten. Zum einen habe die Beklagte eine exakte Kopie des RPM 1860 vertrieben, die auf der von der PI AG als Raubkopie erworbenen und an die Beklagte weitergegebenen RPM 1860 der Klägerin beruhe. Außerdem habe die Beklagte einen Marktbericht mit 2.847 Segmenten vertrieben, der eine exakte Kopie des ebenfalls als Raubkopie bezogenen RPM 3000 der Klägerin sei. Schließlich habe die Beklagte eine Struktur mit 3.000 Segmenten vertrieben, wobei 153 Segmente des RPM 3000 geteilt worden seien, und zwar nach dem Kriterium, dass mindestens 3 Apotheken in jedem neu geschaffenen Segment verblieben seien.
7
Die Kläger haben dieses Verhalten im vorliegenden Verfahren als Verletzung ihrer Urheberrechte an einem Datenbankwerk beanstandet. Die Klägerin hat zudem eine Verletzung von Leistungsschutzrechten als Datenbankhersteller geltend gemacht und sich auf einen Verstoß gegen die Grundsätze des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der Behinderung berufen.
Die Kläger haben zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung der ge8 setzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
pharmazeutische Großhandelsdaten in einer Gebietsaufteilung des als Anlage A dem Schriftsatz vom 3. Januar 2001 beigefügten "Regionaler Pharmazeutischer Markt 1860" Variante 1 oder einer durch bloße Teilung von Segmenten geschaffenen Ableitung davon mit oder ohne Konvertierungssoftware oder anderen -anleitungen Variante 2 ganz und/oder teilweise zu bewerben, anzubieten, und/oder in den Verkehr zu bringen bzw. bewerben und/oder anbieten und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, um diese Datenbanken und/oder Segmentstrukturen auf die Segmentstruktur des "Regionaler Pharmazeutischer Markt 1860" zurückzuführen.
9
Die im Antrag in Bezug genommene Anlage A enthielt eine Tabelle und war wie nachfolgend beispielhaft wiedergegeben gestaltet: Die Kläger haben ferner Auskunft und Leistung von Schadensersatz an
10
die Klägerin in einer nach Auskunftserteilung noch zu bestimmender Höhe begehrt sowie beantragt, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides Statt zu versichern.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger
11
hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Unterlassung nach der Variante 2 ihres Antrags gegenüber dem Kläger zu 2 verurteilt (OLG Frankfurt, GRUR 2014, 991). Es hat insoweit eine Verletzung des Urheberrechts des Klägers zu 2 angenommen. Die auf urheberrechtliche Grundlagen gestützten Klageansprüche der Klägerin und des Klägers zu 3 hat es dagegen verneint. Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auch auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützt hat, hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 UWG aF unter dem Gesichtspunkt einer Behinderung zwar grundsätzlich als erfüllt angesehen, den Unterlassungsanspruch im Ergebnis aber mit der Begründung verneint, der Anspruch sei aufgrund einer mit zehn Jahren zu bemessenden Schutzdauer inzwischen abgelaufen. Dem Auskunftsantrag der Klägerin hat es hingegen mit einer zeitlichen Begrenzung auf Geschäfte, die zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2003 abgeschlossen wurden, auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage stattgegeben. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen und hierzu in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Rechtsfortbildung sei hinsichtlich der Frage der zeitlichen Befristung von Ansprüchen aufgrund wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes erforderlich.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts haben sich sowohl die
12
Klägerin und der Kläger zu 3 als auch die Beklagte mit dem Rechtsmittel der Revision gewandt. Sie haben - vorsorglich für den Fall, dass die Revisionszulassung durch das Berufungsgericht die urheberrechtlichen Ansprüche nicht erfassen sollte - jeweils hilfsweise Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Mit Beschluss vom 19. November 2015 (I ZR 58/14, juris) hat der Senat
13
die Revisionen der Klägerin und des Klägers zu 3 insoweit als unzulässig verworfen , als das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin und des Klägers zu 3 aus dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte verneint hat. Die insoweit hilfsweise eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin und des Klägers zu 3 hat der Senat zurückgewiesen. Außerdem hat der Senat die Revision der Beklagten als unzulässig verworfen, soweit diese gegen die Verurteilung im Verhältnis zum Kläger zu 2 gerichtet gewesen ist, und die hilfsweise erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Im vorliegenden Revisionsverfahren geht es damit allein noch um die von der Klägerin auf Lauterkeitsrecht gestützten Klageanträge, die sie mit ihrem Rechtsmittel weiterverfolgt. Die Beklagte begeht mit ihrer Revision die vollstän- dige Abweisung der Klage. Die Klägerin und die Beklagte beantragen, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden die gel14 tend gemachten Ansprüche aufgrund wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zu. Allerdings sei dieser Schutz am 31. Dezember 2003 abgelaufen. Damit sei dem Unterlassungsbegehren der Klägerin die Grundlage entzogen und der Auskunftsanspruch entsprechend zeitlich zu begrenzen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
15
Der Klägerin stünden Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der Behinderung zu. Der von der Klägerin entwickelten und ihren Marktberichten zugrunde gelegten Segmentstruktur komme wettbewerbliche Eigenart zu. Die Beklagte habe die Struktur der Datenbank der Klägerin unmittelbar übernommen. Ansprüche der Klägerin seien unter dem Gesichtspunkt der Behinderung gerechtfertigt. Allerdings sei der Unterlassungsantrag in der ersten Variante, der sich gegen eine identische Verwendung des RPM 1860 wende, nicht begründet. Die Klägerin habe insoweit keine Verletzungshandlung vorgetragen. Auch eine Erstbegehungsgefahr sei nicht dargelegt. Die Beklagte vertreibe vielmehr eine abweichende, auf den RPM 1860 zurückzuführende Struktur, weil sie sich am Vertrieb einer identischen Struktur gehindert sehe und das insoweit bestehende Unterlassungsgebot nach außen hin beachten wolle. Dagegen sei der Unterlassungsanspruch in der zweiten Variante begründet. Die Beklagte habe ihre eigene Struktur unter Verwendung der unstreitig in ihrem Besitz befindlichen, von der PI AG erlangten Kopie entwickelt , indem verschiedene Segmente der von der Klägerin geschaffenen 1860er-Struktur in kleinere Einheiten aufgeteilt worden seien. Es handele sich bei dem Produkt der Beklagten um eine durch bloße Teilung von Segmenten geschaffene Ableitung des RPM 1860; dieser sei letztlich 1:1 im Produkt der Beklagten enthalten. Die von der Beklagten in der 3863er-Struktur gelieferten Markberichte ließen sich mit Hilfe einer Konvertierungstabelle wieder in die von der Klägerin stammende ursprüngliche Struktur verdichten. Die Beklagte habe die im Besitz der PI AG befindliche 1860er-Segmentstruktur der Klägerin in Dateiform erworben, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass die PI AG sich diese auf unrechtmäßige Weise beschafft habe. Die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass sie die von ihr vertriebene Struktur selbst geschaffen habe.
16
Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch der Klägerin sei allerdings zwischenzeitlich unbegründet geworden. Der zeitliche Umfang von Ansprüchen aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz hänge von den jeweiligen Umständen ab. Die Klägerin habe sich im Streitfall auf den Gesichtspunkt der Behinderung wegen unmittelbarer Leistungsübernahme gestützt, so dass der Schutz ihrer Investitionen im Mittelpunkt stehe. Vor diesem Hintergrund sei aufgrund der gesetzlichen Wertungen zum Schutz des geistigen Eigentums, wonach geistige Schöpfungen nur für typisierte Amortisationszeiträume geschützt seien, eine zeitliche Begrenzung des Schutzes von Investitionen durch das Lauterkeitsrecht geboten. Im Streitfall sei eine Schutzdauer von längstens zehn Jahren ausreichend, aber auch erforderlich. Für den Beginn der Schutzfrist sei auf die 1993 geschaffene 1845er-Struktur der Klägerin abzustellen. Die in den Jahren 1995 und 1998 vorgenommenen Änderungen, die zur 1860erStruktur geführt hätten, seien keine wesentlichen Überleistungen gewesen. Die Schutzfrist habe damit zum 31. Dezember 2003 geendet. Der Auskunftsanspruch der Klägerin sei dementsprechend unter Berücksichtigung der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede auf Verstöße beschränkt, die vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2003 erfolgt seien.
17
B. Die gegen die Verurteilung zur Auskunft für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2003 gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Revision der Klägerin ist erfolgreich, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den Unterlassungsantrag in der Variante 2 als unbegründet angesehen und soweit es den Auskunftsantrag verneint hat. In diesem Umfang führen die Rechtsmittel der Parteien zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Revision der Klägerin ist dagegen unbegründet, soweit sie dagegen gerichtet ist, dass das Berufungsgericht den Unterlassungsantrag in der ersten Variante als unbegründet erachtet hat.
18
I. Der Unterlassungsantrag ist zulässig (dazu B I 1). Die Revision der Klägerin bleibt erfolglos, soweit sie geltend macht, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Begehungsgefahr im Hinblick auf die mit der ersten Variante des Unterlassungsantrags angegriffene unmittelbare Verwendung des RPM 1860 verneint (dazu B I 2). Die Revision der Beklagten wendet sich mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe im Ausgangspunkt ein Unterlassungsanspruch gemäß der Variante 2 wegen unlauterer Nachahmung von Produkten der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG a.F. zu. Die Klägerin ist aktivlegitimiert (dazu B I 3). Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann ein Anspruch nach den Grundsätzen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gleichwohl nicht bejaht werden (dazu B I 4). Eine zeitlich Begrenzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen hat, kommt ebenfalls nicht in Betracht (dazu B I 5).
19
1. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag zu Recht als hinreichend bestimmt angesehen. Bedenken gegen die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags in der Variante 1 bestehen nicht. Die Annahme des Berufungsgerichts , der Unterlassungsantrag in der Variante 2 sei hinreichend bestimmt, trifft ebenfalls zu.

a) Ein Verbotsantrag darf im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht
20
derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt. Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Klageantrag zur Bezeichnung der zu untersagenden Handlung ist allerdings hinnehmbar oder im Interesse einer effektiven Rechtsverfolgung zweckmäßig oder sogar geboten, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe kein Zweifel besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 7/13, GRUR 2014, 398 Rn. 14 f. = WRP 2014, 431 - Online-Versicherungsvermittlung

).


21
b) Diesen Anforderungen genügt die Fassung des Unterlassungsantrags in der Variante 2. Der danach maßgebliche Verletzungsgegenstand betrifft pharmazeutische Großhandelsdaten in einer durch bloße Teilung von Segmenten geschaffenen Ableitung der Gebietsaufteilung des RPM 1860 gemäß Anlage A mit oder ohne Konvertierungssoftware oder anderen Konvertierungsanleitungen.
22
aa) Die Revision der Beklagten macht geltend, es sei zwischen den Parteien streitig, was unter einer "Ableitung" aus dem als Anlage A eingereichten RPM 1860 zu verstehen sei. Damit hat sie keinen Erfolg.
23
(1) Das Berufungsgericht hat den Begriff "Ableitung" nicht für sich genommen als hinreichend bestimmt angesehen. Es hat vielmehr angenommen, der Begriff sei durch die Formulierung "durch bloße Teilung von Segmenten" sowie den Hinweis auf die Rückführbarkeit auf den RPM 1860 gemäß der Anlage A ausreichend auf das Charakteristische der beanstandeten Handlung bezogen. Diese besteht auch unter Berücksichtigung der Klagebegründung in der Verwendung von Segmentstrukturen, die durch Teilung der Segmente der 1860er-Struktur des RPM der Klägerin entstehen und die in diese Struktur zurückverwandelt werden können. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
24
(2) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten sind die Begriffe der Teilung von Segmenten und die Rückführbarkeit auf die Segmentstruktur der RPM 1860 der Klägerin nicht ihrerseits zu unbestimmt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstandes in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach anhand des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können , sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Wirkungen der Entscheidung mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem effektiven Rechtsschutz abzuwägen (BGH, Urteil vom 28. November 2002 - I ZR 168/00, BGHZ 153, 69, 75 f. - P-Vermerk). Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann deshalb hinzunehmen sein, wenn dies zur Gewährleistung des Rechtsschutzes gegen eine unzulässige geschäftliche Handlung erforderlich erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2006 - I ZR 191/03, GRUR 2007, 607 Rn. 16 = WRP 2007, 775 - Telefonwerbung für "Individualverträge"; Urteil vom 15. Mai 2014 - I ZR 137/12, GRUR 2014, 791 Rn. 28 = WRP 2014, 844 - TeilBerufsausübungsgemeinschaft ). So verhält es sich hier.
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(3) Nach der Klagebegründung soll der Beklagten nicht nur die Verwendung eines bestimmten Marktberichts, sondern die Verwendung jeder Struktur untersagt werden, die durch bloße Teilung von Segmenten aus der Schutz beanspruchenden Struktur abgeleitet wurde. Die Klägerin macht geltend, dass nicht nur die durch die erste Variante des Unterlassungsantrags erfasste Verwendung eines Marktberichts mit 1.860 Segmenten, sondern jede Verwendung einer durch eine bloße Teilung der 1860er-Struktur geschaffenen, durch Rückgängigmachen der Teilung aber wieder auf die ursprüngliche Form rückführbaren Segmentstruktur Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet. Das Charakteristische einer solchen Verletzungshandlung kommt in der zweiten Variante hinreichend bestimmt zum Ausdruck. Die Fragen, ob die Beklagte derartige Marktberichte in den Verkehr gebracht, angeboten oder beworben hat und ob die Segmentstruktur RPM 1860 gemäß Anlage A wettbewerbsrechtlichen Schutz gegen die durch Teilung der Strukturen geschaffene und wieder rückgängig zu machende Ableitungen genießt, betreffen nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Unterlassungsantrags.
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bb) Die Revision der Beklagten macht weiterhin ohne Erfolg geltend, eine Unbestimmtheit des Klageantrags ergebe sich daraus, dass die Segmentstrukturen aufgrund äußerer Umstände - beispielsweise der Schließung von Apotheken oder Gebietsreformen - einem kontinuierlichen Wandel unterlägen und daher unklar sei, auf welche Version des RPM 1860 sich der Unterlassungsantrag beziehe. Der Unterlassungsantrag nimmt auf die "RPM 1860 aus 2000" gemäß Anlage A zum Schriftsatz der Klägerin vom 3. Januar 2001 und damit auf eine konkret festgelegte Version des RPM 1860 Bezug. Dass die Anlage A die Segmentstruktur der Klägerin und damit den Schutzgegenstand und nicht einen von der Beklagten angebotenen Verletzungsgegenstand wiedergibt, ist angesichts der Besonderheiten des von der Klägerin begehrten Rechtsschutzes, der jegliche durch Segmentteilung geschaffene und wieder rückgängig zu machende Ableitungen umfasst, nicht zu beanstanden. Die Frage, ob der Anlage A die für die Prüfung eines wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes, namentlich die für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart der Segmentstruktur der Klägerin erforderlichen Umstände zu entnehmen sind, ist wiederum eine Frage der Begründetheit des Unterlassungsantrags in seiner zweiten Variante.
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cc) Der Unterlassungsantrag in seiner zweiten Variante ist auch nicht wegen der Verwendung eines subjektiven Begriffs unbestimmt. Die Wendung um diese Datenbanken und/oder Segmentstrukturen auf die Segmentstruktur des "Regionaler Pharmazeutischer Markt 1860" zurückzuführen macht entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten nicht lediglich eine unbestimmte Absicht der Beklagten zum Gegenstand des begehrten Verbots, sondern bezieht sich bei verständiger Auslegung des Klageantrags unter Berücksichtigung der Klagebegründung auf die Möglichkeit der Rückführbarkeit im Wege der Teilung und damit auf eine objektiv feststellbare Eigenschaft des angegriffenen Marktberichts.
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2. Das Berufungsgericht hat ferner zutreffend angenommen, die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr bestehe nicht für den Unterlassungsantrag in der Variante 1.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Unterlassungsantrag in
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der ersten Variante, der sich gegen eine identische Verwendung des RPM 1860 wende, sei nicht begründet. Die Klägerin habe insoweit keine Verletzungshandlung vorgetragen. Auch eine Erstbegehungsgefahr sei nicht dargelegt. Der Umstand , dass die Beklagte eine abweichende, auf den RPM 1860 zurückzuführende Struktur vertreibe, lasse eine unveränderte Übernahme des RPM 1860 nicht befürchten. Die Beklagte vertreibe ihre abweichende, auf den RPM 1860 lediglich rückführbare Struktur gerade deshalb, weil sie sich am Vertrieb einer identischen Struktur gehindert sehe und das insoweit bestehende Unterlas- sungsgebot beachten wolle. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

b) Eine Wiederholungsgefahr für ein Anbieten eines Marktberichts mit ei30 ner 1860er-Struktur durch die Beklagte besteht nicht. Die Revision der Klägerin hat die Annahme des Berufungsgerichts hingenommen, dass die Klägerin insoweit keine Verletzungshandlung vorgetragen hat. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch nicht ersichtlich.
31
c) Das Berufungsgericht hat auch eine Erstbegehungsgefahr rechtsfehlerfrei verneint.
32
aa) Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind. Da es sich bei der Begehungsgefahr um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Darlegungsund Beweislast bei der Klägerin als Anspruchstellerin (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 2014 - I ZR 133/13, GRUR 2015, 603 Rn. 17 = WRP 2015, 717 - Keksstangen, mwN).
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bb) Von diesen Grundsätzen ist ersichtlich auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat diese rechtsfehlerfrei auf den Streitfall angewendet.
(1) Ohne Erfolg macht die Revision der Klägerin geltend, das Berufungs34 gericht habe übersehen, dass eine Erstbegehungsgefahr besteht, wenn sich ein Mitbewerber berühmt, zu einer bestimmten Handlung berechtigt zu sein. Das
Berufungsgericht hat den Gesichtspunkt der durch Berühmung begründeten Erstbegehungsgefahr (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 57/09, BGHZ 191, 19 Rn. 44 - Stiftparfüm; Kessen in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 10 Rn. 9 ff.) nicht übersehen, sondern geprüft und zutreffend verneint.
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(2) Die Revision der Klägerin macht geltend, die Beklagte habe auf ihrer Internetseite und in einem Kundenanschreiben damit geworben, ihren Kunden auch Marktberichte auf der Grundlage der 1860er-Struktur anbieten zu können. In einer Gesamtschau mit der von ihr erhobenen Feststellungsklage und ihren Äußerungen vor der Kommission der Europäischen Union ergebe sich, dass sich die Klägerin für berechtigt gehalten habe, die 1860er-Struktur zu nutzen.
Damit hat die Revision der Klägerin keinen Erfolg. Die Verteidigung der ei36 genen Rechtsansicht kann erst dann eine Erstbegehungsgefahr begründen, wenn nicht nur der eigene Standpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offenzuhalten, sondern den Erklärungen bei Würdigung der Umstände des konkreten Falls auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten (BGH, Urteil vom 31. Mai 2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe; BGHZ 191, 19 Rn. 44 - Stiftparfüm). Das Berufungsgericht hat in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung angenommen, eine Begehungsgefahr ergebe sich nicht aus dem Vorhaben der Beklagten, die Nutzungsmöglichkeit der 1860er-Struktur im Wege einer negativen Feststellungsklage durchzusetzen. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts, die Ankündigung der Beklagten, ihren Kunden Marktberichte unter anderem auf der Grundlage dieser Struktur liefern zu wollen und ihre Äußerung gegenüber der Kommission der Europäischen Union, dass die Nutzung einer solchen Struktur zur Erfüllung der Bedürfnisse des Marktes unerlässlich sei, begründe keine
Erstbegehungsgefahr. In diesen Umständen kommt lediglich das Bemühen der Beklagten zum Ausdruck, möglichst rechtmäßig eine dem RPM 1860 entsprechende Segmentstruktur vertreiben zu können. Soweit die Revision der Klägerin den Äußerungen der Beklagten auf ihrer Internetseite und in einem Kundenanschreiben einen weitergehenden Erklärungswert beimisst, versucht sie lediglich , ihre eigene Sicht an die Stelle der tatrichterlichen, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehenden Würdigung des Berufungsgerichts zu setzen. Damit kann sie in der Revisionsinstanz keinen Erfolg haben.
3. Ohne Erfolg rügt die Revision der Beklagten, das Berufungsgericht hät37 te die Aktivlegitimation der Klägerin für die geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verneinen müssen, weil im Streitfall - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen habe - auch eine Aktivlegitimation der Klägerin für die geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche fehle. Ein solcher von der Revision der Beklagten geltend gemachter zwingender Gleichlauf der Aktivlegitimation für urheberrechtliche und wettbewerbsrechtliche Ansprüche ist schon deshalb abzulehnen, weil der lauterkeitsrechtliche Leistungsschutz nach Schutzzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestaltet ist. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht bestehen, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 65 = WRP 2011, 249 - Perlentaucher; Urteil vom 12. Mai 2011 - I ZR 53/10, GRUR 2012, 58 Rn. 41 - Seilzirkus; BGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - I ZR 107/13, GRUR 2015, 909 Rn. 23 = WRP 2015, 1090 - Exzenterzähne, mwN). Die Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 UWG a.F. und § 4 Nr. 3 UWG n.F. stehen grundsätzlich dem Hersteller des Originalprodukts zu. Das ist derjenige, der das Er-
zeugnis in eigener Verantwortung herstellt oder die Dienstleistung erbringt oder von einem Dritten herstellen oder erbringen lässt und über das Inverkehrbringen des Erzeugnisses oder des Erbringens der Dienstleistung entscheidet (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 176/14, GRUR 2016, 730 Rn. 21 = WRP 2016, 966 - Herrnhuter Stern). Im Streitfall ist dies die Klägerin, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist.
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4. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das angegriffene Produkt der Beklagten stelle eine unter dem Gesichtspunkt der Behinderung unlautere Nachahmung von Waren der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF dar.
39
a) Für die rechtliche Beurteilung der im Jahr 2001 begonnenen Vertriebshandlungen der Beklagten ist es nicht von Bedeutung, dass die Bestimmungen zum wettbewerblichen Leistungsschutz mehrfach geändert worden sind. Zwar hat die Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt, so dass die Klage nur begründet ist, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240 Rn. 31 = WRP 2015, 1464 - Der Zauber des Nordens, mwN; Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14, GRUR 2016, 403 Rn. 9 = WRP 2016, 450 - Fressnapf). Es muss dennoch hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen nicht zwischen altem und neuem Recht unterschieden werden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage im Hinblick auf die Bestimmungen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist nicht erfolgt. Durch die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz lediglich gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden, so dass die von der Rechtsprechung zu § 1 UWG in der zuvor bestehenden Fassung entwickelten Grundsätze weiterhin gelten (BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Rn. 20 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE, mwN). Das UWG 2008 hat insoweit keine Änderungen gebracht (BGH, Urteil vom 22. März 2012 - I ZR 21/11, GRUR 2012, 1155 Rn. 15 = WRP 2012, 1379 - Sandmalkasten). Gleiches gilt, soweit die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG durch Art. 1 Nummer 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (BGBl. I 2015, S. 2158 f.) mit Wirkung ab dem 10. Dezember 2015 geändert worden ist (vgl. Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 34. Aufl. § 4 Rn. 3.1). Der bisher in § 4 Nr. 9 UWG aF geregelte wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz findet sich nunmehr ohne inhaltliche Änderung in der Bestimmung des § 4 Nr. 3 UWG.
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b) Das Anbieten einer Nachahmung kann nach § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände - wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (Buchst. a) oder eine unangemessene Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (Buchst. b) - hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 21 - LIKEaBIKE; BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 136/11, GRUR 2013, 951 Rn. 14 = WRP 2013, 1188 - Regalsystem; Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 21/12, GRUR 2013, 1052 Rn. 15 = WRP 2013, 1339 - Einkaufswagen III; BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 9 - Exzenterzähne; Urteil vom 19. November 2015 - I ZR 149/14, GRUR 2016, 725 Rn. 12 = WRP 2016, 850 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II).

c) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Unterlassungsan41 spruchs nach diesen Grundsätzen bejaht. Es hat insoweit auf sein Urteil vom 17. September 2002 in dem Rechtsstreit der Klägerin gegen die PI AG (ZUMRD 2003, 180, nachfolgend auch: Urteil im Vorprozess) Bezug genommen. Dort sei festgestellt worden, dass die von der Klägerin entwickelte und ihren Marktberichten zugrundeliegende Segmentstruktur die für den Wettbewerbsschutz erforderliche hinreichende Eigenart besitze und die PI AG die Datenbankstruktur der Klägerin unmittelbar übernommen habe. Die Unlauterkeit der Übernahme sei dort unter dem Gesichtspunkt der Behinderung bejaht worden, da die PI AG durch die unmittelbare Übernahme der gesamten Segmentstruktur der Klägerin beabsichtigt habe, ohne eigenen Aufwand an Zeit, Kosten und Mitteln in einen von der Klägerin erschlossenen Markt einzudringen und sich an dem guten Ruf der Produkte der Klägerin durch Übernahme einer identischen Kodierung und Segmentierung anzulehnen. Diese Erwägungen träfen auch auf das Segmentmodell der Beklagten zu. Zwar entspreche es nicht der von der Klägerin vertriebenen Segmentgestaltung. Das Modell der Beklagten lasse sich aber hierauf zurückführen. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte ihre eigene Struktur unter Verwendung der von der PI AG erlangten und unstreitig in ihrem Besitz befindlichen Kopie der Struktur der Klägerin entwickelt habe, indem verschiedene Segmente der von der Klägerin geschaffenen 1860er-Struktur in kleinere Einheiten aufgeteilt worden seien. Damit handele es sich bei dem Produkt der Beklagten um eine durch bloße Teilung von Segmenten geschaffene Ableitung des RPM 1860. Dieser sei letztlich 1:1 in dem Produkt der Beklagten enthalten. Die von der Beklagten in der 3863er-Struktur gelieferten Marktberichte ließen sich mit Hilfe einer Konvertierungstabelle wieder in die ursprüngliche Struktur der Klägerin verdichten. Eine solche Rückübersetzung setze denknotwendig voraus, dass sich die kleineren Segmente der 3863er-Struktur jeweils in ein dazugehöriges Segment der 1860er-Struktur zusammenfassen ließen. Dies erscheine nur möglich, wenn die Struktur der Beklagten aus der Struktur des
RPM 1860 gewonnen worden sei, und zwar durch Aufteilung vorbestehender Segmente des RPM 1860 in kleinere Untereinheiten.
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Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision der Beklagten nicht stand.
43
d) Allerdings ist das Berufungsgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Klägerin angebotene Marktbericht RPM 1860 grundsätzlich in den Schutzbereich des § 4 Nr. 9 UWG aF fällt.
44
aa) Der Begriff der Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF ist weit auszulegen. Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes können Leistungs- und Arbeitsergebnisse aller Art sein (BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 19 - Sandmalkasten; BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, GRUR 2015, 1214 Rn. 73 = WRP 2015, 1477 - Goldbären). Maßgebend ist, ob dem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08, GRUR 2010, 1125 Rn. 21 = WRP 2010, 1465 - Femur-Teil; BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 19 - Sandmalkasten; GRUR 2016, 725 Rn. 15 - Pippi-LangstrumpfKostüm

II).


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bb) Das Berufungsgericht ist in seinem in Bezug genommenen Urteil im Vorprozess davon ausgegangen, dass es sich bei dem Marktbericht der Klägerin um eine Datenbank handelt. Auf dieser Grundlage hat es angenommen, dass Datenbanken wettbewerbliche Eigenart zukommen kann, wenn der Verkehr besondere Gütevorstellungen aufgrund der Vollständigkeit und Zuverlässigkeit des Inhalts der Datenbank entwickelt hat. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - I ZR 199/96, BGHZ 141, 329, 341 - Tele-Info-CD, mwN).
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e) Die Revision der Beklagten wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart des RPM 1860 der Klägerin durch das Berufungsgericht. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht seine Beurteilung, dem als Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geltend gemachten Marktbericht RPM 1860 der Klägerin komme wettbewerbliche Eigenart im § 4 Nr. 9 UWG aF zu. Zwar fehlt es entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten nicht an jeglichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur wettbewerblichen Eigenart (dazu unter B I 4 e aa). Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung auch keinen Vortrag der Beklagten übergangen (dazu unter B I 4 e bb bis ee). Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen jedoch für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart nicht aus (dazu unter B I 4 e ff). Zudem hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zum Grad der von ihm angenommenen wettbewerblichen Eigenart getroffen (dazu B I 4 e gg).
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aa) Die Revision der Beklagten macht zu Unrecht geltend, das Berufungsgericht habe überhaupt keine Feststellungen dazu getroffen, ob die von der Klägerin ihren Marktberichten zugrunde gelegte Segmentstruktur eine hinreichende wettbewerbliche Eigenart besitze.
48
Zwar hat das Berufungsgericht in seinem im vorliegenden Verfahren ergangenen Urteil selbst nichts zum Gesichtspunkt der wettbewerblichen Eigenart festgestellt. Es hat jedoch insoweit auf sein Urteil im Vorprozess in zulässiger Weise Bezug genommen. Dort hat es angenommen, eine wettbewerbliche Eigenart des RPM 1860 ergebe sich zum einen daraus, dass dieser Marktbericht urheberrechtlichen Schutz als Datenbankwerk im Sinne von § 4 Abs. 2 UrhG genieße. Die wettbewerbliche Eigenart folge außerdem daraus, dass der Ver- kehr mit der Datenbank der Klägerin besondere Gütevorstellungen aufgrund der Vollständigkeit und Zuverlässigkeit verbinde. Die Datenbank der Klägerin sei im Markt derart weit verbreitet, dass die Beklagte und die Kommission der Europäischen Union von einem "Industriestandard" sprächen, auf den die Datenverarbeitungsanlagen der Industriekunden eingestellt seien. Die Segmentstruktur genieße besondere Wertschätzung und besonders weite Verbreitung nicht zuletzt aufgrund des Umstands, dass sie den Bedürfnissen der Abnehmer wegen der Einbeziehung der Industrie bei ihrer Ausgestaltung in besonderer Weise entspreche. Auch aufgrund dieser Besonderheit sei die konkrete Segmentanordnung geeignet, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen und besondere Gütevorstellungen zu wecken. Für die Zubilligung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes spreche schließlich, dass die Erstellung und Pflege der Datenbank Mühe und Kosten erfordere und für die Klägerin ein schutzwürdiger Besitzstand entstanden sei.
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bb) Die Revision der Beklagten rügt, das Berufungsgericht habe das Vorbringen der Beklagten zum Fehlen einer wettbewerblichen Eigenart der Struktur übergangen. So habe die Beklagte umfassend zur Gemeinfreiheit der von der Klägerin entwickelten Segmentstruktur vorgetragen. Danach basierten die Segmente der 1860er-Struktur auf Gebietseinheiten, die in ihren Grenzen durch die amtliche Postleitzahl und den amtlichen Postort definiert würden. Aufgrund der von der Klägerin eingeräumten weitgehenden Konkordanz des Zahlencodes mit dem amtlichen Kreisgemeindeschlüssel fehle es an jeder schöpferischen Leistung. Die Segmentstruktur sei an der bloßen Zweckmäßigkeit und Funktionalität ausgerichtet, so dass die Gestaltungsmöglichkeiten weitgehend vorgegeben seien. Ausweichmöglichkeiten seien so gut wie nicht vorhanden. Damit hat die Revision der Beklagten ebenfalls keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dargelegt.
Das Berufungsgericht hat sich in seinem in Bezug genommenen Urteil im
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Vorprozess mit den von der Beklagten auch im Streitfall vorgetragenen Umständen auseinandergesetzt. Es hat angenommen, eine Orientierung an Postleitzahlgebieten schließe eine individuelle Gestaltung der Struktur nicht aus. Die Zahl der Postleitzahlgebiete liege höher als die Zahl der einzelnen Segmente. In etwa 12.000 Postleitzahlbezirken sei keine Apotheke vorhanden. Es sei deshalb stets zu entscheiden, ob ein einzelner Postleitzahlbezirk als Segment dargestellt oder in mehrere Segmente aufgeteilt werde und welchen Segmenten die apothekenfreien Bezirke zugerechnet würden. Ein schöpferischer Spielraum zeige sich damit in der Bestimmung derjenigen Kriterien, anhand deren die Unterteilung im Einzelfall vorgenommen werde.
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cc) Der Annahme einer wettbewerblichen Eigenart des RPM 1860 steht auch nicht der von der Beklagten vorgetragene Umstand entgegen, dass sich die Gestaltung einzelner Erhebungsgebiete durch äußere Umstände, wie etwa Apothekeneröffnungen und -schließungen sowie Gebietsreformen ändern kann. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kann dem RPM 1860 aufgrund dieses in der Tat naheliegenden und von der Revisionserwiderung der Klägerin auch zugestandenen Änderungsbedarfs nicht jegliche Herkunftshinweisfunktion abgesprochen werden.
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Maßgebend für die Frage, ob einem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart zukommt, ob also seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen , ist die Verkehrsanschauung (BGH, GRUR 2012, 1155 Rn. 19 - Sandmalkasten , mwN). Eine wettbewerbliche Eigenart ist zu verneinen, wenn der angesprochene Verkehr die prägenden Gestaltungsmerkmale des Erzeugnisses nicht (mehr) einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 11 - Exzenterzähne). Dies kann auch darauf beruhen, dass ein ursprünglich wettbewerblich eigenartiges Produkt nicht mehr oder nur noch in einer abweichenden Erscheinungsform oder mit abweichenden besonderen Merkmalen vertrieben wird und deshalb die zunächst herkunftshinweisenden Merkmale nicht mehr aufweist.
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Die Revision der Beklagten hat nicht geltend gemacht, die Beklagte habe vorgetragen, die Segmentstruktur des RPM 1860 habe sich aufgrund der genannten äußeren Umstände nach Klageerhebung derart gravierend verändert, dass der Verkehr diesen Marktbericht nicht mehr der Klägerin als Hersteller zurechnen wird. Die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Änderung eines Produkts steht der Annahme seiner wettbewerblichen Eigenart für sich genommen nicht entgegen.
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dd) Die Revision der Beklagten macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe übersehen, dass der aus Fachleuten bestehende Verkehr in der Segmentstruktur der Klägerin einen "Industriestandard" sehe. Ein Industriestandard sei aber vergleichbar mit einem freien Stand der Technik, der für den Wettbewerb offenzuhalten sei. Zu einem Industriestandard sei die Struktur der Klägerin nur deshalb geworden, weil sie unter aktiver Mitwirkung der pharmazeutischen Industrie entstanden sei. Die Struktur werde daher gerade nicht nur einem Unternehmen zugeordnet, sondern letztlich der gesamten pharmazeutischen Industrie.
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Dem kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen der Beklagten bei seiner Prüfung der wettbewerblichen Eigenart durchaus berücksichtigt. Es hat aus diesen Umständen jedoch von der Beurteilung der Beklagten abweichende Schlüsse gezogen, indem es der Eigenschaft als Industriestandard eine die wettbewerbliche Eigenart verstärkende Bekanntheit beigemessen und in der Einbeziehung der Industrie bei der Ausgestaltung der Segmentstruktur eine Besonderheit gesehen hat, die geeignet sei, auf die besondere betriebliche Herkunft der Segmentanordnung hinzuweisen und be- sondere Gütevorstellungen zu wecken. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses kann durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (BGH, GRUR 2010, 80 Rn. 37 - LIKEaBIKE; GRUR 2013, 1052 Rn. 24 - Einkaufswagen III; GRUR 2015, 909 Rn. 28 - Exzenterzähne, jeweils mwN). Es ist zudem weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich, dass der von den Produkten der Parteien angesprochene Fachverkehr der pharmazeutischenUnternehmen davon ausgeht, die Segmentstruktur des RPM 1860 der Klägerin sei vollständig oder ganz überwiegend von ihren eigenen Vertretern und nicht maßgeblich von der Klägerin erstellt worden. Die Revision der Beklagten macht nicht geltend, dass die Beklagte einen entsprechenden Vortrag gehalten oder dargelegt hat, dass die Einbindung der Pharmaindustrie bei der Erstellung von Marktberichten auch bei Wettbewerbern üblich und deshalb keine besondere wettbewerbliche Leistung der Klägerin ist. Sie weist vielmehr selbst darauf hin, dass der im Streitfall maßgebliche Markt sehr transparent ist und alle Marktteilnehmer aus Fachleuten bestehen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht in der - dem Fachverkehr bekannten - Beteiligung von Mitarbeitern der Pharmaindustrie bei der Erstellung der RPM 1860 durch die Klägerin einen besonderen Umstand gesehen hat, der besondere Gütevorstellungen in Bezug auf das Produkt der Klägerin wecken kann. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann in der Verwendung des Begriffs des "Industriestandards" nicht stets die Beschreibung einer gemeinfreien, keinem Hersteller zuzuordnenden Norm gesehen werden. Das Berufungsgericht ist vielmehr ersichtlich davon ausgegangen, dass die Klägerin ihr Produkt RPM 1860 durch ihre wettbewerbliche Leistung, zu der auch die Einbindung von Mitarbeitern der Pharmaindustrie und die damit verbundene Nutzung des dort vorhandenen Know-hows gehört, im Markt durchgesetzt hat.
ee) Die Revision der Beklagten macht ferner geltend, das Berufungsge56 richt habe verfahrensfehlerhaft das von der Beklagten beantragte Sachverständigengutachten nicht eingeholt, mit dem der Nachweis habe erbracht werden sollen, dass die Segmentstruktur der Klägerin ausschließlich durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte vorgegeben gewesen sei, weshalb der Leistung bei weitgehend vorgegebenen Gestaltungselementen jegliche schöpferische Individualität fehle. Damit kann sie nicht durchdringen. Die von der Beklagten unter Beweis gestellte Tatsache ist nicht entscheidungserheblich. Der von der Revision der Beklagten insoweit in Bezug genommene Beweisantritt ist im Hinblick auf die Frage erfolgt, ob der Klägerin Ansprüche wegen Verletzung ihres Urheberrechts gemäß § 4 UrhG zustehen. Für die vorliegend maßgebliche Frage, ob dem Marktbericht RPM 1860 wettbewerbliche Eigenart im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF zukommt, ist keine schöpferische Individualität im Sinne von § 4 Abs. 2 UrhG erforderlich.
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ff) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht seine Beurteilung, dem als Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geltend gemachten Marktbericht RPM 1860 der Klägerin komme wettbewerbliche Eigenart im § 4 Nr. 9 UWG aF zu.
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(1) Voraussetzung für eine wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses ist, dass seine konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 21 - Femur-Teil; GRUR 2012, 1155 Rn. 19 - Sandmalkasten; GRUR 2016, 725 Rn. 15 - PippiLangstrumpf -Kostüm II). Die eine wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale müssen vom Kläger konkret vorgetragen und vom Tatrichter festgestellt werden. Diese Merkmale bestimmen nicht nur den wettbewerbsrechtlichen Schutzgegenstand und seinen Schutzumfang, sondern sind auch für die Feststellung einer Verletzungshandlung maßgeblich. Die Annahme einer Nachah- mung im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG setzt voraus, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD; BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Rn. 32 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen; BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 25 - Femur-Teil).
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Die für die Prüfung der wettbewerblichen Eigenart erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und ihre Würdigung liegen auf tatrichterlichem Gebiet (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Rn. 31 = WRP 2007, 537 - Stufenleitern). Sie sind in der Revisionsinstanz jedoch daraufhin zu überprüfen, ob die Beurteilung des Berufungsgerichts von seinen getroffenen Feststellungen getragen wird. Hierzu muss das Berufungsurteil eine revisionsrechtlich nachprüfbare Begründung enthalten. Erforderlich ist vor allem , dass der für die Feststellung der Schutzfähigkeit entscheidende Gesamteindruck einer Gestaltung, die ihn tragenden einzelnen Elemente sowie die die Besonderheit des nachgeahmten Produkts ausmachenden Elemente nachvollziehbar dargelegt werden, um eine revisionsrechtliche Prüfung zu ermöglichen (vgl. zum Parallelproblem der Feststellung der Urheberrechtsschutzfähigkeit BGH, GRUR 2015, 1189 Rn. 47 - Goldrapper). Diesen Anforderungen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht.
(2) In seinem im vorliegenden Verfahren ergangenen Urteil hat das Beru60 fungsgericht keine Ausführungen zu den die wettbewerbliche Eigenart begründenden Umständen gemacht. Hinreichend konkrete, eine revisionsrechtliche Prüfung ermöglichende Feststellungen ergeben sich auch nicht aus dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil, das im Vorprozess der Klägerin gegen die PI AG ergangen ist. Zwar lässt sich dem Urteil des Vorprozesses entnehmen, dass das Berufungsgericht dort die wettbewerbliche Eigenart des RPM 1860 aus der diesem Marktbericht zugrundeliegenden Segmentstruktur
gefolgert hat. Ferner ergibt sich aus dem Urteil, dass das Berufungsgericht dort die besondere, den wettbewerbsrechtlichen Schutz begründende Leistung der Klägerin in der konkreten Segmentanordnung, das heißt in der die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigenden und gewichtenden genauen geografischen Abgrenzung der verschiedenen Segmente gesehen hat. Dementsprechend hat es auch die in der Einbeziehung von Vertretern der pharmazeutischen Industrie liegende Besonderheit darin gesehen, dass diese ihr Know-how zu den besonderen Verhältnissen vor Ort in die konkrete geografische Segmentaufteilung eingebracht haben. In dieser besonderen, die konkreten Gegebenheiten vor Ort berücksichtigenden und sich deshalb von einer bloßen Orientierung an Postleitzahlgebieten abhebenden geografischen Segmentierung hat das Berufungsgericht auch den für die Zubilligung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sprechenden schutzwürdigen Besitzstand der Klägerin gesehen.
Die nach diesen Maßstäben von der Klägerin tatsächlich erarbeitete geo61 grafische Segmentstruktur lässt sich jedoch weder dem vorliegend zu überprüfenden Berufungsurteil selbst entnehmen noch ergibt sich diese aus den dort in Bezug genommenen Passagen des im Vorprozess ergangenen Urteils. Das Berufungsurteil selbst enthält keine Feststellungen zu den geografischen Grenzen der einzelnen Segmente des RPM 1860. Die Revision der Beklagten rügt mit Recht, dass sich diese geografischen Grenzen auch nicht aus der vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Anlage A zum Schriftsatz vom 3. Januar 2001 ergeben. Diese Anlage gibt nach ihrem Deckblatt den "RPM 1860 aus 2000" wieder und enthält eine Tabelle, aus der sich zwar Ortsangaben wie beispielswiese die hintereinander aufgeführten Eintragungen "KIEL SUED" und "KIEL OST" entnehmen lassen. Die konkrete geografische Abgrenzung dieser Segmente ist dort aber nicht ersichtlich. Es kann deshalb anhand der Anlage A nicht nachvollzogen werden, ob und in welchem Umfang eine besondere, die konkreten Gegebenheiten vor Ort berücksichtigende und sich deshalb von einer
bloßen Orientierung an Postleitzahlgebieten abhebende geografische Segmentierung vorliegt, aufgrund deren das Berufungsgericht eine wettbewerbliche Eigenart des RPM 1860 angenommen hat. Auf weitere Anlagen nimmt das Berufungsurteil zur Konkretisierung der Segmentstruktur der Klägerin nicht Bezug. Das von ihm in Bezug genommene Urteil des Vorprozesses lässt ebenfalls keine Feststellungen zu der konkreten geografischen Abgrenzung der Segmente des RPM 1860 und den dabei berücksichtigten besonderen Gegebenheiten erkennen.
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gg) Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Überprüfung auch deshalb nicht stand, weil es keine Feststellungen zum Grad der von ihm angenommenen wettbewerblichen Eigenart des RPM 1860 enthält. Dem in Bezug genommenen Urteil im Vorprozess lassen sich dazu ebenfalls keine hinreichenden Feststellungen entnehmen. Feststellungen zum Grad der wettbewerblichen Eigenart sind jedoch erforderlich. Die Frage, ob der Tatbestand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes erfüllt ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats von einer Abwägung der einander widerstreitenden Interessen und der Prüfung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen ab (vgl. nur BGH, GRUR 2013, 951 Rn. 14 - Regalsystem , mwN).
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f) Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten ferner gegen die Annahme einer Nachahmung gemäß § 4 Nr. 9 aF UWG.
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aa) Für die Annahme einer unlauteren Handlung gemäß § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG ist Voraussetzung, dass der Inanspruchgenommene Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind. Eine Nachahmung setzt zunächst voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt war. Liegt diese Kenntnis nicht vor, sondern handelt es sich bei der angegriffenen Ausführung um eine selbständige Zweitentwicklung , ist eine Nachahmung schon begrifflich ausgeschlossen (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - I ZR 179/05, GRUR 2008, 1115 Rn. 24 = WRP 2008, 1510 - ICON; Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 68 - Biomineralwasser). Außerdem muss das Produkt oder ein Teil davon mit dem Originalprodukt übereinstimmen oder ihm zumindest so ähnlich sein, dass es sich nach dem jeweiligen Gesamteindruck in ihm wiedererkennen lässt (BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 29 ff. - Handtaschen; GRUR 2015, 1214 Rn. 78 - Goldbären ). Weitere Voraussetzung des Angebots einer Nachahmung ist, dass die fremde Leistung ganz oder teilweise als eigene Leistung angeboten wird (BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 18 - Pippi-Langstrumpf-Kostüm II, mwN). Das Merkmal der Nachahmung korreliert zudem mit der wettbewerblichen Eigenart (vgl. Leistner in Großkomm.UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 138). Eine Nachahmung im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF setzt voraus, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD; GRUR 2007, 795 Rn. 32 - Handtaschen; GRUR 2010, 1125 Rn. 25 - Femur-Teil vgl. oben unter B I 4 e ff (1)). Aufgrund der Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart ausmachen, muss schließlich der Grad der Nachahmung festgestellt werden. So sind bei einer (nahezu) unmittelbaren Übernahme geringere Anforderungen an die Unlauterkeitskriterien zu stellen als bei einer lediglich nachschaffenden Übernahme (BGHZ 141, 329, 341 - Tele-Info-CD; BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Rn. 36 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege ; BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 36 - Exzenterzähne; Ohly in Ohly/ Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 4 Rn. 3/47 ff.; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.69). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen des Berufungsgerichts in mehrfacher Hinsicht nicht.
bb) Das Berufungsgericht hat nicht nachvollziehbar festgestellt, ob das
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Produkt der Beklagten oder ein Teil davon mit dem Originalprodukt übereinstimmt oder ihm zumindest so ähnlich ist, dass es sich nach dem jeweiligen Gesamteindruck in ihm wiedererkennen lässt.
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(1) Dem Berufungsurteil ist bereits nicht zu entnehmen, von welcher konkreten Verletzungsform das Berufungsgericht ausgegangen ist. Der Verbotsausspruch nimmt auf kein konkretes Produkt der Beklagten Bezug. Dasselbe gilt für die Begründung des Berufungsurteils. Insbesondere findet sich dort keine Bezugnahme auf einen zu den Gerichtsakten gereichten konkreten Marktbericht der Beklagten, der als Gegenstand des Verbots in Betracht kommt. Die Ausführungen in den Urteilsgründen in diesem Zusammenhang sind unklar. So ist teilweise davon die Rede, dass die Beklagte eine Datenbank in der "4.000erStruktur (mit den konkret verwendeten Segmentzahlen zwischen 3.800 und 4.000)" verwendet. An anderer Stelle geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Beklagte Marktberichte "in der 3.863er-Struktur" und eine "Struktur mit ca. 3.900 Segmenten" liefere. Die Bezugnahme auf die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils lassen ebenfalls nicht erkennen, von welcher konkreten Verletzungsform das Berufungsgericht ausgegangen ist. Auch dort finden sich keine entsprechenden Feststellungen.
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Gleiches gilt im Hinblick auf das vom Berufungsgericht in Bezug genommene Urteil des Vorprozesses. Diesem Urteil lassen sich keine hinreichenden Feststellungen zur im Streitfall maßgeblichen konkreten Verletzungsform entnehmen. Dem Vorprozess lag das Angebot eines von der PI AG unmittelbar übernommenen Marktberichts der Klägerin zugrunde. Das dortige Urteil betraf mithin ein zwischen teilweise unterschiedlichen Parteien geführtes Verfahren mit einem anderen Verletzungsgegenstand.
(2) Hinreichende Feststellungen zu der Frage, ob das Produkt der Beklag68 ten oder ein Teil davon mit dem Originalprodukt übereinstimmt oder ihm zumindest so ähnlich ist, dass es sich nach dem jeweiligen Gesamteindruck in ihm wiedererkennen lässt, liegen nicht deswegen vor, weil das Berufungsgericht von einer Rückführbarkeit der Segmentstruktur der Beklagten in die 1860erSegmentstruktur der Klägerin ausgegangen ist.
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Das Berufungsgericht hat angenommen, das Modell der Beklagten entspreche zwar nicht der von der Klägerin vertriebenen Segmentgestaltung; es lasse sich aber hierauf zurückführen. Die Beklagte habe ihre eigene Struktur unter Verwendung der ihr vorliegenden Kopie der Struktur der Klägerin dergestalt entwickelt, dass sie verschiedene Segmente der 1860er-Struktur der Klägerin in kleinere Einheiten aufgeteilt habe. Damit handele es sich bei dem Produkt der Beklagten um eine durch bloße Teilung von Segmenten geschaffene Ableitung des RPM 1860. Letztlich sei der RPM 1860 1:1 in dem Produkt der Beklagten enthalten. Die Teilung könne durch eine Konvertierungstabelle wieder rückgängig gemacht werden.
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Diesen Ausführungen lässt sich nicht entnehmen, dass sich die in Rede stehenden Produkte in ihrem Gesamteindruck derart ähneln, dass sich der Marktbericht der Klägerin in dem Marktbericht der Beklagten wiedererkennen lässt. Der vom Berufungsgericht als maßgeblich erachtete Gesichtspunkt einer möglichen Konvertierung - also der Umwandlung eines Dateiformates in ein anderes mittels einer Software - ist ein technischer Aspekt, der den Produkten der Parteien selbst nicht ohne weiteres zu entnehmen ist. Es ist auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht auszuschließen , dass ohne eine erst durch den Kunden selbst noch vorzunehmende Umwandlung gerade keine Ähnlichkeit zwischen den Produkten selbst besteht.
Ob die Beklagte mit einer Konvertierungsmöglichkeit geworben oder den
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angegriffenen Marktbericht zusammen mit einer Konvertierungssoftware oder einer Anleitung zur Konvertierung angeboten hat, kann für die Prüfung des Merkmals der Nachahmung auf sich beruhen. Das Vorliegen einer Nachahmung kann bei nach ihrem Gesamteindruck unähnlichen Produkten nicht allein auf Begleitumstände bei der Vermarktung oder des Angebots gestützt werden. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gemäß § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.23; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 3/30; Sambuc in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 48). Es geht um den Schutz der in dem Produkt selbst verkörperten wettbewerblichen Leistung des Herstellers gegen eine Nachahmung der Produktgestaltung durch einen Mitbewerber, sofern bestimmte Unlauterkeitsmerkmale hinzukommen. Die außerhalb der Gestaltung liegenden Begleitumstände der Vermarktung des Produkts können erst auf der der Nachahmungsprüfung nachgelagerten Ebene der Unlauterkeitsmerkmale erheblich werden, etwa bei der Frage, ob einer Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 3 Buchst. a UWG durch deutlich angebrachte unterschiedliche Herkunftshinweise entgegengewirkt (vgl. BGH, GRUR 2015, 603 Rn. 36 - Keksstangen, mwN) oder sie gefördert wird (BGH, GRUR 2007, 339 Rn. 19, 33 - Stufenleitern; Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 114) oder bei der Frage, ob eine anlehnende Bezugnahme als Voraussetzung einer Rufausbeutung gemäß § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG begründet (vgl. Sambuc in Harte /Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 130) oder ausgeschlossen wird (BGH, GRUR 2010, 1125 Rn. 42 - Femur-Teil, mwN).
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cc) Dem Berufungsurteil lassen sich zudem keine hinreichend konkreten, eine revisionsrechtliche Prüfung ermöglichende Feststellungen dazu entnehmen , ob und in welchem Umfang die Beklagte in ihrem Produkt gerade solche Segmentabgrenzungen vorgenommen hat, die die wettbewerbliche Eigenart des Marktberichts RPM 1860 der Klägerin begründen.
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Insoweit wirkt sich erneut der Umstand aus, dass das Berufungsgericht keine konkreten Feststellungen dazu getroffen hat, welche geografischen Segmentabgrenzungen die wettbewerbliche Eigenart des Produkts der Klägerin ausmachen. Das Berufungsgericht hat demgemäß auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass sich diese die wettbewerbliche Eigenart des Marktberichts der Klägerin ausmachenden Segmentabgrenzungen auch in dem Produkt der Beklagten wiederfinden. Solche Feststellungen waren nicht deswegen entbehrlich , weil im Streitfall eine (nahezu) identische Übernahme anzunehmen ist. Das Berufungsgericht hat vielmehr gerade festgestellt, dass das streitgegenständliche Segmentmodell der Beklagten der Segmentgestaltung der Klägerin nicht entspricht. Es ist ferner davon ausgegangen, dass der angegriffene Marktbericht der Beklagten zwischen 3.800 und 4.000 Segmente aufweist. Es hat außerdem angenommen, dass die Beklagte ihre Segmentstruktur durch eine Teilung der Segmente des RPM 1860 geschaffen hat, und zwar dergestalt, dass teilweise aus einem Segment der Klägerin zwei oder mehr Segmente gebildet wurden. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte die geografischen Segmentgrenzen abweichend von der Segmentstruktur der Klägerin festgelegt hat. Da das Berufungsgericht aber gerade in der konkreten Festlegung der geografischen Segmentgrenzen unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und des Know-how der in die Festlegung eingebundenen Mitarbeiter der Pharmaindustrie die Leistung der Klägerin gesehen hat, die eine wettbewerbliche Eigenart begründet, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts die Intensität der Übernahmen nicht bestimmen.
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dd) Das Berufungsgericht hat auch selbst keine Feststellungen zum Grad der von ihm angenommenen Übernahme getroffen. Damit fehlt eine für die Prüfung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen notwendige Feststellung.
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ee) Angesichts der vorstehend dargestellten Rechtsfehler bei der Prüfung der Verletzungshandlung kommt es auf die weiteren Rügen der Revision der Beklagten nicht mehr an, die sich vor allem gegen die Annahme einer "1:1Rückführbarkeit" der Segmentstruktur der Beklagten in die Segmentstruktur der Klägerin und die Verneinung einer selbständigen Eigenentwicklung der Beklagten richten und mit denen die Revision der Beklagten eine Vielzahl von Gehörsverstößen und anderen Verstößen gegen das Verfahrensrecht geltend macht.
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g) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision der Beklagten auch nicht stand, soweit es vom Vorliegen eines Unlauterkeitstatbestands im Sinne von § 4 Nr. 9 UWG aF ausgegangen ist.
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aa) Da im Interesse der Wettbewerbsfreiheit vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit auszugehen ist (vgl. BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 51 - Handtaschen ; GRUR 2008, 1115 Rn. 32 - ICON; BGHZ 194, 314 Rn. 68 - Biomineralwasser ; BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 9/12, GRUR 2013, 1213 Rn. 63 = WRP 2013, 1620 - SUMO; BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 18 - PippiLangstrumpf -Kostüm II), begründet das Vorliegen einer Nachahmung für sich genommen nicht die Unlauterkeit im Sinne des § 4 Nr. 9 UWG aF und § 4 Nr. 3 UWG. Erforderlich ist, dass darüber hinaus ein Unlauterkeitstatbestand erfüllt ist. Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, im Streitfall rechtfertige sich die Zubilligung von Ansprüchen aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz aus dem Gesichtspunkt der Behinderung, obwohl dieser Unlauterkeitstatbestand nicht in der Aufzählung der Fallgruppen gemäß § 4 Nr. 9 UWG aF enthalten ist. Diese Beurteilung ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
bb) Allerdings ist der Senat bislang davon ausgegangen, dass die An78 nahme von Unlauterkeitsmerkmalen nicht auf die in § 4 Nr. 9 Buchst. a bis c UWG aF ausdrücklich geregelten Tatbestände beschränkt ist, sondern in Ausnahmefällen auch eine Behinderung im Rahmen des § 4 Nr. 9 UWG aF in die wettbewerbsrechtliche Bewertung einbezogen werden kann (BGH, GRUR 2007, 795 Rn. 51 - Handtaschen; GRUR 2008, 1115 Rn. 32 - ICON; GRUR 2013, 1213 Rn. 63 - SUMO).
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Daran hält der Senat nicht fest. Die Behinderung ist vom Gesetzgeber mit der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des UWG vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414, 1415) in § 4 Nr. 10 UWG als eigenständiger Unlauterkeitstatbestand geregelt und unverändert in die Bestimmung des § 4 Nr. 4 UWG 2015 übernommen worden. Im Interesse einer systematisch klaren Abgrenzung der in § 4 UWG geregelten Tatbestände ergeben sich die unter dem Gesichtspunkt der Behinderung maßgeblichen Unlauterkeitsvoraussetzungen allein aus § 4 Nr. 4 UWG und der zu § 4 Nr. 10 UWG aF ergangenen Rechtsprechung des Senats. Damit sind keine Rechtsschutzlücken verbunden. Insbesondere kommt die für den Tatbestand des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes anerkannte Möglichkeit der dreifachen Schadensberechnung auch in Betracht, wenn eine Nachahmung von Waren und Dienstleistungen die Voraussetzungen der Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG erfüllt (aA Köhler in Köhler /Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.63 und 4.209, ders. § 9 Rn. 1.36b; Wiebe in MünchKomm.UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 224). In einem solchen Fall geht es ebenfalls um den Eingriff in eine schützenswerte wettbewerbliche Marktposition des Mitbewerbers, der den in § 4 Nr. 3 UWG geregelten Tatbeständen vergleichbar ist (vgl. zu einer auch durch Erwägungsgrund 13 Satz 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums nahegelegten großzügigen Anwendung der dreifachen Schadensberechnung auch Schaub in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 34 Rn. 20b; Fritsche in MünchKomm.UWG aaO § 9 Rn. 91; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 9 Rn. 1.36; Koch in juris-PK-UWG, 4. Aufl., § 9 Rn. 73).
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cc) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme einer Behinderung gemäß § 4 Nr. 10 UWG aF und § 4 Nr. 4 UWG.
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(1) Mit Recht rügt die Revision der Beklagten, das Berufungsgericht habe eine Behinderung zwar pauschal angenommen, die für dieses Merkmal erforderlichen konkreten Umstände aber nicht festgestellt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe ein wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der Behinderung zu. Es hat dies jedoch nicht näher begründet , sondern lediglich auf sein Urteil im Vorprozess Bezug genommen. Dort hatte es eine Behinderung damit begründet, die PI AG habe durch die unmittelbare Übernahme der gesamten Segmentstruktur der Klägerin beabsichtigt, ohne eigenen Aufwand an Zeit, Kosten und Mitteln in einen von der Klägerin erschlossenen Markt einzudringen und sich an den guten Ruf der Produkte der Klägerin durch Übernahme einer identischen Kodierung und Segmentierung anzulehnen. Die Bezugnahme auf diese Ausführungen genügt bereits deshalb nicht den Anforderungen an eine verfahrensfehlerfreie Feststellung des Unlauterkeitsmerkmals der Behinderung, weil es im Streitfall - anders als im Vorprozess - nicht um eine unmittelbare Übernahme der Segmentstruktur des RPM 1860 der Klägerin geht. Die Beklagte hat vielmehr ein Produkt angeboten, dass nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwischen 3.800 und 4.000 Segmente aufweist und von den Kunden der Beklagten allenfalls nach einer Konvertierung in gleicher Weise wie das Produkt der Klägerin eingesetzt werden kann.
(2) Eine wettbewerbsrechtlich relevante Behinderung setzt voraus, dass
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die wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgehend eingeschränkt werden und zusätzlich bestimmte Unlauterkeitsmerkmale vorliegen (vgl. zu § 4 Nr. 10 UWG aF BGH, Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12, GRUR 2014, 785 Rn. 23 = WRP 2014, 839 - Flugvermittlung im Internet). Solche Umstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Der von der Klägerin vorgetragene und im landgerichtlichen Urteil erwähnte Umstand, dass sie infolge der Vermarktung des Produkts der Beklagten ihre Preise habe senken müssen, reicht für sich genommen nicht aus. Eine solche Preissenkung kann die Folge eines wettbewerbsrechtlich erwünschten lauteren Wettbewerbs sein.
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dd) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Klägerin kann auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kein Verstoß gegen § 4 Nr. 9 UWG Buchst. b aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung angenommen werden.
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(1) Wer eine Ware anbietet, die eine Nachahmung der Erzeugnisse eines Mitbewerbers darstellt, handelt nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG unlauter, wenn er die Wertschätzung der nachgeahmten Ware unangemessen ausnutzt. Davon kann im Streitfall nach den bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden.
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(2) Eine unlautere Rufausnutzung unter dem Gesichtspunkt der Täuschung der Fachkreise über die Herkunft des Produkts der Beklagten (vgl. dazu BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 37 - Einkaufswagen III) kann nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat keine Umstände festgestellt, die für eine Herkunftstäuschung sprechen könnten. Abweichendes macht auch die Revisionserwiderung der Klägerin nicht geltend.
(3) Eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b UWG
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unlautere Rufausnutzung kann allerdings auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen. Dafür ist eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erforderlich. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung im Sinne von § 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 1 UWG aF und § 4 Nr. 3 Buchst. b Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten , bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht es für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (BGH, GRUR 2013, 1052 Rn. 38 - Einkaufswagen III; GRUR 2015, 909 Rn. 40 - Exzenterzähne).
Auch diese Voraussetzungen können auf der Grundlage der vom Beru87 fungsgericht getroffenen Feststellungen nicht bejaht werden. Dem Berufungsurteil sind keine Feststellungen zum Ruf des Produkts der Klägerin sowie zum Grad einer möglichen Anlehnung hieran durch das Produkt der Beklagten zu entnehmen.

h) Die Revision der Beklagten rügt ferner zutreffend, dass das Berufungs88 gericht die bei der Prüfung des § 4 Nr. 9 UWG aF erforderliche Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen Unlauterkeitsmerkmalen nicht vorgenommen hat.

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5. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Annahme einer zeitlichen Begrenzung des Unterlassungsanspruchs gemäß § 4 Nr. 9 UWG aF durch das Berufungsgericht.
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a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der gemäß § 4 Nr. 9 UWG aF zunächst entstandene Unterlassungsanspruch der Klägerin sei durch Zeitablauf unbegründet geworden. Die zeitliche Befristung von Ansprüchen aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz hänge von den Umständen ab. Die Klägerin habe sich im Streitfall auf den Gesichtspunkt der Behinderung wegen unmittelbarer Leistungsübernahme gestützt, so dass der Schutz ihrer Investitionen im Mittelpunkt stehe. Vor diesem Hintergrund sei aufgrund der gesetzlichen Wertungen zum Schutz des geistigen Eigentums, wonach geistige Schöpfungen nur für typisierte Amortisationszeiträume geschützt seien, eine zeitliche Begrenzung des Schutzes von Investitionen durch das Wettbewerbsrecht geboten. Im Streitfall sei nach den Umständen eine Schutzdauer von längstens zehn Jahren ausreichend , aber auch erforderlich. Für den Beginn der Schutzfrist sei auf die im Jahr 1993 geschaffene 1845er Struktur der Klägerin abzustellen. Die in den Jahren 1995 und 1998 vorgenommenen Änderungen, die zur 1860er Struktur geführt hätten, seien nicht wesentlich gewesen. Die Schutzfrist habe damit zum 31. Dezember 2003 geendet. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

b) Allerdings bestehen Ansprüche unter dem Gesichtspunkt des lauter91 keitsrechtlichen Nachahmungsschutzes nicht ohne weiteres zeitlich unbegrenzt (BGH, Urteil vom 14. Januar 1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 754 = WRP 1999, 816 - Güllepumpen; Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 64/00, GRUR 2003, 356, 358 = WRP 2003, 500 - Präzisionsmessgeräte; Urteil vom 15. Juli 2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 943 = WRP 2004, 1498 - Metallbett). An-
ders als beim Sonderrechtsschutz bestehen beim wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz keine festen zeitlichen Grenzen. Der lauterkeitsrechtliche Nachahmungsschutz ist nach Schutzweck, Voraussetzungen und Rechtsfolgen anders als die Sonderschutzrechte ausgestaltet. Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses können unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Schutzrecht gegeben sein, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 23 - Exzenterzähne, mwN). Eine Parallelwertung zu den Sonderschutzrechten mit dem Ziel, auch für den lauterkeitsrechtlichen Leistungsschutz generell feste zeitliche Grenzen einzuführen, kommt nicht in Betracht (BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.70).

c) Eine zeitliche Begrenzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschut92 zes ergibt sich allerdings daraus, dass der wettbewerbsrechtliche Nachahmungsschutz nur solange andauert, als die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses fortbesteht und die besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände nicht weggefallen sind (BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen ; GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 3.70; Ohly in Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 3/81; Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 193; Wiebe in MünchKomm.UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 252; Leistner in GK.UWG, 2. Aufl., § 4 Rn. 226; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-9 Rn. 121; Ullmann in juris-PK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn. 75, 79).

d) Bestehen diese Voraussetzungen des wettbewerbsrechtlichen Nach93 ahmungsschutzes fort, kommt eine zeitliche Begrenzung der sich daraus ergebenden Ansprüche nicht in Betracht (BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen ; GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - I ZR 30/02, BGHZ 161, 204, 213 - Klemmbausteine III; vgl. auch
Sambuc in Harte/Henning aaO § 4 Nr. 9 Rn. 193 ff.; Ullmann in juris-PK-UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 75).
aa) Bei dem in § 4 Nr. 3 UWG geregelten Nachahmungsschutz gegen un94 lauteres Verhalten ist nicht allein die Ausnutzung eines fremden Leistungsergebnisses und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Möglichkeit des Herstellers des nachgeahmten Erzeugnisses anspruchsbegründend, die Entwicklungs - und Markterschließungskosten sowie einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sind vielmehr neben der Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers und damit besondere Begleitumstände , die außerhalb eines sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. nur BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 23 - Exzenterzähne, mwN). Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz besteht deshalb fort, solange die Merkmale des gesetzlichen Tatbestands vorliegen, das heißt solange die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Erzeugnisses besteht und in unlauterer Weise ausgenutzt wird (BGH, GRUR 2003, 356, 358 - Präzisionsmessgeräte; Ullmann in juris-PK-UWG aaO § 4 Nr. 9 Rn. 75). Ist dies der Fall, besteht kein Anlass zur Übertragung zeitlicher Grenzen aus dem Bereich der Schutzrechte auf den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.
bb) Allerdings hat der Senat in eng begrenzten Fällen, in denen das Lau95 terkeitsrecht ausnahmsweise den Schutz einer Leistung als solcher zum Gegenstand hat, eine - an den für diese Leistung vorgesehen sondergesetzlichen Fristen orientierte - zeitliche Begrenzung erwogen. So hat der Senat im Hinblick auf den nach der älteren Rechtsprechung zugebilligten Schutz gegen ein "Einschieben in eine fremde Serie" angenommen, dass Ansprüche nach dieser Fallgruppe - unabhängig davon, ob an ihr überhaupt festzuhalten ist - jedenfalls mit Orientierung an die im Patentrecht, im Gebrauchsmusterrecht und im Designrecht sondergesetzlich vorgesehenen Fristen für den Schutz von technisch
gestalteten Spielzeugbausteinen zeitlich zu begrenzen sind (BGHZ 161, 204, 213 - Klemmbausteine III). Außerdem hat der Senat unter der Geltung des § 1 UWG 1909 einen unmittelbaren Leistungsschutz im Hinblick auf die (nahezu) identische Nachahmung saisonbedingter, wettbewerblich und ästhetisch eigenartiger Modeerzeugnisse angenommen und diesen Schutz zeitlich im Regelfall auf die Saison begrenzt, in der das Erzeugnis auf den Markt gebracht worden ist (BGH, Urteil vom 19. Januar 1973 - I ZR 39/71, BGHZ 60, 168, 171 - Modeneuheit ; Urteil vom 10. November 1983 - I ZR 158/81, GRUR 1984, 453 f. = WRP 1984, 259 - Hemdblusenkleid; Urteil vom 6. November 1997 - I ZR 102/95, GRUR 1998, 477, 479 f. = WRP 1998, 377 - Trachtenjanker).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Für den wettbewerbs96 rechtlichen Leistungsschutz gegen die Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ist stets ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers erforderlich. Einen allgemeinen Schutz von Innovationen gegen Nachahmungen sieht das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht vor. Hinzukommen muss vielmehr ein lauterkeitsrechtlich missbilligtes Verhalten gemäß § 4 Nr. 3 oder Nr. 4 UWG. Anspruchsbegründend sind in diesen Fällen nicht allein die Übernahme eines fremden Leistungsergebnisses und die damit einhergehende Beeinträchtigung der Möglichkeit des Herstellers des nachgeahmten Erzeugnisses , die Entwicklungs- und Markterschließungskosten sowie einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Voraussetzung des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes sind vielmehr neben der Nachahmung eines wettbewerblich eigenartigen Produkts ein unlauteres Verhalten des Mitbewerbers und damit besondere Begleitumstände, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (vgl. nur BGH, GRUR 2015, 909 Rn. 23 - Exzenterzähne, mwN). Dadurch werden keine Schutzlücken eröffnet. Für Modeneuheuten besteht seit Geltung der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung die Möglichkeit eines dreijährigen Schutzes aufgrund eines nicht eingetragenen Ge-
meinschaftsgeschmacksmusters nach Art. 11 Abs. 1 GGV. Für einen zusätzlichen Schutz von Modeneuheiten besteht kein Bedürfnis. Gleiches gilt für die Fallgruppe des Einschiebens in eine fremde Serie, deren Anwendung auf wenige Einzelfälle beschränkt geblieben ist. Hier bieten die bestehenden gewerblichen Schutzrechte, insbesondere der Schutz durch eine dreidimensionale Warenformmarke , durch ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster, ausreichende Schutzmöglichkeiten. Für einen weitergehenden Schutz eines reinen Leistungsergebnisses durch die Fallgruppe des Einschiebens in eine fremde Serie nach dem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz besteht kein Anlass mehr.
Die Frage, ob auch nach der Reformierung des Gesetzes gegen den un97 lauteren Wettbewerb ein unmittelbarer Leistungsschutz nach der Generalklausel des § 3 Abs. 1 UWG gewährt werden kann, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - I ZR 60/09, BGHZ 187, 255 Rn. 19 - Hartplatzhelden.de; BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 24 f. - PippiLangstrumpf -Kostüm II). Die Frage muss auch im Streitfall nicht beantwortet werden. Ein die Wettbewerbsfreiheit und damit auch die Interessen der Allgemeinheit sowie die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Beklagten (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) einschränkendes wettbewerbsrechtliches Leistungsschutzrecht gemäß § 3 Abs. 1 UWG kommt allenfalls bei einem überwiegenden Interesse der Klägerin in Betracht (vgl. BGHZ 187, 255 Rn. 25 - Hartplatzhelden.de; BGH, GRUR 2016, 725 Rn. 25 - Pippi-LangstrumpfKostüm II, mwN). Ein solches Interesse hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Es wird von der Revision der Klägerin nicht geltend gemacht und hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.

e) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
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Es hat eine zeitliche Begrenzung des Unterlassungsanspruchs angenommen, obwohl es davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen der wettbewerb- lichen Eigenart des RPM 1860 der Klägerin vorliegen und besondere Unlauterkeitsmerkmale des Tatbestands des wettbewerblichen Leistungsschutzes hinzutreten.
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II. Die Rechtsmittel der Parteien haben Erfolg, soweit sie gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Auskunftsantrag gerichtet sind.
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1. Allerdings kann entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten nicht angenommen werden, dass der Auskunftsantrag der Klägerin bereits deshalb unbegründet ist, weil er zur Vorbereitung des auf der zweiten Stufe gestellten Schadensersatzantrags dienen soll und das Berufungsgericht über den Schadensersatzantrag bereits rechtskräftig erkannt hat.
101
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin nicht auch insoweit zurückgewiesen, als diese gegen die Zurückweisung des auf der zweiten Stufe gestellten Schadensersatzantrags durch das Landgericht gerichtet war. Zwar lässt der Tenor des Berufungsurteils nicht ausdrücklich erkennen, dass über den in zweiter Stufe gestellten Schadensersatzantrag (noch) nichtentschieden worden ist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht die Beklagte auf die Berufung der Kläger zur Auskunftserteilung für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2003 verurteilt hat. Aus dem Tenor insgesamt und den zu seiner Auslegung heranzuziehenden Entscheidungsgründen lässt sich bei sachgerechter Würdigung entnehmen, dass das Berufungsgericht die Berufung der Kläger nur insoweit zurückgewiesen hat, als es dem Auskunftsantrag nicht bereits stattgegeben hat.
102
2. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten steht einem Auskunftsanspruch der Klägerin auch nicht entgegen, dass die Beklagte gegen einen möglichen Schadensersatzanspruch der Klägerin die Einrede des Kartellmissbrauchs erhoben hat. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass die Weigerung des Inhabers von Rechten des geistigen Eigentums an einer Datenbank, einem Mitbewerber eine Lizenz zur für dessen Produkt unerlässlichen Verwendung einer Bausteinstruktur einzuräumen, unter bestimmten Voraussetzungen ein Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV (vormals Art. 82 EG) sein kann (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Juli 2004 - C-418/01, Slg. 2004, I-5039 = GRUR 2004, 524 Leitsatz 2 und Rn.52 - IMS Health). Im Streitfall hat das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt, dass die Beklagte bei der Klägerin um eine Lizenz zur Nutzung der 1860erStruktur für den streitgegenständlichen Marktbericht mit einer Segmentanzahl zwischen 3.800 und 4.000 nachgesucht und die Klägerin die Erteilung einer solchen Lizenz verweigert hat. Die Revision der Beklagten macht auch nicht geltend, dass das Berufungsgericht insoweit Vorbringen der Beklagten übergangen hat. Es kann deshalb offenbleiben, ob diese Grundsätze auf Sachverhalte wie den vorliegenden überhaupt Anwendung finden können. Im Streitfall geht es nicht (mehr) um urheberrechtliche Ausschließlichkeitsrechte an einer Datenbank, sondern um Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz. Solche Ansprüche setzen voraus, dass der - ggf. um eine Lizenz nachsuchende - Wettbewerber ein Leistungsergebnis nicht nur nachahmt, sondern zusätzlich einen Unlauterkeitstatbestand erfüllt. Es kann kaum überzeugen, dass die Verweigerung einer Lizenz im Hinblick auf ein unlauteres Verhalten missbräuchlich sein kann. Im Streitfall kann die Frage allerdings offen bleiben.
103
3. Die gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung gerichtete Revision der Beklagten hat jedoch Erfolg, weil es für die Annahme eines Auskunftsanspruchs an einer tragfähigen Grundlage fehlt. Nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht von einem wettbewerbswidrigen Verhalten der Beklagten ausgegangen werden.
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4. Aus dem Vorstehenden folgt, dass auch die Beurteilung des Berufungsgerichts , der der Klägerin grundsätzlich zustehende Auskunftsanspruch sei zeitlich zu begrenzen, der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht standhält.
C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit es die allein
105
noch verfahrensgegenständlichen, auf Wettbewerbsrecht gestützten Anträge auf Unterlassung in der zweiten Variante und auf Auskunftserteilung betrifft (§ 562 Abs. 1 ZPO). Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen und der Nichtzulassungsbeschwerden der Parteien, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen.
106
D. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin: I. Im Rahmen des neu eröffneten Berufungsverfahrens wird das Beru107 fungsgericht im Hinblick auf den Auskunftsantrag den von der Revision der Beklagten geltend gemachten Rügen Rechnung zu tragen haben, mit denen diese beanstandet, der Antrag sei unklar und daher nicht hinreichend bestimmt, weil er - anders als der Unterlassungsantrag - nicht auf die Anlage A Bezug nehme und auch die auf die Teilung von Segmenten und die Rückführbarkeit auf die Segmentstruktur des RPM 1860 hinweisenden Formulierungen nicht enthalte. Zudem finde sich im Antrag nichts zu Art und Umfang der zu leistenden Auskunft.
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II. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Auskunftsanspruch in Bezug auf Handlungen verjährt ist, die vor dem 1. Januar 2001 begangen worden sind.
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1. Das Berufungsgericht hat angenommen, eine verjährungshemmende Maßnahme in Bezug auf den Auskunftsanspruch sei erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 14. Oktober 2004 erfolgt, in der der die Klage erweiternde Antrag auf Erteilung der Auskunft gestellt worden sei. Zwar habe die Klägerin diesen Antrag bereits in dem am 12. November 2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 11. November 2002 angekündigt. Dieser Schriftsatz sei der Beklagten jedoch mit Blick auf die Vorschrift des § 249 Abs. 2 ZPO nicht förmlich zugestellt worden, weil das Verfahren zu diesem Zeitpunkt wegen eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof der Europäischen Union ausgesetzt gewesen sei. Demnach sei der Auskunftsanspruch der Klägerin nicht verjährt, soweit er Schadensersatzansprüche aufgrund rechtsverletzender Handlungen betreffe, die in den drei vorausgegangenen Jahren, also ab dem 1. Januar 2001 erfolgt seien, während er für den vorhergehenden Zeitraum verjährt sei.
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2. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision der Klägerin macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 14. Oktober 2004 rügelos zur Sache verhandelt , so dass die fehlerhafte Zustellung der Klageerweiterung gemäß § 295 ZPO ex tunc als geheilt gelte und die Klageerweiterung bereits mit formloser Übersendung an die Beklagte im Jahr 2002 rechtshängig geworden sei. Entgegen der Ansicht der Revision der Klägerin hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 14. Oktober 2004 nicht rügelos auf die Klageerweiterung der Klägerin eingelassen. Die Beklagte hat vielmehr bereits mit Schriftsatz vom 29. September 2004 gerügt, dass die Klägerin ihre Klage mit Schriftsatz vom 11. November 2002 erweitert hat, obwohl das Verfahren zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Vorlagebeschlusses des Landgerichts ausgesetzt gewesen sei. Die Klageerweiterung sei deshalb nach § 249 Abs. 2 ZPO wirkungslos geblieben. Die Beklagte hat in dem Schriftsatz ferner der Klageän- derung ausdrücklich widersprochen und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat zudem ausweislich des Verhandlungsprotokolls des Landgerichts vom 14. Oktober 2004 auch in der mündlichen Verhandlung der Klageänderung ausdrücklich widersprochen.

Büscher Schaffert Koch
Löffler Feddersen

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 06.06.2008 - 2-3 O 629/00 -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 12.11.2013 - 11 U 48/08 -

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.

(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.

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3. Ist demnach für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz von einem Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG auszugehen, so folgt der Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Die Verpflichtung zum Schadensersatz ergibt sich aus § 9 Satz 1 UWG, der vorbereitende Auskunftsanspruch aus § 242 BGB. Herausgabe oder Vernichtung der Kundendaten kann mit dem Anspruch auf Beseitigung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG verlangt werden (vgl. BGH GRUR 2006, 1044 Tz. 17 – Kundendatenprogramm , m.w.N.). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) am 30. Dezember 2008 nicht geändert.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.

(2) Der Ersatzpflichtige kann den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

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Fällt den Beklagten ein Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG zur Last, hat die Klägerin unter dem Aspekt der Folgenbeseitigung (§ 249 Abs. 1 BGB) grundsätzlich ein schützenswertes Interesse daran zu erfahren, wem die Beklagten Betriebsgeheimnisse aus dem MOVICOL-Antrag der Klägerin angeboten haben. Sie wird dadurch in die Lage versetzt, diesen Dritten gegenüber gegebenenfalls richtigzustellen, dass die Beklagten dazu nicht berechtigt waren. Es besteht ferner die realistische Möglichkeit, dass Dritte durch das Angebot des MOVICOL-Antrags seitens der Beklagten davon abgehalten wurden, um eine Lizenz für Movicol bei der Klägerin nachzusuchen. Als Anspruchsgrundlage für die Klägerin kommt in diesem Zusammenhang auch § 687 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit §§ 681, 666 BGB in Betracht.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 1/01 Verkündet am:
3. April 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Reinigungsarbeiten

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas
anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag
einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen,
mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat.

b) Wird mit einem Antrag die Untersagung einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit
begehrt, stellt das Verbot eines Teils dieser geschäftlichen Tätigkeit
prozessual kein Minus zu dem gestellten Unterlassungsantrag dar, wenn
seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht
zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind.
BGH, Urt. v. 3. April 2003 - I ZR 1/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 1 wurde von der Beklagten zu 2, einem Beteiligungsunternehmen der Stadt D. , und der Beklagten zu 3, die ein bundesweit tätiges Reinigungsunternehmen ist, als Mitgesellschaftern mit gleichen Geschäftsanteilen aufgrund eines Gesellschaftsvertrages vom 14. April 1994 gegründet. Als Gegenstand ihres Unternehmens wurde in § 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. folgendes bestimmt:
"Gegenstand des Unternehmens sind hochwertige Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld. Das Unternehmen wird im Rahmen der Aufgaben der Stadt D. und ihrer eigenen Beteiligungsgesellschaften tätig. Darüber hinaus kann es in gleicher Art und Weise für andere Gebietskörperschaften und öffentliche Institutionen sowie deren Beteiligungsgesellschaften tätig werden, soweit die jeweilige Gebietskörperschaft oder öffentliche Institution oder eine ihrer Beteiligungsgesellschaften Gesellschafter dieses Unternehmens oder eines eigenen Beteiligungsunternehmens ist." Seit der Gründung der Beklagten zu 1 lassen die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen sämtliche bei ihnen anfallenden Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibung von der Beklagten zu 1 durchführen.
Die Klägerin, ein in D. ansässiges Reinigungsunternehmen, hat die Gründung der Beklagten zu 1 als kartellrechtswidrig beanstandet. Sie ist zudem der Ansicht, die gewerbliche Betätigung der Beklagten zu 1 sei mit den Schranken , die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. festzustellen, daß die zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, der D. Verkehrsgesellschaft AG, der Stadtwerke D. AG und der Stadt D. geschlossenen Verträge über Reinigungsleistungen in Ausführung des Gesellschaftsvertrages unwirksam sind; 3. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, weiterhin aufgrund und im Rahmen ihres Gesellschaftsvertrages tätig zu sein. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren teilweise weiterverfolgt hat.
Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht zuletzt beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 abzuändern und 1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. der Beklagten zu 1 zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Gebietskörperschaften und öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld dieser Tätigkeiten anzubieten oder solche Tätigkeiten auszuführen. Die Beklagten haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat in der Sache wie folgt entschieden:
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beklagten zu 1 wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu zwei Jahren, untersagt, der Beklagten zu 2 und/oder ihren Tochterunternehmen, nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, Dienstleistungen im Bereich der Gebäudereinigung anzubieten und/oder einen Auftrag der genannten Unternehmen zu solchen Diensten anzunehmen oder auszuführen, sofern 1. der Nettoauftragswert des jeweiligen Auftrags 200.000 rsteigt ; 2. die Voraussetzungen für eine Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3a Nr. 2 VOL/A (Abschn. 2), nämlich:
a) wenn in einem Offenen und einem Nichtoffenen Verfahren keine oder keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden ; der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist auf ihren Wunsch ein Bericht vorzulegen;
b) wenn es sich um die Lieferung von Waren handelt, die nur zum Zwecke von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen, Entwicklungen oder Verbesserungen hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produktes oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;
c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts (z.B. Patent-, Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann;
d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn aus zwingenden Gründen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, die Fristen gemäß § 18a VOL/A nicht eingehalten werden können. Die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sein;
e) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen zur laufenden Benutzung oder zur Erweiterung von Lieferungen oder be-
stehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unterneh- mens dazu führen würde, daß der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müßte und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch , Betrieb oder Wartung mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie die der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten;
f) für zusätzliche Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrundeliegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Dienstleistungen erforderlich sind, sofern der Auftrag an das Unternehmen vergeben wird, das diese Dienstleistung erbringt, wenn sich die zusätzlichen Dienstleistungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder wenn diese Dienstleistungen zwar von der Ausführung des ursprünglichen Auftrags getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind. Der Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Dienstleistungen darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;
g) bei neuen Dienstleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen bestehen, die durch den gleichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der entweder im Offenen oder Nichtoffenen Verfahren vergeben wurde. Die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muß bereits in der Ausschreibung des ersten Vorhabens angegeben werden; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom Auftraggeber für die Anwendung des § 1a Nr. 4 VOL/A berücksichtigt. Das Verhandlungsverfahren darf jedoch nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluß des ersten Auftrags angewandt werden;
h) wenn im Anschluß an einen Wettbewerb im Sinne des § 31a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A der Auftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muß. Im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden; nicht vorliegen, und 3. der Beauftragung seitens der Beklagten zu 2 und/oder ihrer Tochterunternehmen , nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG sowie der Stadtwerke D. AG, eine Vergabe im Wettbewerb nicht vorausgegangen ist oder nicht vorausgehen soll. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte zu 1, das Berufungsurteil auf- zuheben, soweit sie durch dieses beschwert ist, und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zu 1 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, der Berufungsantrag zu 2 der Klägerin (Untersagung des Anbietens und der Ausführens bestimmter Dienstleistungen gegenüber Gebietskörperschaften, öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften ) sei zum Teil nach § 1 UWG begründet.
Ein Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, die der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzten, liege allerdings nicht vor.
Die Beklagte zu 1 handele jedoch wettbewerbswidrig, weil sie einen Rechtsbruch der Beklagten zu 2 und deren Tochterunternehmen, der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, ausnutze. Es bestehe die ernstliche Gefahr, daß die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen auch künftig Dienstleistungsaufträge unter Mißachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen an die Beklagte zu 1 vergeben würden. Eine entsprechende Gefahr sei dagegen bei der Stadt D. oder anderen Gebietskörperschaften und
öffentlichen Institutionen, die künftig Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 werden könnten, nicht anzunehmen.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unter Mißachtung der Vergabevorschriften erfülle den Tatbestand des § 1 UWG. Die Beklagte zu 1 handele unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig, wenn sie dies zum eigenen Vorteil ausnutze. Die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen hätten seit 1994 alle Reinigungsaufträge an die Beklagte zu 1 ohne Rücksicht darauf vergeben, ob im Einzelfall eine öffentliche Ausschreibung geboten gewesen sei. Die Beklagte zu 1 habe zumindest billigend in Kauf genommen, dabei auch Aufträge zu erhalten, die öffentlich auszuschreiben gewesen wären.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei allerdings zu weit gefaßt. Die Klägerin könne sich nach § 1 UWG nur gegen die Vergabe von Reinigungsarbeiten an die Beklagte zu 1 wenden, da nur bezüglich solcher Dienstleistungen ein Wettbewerbsverhältnis mit dieser gegeben sei. Eine Begehungsgefahr bestehe zudem nur bei Aufträgen der Beklagten zu 2 und ihrer Tochtergesellschaften an die Beklagte zu 1. Insoweit sei der Beklagten zu 1 allerdings auch zu untersagen, bereits erhaltene Reinigungsaufträge auszuführen.
II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht der Klägerin etwas zugesprochen hat, was diese nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
1. Der Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts betrifft einen anderen Streitgegenstand als der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag.


a) Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urt. v. 18.7.2002 - III ZR 287/01, BGH-Rep 2002, 939, 940; Urt. v. 30.10.2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586; Beschl. v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, NJW 2003, 828, 829, für BGHZ vorgesehen ). Wenn ein Gericht seinem Urteilsausspruch einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Unterlassungsantrag begründet hat, entscheidet es deshalb (unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO) über etwas anderes (aliud) als beantragt ist (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 267). Dies hat das Berufungsgericht hier getan.

b) Die Klägerin hat mit ihrem Unterlassungsbegehren in beiden Tatsacheninstanzen jeweils einen einheitlichen prozessualen Anspruch geltend gemacht ; der im Berufungsverfahren gestellte Antrag war lediglich dem Umfang nach gegenüber dem Antrag vor dem Landgericht eingeschränkt. Ihren Klageantrag hat sie jeweils in zulässiger Weise (vgl. dazu BGHZ 143, 246, 250; BGH GRUR 2001, 755, 757 - Telefonkarte; MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 260 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 260 Rdn. 2) auf zwei verschiedene tatsächliche und rechtliche Begründungen gestützt. Zum einen hat sie die Ansicht vertreten, die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 sei kartellrechtswidrig, weil der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Reinigungsarbeiten vereinbart worden sei (§ 1 GWB). Zum anderen hat sie vor-
gebracht, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbsrechtlich unlauter, weil ihre Tätigkeit mit den kommunalrechtlichen Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht vereinbar sei.

c) Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorwurf, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbswidrig, weil sie sich von der Beklagten zu 2 und ihren Tochterunternehmen Aufträge für Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibungsverfahren erteilen lasse, betrifft demgegenüber einen von der Antragsbegründung der Klägerin im Kern verschiedenen weiteren Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 = WRP 1997, 83 - Kompetenter Fachhändler ; MünchKomm.ZPO/Lüke aaO § 263 Rdn. 14; vgl. auch Musielak/ Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rdn. 3). Diesen hat die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt.

d) Ein Unterlassungsantrag kann allerdings nicht nur - wie die Klägerin dies hier getan hat - auf verschiedene Begründungen gestützt werden; es ist auch möglich, daß mit ein und demselben Unterlassungsantrag mehrere Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 320 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung; vgl. weiter Köhler in Köhler/Piper aaO Vor § 13 Rdn. 267). Voraussetzung ist dafür allerdings, daß der Kläger zweifelsfrei deutlich macht, daß er mit seinem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdn. 5). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche pro-
zessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können. Im vorliegenden Fall kann aber ein dem Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts entsprechendes Klagebegehren der Klägerin schon deshalb nicht angenommen werden, weil es - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - an einem darauf gerichteten Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen fehlt.
Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift u.a. die Ansicht vertreten, die Gründung der Beklagten zu 1 und die ausschließliche Auftragsvergabe an diese verstoße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Sie hat aber in den Vorinstanzen aus diesem Vorbringen, das ihren Feststellungsantrag lediglich zusätzlich stützen sollte, kein selbständiges Unterlassungsbegehren hergeleitet. So weitgehende Unterlassungsanträge, wie sie die Klägerin im landgerichtlichen Verfahren und im Berufungsverfahren gestellt hat, hätten mit diesem Vorbringen auch offensichtlich nicht begründet werden können. Nach der Abweisung der Klage durch das Landgericht hat die Klägerin dementsprechend in ihrer Berufungsbegründung keine Ausführungen zu einer behaupteten Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften gemacht. Auch im weiteren Berufungsverfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die Klägerin in ihren Schriftsätzen nicht mehr auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Gründung der Beklagten zu 1 und die freihändige Auftragsvergabe an diese verstoße gegen Vergaberecht, zurückgekommen.
2. Das vom Berufungsgericht gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Verbot ist unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstandes auch kein Minus gegenüber dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag. Mit ihrem erstinstanzlichen Klageantrag hat die Klägerin begehrt, der Beklagten zu 1 eine geschäftliche Tätigkeit im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks vollständig
zu verbieten. Ihr Antrag im Berufungsverfahren war darauf gerichtet, der Be- klagten zu 1 einen Teil dieser Tätigkeit zu untersagen, nämlich näher bezeichnete Dienstleistungen (insbesondere im Bereich der Gebäudereinigung), wenn diese für Auftraggeber einer bestimmten Art (Gebietskörperschaften, öffentliche Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften) erbracht werden sollen. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist demgegenüber abhängig vom Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen, und zwar derjenigen gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Auftrag nur nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens erteilt werden kann. Ein solches Verbot bezieht sich zwar ebenfalls auf einen Teil der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1, kann aber prozessual nicht als Minus zu dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag behandelt werden, weil seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind (vgl. BAGE 76, 364, 377 = NJW 1995, 1044, 1047; BAG DB 1992, 434; BAG AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 93; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 202/00, WRP 2003, 534, 535 = MarkenR 2003, 105 - Mitsubishi

).


3. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt, daß die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; Urt. v. 10.12.2001 - II ZR 139/00, ZIP 2002, 396, 397 = WM 2002, 342).
Ebensowenig kommt eine Zurückverweisung in Betracht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, nunmehr einen Antrag zu stellen, der dem vom Be-
rufungsgericht ausgesprochenen Verbot entspricht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.11.1993 - IX ZR 229/92, NJW 1994, 442). Das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin einen solchen prozessualen Anspruch geltend machen wollte.
4. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Unterlassungsantrag , der darauf gestützt war, daß die Betätigung der Beklagten zu 1 kartellrechtswidrig und mit den Schranken, die der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden gesetzt sind, nicht vereinbar sei, ist vom Berufungsgericht - von der Klägerin nicht mit der Revision angegriffen - abgewiesen worden.
III. Auf die Revision war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil war insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert
63
VIII. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben , soweit es über Ansprüche aus der abstrakten Farbmarke DE 30 200 80 38 605 "Gold" entschieden hat, weil diese nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Dies stellt einen Verstoß gegen § 308 ZPO dar, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 1989 - VI ZR 183/88, NJW-RR 1989, 1087; Urteil vom 21. Juni 2001 - I ZR 245/98, GRUR 2002, 153, 155 = WRP 2002, 96 - Kinderhörspiele).
26
a) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten ; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 63 - Goldbären). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser; Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 18/14, GRUR 2016, 292 Rn. 11 = WRP 2016, 321 - Treuhandgesellschaft). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (vgl. BGH, Urteil vom 20. September 2007 - I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Rn. 56 = WRP 2007, 1461 - Kinder II; Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 26 = WRP 2011, 1454 - TÜV II; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 82/14, GRUR 2016, 810 Rn. 15 - profitbricks.es).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 78/16 Verkündet am:
11. Oktober 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tiegelgröße
MessEG § 43 Abs. 2; Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 Art. 20

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen die im Zivilprozess geltende Dispositionsmaxime
, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen auf Irreführung gestützten
Unterlassungsantrag einen Irreführungsaspekt zugrunde legt, den der Kläger nicht
schlüssig vorgetragen hat (Fortführung von BGH, GRUR 2017, 295 - Entertain).

b) Die Annahme einer Täuschung über die Füllmenge des Produkts durch die Gestaltung
der Größe der Umverpackung ("Mogelpackung") hängt davon ab, ob der Verkehr
nach den Umständen des Einzelfalls im Hinblick auf das konkret in Rede stehende
Produkt die Vorstellung hat, dass die Größe der Verpackung in einem angemessenen
Verhältnis zur Menge des darin enthaltenen Produkts steht.

c) Für die Fragen, welchen Grad seiner Aufmerksamkeit der Verbraucher einem Produkt
entgegenbringt und ob er nicht nur die Schauseite der Aufmachung, sondern
ebenfalls die an anderer Stelle angebrachten näheren Angaben wahrnehmen wird,
ist von Bedeutung, ob er seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von der Zusammensetzung
abhängig machen wird. Davon ist für eine Creme für die Gesichtspflege
regelmäßig auszugehen.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16 - OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2017:111017UIZR78.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 3. Zivilsenat - vom 25. Februar 2016 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 27. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.
1
Die Beklagte vertreibt kosmetische Hautpflegeprodukte. Zu ihrem Warensortiment gehören die Produkte "N. Vital Teint Optimal Anti-Age Tagespflege Soja" und "N. Vital Teint Optimal Anti-Age Nachtpflege Soja". Beide Produkte wurden im Jahr 2013 für jeweils ca. 10 € an den Endverbraucher verkauft, und zwar in einer Umverpackung, die 7 cm hoch war und in der auf der Höhe von 3 cm ein Boden aus Pappe ("Podest") eingezogen war. Auf diesem Boden stand ein 4 cm hoher, rund ausgeformter Tiegel, der die Gesichtscreme in einer Menge von 50 ml enthielt.
2
Die Füllmenge des Tiegels war auf der Verpackungsunterseite zutreffend mit 50 ml angegeben. Auf der rechten Seite der Umverpackung befand sich außerdem eine fotorealistische Abbildung des Cremetiegels in dessen natürlicher Größe mit dem Hinweis "Diese Produktabbildung entspricht der Originalgröße".


3
Die Klägerin sieht darin den Verkauf einer "Mogelpackung", der gegen § 7 Abs. 2 Eichgesetz (Geltung bis 31.12.2014) und § 43 Abs. 2 Mess- und Eichge- setz (Geltung ab 1. Januar 2015) sowie gegen das Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 UWG verstoße. Die Beklagte täusche eine größere Füllmenge vor, da sie Fertigverpackungen verwende, die äußerlich eine weitaus größere Füllmenge suggerierten. Der Verkehr sei - insbesondere auch bei den Produkten der Beklagten - daran gewöhnt, dass im Kosmetikbereich Tiegel in Fertigverpackungen angeboten würden, die der Originalgröße des Tiegels entsprächen. Die Verbrauchererwartung über die Füllmenge und die Tiegelgröße werde enttäuscht. Der Verbraucher erhalte einen Tiegel, der nur etwa halb so groß sei wie die Verpackung.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr kosmetische Pflegemittel anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, wenn die Verpackung eine Höhe von 7 cm aufweist und der in der Verpackung enthaltene Tiegel (mit Deckel) nur eine Höhe von 4 cm hat, wie nachstehend abgebildet, wenn dies geschieht wie aus den Anlagen K 3 und K 4 ersichtlich
5
Sie hat die Beklagte außerdem auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 219,35 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, Urteil vom 27. Januar 2015 - 312 O 51/14, juris). Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat zur Stattgabe der Klage geführt (OLG Hamburg, GRUR-RR 2016, 248 = WRP 2016, 612). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge unter dem Gesichtspunkt der
6
Irreführung gemäß § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
7
Zwar liege weder ein Verstoß gegen die zum Zeitpunkt der Klageerhebung und noch bis zum 31. Dezember 2014 geltende Vorschrift des § 7 Abs. 2 EichG noch gegen die seitdem maßgebliche Bestimmung des § 43 Abs. 2 MessEG vor. Die nach diesen Vorschriften erforderliche Täuschung über die Füllmenge sei nicht gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr in einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte. Es sei aber eine Irreführung über die Größe des in der äußeren Umverpackung enthaltenen Cremetiegels gegeben. Der Verkehr werde in seiner Vorstellung, dass die äußere Umverpackung einen Tiegel enthalte, der - von hier nicht gegebenen technisch bedingten Hohlräumen abgesehen - annähernd auch der Größe der Umverpackung entspreche, enttäuscht und daher in die Irre geführt.
8
II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils erster Instanz. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung , die Klageanträge seien zwar nicht wegen Irreführung über die Füllmenge der Creme, aber wegen Irreführung über die Größe des Tiegels gerechtfertigt, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Allerdings macht die Revision ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Annahme einer Irreführung rechtsfehlerhaft auf Umstände gestützt, die die Klägerin nicht zur Begründung ihrer Klageanträge vorgetragen habe. Im Streitfall liegt weder ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO noch gegen die zivilprozessuale Dispositionsmaxime vor.
10
a) Das Berufungsgericht hat sich nicht über die Bindung an die Parteianträge gemäß § 308 Abs. 1 ZPO hinweggesetzt.
11
aa) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten ; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 63 - Goldbären; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 Rn. 26 = WRP 2016, 1510 - Kinderstube; Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 184/16, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag , in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser; Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 18/14, GRUR 2016, 292 Rn. 11 = WRP 2016, 321 - Treuhandgesellschaft; BGH, GRUR 2016, 1301 Rn. 26 - Kinderstube). Deshalb entscheidet ein Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsspruch über einen Unterlassungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat (BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten; BGH, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe).
12
Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstands maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein von ihm als wettbewerbswidrig angesehenes Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Unter diesen Voraussetzungen liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR 2013, 397 Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 14 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de; Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12, GRUR 2014, 785 Rn. 21 = WRP 2014, 839 - Flugvermittlung im Internet). Ebenfalls unterschiedliche Klagegründe liegen vor, wenn ein Unterlassungsantrag zum einen auf Wiederholungsgefahr und zum anderen auf Erstbegehungsgefahr gestützt wird, sofern unterschiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind (BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 15/14, GRUR 2016, 83 Rn. 41 = WRP 2016, 213 - Amplidect/ampliteq, mwN; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 280).
13
bb) Wird - wie im Streitfall - ein Unterlassungsanspruch auf das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot gestützt, wird der durch die materiell-rechtliche Regelung des § 5 Abs. 1 UWG verselbständigte, für die Festlegung des Klagegrundes maßgebliche Lebensvorgang mithin maßgeblich dadurch bestimmt, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis auslöst und ob diese Vorstellung unwahr ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 100/11, GRUR 2013, 631 Rn. 55 = WRP 2013, 778 - AMARULA/Marulablu; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 182/14, GRUR 2016, 521 Rn. 10 = WRP 2016, 590 - Durchgestrichener Preis II; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 30 = WRP 2016, 1228 - Geo-Targeting; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität; BGH, WRP 2018, 190 Rn. 18 - Betriebspsychologe). Allerdings entspräche ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante - wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher - einem neuen Streitgegenstand zuord- net, nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (BGHZ 194, 314 Rn.23 - Biomineralwasser). Vielmehr ist in den Fällen, in denen sich die Klage - wie im Streitfall - gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird (BGHZ 194, 314 Rn. 24 - Biomineralwasser).
cc) Im Streitfall richtet sich der Klageantrag gegen die konkrete Verletzungs14 form, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Beklagte kosmetische Pflegemittel angeboten, beworben und in Verkehr gebracht hat, deren Verpackung eine Höhe von 7 cm aufweist und der in der Verpackung enthaltene Tiegel (mit Deckel) nur eine Höhe von 4 cm hat, und zwar entsprechend den Abbildungen zum Klageantrag sowie den Anlagen K 3 und K 4. Der dadurch und durch die konkrete Behauptung einer Irreführung des Verbrauchers durch diese Aufmachung bestimmte Streitgegenstand umfasst sowohl die mit der Klage geltend gemachte Fehlvorstellung über die Füllmenge des Tiegels als auch die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Fehlvorstellung über die Größe des Tiegels. Beide Fehlvorstellungen betreffen die Relation von äußerer Umverpackung und deren Inhalt.

b) Das Berufungsgericht hat durch die Annahme, es liege zwar keine Irrefüh15 rung über die Füllmenge der Creme, wohl aber eine Irreführung über die Größe des Tiegels vor, die Verurteilung auch nicht unter Verstoß gegen die im Zivilverfahren geltende Dispositionsmaxime auf einen Irreführungsaspekt gestützt, den die Klägerin nicht vorgetragen hat.
aa) Auch bei einem auf das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichte16 ten Klageantrag kann der Kläger sein Rechtsschutzbegehren aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime dahin fassen, dass aus einem bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Lebenssachverhalt nur bestimmte Teile zur
Beurteilung herangezogen werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 64/07, GRUR 2010, 158 Rn. 22 = WRP 2010, 238 - FIFA-WM-Gewinnspiel; Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 151/11, ZUM-RD 2013, 314 Rn. 35). Als in diesem Sinne selbständig zu beurteilende Teile eines einheitlichen Streitgegenstands, die mit einem auf das Verbot einer konkreten Verletzungsform gerichteten Antrag geltend gemacht werden können, kommen beispielsweise verschiedene Irreführungsaspekte in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15, GRUR 2017, 295 Rn. 12 = WRP 2017, 303 - Entertain). Der weit gefasste Streitgegenstandsbegriff darf nicht dazu führen, dass der Beklagte neuen Angriffen des Klägers gegenüber schutzlos gestellt (vgl. BGHZ 194, 314 Rn. 22 - Biomineralwasser) oder gezwungen wird, sich von sich aus gegen eine Vielzahl von lediglich möglichen, vom Kläger aber nicht konkret geltend gemachten Irreführungsaspekten zu verteidigen (vgl. BGHZ 154, 342, 348 - Reinigungsarbeiten ; Großkomm.UWG/Grosch, 2. Aufl., § 12 A Rn. 281). Der Kläger ist daher gehalten, in der Klage substantiiert diejenigen Irreführungsaspekte darzulegen und zu den gemäß § 5 Abs. 1 UWG dafür maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung konkret vorzutragen, auf die er seinen Klageangriff stützen will (vgl. OLG Hamburg, LMuR 2013, 21, 23; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 302 = WRP 2013, 1072; Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12 Rn. 2.23i; Großkomm.UWG/Grosch aaO § 12 A Rn. 281). Dementsprechend darf auch das Gericht eine Verurteilung nur auf diejenigen Irreführungsgesichtspunkte stützen, die der Kläger schlüssig vorgetragen hat (vgl. OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 302; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 2.23i). Die schlüssige Darlegung eines Irreführungsgesichtspunkts setzt Vortrag dazu voraus, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis ausgelöst hat, warum diese Vorstellung unwahr ist und dass die so konkretisierte Fehlvorstellung geeignet ist, den Verbraucher oder
sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich der Beklagte hinreichend gegen den Angriff des Klägers verteidigen und das Gericht sodann prüfen, ob es - aus eigener Sachkunde oder nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung feststellen kann.
bb) Diesen Maßstäben wird die Begründung des Berufungsgerichts gerecht.
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Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Klägerin habe den vom Berufungsgericht angenommenen Gesichtspunkt der Irreführung über die Größe des Cremetiegels nicht schlüssig vorgetragen.
(1) Allerdings hat die Klägerin der Beklagten in der Klagebegründung die
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Verwendung einer "Mogelpackung" vorgeworfen und die entsprechende "Mogelei" in der Vortäuschung einer größeren Füllmenge, also der Menge der Creme gesehen. Sie hat der Beklagten insoweit einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG und damit gegen Vorschriften vorgeworfen, die das Vortäuschen einer bestimmten Füllmenge zum Gegenstand haben. Auch eine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG hat die Klägerin im Vortäuschen einer größeren Füllmenge gesehen und entsprechenden Vortrag gehalten.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin ihre Klage jedoch
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auch auf die vom Berufungsgericht festgestellte und zur alleinigen Grundlage der Verurteilung gemachte Irreführung über die Größe des Tiegels gestützt.
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Allerdings macht die Revisionserwiderung ohne Erfolg geltend, bereits der Klageantrag zeige ohne weiteres, dass es der Klägerin auch um eine Täuschung über die Verpackungsgröße des Tiegels gegangen sei; der Antrag hebe auf die Ausmaße der Höhe der Umverpackung und des Tiegels ab. Es geht vorliegend nicht darum, dass der Klageantrag und der vorgetragene Klagegrund und damit der Streitgegenstand die Größe von Umverpackung und Tiegel umfassten, sondern darum, auf welchen Irreführungsgesichtspunkt die Klage gestützt ist und ob insoweit die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung schlüssig vorgetragen worden sind.
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Ein hinreichend schlüssiger Vortrag einer Irreführung über dieTiegelgröße liegt im Streitfall aber darin, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen nicht nur auf einen Irrtum über die Füllmenge, sondern auch auf eine enttäuschte Verbrauchererwartung in Bezug auf die Größe des Tiegels abgestellt hat.
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2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der angesprochene Verkehr unterliege aufgrund der Gestaltung der Außenverpackung einer Fehlvorstellung über die Größe des Tiegels.
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a) Eine geschäftliche Handlung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend , wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Dabei sind die in dieser Hinsicht vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zur Verkehrsauffassung in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 194, 314 Rn. 42 - Biomineralwasser; BGH, Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 31/15, GRUR 2016, 1070 Rn. 18 = WRP 2016, 1217 - Apothekenabgabepreis; Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, GRUR 2016, 1193 Rn. 20 = WRP 2016, 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 = WRP 2016, 1221 - LGA tested; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität, jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat eine Irreführung über die Füllmenge des Tie24 gels, also über die Menge des verkauften Produkts (Creme) abgelehnt. Es könne nicht festgestellt werden, dass sich der Verkehr für seine Erwartung an die Füllmenge des angebotenen Produkts an der Verpackungsgröße orientiere. Eine Verkehrsvorstellung dahingehend, dass der Verkehr bei einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte, könne nicht angenommen werden. Stattdessen gehe der Verkehr von einem angemessenen Verhältnis zwischen Verpackungsgröße und dem darin befindlichen Creme-Tiegel aus. Er erwarte Hohlräume allenfalls dort, wo sie etwa aus technischen Gründen - zum Beispiel zur Vermeidung von Transportschäden - hergestellt werden. Darum gehe es im Streitfall aber nicht. Der Verkehr werde deshalb in seiner Vorstellung irregeführt , dass die äußere Umverpackung einen Tiegel enthalte, der - von technisch bedingten Hohlräumen abgesehen - annähernd auch der Größe der Umverpackung entspreche. Die Angabe der Füllmenge auf der Packung lasse keine Rückschlüsse auf die Tiegelgröße zu. Auch die Abbildung des Tiegels auf der Verpackungsseite mit der Unterzeile "Die Produktabbildung entspricht der Originalgröße" schließe angesichts der situationsbedingten Flüchtigkeit, die der Verbraucher beim Kauf der Creme an den Tag lege, einen Irrtum im Hinblick auf die Tiegelgröße nicht aus.
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c) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht im Streitfall angenommen hat, der Annahme einer Fehlvorstellung über die Tiegelgröße stehe nicht entgegen, dass auf der Seitenansicht der Außenverpackung der Tiegel in seiner Originalgröße abgebildet und darauf auch mit der Unterzeile "Die Produktabbildung entspricht der Originalgröße" hingewiesen werde.
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aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei beim Kauf des streitgegenständlichen Produkts vom Maßstab des flüchtigen Verbrauchers auszugehen, der das Produkt regelmäßig auf Sicht aus dem Regal heraus kaufe, ohne es einer näheren Begutachtung zu unterziehen, ob und wenn ja welche aufklärenden Hinweise der Hersteller dem Kunden über die tatsächliche Größe der Innenverpackung gebe. Einem erheblichen Teil des Verkehrs werde schon die Abbildung des Tiegels auf der Seitenfläche der Verpackung in der Regel nicht ins Auge fallen. Jedenfalls werde dem Verkehr aber die Erläuterung unterhalb der Produktabbildung nicht auffallen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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bb) Für die Frage, wie eine Werbung verstanden wird, ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 19 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg; Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 = WRP 2012, 1216 - Marktführer Sport; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 136/13, GRUR 2015, 906 Rn. 22 = WRP 2015, 1098 - TIP der Woche). Der Grad seiner Aufmerksamkeit ist von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung abhängig, die die beworbenen Waren für ihn haben. Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs oder beim ersten Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen ist seine Aufmerksamkeit regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01, BGHZ 156, 250, 252 f. - Marktführerschaft; Urteil vom 11. Dezember 2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 606 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise; Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, GRUR 2011, 1050 Rn. 24 = WRP 2011, 1444 - Ford-Vertragspartner; BGH, GRUR 2015, 906 Rn. 22 - TIP der Woche). Dagegen wird der Verbraucher eine Angabe mit situationsadäquat gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen, wenn er für die angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen erheblichen Preis zu zahlen hat (vgl. BGH, GRUR 2000, 619, 621 - Orient-Teppichmuster; BGH, Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 46/99, GRUR 2002, 81, 83 = WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH, GRUR 2011, 1050 Rn. 24 - Ford-Vertragspartner; BGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - I ZR 192/09, GRUR 2012, 402 Rn. 34 = WRP 2012, 450 - Treppenlift; Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 123/12, GRUR 2014, 403 Rn. 17 = WRP 2014, 435 - DER NEUE). Maßgeblich für den Grad der Aufmerksamkeit des Verbrauchers ist außerdem die Art und Bedeutung der angebotenen Ware oder Dienstleistung (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 2 Rn. 123). Geht es um Produkte wie Lebensmittel, bei denen der Verbraucher seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von ihrer Zusammensetzung abhängig macht, ist davon auszugehen, dass er nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Verzeichnisse über die Inhaltsstoffe wahrnehmen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-195/14, GRUR 2015, 701 Rn. 37 ff. = WRP 2015, 847 - BVV/Teekanne [Himbeer-Vanille-Abenteuer]; BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 221/12, GRUR 2014, 1013 Rn. 34 = WRP 2014, 1184 - Original BachBlüten ; Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 167/12, GRUR 2014, 1224 Rn. 15 = WRP 2014, 1453 - ENERGY & VODKA; Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13, GRUR 2016, 738 Rn. 15 = WRP 2016, 838 - Himbeer-VanilleAbenteuer II). Entsprechendes gilt für das hier vorliegende Produkt einer Gesichtscreme , die bestimmungsgemäß unmittelbar an prominenter Stelle auf den Körper aufgetragen wird. Ähnlich wie bei Lebensmitteln sind bei solchen Kosmetikprodukten regelmäßig nähere Angaben zur Zusammensetzung für den Verbraucher von Interesse. So sind Allergien und Unverträglichkeiten auch bei Kosmetikprodukten nach der Lebenserfahrung nicht selten. Hinzu kommt, dass der Verbraucher bei Kosmetika regelmäßig auf der Umverpackung gegebene kaufrelevante Hinweise zu Eigenschaften wie Konsistenz und Duftrichtung sowie zu Anwendungsgebieten und zur Art der Anwendung erwartet.
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cc) Mit diesen Grundsätzen steht die Annahme des Berufungsgerichts nicht im Einklang, dem Durchschnittsverbraucher, der die Produkte der Beklagten auf Sicht aus dem Regal heraus kaufe, werde die Abbildung des Tiegels auf der Seitenfläche der Umverpackung nicht ins Auge fallen. Jedenfalls die Gruppe von Verbrauchern, die die streitgegenständlichen Produkte das erste Mal im Laden erwerben und daher die Größe des Tiegels nicht ohnehin schon aus eigener Anschauung kennen, werden nicht nur die Schauseite der Umverpackung im Regal wahrnehmen, sondern das Produkt aus dem Regal in die Hand nehmen und dabei auch die Seitenansicht der Umverpackung wahrnehmen. Dabei werden ihnen die prominent und unmittelbar über den für den Durchschnittsverbraucher interessanten Hinweisen zur Anwendung des Produkts platzierte Abbildung des Tiegels und der Hinweis auf seine Originalgröße nicht verborgen bleiben.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Beru29 fungsgerichts, die Irreführung über die Tiegelgröße sei geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine irreführende geschäftliche Handlung
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nur unlauter, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Erforderlich ist, dass die Werbung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 18 = WRP 2009, 888 - Thermoroll; BGH, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 - Marktführer Sport; GRUR 2016, 1073 Rn. 27 - Geo-Targeting).

b) Das Berufungsgericht hat die von ihm bejahte Relevanz für die Verbrau31 cherentscheidung damit begründet, dass der Verkehr bei größeren Verpackungen entsprechend größere Tiegel erwartet, die haptisch und optisch bei der täglichen oder gelegentlichen Anwendung der Gesichtscreme die Vorstellung von Wertigkeit und mehr oder minder besonderen pflegenden Eigenschaften des Produkts unterstreichen. Wie sich die jeweilige Gesichtscreme dem Verbraucher in dem jeweiligen Tiegel präsentiere, sei daher für seine Kaufentscheidung neben anderen Kriterien wie der jeweiligen - auch markenabhängigen - Erwartung an die Qualität der eigentlichen Creme oder dem Preis von maßgeblicher Bedeutung. Die Beklagte weise selbst darauf hin, dass es im streitgegenständlichen Produktsegment um ein gehobenes Produkt gehe, das "ein kleines bisschen Luxus im Alltag" verkörpere. Das drücke sich im Verkehr auch in der Gestaltung und Größe des Tiegels aus.
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c) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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aa) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass neben der Qualität und dem Preis der Creme auch die Haptik, Optik und Gestaltung des Tiegels eine Relevanz für die Kaufentscheidung haben kann, ist dies für die vorliegend allein maßgebliche Frage der relativen Größe des Tiegels im Vergleich zur Umverpackung nicht von Bedeutung. In Bezug auf dieses Größenverhältnis hat das Berufungsgericht eine Relevanz für die Verbraucherentscheidung nur behauptet, nicht aber nachvollziehbar begründet. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Vortrag der Beklagten zur Beziehung zwischen der Höherwertigkeit des Produkts und der Größe der Umverpackung geht ins Leere. Es geht vorliegend allein um die Relevanz der Größe des in der (als zu groß gerügten) Umverpackung einliegenden Tiegels. Hierzu hat die Beklagte keinen Vortrag gehalten. Der vom Berufungsgericht und der Beschwerdeerwiderung in Bezug genommene Vortrag der Beklagten befasste sich vielmehr damit, dass eine Irreführung über die Füllmenge schon deshalb ausscheide, weil der Verkehr daran gewöhnt sei, bei höherpreisigen Cremes unabhängig von der gleichbleibend erwarteten Füllmenge von 50 ml größere Außenpackungen vorzufinden. Dass der Verkehr bei höherpreisigen Cremes - bei gleicher Füllmenge - einen größeren Tiegel erwartet, ist vom Berufungsgericht weder festgestellt noch von der Klägerin oder der Beklagten vorgetragen worden und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Es ist auch fernliegend, dass die Größe des Tiegels als solche, also unab34 hängig von der in ihm enthaltenen Füllmenge der Ware, einen eigenständigen Wert für den angesprochenen Verbraucher darstellen könnte. Zwar ist denkbar, dass der Tiegel etwa durch die Werbung der Beklagten als besonders vorteilhaft dargestellt oder als ein über seine primäre Funktion als Behältnis der Creme hinausgehend verwendbarer Gegenstand oder als Sammlerobjekt angesehen werden kann. Solche besonderen Umstände sind hier aber weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich.
bb) An einer tragfähigen Begründung der Relevanz für die Verbraucherent35 scheidung fehlt es schließlich auch dann, wenn man mit dem Berufungsgericht die Größe des Hohlraums in der Umverpackung in den Blick nimmt. Zwar könnte ein Irrtum über einen Hohlraum in der Umverpackung - auch unabhängig von der Füllmenge - für die Kaufentscheidung relevant sein, weil viele Verbraucher ihre Kaufentscheidung erfahrungsgemäß an ökologischen Kriterien ausrichten und deshalb den Kauf von Produkten ablehnen werden, die unverhältnismäßig große Umverpackungen haben und deshalb unnötigen Müll produzieren. Auf diesen Aspekt der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes hat sich das Berufungsgericht
aber nicht gestützt. Die Klägerin hat sich auf diesen Gesichtspunkt nicht berufen. Abweichendes macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend.
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In diesem Zusammenhang ist zudem erneut zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht einen Irrtum des Verkehrs über die Füllmenge gerade ausgeschlossen und allein auf eine Fehlvorstellung über die Relation zwischen der Umverpackung und der Innenverpackung abgestellt hat. Die vom Berufungsgericht insoweit angenommene Irreführung könnte die Beklagte bereits dadurch vermeiden , dass sie - bei gleicher Füllmenge - die Tiegelgröße der Größe der Außenverpackung anpasst, indem sie nunmehr den Tiegel als Innenverpackung der angebotenen Ware mit einem Hohlraum versieht und damit (mit Blick auf die Warenmenge ) überdimensioniert ausführt, um so für ein vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtetes ausgewogenes Verhältnis zwischen Außenpackung und Tiegel zu sorgen. Diese Überlegung zeigt, dass die Existenz eines Hohlraums in der Verpackung allein dann eine Relevanz für die Entscheidung eines umweltbewussten Verbrauchers haben kann, wenn sie mit der Irreführung über die Menge des in der Verpackung enthaltenen Produkts einhergeht. Dass eine Relevanz für die Verbraucherentscheidung bei der Täuschung über die Füllmenge, also der Menge der Creme, die der Verbraucher für den Kaufpreis enthält, gegeben ist, liegt auf der Hand und hat den Gesetzgeber zur Schaffung der speziellen Irreführungstatbestände gemäß § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG veranlasst. Eine solche Irreführung hat das Berufungsgericht im Streitfall jedoch gerade verneint.
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4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auch die vom Berufungsgericht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gestützte Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der von der Klägerin geltend gemachten Abmahnkosten der rechtlichen Nachprüfung nicht standhält. Hinzu kommt, dass die Abmahnung auch bei Zugrundelegung der vom Berufungsgericht angenommenen Irreführung über die Tiegelgröße deshalb nicht berechtigt im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG war, weil sie allein auf die - auch vom Berufungsgericht verneinte - Irreführung über die Füllmenge gestützt war (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 219/12, GRUR 2013, 1252 Rn. 20 = WRP 2013, 1582 - Medizinische Fußpflege; Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 36/11, GRUR 2015, 403 Rn. 44 = WRP 2015, 444 - Monsterbacke II). Sie konnte deshalb nicht die ihr zukommende Funktion erfüllen , die Beklagte in die Lage zu versetzen, die ihr vorgeworfene konkrete Verletzungshandlung unter den in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen und ihr die Möglichkeit zu geben, insoweit die gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (vgl. BGH, GRUR 2015, 403 Rn. 44 - Monsterbacke II; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 57 = WRP 2016, 66 - Tauschbörse II, mwN).
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III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar. Die Revision der Beklagten ist daher nicht gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, das Berufungsgericht
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habe rechtsfehlerhaft eine Irreführung über die Füllmenge des Tiegels, also über die Menge des verkauften Produkts (Creme) abgelehnt. Die Klageanträge seien deshalb sowohl gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG als auch nach § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG begründet.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, es liege weder ein Verstoß ge40 gen die zum Zeitpunkt der Klageerhebung und noch bis zum 31. Dezember 2014 geltende Vorschrift des § 7 Abs. 2 EichG noch gegen die seitdem geltende Bestimmung des § 43 Abs. 2 MessEG vor. Die nach diesen Vorschriften erforderliche Täuschung über die Füllmenge liege nicht vor. Es könne nicht festgestellt
werden, dass der Verkehr in einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Allerdings müssen Fertigpackungen so gestaltet und befüllt sein, dass sie
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keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist (§ 7 Abs. 2 EichG, § 43 Abs. 2 MessEG). Eine nach diesen Vorschriften verbotene Irreführung über die Füllmenge stellt auch eine unlautere geschäftliche Handlung gemäß § 4 Nr. 11 UWG aF, § 3a UWG, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar. Die allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Irreführungsvorschriften sind neben dem Verbot nach § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1981 - I ZR 156/79, BGHZ 82, 138, 142 - Kippdeckeldose; Peifer /Obergfell in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 5 Rn. 300). Sie werden auch nicht durch das Irreführungsverbot gemäß Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (Kosmetik-Verordnung) verdrängt. Im Streitfall geht es nicht um irreführende Angaben über Merkmale oder Funktionen eines kosmetischen Mittels, die nach den speziellen Vorschriften des Kosmetikrechts in Verbindung mit § 3a UWG zu beurteilen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 36/14, GRUR 2016, 418 Rn. 12 = WRP 2016, 463 - Feuchtigkeitsspendendes Gel-Reservoir). Gegenstand der Klage ist vielmehr eine Täuschung über die Füllmenge eines Produkts durch die Größe der Verpackung und damit ein Gesichtspunkt, der unabhängig von Angaben zu Merkmalen und Funktionen kosmetischer Erzeugnisse für die Verbraucherentscheidung relevant werden kann. Gemäß Erwägungsgrund 51 der Kosmetik-Verordnung werden die allgemeinen Regelungen zum Täuschungsschutz im Hinblick auf solche produktübergreifenden, nicht die Wirksamkeit und andere Eigenschaften kosmetischer Erzeugnisse betreffenden Täuschungsgesichtspunkte nicht durch die speziellen Vorschriften des Kosmetikrechts verdrängt (vgl. Reinhart/Natterer, KosmetikVO, 2014, Art. 20 Rn. 19).
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3. Das Berufungsgericht hat aber ausgehend von zutreffenden rechtlichen Grundsätzen in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Streitfalls eine Irreführung über die Füllmenge verneint.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr erwarte zwar grund43 sätzlich, dass die Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge des Produkts stehe. Die Verkehrsvorstellung könne jedoch je nach Art des verpackten Produkts divergieren. Sei dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt, dass die Verpackungsgröße regelmäßig außer Verhältnis oder in keinem bestimmten Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stehe, sei eine solche Verpackungsgröße nicht zur Täuschung geeignet. Dies sei etwa bei Pralinenpackungen der Fall, die häufig nach Art einer Geschenkverpackung angeboten würden. Auch Parfümflaschen seien regelmäßig in besonderer Weise gestaltet und stünden in ihren Ausmaßen und daran orientiert auch hinsichtlich ihrer Umverpackung in keinem für den Verkehr klar erkennbaren Verhältnis zur Füllmenge.
So liege es auch im Streitfall in Bezug auf die Füllmenge des in der Umver44 packung enthaltenen Cremeprodukts. Zwar könne nicht davon ausgegangen werden , dass der Verkehr stets unabhängig von der Verpackungsgröße eine Füllmenge von nicht mehr als 50 ml erwarte und schon deswegen nicht imHinblick auf die Füllmenge des eigentlichen Produkts in seinen Erwartungen enttäuscht werden könne. Es könne aber auch nicht festgestellt werden, dass sich der Verkehr für seine Erwartung an die Füllmenge des angebotenen Produkts an der Verpackungsgröße orientiere. Es sei unstreitig und im Übrigen aus den von der Beklagten vorgelegten Produkten erkennbar, dass einheitliche Packungsgrößen am Markt nicht angeboten würden. So seien die die Gesichtspflegecremes enthaltenden Tiegel von unterschiedlicher Ausgestaltung und Größe. Wisse der Verkehr aber nicht, dass die am Markt angebotenen Gesichtspflegeprodukte weit über-
wiegend lediglich eine Füllmenge von 50 ml enthielten und sei - wie im Streitfall - auch nichts dafür vorgetragen oder sonst erkennbar, dass der Verkehr bestimmte Grundannahmen zum Verhältnis von Packungsgröße und Füllmenge des darin enthaltenen eigentlichen Cremeprodukts habe, erwarte der Verkehr von einer Verpackung, die größer sei als die Verpackung von einigen Wettbewerbsprodukten oder auch anderen Produkten des jeweiligen Anbieters, keine größere Füllmenge. Es fehle an einer im Verhältnis zur Verpackungsgröße stehenden üblichen Füllmenge, an der sich der Verkehr orientieren könne.
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b) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Revisionserwiderung macht geltend, das Berufungsgericht habe über46 sehen, dass sich der Verkehr nach der Lebenserfahrung bei Einkäufen des täglichen Bedarfs vom optischen Eindruck der Ware leiten lasse und bei einer größeren Verpackung grundsätzlich eine größere Warenmenge erwarte. Von dieser Verbrauchererwartung seien zwar Ausnahmen möglich, sofern dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt sei, dass die Verpackungsgrößen regelmäßig außer Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stünden. Ein solcher Ausnahmefall müsse aber vom Werbenden dargelegt und bewiesen werden. Das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung dieses Regel-Ausnahmeverhältnisses nicht hinreichend berücksichtigt und demzufolge der Klägerin zu Unrecht die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlvorstellung des Verkehrs hinsichtlich der Füllmenge auferlegt. Dem kann nicht zugestimmt werden.
Das Berufungsgericht ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -
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von der grundsätzlichen Verkehrserwartung ausgegangen, dass die Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge des Produkts steht. Es hat weiter mit Recht angenommen, die Verkehrsvorstellung könne allerdings je nach Art des verpackten Produkts divergieren und dies sei aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch Peifer/Obergfell aaO § 5 Rn. 300; MünchKomm.UWG/Busche, 2. Aufl., § 5 Rn. 423; GrossKomm.UWG/ Lindacher, 2. Aufl., § 5 Rn. 531). Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei geprüft, ob dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt sei, dass die Verpackungsgröße regelmäßig außer Verhältnis oder in keinem bestimmten Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stehe. Es ist dabei auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten und der Begutachtung der von ihr eingereichten Produkte zu der tatrichterlichen Überzeugung gelangt, der Verkehr werde seine Vorstellungen von der Füllmenge auf dem im Streitfall maßgeblichen Produktsegment der Cremes für die Gesichtspflege nicht derart an der Verpackungsgröße orientieren, dass im Streitfall eine Irreführung über die Füllmenge vorliegt. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass einheitliche Packungsgrößen in diesem Marktsegment nicht angeboten werden. Dass das Berufungsgericht bei der mit der Lebenserfahrung im Einklang stehenden Bestimmung der Verkehrsauffassung von unzutreffenden tatsächlichen Umständen ausgegangen ist, legt die Revisionserwiderung nicht dar. Mit ihrem Einwand, bei sachgerechter und lebensnaher Betrachtung werde der Verkehr durch die Größe der Verpackung dazu verleitet , die Füllmenge zu überschätzen, da derartige "Mogelpackungen" in der Branche nicht üblich seien, versucht sie lediglich in revisionsrechtlich unzulässiger Weise, ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen.
IV. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und
48
das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzungen bei der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die angegriffene Produktverpackung richtet sich an das allgemeine Publikum, so dass der Senat selbst abschließend beurteilen kann, welchen Eindruck der Verkehr bei deren Wahrnehmung gewinnen wird (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 - I ZR 205/11, GRUR 2013, 644 Rn. 23 = WRP 2013, 764 - Preisrätselgewinnauslobung V, mwN).
49
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.01.2015 - 312 O 51/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 25.02.2016 - 3 U 20/15 -
19
c) Zu dem Lebenssachverhalt, der die Grundlage der Streitgegenstandsbestimmung bildet, rechnen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle Tatsachen, die bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag der Klagepartei zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 5; ferner Büscher, GRUR 2012, 16, 24). Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind (vgl. Musielak/Musielak, ZPO, 9. Aufl., Einl. Rn. 76). Der Streitgegenstand wird damit durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs kannten und hätten vortragen können (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 141; Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 51 mwN). Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt dagegen dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 2008 - IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570 Rn. 9).
11
1. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage, die die Klägerin auf mehrere rechtliche Aspekte gestützt hat, zu Recht als zulässig angesehen, ohne dass die Klägerin eine Prüfungsreihenfolge vorgegeben hat. Es liegt nur ein prozessualer Anspruch (Streitgegenstand) vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag , in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. nur BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 18 - Biomineralwasser). Zu dem Lebenssachverhalt , der die Grundlage für die Bestimmung des Streitgegenstands bildet , rechnen alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Ob der vorgetragene Lebenssachverhalt die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen er- füllt, ist für die Frage, ob mehrere Streitgegenstände vorliegen, ohne Bedeutung. Die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung ist allein Sache des Gerichts (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 15 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg; Urteil vom 16. Mai 2013 - I ZR 175/12, GRUR 2014, 91 Rn. 15 = WRP 2014, 61 - Treuepunkte-Aktion).

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 1/01 Verkündet am:
3. April 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Reinigungsarbeiten

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas
anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen Unterlassungsantrag
einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen,
mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat.

b) Wird mit einem Antrag die Untersagung einer bestimmten geschäftlichen Tätigkeit
begehrt, stellt das Verbot eines Teils dieser geschäftlichen Tätigkeit
prozessual kein Minus zu dem gestellten Unterlassungsantrag dar, wenn
seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht
zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind.
BGH, Urt. v. 3. April 2003 - I ZR 1/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte zu 1 wurde von der Beklagten zu 2, einem Beteiligungsunternehmen der Stadt D. , und der Beklagten zu 3, die ein bundesweit tätiges Reinigungsunternehmen ist, als Mitgesellschaftern mit gleichen Geschäftsanteilen aufgrund eines Gesellschaftsvertrages vom 14. April 1994 gegründet. Als Gegenstand ihres Unternehmens wurde in § 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. folgendes bestimmt:
"Gegenstand des Unternehmens sind hochwertige Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld. Das Unternehmen wird im Rahmen der Aufgaben der Stadt D. und ihrer eigenen Beteiligungsgesellschaften tätig. Darüber hinaus kann es in gleicher Art und Weise für andere Gebietskörperschaften und öffentliche Institutionen sowie deren Beteiligungsgesellschaften tätig werden, soweit die jeweilige Gebietskörperschaft oder öffentliche Institution oder eine ihrer Beteiligungsgesellschaften Gesellschafter dieses Unternehmens oder eines eigenen Beteiligungsunternehmens ist." Seit der Gründung der Beklagten zu 1 lassen die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen sämtliche bei ihnen anfallenden Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibung von der Beklagten zu 1 durchführen.
Die Klägerin, ein in D. ansässiges Reinigungsunternehmen, hat die Gründung der Beklagten zu 1 als kartellrechtswidrig beanstandet. Sie ist zudem der Ansicht, die gewerbliche Betätigung der Beklagten zu 1 sei mit den Schranken , die § 107 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden setze, nicht vereinbar.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. festzustellen, daß die zwischen der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2, der D. Verkehrsgesellschaft AG, der Stadtwerke D. AG und der Stadt D. geschlossenen Verträge über Reinigungsleistungen in Ausführung des Gesellschaftsvertrages unwirksam sind; 3. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, es zu unterlassen, weiterhin aufgrund und im Rahmen ihres Gesellschaftsvertrages tätig zu sein. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klagebegehren teilweise weiterverfolgt hat.
Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht zuletzt beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. April 1999 abzuändern und 1. festzustellen, daß der zwischen der Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 3 geschlossene Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 vom 14. April 1994 unwirksam ist; 2. der Beklagten zu 1 zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Gebietskörperschaften und öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften Dienstleistungen im Bereich der Reinigung, Pflege, Sicherheit und Instandhaltung von Gebäuden, Anlagen und Verkehrsmitteln aller Art sowie sonstige Serviceleistungen im logistischen Umfeld dieser Tätigkeiten anzubieten oder solche Tätigkeiten auszuführen. Die Beklagten haben beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat in der Sache wie folgt entschieden:
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 28. April 1999 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt: Der Beklagten zu 1 wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von bis zu zwei Jahren, untersagt, der Beklagten zu 2 und/oder ihren Tochterunternehmen, nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, Dienstleistungen im Bereich der Gebäudereinigung anzubieten und/oder einen Auftrag der genannten Unternehmen zu solchen Diensten anzunehmen oder auszuführen, sofern 1. der Nettoauftragswert des jeweiligen Auftrags 200.000 rsteigt ; 2. die Voraussetzungen für eine Auftragsvergabe im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Öffentliche Vergabebekanntmachung nach § 3a Nr. 2 VOL/A (Abschn. 2), nämlich:
a) wenn in einem Offenen und einem Nichtoffenen Verfahren keine oder keine wirtschaftlichen Angebote abgegeben worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden ; der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist auf ihren Wunsch ein Bericht vorzulegen;
b) wenn es sich um die Lieferung von Waren handelt, die nur zum Zwecke von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen, Entwicklungen oder Verbesserungen hergestellt werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produktes oder zur Deckung der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;
c) wenn der Auftrag wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines Ausschließlichkeitsrechts (z.B. Patent-, Urheberrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführt werden kann;
d) soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn aus zwingenden Gründen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, die Fristen gemäß § 18a VOL/A nicht eingehalten werden können. Die Umstände, die die zwingende Dringlichkeit begründen, dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftraggebers zuzuschreiben sein;
e) bei zusätzlichen Lieferungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten Waren oder Einrichtungen zur laufenden Benutzung oder zur Erweiterung von Lieferungen oder be-
stehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel des Unterneh- mens dazu führen würde, daß der Auftraggeber Waren mit unterschiedlichen technischen Merkmalen kaufen müßte und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch , Betrieb oder Wartung mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie die der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten;
f) für zusätzliche Dienstleistungen, die weder in dem der Vergabe zugrundeliegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Dienstleistungen erforderlich sind, sofern der Auftrag an das Unternehmen vergeben wird, das diese Dienstleistung erbringt, wenn sich die zusätzlichen Dienstleistungen in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder wenn diese Dienstleistungen zwar von der Ausführung des ursprünglichen Auftrags getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt erforderlich sind. Der Gesamtwert der Aufträge für die zusätzlichen Dienstleistungen darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;
g) bei neuen Dienstleistungen, die in der Wiederholung gleichartiger Leistungen bestehen, die durch den gleichen Auftraggeber an das Unternehmen vergeben werden, das den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der entweder im Offenen oder Nichtoffenen Verfahren vergeben wurde. Die Möglichkeit der Anwendung des Verhandlungsverfahrens muß bereits in der Ausschreibung des ersten Vorhabens angegeben werden; der für die nachfolgenden Dienstleistungen in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom Auftraggeber für die Anwendung des § 1a Nr. 4 VOL/A berücksichtigt. Das Verhandlungsverfahren darf jedoch nur innerhalb von drei Jahren nach Abschluß des ersten Auftrags angewandt werden;
h) wenn im Anschluß an einen Wettbewerb im Sinne des § 31a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A der Auftrag nach den Bedingungen dieses Wettbewerbs an den Gewinner oder an einen der Preisträger vergeben werden muß. Im letzteren Fall müssen alle Preisträger des Wettbewerbs zur Teilnahme an den Verhandlungen aufgefordert werden; nicht vorliegen, und 3. der Beauftragung seitens der Beklagten zu 2 und/oder ihrer Tochterunternehmen , nämlich der D. Verkehrsgesellschaft AG sowie der Stadtwerke D. AG, eine Vergabe im Wettbewerb nicht vorausgegangen ist oder nicht vorausgehen soll. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Mit ihrer Revision beantragt die Beklagte zu 1, das Berufungsurteil auf- zuheben, soweit sie durch dieses beschwert ist, und die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zu 1 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt, der Berufungsantrag zu 2 der Klägerin (Untersagung des Anbietens und der Ausführens bestimmter Dienstleistungen gegenüber Gebietskörperschaften, öffentlichen Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften ) sei zum Teil nach § 1 UWG begründet.
Ein Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, die der erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden Schranken setzten, liege allerdings nicht vor.
Die Beklagte zu 1 handele jedoch wettbewerbswidrig, weil sie einen Rechtsbruch der Beklagten zu 2 und deren Tochterunternehmen, der D. Verkehrsgesellschaft AG und der Stadtwerke D. AG, ausnutze. Es bestehe die ernstliche Gefahr, daß die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen auch künftig Dienstleistungsaufträge unter Mißachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen an die Beklagte zu 1 vergeben würden. Eine entsprechende Gefahr sei dagegen bei der Stadt D. oder anderen Gebietskörperschaften und
öffentlichen Institutionen, die künftig Mitgesellschafter der Beklagten zu 1 werden könnten, nicht anzunehmen.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unter Mißachtung der Vergabevorschriften erfülle den Tatbestand des § 1 UWG. Die Beklagte zu 1 handele unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch Rechtsbruch wettbewerbswidrig, wenn sie dies zum eigenen Vorteil ausnutze. Die Beklagte zu 2 und ihre Tochterunternehmen hätten seit 1994 alle Reinigungsaufträge an die Beklagte zu 1 ohne Rücksicht darauf vergeben, ob im Einzelfall eine öffentliche Ausschreibung geboten gewesen sei. Die Beklagte zu 1 habe zumindest billigend in Kauf genommen, dabei auch Aufträge zu erhalten, die öffentlich auszuschreiben gewesen wären.
Das Unterlassungsbegehren der Klägerin sei allerdings zu weit gefaßt. Die Klägerin könne sich nach § 1 UWG nur gegen die Vergabe von Reinigungsarbeiten an die Beklagte zu 1 wenden, da nur bezüglich solcher Dienstleistungen ein Wettbewerbsverhältnis mit dieser gegeben sei. Eine Begehungsgefahr bestehe zudem nur bei Aufträgen der Beklagten zu 2 und ihrer Tochtergesellschaften an die Beklagte zu 1. Insoweit sei der Beklagten zu 1 allerdings auch zu untersagen, bereits erhaltene Reinigungsaufträge auszuführen.
II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht der Klägerin etwas zugesprochen hat, was diese nicht beantragt hat (§ 308 Abs. 1 ZPO).
1. Der Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts betrifft einen anderen Streitgegenstand als der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag.


a) Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist nicht allein der Wortlaut von Antrag und Urteilsausspruch. Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 117, 1, 5; BGH, Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 - Telefonkarte; Urt. v. 18.7.2002 - III ZR 287/01, BGH-Rep 2002, 939, 940; Urt. v. 30.10.2002 - XII ZR 345/00, NJW 2003, 585, 586; Beschl. v. 10.12.2002 - X ARZ 208/02, NJW 2003, 828, 829, für BGHZ vorgesehen ). Wenn ein Gericht seinem Urteilsausspruch einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Unterlassungsantrag begründet hat, entscheidet es deshalb (unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO) über etwas anderes (aliud) als beantragt ist (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 267). Dies hat das Berufungsgericht hier getan.

b) Die Klägerin hat mit ihrem Unterlassungsbegehren in beiden Tatsacheninstanzen jeweils einen einheitlichen prozessualen Anspruch geltend gemacht ; der im Berufungsverfahren gestellte Antrag war lediglich dem Umfang nach gegenüber dem Antrag vor dem Landgericht eingeschränkt. Ihren Klageantrag hat sie jeweils in zulässiger Weise (vgl. dazu BGHZ 143, 246, 250; BGH GRUR 2001, 755, 757 - Telefonkarte; MünchKomm.ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 260 Rdn. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 260 Rdn. 2) auf zwei verschiedene tatsächliche und rechtliche Begründungen gestützt. Zum einen hat sie die Ansicht vertreten, die beanstandete Tätigkeit der Beklagten zu 1 sei kartellrechtswidrig, weil der Gesellschaftsvertrag zur Gründung der Beklagten zu 1 zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Reinigungsarbeiten vereinbart worden sei (§ 1 GWB). Zum anderen hat sie vor-
gebracht, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbsrechtlich unlauter, weil ihre Tätigkeit mit den kommunalrechtlichen Schranken für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden nicht vereinbar sei.

c) Der vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Vorwurf, die Beklagte zu 1 handele wettbewerbswidrig, weil sie sich von der Beklagten zu 2 und ihren Tochterunternehmen Aufträge für Reinigungsarbeiten ohne Ausschreibungsverfahren erteilen lasse, betrifft demgegenüber einen von der Antragsbegründung der Klägerin im Kern verschiedenen weiteren Lebenssachverhalt und damit einen anderen Streitgegenstand (vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 76/95, GRUR 1997, 141 = WRP 1997, 83 - Kompetenter Fachhändler ; MünchKomm.ZPO/Lüke aaO § 263 Rdn. 14; vgl. auch Musielak/ Foerste, ZPO, 3. Aufl., § 263 Rdn. 3). Diesen hat die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt.

d) Ein Unterlassungsantrag kann allerdings nicht nur - wie die Klägerin dies hier getan hat - auf verschiedene Begründungen gestützt werden; es ist auch möglich, daß mit ein und demselben Unterlassungsantrag mehrere Streitgegenstände in das Verfahren eingeführt werden (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 16.1.1992 - I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 320 = WRP 1992, 314 - Jubiläumsverkauf ; Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 157/98, GRUR 2002, 287, 288 = WRP 2002, 94 - Widerruf der Erledigungserklärung; vgl. weiter Köhler in Köhler/Piper aaO Vor § 13 Rdn. 267). Voraussetzung ist dafür allerdings, daß der Kläger zweifelsfrei deutlich macht, daß er mit seinem Antrag mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 146/90, GRUR 1992, 552, 554 = WRP 1992, 557 - Stundung ohne Aufpreis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 46 Rdn. 5). Dies erfordert insbesondere der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muß, welche pro-
zessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können. Im vorliegenden Fall kann aber ein dem Unterlassungsausspruch des Berufungsgerichts entsprechendes Klagebegehren der Klägerin schon deshalb nicht angenommen werden, weil es - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - an einem darauf gerichteten Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen fehlt.
Die Klägerin hat zwar in der Klageschrift u.a. die Ansicht vertreten, die Gründung der Beklagten zu 1 und die ausschließliche Auftragsvergabe an diese verstoße gegen vergaberechtliche Vorschriften. Sie hat aber in den Vorinstanzen aus diesem Vorbringen, das ihren Feststellungsantrag lediglich zusätzlich stützen sollte, kein selbständiges Unterlassungsbegehren hergeleitet. So weitgehende Unterlassungsanträge, wie sie die Klägerin im landgerichtlichen Verfahren und im Berufungsverfahren gestellt hat, hätten mit diesem Vorbringen auch offensichtlich nicht begründet werden können. Nach der Abweisung der Klage durch das Landgericht hat die Klägerin dementsprechend in ihrer Berufungsbegründung keine Ausführungen zu einer behaupteten Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften gemacht. Auch im weiteren Berufungsverfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist die Klägerin in ihren Schriftsätzen nicht mehr auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, die Gründung der Beklagten zu 1 und die freihändige Auftragsvergabe an diese verstoße gegen Vergaberecht, zurückgekommen.
2. Das vom Berufungsgericht gegenüber der Beklagten zu 1 ausgesprochene Verbot ist unter dem Gesichtspunkt des Streitgegenstandes auch kein Minus gegenüber dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag. Mit ihrem erstinstanzlichen Klageantrag hat die Klägerin begehrt, der Beklagten zu 1 eine geschäftliche Tätigkeit im Rahmen ihres Gesellschaftszwecks vollständig
zu verbieten. Ihr Antrag im Berufungsverfahren war darauf gerichtet, der Be- klagten zu 1 einen Teil dieser Tätigkeit zu untersagen, nämlich näher bezeichnete Dienstleistungen (insbesondere im Bereich der Gebäudereinigung), wenn diese für Auftraggeber einer bestimmten Art (Gebietskörperschaften, öffentliche Institutionen oder deren Beteiligungsgesellschaften) erbracht werden sollen. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot ist demgegenüber abhängig vom Vorliegen bestimmter weiterer Voraussetzungen, und zwar derjenigen gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Auftrag nur nach Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens erteilt werden kann. Ein solches Verbot bezieht sich zwar ebenfalls auf einen Teil der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 1, kann aber prozessual nicht als Minus zu dem von der Klägerin gestellten Unterlassungsantrag behandelt werden, weil seine Begründung von tatsächlichen Voraussetzungen abhängt, die nicht zum Inhalt des Antrags erhoben worden sind (vgl. BAGE 76, 364, 377 = NJW 1995, 1044, 1047; BAG DB 1992, 434; BAG AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 93; vgl. auch BGH, Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 202/00, WRP 2003, 534, 535 = MarkenR 2003, 105 - Mitsubishi

).


3. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist auch nicht dadurch geheilt, daß die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt und sich dadurch die Entscheidung des Berufungsgerichts zu eigen gemacht hat. Denn insoweit handelt es sich um eine Klageerweiterung, die im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.1990 - I ZR 45/89, NJW 1991, 1683, 1684; Urt. v. 10.12.2001 - II ZR 139/00, ZIP 2002, 396, 397 = WM 2002, 342).
Ebensowenig kommt eine Zurückverweisung in Betracht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, nunmehr einen Antrag zu stellen, der dem vom Be-
rufungsgericht ausgesprochenen Verbot entspricht (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 11.11.1993 - IX ZR 229/92, NJW 1994, 442). Das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen bot - wie dargelegt - keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin einen solchen prozessualen Anspruch geltend machen wollte.
4. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren gestellte Unterlassungsantrag , der darauf gestützt war, daß die Betätigung der Beklagten zu 1 kartellrechtswidrig und mit den Schranken, die der erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden gesetzt sind, nicht vereinbar sei, ist vom Berufungsgericht - von der Klägerin nicht mit der Revision angegriffen - abgewiesen worden.
III. Auf die Revision war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten zu 1 erkannt worden ist. Die Berufung der Klägerin gegen das landgerichtliche Urteil war insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 78/16 Verkündet am:
11. Oktober 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tiegelgröße
MessEG § 43 Abs. 2; Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 Art. 20

a) Ein Gericht entscheidet unter Verstoß gegen die im Zivilprozess geltende Dispositionsmaxime
, wenn es seinem Urteilsausspruch über einen auf Irreführung gestützten
Unterlassungsantrag einen Irreführungsaspekt zugrunde legt, den der Kläger nicht
schlüssig vorgetragen hat (Fortführung von BGH, GRUR 2017, 295 - Entertain).

b) Die Annahme einer Täuschung über die Füllmenge des Produkts durch die Gestaltung
der Größe der Umverpackung ("Mogelpackung") hängt davon ab, ob der Verkehr
nach den Umständen des Einzelfalls im Hinblick auf das konkret in Rede stehende
Produkt die Vorstellung hat, dass die Größe der Verpackung in einem angemessenen
Verhältnis zur Menge des darin enthaltenen Produkts steht.

c) Für die Fragen, welchen Grad seiner Aufmerksamkeit der Verbraucher einem Produkt
entgegenbringt und ob er nicht nur die Schauseite der Aufmachung, sondern
ebenfalls die an anderer Stelle angebrachten näheren Angaben wahrnehmen wird,
ist von Bedeutung, ob er seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von der Zusammensetzung
abhängig machen wird. Davon ist für eine Creme für die Gesichtspflege
regelmäßig auszugehen.
BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 - I ZR 78/16 - OLG Hamburg
LG Hamburg
ECLI:DE:BGH:2017:111017UIZR78.16.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 3. Zivilsenat - vom 25. Februar 2016 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 12 - vom 27. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.
1
Die Beklagte vertreibt kosmetische Hautpflegeprodukte. Zu ihrem Warensortiment gehören die Produkte "N. Vital Teint Optimal Anti-Age Tagespflege Soja" und "N. Vital Teint Optimal Anti-Age Nachtpflege Soja". Beide Produkte wurden im Jahr 2013 für jeweils ca. 10 € an den Endverbraucher verkauft, und zwar in einer Umverpackung, die 7 cm hoch war und in der auf der Höhe von 3 cm ein Boden aus Pappe ("Podest") eingezogen war. Auf diesem Boden stand ein 4 cm hoher, rund ausgeformter Tiegel, der die Gesichtscreme in einer Menge von 50 ml enthielt.
2
Die Füllmenge des Tiegels war auf der Verpackungsunterseite zutreffend mit 50 ml angegeben. Auf der rechten Seite der Umverpackung befand sich außerdem eine fotorealistische Abbildung des Cremetiegels in dessen natürlicher Größe mit dem Hinweis "Diese Produktabbildung entspricht der Originalgröße".


3
Die Klägerin sieht darin den Verkauf einer "Mogelpackung", der gegen § 7 Abs. 2 Eichgesetz (Geltung bis 31.12.2014) und § 43 Abs. 2 Mess- und Eichge- setz (Geltung ab 1. Januar 2015) sowie gegen das Irreführungsverbot gemäß § 5 Abs. 1 UWG verstoße. Die Beklagte täusche eine größere Füllmenge vor, da sie Fertigverpackungen verwende, die äußerlich eine weitaus größere Füllmenge suggerierten. Der Verkehr sei - insbesondere auch bei den Produkten der Beklagten - daran gewöhnt, dass im Kosmetikbereich Tiegel in Fertigverpackungen angeboten würden, die der Originalgröße des Tiegels entsprächen. Die Verbrauchererwartung über die Füllmenge und die Tiegelgröße werde enttäuscht. Der Verbraucher erhalte einen Tiegel, der nur etwa halb so groß sei wie die Verpackung.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr kosmetische Pflegemittel anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, wenn die Verpackung eine Höhe von 7 cm aufweist und der in der Verpackung enthaltene Tiegel (mit Deckel) nur eine Höhe von 4 cm hat, wie nachstehend abgebildet, wenn dies geschieht wie aus den Anlagen K 3 und K 4 ersichtlich
5
Sie hat die Beklagte außerdem auf Ersatz von Abmahnkosten in Höhe von 219,35 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Hamburg, Urteil vom 27. Januar 2015 - 312 O 51/14, juris). Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat zur Stattgabe der Klage geführt (OLG Hamburg, GRUR-RR 2016, 248 = WRP 2016, 612). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge unter dem Gesichtspunkt der
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Irreführung gemäß § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
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Zwar liege weder ein Verstoß gegen die zum Zeitpunkt der Klageerhebung und noch bis zum 31. Dezember 2014 geltende Vorschrift des § 7 Abs. 2 EichG noch gegen die seitdem maßgebliche Bestimmung des § 43 Abs. 2 MessEG vor. Die nach diesen Vorschriften erforderliche Täuschung über die Füllmenge sei nicht gegeben. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Verkehr in einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte. Es sei aber eine Irreführung über die Größe des in der äußeren Umverpackung enthaltenen Cremetiegels gegeben. Der Verkehr werde in seiner Vorstellung, dass die äußere Umverpackung einen Tiegel enthalte, der - von hier nicht gegebenen technisch bedingten Hohlräumen abgesehen - annähernd auch der Größe der Umverpackung entspreche, enttäuscht und daher in die Irre geführt.
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II. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils erster Instanz. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung , die Klageanträge seien zwar nicht wegen Irreführung über die Füllmenge der Creme, aber wegen Irreführung über die Größe des Tiegels gerechtfertigt, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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1. Allerdings macht die Revision ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe die Annahme einer Irreführung rechtsfehlerhaft auf Umstände gestützt, die die Klägerin nicht zur Begründung ihrer Klageanträge vorgetragen habe. Im Streitfall liegt weder ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO noch gegen die zivilprozessuale Dispositionsmaxime vor.
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a) Das Berufungsgericht hat sich nicht über die Bindung an die Parteianträge gemäß § 308 Abs. 1 ZPO hinweggesetzt.
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aa) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Das zusprechende Urteil muss sich innerhalb des mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstands halten (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten ; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 105/14, BGHZ 207, 71 Rn. 63 - Goldbären; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 Rn. 26 = WRP 2016, 1510 - Kinderstube; Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 184/16, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag , in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert , und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser; Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 18/14, GRUR 2016, 292 Rn. 11 = WRP 2016, 321 - Treuhandgesellschaft; BGH, GRUR 2016, 1301 Rn. 26 - Kinderstube). Deshalb entscheidet ein Gericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über etwas anderes, als beantragt ist, wenn es seinem Urteilsspruch über einen Unterlassungsantrag einen anderen Klagegrund zugrunde legt als denjenigen, mit dem der Kläger seinen Antrag begründet hat (BGHZ 154, 342, 347 f. - Reinigungsarbeiten; BGH, WRP 2018, 190 Rn. 15 - Betriebspsychologe).
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Der neben dem Klageantrag für die Bestimmung des Streitgegenstands maßgebliche Klagegrund wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGHZ 194, 314 Rn. 19 - Biomineralwasser). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein von ihm als wettbewerbswidrig angesehenes Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet. Unter diesen Voraussetzungen liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor (BGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - I ZR 60/11, GRUR 2013, 397 Rn. 13 = WRP 2013, 499 - Peek & Cloppenburg III; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 14 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de; Urteil vom 30. April 2014 - I ZR 224/12, GRUR 2014, 785 Rn. 21 = WRP 2014, 839 - Flugvermittlung im Internet). Ebenfalls unterschiedliche Klagegründe liegen vor, wenn ein Unterlassungsantrag zum einen auf Wiederholungsgefahr und zum anderen auf Erstbegehungsgefahr gestützt wird, sofern unterschiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind (BGH, Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 15/14, GRUR 2016, 83 Rn. 41 = WRP 2016, 213 - Amplidect/ampliteq, mwN; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 12 Rn. 280).
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bb) Wird - wie im Streitfall - ein Unterlassungsanspruch auf das lauterkeitsrechtliche Irreführungsverbot gestützt, wird der durch die materiell-rechtliche Regelung des § 5 Abs. 1 UWG verselbständigte, für die Festlegung des Klagegrundes maßgebliche Lebensvorgang mithin maßgeblich dadurch bestimmt, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis auslöst und ob diese Vorstellung unwahr ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 100/11, GRUR 2013, 631 Rn. 55 = WRP 2013, 778 - AMARULA/Marulablu; Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 182/14, GRUR 2016, 521 Rn. 10 = WRP 2016, 590 - Durchgestrichener Preis II; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 30 = WRP 2016, 1228 - Geo-Targeting; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität; BGH, WRP 2018, 190 Rn. 18 - Betriebspsychologe). Allerdings entspräche ein zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff, der sich streng an dem vorgetragenen Lebenssachverhalt orientiert und bereits jede Variante - wie beispielsweise jede auch nur geringfügig abweichende, durch ein und dieselbe Werbeaussage bewirkte Fehleinschätzung der Verbraucher - einem neuen Streitgegenstand zuord- net, nicht der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und würde darüber hinaus zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen (BGHZ 194, 314 Rn.23 - Biomineralwasser). Vielmehr ist in den Fällen, in denen sich die Klage - wie im Streitfall - gegen die konkrete Verletzungsform richtet, in dieser Verletzungsform der Lebenssachverhalt zu sehen, durch den der Streitgegenstand bestimmt wird (BGHZ 194, 314 Rn. 24 - Biomineralwasser).
cc) Im Streitfall richtet sich der Klageantrag gegen die konkrete Verletzungs14 form, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Beklagte kosmetische Pflegemittel angeboten, beworben und in Verkehr gebracht hat, deren Verpackung eine Höhe von 7 cm aufweist und der in der Verpackung enthaltene Tiegel (mit Deckel) nur eine Höhe von 4 cm hat, und zwar entsprechend den Abbildungen zum Klageantrag sowie den Anlagen K 3 und K 4. Der dadurch und durch die konkrete Behauptung einer Irreführung des Verbrauchers durch diese Aufmachung bestimmte Streitgegenstand umfasst sowohl die mit der Klage geltend gemachte Fehlvorstellung über die Füllmenge des Tiegels als auch die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Fehlvorstellung über die Größe des Tiegels. Beide Fehlvorstellungen betreffen die Relation von äußerer Umverpackung und deren Inhalt.

b) Das Berufungsgericht hat durch die Annahme, es liege zwar keine Irrefüh15 rung über die Füllmenge der Creme, wohl aber eine Irreführung über die Größe des Tiegels vor, die Verurteilung auch nicht unter Verstoß gegen die im Zivilverfahren geltende Dispositionsmaxime auf einen Irreführungsaspekt gestützt, den die Klägerin nicht vorgetragen hat.
aa) Auch bei einem auf das Verbot der konkreten Verletzungsform gerichte16 ten Klageantrag kann der Kläger sein Rechtsschutzbegehren aufgrund der im Zivilprozess geltenden Dispositionsmaxime dahin fassen, dass aus einem bei natürlicher Betrachtungsweise einheitlichen Lebenssachverhalt nur bestimmte Teile zur
Beurteilung herangezogen werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - I ZR 64/07, GRUR 2010, 158 Rn. 22 = WRP 2010, 238 - FIFA-WM-Gewinnspiel; Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 151/11, ZUM-RD 2013, 314 Rn. 35). Als in diesem Sinne selbständig zu beurteilende Teile eines einheitlichen Streitgegenstands, die mit einem auf das Verbot einer konkreten Verletzungsform gerichteten Antrag geltend gemacht werden können, kommen beispielsweise verschiedene Irreführungsaspekte in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - I ZR 241/15, GRUR 2017, 295 Rn. 12 = WRP 2017, 303 - Entertain). Der weit gefasste Streitgegenstandsbegriff darf nicht dazu führen, dass der Beklagte neuen Angriffen des Klägers gegenüber schutzlos gestellt (vgl. BGHZ 194, 314 Rn. 22 - Biomineralwasser) oder gezwungen wird, sich von sich aus gegen eine Vielzahl von lediglich möglichen, vom Kläger aber nicht konkret geltend gemachten Irreführungsaspekten zu verteidigen (vgl. BGHZ 154, 342, 348 - Reinigungsarbeiten ; Großkomm.UWG/Grosch, 2. Aufl., § 12 A Rn. 281). Der Kläger ist daher gehalten, in der Klage substantiiert diejenigen Irreführungsaspekte darzulegen und zu den gemäß § 5 Abs. 1 UWG dafür maßgeblichen Tatbestandsvoraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung konkret vorzutragen, auf die er seinen Klageangriff stützen will (vgl. OLG Hamburg, LMuR 2013, 21, 23; OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 302 = WRP 2013, 1072; Köhler in Köhler/ Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12 Rn. 2.23i; Großkomm.UWG/Grosch aaO § 12 A Rn. 281). Dementsprechend darf auch das Gericht eine Verurteilung nur auf diejenigen Irreführungsgesichtspunkte stützen, die der Kläger schlüssig vorgetragen hat (vgl. OLG Frankfurt am Main, GRUR-RR 2013, 302; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 2.23i). Die schlüssige Darlegung eines Irreführungsgesichtspunkts setzt Vortrag dazu voraus, durch welche Angabe welcher konkrete Verkehrskreis angesprochen wird, welche Vorstellungen die Angabe bei diesem angesprochenen Verkehrskreis ausgelöst hat, warum diese Vorstellung unwahr ist und dass die so konkretisierte Fehlvorstellung geeignet ist, den Verbraucher oder
sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann sich der Beklagte hinreichend gegen den Angriff des Klägers verteidigen und das Gericht sodann prüfen, ob es - aus eigener Sachkunde oder nach Einholung eines Sachverständigengutachtens - die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung feststellen kann.
bb) Diesen Maßstäben wird die Begründung des Berufungsgerichts gerecht.
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Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Klägerin habe den vom Berufungsgericht angenommenen Gesichtspunkt der Irreführung über die Größe des Cremetiegels nicht schlüssig vorgetragen.
(1) Allerdings hat die Klägerin der Beklagten in der Klagebegründung die
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Verwendung einer "Mogelpackung" vorgeworfen und die entsprechende "Mogelei" in der Vortäuschung einer größeren Füllmenge, also der Menge der Creme gesehen. Sie hat der Beklagten insoweit einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG und damit gegen Vorschriften vorgeworfen, die das Vortäuschen einer bestimmten Füllmenge zum Gegenstand haben. Auch eine Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG hat die Klägerin im Vortäuschen einer größeren Füllmenge gesehen und entsprechenden Vortrag gehalten.
(2) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerin ihre Klage jedoch
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auch auf die vom Berufungsgericht festgestellte und zur alleinigen Grundlage der Verurteilung gemachte Irreführung über die Größe des Tiegels gestützt.
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Allerdings macht die Revisionserwiderung ohne Erfolg geltend, bereits der Klageantrag zeige ohne weiteres, dass es der Klägerin auch um eine Täuschung über die Verpackungsgröße des Tiegels gegangen sei; der Antrag hebe auf die Ausmaße der Höhe der Umverpackung und des Tiegels ab. Es geht vorliegend nicht darum, dass der Klageantrag und der vorgetragene Klagegrund und damit der Streitgegenstand die Größe von Umverpackung und Tiegel umfassten, sondern darum, auf welchen Irreführungsgesichtspunkt die Klage gestützt ist und ob insoweit die Voraussetzungen einer irreführenden geschäftlichen Handlung schlüssig vorgetragen worden sind.
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Ein hinreichend schlüssiger Vortrag einer Irreführung über dieTiegelgröße liegt im Streitfall aber darin, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen nicht nur auf einen Irrtum über die Füllmenge, sondern auch auf eine enttäuschte Verbrauchererwartung in Bezug auf die Größe des Tiegels abgestellt hat.
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2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der angesprochene Verkehr unterliege aufgrund der Gestaltung der Außenverpackung einer Fehlvorstellung über die Größe des Tiegels.
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a) Eine geschäftliche Handlung ist im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG irreführend , wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Dabei sind die in dieser Hinsicht vom Tatrichter getroffenen Feststellungen zur Verkehrsauffassung in der Revisionsinstanz nur darauf zu überprüfen, ob das Gericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHZ 194, 314 Rn. 42 - Biomineralwasser; BGH, Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 31/15, GRUR 2016, 1070 Rn. 18 = WRP 2016, 1217 - Apothekenabgabepreis; Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, GRUR 2016, 1193 Rn. 20 = WRP 2016, 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 21. Juli 2016 - I ZR 26/15, GRUR 2016, 1076 Rn. 37 = WRP 2016, 1221 - LGA tested; Urteil vom 3. November 2016 - I ZR 227/14, GRUR 2017, 418 Rn. 13 = WRP 2017, 422 - Optiker-Qualität, jeweils mwN).

b) Das Berufungsgericht hat eine Irreführung über die Füllmenge des Tie24 gels, also über die Menge des verkauften Produkts (Creme) abgelehnt. Es könne nicht festgestellt werden, dass sich der Verkehr für seine Erwartung an die Füllmenge des angebotenen Produkts an der Verpackungsgröße orientiere. Eine Verkehrsvorstellung dahingehend, dass der Verkehr bei einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte, könne nicht angenommen werden. Stattdessen gehe der Verkehr von einem angemessenen Verhältnis zwischen Verpackungsgröße und dem darin befindlichen Creme-Tiegel aus. Er erwarte Hohlräume allenfalls dort, wo sie etwa aus technischen Gründen - zum Beispiel zur Vermeidung von Transportschäden - hergestellt werden. Darum gehe es im Streitfall aber nicht. Der Verkehr werde deshalb in seiner Vorstellung irregeführt , dass die äußere Umverpackung einen Tiegel enthalte, der - von technisch bedingten Hohlräumen abgesehen - annähernd auch der Größe der Umverpackung entspreche. Die Angabe der Füllmenge auf der Packung lasse keine Rückschlüsse auf die Tiegelgröße zu. Auch die Abbildung des Tiegels auf der Verpackungsseite mit der Unterzeile "Die Produktabbildung entspricht der Originalgröße" schließe angesichts der situationsbedingten Flüchtigkeit, die der Verbraucher beim Kauf der Creme an den Tag lege, einen Irrtum im Hinblick auf die Tiegelgröße nicht aus.
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c) Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Mit Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht im Streitfall angenommen hat, der Annahme einer Fehlvorstellung über die Tiegelgröße stehe nicht entgegen, dass auf der Seitenansicht der Außenverpackung der Tiegel in seiner Originalgröße abgebildet und darauf auch mit der Unterzeile "Die Produktabbildung entspricht der Originalgröße" hingewiesen werde.
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aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei beim Kauf des streitgegenständlichen Produkts vom Maßstab des flüchtigen Verbrauchers auszugehen, der das Produkt regelmäßig auf Sicht aus dem Regal heraus kaufe, ohne es einer näheren Begutachtung zu unterziehen, ob und wenn ja welche aufklärenden Hinweise der Hersteller dem Kunden über die tatsächliche Größe der Innenverpackung gebe. Einem erheblichen Teil des Verkehrs werde schon die Abbildung des Tiegels auf der Seitenfläche der Verpackung in der Regel nicht ins Auge fallen. Jedenfalls werde dem Verkehr aber die Erläuterung unterhalb der Produktabbildung nicht auffallen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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bb) Für die Frage, wie eine Werbung verstanden wird, ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (st. Rspr.; vgl. nur Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 19 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg; Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 = WRP 2012, 1216 - Marktführer Sport; Urteil vom 5. Februar 2015 - I ZR 136/13, GRUR 2015, 906 Rn. 22 = WRP 2015, 1098 - TIP der Woche). Der Grad seiner Aufmerksamkeit ist von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung abhängig, die die beworbenen Waren für ihn haben. Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs oder beim ersten Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen ist seine Aufmerksamkeit regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 - Orient-Teppichmuster; Urteil vom 2. Oktober 2003 - I ZR 150/01, BGHZ 156, 250, 252 f. - Marktführerschaft; Urteil vom 11. Dezember 2003 - I ZR 50/01, GRUR 2004, 605, 606 = WRP 2004, 735 - Dauertiefpreise; Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, GRUR 2011, 1050 Rn. 24 = WRP 2011, 1444 - Ford-Vertragspartner; BGH, GRUR 2015, 906 Rn. 22 - TIP der Woche). Dagegen wird der Verbraucher eine Angabe mit situationsadäquat gesteigerter Aufmerksamkeit zur Kenntnis nehmen, wenn er für die angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen erheblichen Preis zu zahlen hat (vgl. BGH, GRUR 2000, 619, 621 - Orient-Teppichmuster; BGH, Urteil vom 19. April 2001 - I ZR 46/99, GRUR 2002, 81, 83 = WRP 2002, 81 - Anwalts- und Steuerkanzlei; BGH, GRUR 2011, 1050 Rn. 24 - Ford-Vertragspartner; BGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - I ZR 192/09, GRUR 2012, 402 Rn. 34 = WRP 2012, 450 - Treppenlift; Urteil vom 12. September 2013 - I ZR 123/12, GRUR 2014, 403 Rn. 17 = WRP 2014, 435 - DER NEUE). Maßgeblich für den Grad der Aufmerksamkeit des Verbrauchers ist außerdem die Art und Bedeutung der angebotenen Ware oder Dienstleistung (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 2 Rn. 123). Geht es um Produkte wie Lebensmittel, bei denen der Verbraucher seine Kaufentscheidung regelmäßig auch von ihrer Zusammensetzung abhängig macht, ist davon auszugehen, dass er nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Verzeichnisse über die Inhaltsstoffe wahrnehmen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-195/14, GRUR 2015, 701 Rn. 37 ff. = WRP 2015, 847 - BVV/Teekanne [Himbeer-Vanille-Abenteuer]; BGH, Urteil vom 24. Juli 2014 - I ZR 221/12, GRUR 2014, 1013 Rn. 34 = WRP 2014, 1184 - Original BachBlüten ; Urteil vom 9. Oktober 2014 - I ZR 167/12, GRUR 2014, 1224 Rn. 15 = WRP 2014, 1453 - ENERGY & VODKA; Urteil vom 2. Dezember 2015 - I ZR 45/13, GRUR 2016, 738 Rn. 15 = WRP 2016, 838 - Himbeer-VanilleAbenteuer II). Entsprechendes gilt für das hier vorliegende Produkt einer Gesichtscreme , die bestimmungsgemäß unmittelbar an prominenter Stelle auf den Körper aufgetragen wird. Ähnlich wie bei Lebensmitteln sind bei solchen Kosmetikprodukten regelmäßig nähere Angaben zur Zusammensetzung für den Verbraucher von Interesse. So sind Allergien und Unverträglichkeiten auch bei Kosmetikprodukten nach der Lebenserfahrung nicht selten. Hinzu kommt, dass der Verbraucher bei Kosmetika regelmäßig auf der Umverpackung gegebene kaufrelevante Hinweise zu Eigenschaften wie Konsistenz und Duftrichtung sowie zu Anwendungsgebieten und zur Art der Anwendung erwartet.
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cc) Mit diesen Grundsätzen steht die Annahme des Berufungsgerichts nicht im Einklang, dem Durchschnittsverbraucher, der die Produkte der Beklagten auf Sicht aus dem Regal heraus kaufe, werde die Abbildung des Tiegels auf der Seitenfläche der Umverpackung nicht ins Auge fallen. Jedenfalls die Gruppe von Verbrauchern, die die streitgegenständlichen Produkte das erste Mal im Laden erwerben und daher die Größe des Tiegels nicht ohnehin schon aus eigener Anschauung kennen, werden nicht nur die Schauseite der Umverpackung im Regal wahrnehmen, sondern das Produkt aus dem Regal in die Hand nehmen und dabei auch die Seitenansicht der Umverpackung wahrnehmen. Dabei werden ihnen die prominent und unmittelbar über den für den Durchschnittsverbraucher interessanten Hinweisen zur Anwendung des Produkts platzierte Abbildung des Tiegels und der Hinweis auf seine Originalgröße nicht verborgen bleiben.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Beru29 fungsgerichts, die Irreführung über die Tiegelgröße sei geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG ist eine irreführende geschäftliche Handlung
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nur unlauter, wenn sie geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Erforderlich ist, dass die Werbung geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 219/06, GRUR 2009, 888 Rn. 18 = WRP 2009, 888 - Thermoroll; BGH, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 - Marktführer Sport; GRUR 2016, 1073 Rn. 27 - Geo-Targeting).

b) Das Berufungsgericht hat die von ihm bejahte Relevanz für die Verbrau31 cherentscheidung damit begründet, dass der Verkehr bei größeren Verpackungen entsprechend größere Tiegel erwartet, die haptisch und optisch bei der täglichen oder gelegentlichen Anwendung der Gesichtscreme die Vorstellung von Wertigkeit und mehr oder minder besonderen pflegenden Eigenschaften des Produkts unterstreichen. Wie sich die jeweilige Gesichtscreme dem Verbraucher in dem jeweiligen Tiegel präsentiere, sei daher für seine Kaufentscheidung neben anderen Kriterien wie der jeweiligen - auch markenabhängigen - Erwartung an die Qualität der eigentlichen Creme oder dem Preis von maßgeblicher Bedeutung. Die Beklagte weise selbst darauf hin, dass es im streitgegenständlichen Produktsegment um ein gehobenes Produkt gehe, das "ein kleines bisschen Luxus im Alltag" verkörpere. Das drücke sich im Verkehr auch in der Gestaltung und Größe des Tiegels aus.
32
c) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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aa) Soweit das Berufungsgericht darauf abstellt, dass neben der Qualität und dem Preis der Creme auch die Haptik, Optik und Gestaltung des Tiegels eine Relevanz für die Kaufentscheidung haben kann, ist dies für die vorliegend allein maßgebliche Frage der relativen Größe des Tiegels im Vergleich zur Umverpackung nicht von Bedeutung. In Bezug auf dieses Größenverhältnis hat das Berufungsgericht eine Relevanz für die Verbraucherentscheidung nur behauptet, nicht aber nachvollziehbar begründet. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Vortrag der Beklagten zur Beziehung zwischen der Höherwertigkeit des Produkts und der Größe der Umverpackung geht ins Leere. Es geht vorliegend allein um die Relevanz der Größe des in der (als zu groß gerügten) Umverpackung einliegenden Tiegels. Hierzu hat die Beklagte keinen Vortrag gehalten. Der vom Berufungsgericht und der Beschwerdeerwiderung in Bezug genommene Vortrag der Beklagten befasste sich vielmehr damit, dass eine Irreführung über die Füllmenge schon deshalb ausscheide, weil der Verkehr daran gewöhnt sei, bei höherpreisigen Cremes unabhängig von der gleichbleibend erwarteten Füllmenge von 50 ml größere Außenpackungen vorzufinden. Dass der Verkehr bei höherpreisigen Cremes - bei gleicher Füllmenge - einen größeren Tiegel erwartet, ist vom Berufungsgericht weder festgestellt noch von der Klägerin oder der Beklagten vorgetragen worden und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Es ist auch fernliegend, dass die Größe des Tiegels als solche, also unab34 hängig von der in ihm enthaltenen Füllmenge der Ware, einen eigenständigen Wert für den angesprochenen Verbraucher darstellen könnte. Zwar ist denkbar, dass der Tiegel etwa durch die Werbung der Beklagten als besonders vorteilhaft dargestellt oder als ein über seine primäre Funktion als Behältnis der Creme hinausgehend verwendbarer Gegenstand oder als Sammlerobjekt angesehen werden kann. Solche besonderen Umstände sind hier aber weder festgestellt worden noch sonst ersichtlich.
bb) An einer tragfähigen Begründung der Relevanz für die Verbraucherent35 scheidung fehlt es schließlich auch dann, wenn man mit dem Berufungsgericht die Größe des Hohlraums in der Umverpackung in den Blick nimmt. Zwar könnte ein Irrtum über einen Hohlraum in der Umverpackung - auch unabhängig von der Füllmenge - für die Kaufentscheidung relevant sein, weil viele Verbraucher ihre Kaufentscheidung erfahrungsgemäß an ökologischen Kriterien ausrichten und deshalb den Kauf von Produkten ablehnen werden, die unverhältnismäßig große Umverpackungen haben und deshalb unnötigen Müll produzieren. Auf diesen Aspekt der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes hat sich das Berufungsgericht
aber nicht gestützt. Die Klägerin hat sich auf diesen Gesichtspunkt nicht berufen. Abweichendes macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend.
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In diesem Zusammenhang ist zudem erneut zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht einen Irrtum des Verkehrs über die Füllmenge gerade ausgeschlossen und allein auf eine Fehlvorstellung über die Relation zwischen der Umverpackung und der Innenverpackung abgestellt hat. Die vom Berufungsgericht insoweit angenommene Irreführung könnte die Beklagte bereits dadurch vermeiden , dass sie - bei gleicher Füllmenge - die Tiegelgröße der Größe der Außenverpackung anpasst, indem sie nunmehr den Tiegel als Innenverpackung der angebotenen Ware mit einem Hohlraum versieht und damit (mit Blick auf die Warenmenge ) überdimensioniert ausführt, um so für ein vom Berufungsgericht für maßgeblich erachtetes ausgewogenes Verhältnis zwischen Außenpackung und Tiegel zu sorgen. Diese Überlegung zeigt, dass die Existenz eines Hohlraums in der Verpackung allein dann eine Relevanz für die Entscheidung eines umweltbewussten Verbrauchers haben kann, wenn sie mit der Irreführung über die Menge des in der Verpackung enthaltenen Produkts einhergeht. Dass eine Relevanz für die Verbraucherentscheidung bei der Täuschung über die Füllmenge, also der Menge der Creme, die der Verbraucher für den Kaufpreis enthält, gegeben ist, liegt auf der Hand und hat den Gesetzgeber zur Schaffung der speziellen Irreführungstatbestände gemäß § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG veranlasst. Eine solche Irreführung hat das Berufungsgericht im Streitfall jedoch gerade verneint.
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4. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auch die vom Berufungsgericht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG gestützte Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der von der Klägerin geltend gemachten Abmahnkosten der rechtlichen Nachprüfung nicht standhält. Hinzu kommt, dass die Abmahnung auch bei Zugrundelegung der vom Berufungsgericht angenommenen Irreführung über die Tiegelgröße deshalb nicht berechtigt im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG war, weil sie allein auf die - auch vom Berufungsgericht verneinte - Irreführung über die Füllmenge gestützt war (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 219/12, GRUR 2013, 1252 Rn. 20 = WRP 2013, 1582 - Medizinische Fußpflege; Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 36/11, GRUR 2015, 403 Rn. 44 = WRP 2015, 444 - Monsterbacke II). Sie konnte deshalb nicht die ihr zukommende Funktion erfüllen , die Beklagte in die Lage zu versetzen, die ihr vorgeworfene konkrete Verletzungshandlung unter den in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen und ihr die Möglichkeit zu geben, insoweit die gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden (vgl. BGH, GRUR 2015, 403 Rn. 44 - Monsterbacke II; BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 7/14, GRUR 2016, 184 Rn. 57 = WRP 2016, 66 - Tauschbörse II, mwN).
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III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar. Die Revision der Beklagten ist daher nicht gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, das Berufungsgericht
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habe rechtsfehlerhaft eine Irreführung über die Füllmenge des Tiegels, also über die Menge des verkauften Produkts (Creme) abgelehnt. Die Klageanträge seien deshalb sowohl gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG als auch nach § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG begründet.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, es liege weder ein Verstoß ge40 gen die zum Zeitpunkt der Klageerhebung und noch bis zum 31. Dezember 2014 geltende Vorschrift des § 7 Abs. 2 EichG noch gegen die seitdem geltende Bestimmung des § 43 Abs. 2 MessEG vor. Die nach diesen Vorschriften erforderliche Täuschung über die Füllmenge liege nicht vor. Es könne nicht festgestellt
werden, dass der Verkehr in einer größeren Verpackung stets auch eine größere Füllmenge erwarte. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Allerdings müssen Fertigpackungen so gestaltet und befüllt sein, dass sie
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keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist (§ 7 Abs. 2 EichG, § 43 Abs. 2 MessEG). Eine nach diesen Vorschriften verbotene Irreführung über die Füllmenge stellt auch eine unlautere geschäftliche Handlung gemäß § 4 Nr. 11 UWG aF, § 3a UWG, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG dar. Die allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Irreführungsvorschriften sind neben dem Verbot nach § 7 Abs. 2 EichG und § 43 Abs. 2 MessEG anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1981 - I ZR 156/79, BGHZ 82, 138, 142 - Kippdeckeldose; Peifer /Obergfell in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 5 Rn. 300). Sie werden auch nicht durch das Irreführungsverbot gemäß Art. 20 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (Kosmetik-Verordnung) verdrängt. Im Streitfall geht es nicht um irreführende Angaben über Merkmale oder Funktionen eines kosmetischen Mittels, die nach den speziellen Vorschriften des Kosmetikrechts in Verbindung mit § 3a UWG zu beurteilen sind (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 - I ZR 36/14, GRUR 2016, 418 Rn. 12 = WRP 2016, 463 - Feuchtigkeitsspendendes Gel-Reservoir). Gegenstand der Klage ist vielmehr eine Täuschung über die Füllmenge eines Produkts durch die Größe der Verpackung und damit ein Gesichtspunkt, der unabhängig von Angaben zu Merkmalen und Funktionen kosmetischer Erzeugnisse für die Verbraucherentscheidung relevant werden kann. Gemäß Erwägungsgrund 51 der Kosmetik-Verordnung werden die allgemeinen Regelungen zum Täuschungsschutz im Hinblick auf solche produktübergreifenden, nicht die Wirksamkeit und andere Eigenschaften kosmetischer Erzeugnisse betreffenden Täuschungsgesichtspunkte nicht durch die speziellen Vorschriften des Kosmetikrechts verdrängt (vgl. Reinhart/Natterer, KosmetikVO, 2014, Art. 20 Rn. 19).
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3. Das Berufungsgericht hat aber ausgehend von zutreffenden rechtlichen Grundsätzen in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Streitfalls eine Irreführung über die Füllmenge verneint.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr erwarte zwar grund43 sätzlich, dass die Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge des Produkts stehe. Die Verkehrsvorstellung könne jedoch je nach Art des verpackten Produkts divergieren. Sei dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt, dass die Verpackungsgröße regelmäßig außer Verhältnis oder in keinem bestimmten Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stehe, sei eine solche Verpackungsgröße nicht zur Täuschung geeignet. Dies sei etwa bei Pralinenpackungen der Fall, die häufig nach Art einer Geschenkverpackung angeboten würden. Auch Parfümflaschen seien regelmäßig in besonderer Weise gestaltet und stünden in ihren Ausmaßen und daran orientiert auch hinsichtlich ihrer Umverpackung in keinem für den Verkehr klar erkennbaren Verhältnis zur Füllmenge.
So liege es auch im Streitfall in Bezug auf die Füllmenge des in der Umver44 packung enthaltenen Cremeprodukts. Zwar könne nicht davon ausgegangen werden , dass der Verkehr stets unabhängig von der Verpackungsgröße eine Füllmenge von nicht mehr als 50 ml erwarte und schon deswegen nicht imHinblick auf die Füllmenge des eigentlichen Produkts in seinen Erwartungen enttäuscht werden könne. Es könne aber auch nicht festgestellt werden, dass sich der Verkehr für seine Erwartung an die Füllmenge des angebotenen Produkts an der Verpackungsgröße orientiere. Es sei unstreitig und im Übrigen aus den von der Beklagten vorgelegten Produkten erkennbar, dass einheitliche Packungsgrößen am Markt nicht angeboten würden. So seien die die Gesichtspflegecremes enthaltenden Tiegel von unterschiedlicher Ausgestaltung und Größe. Wisse der Verkehr aber nicht, dass die am Markt angebotenen Gesichtspflegeprodukte weit über-
wiegend lediglich eine Füllmenge von 50 ml enthielten und sei - wie im Streitfall - auch nichts dafür vorgetragen oder sonst erkennbar, dass der Verkehr bestimmte Grundannahmen zum Verhältnis von Packungsgröße und Füllmenge des darin enthaltenen eigentlichen Cremeprodukts habe, erwarte der Verkehr von einer Verpackung, die größer sei als die Verpackung von einigen Wettbewerbsprodukten oder auch anderen Produkten des jeweiligen Anbieters, keine größere Füllmenge. Es fehle an einer im Verhältnis zur Verpackungsgröße stehenden üblichen Füllmenge, an der sich der Verkehr orientieren könne.
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b) Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Revisionserwiderung macht geltend, das Berufungsgericht habe über46 sehen, dass sich der Verkehr nach der Lebenserfahrung bei Einkäufen des täglichen Bedarfs vom optischen Eindruck der Ware leiten lasse und bei einer größeren Verpackung grundsätzlich eine größere Warenmenge erwarte. Von dieser Verbrauchererwartung seien zwar Ausnahmen möglich, sofern dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt sei, dass die Verpackungsgrößen regelmäßig außer Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stünden. Ein solcher Ausnahmefall müsse aber vom Werbenden dargelegt und bewiesen werden. Das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung dieses Regel-Ausnahmeverhältnisses nicht hinreichend berücksichtigt und demzufolge der Klägerin zu Unrecht die Darlegungs- und Beweislast für die Fehlvorstellung des Verkehrs hinsichtlich der Füllmenge auferlegt. Dem kann nicht zugestimmt werden.
Das Berufungsgericht ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung -
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von der grundsätzlichen Verkehrserwartung ausgegangen, dass die Verpackung in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge des Produkts steht. Es hat weiter mit Recht angenommen, die Verkehrsvorstellung könne allerdings je nach Art des verpackten Produkts divergieren und dies sei aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. auch Peifer/Obergfell aaO § 5 Rn. 300; MünchKomm.UWG/Busche, 2. Aufl., § 5 Rn. 423; GrossKomm.UWG/ Lindacher, 2. Aufl., § 5 Rn. 531). Vor diesem Hintergrund hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei geprüft, ob dem Verkehr aufgrund entsprechender Gewöhnung bekannt sei, dass die Verpackungsgröße regelmäßig außer Verhältnis oder in keinem bestimmten Verhältnis zum Inhalt des eigentlichen Produkts stehe. Es ist dabei auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten und der Begutachtung der von ihr eingereichten Produkte zu der tatrichterlichen Überzeugung gelangt, der Verkehr werde seine Vorstellungen von der Füllmenge auf dem im Streitfall maßgeblichen Produktsegment der Cremes für die Gesichtspflege nicht derart an der Verpackungsgröße orientieren, dass im Streitfall eine Irreführung über die Füllmenge vorliegt. Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, es sei zwischen den Parteien unstreitig, dass einheitliche Packungsgrößen in diesem Marktsegment nicht angeboten werden. Dass das Berufungsgericht bei der mit der Lebenserfahrung im Einklang stehenden Bestimmung der Verkehrsauffassung von unzutreffenden tatsächlichen Umständen ausgegangen ist, legt die Revisionserwiderung nicht dar. Mit ihrem Einwand, bei sachgerechter und lebensnaher Betrachtung werde der Verkehr durch die Größe der Verpackung dazu verleitet , die Füllmenge zu überschätzen, da derartige "Mogelpackungen" in der Branche nicht üblich seien, versucht sie lediglich in revisionsrechtlich unzulässiger Weise, ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen.
IV. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und
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das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Berufungsurteils nur wegen Rechtsverletzungen bei der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die angegriffene Produktverpackung richtet sich an das allgemeine Publikum, so dass der Senat selbst abschließend beurteilen kann, welchen Eindruck der Verkehr bei deren Wahrnehmung gewinnen wird (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 2012 - I ZR 205/11, GRUR 2013, 644 Rn. 23 = WRP 2013, 764 - Preisrätselgewinnauslobung V, mwN).
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 27.01.2015 - 312 O 51/14 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 25.02.2016 - 3 U 20/15 -

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)