Bundesgerichtshof Urteil, 23. Jan. 2019 - 5 StR 479/18

bei uns veröffentlicht am23.01.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 479/18
vom 23. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Geldwäsche u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230119U5STR479.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Januar 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft wird gemäß § 154a Abs. 2 StPO die Verfolgung bezüglich der Tat zu B.II der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Geldwäsche und versuchten Geldwäsche beschränkt.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 14. März 2018, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch bezüglich Tat B.II der Urteilsgründe dahingehend geändert, dass der Angeklagte der Geldwäsche in elf tateinheitlichen Fällen und hierzu tateinheitlich der versuchten Geldwäsche in 60 weiteren Fällen schuldig ist, und
b) im Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbenannte Urteil, soweit es diesen Angeklagten betrifft, aufgehoben
a) im Fall B.III der Urteilsgründe, einschließlich der Feststellungen zum Betrugsschaden und zum diesbezüglichen Vorsatz,
b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe sowie
c) bezüglich der Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen, soweit die Einziehung weiterer 84.153,82 Euro unterblieben ist.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten der „Geldwäsche in Tateinheit mit Erbringen von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis in elf tateinheitlichen Fällen sowie tateinheitlich weiteren 60 Fällen der versuchten Geldwäsche in Tateinheit mit Erbringen von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis sowie in Tatmehrheit der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke und Beihilfe zur banden- und gewerbsmäßigen Kennzeichen- verletzung in 19.779 tateinheitlichen Fällen“ schuldig gesprochen, gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verhängt sowie die Einziehung von 170.947,10 Euro als Wertersatz angeordnet. Hiergegen richtet sich die umfassende, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten , während die Staatsanwaltschaft mit ihrer ebenfalls auf die Sachrüge ge- stützten Revision zu Lasten des Angeklagten die fehlerhafte Anwendung der Einziehungsvorschriften, die Annahme einer Beihilfe statt Mittäterschaft bei der Kennzeichenverletzung und das Unterlassen einer Verurteilung wegen Betrugsversuches in diesem Tatkomplex beanstandet. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat im Anfechtungsumfang weitgehend Erfolg, während die Revision des Angeklagten – nach teilweiser Beschränkung der Verfolgung – zu seinen Gunsten zur Aufhebung des Strafausspruchs führt.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts arbeitete der russischstämmige Angeklagte mit dem nicht revidierenden, ebenfalls aus Russland stammenden Mitangeklagten Pa. seit 2001 in verschiedenen Internetprojekten zusammen, die jedenfalls seit 2009 im Wesentlichen illegaler Natur waren. Während ihres ersten Aufenthalts in Deutschland gründeten beide 2003 die T. L. GmbH mit Sitz in Deutschland, deren zunächst faktischer und später eingetragener Geschäftsführer Pa. war. Dieser war „Kopf und Leiter“ aller Projekte. Er leistete unter anderem die wesentlichen Programmierarbeiten, war für die Entwicklung und Überwachung der einzelnen Projekte sowie für die Aufgabenverteilung und die Finanzen einschließlich der Verteilung der durch die illegalen Projekte eingeworbenen Gelder verantwortlich. Dem Angeklagten P. oblag als Stellvertreter des Pa. insbesondere die Oberaufsicht über den technischen Bereich und die Anleitung der für die verschiedenen Projekte angeworbenen Personen. Als Hauptprogrammierer kümmerte er sich auch um die Wartung, Fortentwicklung und Organisation der wesentlichen Datenbanken , die Pa. programmiert hatte. Zudem war er der maßgebliche Berater von Pa. und tauschte sich nahezu täglich per Chat mit ihm über Grund- und De- tailfragen der Projekte aus. Beide arbeiteten über das Internet zusammen, der Angeklagte P. von seinem Wohnort in N. , Pa. vorwiegend von F. aus. Dabei kommunizierten die Angeklagten und die weiteren in die Projekte eingebundenen Personen unter Pseudonymen über ein vom Angeklagten P. verwaltetes System von IP-Adressen, die als Kommunikationsschnittstellen die Rückverfolgung der Datenflüsse zur IPAdresse des eigentlichen Absenders verhinderten (sogenannte Proxys).
3
Die Daten der verschiedenen Projekte waren auf zahlreichen Servern in verschiedenen Ländern abgelegt, die von Pa. unter falschen Identitäten angemietet worden waren. Zur Abwicklung der finanziellen Transaktionen wurden gleichfalls unter falschen Identitäten eingerichtete oder von Dritten gekaufte Paypal-Konten und über Strohmänner gehaltene Offshore-Firmen genutzt, deren Konten Pa. über Zugangsdaten und Kreditkarten nutzte.
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2. Vor diesem organisatorischen Hintergrund kam es zu folgenden Taten:
5
a) Tat B.II: Hauptprojekt der beiden Angeklagten war ein seit Oktober 2009 weitgehend automatisiertes System zur Entgegennahme und Verwertung von aus Straftaten erlangten sogenannten Paysafe-Codes (auch als Paysafe -Cards bezeichnet). Dabei handelt es sich um von der Paysafe-Gruppe ausgegebene elektronische Zahlungsmittel nach dem Prepaid-Prinzip, nämlich um 16-stellige PIN-Codes, die unter anderem bei Tankstellen, Postämtern, Tabakläden oder Supermärkten in über 40 Ländern zum Nennwert von vorgegebenen Guthaben zwischen 10 und 100 Euro (oder der jeweiligen Landeswährung ) erworben werden können. Die PIN-Codes repräsentieren die erworbenen Guthaben und können vom Erwerber online bei vertraglich an die PaysafeGruppe gebundenen Unternehmen (sogenannte Merchants) für die Zahlung von Beträgen bis 1.000 Euro genutzt werden. Die Firma Paysafe, ein lizensiertes und registriertes E-Geld-Institut (§ 1 Abs. 2 ZAG; vgl. auch § 1a ZAG aF), garantiert ihren Merchants die Umwandlung der entgegengenommenen Paysafe -Codes in normale Währung und den Erwerbern der Codes – gegen Vorlage des Kaufbeleges – den Rücktausch eines nicht verbrauchten Guthabens.
6
Insbesondere im Bereich der Telekommunikation, aber auch beim Warenverkehr ist die Bezahlung mit Paysafe-Codes fest etabliert, im kommerziellen Bereich der Online-Spiele sowie ähnlichen Internetgeschäften sogar das wesentliche Zahlungsmittel. Die Bezahlung mittels Paysafe-Code erfolgt vollständig anonym. Der Weiterverkauf ist durch Allgemeine Geschäftsbedingungen untersagt.
7
Pa. richtete zum geschäftsmäßigen Erwerb und der späteren Verwertung von Paysafe-Codes eine eigene Internetseite ein. Hierüber konnten Kunden in beliebiger Zahl Paysafe-Codes gegen Auszahlung des Verwertungserlöses abzüglich einer Gebühr (im Normalfall 40 %) einliefern. Voraussetzung war lediglich die anonyme Registrierung mit einer E-Mail-Adresse und die Angabe eines Zahlungsweges. Das Online-Portal wurde zunächst vom gesondert verfolgten K. betreut. Nachdem die Daten anfänglich noch manuell gespeichert wurden, entwickelte Pa. später für größere Kunden ein internetbasiertes automatisiertes Datenbank- und Verwertungssystem; auch hierbei wirkte der Angeklagte P. wesentlich durch Programmierarbeiten mit. Die Auszahlung an die Kunden erfolgte zur Verschleierung des Zahlungsflusses über Konten der von Pa. genutzten Offshore-Firmen, über ein anonym nutzbares russisches elektronisches Zahlungssystem, über mit falschen Identitäten eingerichtete Paypal-Konten sowie teilweise nach Barabhebungen durch den Postversand von Bargeld.
8
Die von den Kunden „eingelieferten“ Paysafe-Codes stammten in den ausgeurteilten elf vollendeten Fällen aus folgenden Straftaten:
9
Im ersten Fall aus dem gewerbsmäßigen Betrieb eines illegalen „Cardsharing-Portals“ für den deutschsprachigen Markt, bei dem gezielt Ver- schlüsselungstechnik von Pay-TV-Anbietern umgangen wurde (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 28. August 2018 – 5 StR 325/18), im zweiten Fall aus banden- und gewerbsmäßigen Betrugstaten in Form von Phishing-Anrufen aus türkischen Call-Centern bei bundesweiten Verkaufsstellen von Paysafe-Codes (insbesondere Tankstellen) zur Erlangung derselben, im dritten Fall aus ge- werbsmäßig begangenen betrügerischen „Gewinnversprechen“ zum Nachteil vorwiegend älterer Personen in Deutschland, im vierten Fall aus dem gewerbsmäßigen Betrieb eines Internet-Portals, über das von deutschen Staatsbürgern auch von Deutschland aus urheberrechtlich geschützte ebooks zum illegalen Download angeboten wurden, im fünften Fall aus einer von Deutschland aus illegal und gewerbsmäßig betriebenen „Online-Wechselstube“, bei der vollständig anonym aus gewerbsmäßigen Betrugs- und Erpressungstaten sowie geschäftsmäßig betriebenen Urheber- und Markenrechtsverletzungen erlangte Paysafe-Codes in Bitcoins getauscht werden konnten, in den Fällen 6 sowie 8 bis 11 aus der gewerbsmäßigen Verletzung von Urheberrechten durch das – in den Fällen 6, 8, 9 und 11 sicher von Deutschland aus unterbreitete – illegale Angebot von geschützten Online-Spielen auf deutschsprachigen Webseiten und im Fall 7 aus gewerbsmäßiger Erpressung mittels Schadsoftware. In den übrigen verfahrensgegenständlichen Fällen 12 bis 71 ist das Verfahren auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Versuchs beschränkt worden.
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Alle Beteiligten gingen insgesamt davon aus, dass – allenfalls abgesehen von hier nicht relevanten Gelegenheitslieferungen – die Paysafe-Codes aus Straftaten wie insbesondere Erpressungshandlungen mittels sogenannter „Tro- janer“ oder dem Betriebunter Verletzung von Urheberrechten durchgeführter illegaler Online-Spiele stammten, die zur Erlangung auf Dauer angelegter Einnahmequellen in nicht unerheblichem Umfang begangen wurden. Für die Verwertung aus solchen Straftaten erlangter Gewinne war ihr Portal aufgrund der vollständigen Anonymität ideal. Ihnen war bewusst, dass es sich dabei um „professionelle Geldwäsche“ handelt. Die Angeklagten nahmen zudem von Anfang an billigend in Kauf, dass die Entgegennahme und Verwertung von PaysafeCodes gegen Entgelt zur Beschaffung von Liquidität des Einlieferers erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen sein könnten.
11
Zwischen Oktober 2009 und November 2015 wurden auf diese Weise über 71 Benutzeraccounts 492.418 Paysafe-Codes im Nominalwert von 20.616.409,11 Euro eingeliefert und bei deren Verwertung ein Erlös von mindestens 13.358.629,13 Euro erzielt. Pa. behielt hiervon 6.226.589,40 Euro als Gewinn. Der Angeklagte P. erhielt von Pa. für seine Tätigkeiten ein offiziell von der T. L. GmbH gezahltes Gehalt (von Januar 2011 bis November 2015 insgesamt 84.153,82 Euro) sowie monatliche Bonuszahlungen, die sich an der Höhe der Verwertungserlöse aus den Paysafe-Codes orientierten (insgesamt umgerechnet 170.947,10 Euro). Mit ihren Tätigkeiten wollten sich die Angeklagten eine fortlaufende erhebliche Einnahmequelle zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts erschließen.
12
b) Tat B.III: Darüber hinaus vertrieb Pa. unter Mitwirkung des Angeklagten P. , der insoweit insbesondere als „technischer Oberaufseher“ tätig war, und des gesondert verfolgten G. über verschiedene Verkaufsportale im Internet (Webshops) unter bewusster Verletzung von Urheber- und Markenrechten geschützte Betriebs- und Anwendungsprogramme der Microsoft Corporation ohne deren Einwilligung. Den Kunden wurden die Programme mit erheblichen Nachlässen von meist um die 50 % auf den üblichen Preis unter der Vorspiegelung verkauft, es handele sich um rechtmäßig nutzbare Programmversionen. Zunächst wurde nach vorheriger Bezahlung der Download der Programme ermöglicht. Hierfür wurde den Kunden per E-Mail der Zugang zum Download-Bereich des Webshops ermöglicht, so dass sie das auf dem Server des Webshops als sogenannte „ISO-Datei“ gespeicherte Programm nebst Installationsanleitung herunterladen konnten. Bei diesen im Internet grundsätzlich frei verfügbaren ISO-Dateien handelte es sich um ein „Speicher- abbild“, also eine 1 : 1-Kopie des Originalprogramms, die auf einem Datenträger gespeichert für die dauerhafte Nutzung mit Hilfe eines entsprechenden Lizenzschlüssels aktiviert werden musste. Zugleich wurden deshalb per E-Mail Produkt-Aktivierungs-Schlüssel übermittelt, mit denen die Kunden die Programme freischalten konnten. Dabei wurde den Kunden vorgespiegelt, dass die von Pa. von seinem Wohnsitz in F. vor allem aus illegalen chinesischen Quellen stammenden Produkt-Aktivierungs-Schlüssel eine rechtmäßig erworbene Lizenz repräsentierten, die wirksam auf die Erwerber übertragen werde und daher gegenüber Microsoft als der Inhaberin der Urheberrechte zur Nutzung des geschützten Programms berechtige; tatsächlich war dies nicht der Fall. Die Webshops erweckten in ihrer professionellen Gestaltung bewusst den Anschein, als seien die Betreiber offizielle Vertragspartner von Microsoft („Microsoft Partner Network“).Ohne Einwilligung von Microsoft wurden darauf unter anderem die geschützten Marken „Microsoft Office“, „Microsoft“ und „Windows“ sowie das geschützte Microsoft-Logo verwendet. All dies wussten die Angeklagten und der gesondert verfolgte G. oder nahmen es wenigstens billigend in Kauf.
13
Insgesamt wurden auf diese Weise zwischen Mai 2014 und November 2015 in 19.779 Fällen Microsoft-Computerprogramme an Käufer aus dem In- und Ausland verkauft, wofür über 1,4 Millionen US-Dollar bezahlt wurden; unter Berücksichtigung von Rückbuchungen verblieb hiervon mindestens 1 Million Euro. Die Käufer erhielten hierfür eine funktionsfähige Software, die sie mit den Produktschlüsseln aktivieren konnten, allerdings ohne Lizenzrecht. Typischerweise erfolgte die Zahlung in der irrigen Annahme, tatsächlich ein gegenüber Microsoft wirksames Nutzungsrecht an den Programmen erworben zu haben. Die Möglichkeit, dass die Kunden von Microsoft zur Löschung der nicht lizensierten Programme oder auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnten, bedachten die Angeklagten nicht; tatsächlich bestand dieses Risiko auch nicht. Alle Beteiligten handelten wiederum in der Absicht, sich durch ihr Tun eine erhebliche Einnahmequelle von einiger Dauer zu verschaffen.
14
3. Im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung hat die Wirtschaftsstrafkammer unter anderem ausgeführt, einer Verurteilung wegen Betruges zum Nachteil der Erwerber von Microsoft-Software stehe entgegen, dass diesen bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Schaden entstanden sei. Die erworbene Software sei einwandfrei lauffähig gewesen, ein rechtlich mögliches Vorgehen von Microsoft gegenüber diesen Kunden praktisch ausgeschlossen. Da auch die Angeklagten davon ausgegangen seien, fehle es insoweit am Vorsatz bezüglich eines Schadens. In den Fällen der Marken- und Urheberrechtsverletzungen seien die Tatbeiträge des Angeklagten P. in der Summe von mittäterschaftlichem Gewicht, wenn auch an der Untergrenze der Mittäterschaft hin zur Beihilfe.
15
Hinsichtlich der Verwertung von Paysafe-Codes hat die Strafkammer insgesamt eine Tat des Angeklagten P. angenommen, weil er ohne Zäsuren hinsichtlich einzelner „Befüller“ seinen Tatbeitrag kontinuierlichgeleis- tet habe. Die Strafe für diese Tat (drei Jahre Freiheitsstrafe) hat das Landgericht dem Strafrahmen des § 261 Abs. 4 Satz 1 StGB entnommen, diejenige für die zweite Tat (ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe) dem nicht gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen von § 143 Abs. 2 MarkenG.
16
Als vom Angeklagten P. im Sinne von § 73 Abs. 1 StGBerlangt hat das Landgericht zum einen die ihm als Bonuszahlungen im ersten Tatkomplex zugeflossenen Beträge angesehen, zum anderen die im Tatzeitraum für seine Gesamttätigkeit, die im Wesentlichen die verfahrensgegenständlichen Straftaten betraf, erhaltenen Gehaltsauszahlungen. Letztere hat die Strafkammer aber nach eigenem Bekunden versehentlich bei der Fassung des Urteilstenors vergessen.

II.


17
Die Revision des Angeklagten erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg.
18
1. Die auf rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Schuldsprüche, soweit der Senat die Verfolgung nicht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt hat.
19
a) Im ersten Tatkomplex haben sich die Angeklagten in elf vollendeten Fällen der mittäterschaftlichen Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 Nr. 4a und b, Abs. 2 Nr. 1 StGB schuldig gemacht, indem sie sich die Paysafe-Codes und damit aus Katalogtaten herrührende Vermögenswerte verschafft haben. Die Feststellungen zu den Vortaten sind hinreichend konkret (vgl. zu den Anforderungen BGH, Urteil vom 15. August 2018 – 5 StR 100/18 mwN). Die Vortaten wurden entweder in Deutschland begangen (vgl. § 9 Abs. 1 StGB) oderwaren – wie dies im Fall 7 in Betracht kommen könnte – als reine Auslandstaten auch am Tatort mit Strafe bedroht (vgl. § 261 Abs. 8 StGB). In den von der Strafkammer auf den rechtlichen Gesichtspunkt des Versuchs gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkten Fällen hatten die Angeklagten jedenfalls die Vorstellung, dass die erlangten Paysafe-Codes jeweils aus gewerbsmäßigen Vermögensstraftaten oder ebensolchen Urheberrechtsverletzungen herrührten und nahmen dies billigend in Kauf. Soweit das Landgericht die Tatbeiträge des Angeklagten P. als tateinheitlich verwirklicht angesehen hat, begegnet dies keinen Bedenken.
20
b) Allerdings belegen die Feststellungen der Strafkammer nicht die Voraussetzungen des zusätzlich tateinheitlich angenommenen Erbringens von Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG. Entgegen der Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den Paysafe-Codes nicht um Rechnungseinheiten im Sinne von § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG und damit auch nicht um Finanzinstrumente (vgl. zu den Voraussetzungen Klöhn/Parhofer, ZIP 2018, 2093, 2095 ff.; Lehmann, NJW 2018, 3736 f.; Patz, MMR 2018, 830, 831 f.; vgl. auch KG, NJW 2018, 3734). Damit konnten die Angeklagten durch Annahme der Paysafe-Codes und Auszahlung des einlösbaren Wertes abzüglich einer Provision auch keinen genehmigungspflichtigen Eigenhandel im Sinne von § 1 Abs. 1a Nr. 4 Buchst. c KWG betreiben (vgl. zu Finanzkommissionsgeschäften näher Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG – CRR-VO, 5. Aufl., § 1 Rn. 69 ff. mwN).
21
Vielmehr stellen derartige Prepaid-Codes als eine Form von E-Geld zunächst Zahlungsmittel dar. E-Geld ist jeder elektronisch gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrages ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird (§ 1 Abs. 2 Satz 3 ZAG). Dies ist bei den Paysafe-Codes der Fall (vgl. zur PaysafeCard als E-Geld auch Allgemeinverfügung der BaFin vom 15. Januar 2014 – GW 3-K-5004-127581-2013/0001). Den Umgang mit derartigen Zahlungsmit- teln regelt für die vorliegende Konstellation vorrangig das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Eine Strafbarkeit des Angeklagten P. käme deshalb – wie in Anklage und Eröffnungsbeschluss ursprünglich angenommen – nach § 31 ZAG aF (vgl. auch § 63 ZAG nF) in Betracht. Allerdings hat der Senat entschieden, dass sich die genannte Strafnorm im Tatzeitraum lediglich an Unternehmen richtet, womit eine Strafbarkeit des Angeklagten als Täter ausscheiden könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2015 – 5 StR 189/15, StV 2017, 114 m. Anm. Achtelik; siehe auch Weiß, wistra 2016, 160; Lösing, WuB 2016, 379; Venn, ZWH 2016, 206). Ob an dieser Rechtsauffassung festzuhalten ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil der Senat diesen Tatvorwurf aus prozessökonomischen Gründen von der Verfolgung ausgenommen hat.
22
c) Im zweiten Tatkomplex haben die Angeklagten durch Übersendung der Produktschlüssel und Links zum Herunterladen der Software Computerprogramme im Sinne von § 69c Nr. 3 UrhG verbreitet (vgl. OLG München, Urteil vom 1. Juni 2017 – 29 U 2554/16 Rn. 178 ff. mwN) und sich damit mangels Einwilligung des Rechteinhabers und sonstiger Berechtigung nach § 106 Abs. 1 UrhG strafbar gemacht. Eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts in den ver- fahrensgegenständlichen Fällen ist nicht festgestellt und lag angesichts der Herkunft der Produktschlüssel aus illegalen chinesischen Quellen auch nicht nahe. Die Erschöpfung tritt nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG ein, wenn das Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht wird (vgl. hierzu näher auch BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 – I ZR 129/08, NJW-RR 2014, 360 – „UsedSoft II“). Dies ist nicht der Fall, wenn das Computerprogramm außerhalb der Gemeinschaft verkauft wird (vgl. näher OLG München aaO Rn. 165 f. mwN). Deshalb kann dahinstehen , ob ein unerlaubtes Vervielfältigen im Sinne von § 106 Abs. 1 UrhG erst vorliegt, wenn der Kunde das Programm nach Download auf seinem Rechner mit dem Produktschlüssel aktiviert (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2017 – 4 StR 88/17 Rn. 17 mwN).
23
Die Frage, ob die Angeklagten die geschützten Computerprogramme zusätzlich auch im Sinne von § 69c Nr. 4 UrhG öffentlich zugänglich gemacht haben (vgl. zu den Voraussetzungen OLG München aaO), bedarf ebenfalls keiner Entscheidung. Aufgrund des gewerbsmäßigen Handelns der Angeklagten ist die Qualifikation des § 108a UrhG erfüllt.
24
d) Zugleich haben sich die Angeklagten durch die im geschäftlichen Verkehr erfolgte Benutzung von mit den eingetragenen Marken der Firma Microsoft identischen Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers wegen Verstoßes gegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nach § 143 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 MarkenG bzw. bei Gemeinschaftsmarken wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke nach § 143a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 2 MarkenG strafbar gemacht (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. September 2017 – 4 StR 88/17 Rn. 18). Dass der Angeklagte insofern lediglich wegen Beihilfe verurteilt wurde, beschwert ihn nicht. Durch das Inkrafttreten des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2357) ist keine im Sinne von § 354a StPO relevante Änderung der Strafbarkeit zu Gunsten des Angeklagten eingetreten.
25
2. Die Strafzumessung weist hingegen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
26
a) Die für Fall B.II der Urteilsgründe verhängte Strafe könnte zwar – für sich gesehen – auch nach der vorgenommenen Verfolgungsbeschränkung bestehen bleiben. Denn bei der Strafrahmenwahl und der Strafzumessung hat das Landgericht die von ihm angenommene zusätzliche tateinheitliche Verwirklichung von § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG – ebenso wie beim Mitangeklagten Pa. – nicht ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt.
27
b) Allerdings ist die Strafrahmenwahl hinsichtlich beider Tatkomplexe mit einem anderen Rechtsfehler behaftet, der zur Aufhebung der Einzelstrafen und damit der Gesamtstrafe führt. Denn die Strafkammer geht bei ihren Ausführungen zur Nichtanwendung von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB von einem falschen rechtlichen Maßstab aus.
28
aa) Die Strafmilderungsmöglichkeit nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB kommt in Betracht, wenn der Täter wesentlich zur Aufklärung beigetragen hat, wobei sich sein Aufklärungsbeitrag in Fällen, in denen er – wie hier – an der Tat beteiligt war, über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken muss (§ 46b Abs. 1 Satz 3 StGB). Wesentliche Aufklärungshilfe liegt vor, wenn die Tat ohne den Aufklärungsbeitrag nicht oder nicht im gegebenen Umfang aufgeklärt worden wäre, die Aussage des Täters jedenfalls aber eine sicherere Grundlage für die Aburteilung des Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. BGH, Urteil vom 2. November 2017 – 3 StR 301/17; Beschluss vom 15. März 2016 – 5 StR 26/16 mwN).
29
Indem die Strafkammer alleine darauf abstellt, die Taten seien zum Zeitpunkt der geleisteten Aufklärungshilfe „dem Grunde nach“ auch im Hinblick auf die Beteiligung des Angeklagten Pa. und des früheren Mitangeklagten O. bekannt gewesen, weshalb „aus formellen Gründen“ die Anwendung von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB ausscheide, verfehlt sie diesen rechtlichen Maßstab. Denn dabei bleibt unberücksichtigt, dass auch die Schaffung einer sichereren Grundlage für den Nachweis der betreffenden Taten als Aufklärungserfolg ausreichen kann (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. August 1995 – 4 StR 422/95, NStZ-RR 1996, 48).
30
bb) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht. Den Urteilsgründen lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen , dass der Angeklagte einen derartigen wesentlichen Beitrag zur Überführung des Mitangeklagten geleistet hat. Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte P. bei seiner Verhaftung noch vor Ort den Ermittlungsbehörden Passwörter und andere Informationen zur Verfügung, die es diesen ermöglichten , die auf dem beim Zugriff offen vorgefundenen Computer befindlichen und über den Server erlangbaren umfangreichen Daten nicht nur zu sichern , sondern im Anschluss ohne Weiteres auswerten zu können, „was die Aufklärung des Falles erheblich erleichtert und drastisch beschleunigt hat.“ Damit liegt nicht fern, dass die Angaben des Angeklagten wesentliche Aufklä- rungshilfe gewesen sind. Das Landgericht hat die Aufklärungshilfe zwar bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt. Der Senat kann aber nicht ausschließen , dass sie bei zutreffender Rechtsanwendung zu einem anderen Strafrahmen und damit einer niedrigeren Strafe gekommen wäre.
31
c) Hinzu kommt, dass die Strafkammer im Fall B.III der Urteilsgründe die verhängte Einzelstrafe dem Strafrahmen des § 143 Abs. 2 MarkenG (drei Monate bis fünf Jahre) entnommen hat, obwohl es ausweislich des Urteilstenors den Angeklagten P. in diesem Fall nur wegen Beihilfe zur bandenund gewerbsmäßigen Kennzeichenverletzung verurteilt hat; es hätte deshalb diesen Strafrahmen nach §§ 27, 49 Abs. 1 StGB mildern bzw. die Strafe dem Strafrahmen des täterschaftlich tateinheitlich verwirklichten § 108a UrhG entnehmen müssen, der keine erhöhte Mindeststrafe ausweist.
32
d) Nicht rechtsfehlerhaft ist entgegen der Auffassung der Revision, dass die Strafkammer bei Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe keinen Härteausgleich wegen Nichteinbeziehung einer zwischenzeitlich bezahlten Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 30 Euro gewährt hat. Denn die Nichtbildung einer Gesamtfreiheitsstrafe aus dieser und der hiesigen Verurteilung begründet keine den Angeklagten benachteiligende Härte (vgl. BGH, Urteile vom 8. November 2018 – 4 StR 269/18 und vom 5. November 2013 – 1 StR 387/13, insoweit nicht abgedruckt in StraFo 2014, 30).
33
3. Die Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen und können bestehen bleiben, da lediglich Wertungsfehler vorliegen (vgl. § 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

III.


34
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge im Anfechtungsumfang Erfolg.
35
1. Die Revision ist ausweislich ihrer Begründung (vgl. zu deren Relevanz insbesondere bei Revision der Staatsanwaltschaft BGH, Urteil vom 26. April 2017 – 2 StR 47/17, NStZ-RR 2017, 201 mwN) auf den Schuldspruch im Fall B.III der Urteilsgründe sowie auf die fehlerhafte Anwendung von §§ 73, 73c StGB beschränkt.
36
2. Der Schuldspruch im Fall B.III der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung in mehrfacher Hinsicht nicht stand.
37
a) Zu Recht bemängelt die Staatsanwaltschaft zunächst, dass die Strafkammer den Angeklagten insoweit nicht wegen (gegebenenfalls gewerbs- und bandenmäßigen) Betruges verurteilt hat. Nach den Feststellungen des Landge- richts waren die „Kunden“ der Angeklagten nach dem „Kauf“ der angebotenen Software nicht berechtigt, diese zu installieren und zu nutzen, weil sie damit gegen das – nicht erschöpfte – Vervielfältigungsrecht von Microsoft verstoßen hätten (vgl. OLG München aaO Rn. 159 ff. mwN). Die Berechtigung zur Nutzung des Computerprogramms leitet sich mangels Einverständnis des Urhebers insbesondere nicht aus dem übersandten Produktschlüssel ab; dieser ist vielmehr – einem Fahrzeugschlüssel vergleichbar – lediglich ein technisches Mittel, um das erworbene Computerprogramm dauerhaft zu nutzen (vgl. OLG München aaO Rn. 175 mwN).
38
War die Nutzung der erworbenen Computerprogramme aber rechtlich verboten, sind die Kunden in Höhe des vollen Kaufpreises geschädigt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 13. September 2017 – 4 StR 88/17 Rn. 25). Bei wirtschaftlicher Betrachtung kommt der bloß faktischen Ermöglichung einer unrechtmäßigen Nutzung – wie in Fällen des Verkaufs gestohlener Ware, an der kein gutgläubiger Erwerb möglich ist – kein die Kaufpreiszahlung kompensierender Gegenwert zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8.Juni 2011 – 3 StR 115/11 Rn. 6 und vom 13. September 2017 – 4 StR 88/17 Rn. 25). Auf das im vorliegenden Fall festgestellte geringe Risiko, vom Nutzungsberechtigten auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden, und die entsprechende Vorstellung der Angeklagten davon kommt es deshalb nicht an.
39
b) Ebenso rechtsfehlerhaft ist, dass der Angeklagte P. trotz – tragfähiger – Annahme von Mittäterschaft in den Urteilsgründen nach dem Urteilstenor nur wegen Beihilfe zur gewerbs- und bandenmäßigen Kennzeichenverletzung verurteilt worden ist.
40
3. Dies entzieht der für diesen Fall verhängten Einzel- und damit der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
41
4. Wie das Landgericht in den Urteilsgründen bereits näher ausgeführt hat, ist auch die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit Rechtsfehlern zu Gunsten des Angeklagten behaftet. Nach den Urteilsfeststellungen erhielt er sein Gehalt von der T. L. GmbH in Höhe von 84.153,82 Euro zwischen Januar 2011 und Oktober 2015 für seine Gesamttätigkeit , die im Wesentlichen die verfahrensgegenständlichen Taten betraf. Diese „für die Taten“ erlangten Vorteile unterliegen grundsätzlich der Einziehung oder der Einziehung des Wertes von Taterträgen. Gegebenenfalls kann auch – etwa durch Annahme eines prozentualen Sicherheitsabschlags – nach § 73d Abs. 2 StGB geschätzt werden, in welcher Höhe das Gehalt eine Entlohnung gerade für die verfahrensgegenständlichen Taten darstellte.
42
5. Die Feststellungen sind mit Ausnahme derjenigen zum Betrugsschaden und zum diesbezüglichen Vorsatz rechtsfehlerfrei getroffen und können deshalb überwiegend bestehen bleiben (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

IV.


43
1. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass eine Erhöhung der Gesamtfreiheitsstrafe unter Verwertung des Geständnisses des Angeklagten P. nur bis zu der Obergrenze der vom Tatgericht getroffenen Verständigung, also bis zu vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe , in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2016 – 3 StR 331/16, NStZ 2017, 373 mwN).
44
Im vorliegenden Fall vermag der Senat zudem auszuschließen, dass die neu zur Verhandlung berufene Strafkammer angesichts des Tatbildes und der im zweiten Tatkomplex eher untergeordneten mittäterschaftlichen Mitwirkung des Angeklagten bei zusätzlicher Annahme eines gewerbs- und bandenmäßigen Betruges in Fall B.III der Urteilsgründe zu einer vier Jahre und drei Monate übersteigenden Gesamtfreiheitsstrafe kommen wird und nimmt deshalb die zur Teilrechtskraft eines Schuldspruches (unter Verwertung des Geständnisses des Angeklagten) führende Revisionsbeschränkung der Staatsanwaltschaft hin. Die im Rahmen der Verständigung in Aussicht gestellte Gesamtfreiheitsstrafe löst sich weder nach unten noch nach oben von ihrer Funktion, gerechter Schuldausgleich zu sein.
45
2. Bezüglich der Feststellung eines Irrtums der Software-Käufer über den Erwerb eines Nutzungsrechts im Fall B.III der Urteilsgründe weist der Senat darauf hin, dass angesichts des professionellen und vertragliche Bindungen an Microsoft vortäuschenden Vertriebs ein Irrtum der Käufer über einen rechtsgültigen Nutzungserwerb bei einer festgestellten Zahlung von immerhin 50 % des üblichen Kaufpreises überaus nahe liegt. Insoweit wird die Strafkammer – sofern nicht aus prozessökonomischen Gründen eine Beschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO auf die übrigen Straftatbestände oder auf den Gesichtspunkt des Betrugsversuchs erfolgt – auf die von der Rechtsprechung in derartigen Fällen des Massenbetruges entwickelten Grundsätze zurückgreifen können, wonach etwa die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen kann, wenn dem Tatvorwurf – wiehier – zahlreiche Einzelfälle zugrunde liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2017 – 4 StR 88/17, NStZ 2019, 40, Rn. 13 f.; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 4. September 2014 – 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98 und vom 16. August 2018 – 5 StR 348/18, wistra 2018, 518).
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

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(1) Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte sind 1. die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder ander

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Markengesetz - MarkenG | § 14 Ausschließliches Recht des Inhabers einer Marke, Unterlassungsanspruch, Schadensersatzanspruch


(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht. (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen 1. ein mi

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren

Strafgesetzbuch - StGB | § 27 Beihilfe


(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu milde

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 46b Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten


(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, 1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs.

Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten


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Strafgesetzbuch - StGB | § 261 Geldwäsche


(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, 1. verbirgt,2. in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,3. sich oder einem Dritt

Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz - ZAG 2018 | § 1 Begriffsbestimmungen


(1) Zahlungsdienstleister sind 1. Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister im Sinne der Nummern 2 bis 5 zu s

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Strafgesetzbuch - StGB | § 9 Ort der Tat


(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. (2) Die

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Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 69c Zustimmungsbedürftige Handlungen


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Markengesetz - MarkenG | § 143 Strafbare Kennzeichenverletzung


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Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz - ZAG 2018 | § 31 Verbot der Ausgabe von E-Geld über andere Personen


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Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz - ZAG 2018 | § 63 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.entgegen § 3 Absatz 1 Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder entgegennimmt,2.entgegen § 3 Absatz 2 Satz 1 dort genannte Gelder nicht oder nicht rechtzeitig in E-Geld

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2015 - 5 StR 189/15

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR314/14 vom 4. September 2014 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Betruges Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen: Die Revisionen der Angeklagten ge
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(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Zahlungsdienstleister sind

1.
Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister im Sinne der Nummern 2 bis 5 zu sein (Zahlungsinstitute);
2.
E-Geld-Institute im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1, die im Inland zum Geschäftsbetrieb nach diesem Gesetz zugelassen sind, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
3.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/2034 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64) geändert worden ist, namentlich genannten Unternehmen, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
4.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder andere Behörde Zahlungsdienste erbringen;
5.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns Zahlungsdienste erbringen.
Zahlungsdienste sind
1.
die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Einzahlungsgeschäft);
2.
die Dienste, mit denen Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Auszahlungsgeschäft);
3.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch
a)
die Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft),
b)
die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft),
c)
die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),
jeweils ohne Kreditgewährung (Zahlungsgeschäft);
4.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen im Sinne der Nummer 3, die durch einen Kreditrahmen für einen Zahlungsdienstnutzer im Sinne des § 3 Absatz 4 gedeckt sind (Zahlungsgeschäft mit Kreditgewährung);
5.
die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft);
6.
die Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird (Finanztransfergeschäft);
7.
Zahlungsauslösedienste;
8.
Kontoinformationsdienste.

(2) E-Geld-Emittenten sind

1.
Unternehmen, die das E-Geld-Geschäft betreiben, ohne E-Geld-Emittenten im Sinne der Nummern 2 bis 4 zu sein (E-Geld-Institute);
2.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU namentlich genannten Unternehmen, sofern sie das E-Geld-Geschäft betreiben;
3.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder anderer Behörde das E-Geld-Geschäft betreiben;
4.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns das E-Geld-Geschäft betreiben.
E-Geld-Geschäft ist die Ausgabe von E-Geld. E-Geld ist jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird. Kein E-Geld ist ein monetärer Wert,
1.
der auf Instrumenten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 gespeichert ist oder
2.
der nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 eingesetzt wird.

(3) Institute im Sinne dieses Gesetzes sind Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute.

(4) Herkunftsmitgliedstaat ist der Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem sich der Sitz des Instituts befindet, oder, wenn das Institut nach dem für ihn geltenden nationalen Recht keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem sich seine Hauptverwaltung befindet. Aufnahmemitgliedstaat ist jeder andere Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem das Institut einen Agenten oder eine Zweigniederlassung hat oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig ist.

(5) Zweigniederlassung ist eine Geschäftsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist und die einen Teil eines Instituts bildet, keine eigene Rechtspersönlichkeit hat und unmittelbar sämtliche oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit eines Instituts verbunden sind. Alle Geschäftsstellen eines Instituts mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in einem Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(6) Gruppe ist ein Verbund von Unternehmen, die untereinander durch eine in Artikel 22 Absatz 1, 2 oder 7 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19; L 369 vom 24.12.2014, S. 79), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU geändert worden ist (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86), genannte Beziehung verbunden sind, oder Unternehmen im Sinne der Artikel 4, 5, 6 und 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 241/2014 der Kommission vom 7. Januar 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute (ABl. L 74 vom 14.3.2014, S. 8), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/923 (ABl. L 150 vom 17.6.2015, S. 1) geändert worden ist, die untereinander durch eine in Artikel 10 Absatz 1 oder Artikel 113 Absatz 6 oder 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, genannte Beziehung verbunden sind.

(7) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist eine qualifizierte Beteiligung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung. Für das Bestehen und die Berechnung einer bedeutenden Beteiligung gilt § 1 Absatz 9 Satz 2 und 3 des Kreditwesengesetzes entsprechend.

(8) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft berufen sind. In Ausnahmefällen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auch eine andere mit der Führung der Geschäfte betraute und zur Vertretung ermächtigte Person widerruflich als Geschäftsleiter bestimmen, wenn sie zuverlässig ist und die erforderliche fachliche Eignung hat. Beruht die Bestimmung einer Person als Geschäftsleiter auf einem Antrag des Instituts, so ist sie auf Antrag des Instituts oder des Geschäftsleiters zu widerrufen.

(9) Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines Instituts Zahlungsdienste ausführt. Die Handlungen des Agenten werden dem Institut zugerechnet.

(10) E-Geld-Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines E-Geld-Instituts beim Vertrieb und Rücktausch von E-Geld tätig ist.

(10a) Auslagerungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, auf die ein Institut Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind.

(11) Zahlungssystem ist ein System zur Übertragung von Geldbeträgen auf der Grundlage von formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen.

(12) Elektronische Kommunikationsnetze sind Übertragungssysteme und Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen.

(13) Elektronische Kommunikationsdienste sind Dienste, die gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden und die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich von Telekommunikations- und Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen von Diensten, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben. Keine elektronischen Kommunikationsdienste in diesem Sinne sind Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1), die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen.

(14) Durchschnittlicher E-Geld-Umlauf ist der durchschnittliche Gesamtbetrag der am Ende jedes Kalendertages über die vergangenen sechs Kalendermonate bestehenden, aus der Ausgabe von E-Geld erwachsenden finanziellen Verbindlichkeiten, der am ersten Kalendertag jedes Kalendermonats berechnet wird und für diesen Kalendermonat gilt.

(15) Zahler ist eine natürliche oder juristische Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die Ausführung eines Zahlungsauftrags von diesem Zahlungskonto gestattet oder, falls kein Zahlungskonto vorhanden ist, eine natürliche oder juristische Person, die den Zahlungsauftrag erteilt.

(16) Zahlungsempfänger ist die natürliche oder juristische Person, die den Geldbetrag, der Gegenstand eines Zahlungsvorgangs ist, als Empfänger erhalten soll.

(17) Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird.

(18) Kontoführender Zahlungsdienstleister ist ein Zahlungsdienstleister, der für einen Zahler ein Zahlungskonto bereitstellt und führt.

(19) Fernzahlungsvorgang im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zahlungsvorgang, der über das Internet oder mittels eines Geräts, das für die Fernkommunikation verwendet werden kann, ausgelöst wird.

(20) Zahlungsinstrument ist jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, dessen Verwendung zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet wird.

(21) Lastschrift ist ein Zahlungsvorgang zur Belastung des Zahlungskontos des Zahlers, bei dem der Zahlungsvorgang vom Zahlungsempfänger aufgrund der Zustimmung des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder seinem eigenen Zahlungsdienstleister ausgelöst wird.

(22) Überweisung ist ein auf Veranlassung des Zahlers ausgelöster Zahlungsvorgang zur Erteilung einer Gutschrift auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers zulasten des Zahlungskontos des Zahlers in Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge durch den Zahlungsdienstleister, der das Zahlungskonto des Zahlers führt.

(23) Authentifizierung ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Identität eines Zahlungsdienstnutzers oder die berechtigte Verwendung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich der Verwendung der personalisierten Sicherheitsmerkmale des Nutzers, überprüfen kann.

(24) Starke Kundenauthentifizierung ist eine Authentifizierung, die so ausgestaltet ist, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten geschützt ist und die unter Heranziehung von mindestens zwei der folgenden, in dem Sinne voneinander unabhängigen Elementen geschieht, dass die Nichterfüllung eines Kriteriums die Zuverlässigkeit der anderen nicht in Frage stellt:

1.
Kategorie Wissen, also etwas, das nur der Nutzer weiß,
2.
Kategorie Besitz, also etwas, das nur der Nutzer besitzt oder
3.
Kategorie Inhärenz, also etwas, das der Nutzer ist.

(25) Personalisierte Sicherheitsmerkmale sind personalisierte Merkmale, die der Zahlungsdienstleister einem Zahlungsdienstnutzer zum Zwecke der Authentifizierung bereitstellt.

(26) Sensible Zahlungsdaten sind Daten, einschließlich personalisierter Sicherheitsmerkmale, die für betrügerische Handlungen verwendet werden können. Für die Tätigkeiten von Zahlungsauslösedienstleistern und Kontoinformationsdienstleistern stellen der Name des Kontoinhabers und die Kontonummer keine sensiblen Zahlungsdaten dar.

(27) Digitale Inhalte sind Waren oder Dienstleistungen, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, deren Nutzung oder Verbrauch auf ein technisches Gerät beschränkt ist und die in keiner Weise die Nutzung oder den Verbrauch von Waren oder Dienstleistungen in physischer Form einschließen.

(28) Zahlungsmarke ist jeder reale oder digitale Name, jeder reale oder digitale Begriff, jedes reale oder digitale Zeichen, jedes reale oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, mittels dessen oder derer bezeichnet werden kann, unter welchem Zahlungskartensystem kartengebundene Zahlungsvorgänge ausgeführt werden.

(29) Eigenmittel sind Mittel im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 118 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; ABl. L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, wobei mindestens 75 Prozent des Kernkapitals in Form von hartem Kernkapital nach Artikel 50 der genannten Verordnung gehalten werden müssen und das Ergänzungskapital höchstens ein Drittel des harten Kernkapitals betragen muss.

(30) Anfangskapital im Sinne dieses Gesetzes ist das aus Bestandteilen gemäß Artikel 26 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 bestehende harte Kernkapital.

(31) Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind Aktiva, die unter eine der Kategorien nach Artikel 336 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 fallen, für die die Eigenmittelanforderung für das spezifische Risiko nicht höher als 1,6 Prozent ist, wobei jedoch andere qualifizierte Positionen gemäß Artikel 336 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ausgeschlossen sind. Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind auch Anteile an einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, der ausschließlich in die in Satz 1 genannten Aktiva investiert.

(32) Bargeldabhebungsdienst ist die Ausgabe von Bargeld über Geldausgabeautomaten für einen oder mehrere Kartenemittenten, ohne einen eigenen Rahmenvertrag mit dem Geld abhebenden Kunden geschlossen zu haben.

(33) Zahlungsauslösungsdienst ist ein Dienst, bei dem auf Veranlassung des Zahlungsdienstnutzers ein Zahlungsauftrag in Bezug auf ein bei einem anderen Zahlungsdienstleister geführtes Zahlungskonto ausgelöst wird.

(34) Kontoinformationsdienst ist ein Online-Dienst zur Mitteilung konsolidierter Informationen über ein Zahlungskonto oder mehrere Zahlungskonten des Zahlungsdienstnutzers bei einem oder mehreren anderen Zahlungsdienstleistern.

(35) Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft) beinhaltet einen Zahlungsdienst, der die Übertragung von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt und bei dem der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen schließt. Die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten beinhaltet alle Dienste, bei denen ein Zahlungsdienstleister eine vertragliche Vereinbarung mit dem Zahler schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Auslösung und Verarbeitung der Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 325/18
vom
28. August 2018
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:280818B5STR325.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12. Januar 2018 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetruges in Tateinheit mit Ausspähen von Daten und unerlaubtem Eingriff in technische Schutzmaßnahmen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und die Einziehung von 115.000 Euro Wertersatz angeordnet. Die wirksam auf die Einziehungsentscheidung beschränkte und mit der Sachrüge begründete Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beteiligte sich der Angeklagte an einem von dem nichtrevidierenden Mitangeklagten O. von der Ukraine aus illegal betriebenen „Cardsharing“-Dienst. Dieser ermöglichte es Nutzern, gegen Zahlung eines wesentlich geringeren Entgelts, als es die be- rechtigten Anbieter verlangen, von Pay-TV-Anbietern wie der Nebenklägerin verschlüsselt ausgestrahlte Sendungen zu schauen. Hierzu benötigten die Nutzer einen Receiver mit einer von O. zur Verfügung gestellten Manipulations -Software. Die Nutzer konnten sich entweder diese Software über das „Cardsharing“-Portal herunterladen und selbst auf ihrem eigenenReceiver in- stallieren oder bei dem Mitangeklagten Receiver erwerben, auf denen bereits die Manipulations-Software installiert war. Der Angeklagte kaufte diese Receiver – insbesondere der Marke „Dreambox“ – für 153 bis 180 Euro ein (geschätzter Mittelwert 170 Euro) und verkaufte sie nach entsprechenden Manipulationen für 270 Euro über die Website des O. . Hierdurch flossen ihm im abgeurteilten Tatzeitraum insgesamt 181.030,20 Euro zu. Das Landgericht hat den Kostenaufwand für den Erwerb der unmanipulierten Receiver auf 113.981,98 Euro und den Gewinn auf 67.048,22 Euro geschätzt. Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass Receiver bei der Nebenklägerin erworben worden wären.
3
Zudem flossen auf ein Konto des Angeklagten Abonnementzahlungen der Nutzer in Höhe von 41.867,80 Euro. Hiervon leitete der Angeklagte, der insoweit nur als Zahlstelle diente, 80 % an O. weiter, so dass ihm als Provision 8.373,56 Euro verblieben.
4
Das Landgericht hat mit entsprechender Abrundung lediglich den aus dem Verkauf der manipulierten Receiver erzielten Gewinn nebst der einbehaltenen Provision einziehen wollen (insgesamt also 75.421,78 Euro). Aufgrund eines in den Urteilsgründen ausführlich beschriebenen Rechenfehlers (Verwechselung von Kosten und Gewinn bei den Receivern) hat es – aus seiner Sicht versehentlich – eine um ca. 40.000 Euro höhere Einziehungsentscheidung getroffen.
5
2. Im Ergebnis weist die Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf.
6
a) Erlangt im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB hat der Angeklagte aus dem strafrechtlich bemakelten Verkauf der manipulierten Receiver einen Betrag in Höhe von 181.030,20 Euro im verfahrensgegenständlichen Zeitraum. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten die Aufwendungen des Angeklagten für den Erwerb der Receiver nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abzuziehen sind.
7
Zwar handelt es sich bei den Kosten für den Erwerb der Geräte um Aufwendungen im Sinne von § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB. Dem vom Landgericht eigentlich angestrebten Abzug dieser Beträge steht aber das Abzugsverbot in § 73d Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz StGB entgegen. Sie bleiben als Abzugsposten außer Betracht, denn die Receiver wurden für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung erworben oder eingesetzt.
8
Die Voraussetzungen für eine Rückausnahme vom Abzugsverbot nach § 73d Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz StGB liegen nicht vor (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/11640 S. 80 f.; Köhler, NStZ 2017, 497, 509; Korte, wistra 2018, 1, 4; Reffke, wistra 2018, 234, 238). Gemäß dieser Vorschrift sind Aufwendungen für die Begehung der Tat oder ihre Vorbereitung bzw. ein entsprechender Einsatz dann abzuziehen, wenn es sich um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt. Verletzte der verfahrensgegenständlichen Taten sind die Pay-TV-Anbieter wie die Nebenklägerin, nicht die Abonnenten des illegalen „Cardsharing“-Dienstes oder etwa die Verkäufer der unmanipulierten Receiver. Die Aufwendungen für den Erwerb der Receiver wie deren Einsatz im Rahmen der Eigentumsverschaffung an die Abonnenten kommen deshalb als Abzugsposten nicht in Betracht.
9
b) Weil der Angeklagte nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts mindestens einen als Wertersatz abschöpfbaren Betrag in Höhe von 189.403,76 Euro (181.030,20 Euro aus dem Receiververkauf plus 8.373,56 Euro Provision) erlangt hat, beschwert es ihn nicht, dass die Strafkammer lediglich die Einziehung von 115.000 Euro Wertersatz angeordnet hat. Deshalb kann zudem offen bleiben, ob gegen den Angeklagten nicht auch die (gesamtschuldnerische) Einziehung von Wertersatz für die an den Mitangeklagten O. weitergeleiteten Gelder hätte angeordnet werden müssen.
Mutzbauer Sander Schneider
Berger Mosbacher

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1.
verbirgt,
2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
3.
sich oder einem Dritten verschafft oder
4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine rechtswidrige Tat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie2011/36/EUdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),
g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich

1.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 ein Zeichen benutzt,
2.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten Marke auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
3.
entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 1 ein Zeichen anbringt oder entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 eine Aufmachung oder Verpackung oder ein Kennzeichnungsmittel anbietet, in den Verkehr bringt, besitzt, einführt oder ausführt, soweit Dritten die Benutzung des Zeichens
a)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 untersagt wäre oder
b)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 untersagt wäre und die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer bekannten Marke zu ermöglichen,
4.
entgegen § 15 Abs. 2 eine Bezeichnung oder ein Zeichen benutzt oder
5.
entgegen § 15 Abs. 3 eine Bezeichnung oder ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) (weggefallen)

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(5) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden. Soweit den in § 18 bezeichneten Ansprüchen auf Vernichtung im Verfahren nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung) stattgegeben wird, sind die Vorschriften über die Einziehung (§§ 74 bis 74f des Strafgesetzbuches) nicht anzuwenden.

(6) Wird auf Strafe erkannt, so ist, wenn der Verletzte es beantragt und ein berechtigtes Interesse daran dartut, anzuordnen, daß die Verurteilung auf Verlangen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.

(7) (weggefallen)

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 100/18
vom
15. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Geldwäsche
ECLI:DE:BGH:2018:150818U5STR100.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 15. August 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als Vorsitzender, Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Schneider, die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt H. als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt A. als Verteidiger der Angeklagten L. ,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15. November 2017 hinsichtlich der Angeklagten L. im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten der vorsätzlichen Geldwäsche
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schuldig gesprochen. Den Angeklagten P. hat es zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 140 Euro, die Angeklagte L. zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt, wovon es jeweils 40 Tagessätze für vollstreckt erklärt hat. Ferner hat es Einziehungsentscheidungen getroffen (450.000 Euro bezüglich des Angeklagten P. und insgesamt 470.000 Eu- ro bezüglich der Angeklagten L. ). Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Angeklagten beanstanden zudem das Verfahren. Ihre Rechtsmittel sind unbegründet. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretene, auf den Strafausspruch hinsichtlich der Angeklagten L. beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.


Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
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Der geschiedene Ehemann der Angeklagten L. , der Zeuge B. ,
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war Mitbegründer und geschäftsführender Direktor der aus verschiedenen Ge- sellschaften bestehenden „L. S. (L. S. ) mit Sitz in den USA. Diese bestand aus Investmentgesellschaften, die sich weltweit am Warenterminhandel beteiligten. Der Zeuge B. leitete die Geschäftsentwicklung sowie Verkäufe und war auch für die Herausgabe von Werbe- und Informationsprospekten zuständig.
Bei der Akquise von Anlegern täuschte er im Zeitraum zwischen Janu4 ar 2002 und September 2007 die Kunden, indem er unter anderem auf der Internetseite von L. S. und in Werbeprospekten entgegen der tatsächlichen negativen Handelsbilanz positive Erträge der Warentermin-Pools suggerierte. Entsprechend seinem Tatplan veranlasste er hierdurch „annähernd 900 Unter- nehmen und natürliche Personen“ zur Einzahlung von Anlagegeldern von mehr als 291.800.000 US-Dollar auf von ihm beherrschte Konten der L. S. .
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Die betrügerisch erlangten Gelder überwies er auf Konten anderer, von ihm persönlich oder von Mittelsmännern geleiteter Gesellschaften, um sie den Getäuschten dauerhaft zu entziehen und für sich zu verwenden. Eine der Gesellschaften , die Z. (Z. ) mit Sitz auf den Turks- und Caicosinseln, erwarb am 18. Oktober 2006 zum Kaufpreis von 1.950.000 Euro ein Grundstück in Hamburg. Der Kaufpreis und für die Sanierung sowie Herstel- lung von „Luxus-Eigentumswohnungen“ aufgewendete 2.600.000 Euro wurden vollständig aus den betrügerisch erlangten Geldern finanziert.
Mit notariellem Vertrag vom 15. April 2008 übertrug die Z. das
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Grundstück unentgeltlich auf die „F. “ (F. ). Am 22. August 2008 wurde eine der Wohnungen zum Preis von 1.180.000 Euro veräußert. Der vollständige Kaufpreis wurde bis August 2010 ratenweise auf das Konto der F. bei der Sparkasse ( spa) gezahlt.
Spätestens ab ihrer Eintragung im Handelsregister als Geschäftsführerin
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der F. am 13. März 2009 führte die Angeklagte L. die Geschäfte der GmbH, hatte die alleinige Verfügungsbefugnis über deren Konten bei der spa sowie bei der O. und bemühte sich um die Veräußerung der sanierten Eigentumswohnungen. Der Angeklagten war bewusst, dass die Gelder, mit denen die Immobilie erworben und saniert worden war, aus dem gewerbsmäßigen Betrug des Zeugen B. stammten.
Im Jahr 2009 befand sich die F. in Zahlungsschwierigkeiten, die
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die Angeklagte durch Abschluss von drei Darlehensverträgen mit einem Gesamtvolumen von 2.585.000 Euro bei der O. kompensierte.
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Die Angeklagte L. überwies am 16. Juli 2009 vom spa-Konto der F. einen Betrag von 28.000 Euro, der als Privatdarlehen bezeichnet wurde, auf ihr privates Konto bei der Haspa. Nach der ratenweisen Rückzahlung am 12. und 19. August 2009 überwies sie am 1. September 2009 erneut einen als Privatdarlehen bezeichneten Betrag von 20.000 Euro vom spaKonto der F. auf ihr privates Konto.
Darüber hinaus veranlasste sie zwischen November 2009 und dem Jah10 resende 2010 insgesamt zwölf unregelmäßige Überweisungen von Geschäftsführergehältern mit einem Gesamtvolumen von 70.389,78 Euro vom spaKonto der F. auf ihr privates Konto.
Am 15. Januar 2010 verkaufte die durch die Angeklagte L. vertrete11 ne F. eine der sanierten Wohnungen an die Zeugin Hartenstein zum Kaufpreis von 1.850.000 Euro. Am 12. März 2010 wurde dem bis zu diesem Zeitpunkt einen negativen Saldo aufweisenden Konto der F. bei der O. eine Kaufpreisrate aus diesem in Höhe von 1.650.000 Euro gutgeschrieben. Durch diese Zahlung wurde ein positiver Saldo von ca. 400.000 Euro erreicht. Fünf Tage später überwies die Angeklagte L. 380.000 Euro von diesem Konto auf das Konto der F. bei der spa, das vor dieser Überweisung ein Guthaben von lediglich ca. 200 Euro aufgewiesen hatte. Am 18. und 23. März 2010 erfolgten Überweisungen unter dem Verwendungszweck „Rückzahlung Darlehen“ in Höhe von 150.000 Euro und 50.000 Euro vom Konto der F. bei der spa auf das Privatkonto der Angeklagten L. , das zuvor einen negativen Saldo aufgewiesen hatte.
Am 19. März 2010 nahm die Angeklagte L. von ihrem Privatkonto
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bei der spa eine Barauszahlung von 60.000 Euro vor.
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Am 26. März 2010 überwies sie von diesem Konto 70.000 Euro an die in den USA mandatierten Strafverteidiger des B. . Dieser war nach Ermittlungen in den USA aufgrund eines Auslieferungsersuchens am 1. Juli 2007 in Anwesenheit der Angeklagten L. in der gemeinsamen Ehewohnung in Hamburg festgenommen und an die USA ausgeliefert worden. Den Strafverteidigern teilte sie mit, dass das Geld aus dem Vermögen des Angeklagten P. stamme und ihr darlehensweise für Verteidigungszwecke zur Verfügung gestellt worden sei. Um dies zu bekräftigen, erklärte der Angeklagte P. in einer auf den 5. März 2010 datierten „eidesstattlichen Versicherung“, der Angeklagten L. zur Bezahlung der Verteidiger ihres Ehemanns 200.000 Euro aus seinem Privatvermögen zur Verfügung gestellt zu haben. Die Angeklagten erstellten außerdem auf den 31. März 2009 und den 5. März 2010 datierende Darlehensverträge, in denen sie wahrheitswidrig angaben, dass der Angeklagte P. der Angeklagten L. zinslose Bardarlehen über 250.000 Euro und 200.000 Euro gewährt habe. Die „eidesstattliche Versicherung“ wurde den Strafverteidigern in übersetzter Form zur Verfügung gestellt.
Sowohl die Angeklagte L. als auch der Angeklagte P. wuss14 ten, dass die verwendeten Gelder aus dem gewerbsmäßigen Betrug des B. stammten. Mit der „eidesstattlichen Versicherung“ und den Darlehensverträgen wollten sie die inkriminierte Herkunft der Gelder verbergen.
Am 16. April 2010 überwies die Angeklagte L. vom Konto derF.
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bei der spa 50.000 Euro auf eines ihrer Privatkonten, um drei Tage später von letzterem Konto aus nochmals 70.000 Euro an die Strafverteidiger des B. in die USA zu überweisen.
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Die durch die Angeklagte L. vertretene F. veräußerte am 21. Oktober 2010 eine weitere Wohnung an die G. GbR zu einem Kaufpreis von 1.100.000 Euro. Am 21. Dezember 2010 wurden dem zu diesem Zeitpunkt im Soll befindlichen Konto der F. bei der O. zwei Kaufpreisraten aus diesem Wohnungsverkauf von 400.000 Euro und 566.894,57 Euro gutgeschrieben.
Am 20. Dezember 2010 überwies die Angeklagte 100.000 Euro von die17 sem Konto auf das Konto der F. bei der spa. Eine Woche später übertrug sie von dort unter dem Verwendungszweck „Darlehen Rückzahlung“ 15.000 Euro auf ihr Privatkonto. Am 6. Januar 2011 überwies sie weitere 600.000 Euro vom Konto der F. bei der O. auf das Konto der Gesellschaft bei der spa, die sie von dort noch am selben Tag und am 10. Januar 2010 in Teilbeträgen von 100.000 und 500.000 Euro auf ihr Privatkonto weiterleitete. Von hier aus veranlasste sie am selben Tag weitere Überweisungen von 50.000 Euro auf ein anderes ihrer Privatkonten, von 250.000 Euro auf das Konto des Angeklagten P. (Verwendungszweck: „Darlehensvertrag vom 05.03.2010 zinsfrei Rückzahlung“), von 21.777,43 Euro an die Strafverteidiger des B. sowie außerdem eine Barentnahme von 3.000 Euro. Am 12. und 13. Januar kam es zu Barauszahlungen in einer Gesamthöhe von 30.000 Euro und zu einer neuerlichen Überweisung von 200.000 Euro auf das Konto des Angeklagten P. (Verwendungszweck „Darlehensvertrag vom 01.04.2009 Rückzahlung zinsfrei. Danke“).
Das Landgericht hat die Handlungen der Angeklagten L. als eine
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natürliche Handlungseinheit bewertet und ist infolgedessen insgesamt von einer Geldwäschetat im Sinne des § 52 StGB ausgegangen.

II.


Die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
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1. Die Verfolgung der abgeurteilten Taten ist nicht verjährt. Die fünfjähri20 ge Verjährungsfrist wurde für beide Angeklagte mehrfach, unter anderem durch die Erhebung der Anklage am 23. März 2012 und den Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 6. Februar 2017, gemäß § 78c Abs. 1 Nr. 6 und 7 StGB wirksam unterbrochen.
2. Die von beiden Angeklagten erhobenen, weitgehend inhaltsgleichen
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Verfahrensrügen sind jedenfalls unbegründet.
Die Ausführungen im Beschluss der Strafkammer vom 15. Novem22 ber 2017 tragen eine Ablehnung des Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit. Darin wird sorgfältig dargelegt, dass die behauptete Hilfstatsache nur einen möglichen, aber keinen zwingenden Schluss auf eine Darlehensgewährung an die Angeklagte zulasse, das Gericht diesen Schluss angesichts des bisher gewonnenen Beweisergebnisses aber nicht ziehen wolle (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 StR 154/13, NStZ 2014, 111; Urteil vom 21. August 2014 – 1 StR 13/14, NStZ-RR 2014, 316, 317 f.). Deshalb musste sich die Strafkammer auch unter Aufklärungsgesichtspunkten nicht zu entsprechenden weitergehenden Ermittlungen gedrängt sehen. Ein Widerspruch des Inhalts des Ablehnungsbeschlusses zu den Urteilsgründen besteht bei deren verständiger Würdigung nicht. Insbesondere hat das Gericht der behaupteten Beweistatsache nicht entgegen der Ablehnungsbegründung im Urteil eine die Entscheidung tragende Bedeutung beigemessen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 373/96, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungs-
losigkeit 22; Urteil vom 19. September 2007 – 2 StR 248/07, StraFo 2008, 29,

30).


3. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrügen hat keinen
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Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die Feststellungen tragen die Schuldsprüche wegen vorsätzlicher Geldwäsche.

a) Die Strafkammer hat hinreichend konkrete Feststellungen zur Vortat
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der Geldwäsche getroffen.
Dazu reicht es aus, wenn sich aus den festgestellten Umständen jeden25 falls in groben Zügen bei rechtlich zutreffender Bewertung eine Katalogtat nach § 261 Abs. 1 StGB als Vortat ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 – 4 StR 384/15, NStZ 2016, 538; Urteile vom 17. Juli 1997 – 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 165; vom 28. Januar 2003 – 1 StR 393/02, BGHR StGB § 261 Vortat 1). Es muss nur ohne vernünftigen Zweifel ausgeschlossen werden können , dass der Gegenstand legal erlangt wurde oder dass er aus einer Nichtkatalogtat stammt (BGH, Beschluss vom 10. November 1999 – 5 StR 476/99, wistra 2000, 67).
Gemessen hieran tragen die Feststellungen zu den betrügerischen
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Handlungen des Zeugen B. die rechtliche Bewertung einer rechtswidrigen, auch nach Tatortrecht strafbaren (Auslands-)Vortat des gewerbsmäßigen Betrugs im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4a, Abs. 8 StGB. Das Landgericht hat insbesondere ausreichend dargelegt, dass durch die Taten des Zeugen B. auch natürliche Personen getäuscht und geschädigt wurden. Einer näheren Darlegung etwa der Identität der geschädigten Personen oder der auf sie im Einzelnen entfallenden Schadenssummen bedurfte es nicht.
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b) Bei den aus den Verkaufserlösen für die durch die F. veräußerten Wohnungen herrührenden Guthaben auf den Konten der F. bei der spa und der O. handelte es sich um einen „Gegen- stand“ im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 StGB, der aus der Vortat des Zeugen B. herrührte.
aa) Taugliches Tatobjekt der Geldwäsche ist jeder Vermögensgegen28 stand, der seinem Inhalt nach bewegliche oder unbewegliche Sachen oder Rechte umfasst (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, NStZ 2017, 167, 169; Beschluss vom 20. Mai 2015 – 1 StR 33/15, NStZ 2015, 703, 704). Dazu gehören Buchgeld und solche Gegenstände, die erst durch eine Verwertung des vom Vortäter ursprünglich Erlangten als Surrogat erworben werden und daher nur mittelbar aus der Vortat stammen (BT-Drucks. 12/989 S. 27; 12/3533 S. 12; BGH, Urteil vom 27. Juli 2016 – 2 StR 451/15, NStZ 2017, 28, 29 mwN). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch die Wahl des weiten Begriffs des „Herrührens“ eine für Geldwäsche typische Kette von Verwer- tungshandlungen erfasst werden, bei denen der ursprünglich bemakelte Gegenstand gegebenenfalls mehrfach durch einen anderen oder auch durch mehrere Surrogate ersetzt wird (BT-Drucks. 12/989, S. 27; 12/3533, S. 12). Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach Gegenstände als be-makelt anzusehen sind, wenn sie sich im Sinne eines Kausalzusammenhangs auf die Vortat zurückführen lassen (BGH, Beschlüsse vom 18. Februar 2009 – 1 StR 4/09, BGHSt 53, 205, 209; vom 26. November 2009 – 5 StR 91/09, NStZ-RR 2010, 109, 111) und nicht wesentlich auf der Leistung Dritter beruhen (BT-Drucks. 12/3533, S. 12).
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bb) Nach diesen Maßstäben ist die Strafkammer zu Recht davon ausgegangen , dass die auf die Konten der F. eingehenden Verkaufserlöse für die veräußerten Wohnungen taugliche Tatobjekte von Geldwäschehandlungen darstellen. Denn sowohl der Kaufpreis von 1.950.000 Euro für das Grundstück in der Fe. als auch Sanierungskosten von weiteren 2.600.000 Euro wurden aus den betrügerisch erlangten Geldmitteln des Zeugen B. finanziert. Die Verkaufserlöse sind daher ein durch Verwertung der bemakelten Gelder erlangtes, geldwäschetaugliches Surrogat (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2016 – 2 StR 451/15, aaO; OLG Karlsruhe, NJW 2005, 767, 768 mwN).
Die Tatobjektseigenschaft der Verkaufserlöse aus den Wohnungsverkäu30 fen wird auch nicht deswegen in Frage gestellt, weil diese nicht ausschließbar mit rechtmäßigen Zahlungseingängen aus den durch die O. gewährten Darlehen zusammengeführt wurden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Geldwäschetauglichkeit eines Gegenstandes nicht dadurch aufgehoben, dass er mit legalen Finanzmitteln vermengt wird (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 1 StR 33/15, aaO; Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO). In Fällen der Vermischung ist dies lediglich dann der Fall, wenn der aus Vortaten herrührende Anteil bei wirtschaftlicher Betrachtung völlig unerheblich ist (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015, aaO; Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO). Das trifft vorliegend aber nicht zu.

c) Die Feststellungen tragen die Annahme der Tathandlungen des „Ver-
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wahrens“ (§ 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB), des „Verwendens“ (§ 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB) und des „Verschleierns“ (§ 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
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aa) Verwahren bedeutet, einen geldwäschetauglichen Gegenstand in Obhut zu nehmen oder zu halten, um ihn für einen Dritten oder für die eigene spätere Verwendung zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO mwN). Für das Verwahren von Buchgeld kommt es darauf an, ob der Täter eine der unmittelbaren Sachherrschaft entsprechende tatsächliche Verfügungsgewalt über die Forderung hat (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 302/11, NJW 2013, 1158). Bei Konten genügt das Recht, über das Geld allein zu verfügen (BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO mwN). So liegt es hier. Indem die Angeklagte L. als allein verfügungsberechtigte Geschäftsführerin der F. die Kaufpreiszahlungen jedenfalls vorübergehend auf dem jeweiligen Konto beließ, verwahrte sie diese im Sinne des § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO). Entsprechendes gilt für die von dort auf ihre Privatkonten überwiesenen Gelder.
bb) Unter das Tatbestandsmerkmal des Verwendens fällt jeder bestim33 mungsgemäße Gebrauch des inkriminierten Gegenstandes (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 1 StR 33/15, aaO). Bei Bargeld und Buchgeld werden Geldgeschäfte aller Art erfasst (vgl. BT-Drucks. 12/989 S. 27; BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – 1 StR 595/15, aaO), bei Konten mithin auch Verfügungen über das jeweilige Guthaben durch Überweisungen oder Barabhebungen (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 – 1 StR 33/15, aaO). Die Strafkammer hat dem- gemäß zutreffend das „Verwenden“ eines geldwäschetauglichenGegenstands im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB durch von der Angeklagten L. veranlasste Überweisungen und Barabhebungen angenommen.
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cc) Verschleiern der Herkunft eines Gegenstands umfasst alle irreführenden Machenschaften, durch die einem Tatobjekt der Anschein einer anderen (legalen) Herkunft verliehen oder zumindest die wahre Herkunft verborgen werden soll. Verbergen und Verschleiern bezeichnen ein zielgerichtetes, konkret geeignetes Handeln, den Herkunftsnachweis zu erschweren, ohne dass diese Bemühungen aus der Sicht der Strafverfolgungsbehörden zum Erfolg geführt haben müssen (BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 – 2 StR 451/15, NStZ 2017, 28, 29 mwN). Die Feststellungen tragen danach auch die Annahme eines „Ver- schleierns“ nach § 261 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch den Gebrauch der erstellten „eidesstattlichen Versicherung“.
Insofern steht – wie auch hinsichtlich der anderen Handlungsalternati35 ven – ein zudem von „manipulativer Tendenz“ (BVerfG [Kammer], Beschluss vom 28. Juli 2015 – 2 BvR 2558/14, Rn. 49, 52) getragener Vorsatz der Ange- klagten außer Frage. Sie bezweckte mit ihrem Tun ausschließlich, „die tatsächliche Herkunft der Gelder zu verschleiern“ (UA S. 14).

d) Soweit die Strafkammer sämtliche von der Angeklagten L. be36 gangenen Geldwäschehandlungen als natürliche Handlungseinheit bewertet, begegnet dies rechtlichen Bedenken. Die Angeklagte ist hierdurch aber nicht beschwert; der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei Annahme von Tatmehrheit eine noch geringere (Gesamt-)Geldstrafe verhängt hätte.
Mehrere Geldwäschehandlungen sind nicht bereits deshalb rechtlich zu
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einer Tat verbunden, weil die einzelnen Tatobjekte aus einer bestimmten Vortat herrühren. § 261 StGB ist eine eigenständige Strafvorschrift, nicht etwa eine besondere Form der Beteiligung an der Vortat. Daher sind Geldwäschehandlungen hinsichtlich der Frage der Einheit oder Mehrzahl von Handlungen eigenständig zu beurteilen (BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 208/97, aaO, S. 152). Verschafft sich ein Täter gemäß § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB bei mehreren Gelegenheiten (Bar-)Geldbeträge, so ist grundsätzlich Tatmehrheit gegeben (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 208/97, BGHSt 43, 149, 151). Gleiches gilt beim Eingang von bemakelten Geldbeträgen auf ein vom Täter beherrschtes Konto, die von ihm dort nach § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB jedenfalls vorübergehend verwahrt werden. Mit anschließenden Verwendungshandlungen im Sinne von § 261 Abs. 2 Nr. 2 StGB durch strafbewehrte Verfügungen des Täters über das deliktisch erlangte Giralgeld in Form von Überweisungen oder Barabhebungen besteht dagegen grundsätzlich eine natürliche Handlungseinheit (Neuheuser, NStZ 2008, 492, 496).
Ausgehend hiervon wird die Annahme einer einzigen Tat der Angeklag38 ten L. von den Feststellungen nicht getragen. Denn die Verwahrungshandlungen der Angeklagten waren weder von einem einheitlichen Willen getragen noch drängt sich infolge eines engen zeitlichen Zusammenhangs deren Verbindung zu einer Handlungseinheit auf. Zwischen den die Verfügungsgewalt der Angeklagten begründenden Eingängen der einzelnen Kaufpreisraten aus den Wohnungsverkäufen auf den Konten der F. lagen erhebliche Zeiträume von bis zu neun Monaten.
Der Umstand, dass es sich bei den auf die Konten der F. ein39 gehenden Verkaufserlösen um Surrogate handelt, die aus dem gewerbsmäßigen Betrug des Zeugen B. herrühren, ist tatbestandstypisch und führt nicht zur Annahme einer Handlungseinheit.

e) Die Verurteilung des Angeklagten P. als Täter begegnet keinen
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rechtlichen Bedenken.
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Der Gesetzgeber hat im Rahmen des § 261 StGB – ähnlich wie etwa bei der Absatzhilfe im Sinne des § 259 StGB – auch solche Handlungen als täterschaftlich eingeordnet, bei denen es sich nach allgemeinen strafrechtlichen Regeln um Beihilfe handeln würde (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2016 – 4StR 384/15, NStZ 2016, 538; Urteil vom 8. Oktober 1998 – 1 StR 356/98, NStZ 1999, 83, 84). Danach ist Täter, wer selbst in vollem Umfang tatbestandsmäßig handelt, mag er auch, wie im vorliegenden Fall naheliegend, ganz oder überwiegend im Interesse eines anderen handeln (vgl. BGH aaO).
4. Die Rechtsfolgenentscheidungen weisen keine die Angeklagten be42 schwerenden Rechtsfehler auf. Insbesondere beschwert es sie nicht, dass das Landgericht den Anwendungsbereich des Art. 316h EStGB versehentlich auf die Vorschriften über die Einziehung gemäß §§ 74 ff. StGB ausgeweitet hat.

III.


Die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der AngeklagtenL.
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ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Sie führt zur Aufhebung der festgesetzten Strafe.
Die Strafkammer hat die Strafe dem Normalstrafrahmen des § 261
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Abs. 1 StGB entnommen. Das Vorliegen eines besonders schweren Falls nach § 261 Abs. 4 StGB hat sie nicht erkennbar erwogen. Eine gewerbsmäßige Begehung (§ 261 Abs. 4 Satz 2 StGB), die in Konstellationen wie der vorliegenden auch bei einer Tat in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2004 – 3 StR 344/03, NStZ-RR 2006, 106), lag nach den Feststellungen jedoch nahe und hätte der Erörterung bedurft. Denn die Angeklagte hat über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr Gehaltszahlungen unterschiedlicher Höhe in zwölf Einzelüberweisungen von insgesamt über 70.000 Euro von dem bemakelten Giralgeld auf dem Konto der F. bei der spa auf ihr Privatkonto überwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1998 – 1 StR 246/98, BGHR StGB § 261 Strafzumessung 2). Unter diesen Vorzeichen kann dahinstehen, ob nicht schon im Blick auf die beträchtlichen Summen und den langen Tatzeitraum ein (unbenannter) besonders schwerer Fall zu erwägen gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1998 – 1 StR 246/98, aaO mwN).
Der Senat kann – auch angesichts der in den Urteilsgründen zutreffend
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angeführten allgemeinen Strafmilderungsgründe – nicht ausschließen, dass das Landgericht den Strafrahmen des § 261 Abs. 4 Satz 1 StGB zugrunde gelegt und eine höhere (Freiheits-)Strafe verhängt hätte, wenn es sich dessen bewusst gewesen wäre. Der Strafausspruch war deshalb aufzuheben. Die Feststellungen sowie die Einziehungsentscheidung sind durch den Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Mutzbauer Schneider König
Mosbacher Köhler

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

(1) Wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt,

1.
verbirgt,
2.
in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,
3.
sich oder einem Dritten verschafft oder
4.
verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 gilt dies nicht in Bezug auf einen Gegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine rechtswidrige Tat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Gegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

(7) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 6 nur dann bestraft, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1.
wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Gegenstandes bewirkt.

(9) Einem Gegenstand im Sinne des Absatzes 1 stehen Gegenstände, die aus einer im Ausland begangenen Tat herrühren, gleich, wenn die Tat nach deutschem Strafrecht eine rechtswidrige Tat wäre und

1.
am Tatort mit Strafe bedroht ist oder
2.
nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:
a)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),
b)
Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),
c)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),
d)
Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,
e)
Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),
f)
Artikel 2 oder Artikel 3 der Richtlinie2011/36/EUdes Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),
g)
den Artikeln 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder
h)
den Artikeln 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b oder den Artikeln 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(10) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt und gehen einer Einziehung nach § 74 Absatz 2, auch in Verbindung mit den §§ 74a und 74c, vor.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer

1.
Geschäfte betreibt, die nach § 3, auch in Verbindung mit § 53b Abs. 3 Satz 1 oder 2, verboten sind, oder
2.
ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) eine Clearingdienstleistung erbringt.

(1b) Ebenso wird bestraft, wer ohne die erforderliche Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 eine Zentralverwahrertätigkeit ausübt.

(1c) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) eine Schwarmfinanzierungsdienstleistung erbringt.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Kreditinstitute sind Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Bankgeschäfte sind

1.
die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft),
1a.
die in § 1 Abs. 1 Satz 2 des Pfandbriefgesetzes bezeichneten Geschäfte (Pfandbriefgeschäft),
2.
die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten (Kreditgeschäft);
3.
der Ankauf von Wechseln und Schecks (Diskontgeschäft),
4.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft),
5.
die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren für andere (Depotgeschäft),
6.
die Tätigkeit als Zentralverwahrer im Sinne des Absatzes 6,
7.
die Eingehung der Verpflichtung, zuvor veräußerte Darlehensforderungen vor Fälligkeit zurückzuerwerben,
8.
die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere (Garantiegeschäft),
9.
die Durchführung des bargeldlosen Scheckeinzugs (Scheckeinzugsgeschäft), des Wechseleinzugs (Wechseleinzugsgeschäft) und die Ausgabe von Reiseschecks (Reisescheckgeschäft),
10.
die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Plazierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien (Emissionsgeschäft),
11.
(weggefallen)
12.
die Tätigkeit als zentrale Gegenpartei im Sinne von Absatz 31.

(1a) Finanzdienstleistungsinstitute sind Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind. Finanzdienstleistungen sind

1.
die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung),
1a.
die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung),
1b.
der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines multilateralen Handelssystems),
1c.
das Platzieren von Finanzinstrumenten ohne feste Übernahmeverpflichtung (Platzierungsgeschäft),
1d.
der Betrieb eines multilateralen Systems, bei dem es sich nicht um einen organisierten Markt oder ein multilaterales Handelssystem handelt und das die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf und Verkauf von Schuldverschreibungen, strukturierten Finanzprodukten, Emissionszertifikaten oder Derivaten innerhalb des Systems auf eine Weise zusammenführt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt (Betrieb eines organisierten Handelssystems),
2.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung (Abschlußvermittlung),
3.
die Verwaltung einzelner in Finanzinstrumenten angelegter Vermögen für andere mit Entscheidungsspielraum (Finanzportfolioverwaltung),
4.
der Eigenhandel durch das
a)
kontinuierliche Anbieten des An- und Verkaufs von Finanzinstrumenten zu selbst gestellten Preisen für eigene Rechnung unter Einsatz des eigenen Kapitals,
b)
häufige organisierte und systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung in erheblichem Umfang außerhalb eines organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems, wenn Kundenaufträge außerhalb eines geregelten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems ausgeführt werden, ohne dass ein multilaterales Handelssystem betrieben wird (systematische Internalisierung),
c)
Anschaffen oder Veräußern von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere oder
d)
Kaufen oder Verkaufen von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung als unmittelbarer oder mittelbarer Teilnehmer eines inländischen organisierten Marktes oder eines multilateralen oder organisierten Handelssystems mittels einer hochfrequenten algorithmischen Handelstechnik, die gekennzeichnet ist durch
aa)
eine Infrastruktur zur Minimierung von Netzwerklatenzen und anderen Verzögerungen bei der Orderübertragung (Latenzen), die mindestens eine der folgenden Vorrichtungen für die Eingabe algorithmischer Aufträge aufweist: Kollokation, Proximity Hosting oder direkter elektronischer Hochgeschwindigkeitszugang,
bb)
die Fähigkeit des Systems, einen Auftrag ohne menschliche Intervention im Sinne des Artikels 18 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung, einzuleiten, zu erzeugen, weiterzuleiten oder auszuführen und
cc)
ein hohes untertägiges Mitteilungsaufkommen im Sinne des Artikels 19 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 in Form von Aufträgen, Kursangaben oder Stornierungen
auch ohne dass eine Dienstleistung für andere vorliegt (Hochfrequenzhandel),
5.
die Vermittlung von Einlagengeschäften mit Unternehmen mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (Drittstaateneinlagenvermittlung),
6.
die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte für andere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen, sowie die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowertpapiere für andere nach § 4 Absatz 3 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere zu halten, zu speichern oder darüber zu verfügen (Kryptoverwahrgeschäft),
7.
der Handel mit Sorten (Sortengeschäft),
8.
die Führung eines Kryptowertpapierregisters nach § 16 des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (Kryptowertpapierregisterführung),
9.
der laufende Ankauf von Forderungen auf der Grundlage von Rahmenverträgen mit oder ohne Rückgriff (Factoring),
10.
der Abschluss von Finanzierungsleasingverträgen als Leasinggeber und die Verwaltung von Objektgesellschaften im Sinne des § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 17 außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs (Finanzierungsleasing),
11.
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten außerhalb der Verwaltung eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs für eine Gemeinschaft von Anlegern, die natürliche Personen sind, mit Entscheidungsspielraum bei der Auswahl der Finanzinstrumente, sofern dies ein Schwerpunkt des angebotenen Produktes ist und zu dem Zweck erfolgt, dass diese Anleger an der Wertentwicklung der erworbenen Finanzinstrumente teilnehmen (Anlageverwaltung),
12.
die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren ausschließlich für alternative Investmentfonds (AIF) im Sinne des § 1 Absatz 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs (eingeschränktes Verwahrgeschäft).
Die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die nicht Eigenhandel im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 4 ist (Eigengeschäft), gilt als Finanzdienstleistung, wenn das Eigengeschäft von einem Unternehmen betrieben wird, das
1.
dieses Geschäft, ohne bereits aus anderem Grunde Institut oder Wertpapierinstitut zu sein, gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreibt, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und
2.
einer Instituts-, einer Finanzholding- oder gemischten Finanzholding-Gruppe oder einem Finanzkonglomerat angehört, der oder dem ein CRR-Kreditinstitut angehört.
Ein Unternehmen, das als Finanzdienstleistung geltendes Eigengeschäft nach Satz 3 betreibt, gilt als Finanzdienstleistungsinstitut. Die Sätze 3 und 4 gelten nicht für Abwicklungsanstalten nach § 8a Absatz 1 Satz 1 des Stabilisierungsfondsgesetzes. Ob ein häufiger systematischer Handel im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 Buchstabe b vorliegt, bemisst sich nach der Zahl der Geschäfte außerhalb eines Handelsplatzes im Sinne des § 2 Absatz 22 des Wertpapierhandelsgesetzes (OTC-Handel) mit einem Finanzinstrument zur Ausführung von Kundenaufträgen, die für eigene Rechnung durchgeführt werden. Ob ein Handel in erheblichem Umfang im Sinne des Satzes 2 Nummer 4 Buchstabe b vorliegt, bemisst sich entweder nach dem Anteil des OTC-Handels an dem Gesamthandelsvolumen des Unternehmens in einem bestimmten Finanzinstrument oder nach dem Verhältnis des OTC-Handels des Unternehmens zum Gesamthandelsvolumen in einem bestimmten Finanzinstrument in der Europäischen Union. Die Voraussetzungen der systematischen Internalisierung sind erst dann erfüllt, wenn sowohl die in den Artikeln 12 bis 17 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 bestimmte Obergrenze für häufigen systematischen Handel als auch die in der vorgenannten Delegierten Verordnung bestimmte einschlägige Obergrenze für den Handel in erheblichem Umfang überschritten werden oder wenn ein Unternehmen sich freiwillig den für die systematische Internalisierung geltenden Regelungen unterworfen und einen entsprechenden Erlaubnisantrag bei der Bundesanstalt gestellt hat.

(1b) Institute im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute.

(2) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts oder eines Unternehmens in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft berufen sind.

(3) Finanzunternehmen sind Unternehmen, die keine Institute und keine Kapitalverwaltungsgesellschaften oder extern verwaltete Investmentgesellschaften sind und deren Haupttätigkeit darin besteht,

1.
Beteiligungen zu erwerben und zu halten,
2.
Geldforderungen entgeltlich zu erwerben,
3.
Leasing-Objektgesellschaft im Sinne des § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 17 zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zu handeln,
6.
andere bei der Anlage in Finanzinstrumenten zu beraten,
7.
Unternehmen über die Kapitalstruktur, die industrielle Strategie und die damit verbundenen Fragen zu beraten sowie bei Zusammenschlüssen und Übernahmen von Unternehmen diese zu beraten und ihnen Dienstleistungen anzubieten oder
8.
Darlehen zwischen Kreditinstituten zu vermitteln (Geldmaklergeschäfte).
Das Bundesministerium der Finanzen kann nach Anhörung der Deutschen Bundesbank durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, weitere Unternehmen als Finanzunternehmen bezeichnen, deren Haupttätigkeit in einer Tätigkeit besteht, um welche die Liste in Anhang I zu der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/2034 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64) geändert worden ist.

(3a) Datenbereitstellungsdienste im Sinne dieses Gesetzes sind genehmigte Veröffentlichungssysteme und genehmigte Meldemechanismen im Sinne des § 2 Absatz 37 und 39 des Wertpapierhandelsgesetzes.

(3b) (weggefallen)

(3c) Ein Institut ist bedeutend, wenn seine Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten vier abgeschlossenen Geschäftsjahre 15 Milliarden Euro überschritten hat. Als bedeutende Institute gelten stets

1.
Institute, die eine der Bedingungen gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63; L 218 vom 19.8.2015, S. 82) erfüllen,
2.
Institute, die als potentiell systemrelevant im Sinne des § 12 eingestuft wurden, und
3.
Finanzhandelsinstitute gemäß § 25f Absatz 1.

(3d) CRR-Kreditinstitute im Sinne dieses Gesetzes sind Kreditinstitute im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166; L 20 vom 25.1.2017, S. 3; L 13 vom 17.1.2020, S. 58), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2020/873 (ABl. L 204 vom 26.6.2020, S. 4) geändert worden ist; ein Unternehmen, das CRR-Kreditinstitut ist, ist auch Kreditinstitut im Sinne dieses Gesetzes. Wertpapierinstitute sind Unternehmen im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes. E-Geld-Institute sind Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes.

(3e) Wertpapier- oder Terminbörsen im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapier- oder Terminmärkte, die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden, regelmäßig stattfinden und für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich sind, einschließlich

1.
ihrer Betreiber, wenn deren Haupttätigkeit im Betreiben von Wertpapier- oder Terminmärkten besteht, und
2.
ihrer Systeme zur Sicherung der Erfüllung der Geschäfte an diesen Märkten (Clearingstellen), die von den zuständigen staatlichen Stellen geregelt und überwacht werden.

(4) Herkunftsstaat ist der Staat, in dem die Hauptniederlassung eines Instituts zugelassen ist.

(5) Als Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes gilt

1.
die Europäische Zentralbank, soweit sie in Ausübung ihrer gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a bis i und Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63) übertragenen Aufgaben handelt und diese Aufgaben nicht gemäß Artikel 6 Absatz 6 dieser Verordnung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) wahrgenommen werden,
2.
die Bundesanstalt, soweit nicht die Europäische Zentralbank nach Nummer 1 als Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Gesetzes gilt.

(5a) Der Europäische Wirtschaftsraum im Sinne dieses Gesetzes umfaßt die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie die anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Drittstaaten im Sinne dieses Gesetzes sind alle anderen Staaten.

(5b) (weggefallen)

(6) Ein Zentralverwahrer im Sinne dieses Gesetzes ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 1).

(7) Schwesterunternehmen sind Unternehmen, die ein gemeinsames Mutterunternehmen haben.

(7a) (weggefallen)

(7b) (weggefallen)

(7c) (weggefallen)

(7d) (weggefallen)

(7e) (weggefallen)

(7f) (weggefallen)

(8) (weggefallen)

(9) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist eine qualifizierte Beteiligung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung. Für die Berechnung des Anteils der Stimmrechte gelten § 33 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 5, § 34 Absatz 1 und 2, § 35 Absatz 1 bis 3 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach Absatz 6 und § 36 des Wertpapierhandelsgesetzes entsprechend. Unberücksichtigt bleiben die Stimmrechte oder Kapitalanteile, die Institute oder Wertpapierinstitute im Rahmen des Emissionsgeschäfts nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 10 oder nach § 2 Absatz 2 Nummer 2 des Wertpapierinstitutsgesetzes halten, vorausgesetzt, diese Rechte werden nicht ausgeübt oder anderweitig benutzt, um in die Geschäftsführung des Emittenten einzugreifen, und sie werden innerhalb eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Erwerbs veräußert.

(10) Auslagerungsunternehmen sind Unternehmen, auf die ein Institut oder ein übergeordnetes Unternehmen Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Bankgeschäften, Finanzdienstleistungen oder sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind.

(11) Finanzinstrumente im Sinne der Absätze 1 bis 3 und 17 sowie im Sinne des § 2 Absatz 1 und 6 sind

1.
Aktien und andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Hinterlegungsscheine, die Aktien oder Aktien vergleichbare Anteile vertreten,
2.
Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes mit Ausnahme von Anteilen an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes,
3.
Schuldtitel, insbesondere Genussscheine, Inhaberschuldverschreibungen, Orderschuldverschreibungen und diesen Schuldtiteln vergleichbare Rechte, die ihrer Art nach auf den Kapitalmärkten handelbar sind, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, sowie Hinterlegungsscheine, die diese Schuldtitel vertreten,
4.
sonstige Rechte, die zum Erwerb oder zur Veräußerung von Rechten nach den Nummern 1 und 3 berechtigen oder zu einer Barzahlung führen, die in Abhängigkeit von solchen Rechten, von Währungen, Zinssätzen oder anderen Erträgen, von Waren, Indices oder Messgrößen bestimmt wird,
5.
Anteile an Investmentvermögen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kapitalanlagegesetzbuchs,
6.
Geldmarktinstrumente,
7.
Devisen oder Rechnungseinheiten,
8.
Derivate,
9.
Berechtigungen nach § 3 Nummer 3 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, Emissionsreduktionseinheiten nach § 2 Nummer 20 des Projekt- Mechanismen-Gesetzes und zertifizierte Emissionsreduktionen nach § 2 Nummer 21 des Projekt-Mechanismen-Gesetzes, soweit diese jeweils im Emissionshandelsregister gehalten werden dürfen (Emissionszertifikate),
10.
Kryptowerte sowie
11.
für Schwarmfinanzierungszwecke nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1), in der jeweils geltenden Fassung, zugelassene Instrumente (Schwarmfinanzierungsinstrumente).
Hinterlegungsscheine im Sinne dieses Gesetzes sind Wertpapiere, die auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, ein Eigentumsrecht an Wertpapieren von Emittenten mit Sitz im Ausland verbriefen, zum Handel auf einem organisierten Markt zugelassen sind und unabhängig von den Wertpapieren des jeweiligen gebietsfremden Emittenten gehandelt werden können. Geldmarktinstrumente sind Instrumente im Sinne des Artikels 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten. Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient und der auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann. Keine Kryptowerte im Sinne dieses Gesetzes sind
1.
E-Geld im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 3 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes oder
2.
ein monetärer Wert, der die Anforderungen des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllt oder nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes eingesetzt wird.
Derivate sind
1.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und deren Wert sich unmittelbar oder mittelbar vom Preis oder Maß eines Basiswertes ableitet (Termingeschäfte) mit Bezug auf die folgenden Basiswerte:
a)
Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente,
b)
Devisen, soweit das Geschäft nicht die Voraussetzungen des Artikels 10 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 erfüllt, oder Rechnungseinheiten,
c)
Zinssätze oder andere Erträge,
d)
Indices der Basiswerte des Buchstaben a, b, c oder f andere Finanzindices oder Finanzmessgrößen,
e)
Derivate oder
f)
Emissionszertifikate;
2.
Termingeschäfte mit Bezug auf Waren, Frachtsätze, Klima- oder andere physikalische Variablen, Inflationsraten oder andere volkswirtschaftliche Variablen oder sonstige Vermögenswerte, Indices oder Messwerte als Basiswerte, sofern sie
a)
durch Barausgleich zu erfüllen sind oder einer Vertragspartei das Recht geben, einen Barausgleich zu verlangen, ohne dass dieses Recht durch Ausfall oder ein anderes Beendigungsereignis begründet ist,
b)
auf einem organisierten Markt oder in einem multilateralen oder organisierten Handelssystem geschlossen werden, soweit es sich nicht um über ein organisiertes Handelssystem gehandelte Energiegroßhandelsprodukte handelt, die effektiv geliefert werden müssen, oder
c)
die Merkmale anderer Derivatekontrakte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 aufweisen und nichtkommerziellen Zwecken dienen,
und sofern sie keine Kassageschäfte im Sinne des Artikels 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 sind;
3.
finanzielle Differenzgeschäfte;
4.
als Kauf, Tausch oder anderweitig ausgestaltete Festgeschäfte oder Optionsgeschäfte, die zeitlich verzögert zu erfüllen sind und dem Transfer von Kreditrisiken dienen (Kreditderivate);
5.
Termingeschäfte mit Bezug auf die in Artikel 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 genannten Basiswerte, sofern sie die Bedingungen der Nummer 2 erfüllen.

(12) (weggefallen)

(13) (weggefallen)

(14) (weggefallen)

(15) (weggefallen)

(16) Ein System im Sinne von § 24b ist eine schriftliche Vereinbarung nach Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45), die durch die Richtlinie 2009/44/EG (ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 37) geändert worden ist, einschließlich der Vereinbarung zwischen einem Teilnehmer und einem indirekt teilnehmenden Kreditinstitut, die von der Deutschen Bundesbank oder der zuständigen Stelle eines anderen Mitgliedstaats oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde gemeldet wurde. Systeme aus Drittstaaten stehen den in Satz 1 genannten Systemen gleich, sofern sie im Wesentlichen den in Artikel 2 Buchstabe a der Richtlinie 98/26/EG angeführten Voraussetzungen entsprechen. System im Sinne des Satzes 1 ist auch ein System, dessen Betreiber eine Vereinbarung mit dem Betreiber eines anderen Systems oder den Betreibern anderer Systeme geschlossen hat, die eine Ausführung von Zahlungs- oder Übertragungsaufträgen zwischen den betroffenen Systemen zum Gegenstand hat (interoperables System); auch die anderen an der Vereinbarung beteiligten Systeme sind interoperable Systeme.

(16a) Systembetreiber im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der für den Betrieb des Systems rechtlich verantwortlich ist.

(16b) Der Geschäftstag eines Systems umfasst Tag- und Nachtabrechnungen und beinhaltet alle Ereignisse innerhalb des üblichen Geschäftszyklus eines Systems.

(16c) Teilnehmer eines Systems im Sinne dieses Gesetzes sind die zur Teilnahme an diesem System berechtigten zentralen Gegenparteien, Systembetreiber, Clearingmitglieder einer zentralen Gegenpartei mit Zulassung gemäß Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 und Verrechnungsstellen, Clearingstellen und Institute im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b, d oder e der Richtlinie 98/26/EG.

(17) Finanzsicherheiten im Sinne dieses Gesetzes sind Barguthaben, Geldbeträge, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente sowie Kreditforderungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe o der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43), die durch die Richtlinie 2009/44/EG (ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 37) geändert worden ist, und Geldforderungen aus einer Vereinbarung, auf Grund derer ein Versicherungsunternehmen im Sinne des § 1 Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes einen Kredit in Form eines Darlehens gewährt hat, jeweils einschließlich jeglicher damit in Zusammenhang stehender Rechte oder Ansprüche, die als Sicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts oder im Wege der Überweisung oder Vollrechtsübertragung auf Grund einer Vereinbarung zwischen einem Sicherungsnehmer und einem Sicherungsgeber, die einer der in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe a bis e der Richtlinie 2002/47/EG, die durch die Richtlinie 2009/44/EG geändert worden ist, aufgeführten Kategorien angehören, bereitgestellt werden; bei von Versicherungsunternehmen gewährten Kreditforderungen gilt dies nur, wenn der Sicherungsgeber seinen Sitz im Inland hat. Gehört der Sicherungsgeber zu den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe e der Richtlinie 2002/47/EG genannten Personen oder Gesellschaften, so liegt eine Finanzsicherheit nur vor, wenn die Sicherheit der Besicherung von Verbindlichkeiten aus Verträgen oder aus der Vermittlung von Verträgen über

a)
die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten,
b)
Pensions-, Darlehens- sowie vergleichbare Geschäfte auf Finanzinstrumente oder
c)
Darlehen zur Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten
dient. Gehört der Sicherungsgeber zu den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe e der Richtlinie 2002/47/EG genannten Personen oder Gesellschaften, so sind eigene Anteile des Sicherungsgebers oder Anteile an verbundenen Unternehmen im Sinne von § 290 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches keine Finanzsicherheiten; maßgebend ist der Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit. Sicherungsgeber aus Drittstaaten stehen den in Satz 1 genannten Sicherungsgebern gleich, sofern sie im Wesentlichen den in Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe a bis e aufgeführten Körperschaften, Finanzinstituten und Einrichtungen entsprechen.

(18) Branchenvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind die Rechtsvorschriften der Europäischen Union im Bereich der Finanzaufsicht, insbesondere die Richtlinien 73/239/EWG, 98/78/EG, 2004/39/EG, 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2009/65/EG sowie Anhang V Teil A der Richtlinie 2002/83/EG, die darauf beruhenden inländischen Gesetze, insbesondere dieses Gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Wertpapierhandelsgesetz, das Kapitalanlagegesetzbuch, das Pfandbriefgesetz, das Gesetz über Bausparkassen, das Geldwäschegesetz einschließlich der dazu ergangenen Rechtsverordnungen sowie der sonstigen im Bereich der Finanzaufsicht erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

(19) Finanzbranche im Sinne dieses Gesetzes sind folgende Branchen:

1.
die Banken- und Wertpapierdienstleistungsbranche; dieser gehören Kreditinstitute im Sinne des Absatzes 1, Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des Absatzes 1a, Wertpapierinstitute im Sinne des Absatzes 3d Satz 2, Kapitalverwaltungsgesellschaften im Sinne des § 17 des Kapitalanlagegesetzbuchs, extern verwaltete Investmentgesellschaften im Sinne des § 1 Absatz 13 des Kapitalanlagegesetzbuchs, Finanzunternehmen im Sinne des Absatzes 3, Anbieter von Nebendienstleistungen oder entsprechende Unternehmen mit Sitz im Ausland sowie E-Geld-Institute im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sowie Zahlungsinstitute im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes an;
2.
die Versicherungsbranche; dieser gehören Erst- und Rückversicherungsunternehmen im Sinne des § 7 Nummer 33 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, Versicherungs-Holdinggesellschaften im Sinne des § 7 Nummer 31 des Versicherungsaufsichtsgesetzes oder entsprechende Unternehmen mit Sitz im Ausland an; zu den Versicherungsunternehmen im Sinne des ersten Halbsatzes gehören weder die Sterbekassen noch die in § 1 Absatz 4 und § 3 des Versicherungsaufsichtsgesetzes genannten Unternehmen und Einrichtungen.

(20) Finanzkonglomerat ist eine Gruppe oder Untergruppe von Unternehmen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetzes.

(21) Risikoträger sind Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt. Als Risikoträger gelten zudem die Geschäftsleiter nach Absatz 2 sowie die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans im Sinne des § 25d.

(22) (weggefallen)

(23) (weggefallen)

(24) Refinanzierungsunternehmen sind Unternehmen, die Gegenstände oder Ansprüche auf deren Übertragung aus ihrem Geschäftsbetrieb an folgende Unternehmen zum Zwecke der eigenen Refinanzierung oder der Refinanzierung des Übertragungsberechtigten veräußern oder für diese treuhänderisch verwalten:

1.
Zweckgesellschaften,
2.
Refinanzierungsmittler,
3.
Kreditinstitute mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums,
4.
Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums,
5.
Pensionsfonds oder Pensionskassen im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) oder
6.
eine in § 2 Absatz 1 Nummer 1, 2 oder 3a genannte Einrichtung.
Unschädlich ist, wenn die Refinanzierungsunternehmen daneben wirtschaftliche Risiken weitergeben, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(25) Refinanzierungsmittler sind Kreditinstitute, die von Refinanzierungsunternehmen oder anderen Refinanzierungsmittlern Gegenstände aus dem Geschäftsbetrieb eines Refinanzierungsunternehmens oder Ansprüche auf deren Übertragung erwerben, um diese an Zweckgesellschaften oder Refinanzierungsmittler zu veräußern; unschädlich ist, wenn sie daneben wirtschaftliche Risiken weitergeben, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(26) Zweckgesellschaften sind Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darin besteht, durch Emission von Finanzinstrumenten oder auf sonstige Weise Gelder aufzunehmen oder andere vermögenswerte Vorteile zu erlangen, um von Refinanzierungsunternehmen oder Refinanzierungsmittlern Gegenstände aus dem Geschäftsbetrieb eines Refinanzierungsunternehmens oder Ansprüche auf deren Übertragung zu erwerben; unschädlich ist, wenn sie daneben wirtschaftliche Risiken übernehmen, ohne dass damit ein Rechtsübergang einhergeht.

(27) Interne Ansätze im Sinne dieses Gesetzes sind die Ansätze nach Artikel 143 Absatz 1, Artikel 221, 225 und 265 Absatz 2, Artikel 283, 312 Absatz 2 und Artikel 363 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung.

(28) Hartes Kernkapital im Sinne dieses Gesetzes ist das harte Kernkapital gemäß Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung.

(29) Wohnungsunternehmen mit Spareinrichtung im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft,

1.
die keine CRR-Institute oder Finanzdienstleistungsinstitute sind und keine Beteiligung an einem Institut oder Finanzunternehmen besitzen,
2.
deren Unternehmensgegenstand überwiegend darin besteht, den eigenen Wohnungsbestand zu bewirtschaften,
3.
die daneben als Bankgeschäft ausschließlich das Einlagengeschäft im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 betreiben, jedoch beschränkt auf
a)
die Entgegennahme von Spareinlagen,
b)
die Ausgabe von Namensschuldverschreibungen und
c)
die Begründung von Bankguthaben mit Zinsansammlung zu Zwecken des § 1 Absatz 1 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1322) in der jeweils geltenden Fassung, und
4.
die kein Handelsbuch führen, es sei denn,
a)
der Anteil des Handelsbuchs überschreitet in der Regel nicht 5 Prozent der Gesamtsumme der bilanz- und außerbilanzmäßigen Geschäfte,
b)
die Gesamtsumme der einzelnen Positionen des Handelsbuchs überschreitet in der Regel nicht den Gegenwert von 15 Millionen Euro und
c)
der Anteil des Handelsbuchs überschreitet zu keiner Zeit 6 Prozent der Gesamtsumme der bilanz- und außerbilanzmäßigen Geschäfte und die Gesamtsumme aller Positionen des Handelsbuchs überschreitet zu keiner Zeit den Gegenwert von 20 Millionen Euro.
Spareinlagen im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe a sind
1.
unbefristete Gelder, die
a)
durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlagen gekennzeichnet sind,
b)
nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind,
c)
nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen, Personenhandelsgesellschaften oder von Unternehmen mit Sitz im Ausland mit vergleichbarer Rechtsform angenommen werden, es sei denn, diese Unternehmen dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken oder bei den von diesen Unternehmen angenommenen Geldern handelt es sich um Sicherheiten gemäß § 551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, und
d)
eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen;
2.
Einlagen, deren Sparbedingungen dem Kunden das Recht einräumen, über seine Einlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten bis zu einem bestimmten Betrag, der je Sparkonto und Kalendermonat 2 000 Euro nicht überschreiten darf, ohne Kündigung zu verfügen;
3.
Geldbeträge, die auf Grund von Vermögensbildungsgesetzen geleistet werden.

(30) (weggefallen)

(31) Eine zentrale Gegenpartei ist ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(32) Terrorismusfinanzierung im Sinne dieses Gesetzes ist Terrorismusfinanzierung nach § 1 Absatz 2 des Geldwäschegesetzes.

(33) Systemisches Risiko ist das Risiko einer Störung im Finanzsystem, die schwerwiegende negative Auswirkungen für das Finanzsystem und die Realwirtschaft haben kann.

(34) Modellrisiko ist der mögliche Verlust, den ein Institut als Folge von im Wesentlichen auf der Grundlage von Ergebnissen interner Modelle getroffenen Entscheidungen erleiden kann, die in der Entwicklung, Umsetzung oder Anwendung fehlerhaft sind.

(35) Im Übrigen gelten für die Zwecke dieses Gesetzes die Definitionen aus Artikel 4 Absatz 1 Nummer 5, 6, 8, 13 bis 18, 20 bis 22, 26, 29 bis 33, 35, 37, 38, 43, 44, 48, 49, 51, 54, 57, 61 bis 63, 66, 67, 73, 74, 82, 86 und 94 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013.

(1) Durch einen Einzelzahlungsvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für die Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler, Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt (Zahlungsdienstnutzer), einen Zahlungsvorgang auszuführen.

(2) Durch einen Zahlungsdiensterahmenvertrag wird der Zahlungsdienstleister verpflichtet, für den Zahlungsdienstnutzer einzelne und aufeinander folgende Zahlungsvorgänge auszuführen sowie gegebenenfalls für den Zahlungsdienstnutzer ein auf dessen Namen oder die Namen mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Zahlungskonto zu führen. Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag kann auch Bestandteil eines sonstigen Vertrags sein oder mit einem anderen Vertrag zusammenhängen.

(3) Der Zahlungsdienstnutzer ist berechtigt, einen Zahlungsauslösedienst oder einen Kontoinformationsdienst zu nutzen, es sei denn, das Zahlungskonto des Zahlungsdienstnutzers ist für diesen nicht online zugänglich. Der kontoführende Zahlungsdienstleister darf die Nutzung dieser Dienste durch den Zahlungsdienstnutzer nicht davon abhängig machen, dass der Zahlungsauslösedienstleister oder der Kontoinformationsdienstleister zu diesem Zweck einen Vertrag mit dem kontoführenden Zahlungsdienstleister abschließt.

(4) Zahlungsvorgang ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abhebung eines Geldbetrags, unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger. Zahlungsauftrag ist jeder Auftrag, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs entweder unmittelbar oder mittelbar über einen Zahlungsauslösedienstleister oder den Zahlungsempfänger erteilt.

(5) Der Zahlungsdienstnutzer ist verpflichtet, dem Zahlungsdienstleister das für die Erbringung eines Zahlungsdienstes vereinbarte Entgelt zu entrichten. Für die Erfüllung von Nebenpflichten nach diesem Untertitel hat der Zahlungsdienstleister nur dann einen Anspruch auf ein Entgelt, sofern dies zugelassen und zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart worden ist; dieses Entgelt muss angemessen und an den tatsächlichen Kosten des Zahlungsdienstleisters ausgerichtet sein.

(6) In einem Zahlungsdiensterahmenvertrag zwischen dem Zahlungsempfänger und seinem Zahlungsdienstleister darf das Recht des Zahlungsempfängers, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung oder einen anderweitigen Anreiz anzubieten, nicht ausgeschlossen werden.

(1) Zahlungsdienstleister sind

1.
Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen, ohne Zahlungsdienstleister im Sinne der Nummern 2 bis 5 zu sein (Zahlungsinstitute);
2.
E-Geld-Institute im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1, die im Inland zum Geschäftsbetrieb nach diesem Gesetz zugelassen sind, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
3.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338; L 208 vom 2.8.2013, S. 73; L 20 vom 25.1.2017, S. 1; L 203 vom 26.6.2020, S. 95), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2019/2034 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64) geändert worden ist, namentlich genannten Unternehmen, sofern sie Zahlungsdienste erbringen;
4.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder andere Behörde Zahlungsdienste erbringen;
5.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns Zahlungsdienste erbringen.
Zahlungsdienste sind
1.
die Dienste, mit denen Bareinzahlungen auf ein Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Einzahlungsgeschäft);
2.
die Dienste, mit denen Barauszahlungen von einem Zahlungskonto ermöglicht werden, sowie alle für die Führung eines Zahlungskontos erforderlichen Vorgänge (Auszahlungsgeschäft);
3.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen einschließlich der Übermittlung von Geldbeträgen auf ein Zahlungskonto beim Zahlungsdienstleister des Nutzers oder bei einem anderen Zahlungsdienstleister durch
a)
die Ausführung von Lastschriften einschließlich einmaliger Lastschriften (Lastschriftgeschäft),
b)
die Ausführung von Zahlungsvorgängen mittels einer Zahlungskarte oder eines ähnlichen Zahlungsinstruments (Zahlungskartengeschäft),
c)
die Ausführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen (Überweisungsgeschäft),
jeweils ohne Kreditgewährung (Zahlungsgeschäft);
4.
die Ausführung von Zahlungsvorgängen im Sinne der Nummer 3, die durch einen Kreditrahmen für einen Zahlungsdienstnutzer im Sinne des § 3 Absatz 4 gedeckt sind (Zahlungsgeschäft mit Kreditgewährung);
5.
die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft);
6.
die Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag des Zahlers nur zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an einen Zahlungsempfänger oder an einen anderen, im Namen des Zahlungsempfängers handelnden Zahlungsdienstleister entgegengenommen wird oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird (Finanztransfergeschäft);
7.
Zahlungsauslösedienste;
8.
Kontoinformationsdienste.

(2) E-Geld-Emittenten sind

1.
Unternehmen, die das E-Geld-Geschäft betreiben, ohne E-Geld-Emittenten im Sinne der Nummern 2 bis 4 zu sein (E-Geld-Institute);
2.
CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Absatz 3d Satz 1 des Kreditwesengesetzes, die im Inland zum Geschäftsbetrieb zugelassen sind, sowie die in Artikel 2 Absatz 5 Nummer 5 der Richtlinie 2013/36/EU namentlich genannten Unternehmen, sofern sie das E-Geld-Geschäft betreiben;
3.
die Europäische Zentralbank, die Deutsche Bundesbank sowie andere Zentralbanken in der Europäischen Union oder den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit sie außerhalb ihrer Eigenschaft als Währungsbehörde oder anderer Behörde das E-Geld-Geschäft betreiben;
4.
der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die Träger bundes- oder landesmittelbarer Verwaltung, einschließlich der öffentlichen Schuldenverwaltung, der Sozialversicherungsträger und der Bundesagentur für Arbeit, soweit sie außerhalb ihres hoheitlichen Handelns das E-Geld-Geschäft betreiben.
E-Geld-Geschäft ist die Ausgabe von E-Geld. E-Geld ist jeder elektronisch, darunter auch magnetisch, gespeicherte monetäre Wert in Form einer Forderung an den Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des § 675f Absatz 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem Emittenten angenommen wird. Kein E-Geld ist ein monetärer Wert,
1.
der auf Instrumenten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 gespeichert ist oder
2.
der nur für Zahlungsvorgänge nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 eingesetzt wird.

(3) Institute im Sinne dieses Gesetzes sind Zahlungsinstitute und E-Geld-Institute.

(4) Herkunftsmitgliedstaat ist der Mitgliedstaat der Europäischen Union (Mitgliedstaat) oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem sich der Sitz des Instituts befindet, oder, wenn das Institut nach dem für ihn geltenden nationalen Recht keinen Sitz hat, der Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem sich seine Hauptverwaltung befindet. Aufnahmemitgliedstaat ist jeder andere Mitgliedstaat oder Vertragsstaat, in dem das Institut einen Agenten oder eine Zweigniederlassung hat oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs tätig ist.

(5) Zweigniederlassung ist eine Geschäftsstelle, die nicht die Hauptverwaltung ist und die einen Teil eines Instituts bildet, keine eigene Rechtspersönlichkeit hat und unmittelbar sämtliche oder einen Teil der Geschäfte betreibt, die mit der Tätigkeit eines Instituts verbunden sind. Alle Geschäftsstellen eines Instituts mit Hauptverwaltung in einem anderen Mitgliedstaat, die sich in einem Mitgliedstaat befinden, gelten als eine einzige Zweigniederlassung.

(6) Gruppe ist ein Verbund von Unternehmen, die untereinander durch eine in Artikel 22 Absatz 1, 2 oder 7 der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19; L 369 vom 24.12.2014, S. 79), die zuletzt durch die Richtlinie 2014/102/EU geändert worden ist (ABl. L 334 vom 21.11.2014, S. 86), genannte Beziehung verbunden sind, oder Unternehmen im Sinne der Artikel 4, 5, 6 und 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 241/2014 der Kommission vom 7. Januar 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf technische Regulierungsstandards für die Eigenmittelanforderungen an Institute (ABl. L 74 vom 14.3.2014, S. 8), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/923 (ABl. L 150 vom 17.6.2015, S. 1) geändert worden ist, die untereinander durch eine in Artikel 10 Absatz 1 oder Artikel 113 Absatz 6 oder 7 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, genannte Beziehung verbunden sind.

(7) Eine bedeutende Beteiligung im Sinne dieses Gesetzes ist eine qualifizierte Beteiligung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung. Für das Bestehen und die Berechnung einer bedeutenden Beteiligung gilt § 1 Absatz 9 Satz 2 und 3 des Kreditwesengesetzes entsprechend.

(8) Geschäftsleiter im Sinne dieses Gesetzes sind diejenigen natürlichen Personen, die nach Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Führung der Geschäfte und zur Vertretung eines Instituts in der Rechtsform einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft berufen sind. In Ausnahmefällen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) auch eine andere mit der Führung der Geschäfte betraute und zur Vertretung ermächtigte Person widerruflich als Geschäftsleiter bestimmen, wenn sie zuverlässig ist und die erforderliche fachliche Eignung hat. Beruht die Bestimmung einer Person als Geschäftsleiter auf einem Antrag des Instituts, so ist sie auf Antrag des Instituts oder des Geschäftsleiters zu widerrufen.

(9) Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines Instituts Zahlungsdienste ausführt. Die Handlungen des Agenten werden dem Institut zugerechnet.

(10) E-Geld-Agent im Sinne dieses Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die als selbständiger Gewerbetreibender im Namen eines E-Geld-Instituts beim Vertrieb und Rücktausch von E-Geld tätig ist.

(10a) Auslagerungsunternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind Unternehmen, auf die ein Institut Aktivitäten und Prozesse zur Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen ausgelagert hat, sowie deren Subunternehmen bei Weiterverlagerungen von Aktivitäten und Prozessen, die für die Durchführung von Zahlungsdiensten, des E-Geld-Geschäfts sowie von sonstigen institutstypischen Dienstleistungen wesentlich sind.

(11) Zahlungssystem ist ein System zur Übertragung von Geldbeträgen auf der Grundlage von formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen.

(12) Elektronische Kommunikationsnetze sind Übertragungssysteme und Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen.

(13) Elektronische Kommunikationsdienste sind Dienste, die gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden und die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen, einschließlich von Telekommunikations- und Übertragungsdiensten in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen von Diensten, die Inhalte über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sie ausüben. Keine elektronischen Kommunikationsdienste in diesem Sinne sind Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1), die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronische Kommunikationsnetze bestehen.

(14) Durchschnittlicher E-Geld-Umlauf ist der durchschnittliche Gesamtbetrag der am Ende jedes Kalendertages über die vergangenen sechs Kalendermonate bestehenden, aus der Ausgabe von E-Geld erwachsenden finanziellen Verbindlichkeiten, der am ersten Kalendertag jedes Kalendermonats berechnet wird und für diesen Kalendermonat gilt.

(15) Zahler ist eine natürliche oder juristische Person, die Inhaber eines Zahlungskontos ist und die Ausführung eines Zahlungsauftrags von diesem Zahlungskonto gestattet oder, falls kein Zahlungskonto vorhanden ist, eine natürliche oder juristische Person, die den Zahlungsauftrag erteilt.

(16) Zahlungsempfänger ist die natürliche oder juristische Person, die den Geldbetrag, der Gegenstand eines Zahlungsvorgangs ist, als Empfänger erhalten soll.

(17) Zahlungskonto ist ein auf den Namen eines oder mehrerer Zahlungsdienstnutzer lautendes Konto, das für die Ausführung von Zahlungsvorgängen genutzt wird.

(18) Kontoführender Zahlungsdienstleister ist ein Zahlungsdienstleister, der für einen Zahler ein Zahlungskonto bereitstellt und führt.

(19) Fernzahlungsvorgang im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zahlungsvorgang, der über das Internet oder mittels eines Geräts, das für die Fernkommunikation verwendet werden kann, ausgelöst wird.

(20) Zahlungsinstrument ist jedes personalisierte Instrument oder Verfahren, dessen Verwendung zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und das zur Erteilung eines Zahlungsauftrags verwendet wird.

(21) Lastschrift ist ein Zahlungsvorgang zur Belastung des Zahlungskontos des Zahlers, bei dem der Zahlungsvorgang vom Zahlungsempfänger aufgrund der Zustimmung des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger, dessen Zahlungsdienstleister oder seinem eigenen Zahlungsdienstleister ausgelöst wird.

(22) Überweisung ist ein auf Veranlassung des Zahlers ausgelöster Zahlungsvorgang zur Erteilung einer Gutschrift auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers zulasten des Zahlungskontos des Zahlers in Ausführung eines oder mehrerer Zahlungsvorgänge durch den Zahlungsdienstleister, der das Zahlungskonto des Zahlers führt.

(23) Authentifizierung ist ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Zahlungsdienstleister die Identität eines Zahlungsdienstnutzers oder die berechtigte Verwendung eines bestimmten Zahlungsinstruments, einschließlich der Verwendung der personalisierten Sicherheitsmerkmale des Nutzers, überprüfen kann.

(24) Starke Kundenauthentifizierung ist eine Authentifizierung, die so ausgestaltet ist, dass die Vertraulichkeit der Authentifizierungsdaten geschützt ist und die unter Heranziehung von mindestens zwei der folgenden, in dem Sinne voneinander unabhängigen Elementen geschieht, dass die Nichterfüllung eines Kriteriums die Zuverlässigkeit der anderen nicht in Frage stellt:

1.
Kategorie Wissen, also etwas, das nur der Nutzer weiß,
2.
Kategorie Besitz, also etwas, das nur der Nutzer besitzt oder
3.
Kategorie Inhärenz, also etwas, das der Nutzer ist.

(25) Personalisierte Sicherheitsmerkmale sind personalisierte Merkmale, die der Zahlungsdienstleister einem Zahlungsdienstnutzer zum Zwecke der Authentifizierung bereitstellt.

(26) Sensible Zahlungsdaten sind Daten, einschließlich personalisierter Sicherheitsmerkmale, die für betrügerische Handlungen verwendet werden können. Für die Tätigkeiten von Zahlungsauslösedienstleistern und Kontoinformationsdienstleistern stellen der Name des Kontoinhabers und die Kontonummer keine sensiblen Zahlungsdaten dar.

(27) Digitale Inhalte sind Waren oder Dienstleistungen, die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden, deren Nutzung oder Verbrauch auf ein technisches Gerät beschränkt ist und die in keiner Weise die Nutzung oder den Verbrauch von Waren oder Dienstleistungen in physischer Form einschließen.

(28) Zahlungsmarke ist jeder reale oder digitale Name, jeder reale oder digitale Begriff, jedes reale oder digitale Zeichen, jedes reale oder digitale Symbol oder jede Kombination davon, mittels dessen oder derer bezeichnet werden kann, unter welchem Zahlungskartensystem kartengebundene Zahlungsvorgänge ausgeführt werden.

(29) Eigenmittel sind Mittel im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 118 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1; L 208 vom 2.8.2013, S. 68; ABl. L 321 vom 30.11.2013, S. 6; L 193 vom 21.7.2015, S. 166), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/1014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 153) geändert worden ist, wobei mindestens 75 Prozent des Kernkapitals in Form von hartem Kernkapital nach Artikel 50 der genannten Verordnung gehalten werden müssen und das Ergänzungskapital höchstens ein Drittel des harten Kernkapitals betragen muss.

(30) Anfangskapital im Sinne dieses Gesetzes ist das aus Bestandteilen gemäß Artikel 26 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 bestehende harte Kernkapital.

(31) Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind Aktiva, die unter eine der Kategorien nach Artikel 336 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 fallen, für die die Eigenmittelanforderung für das spezifische Risiko nicht höher als 1,6 Prozent ist, wobei jedoch andere qualifizierte Positionen gemäß Artikel 336 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ausgeschlossen sind. Sichere Aktiva mit niedrigem Risiko im Sinne dieses Gesetzes sind auch Anteile an einem Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren, der ausschließlich in die in Satz 1 genannten Aktiva investiert.

(32) Bargeldabhebungsdienst ist die Ausgabe von Bargeld über Geldausgabeautomaten für einen oder mehrere Kartenemittenten, ohne einen eigenen Rahmenvertrag mit dem Geld abhebenden Kunden geschlossen zu haben.

(33) Zahlungsauslösungsdienst ist ein Dienst, bei dem auf Veranlassung des Zahlungsdienstnutzers ein Zahlungsauftrag in Bezug auf ein bei einem anderen Zahlungsdienstleister geführtes Zahlungskonto ausgelöst wird.

(34) Kontoinformationsdienst ist ein Online-Dienst zur Mitteilung konsolidierter Informationen über ein Zahlungskonto oder mehrere Zahlungskonten des Zahlungsdienstnutzers bei einem oder mehreren anderen Zahlungsdienstleistern.

(35) Annahme und Abrechnung von Zahlungsvorgängen (Akquisitionsgeschäft) beinhaltet einen Zahlungsdienst, der die Übertragung von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt und bei dem der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsempfänger eine vertragliche Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung von Zahlungsvorgängen schließt. Die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten beinhaltet alle Dienste, bei denen ein Zahlungsdienstleister eine vertragliche Vereinbarung mit dem Zahler schließt, um einem Zahler ein Zahlungsinstrument zur Auslösung und Verarbeitung der Zahlungsvorgänge des Zahlers zur Verfügung zu stellen.

E-Geld-Institute dürfen E-Geld nicht über natürliche oder juristische Personen ausgeben, die im Namen des E-Geld-Instituts tätig werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Absatz 1 Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder entgegennimmt,
2.
entgegen § 3 Absatz 2 Satz 1 dort genannte Gelder nicht oder nicht rechtzeitig in E-Geld umtauscht,
3.
entgegen § 3 Absatz 4 Satz 1 einen Kredit gewährt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 Satz 1 oder ohne Registrierung nach § 34 Absatz 1 Satz 1 Zahlungsdienste erbringt,
5.
ohne Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 dasE-Geld-Geschäftbetreibt oder
6.
entgegen § 49 Absatz 1 Satz 2 dort genannte Gelder hält.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 21 Absatz 4 Satz 1 erster Halbsatz eine Anzeige nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2.
entgegen § 31 E-Geld ausgibt.

(3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe in den Fällen des Absatzes 1 Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe und in den Fällen des Absatzes 2 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR189/15
vom
28. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2015 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 15. Dezember 2014 nach § 349 Abs. 4 StPO
mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz von 140.000 Euro angeordnet. Die hiergegen mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb der Angeklagte seit Ende 2006 als Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der H. GmbH ein Reisebüro in Leipzig. Neben Reiseleistungen war auch der Import und Export von Konsumgütern Unternehmensgegenstand. Ab Anfang 2008 diente dem Angeklagten der Betrieb der GmbH auch „als eigene Plattform zum schattenwirtschaftlichen Transfer von Geldern vietnamesischer Kunden aus Deutschland nach Vietnam, um sich durch anfallende Vergütungen für dieses ‚Hawala-Banking‘ eine dauerhafte Einkommensquelle von erheblichem Umfang zu verschaffen.“ Bis zum 20. Januar 2014 nahm der Angeklagte in rund 800 Einzelaufträgen von seinen Kunden drei- bis sechsstellige Bargeldbeträge entgegen , die er entweder persönlich als Flugzeugpassagier, durch betraute Reisende oder durch Crewmitglieder ohne zollrechtliche Deklaration nach Vietnam transportierte. Insgesamt transferierte er auf diese Weise mindestens 14 Mio. Euro Bargeld und erhielt hierfür eine Provision von mindestens 140.000 Euro. Beim Großteil der Geschäfte wurde der Angeklagte von seinen Geschwis- tern in Hanoi unterstützt, die sich um die in Vietnam „anfallenden Ein- und Aus- zahlungsgeschäfte sowie die Betreuung der dort ansässigen Kunden kümmer- ten“.
3
2. Das Landgericht hat sämtliche Einzelakte des Bargeldtransfers als „eine Tat im Sinne der Bewertungseinheit“ angesehen, weil der Tatbestand des unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 2 Nr. 6 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erst die gewerbsmäßige Erbringung von Zahlungsdiensten erfasse, also von vornherein auf eine unbenannte Mehrzahl natürlicher Handlungen des Täters abstelle. Daher habe die Verfolgungsverjährung aller unselbständigen Teilakte erst mit der Beendigung der Geschäftstätigkeit des Angeklagten im Januar 2014 zu laufen begonnen. Nach § 2 Abs. 1 StGB sei allein die seit 31. Oktober 2009 gültige Strafbestimmung des § 31 ZAG und nicht mehr § 54 KWG anzuwenden. Davon , dass die entgegengenommenen Bargeldbeträge aus geldwäscherelevanten Katalogtaten stammten, hat sich das Landgericht nicht zu überzeugen vermocht.
4
3. Die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
5
a) § 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter ohne Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG Zahlungsdienste erbringt. § 8 Abs. 1 Satz 1 ZAG bestimmt, dass derjenige, der im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste als Zahlungsinstitut erbringen will, einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bedarf. In § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG werden Zahlungsinstitute definiert als Unternehmen, die gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringen. Normadressaten sind daher nur Unternehmen, nicht aber natürliche Personen (vgl. Walter in Casper/Terlau, ZAG, § 8 Rn. 6, 10 f., § 31 Rn. 3, 9 ff.).
6
aa) Mit der Einführung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes zum 31. Oktober 2009 hat der Gesetzgeber die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 (ABl. EU L 319 vom 5. Dezember 2007, S. 1; im Folgenden: „Zahlungsdiensterichtlinie“) zur Schaf- fung eines harmonisierten Rechtsrahmens für unbare Zahlungen im europäischen Binnenmarkt in deutsches Recht umgesetzt. Hiermit sollte für Zahlungsinstitute ein Spezialgesetz geschaffen werden, das im Interesse der Normenklarheit das neue Regelwerk für seine Adressaten so einfach wie der Sache nach möglich hält (BT-Drucks. 16/11613, S. 26). Entsprechend der Zahlungsdiensterichtlinie in Art. 4 Nr. 4, Art. 10 Abs. 1 Satz 2, nach der eine Zulassung für die gemeinschaftsweite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten lediglich juristischen Personen erteilt werden sollte, sah der Gesetzgeber als Normadressaten ausschließlich Unternehmen an, die der Kategorie der Zahlungsinstitute zuzuordnen sind, unabhängig davon, ob ihnen eine Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 ZAG erteilt worden ist oder nicht (BT-Drucks. 16/11613, S. 32).
Bei diesen Unternehmen muss es sich um juristische Personen oder Personenhandelsgesellschaften handeln (BT-Drucks. 16/11613, S. 46).
7
bb) Das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz erfasst gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 auch bar durchgeführte Finanztransfergeschäfte (vgl. Art. 4 Nr. 13 Zahlungsdiensterichtlinie ). Mit dieser Regelung sollte das Finanztransfergeschäft, das weitgehend der Finanzdienstleistung nach § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG (in der damaligen gültigen Fassung vom 19. Dezember 2008) entspreche und der Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG unterliege, aus dem KWG abgelöst werden (BT-Drucks. 16/11613, S. 35). Dementsprechend wurde § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG zum 31. Oktober 2009 aufgehoben mit der Folge, dass eine Strafbewehrung gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG, die sich auch gegen natürliche Personen richtete (vgl. zum „Hawala-Banking“ BGH, Urteil vom 11. September 2002 – 1 StR 73/02, NStZ-RR 2003, 55), für Finanztransaktionen vorliegender Art auch für zurückliegende Tatzeiträume (§ 2 Abs. 3 StGB) entfallen ist.
8
b) Eine Strafbarkeit des Angeklagten wäre danach für den gesamten abgeurteilten Tatzeitraum nur dann gegeben, wenn er die Finanztransfergeschäfte als Geschäftsführer der H. GmbH unter deren Einbindung begangen hätte (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Im Urteil fehlt es hierzu jedoch an hinreichenden Feststellungen.
9
Die Wirtschaftsstrafkammer stellt bei der strafrechtlichen Beurteilung ausschließlich auf die Handlungen des Angeklagten selbst ab, ohne die Einbindung seiner Finanztransferaktivitäten in seine Geschäftsführertätigkeit für die H. GmbH darzulegen. Die Wertung des Landgerichts, dass die H. GmbH dem Angeklagten als „eigene Plattform“ zum schattenwirtschaftlichen Transfer von Geldern diente, lässt nicht erkennen, ob die Gesellschaft lediglich den Hintergrund der Geldtransfergeschäfte bildete oder ob sie in deren Abläufe organisatorisch eingebunden war.
10
Die Entscheidung entspricht dem Antrag des Generalbundesanwalts.
11
4. Der Senat weist darauf hin, dass § 1 Abs. 10 Nr. 3 ZAG, ungeachtet seiner im Einzelnen unklaren inhaltlichen Abgrenzung zu § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG (vgl. Casper in Casper/Terlau, aaO, § 1 Rn. 72 einerseits, Rn. 85 andererseits) einer Verurteilung bei der vorliegenden Sachverhaltskonstellation nicht entgegenstehen dürfte. Nach dieser Vorschrift ist der „gewerbsmäßige Transport von Banknoten und Münzen“ kein Zahlungsdienst im Sinne des Gesetzes (vgl. Art. 3 Buchst. c der Zahlungsdiensterichtlinie). Diese Ausschlussnorm ist demgemäß auf den rein physischen Transport von Bargeld (und ggf. dessen Bearbeitung im Sinne einer bankmäßigen Aufarbeitung) beschränkt, weswegen beispielsweise schon die Zwischenschaltung von Konten schadet (vgl. BT-Drucks. 16/11613, S. 38; Casper, aaO Rn. 85 f.). Den – insoweit allerdings spärlichen – Feststellungen des Urteils entnimmt der Senat, dass der Angeklagte in ein Geldtransfersystem eingebunden war, in dem zunächst die gesondert verfolgten Verantwortlichen der Firmengruppe T. S. GmbH das zu transferierende Bargeld entgegennahmen, zu Tranchen zusammenstellten und diese dem Angeklagten übergaben, der für die Durchführung des Transports der Bargeldtranchen nach Vietnam sorgte; dort wurde er von seinen Geschwistern bei der Organisation der Übermittlung und Auszahlung der jeweiligen einzelnen Geldbeträge an ihre Empfänger unterstützt. Die gesamten für die jeweiligen Auftraggeber erbrachten Dienstleistungen von der Übernahme des Geldes bis zu seiner Übergabe an die Empfänger in Vietnam gingen mithin wohl über den von § 1 Abs. 10 Nr. 3 ZAG erfassten reinen Transport des Geldes hinaus.
Schneider Dölp König
Berger Bellay

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:

1.
die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers;
2.
die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt;
3.
jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts;
4.
die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Tenor

A. Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 3. Mai 2016, Az.: 33 O 11469/15, abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:

I.

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,- für jeden Fall der Zuwiderhandlung, für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt,

  • 1.ohne Einwilligung der Klägerin das ... Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013" über das Internet öffentlich zum Abruf per Download durch Dritte bereit zu halten;

  • 2.ohne Einwilligung der Klägerin Dritten durch die Übermittlung von Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) die Vervielfältigung des Computerprogrammpakets „... Office Professional Plus 2013" - bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access", „... Word", „... Excel", „... Outlook", „... OneNote", „... PowerPoint", „... Publisher" und „...Info Path" - zu gestatten,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

– der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

- der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin am 29. November 2013 (Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015 und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen;

3. ohne Einwilligung der Klägerin das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013" - bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access", „... Word", „... Excel", „... Outlook", „... OneNote", „... PowerPoint", „... Publisher" und „... Info Path" - in der Form anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen (= zu verbreiten), dass der Erwerber lediglich einen Product Key (= Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) und einen Link zum Herunterladen des Computerprogramms erhält,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

- der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

- der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin ... am 29. November 2013 (Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015) und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen;

4. ohne Einwilligung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in Deutschland unter Verwendung des Zeichens „... Office" bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) für Computerprogramme der Klägerin anzubieten oder in den Verkehr zu bringen,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

- der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

- der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin ... am 29. November (Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015) und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin hinsichtlich der von ihm begangenen Handlungen nach Ziffern I. 1., I. 3. und I. 4. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über:

1. Namen und Adressen von Lieferanten der Product Keys;

2. Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber der:

a) heruntergeladenen Programmkopien gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 1.;

b) Product Keys gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 3.;

3. Menge und Lieferzeiten der:

a) per Download in den Verkehr gebrachten Programmkopien gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 1.;

b) ausgelieferten und bestellten Product Keys gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 3.;

4. Menge der vom Beklagten erhaltenen Product Keys gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 3.;

5. die Einkaufszeiten und die Einkaufspreise;

6. die Verkaufszeiten und die Verkaufspreise;

7. den erzielten Umsatz, sämtliche Kostenfaktoren sowie den erzielten Gewinn;

8. sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung;

dies alles (1. bis 8.) unter Vorlage der entsprechenden Belege, insbesondere unter Vorlage von Kopien der:

– Auftragsschreiben des Beklagten an seine Lieferanten;

– Auftragsbestätigungen der Lieferanten des Beklagten;

– Rechnungen der Lieferanten des Beklagten;

- Lieferscheine der Lieferanten des Beklagten;

- Bestellschreiben etwaiger gewerblicher Abnehmer des Beklagten;

- entsprechenden Auftragsbestätigungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Rechnungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Lieferscheine des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

-etwaigen druckschriftlichen Werbemittel des Beklagten.

III.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin durch die in Ziffern I. 1., I. 3. und I. 4. beschriebenen Handlungen des Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

IV.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

B. Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen.

C. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat der Beklagte zu tragen.

D. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer A. I. dieses Urteils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 200.000,- € und aus Ziffer A. II. dieses Urteils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- Euro und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115%des zu vollstreckenden Betrages leistet.

E. Die Revision wird im Hinblick auf die Entscheidung zu Ziffer I. 1. sowie auf die teilweise Abweisung der Berufungsanträge zu Ziffern II. und III., soweit sich diese auf den Hilfsantrag des Unterlassungsantrags zu Ziffer I. 2. beziehen, zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten urheber- und kennzeichenrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts-und Schadensersatzfeststellungsansprüche geltend.

Die unter der Geschäftsbezeichnung „...“ handelnde Klägerin entwickelt und vertreibt Computerprogramme - unter anderem das Computerprogrammpaket „... Office“ - und Computerzubehör. Die Klägerin ist als Urheberin für ihre Computerprogramme beim amerikanischen US Copyright Office registriert (vgl. Anlage K 1). Darüber hinaus ist die Klägerin unter anderem Inhaberin der am 6. August 2008 angemeldeten und am 12. Mai 2009 eingetragenen Gemeinschaftswortmarke Nr. 007 138 225 „... OFFICE“ (vgl. Anlagenkonvolut K 2). Die Marken der Klägerin genießen Schutz für „Computersoftware“ bzw. „Computerprogramme“ und stehen in Kraft.

Bei „... Office“ handelt es sich um eine Zusammenstellung von verschiedenen Computerprogrammen, die für den Einsatz im Büro-Bereich geschaffen wurden. In regelmäßigen Abständen werden neue Versionen mit Verbesserungen und erweitertem Funktionsumfang auf den Markt gebracht.

Die Version „... Office Professional Plus 2013“, die die Einzelprogramme „... Word“, „... Excel“, „... PowerPoint“, „... OneNote“, „... Outlook“, „... Publisher“, „... Access“ und „... InfoPath“ umfasst, wird von ...  grundsätzlich nur im Rahmen von Volumenlizenzverträgen lizenziert und nicht über den ... Onlinestore vertrieben. Diese Volumenlizenzverträge werden von ... bzw. von autorisierten Handelspartnern üblicherweise mit Kunden abgeschlossen, die eine größere Anzahl von Nutzungsberechtigungen benötigen. Je nach Art des Volumenlizenzvertrages erhält der Kunde entweder ein zeitlich befristetes oder ein zeitlich unbefristetes Recht zur Nutzung der Version „... Office Professional Plus 2013“.

Der Beklagte verkaufte über seine eigene Webseite https: …www. und seinen Webshop http: … sowie über eBay bundesweit ... Computerprogramme (vgl. Anlagen K 3, K 4, K 5 und K 19).

Am 25. August 2014 erwarb der Testkäufer ... beim Beklagten über dessen Ebay-Account ... den Artikel „... OFFICE 2013 PROFESSIONAL PLUS VOLLVERSION DEUTSCH“ zu einem Preis von 48,50 € inkl. Versandkosten (vgl. Anlagen K 6, K 7 und K 8). Am 26. August 2014 übersandte der Beklagte dem Testkäufer eine ... E-Mail, die unter anderem den ausdrücklich als „Lizenzschlüssel“ bezeichneten und aus einem Volumenlizenzvertrag mit einer chinesischen Schule stammenden Product Key … sowie den Downloadlink http: … (vgl. BI. 14 d. A.). Dieser Product Key wurde bis zum 30. Juni 2015 über 60 Mal und bis zu seiner Sperrung durch die Klägerin am 14. April 2016 insgesamt 124 Mal dazu verwendet, das Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013“ zu aktivieren.

Am 27. Oktober 2013 erwarb die Testkäuferin ... beim Beklagten über dessen Ebay-Account „...“ den Artikel „... OFFICE 2013 PROFESSIONAL PLUS VOLLVERSION DEUTSCH“ zu einem Preis von 121,- € (vgl. Anlage K 10). Am 29. November 2013 übermittelte der Beklagte eine E-Mail mit dem ausdrücklich als „Lizenzschlüssel“ bezeichneten und aus einem Volumenlizenzvertrag mit einer chinesischen Bildungseinrichtung stammenden Product Key ... sowie dem Downloadlink http:/... (vgl. Anlage K 9). Dieser Product Key wurde zwischenzeitlich von der Klägerin gesperrt. Bis dahin wurde er insgesamt 1.126 Mal zur Aktivierung verwendet.

Am 18. September 2013 erwarb der Testkäufer ... beim Beklagten über dessen Ebay-Account „softwarehandel24-de“ den Artikel „... OFFICE 2013 PROFES- SIONAL PLUS VOLLVERSION DEUTSCH“ zu einem Preis von 101,- € (vgl. Anlage K 12). Am 30. September 2013 übermittelte der Beklagte eine E-Mail mit dem ausdrücklich als „Lizenzschlüssel“ bezeichneten und aus einem Volumenlizenzvertrag mit einer chinesischen Bildungseinrichtung stammenden Product Key ... sowie dem Downloadlink http:/... (vgl. Anlage K 11). Dieser Product Key wurde zwischenzeitlich von der Klägerin gesperrt. Bis dahin wurde er insgesamt 675 Mal zur Aktivierung verwendet.

Bei den vom Beklagten vertriebenen Product Keys handelt es sich um originale Product Keys -sogenannte „Multiple Activation Keys“ („MAK“) - der Klägerin. Diese gehören zu Vervielfältigungsstücken des Computerprogramms „... Office Professional Plus 2013“, die die Klägerin im Rahmen von Volumenlizenzverträgen mit chinesischen Bildungseinrichtungen bzw. Schulen erstmalig in der Volksrepublik China in Verkehr brachte. „Multiple Activation Keys“ haben eine technische „Obergrenze“, bis zu der unter ihrer Verwendung Computerprogramme aktiviert werden können. Die streitgegenständlichen Product Keys wurden vor den Testkäufen bereits in China zur Aktivierung des Computerprogramms „... Office Professional Plus 2013“ verwendet.

Der Downloadlink http: … führte zu einem vom Beklagten betriebenen Portal, auf der zahlreiche ... Computerprogramme, unter anderem auch das Programm „... Office Professional Plus 2013“, zum Download bereitgehalten wurden (vgl. BI. 17 d.A.). Der URL http:// ... war über Google nicht auffindbar.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrteb Unterlassungserklärung auf (vgl. Anlage K 13), was der Beklagte mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 ablehnte (vgl. Anlage K14).ablehnte (vgl. Anlage K 14).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Vertrieb des Computerprogrammpakets „... Office Professional Plus 2013“ in der Form, dass der Beklagte bloße einzelne Product Keys aus Volumenlizenzverträgen als angebliche „Lizenzen“ für dieses Computerprogrammpaket verkaufe und die Software selbst für den Kunden zum Download bereithalte, sei rechtlich unzulässig.

Sie habe dem Beklagten keine Erlaubnis dazu erteilt, ... -Computerprogramme zum Download bereit zu halten. Der Beklagte mache das Programm „... Office Professional Plus 2013“ auf dem von ihm betriebenen Downloadportal öffentlich zugänglich und verstoße daher gegen § 69c Nr. 4 UrhG.

Soweit der Beklagte einzelne Product Keys aus Volumenlizenzverträgen als angebliche „Lizenzen“ für das Computerprogrammpaket an Kunden übermittle, verletze er das urheberrechtlich geschützte Gestattungs- und Vervielfältigungsrecht gemäß § 69c Nr. 1 Satz 1 UrhG.

Ein ... Product Key stelle keine Lizenz dar. Dieser diene lediglich dazu, dass derjenige Kunde, der bereits ein Nutzungsrecht („Lizenz“) von der Klägerin für ein ... Computerprogramm erhalten habe, dieses Computerprogramm installieren, aktivieren und somit nutzbar machen könne. Er gleiche in seiner Funktion einem Schlüssel, der - wie der Schlüssel zu einer Immobilie oder zu einem Fahrzeug - zwar die dauerhafte Nutzung des Computerprogramms faktisch ermögliche, jedoch selbst kein Nutzungsrecht verkörpere und somit auch kein Nutzungsrecht einräume. „Multiple Activation Keys“, die die Klägerin im Rahmen von Volumenlizenzverträgen an Firmen und Einrichtungen mit zum Teil mehreren tausend Arbeitsplätzen übermittle, ließen es grundsätzlich zu, mehr Aktivierungen vorzunehmen, als die dem Kunden nach dem Volumenlizenzvertrag vertraglich erlaubte Anzahl an Installationen (Programmkopien). Hintergrund sei, dass sie Volumenlizenzverträge in der Regel mit Großkunden abschließe, für die es unter anderem aufgrund von Personalwechseln oder Hardwareaustausch regelmäßig erforderlich sei, neue Installationen vorzunehmen.

Durch den Verkauf der einzelnen Product Keys als „Lizenzen“ ohne Zustimmung der Klägerin verletze der Beklagte das urheberrechtliche Gestattungsrecht der Klägerin und beteilige sich zudem an den Urheberrechtsverletzungen seiner Kunden, die von der angeblichen Gestattung zur Installation und Nutzung Gebrauch machten und in der Folge ohne Einwilligung der Klägerin Vervielfältigungsstücke des angeblich lizenzierten Computerprogramms der Klägerin herstellten. Indem der Beklagte seinen Kunden suggeriere, sie erhielten mit dem Product Key eine „Lizenz“ für das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013“, gestatte der Beklagte seinen Kunden die Vervielfältigung der fraglichen Computerprogramme der Klägerin, ohne hierzu berechtigt zu sein.

Der Beklagte könne sich nicht auf den Einwand der Erschöpfung berufen, da die Product Keys zu Volumenlizenzverträgen mit Bildungseinrichtungen in China gehörten. Selbst wenn der Beklagte auch diese zugrunde liegenden Lizenzen (direkt oder indirekt) von dieser Bildungseinrichtung erworben haben sollte, könnte doch keine Erschöpfung eintreten, da Erschöpfung ein erstmaliges Inverkehrbringen in der Europäischen Union voraussetze.

Da der Beklagte keine Lizenzen übertrage, erfolge auch die Verwendung der Zeichen „... Office“, „Excel“, „PowerPoint“, „OneNote“ und „Outlook“ in der Artikelbeschreibung zu Unrecht. Die Klägerin habe insofern auch einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch.

Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt, dem Beklagten zu untersagen, ohne Einwilligung der Klägerin das ... Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013“ über das Internet öffentlich zum Abruf per Download durch Dritte bereit zu halten (Ziffer I. 1.), bloße Product Keys als Lizenzen für das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013“ anzubieten, feilzuhalten und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen (Ziffer I. 2.) und im geschäftlichen Verkehr unter Verwendung der Zeichen „... Office“ und/oder „Excel“ und/oder „PowerPoint“ und/oder „OneNote“ und/oder „Outlook“ bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) für Computerprogramme der Klägerin anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen (Ziffer I. 3.). Weiter hat sie beantragt, den Beklagten zur Auskunftserteilung sowie zur Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Product Keys zum Zwecke der Vernichtung zu verurteilen und festzustellen, dass der Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, er habe den Downloadlink http: … lediglich an Kunden bekannt gegeben, die zuvor ein Computerprogramm bestellt und bezahlt hätten. Das auf seinem Downloadportal abrufbare Computerprogramm „...Office Professional Plus 2013“ könne ohne einen gültigen Product Key nur als 30-Tage-Testversion genutzt werden, so dass der Download keine unberechtigte Vervielfältigung darstelle und kein Verstoß gegen das ausschließliche Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung vorliege. Auch die 30-Tage-Testversion der Klägerin sei im Internet frei zugänglich. Da die Klägerin diese Testversion selbst der Öffentlichkeit unentgeltlich zum Download anbiete, verhalte sie sich rechtsmiss-bräuchlich, wenn sie ihm das Zugänglichmachen des Computerprogramms untersage. Die Klägerin übe ihre Marktmacht rechtsmissbräuchlich aus und greife dadurch in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Beklagten ein.

Die Klägerin übergebe bei Volumenlizenzverträgen keine in Papierform gefertigten Lizenzurkunden. Beim Erwerb von Volumenlizenzverträgen erhalte der Erwerber der Lizenz ausschließlich den Product Key und könne mit diesem dann die entsprechenden Programme über das Internet in der durch den Lizenzvertrag bestimmten Anzahl aktivieren. Da die Klägerin keine unabhängig vom Product Key erkennbaren Lizenzen mehr herausgebe, beinhalte der Product Key selbst die Lizenz. Die Lizenz sei dem Product Key somit innewohnend. Eine Urheberrechtsverletzung liege durch den Vertrieb des Product Keys als Lizenz daher nicht vor.

Der Product Key ermögliche eine zuvor konkret vereinbarte Anzahl von Aktivierungen. So werde dem Ersterwerber von der Klägerin lediglich der Product Key mitgeteilt und ihm dadurch das Recht eingeräumt, die mit der Lizenz erworbenen Aktivierungen für sich zu nutzen. Der Lizenznehmer erwerbe demnach eine Lizenz z.B. für 50 Aktivierungen. Nutze er diese Lizenz für 50 Aktivierungen, sei das Kontingent aufgebraucht und das Programm könne nicht mehr aktiviert werden. Ein über das an den Ersterwerber veräußerte hinausgehende Maß an Aktivierungen könne somit nicht erfolgen. Das Aktivierungsvolumen der drei streitgegenständlichen Product Keys sei im Zeitpunkt seines Weiterverkaufs an die Testkäufer noch nicht ausgeschöpft gewesen. Eine unberechtigte Vervielfältigung liege daher nicht vor.

Die Klägerin habe den chinesischen Ersterwerbern auch kein wirksames Weiterverbreitungs-verbot auferlegt. Die Klägerin habe ihre Rechte an dem Programm dauerhaft und endgültig an die Ersterwerber übertragen. Diese seien berechtigt, die Product Keys weiter zu veräußern. Die durch die erste Veräußerung in China eingetretene Erschöpfung gelte auch innerhalb der Europäischen Union, da das Urheberrecht an der Software nicht auf Ländergrenzen oder Wirtschaftsräume beschränkt sei. Der Beklagte könne sich somit auf Erschöpfung berufen und das legal in seinem Besitz befindliche Programm weiter veräußern.

Mit Urteil vom 3. Mai 2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage ganz überwiegend stattgegebenen und lediglich den geltend gemachten Herausgabeanspruch abgewiesen. Den zugesprochenen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch hat das Landgericht klarstellend auf Deutschland beschränkt. Das Landgericht hat wie folgt erkannt:

I.

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

  • 1.ohne Einwilligung der Klägerin das ...  Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013“ über das Internet öffentlich zum Abruf per Download durch Dritte bereit zu halten;

  • 2.ohne Einwilligung der Klägerin bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) als Lizenzen für das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013“ bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access“, „... Word“, „... Excel“, „... Outlook“, „... OneNote“, „... PowerPoint“, „... Publisher“ und „... Info Path“ anzubieten, feilzuhalten und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen;

  • 3.ohne Einwilligung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in Deutschland unter Verwendung der Zeichen „... Office“ und/oder „Excel“ und/oder „PowerPoint“ und/oder „OneNote“ und/oder „Outlook“ bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) für Computerprogramme der Klägerinanzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin hinsichtlich der von ihm begangenen Handlungen nach Tenor zu Ziffer I. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über:

  • 1. Namen und Adressen von Lieferanten der Product Keys,

  • 2.Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber der als „Lizenzen“ angebotenen Product Keys und der heruntergeladenen Programmkopien,

  • 3.Menge der ausgelieferten und bestellten als „Lizenzen“ angebotenen Product Keys sowie Menge der per Download in den Verkehr gebrachten Programmkopien sowie die Lieferzeiten,

  • 4.Menge der vom Beklagten erhaltenen Product Keys,

  • 5.die Einkaufszeiten und die Einkaufspreise,

  • 6.die Verkaufszeiten und die Verkaufspreise,

  • 7.den erzielten Umsatz, sämtliche Kostenfaktoren sowie den erzielten Gewinn,

  • 8.sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung;

dies alles (I. bis 8.) unter Vorlage der entsprechenden Belege, insbesondere unter Vorlage von Kopien der:

- Auftragsschreiben des Beklagten an seine Lieferanten;

- Auftragsbestätigungen der Lieferanten des Beklagten;

- Rechnungen der Lieferanten des Beklagten;

- Lieferscheine der Lieferanten des Beklagten;

- Bestellschreiben etwaiger gewerblicher Abnehmer des Beklagten;

- entsprechenden Auftragsbestätigungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Rechnungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Lieferscheine des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- etwaigen druckschriftlichen Werbemittel des Beklagten.

III.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin durch die im Tenor zu Ziffer I. beschriebenen Handlungen des Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

IV.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Hiergegen wenden sich der Beklagte mit semer Berufung und die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Der Beklagte hat im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 eine „Vernichtungserklärung/Abtretung“ vom 10. Januar 2017 eines Vertreters der Grundschule in China vorgelegt, in der Angaben zum Produkt Key (Testkäufer) und zum zugrundeliegenden Volumenlizenzvertrag gemacht wurden.

Der Beklagte beantragt zu seiner Berufung,

das am 3. Mai 2016 verkündete Urteil des Landgerichts München I, Az.: 33 0 11469/15, aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Klägerin hat im Rahmen der Anschlussberufung ihr Klageziel erweitert und macht nunmehr ergänzend eine Verletzung ihres ausschließlichen Rechts auf Verbreitung des Computerprogramms „...Office Professional Plus 2013“ gemäß § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG geltend (Unterlassungsantrag Ziffer I. 3.). Hilfsweise zum Unterlassungsantrag Ziffer I. 2. hat sie im Rahmen der Anschlussberufung beantragt, dem Beklagten zu untersagen, ohne Einwilligung der Klägerin Dritten durch die Übermittlung von Product Keys die Vervielfältigung des Computerprogrammpakets „...Office Professional Plus 2013“ zu gestatten (§ 69c Nr. 1 UrhG). Die geltend gemachten Folgeansprüche hat sie entsprechend mit Haupt- und Hilfsanträgen angepasst. Soweit das Landgericht die Klage im Hinblick auf den erstinstanzlich geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe des Product Keys zum Zwecke der Vernichtung abgewiesen hat, verfolgt die Klägerin diesen Klageantrag mit der Anschlussberufung nicht weiter.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin den unter Ziffer I. 4. geltend gemachten markenrechtlichen Unterlassungsanspruch dahingehend modifiziert, dass dem Beklagten nur noch die Verwendung des Zeichens „...Office“ untersagt und das landgerichtliche Urteil (dort Ziffer I. 3.) nur noch mit dieser Maßgabe verteidigt werde.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung das Urteil des Landgerichts München I vom 3. Mai 2016, Az.: 33 0 11469/15, abzuändern und insgesamt wie folgt zu fassen:

I.

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,- fiirjeden Fall der Zuwiderhandlung, für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt,

1. ohne Einwilligung der Klägerin das ... Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013“ über das Internet öffentlich zum Abruf per Download durch Dritte bereit zu halten;

2. ohne Einwilligung der Klägerin bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) als Lizenzen für das Computerprogrammpakets „... Office Professional Plus 2013“ - bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access“, „...Word“, „...Excel“, „...Outlook“, „...OneNote“, „...PowerPoint“, „... Publisher“ und „...Info Path“ - anzubieten, feilzuhalten und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen;

hilfsweise:

ohne Einwilligung der Klägerin Dritten durch die Übermittlung von Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) die Vervielfältigung des Computerprogrammpakets „... Office Professional Plus 2013“ - bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access“, „... Word“, „... Excel“, „... Outlook“, „... OneNote“, „... PowerPoint“, „... Publisher“ und „... Info Path“ - zu gestatten,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

- der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

- der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin ...  am 29. November 2013 )Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015) und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen;

3. ohne Einwilligung der Klägerin das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013“ - bestehend u.a. aus den Einzelprogrammen „... Access“, „... Word“, „... Excel“, „... Outlook“, „... OneNote“, „... Power-Point“, „... Publisher“ und „... Info Path“ - in der Form anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen (= zu verbreiten), dass der Erwerber lediglich einen Product Key (= Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) und einen Link zum Herunterladen des Computerprogramms erhält,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

– der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

- der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin ... am 29. November 2013 (Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015) und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen;

4. ohne Einwilligung der Klägerin im geschäftlichen Verkehr in Deutschland unter Verwendung des Zeichens „... Office“ bloße Product Keys (Produkt-Schlüssel in Form von Zeichenfolgen) für Computerprogramme der Klägerin anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

wenn dies erfolgt wie durch Übersendung

- der E-Mail des Beklagten vom 26. August 2014 an den Erwerber ... (Seite 14 der Klageschrift vom 30. Juni 2015),

der E-Mail des Beklagten an die Erwerberin ... am 29. November 2013 (Anlage K 9 zur Klageschrift vom 30. Juni 2015) und

- der E-Mail des Beklagten vom 30. September 2013 an den Erwerber ... (Anlage K II zur Klageschrift vom 30. Juni 2015)

geschehen;

II.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin hinsichtlich der von ihm begangenen Handlungen nach Tenor zu Ziffer I. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über:

1. Namen und Adressen von Lieferanten der Product Keys;

2. Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber der:

a) heruntergeladenen Programmkopien gemäß dem Tenor zu I. 1.,

b) Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 2. und I. 3.; Menge und Lieferzeiten der:

3. Menge und Lieferzeiten der:

a) per Download in den Verkehr gebrachten Programmkopien gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 1.,

b) ausgelieferten und bestellten Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 2. und I. 3.;

4. Menge der vom Beklagten erhaltenen Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 2. und I. 3.;

5. die Einkaufszeiten und die Einkaufspreise,

6. die Verkaufszeiten und die Verkaufspreise,

7. den erzielten Umsatz, sämtliche Kostenfaktoren sowie den erzielten Gewinn,

8. sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung;

hilfsweise:

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin hinsichtlich der von ihm begangenen Handlungen nach Tenor zu Ziffer I. 1., I. 3. und I. 4. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über:

1. Namen und Adressen von Lieferanten der Product Keys;

2. Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber der:

c) heruntergeladenen Programmkopien gemäß dem Tenor zu Ziffer I. 1.,

d) Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 3.;

3. Menge und Lieferzeiten der:

c) per Download in den Verkehr gebrachten Programmkopien gemäß dem Tenor zu I. 1.,

d) ausgelieferten und bestellten Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 3.;

4. Menge der vom Beklagten erhaltenen Product Keys gemäß dem Tenor zu I. 3.;

5. die Einkaufszeiten und die Einkaufspreise,

6. die Verkaufszeiten und die Verkaufspreise,

7. den erzielten Umsatz, sämtliche Kostenfaktoren sowie den erzielten Gewinn,

8. sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung;

dies alles (I. bis 8.) unter Vorlage der entsprechenden Belege, insbesondere unter Vorlage von Kopien der:

- Auftragsschreiben des Beklagten an seine Lieferanten;

- Auftragsbestätigungen der Lieferanten des Beklagten;

- Rechnungen der Lieferanten des Beklagten;

- Lieferscheine der Lieferanten des Beklagten;

- Bestellschreiben etwaiger gewerblicher Abnehmer des Beklagten;

- entsprechenden Auftragsbestätigungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Rechnungen des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- Lieferscheine des Beklagten an seine etwaigen gewerblichen Abnehmer;

- etwaigen druckschriftlichen Werbemittel des Beklagten.

III.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin durch die im Tenor zu I. beschriebenen Handlungen des Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, welcher der Klägerin durch die im Tenor zu I. 1., I. 3. und I. 4. beschriebenen Handlungen des Beklagten entstanden ist und noch entstehen wird.

hilfshilfsweise:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin dasjenige herauszugeben, was er aus den Handlungen gemäß Ziffer I. ungerechtfertigt erlangt hat.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2017 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg. Auf seine Berufung war die Klage hinsichtlich des unter Ziffer I. 2. geltend gemachten Hauptantrags sowie der darauf bezogenen Auskunfts- und Schadensersatzansprüche teilweise abzuweisen. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin im Unterlassungsantrag Ziffer I. 4. beantragt hat, dem Beklagten den Besitz von Product Keys unter dem Zeichen „... Office“ zu verbieten.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist zulässig und weitgehend begründet. Der Klägerin stehen der unter Ziffer I. 2. hilfsweise geltend gemachte Unterlassungsanspruch, nicht jedoch die darauf gestützten Folgeansprüche zu. Auf die Anschlussberufung war der Beklagte ergänzend zur Unterlassung der Verletzung des Verbreitungsrechts der Klägerin gemäß § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG zu verurteilen (Anschlussberufungsantrag Ziffer I. 3). Diesbezüglich stehen der Klägerin auch die geltend gemachten Folgeansprüche zu.

1. Die Klage ist hinsichtlich des unter Ziffer. I. 1. des Klageantrags geltend gemachten Unterlassungsanspruchs zulässig und begründet. Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch ge-mäߧ 97 Abs. 1 Satz 1, § 69a Abs. 1, § 69c Nr. 4 UrhG zu.

a) Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt die Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich, indem sie den Beklagten auf Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung ihres Computerprogramms „... Office Professional Plus 2013“ auf seinem Downloadportal in Anspruch nimmt. Allein dadurch, dass die Klägerin gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung eines behaupteten urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs in Anspruch nimmt, kann ein rechtsmiss-bräuchliches Verhalten nicht angenommen werden. Ob sich die Klägerin zu Recht auf einen Unterlassungsanspruch beruft, ist vielmehr eine Frage der Begründetheit.

b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte ohne Einwilligung der Klägerin das Computerprogramm „... Office Professional Plus 2013“ über das Internet auf seinem Downloadportal öffentlich zum Abruf durch Dritte bereit gehalten und dadurch das ausschließliche Recht der Klägerin auf öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 69c Nr. 4 UrhG verletzt hat.

aa) Die Klägerin ist Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Computerprogrammen „...Office Professional Plus 2013“ und hat dem Beklagten keine Zustimmung zur öffentlichen Zugänglichmachung dieser Programme erteilt.

bb) Zwar kann dieses Computerprogrammpaket ohne Product Key in der vom Beklagten zum Abruf bereitgehaltenen Fassung nur als 30-Tage-Testversion verwendet werden. Das ändert aber nichts daran, dass der Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin das Computerprogrammpaket - in einer zeitlich befristeten Version - Dritten im Internet zur Verfügung stellt.

cc) Der Beklagte hat die 30-Tage-Testversion des Computerprogramms „... Office Professional Plus 2013“ öffentlich zugänglich gemacht im Sinne von § 69c Nr. 4, § 19a, § 15 Abs. 3 UrhG, indem er sie auf seinem Downloadportal im Internet zum Abruf bereitgehalten hat.

aaa) Zwar kann es bei dem Zugänglichmachen einer Computerprogrammkopie auf einer Internetseite geboten sein, darin keine öffentliche Zugänglichmachung i. S. d. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG, § 19a, § 69c Nr. 4 UrhG zu sehen, sondern eine Verbreitung i. S. d. Art. 4 Abs. 1 lit. c), Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass das Zugänglichmachen dem „Verkauf" der Programmkopie dient, was erfordert, dass der Herunterladende die Kopie dauerhaft nutzen kann (vgl. EuGH GRUR 2012, 904 Tz. 45, 50 f. - Used-Soft/Oracle). Daran fehlt es im Streitfall, weil die vom Beklagten ohne Product Key zugänglich gemachte Programmversion längstens 30 Tage genutzt werden konnte.

Gemäß § 19a UrhG, der auch für § 69c Nr. 4 UrhG maßgeblich ist, ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Der Begriff der Öffentlichkeit ergibt sich aus § 15 Abs. 3 UrhG. Die Wiedergabe ist danach öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Die „Bestimmung“ für die Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit ist objektiv zu ermitteln und in Übereinstimmung damit festzulegen, wem das Werk im Sinne des § 19a UrhG zugänglich gemacht wird. Das Zugänglichmachen setzt nur voraus, dass Dritten der Zugriff auf das betreffende geschützte Werk eröffnet wird. Das ist insbesondere beim Einstellen ins Internet der Fall (vgl. BGH GRUR 2013, 1235 Tz. \ 6-Restwertbörse II).

bbb) Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte die 30-Tage-Testversion im Internet öffentlich zugänglich gemacht.

Zwar ist davon auszugehen, dass er den Downloadlink http:/ ... an Kunden bekannt gegeben hat, die zuvor ein Computerprogramm bestellt und bezahlt hatten. Dies ergibt sich bereits aus den drei streitgegenständlichen Verkaufsvorgängen an die Testkäufer. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass der Beklagte darüber hinaus den Downloadlink an einen unbestimmten Personenkreis bzw. bloße Kaufinteressenten bekannt gegeben hat. Auch hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen erklärt, dass der URL http: … nicht über Google auffindbar war.

Er hat jedoch keinerlei Zugangshindernisse für diesen URL geschaffen, so dass sein Downloadportal grundsätzlich für jedermann aufrufbar war. Hinzu kommt, dass der Downloadlink http:// ... für Dritte angesichts semer Webseite https:// ... unschwer zu erraten ist. Daher ist das Downloadportal des für Dritte angesichts semer Webseite unschwer zu erraten ist. Daher ist das Downloadportal des Beklagten sämtlichen potentiellen Nutzern der Internetseite und damit einer unbestimmten und ziemlich großen Zahl von Adressaten zugänglich.

ccc) Es kann im Streitfall dahin stehen, ob auch die Klägerin - wie vom Beklagten behauptet-das Computerprogrammpaket „... Office Professional Plus 2013“ der Öffentlichkeit mit einer Nutzungseinschränkung von 30 Tagen frei zugänglich im Internet zur Verfügung stellt. Auch diese Nutzung stellt sich nicht als Verbreitung, sondern als öffentliche Zugänglichmachung dar (s.o. II. 1. b) cc) aaa)).

(1) Bei dem Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) handelt es sich um ein besonderes Recht zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 und 3 UrhG). Soweit es sich bei diesen Rechten um nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, sind die Bestimmungen des § 19a UrhG und des § 15 Abs. 2 und 3 UrhG richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. EuGH GRUR 2014, 360 Tz. 33 bis 41 - Svensson/Retriever Sverige; BGH GRUR 2016, 171 Tz. 17 - Die Realität 11).

Für eine Einstufung als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG ist es unter anderem erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (vgl. BGH GRUR Int 2017, 449 Tz. 28 - Cordoba)

(2) Erfolgt - wie im Streitfall -die nachfolgende Wiedergabe wie die ursprüngliche Wiedergabe im Internet, erfolgt sie nach demselben technischen Verfahren (vgl. EuGH a.a.O., Tz. 24 -Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2016, 1152 Tz. 42 - GS Media BV/Sanoma u.a.).

(3) Damit käme es im Streitfall darauf an, ob das von der Klägerin in einer 30-Tage-Testversion frei zugängliche Computerprogramm auf der Internetseite des Beklagten für ein neues Publikum wiedergegeben wurde, also für ein Publikum, an das die Klägerin als Rechtsinhaberin nicht dachte, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe ermöglichte.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt keine Wiedergabe für ein neues Publikum vor, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen Internetseite mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich sind. Unterlag der Zugang zu den Werken auf der anderen Internetseite keiner beschränkenden Maßnahme, waren die Werke für sämtliche Internetnutzer frei zugänglich. Werden die betreffenden Werke den Nutzern einer Internetseite über einen anklick-baren Link zugänglich gemacht, sind diese Nutzer potentielle Adressaten der ursprünglichen Wiedergabe. Sie sind Mitglieder der Öffentlichkeit, die die Inhaber des Urheberrechts erfassen wollten, als sie die ursprüngliche Wiedergabe erlaubten. Eine solche Wiedergabe erfolgt nicht gegenüber einem neuen Publikum. Sie ist daher keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und bedarf keiner Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber (vgl. EuGH a.a.O., Tz. 40 bis 42 - GS Media BV/Sanoma u.a.).

Die vom Gerichtshof der Europäischen Union zur Beurteilung von Hyperlinks und „Framing“ aufgestellten Grundsätze können jedoch auf die hier vorliegende Fallgestaltung, bei der ein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm ohne Zustimmung des Rechtsinhabers von einem Nutzer auf seiner eigenen Internetseite für eine Öffentlichkeit bereitgehalten wird, nicht angewandt werden (vgl. BGH a.a.O. Tz. 35- Cordoba)

Dabei ist insbesondere zu beachten, dass der Gerichtshof der Europäischen Union unter den Kriterien, die im Rahmen der individuellen Beurteilung des Begriffs der „öffentlichen Wiedergabe“ zu berücksichtigen sind, die zentrale Rolle des Nutzers hervorgehoben hat (vgl. EuGH a.a.O., Tz. 35 - GS Media BV/Sanoma u.a.). An dieser zentralen Rolle des Nutzers fehlt es, wenn auf der eigenen Internetseite im Wege der Verlinkung oder des „Framing“ lediglich auf ein Werk verwiesen wird, das auf einer fremden Internetseite bereitgehalten wird. In diesen Fällen entscheidet allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt; wird das Werk nach dem Setzen des Links von der fremden Internetseite entfernt, geht der Link ins Leere (vgl. BGH a.a.O., Tz. 14 - Die Realität 11) Dagegen nimmt der Nutzer, der das Werk auf seiner eigenen Internetseite einstellt und bereithält, eine zentrale Rolle bei der Wiedergabe ein. Er entscheidet darüber, ob und wie lange das Werk der Öffentlichkeit zugänglich ist. Ein solcher Nutzer eröff net der Öffentlichkeit den Zugriff auf das in seiner Zugriffssphäre befindende Werk und nimmt damit eine eigene Verwertungshandlung vor (vgl. BGH GRUR 2010, 616 Tz. 21 - marions-kochbuch.de; BGH a.a.O., Tz. 36 - Cordoba). Dürfte ein Werk, das mit Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer Internetseite für alle Internetnutzer frei zugänglich ist, ohne Zustimmung des Rechtsinhabers auch auf anderen Internetseiten eingestellt und öffentlich zugänglich gemacht werden, wäre dem Urheber weitgehend die Möglichkeit genommen, die wirtschaftliche Verwertung seines Werkes zu steuern und eine angemessene Beteiligung an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes sicherzustellen (vgl. BGH a.a.O., Tz. 35- Die Realität II).

Es kann daher nicht angenommen werden, dass der Inhaber des Urheberrechts, der seine Zustimmung zum Einstellen seines Werkes auf einer frei zugänglichen Internetseite erteilt, dabei nicht nur an die Internetnutzer als Publikum denkt, die diese Internetseite unmittelbar oder über einen auf einer anderen Internetseite eingerichteten Link besuchen, sondern auch an die Internetnutzer, die eine andere Internetseite besuchen, auf der sein Werk ohne seine Zustimmung eingestellt worden ist. Bei den zuletzt genannten Internetnutzern handelt es sich daher um ein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl (vgl. EuGH-Vorlage zum Begriff des „öffentlichen Zugänglichmachen“, BGH a.a.O. Tz 38-Cordoba).

c) Der Beklagte kann sich nicht auf Erschöpfung berufen, da das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 69c Nr. 4 UrhG nicht der Erschöpfung unterliegt (s.o. II. 1. c) cc); Dreier in: Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl. 2015, § 69c Rn 28).

2. Soweit der Beklagte Product Keys für das streitgegenständliche Computerprogramm der Klägerin angeboten und an Kunden übermittelt hat, ist der mit der Anschlussberufung unter Ziffer I. 2. hilfsweise geltend gemachte Unterlassungsantrag gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, § 69a Abs. 1, § 69c Nr. 1 UrhG begründet. Auf die Berufung des Beklagten war der Hauptantrag zu Ziffer I. 2. abzuweisen.

a) Der mit dem Hauptantrag zu Ziffer I. 2. geltend gemachte Unterlassungsanspruch verfehlt die konkrete Verletzungsform und ist daher unbegründet. Mit dem Anbieten, Feilhalten und Inverkehrbringen von Product Keys für die streitgegenständlichen Computerprogramme als Lizenz hierfür beschreibt die Klägerin eine möglicherweise irreführende und daher wettbe werbswidrige Verhaltensweise der Beklagten, nicht aber den behaupteten Urheberrechtsverstoß (vgl. BGH GRUR 2015, 1108 Tz. 21 - Green-IT).

b) Der mit dem zulässigen Hilfsantrag zu Ziffer I. 2. geltend gemachte Unterlassungsanspruch hat hingegen Erfolg.

aa) Der im Rahmen der Anschlussberufung gestellte Hilfsantrag zum Unterlassungsantrag Ziffer I. 2. und die darauf bezogenen Folgeanträge sind zulässig.

Die erstmalige Stellung eines Hilfsantrags in der Berufungsinstanz ist eine objektive Klagehäufung, auf die die Vorschriften über die Klageänderung nach §§ 533, 263, 2(64 ZPO entsprechend anwendbar sind (vgl. BGH a.a.O. Tz. 24 - Green-IT). Sie ist daher nur zulässig, wenn der Gegner eingewilligt hat oder das Gericht sie für sachdienlich hält (§ 533 Nr. 1 ZPO) und sie auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

Die Stellung des Hilfsantrags war im Streitfall sachdienlich, da sie der Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Parteien über denselben Sachverhalt dient. Der Hilfsantrag ist ferner ausschließlich auf Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.

bb) Der Hilfsantrag ist auch begründet. Der Beklagte hat dadurch, dass er den Kunden Product Keys für das streitgegenständliche Computerprogramm sowie den Downloadlink übermittelt hat, die ernstliche Gefahr einer Verletzung des ausschließlichen Rechts der Klägerin zur Vervielfältigung des Computerprogramms (§ 69c Nr. 1 UrhG) begründet.

aaa) Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass die Kunden, die vom Beklagten Product Keys erhalten haben, das Programm mit diesen Product Keys heruntergeladen und auf ihrem Rechner installiert haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, der Beklagte habe Kunden dazu veranlasst, Programme der Klägerin zu vervielfältigen und damit bereits eine Rechtsverletzung vorliege. Soweit die Klägerin vorgetragen hat, die streitgegenständlichen Product Keys seien nach deren Verkauf auch tatsächlich - und zwar teilweise vielfach - zur Aktivierung des Computerprogramms verwandt worden, führt das zu keiner anderen Beurteilung, da sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht ergibt, dass gerade diejenigen Kunden, denen der Beklagte die Product Keys übersandte, das Programm mithilfe dieser Product Keys auf ihren Rechnern installiert haben.

Ein Unterlassungsanspruch, wie er mit dem Hilfsantrag geltend gemacht wird, kann aber auch auf Erstbegehungsgefahr gestützt werden. Er setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch kann sich nicht nur gegen den möglichen Täter, sondern auch gegen denjenigen richten, der als potenzieller Teilnehmer oder Störer eine Erstbegehungsgefahr für durch Dritte begangene Verletzungshandlungen begründet hat (vgl. BGH a.a.O. Tz. 4153- Green-IT).

bbb) Der Beklagte hat Product Keys für das streitgegenständliche Computerprogramm der Klägerin an Kunden versandt. Das Verhalten des Beklagten hat jedenfalls die ernstliche Gefahr begründet, dass Kunden, an die der Product Key für das streitgegenständliche Computerprogramm der Klägerin versandt wird, das Programm vom Downloadportal des Beklagten herunterladen und damit in das ausschließliche Recht der Klägerin nach § 69c Nr. 1 UrhG zur Vervielfältigung des Computerprogramms eingreifen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 41 - Green-IT).

ccc) Zur Vervielfältigung des Computerprogramms sind die Kunden nicht berechtigt; insbesondere ergibt sich die Berechtigung zum Vervielfältigen des Programms nicht aus § 69d Abs. 1 UrhG. Der Beklagte und die Kunden können sich weder auf Erschöpfung noch auf einen vertraglich abgeleiteten Erwerb berufen. Die Product Keys selbst stellen keine Lizenzen dar.

(1) Die Übersendung der Product Keys und eine etwaige Vervielfältigung des Computerprogramms erfolgten ohne unmittelbare - originäre - an den Beklagten gerichtete Zustimmung der Klägerin.

(2) Nach § 69d Abs. 1 UrhG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms, soweit keine besonderen vertraglichen Bestimmungen vorliegen, nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig ist.

Die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG setzt die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms in Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie anzusehen, die vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG Gebrauch machen dürfen, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist (vgl. EuGH GRUR 2012, 904 Tz. 72, 88 - UsedSoft/Oracle; BGH a.a.O. Tz. 46 -Green-IT).

(3) Im Streitfall kommt eine Erschöpfung jedoch schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin die streitgegenständlichen Produkt Keys im Rahmen der Volumenlizenzverträge mit chinesischen Bildungseinrichtungen erstmals in der Volksrepublik China in Verkehr gebracht hat.

Nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf ein Vervielfältigungsstück, wenn das Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden ist. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG hat folgenden Wortlaut: Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich in der Gemeinschaft das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie; ausgenommen hiervon ist jedoch das Recht auf Kontrolle der Weitervermietung des Programms oder einer Kopie davon.

Erschöpfung tritt daher nicht ein, wenn das Vervielfältigungsstück durch den Rechteinhaber oder mit dessen Zustimmung außerhalb der Gemeinschaft verkauft wird. Eine internationale Erschöpfung gibt es nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht (vgl. EuGH GRUR Int 2001, 237 Tz. 26 - Laserdisken/Ku/turministeriet; Dustmann in Fromm/Nordemann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 17 Rn. 31; Dreier a.a.O., § 69c Rn. 22). Daher können die Berechtigten auch Reimporte aus Drittstaaten wirksam unterbinden; dies selbst dann, wenn der Drittstaat eine weltweite Erschöpfung anerkennt (vgl. Dustmann a.a.O. § 11 Rn. 31) Es kann daher im Streitfall dahin stehen, ob nach chinesischem Recht Erschöpfung für China eingetreten ist.

(4) Soweit der Beklagte in der Berufungsbegründung die Auffassung vertritt, die Frage der Erschöpfung stelle sich vorliegend nicht, da die Aktivierungsvolumina der streitgegenständlichen Product Keys im Zeitpunkt der Verkäufe an die Testkäufer noch nicht (vollständig) ausgeschöpft gewesen seien, kann dem nicht gefolgt werden.

Gemäß dem vom Beklagten zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21. Mai 2016 dient ein Produktschlüssel nicht der unkörperlichen Weitergabe eines bereits existierenden Vervielfältigungsstücks im Sinne der „UsedSoft“-Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH GRUR 2012, 904 Tz. 10 und 18- UsedSoft/Orac/e) und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH a.a.O. Tz. 49 - Green-IT; GRUR 2014, 2(64 Tz. 63 bis 65 - UsedSoft II) sondern der erstmaligen Herstellung eines Vervielfältigungsstücks, wenn der Produktschlüssel noch nicht zur Aktivierung von Computerprogrammen verwendet worden ist. Unter diesen Umständen stelle sich die Frage, ob in Bezug auf eine weitergegebene Programmkopie eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Rechtsinhabers eingetreten ist, ebenso wenig wie die Frage, ob die beim Veräußerer verbliebene Programmkopie unbrauchbar gemacht worden ist (vgl. OLG Frankfurt WRP 2016, 1025 Tz. 3, 4)

Es kann dahin stehen, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Denn im Streitfall wurden die Product Keys vor den streitgegenständlichen Verkäufen an die Testkäufer unstreitig bereits in China zur Aktivierung des Computerprogramms „... Office Professional Plus 2013“ verwendet. Das Computerprogramm der Klägerin wurde mit den streitgegenständlichen Product Keys in China durch Herunterladen von der Internetseite der Klägerin vervielfältigt; es existierten im Zeitpunkt der Weitergabe der Product Keys durch den Beklagten bereits Programmkopien, die mit den Product Keys aktiviert wurden. Insofern läge im Streitfall bei einem etwaigen Herunterladen des Programms durch Kunden des Beklagten keine erstmalige Herstellung eines Vervielfältigungsstücks vor.

Im Übrigen kommt es für die Frage der Erschöpfung nicht darauf an, ob der Produktschlüsse] nur für die nach den Lizenzbedingungen zulässige Zahl von Vervielfältigungen oder für beliebig viele Vervielfältigungen des Computerprogramms verwendet werden kann (vgl. BGH a.a.O. Tz. 51 - Green-IT). Daher ist es im Streitfall auch unerheblich, ob die Aktivierungsvolumina der Product Keys im Zeitpunkt der Weitergabe durch den Beklagten bereits ausgeschöpft waren.

Es kommt schließlich nicht darauf ab, ob der Klägerin - wie der Beklagte meint - technische Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie eine unzulässige Mehrfachverwendung von Programmkopien verhindem könnte. Der Urheberrechtsinhaber ist beim Weiterverkauf einer Nutzungslizenz durch den Weiterverkauf einer Programmkopie zwar berechtigt, mit allen ihm zur Verfügung stehenden technischen Mitteln - wie etwa der Verwendung von Produktschlüsseln -sicherzustellen, dass eine nach dem Verkauf der Kopie des Computerprogramms beim Verkäufer noch vorhandene weitere Kopie des Computerprogramms nicht mehr genutzt werden kann (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn 79 und 87 - UsedSoft/Oracle). Er ist jedoch nicht verpflichtet, solche technischen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Hat er keine Schutzmaßnahmen ergriffen, führt dies nicht dazu, dass der Käufer der Programmkopie berechtigt ist, das Computerprogramm zu vervielfältigen, obwohl die Voraussetzungen der Erschöpfung nicht vorliegen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 52 - Green-IT).

(5) Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat auch ein Recht zur Vervielfältigung des Computerprogramms aus abgeleitetem Recht nicht dargetan.

Soweit der Beklagte behauptet, die Klägerin habe den chinesischen Bildungseinrichtungen uneingeschränkte Verkaufslizenzen mit dem Recht zur Weiterveräußerung bzw. zum Inverkehrbringen von Vervielfältigungen des Computerprogramms innerhalb der Europäischen Union eingeräumt, weil sie in den zugrundeliegenden Volumenlizenzverträgen einen Export nicht ausdrücklich untersagt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Denn bloßes Schweigen stellt grundsätzlich keine Willenserklärung dar. Auch aus der erst im Berufungsverfahren vorgelegten „Vernichtungserklärung/Abtretung“ vom 10. Januar 2017 eines Vertreters der "... Grundschule" in China ergibt sich lediglich, dass der zugrundeliegende Volumenlizenzvertrag keine Nutzungs-, Kauf- oder Verkaufsbeschränkungen beinhaltete. Eine ausdrückliche Zustimmung der Klägerin zum Weiterverkauf der Lizenz und der Programmkopien innerhalb der Europäischen Union ergibt sich daraus nicht und wird vom Beklagten auch nicht be hauptet. Hinsichtlich der beiden anderen streitgegenständlichen Product Keys hat der Beklagte auch im Berufungsverfahren weder die Volumenlizenzverträge noch die Lieferkette konkret dargetan.

(6) Schließlich stellen auch die Product Keys selbst keine „Lizenzen“ dar, die Nutzungs- und Vervielfältigungsrechte an dem streitgegenständlichen Computerprogramm einräumen könnten.

Die Berechtigung zur Nutzung des Computerprogramms leitet sich aus den zwischen der Klägerin und den Kunden geschlossenen (Volumen-)Lizenzverträgen ab, nicht jedoch aus dem Product Key. Dieser stellt lediglich ein - einem Fahrzeugschlüssel vergleichbares - technisches Mittel dar, um das erworbene Computerprogramm zu aktivieren und dauerhaft in Betrieb zu nehmen (vgl. OLG Frankfurt GRUPrax 2017, 52 Tz. 32; Senat WRP 2017, 356 Tz. 24 - Product-Key-Zusendung).

Dies ergibt sich auch aus den von der Klägerin als Anlage BB2 vorgelegten „...-Software-Lizenzbedingungen“ der Klägerin für die Endkundenversion von „Office Horne & Business 2016“. Bereits auf der ersten Seite wird darauf hingewiesen, dass es sich um einen „Lizenzvertrag“ handelt. Unter Ziffer 2. („Rechte zur Installation und Nutzung“) heißt es bei a) („Lizenz“), dass die Software lizenziert wird und ... unter diesem Vertrag dem Erwerber das Recht einräumt, eine Instanz auf dem Gerät zu installieren. In Ziffer 5. („Autorisierte Software und Aktivierung“) ist ausgeführt, dass der Erwerber nur dann zur Nutzung der Software befugt ist, wenn er über eine ordnungsgemäße Lizenz verfügt und die Software ordnungsgemäß mit einem originalen Product Key oder einer anderen autorisierten Methode aktiviert wurde. Zudem hat die Klägerin dargetan, dass der Kunde neben der Eingabe des Product Keys auch den Lizenzbedingungen zustimmen muss, um das Computerprogramm installieren zu können (vgl. BI. 255 d. A.).

Dass im Bereich der hier relevanten Volumenlizenzen nichts anderes gilt, ergibt sich bereits daraus, dass die Klägerin mit den chinesischen Bildungseinrichtungen unstreitig Volumenlizenzverträge abgeschlossen hat.

3. Der mit der Anschlussberufung im Wege der Klagerweiterung zusätzlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch Ziffer I. 3. ist zulässig und begründet. Der Beklagte hat dadurch, dass er den Kunden Product Keys sowie den Downloadlink zum Herunterladen des Computerprogramms übermittelt hat, zugleich das ausschließliche Recht der Klägerin auf Verbreitung des Computerprogramms „...Office Professional Plus 2013" gemäß § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG verletzt.

a) Der im Rahmen der Anschlussberufung gestellte Unterlassungsantrag Ziffer I. 3. und die darauf bezogenen Folgeanträge sind zulässig. Die Klageerweiterung ist gemäß § 533 Nr. 1 ZPO sachdienlich, da sie der Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits zwischen den Parteien über denselben Sachverhalt dient. Der Antrag ist ferner ausschließlich auf Tatsachen gestützt, die der Senat seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO).

b) Der Klägerin steht der Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1, § 69a Abs. 1, § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG zu.

aa) Gemäß § 69c Nr. 3 Satz 1 UrhG hat der Rechtsinhaber das ausschließliche Recht zur Verbreitung, einschließlich der Vermietung, des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Computerprogramms. Nach § 17 Abs. 1 UrhG ist das Verbreitungsrecht das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kommt es nicht darauf an, ob ein Computerprogramm durch Aushändigen eines materiellen Datenträgers oder durch Herunterladen aus dem Internet verbreitet wird. Beide Arten der Veräußerung eines Computerprogramms sind wirtschaftlich gesehen vergleichbar; das Herunterladen aus dem Internet entspricht funktionell der Aushändigung eines Datenträgers (vgl. EuGH a.a.O., Tz. 61 - Used-Soft/Oracle). Beide Veräußerungsarten sind daher als Verbreitung anzusehen.

Der Beklagte hat das „...Office Professional Plus 2013“ auf eBay angeboten, auf entsprechende Bestellung einen Product Key sowie den Downloadlink zum Herunterladen des Computerprogramms an seine Kunden übermittelt und dadurch das Computerprogramm „...Office Professional Plus 2013" verbreitet.

bb) Das ausschließliche Recht der Klägerin zum Verbreiten des Computerprogramms „...Office Professional Plus 2013“ war auch nicht nach § 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG erschöpft, weil die Klägerin die streitgegenständlichen Produkt Keys im Rahmen der Volumenlizenzverträge mit chinesischen Bildungseinrichtungen erstmals in der Volksrepublik China und damit außerhalb des Gebietes der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht hat.

4. Das Anbieten und das Inverkehrbringen von Product Keys für Computerprogramme der Klägerin unter dem Zeichen „...Office“ verletzt auch deren Kennzeichenrechte. Der Klägerin steht insofern der unter Ziffer I. 4. verfolgte Unterlassungsantrag gemäß Art. 102 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 9 Abs. 2 lit. b), Abs. 3 lit. b) UMV zu. Die Klage war indes abzuweisen, soweit die Klägerin beantragt hat, dem Beklagten auch den Besitz von Product Keys unter dem Zeichen „...Office“ zu verbieten.

a) Die Klägerin ist Inhaberin der Gemeinschaftswortmarke Nr. 007 138 225 „...OFFICE“ und vertreibt das Computerprogrammpaket „...Office“; der Beklagte hat das Zeichen für die Übersendung von Product Keys und damit für hochgradig ähnliche Waren, für die die Marke Schutz genießt, benutzt. Insofern besteht Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV.

b) Sind die Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 UMV erfüllt, so kann gemäß Art. 9 Abs. 3 lit. b) UMV verboten werden, unter dem Zeichen Waren anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen.

Der Beklagte hat die Product Keys mit dem Zeichen „...OFFICE“ durch Übersendung per E-Mail an die Testkäufer angeboten und in den Verkehr gebracht. Bei den per E-Mail übersandten Product Keys handelt es sich jedoch um unkörperliche Gegenstände, bei denen ein Besitz nicht möglich ist; insoweit war die Klage teilweise abzuweisen.

c) Der Beklagte kann sich nicht auf Erschöpfung gemäß Art. 13 Abs. 1 UMV berufen. Die Product Keys selbst weisen die Marke nicht auf; ihr - im Übrigen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erfolgtes - Inverkehrbringen kann daher nicht zur Erschöpfung führen.

5. Die geltend gemachten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche sind zulässig und hinsichtlich der Unterlassungsanträge zu Ziffern I. 1., I. 3. und I. 4. begründet. Die Ansprüche ergeben sich aus § 101 Abs. 1, Abs. 3 UrhG (Ziffern I. 3. und I. 4.) sowie aus Art. 102 Abs. 2 UMV, § 125b Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 19 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG, § 242 BGB (Ziffer I. 4.).

Die auf den Hilfsantrag des Unterlassungsantrags zu Ziffer I. 2. bezogenen und der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs dienenden Anträge auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sind hingegen nicht begründet. Insofern war die Klage teilweise abzuweisen.

Es kann in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH a.a.O. Tz. 42, 54 -Green-IT) nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass Kunden des Beklagten, denen dieser einen Product Key übermittelt hat, das Vervielfältigungsrecht der Klägerin am Computerprogramm verletzt haben; der Bundesgerichtshof hat in einer vergleichbaren Fallkonstellation (BGH a.a.O. - Green-IT) in der bloßen Gestattung keine Rechtsverletzung erkannt und deshalb Auskunfts- und Schadensersatzansprüche verneint. Daher scheidet ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ebenso wie Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche aus.

6. Der Schadensersatzfeststellungsanspruch hinsichtlich der Unterlassungsanträge zu Ziffern I. 1., I. 3. und I. 4. beruht auf § 97 Abs. 2 UrhG sowie Art. 102 Abs. 2 UMV, § 125b Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 14 Abs. 6 MarkenG. Der Beklagte handelte zumindest fahrlässig.

Der auf den Hilfsantrag des Unterlassungsantrags zu Ziffer I. 2. bezogene Schadensersatzfeststellungsanspruch ist hingegen unbegründet (vgl. II. 5.).

7. Der nach der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingereichte nachgelassene Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2017 bot keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO).

111. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Frage, ob bereits die Zusendung eines Product Keys für ein Computerprogramm als Gestattung im Sinne des § 69c Nr. 1 UrhG Auskunfts- und Schadensersatzansprüche begründet, ist von grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), so dass insoweit die Revision zuzulassen war. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen zudem im Hinblick auf die Entscheidung über den Berufungsantrag Ziffer I. 1. vor (vgl. EuGH-Vorlage zum Begriff des „öffentlichen Zugänglichmachens“, BGH a.a.O. - Cordoba).

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:

1.
die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers;
2.
die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt;
3.
jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts;
4.
die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DESVOLKES
URTEIL
I ZR 129/08 Verkündet am:
17. Juli 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
UsedSoft II
1. Hat der Inhaber des Urheberrechts dem Herunterladen der Kopie eines
Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt,
sind der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses
Computerprogramms nach § 69d Abs. 1 UrhG zur Vervielfältigung des Programms
berechtigt, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie erschöpft
ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf
der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen
Programmkopie verbunden ist.

a) Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts setzt voraus,
- dass der Urheberrechtsinhaber seine Zustimmung gegen Zahlung eines Entgelts
erteilt hat, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert
der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen;
- dass der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber ein Recht eingeräumt hat,
die Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen;
- dass Verbesserungen und Aktualisierungen, die das vom Nacherwerber heruntergeladene
Computerprogramm gegenüber dem vom Ersterwerber heruntergeladenen
Computerprogramm aufweist, von einem zwischen dem Urheberrechtsinhaber
und dem Ersterwerber abgeschlossenen Wartungsvertrag
gedeckt sind;
- dass der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat.

b) Der Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen
Programmkopie setzt nicht voraus, dass der Nacherwerber
einen Datenträger mit der „erschöpften“ Kopie des Computerprogramms er-
hält; vielmehr reicht es aus, wenn der Nacherwerber die Kopie des Computerprogramms
von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers auf seinen
Computer herunterlädt.
2. Wer sich darauf beruft, dass die Vervielfältigung eines Computerprogramms
nach § 69d Abs. 1 UrhG nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf,
trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen dieser
Bestimmung erfüllt sind.
3. Das dem Nacherwerber der „erschöpften“ Kopie eines Computerprogramms
durch § 69d Abs. 1 UrhG vermittelte Recht zu dessen bestimmungsgemäßer
Benutzung kann nicht durch vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen
werden, die dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten.
4. Was zur bestimmungsgemäßen Benutzung des Computerprograms nach
§ 69d Abs. 1 UrhG gehört, ergibt sich aus dem zwischen dem Urheberrechtsinhaber
und dem Ersterwerber geschlossenen Lizenzvertrag.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2013 - I ZR 129/08 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin entwickelt und vertreibt Computersoftware, insbesondere Datenbanksoftware, die von Unternehmen, Behörden und Organisationen genutzt wird. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesen Programmen. Sie ist außerdem Inhaberin von deutschen und Gemeinschaftswortmarken „Oracle“, die unter anderem für Computersoftware eingetragen sind.
2
Die Klägerin vertreibt ihre Software in 85% der Fälle per Download über das Internet. Dabei erhält der Kunde von der Klägerin keinen Datenträger, sondern lädt die Software unmittelbar von der Internetseite der Klägerin auf seinen Computer herunter. Mit dem Erwerb der Software wird dem Kunden entweder ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht (Perpetual License) gegen eine einmalige Zahlung oder - seltener - ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht (Fixed Term License) gegen wiederkehrende Zahlungen eingeräumt. Bei den Programmen handelt es sich um sogenannte Client-Server-Software. Das Nutzungsrecht an ihnen umfasst die Befugnis, die Software dauerhaft auf einem Server zu speichern und einer bestimmten Anzahl von Nutzern dadurch Zugriff zu gewähren, dass sie in den Arbeitsspeicher ihrer Arbeitsplatzrechner geladen wird. Im Rahmen eines Software-Pflegevertrags können aktualisierte Versionen der Software (Updates) und Programme, die der Fehlerbehebung dienen (Patches), von der Internetseite der Klägerin heruntergeladen werden. Auf Wunsch werden die Programme auch auf CD-ROM oder DVD ausgeliefert.
3
Die Lizenzverträge der Klägerin enthalten unter „Rechtseinräumung“ folgende Bestimmung: Mit der Zahlung für Services haben Sie ausschließlich für Ihre internen Geschäftszwecke ein unbefristetes, nicht ausschließliches, nicht abtretbares und gebührenfreies Nutzungsrecht für alles, was Oracle entwickelt und Ihnen auf der Grundlage dieses Vertrags überlässt.
4
Die frühere Beklagte (nachfolgend „die Beklagte“), über deren Vermögen im Laufe des Revisionsverfahrens das Insolvenzverfahren mit dem jetzigen Beklagten als Verwalter eröffnet worden ist, handelt mit „gebrauchten“ Softwarelizenzen. Im Oktober 2005 bewarb sie mit der nachfolgend wiedergegebenen Anzeige eine „ORACLE SONDERAKTION“, bei der sie „bereits benutzte“ Lizenzen für Programme der Klägerin anbot. Dabei wies sie darauf hin, alle Lizenzen seien aktuell, da die Wartung noch bestehe; die Rechtmäßigkeit des Verkaufs werde durch ein Notartestat bestätigt. In dem Notartestat heißt es, es habe eine Bestätigung des ursprünglichen Lizenznehmers vorgelegen, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe.


5
Die Beklagte veranlasst dadurch Kunden, die noch nicht im Besitz der aktuellen Softwareversion sind, die Software nach dem Erwerb der Lizenzen von der Internetseite der Klägerin auf Datenträger herunterzuladen. Kunden, die bereits über die Software verfügen und Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzukaufen , veranlasst die Beklagte damit, die Software in den Arbeitsspeicher der Arbeitsplatzrechner weiterer Anwender zu laden.
6
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte verletze dadurch das Urheberrecht an diesen Programmen, dass sie die Erwerber „gebrauchter“ Lizenzen dazu veranlasse, die entsprechenden Computerprogramme zu vervielfältigen. Die Benutzung der Bezeichnung „ORACLE“ beim Angebot dieser Lizenzen verletze darüber hinaus ihre Markenrechte. Die Werbung für den Kauf der Lizenzen sei schließlich irreführend.
7
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, 1. Dritte zu veranlassen, Oracle Software zu vervielfältigen, indem Dritten durch einen vermeintlichen Erwerb von Lizenzen, insbesondere durch den Hinweis auf den aktuellen Wartungsstand, der Eindruck vermittelt wird, dass sie zur Nutzung und korrespondierenden Vervielfältigung berechtigt seien; 2. im geschäftlichen Verkehr mit Software das Zeichen ORACLE zu benutzen, insbesondere, unter dem Zeichen Software oder Softwarelizenzen anzubieten oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für Software zu benutzen; 3. für Lizenzen von Oracle-Software mit den Worten - „Oracle Sonderaktion“, - „Große Oracle Sonderaktion“, - „Der rechtmäßige Verkauf wird durch ein Notartestat bestätigt“ oder - „Jetzt begehrte ORACLE-Lizenzen sichern“ zu werben.
8
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (LG München I, ZUM 2007, 409). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG München, ZUM 2009, 70). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der früheren Beklagten hat der jetzige Beklagte das Verfahren als Insolvenzverwalter aufgenommen.
9
Mit Beschluss vom 3. Februar 2011 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen zur Vorabentscheidung vorgelegt (GRUR 2011, 418 = WRP 2011, 480 - UsedSoft I): 1. Ist derjenige, der sich auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms berufen kann, „rechtmäßiger Erwerber“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG? 2. Für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird: Erschöpft sich das Recht zur Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms nach Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG, wenn der Erwerber die Kopie mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigt hat? 3. Für den Fall, dass auch die zweite Frage bejaht wird: Kann sich auch derjenige , der eine „gebrauchte“ Softwarelizenz erworben hat, für das Erstellen einer Programmkopie als „rechtmäßiger Erwerber“ nach Art. 5 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 Halbsatz 1 der Richtlinie 2009/24/EG auf eine Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung der vom Ersterwerber mit Zustimmung des Rechtsinhabers durch Herunterladen des Programms aus dem Internet auf einen Datenträger angefertigten Kopie des Computerprogramms berufen, wenn der Ersterwerber seine Programmkopie gelöscht hat oder nicht mehr verwendet?
10
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 3. Juli 2012 (C-128/11, GRUR 2012, 904 = WRP 2012, 1074 - UsedSoft/Oracle) wie folgt entschieden: 1. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass das Recht auf die Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms erschöpft ist, wenn der Inhaber des Urheberrechts , der dem möglicherweise auch gebührenfreien Herunterladen dieser Kopie aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt hat, gegen Zahlung eines Entgelts, das es ihm ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, auch ein Recht, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen, eingeräumt hat. 2. Die Art. 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG sind dahin auszulegen , dass sich der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie berufen können und somit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie anzusehen sind, die vom Vervielfältigungsrecht nach dieser Vorschrift Gebrauch machen dürfen, wenn der Weiterverkauf dieser Lizenz mit dem Weiterverkauf einer von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist und die Lizenz dem Ersterwerber ursprünglich vom Rechtsinhaber ohne zeitliche Begrenzung und gegen Zahlung eines Entgelts überlassen wurde, das es diesem ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen.

Entscheidungsgründe:


11
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei in vollem Umfang begründet. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat ausgeführt:
12
Der Klägerin stehe der mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1, § 69c Nr. 1 UrhG zu. Die in Rede stehenden Computerprogramme seien urheberrechtlich geschützt. Die Klägerin sei Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an der Software. Die Beklagte veranlasse ihre Kunden, die Programme der Klägerin nach dem Erwerb der Lizenzen zu vervielfältigen. Dazu seien die Kunden der Beklagten nicht berechtigt. Die Beklagte könne ihren Kunden keine zur Vervielfältigung berechtigenden Nutzungsrechte übertragen. Die Nutzungsrechte der Klägerin seien nicht erschöpft. Die Herstellung neuer Vervielfältigungsstücke könne auch nicht auf § 69d Abs. 1 UrhG gestützt werden.
13
Der Antrag zu 2, der Beklagten die Benutzung des Zeichens „ORACLE“ im geschäftlichen Verkehr mit Software zu untersagen, sei nach § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a GMV begründet. Die Beklagte könne sich wegen des gleichzeitigen Verstoßes gegen die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerin nicht auf die Schrankenregelung des § 23 Nr. 2 MarkenG berufen. Da sie ihren Kunden ein rechtliches Nullum verkaufe, könne sie auch den Erschöpfungseinwand des § 24 Abs. 1 MarkenG nicht erheben.
14
Der Antrag zu 3 auf Unterlassung näher bezeichneter Werbeaussagen sei gemäß § 8 Abs. 1, §§ 3, 5 Abs. 1 UWG gerechtfertigt. Die Werbeaussagen seien irreführend, da die Beklagte ihren Kunden keine Lizenzrechte verschaffe.
15
B. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht wegen Fehlens einer Begründung unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten nach den Anträgen zu 2 und 3 wendet.
16
Die Revision ist gemäß § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht in der gesetzlichen Form begründet ist. Die Revisionsbegründung muss gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) ergibt. Betrifft die angegriffene Entscheidung - wie hier - mehrere prozessuale Ansprüche, so ist grundsätzlich für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO genügende Begründung der Revision erforderlich (vgl. zu § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO BGH, Urteil vom 26. Januar 2006 - I ZR 121/03, GRUR 2006, 429, 432 = WRP 2006, 584 - Schlank-Kapseln).
17
Die Revision der Beklagten hat nicht eigens ausgeführt, weshalb die Zurückweisung der Berufung gegen ihre Verurteilung nach dem Antrag zu 2 (markenrechtlicher Unterlassungsanspruch) und dem Antrag zu 3 (wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch) auf einer Rechtsverletzung beruht. Das war aber auch nicht erforderlich.
18
Beruht die Entscheidung über eine Mehrheit von Ansprüchen auf einem einheitlichen, allen Ansprüchen gemeinsamen Grund, so genügt es, wenn die Revisionsbegründung diesen einheitlichen Grund insgesamt angreift (vgl. zu § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO aF BGH, Urteil vom 27. Januar 1994 - I ZR 326/91, GRUR 1995, 693, 695 = WRP 1994, 387 - Indizienkette; Urteil vom 22. Januar 1998 - I ZR 177/95, GRUR 1998, 587, 588 f. = WRP 1998, 512 - Bilanzanalyse Pro 7; zu § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO BGH, Urteil vom 14. Juni 2012 - IX ZR 150/11, NJW-RR 2012, 1207 Rn. 10 mwN). So verhält es sich hier.
19
Das Berufungsurteil beruht hinsichtlich sämtlicher von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf der Annahme, die Beklagte habe ihren Kunden nicht die erforderlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Computer- programmen übertragen. Das Berufungsgericht hat gemeint, aus diesem Grund sei das Urheberrecht an den Computerprogrammen verletzt (Antrag zu 1), komme wegen des Eingriffs in die Rechte an den Marken eine Berufung auf die Schrankenregelungen des § 23 Nr. 2 MarkenG und des § 24 Abs. 1 MarkenG in Betracht (Antrag zu 2) und sei die Werbung irreführend (Antrag zu 3). Es reicht daher zur Begründung der Revision gegen die Verurteilung nach den Anträgen zu 2 und 3 aus, dass die Beklagte bereits im Rahmen der Begründung der Revision gegen die Verurteilung nach dem Antrag zu 1 dargelegt hat, weshalb die in Rede stehende Annahme des Berufungsgerichts nach ihrer Ansicht rechtsfehlerhaft ist.
20
C. Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin erhobenen Unterlassungsansprüche wegen Verletzung des Urheberrechts an den in Rede stehenden Computerprogrammen (dazu I), wegen Verletzung des Markenrechts an den für Computersoftware eingetragenen Wortmarken „Oracle“ (dazu II) und wegen Verstoßes gegen das lauterkeitsrechtliche Irrefüh- rungsverbot (dazu III) nicht bejaht werden.
21
I. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch aus § 97 Abs. 1, § 69c Nr. 1 UrhG auf Unterlassung zu, Dritte zur Vervielfältigung ihrer Software zu veranlassen.
22
1. Die Computerprogramme, die in der beanstandeten Werbung der Beklagten für den Erwerb gebrauchter Softwarelizenzen genannt sind, sind nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die sich das Berufungsgericht bezo- gen hat und die von der Revision nicht angegriffen worden sind, als individuelle geistige Werkschöpfungen nach § 69a Abs. 3 UrhG urheberrechtlich geschützt.
23
2. Die Klägerin ist nach den Feststellungen des Landgerichts Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Programmen. Ihr steht daher im Falle von Urheberrechtsverletzungen ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG zu.
24
3. Die Beklagte haftet für - unterstellt - unrechtmäßige Vervielfältigungshandlungen ihrer Kunden als Störer auf Unterlassung.
25
a) Als Störer kann wegen einer Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des Urheberrechts beiträgt. Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Rn. 19 = WRP 2009, 1139 - Cybersky; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, GRUR 2010, 633 Rn. 19 = WRP 2010, 912 - Sommer unseres Lebens; Urteil vom 22. Juni 2011 - I ZR 159/10, GRUR 2011, 1018 Rn. 25 = WRP 2011, 1469 - Automobil-Onlinebörse).
26
Da die Beklagte ihre Kunden nach den Feststellungen des Landgerichts durch das Angebot „gebrauchter“ Lizenzen dazu veranlasst, Computerprogramme der Klägerin nach dem Erwerb solcher Lizenzen von deren Internetseite auf Datenträger herunterzuladen oder in die Arbeitsspeicher weiterer Ar- beitsplatzrechner hochzuladen, kann sie auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, soweit ihre Kunden dadurch unbefugt in das nach § 69c Nr. 1 UrhG ausschließlich dem Rechtsinhaber zustehende Recht zur Vervielfältigung der Computerprogramme eingreifen. Die Beklagte trüge damit willentlich und adäquat kausal dazu bei, dass ihre Kunden die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin verletzen. Da sie die Gefahr von Rechtsverletzungen zudem gezielt herbeiführte, wäre ihr eine Haftung auch zuzumuten.
27
b) Für den Unterlassungsanspruch kommt es nicht darauf an, ob Kunden der Beklagten die in Rede stehenden Computerprogramme der Klägerin bereits vervielfältigt und damit das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin verletzt haben. Der Anspruch auf Unterlassung besteht gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. Auch ein Störer kann vorbeugend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGH, Urteil vom 19. April 2007 - I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 Rn. 41 - Internet-Versteigerung II; BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 14 - Cybersky). Die Werbung der Beklagten für den Kauf „gebrauchter“ Lizenzen begründet die ernsthafte und greifbare Gefahr solcher - unterstellt - widerrechtlichen Vervielfältigungen.
28
4. Kunden der Beklagten, die Computerprogramme der Klägerin von deren Internetseite auf einen Server oder ein anderes Speichermedium herunterladen oder von ihrem Server oder einem anderen Speichermedium in den Arbeitsspeicher weiterer Computer hochladen, greifen dadurch in das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 69c Nr. 1 UrhG ein, die Computerprogramme dauerhaft oder vorübergehend zu vervielfältigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 418 Rn. 11 bis 13 - UsedSoft I, mwN). Dazu sind sie zwar weder aufgrund eines ihnen von der Beklagten wirksam übertragenen Rechts zur Vervielfältigung der Computerprogramme (vgl. BGH, GRUR 2011, 418 Rn. 14 und 15 - UsedSoft I, mwN) noch - soweit das Laden der Software in den Arbeitsspeicher weiterer Arbeitsplatzrechner in Rede steht - aufgrund der Schrankenregelung des § 44a UrhG (vgl. BGH, GRUR 2011, 418 Rn. 16 und 17 - UsedSoft I, mwN) berechtigt. Die Annahme des Berufungsgerichts, Kunden der Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, weil der Vertrag zwischen der Klägerin und dem Ersterwerber eine Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte untersage und eine Vervielfältigung des Computerprograms nur auf dem Server des Ersterwerbers gestatte, hält jedoch einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
29
a) Nach § 69d Abs. 1 UrhG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms , soweit keine besonderen vertraglichen Bestimmungen vorliegen, nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch jeden zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigten notwendig ist. Die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG setzt die Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG (bzw. die gleichlautende Vorschrift des Art. 5 Abs. 1 der Vorgängerrichtlinie 91/250/EWG) ins deutsche Recht um und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG bedarf die Vervielfältigung eines Computerprogramms in Ermangelung spezifischer vertraglicher Bestimmungen nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist.
30
b) Hat der Inhaber des Urheberrechts (wie hier die Klägerin) dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind nach der vom Senat eingeholten Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms (wie die Kunden der Beklagten als Erwerber „gebrauchter“ Softwarelizenzen) im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie (und im Sinne des § 69d Abs. 1 UrhG als zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigte) anzusehen, die vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG (und nach § 69d Abs. 1 UrhG) Gebrauch machen dürfen, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft ist und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 88 und 72 - UsedSoft/ Oracle).
31
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann der Urheberrechtsinhaber ungeachtet anderslautender vertraglicher Bestimmungen weder dem Weiterverkauf der Kopie noch dem Herunterladen der Kopie durch den Erwerber widersprechen. Insbesondere kann er sich - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Vertrag zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber lediglich ein Nutzungsrecht einräume , das nicht abtretbar sei und ausschließlich den internen Geschäftszwecke der Klägerin diene und damit eine Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte untersage und eine Vervielfältigung des Computerprograms nur auf dem Server des Ersterwerbers gestatte (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 77, 84, 23 - UsedSoft/Oracle).
32
Die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG und des § 69d Abs. 1 UrhG enthalten insofern einen zwingenden Kern, als urheberrechtlich relevante Nutzungen, die für die vertragsgemäße Verwendung des Programms unerlässlich sind, nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden können (vgl. zum - unbeachtlichen - vertraglichen Ausschluss der Beseitigung eines Programmfehlers durch Dritte BGH, Urteil vom 24. Februar 2000 - I ZR 141/97, GRUR 2000, 866, 868 = WRP 2000, 1306 - Programmfehlerbeseitigung, mwN; vgl. auch Urteil vom 24. Oktober 2002 - I ZR 3/00, BGHZ 152, 233, 243 - CPUKlausel ). Desgleichen kann das dem Nacherwerber der „erschöpften“ Kopie eines Computerprogramms durch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG und § 69d Abs. 1 UrhG vermittelte Recht zu dessen bestimmungsgemäßer Benutzung nicht durch vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen werden, die dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten.
33
c) Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei nicht bindend, weil sie auf Annahmen beruhe , die in die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten eingriffen (dazu aa) und gegen den WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 1996 (WCT) verstießen (dazu bb).
34
aa) Der Gerichtshof hat zur Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Umständen das im vorliegenden Fall in Rede stehende Herunterladen einer Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers zu einer Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung dieser Kopie im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG führen kann (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 35 bis 72 - UsedSoft/Oracle), zunächst geprüft, ob die Vertragsbeziehung zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber als „Erstverkauf einer Programmkopie“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG angesehen werden kann, mit dem sich das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie erschöpft (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 38 bis 49 - UsedSoft/ Oracle). Dabei ist er davon ausgegangen, „Verkauf“ sei nach einer allgemein anerkannten Definition eine Vereinbarung, nach der eine Person ihre Eigentumsrechte an einem ihr gehörenden körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenstand gegen Zahlung eines Entgelts an eine andere Person abtritt; daraus hat er geschlossen, durch das Geschäft, das nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG zu einer Erschöpfung des Rechts auf Verbreitung einer Kopie des Computerprogramms führe, müsse das Eigentum an dieser Kopie übertragen worden sein (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 42 - UsedSoft/Oracle). Schließlich hat er festgestellt, das Eigentum an der Kopie eines Computerprogramms werde unter den hier vorliegenden Umständen übertragen, wenn der Kunde der Beklagten, der die Kopie herunterlade und mit der Beklagten einen Lizenzvertrag über die Kopie abschließe, gegen Zahlung eines Entgelts ein unbefristetes Recht zur Nutzung diese Kopie erhalte (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 43 bis 46 - UsedSoft/Oracle).
35
Die Klägerin wendet dagegen ein, die Annahme des Gerichtshofs, wonach dem Erwerber Eigentum an unkörperlichen Kopien eingeräumt werde, sei nicht bindend, weil sie in die den Mitgliedstaaten nach Art. 345 AEUV als Regelungsmaterie vorbehaltene Eigentumsordnung eingreife und damit aus den Grenzen der dem Gerichtshof eingeräumten Hoheitsakte ausbreche. Was Gegenstand des Eigentumsrechts sei, wie es erworben und übertragen werde, richte sich nach den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Nach deutschem Recht gebe es kein Eigentum an nichtkörperlichen Gegenständen. Die auf der Voraussetzung einer möglichen Eigentumsübertragung an nichtkörperlichen Gegenständen beruhenden Schlussfolgerungen zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts und der Berechtigung zur Vervielfältigung entbehrten daher einer tragfähigen Grundlage und seien gleichfalls nicht bindend.
36
Dieser Einwand ist nicht begründet. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Gerichtshof nicht bestimmt, was unter „Eigentum“ oder „Übertragung des Eigentums“ im Sinne des deutschen Rechts zu verstehen sein soll. Der Ge- richtshof ist vielmehr davon ausgegangen, der Wortlaut der Richtlinie 2009/24/ EG verweise in Bezug auf die Bedeutung des Begriffs „Verkauf“ in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG nicht auf die nationalen Rechtsvorschriften und sei daher für die Anwendung dieser Richtlinie als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, der im gesamten Gebiet der Union einheitlich auszulegen sei (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 39 bis 41 - UsedSoft/Oracle). Er hat daher ersichtlich auch den zur Definition des Begriffs „Verkauf“ verwendeten Begriff der „Übertragung des Eigentums“ als autonomen Begriff des Unionsrechts angesehen , der - anders als im deutschen Recht - die Einräumung eines unbefristeten Nutzungsrechts an einer nichtkörperlichen Programmkopie umfasst (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 47 bis 49 - UsedSoft/Oracle).
37
bb) Der Gerichtshof hat ferner im Rahmen der Prüfung, ob und unter welchen Umständen das im vorliegenden Fall in Rede stehende Herunterladen einer Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers zu einer Erschöpfung des Rechts zur Verbreitung dieser Kopie im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG führen kann (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 35 bis 72 - UsedSoft/Oracle), den Einwand der Klägerin und der Europäischen Kommission zurückgewiesen, wonach das Zugänglichmachen einer Programmkopie auf der Internetseite des Inhabers des Urheber- rechts eine „öffentliche Zugänglichmachung“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG darstelle, die gemäß Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/ EG nicht die Erschöpfung des Rechts auf Verbreitung der Kopie bewirke (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 50 bis 52 - UsedSoft/Oracle). Er hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, aus Art. 6 Abs. 1 WCT, in dessen Licht die Art. 3 und 4 der Richtlinie 2001/29/EG nach Möglichkeit auszulegen seien, gehe hervor , dass eine „[Handlung] der öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG durch eine Eigentumsübertragung zu einer Handlung der Verbreitung im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 2001/29/EG werde, die, wenn die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG erfüllt seien, ebenso wie der „Erstverkauf einer Programmkopie“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG zu einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts führen könne (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 60 - UsedSoft/Oracle).
38
Die Klägerin macht geltend, diese Beurteilung verstoße gegen den WIPO-Urheberrechtsvertrag. Aus Art. 6 WCT und der vereinbarten Erklärung zu Art. 6 und 7 WCT ergebe sich, dass die Übertragung des „Eigentums“ an einem unkörperlichen Gegenstand nicht zur Erschöpfung des Verbreitungsrechts führen könne. Die davon abweichende Beurteilung des Gerichtshofs sei nicht bindend. Sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Europäische Union seien Vertragspartner des WIPO-Urheberrechtsvertrags; dieser sei sowohl in Deutschland geltendes Recht als auch integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung. Als völkerrechtlicher Vertrag sei er sowohl gegenüber einer Auslegung der Richtlinie als auch gegenüber einer richtlinienkonformen Auslegung nationalen Rechts vorrangig.
39
Auch dieser Einwand ist nicht begründet. Computerprogramme sind nach Art. 4 Satz 1 WCT als Werke der Literatur geschützt. Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst haben nach Art. 6 Abs. 1 WCT das ausschließliche Recht zu erlauben, dass das Original und Vervielfältigungsstücke ihrer Werke durch Verkauf oder sonstige Eigentumsübertragung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (Verbreitungsrecht). Den Vertragsparteien des WIPOUrheberrechtsvertrages steht es gemäß Art. 6 Abs. 2 WCT frei, gegebenenfalls zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen sich dieses Recht nach dem ersten mit Erlaubnis des Urhebers erfolgten Verkauf des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks oder der ersten sonstigen Eigentumsübertragung erschöpft. Nach der vereinbarten Erklärung zu Art. 6 und 7 WCT beziehen sich die in Art. 6 WCT im Zusammenhang mit dem Verbreitungsrecht verwendeten Ausdrücke „Vervielfältigungsstück“ und „Original und Vervielfältigungsstück“ ausschließlich auf Vervielfältigungsstücke, die als körperliche Gegenstände in Verkehr gebracht werden.
40
Diese Bestimmungen des WIPO-Urheberrechtsvertrages hindern den Gerichtshof nicht daran, Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG bindend dahin auszulegen, dass er auch die Weiterveräußerung von Vervielfältigungsstücken umfasst, die als nichtkörperliche Gegenstände in Verkehr gebracht worden sind. Die Vertragspartner des WIPO-Urheberrechtsvertrages haben das Verbreitungsrecht des Art. 6 Abs. 1 WCT als Mindestrecht zu gewährleisten (vgl. Katzenberger in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 53). Der Europäischen Union ist es daher nicht verwehrt, für die Urheber von Computerprogrammen ein weitergehendes Verbreitungsrecht vorzusehen , das sich auf die Verbreitung nichtkörperlicher Programmkopien erstreckt. Ihr steht es ferner frei zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen sich ein solches Verbreitungsrecht erschöpft. Die entsprechende Auslegung des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG durch den Gerichtshof verstößt daher nicht gegen die Bestimmungen des WIPO-Urheberrechtsvertrages.
41
d) Die Beurteilung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend , die Zurückweisung der Revision sei bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte ihren Kunden nicht von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladene Programmkopien, sondern allein Lizenzen zur Nutzung der Software verkaufe.
42
aa) Die Berechtigung eines Kunden der Beklagten, der eine „gebrauchte“ Nutzungslizenz für ein Computerprogramm der Klägerin erworben hat, dieses Computerprogramm als im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtline 2009/24/EG rechtmäßiger Erwerber zu vervielfältigen, setzt nach der Entscheidung des Ge- richtshofs der Europäischen Union allerdings voraus, dass der Weiterverkauf der Lizenz durch die Beklagte an den Kunden mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 88 - UsedSoft/Oracle).
43
Dabei kann, wie die Klägerin mit Recht geltend macht, der Begriff „Wei- terverkauf der Lizenz“ nicht dahin verstanden werden, dass damit der Weiterverkauf des Nutzungsrechts am Computerprogramm gemeint ist, das der Urheberrechtsinhaber dem Ersterwerber mit dem Lizenzvertrag eingeräumt hat. Denn dieses vertragliche Nutzungsrecht ist nach den Bestimmungen des zwischen der Klägerin und ihren Kunden geschlossenen Lizenzvertrages „nicht ab- tretbar“. Die Kunden der Klägerin konnten das Recht zur Vervielfältigung der Programme daher nicht wirksam auf die Beklagte übertragen; die Beklagte konnte dieses Recht folglich auch nicht auf ihre Kunden weiterübertragen (vgl. BGH, GRUR 2011, 418 Rn. 15 - UsedSoft I). Mit dem Begriff „Weiterverkauf der Lizenz“ ist vielmehr gemeint, dass die Nacherwerber mit dem Erwerb der „er- schöpften“ Programmkopie unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG das gesetzliche Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Computerprogramms erlangen.
44
bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin setzt ein Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie nach der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union aber nicht voraus, dass die Beklagte ihren Kunden einen Datenträger mit einer „erschöpften“ Kopie des Computerprogramms übergibt. Vielmehr liegt ein solcher Weiterverkauf auch dann vor, wenn der Kunde die ihm von der Beklagten verkaufte Kopie des Computerprogramms von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers auf seinen Computer herunterlädt (D. Ulmer/Hoppen, GRURPrax 2012, 569, 571; aA Hansen/Wolff-Rojczyk, GRUR 2012, 908, 910). Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Urheberrechts an den in Rede stehenden Computerprogrammen ist daher nicht bereits deshalb begründet, weil die Beklagte ihren Kunden keine Datenträger mit diesen Computerprogrammen übergibt.
45
Der Gerichtshof hat ausgeführt, für die Frage, ob es sich bei der mit dem Abschluss eines Lizenzvertrags einhergehende Übertragung einer Kopie eines Computerprogramms an einen Kunden durch den Urheberrechtsinhaber um ei- nen „Erstverkauf einer Programmkopie“ handele, spiele es keine Rolle, ob dem Kunden die Kopie des Computerprogramms vom Rechtsinhaber über das Herunterladen von dessen Internetseite oder über einen materiellen Datenträger wie eine CD-ROM oder DVD zur Verfügung gestellt werde (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 47 - UsedSoft/Oracle); beide Formen der Veräußerung eines Computerprogramms seien auch wirtschaftlich gesehen vergleichbar (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 61 - UsedSoft/Oracle). Er hat weiter ausgeführt, das Verbreitungsrecht des Urheberrechtsinhabers sei mit dem Erstverkauf einer körperlichen oder nichtkörperlichen Kopie seines Computerprogramms in der Union durch ihn oder mit seiner Zustimmung nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/ EG erschöpft; deshalb könne er dem Weiterverkauf dieser Kopie nicht mehr widersprechen ; der zweite und jeder weitere Erwerber dieser Kopie sei als im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG „rechtmäßiger Erwerber“ berechtigt , die ihm vom Vorerwerber verkaufte Kopie auf seinen Computer herunterzuladen (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 77, 80 und 81 - UsedSoft/Oracle).
46
Es kann daher auch für die Frage, ob die mit dem Abschluss eines Lizenzvertrags einhergehende Übertragung einer Kopie eines Computerprogramms an einen Nacherwerber durch einen Vorerwerber einen Weiterverkauf einer Programmkopie darstellt, keine Rolle spielen, ob dem Nacherwerber die Kopie des Computerprogramms über einen materiellen Datenträger wie eine CD-ROM oder DVD oder über das Herunterladen von der Internetseite des Rechtsinhabers zur Verfügung gestellt wird.
47
II. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV verlangen , dass die Beklagte es unterlässt, das Zeichen „ORACLE“ im geschäftlichen Verkehr mit Software zu benutzen, kann danach gleichfalls keinen Bestand haben.
48
1. Die Beklagte hat allerdings das mit den Wortmarken der Klägerin iden- tische Zeichen „ORACLE“ ohne deren Zustimmung in der Werbung zur Be- zeichnung von Computersoftware und damit für Waren benutzt, die mit denen identisch sind, für die die Wortmarken der Klägerin eingetragen sind (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a GMV).
49
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf den Erschöpfungseinwand nach § 24 Abs. 1 MarkenG bzw. Art. 13 GMV berufen. Danach hat der Inhaber einer Marke nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm im Inland bzw. in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Beklagte könne sich hierauf nicht berufen, weil sie ihren Kunden tatsächlich keine Lizenzrechte, sondern ein rechtliches Nullum verkaufe, bezüglich dessen eine markenrechtliche Erschöpfung nicht eintreten könne.
50
Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung nicht stand. Die bislang getroffenen Feststellungen rechtfertigen - wie ausgeführt (vgl. Rn. 28 ff.) - nicht die Annahme, die Kunden der Beklagten hätten mit dem Erwerb von Programmkopien nicht das Recht zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Computerpro- gramme erlangt. Die markenrechtliche Erschöpfung knüpft zwar - wie die Klägerin mit Recht geltend macht - an den Vertrieb eines körperlichen Gegenstands an. Soweit sich das Verbreitungsrecht des Urhebers auf nichtkörperliche Kopien von Computerprogrammen erstrecken und hinsichtlich solcher Kopien erschöpfen kann, kann jedoch in entsprechender Anwendung von § 24 Abs. 1 MarkenG auch das Recht des Markeninhabers erschöpft sein, seine Marke für solche Produkte zu benutzen.
51
3. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG oder des Art. 12 Buchst. b GMV berufen. Danach ist die Benutzung der Marke als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften der angebotenen Produkte zulässig, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt (§ 23 Nr. 2 MarkenG) oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht (Art. 12 Buchst. b GMV). Das Berufungsgericht hat gemeint, die zuletzt genannte Voraussetzung liege nicht vor, weil die Beklagte mit ihrem Angebot auf eine Verletzung der urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Klägerin hinwirke.
52
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Für die Beurteilung, ob die Benutzung eines Zeichens gegen die guten Sitten verstößt oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht , ist es zwar nicht relevant, ob die Zeichenbenutzung im Zusammenhang mit einer Urheberrechtsverletzung steht (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 60 - Perlentaucher; Urteil vom 27. März 2013 - I ZR 100/11, GRUR 2013, 631 Rn. 37 = WRP 2013, 778 - AMARULA/Marulablu). Die Bestimmungen des § 23 Nr. 2 MarkenG und des Art. 12 Buchst. b GMV sind jedoch in Fällen nicht anwendbar, in denen ein Dritter die Marke - wie hier - für Waren benutzt, die unter dieser Marke vom Inhaber der Marke im Inland bzw. in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Die Bestimmungen des § 24 Abs. 1 MarkenG und des Art. 13 GMV stellen in ihrem Anwendungsbereich gegenüber den Vorschriften des § 23 Nr. 2 MarkenG und des Art. 12 Buchst. b GMV vorrangige Sonderregelungen dar (vgl. auch BGH, Urteil vom 14. April 2011 - I ZR 33/10, GRUR 2011, 1135 Rn. 28 = WRP 2011, 1602 - GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE).
53
III. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne von der Beklagten nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG Unterlassung der mit dem Antrag zu 3 angegriffenen Werbeaussagen verlangen. Dabei ist das Berufungsgericht zwar ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, die Beklagte erwecke mit den Werbeaussagen „Oracle Sonderaktion“, „Große Oracle Sonderaktion“, „Der rechtmäßige Verkauf wird durch ein Notartestat bestätigt“ und „Jetzt begehrte ORACLE-Lizenzen sichern“ bei ihren Kunden den Eindruck, sie übertrage ihnen mit den angebotenen Lizenzen wirksam die für eine Nutzung der Computerprogramme erforderlichen Nutzungsrechte. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dieser Eindruck sei unzutreffend, hält einer Nachprüfung jedoch nicht stand. Es kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, die Beklagte verschaffe ihren Kunden mit dem Weiterverkauf der Programmkopien nicht das Recht zur Nutzung der Computerprogramme.
54
D. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da noch weitere Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Parteien im Blick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag haben müssen. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
55
E. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
56
I. Da die Beklagte sich darauf beruft, dass die Vervielfältigung der Computerprogramme nach § 69d Abs. 1 UrhG nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf, trägt sie nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind (vgl. Stieper, ZUM 2012, 668, 670).
57
II. Hat der Inhaber des Urheberrechts (wie hier die Klägerin) dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms aus dem Internet auf einen Datenträger zugestimmt, sind - wie oben (Rn. 28 ff.) ausgeführt - der zweite oder jeder weitere Erwerber einer Lizenz zur Nutzung dieses Computerprogramms (wie die Kunden der Beklagten als Erwerber „gebrauchter“ Softwarelizenzen) im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG als rechtmäßige Erwerber einer Programmkopie (und im Sinne des § 69d Abs. 1 UrhG als zur Verwendung eines Vervielfältigungsstücks des Programms Berechtigte) anzusehen, die vom Vervielfältigungsrecht nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG (und nach § 69d Abs. 1 UrhG) Gebrauch machen dürfen, wenn das Recht zur Verbreitung der Programmkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft ist (dazu sogleich unter 1 bis 4) und der Weiterverkauf der Lizenz an den Erwerber mit dem Weiterverkauf der von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers heruntergeladenen Programmkopie verbunden ist (dazu bereits oben unter Rn. 41 ff.).
58
1. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers setzt in Fällen, in denen er - wie hier - dem Herunterladen der Kopie eines Computerprogramms zugestimmt hat, zunächst voraus, dass er seine Zustimmung gegen Zahlung eines Entgelts erteilt hat, das es ihm ermöglichen soll, ei- ne dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 72 - UsedSoft/Oracle).
59
Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Die Urheberrechtsinhaber hätten bislang nicht damit rechnen müs- sen, dass der Handel mit „gebrauchter“ Software in der Europäischen Union derart erleichtert werde, wie nunmehr durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union geschehen. Eine Berücksichtigung des Gebrauchtmarkts als zweitem Vertriebsweg führe zwangsläufig zu höheren Abgabepreisen des Herstellers gegenüber dem Ersterwerber. Sie habe nach ihren Lizenzverträgen jeweils nur nicht abtretbare Nutzungsrechte eingeräumt und daher ihre Lizenzgebühren jeweils ohne Berücksichtigung einer Weiterveräußerung der Software und deren Nutzung durch einen Zweiterwerber bemessen. Eine Preiserhöhung werde sie erst vornehmen können, wenn das vorliegende Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei und sie den Umfang der Einbußen durch den Gebrauchthandel endgültig abschätzen könne.
60
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Gerichtshof nicht darauf abgestellt , ob der Rechtsinhaber tatsächlich eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie seines Werkes entsprechende Vergütung erhalten hat; vielmehr reicht es nach den Vorgaben des Gerichtshofs aus, dass der Rechtsinhaber die Möglichkeit hatte, beim Erstverkauf der betreffenden Kopie eine angemessene Vergütung zu erzielen (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 62 und 63 - UsedSoft/Oracle). Die Klägerin hatte diese Möglichkeit, weil sie ihre Zustimmung zum Herunterladen der Kopie von der Zahlung eines Entgelts abhängig machen konnte. Dabei konnte sie die Höhe des Entgelts nach dem Umfang des eingeräumten Nutzungsrechts und insbesondere der vereinbarten Nutzungsdauer bemessen.
61
2. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts des Urheberrechtsinhabers setzt weiter voraus, dass er dem Erwerber ein Recht eingeräumt hat, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 72 - UsedSoft/Oracle). Nach den Feststellungen des Landgerichts räumt die Klägerin ihren Kunden entweder ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht (Perpetual License) gegen eine einmalige Zahlung oder - seltener - ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht (Fixed Term License) gegen wiederkehrende Zahlungen ein. Die Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Klägerin ihren Kunden an den hier in Rede stehenden Computerprogrammen unbefristete Nutzungsrechte eingeräumt hat.
62
3. Im Hinblick auf den untrennbaren Zusammenhang, der zwischen der Kopie auf der Internetseite des Urheberrechtsinhabers in der jeweils verbesserten und aktualisierten Version auf der einen und der entsprechenden Nutzungslizenz auf der anderen Seite besteht, erfasst die Erschöpfung des Verbreitungsrechts die Kopie des verbesserten und aktualisierten Computerprogramms; der neue Erwerber ist daher als im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG „rechtmäßiger Erwerber“ berechtigt, die Kopie des verbesserten und aktualisierten Computerprogramms von der Internetseite des Urheberrechtsinhabers herunterzuladen (EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 84 und 85 - UsedSoft/Oracle). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass diese Verbesserungen und Aktualisierungen des Computerprogramms von einem zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber abgeschlossenen Wartungsvertrag gedeckt sind (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 64 bis 68 - UsedSoft /Oracle). Soweit die Beklagte ihre Kunden veranlasst, verbesserte und aktualisierte Fassungen der Computerprogramme von der Internetseite der Klägerin herunterzuladen, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass diese Voraussetzung erfüllt ist.
63
4. Der Ersterwerber, der eine körperliche oder nichtkörperliche Programmkopie weiterverkauft, an der das Recht des Urheberrechtsinhabers auf Verbreitung nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG erschöpft ist, muss zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs seine eigene Kopie unbrauchbar machen. Die Erschöpfung des Verbreitungsrechts berechtigt ihn daher nicht dazu, die von ihm erworbene Lizenz, falls sie für eine seinen Bedarf übersteigende Zahl von Nutzern gilt, aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des betreffenden Computerprogramms nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen und die auf seinem Server installierte Kopie weiter zu nutzen. Außerdem ist der Erwerber solcher abgespaltenen Nutzungsrechte nicht berechtigt, den Kreis der Nutzer einer bereits auf seinem Server installierten Kopie im Blick auf den Erwerb dieser zusätzlichen Nutzungsrechte auszuweiten. Die Wirkung der Erschöpfung des Verbreitungsrechts der beim Ersterwerber installierten Kopie erstreckt sich nicht auf die beim Nacherwerber bereits installierte Kopie (vgl. EuGH, GRUR 2012, 904 Rn. 69 bis 71 und 86 - UsedSoft/Oracle). Daraus folgt zweierlei:
64
a) Zum einen kann sich der Nacherwerber einer Kopie des Computerprogramms nur dann mit Erfolg auf eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber seine Kopie unbrauchbar gemacht hat (vgl. Stieper, ZUM 2012, 668, 670). Es ist deshalb Sache der Beklagten , darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass die Kunden der Klägerin ihre Kopien der von der Beklagten weiterverkauften Computerprogramme unbrauchbar machen. Die Erfüllung dieser Voraussetzung ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Beklagte ihren Kunden ein Notartestat übergibt, aus dem sich lediglich ergibt, dass dem Notar eine Erklärung des ursprünglichen Lizenznehmers vorgelegen hat, wonach er rechtmäßiger Inhaber der Lizenzen gewesen sei, diese nicht mehr benutze und den Kaufpreis vollständig bezahlt habe.
65
b) Zum anderen verletzen die Kunden der Beklagten, die bereits über eine auf ihrem Server installierte Kopie des Computerprogramms verfügen und abgespaltene Lizenzen für zusätzliche Nutzer hinzukaufen, das Urheberrecht an diesem Computerprogramm, wenn sie die Software im Blick auf den Erwerb dieser zusätzlichen Lizenzen in den Arbeitsspeicher der Arbeitsplatzrechner weiterer Anwender laden und damit vervielfältigen. Nach den Feststellungen des Landgerichts kommt es nach dem Geschäftsmodell der Beklagten zu einer Zunahme der Vervielfältigungsstücke des Werkes, da eine Vervielfältigung auf dem Server des Ersterwerbers erhalten bleibt und eine neue Vervielfältigung auf dem Server des Zweiterwerbers erstellt wird. Es ist Sache der Beklagten, darzulegen und erforderlichenfalls nachzuweisen, dass es bei den hier in Rede stehenden Computerprogrammen nicht zu solchen Vervielfältigungen kommt.
66
III. Die Bestimmung des § 69d Abs. 1 UrhG setzt schließlich ebenso wie Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG voraus, dass keine besonderen (§ 69d Abs. 1 UrhG) oder spezifischen (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG) vertraglichen Bestimmungen vorliegen (dazu 1) und die Vervielfältigung des Computerprogramms für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms notwendig ist (dazu 2).
67
1. Das dem Nacherwerber der „erschöpften“ Kopie eines Computerprogramms durch Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2000/24/EG und § 69d Abs. 1 UrhG vermittelte Recht zu dessen bestimmungsgemäßer Benutzung kann - wie oben (Rn. 30 ff.) ausgeführt - nicht durch spezifische (Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2009/24/EG) oder besondere (§ 69d Abs. 1 UrhG) vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen werden, die dieses Recht dem Ersterwerber vorbehalten.
68
2. Auch der Nacherwerber, der sein Nutzungsrecht aus § 69d Abs. 1 UrhG herleitet und nicht über ein vertragliches, vom Rechtsinhaber herrührendes Nutzungsrecht verfügt (vgl. oben Rn. 42 f.), ist nur zu Handlungen berechtigt , die für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms notwendig sind. Was die bestimmungsgemäße Nutzung des Computerprograms ist, ergibt sich aus dem zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber geschlossenen Lizenzvertrag (vgl. Loewenheim in Schricker/Loewenheim aaO § 69d UrhG Rn. 7 mwN). Die Klägerin macht daher mit Recht geltend , dass die ernstliche Gefahr einer Verletzung des Urheberrechts an Computerprogrammen besteht, wenn einem Nacherwerber nicht das Original oder eine Kopie des zwischen dem Urheberrechtsinhaber und dem Ersterwerber getroffenen Lizenzvertrages überreicht wird, dem sich der Umfang der Nutzungsrechte entnehmen lässt. Die Beklagte trägt deshalb die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihren Kunden die zur Feststellung der bestimmungsgemäßen Nutzung erforderlichen Informationen in geeigneter Weise erteilt werden.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.03.2007 - 7 O 7061/06 -
OLG München, Entscheidung vom 03.07.2008 - 6 U 2759/07 -

(1) Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

17
(2) Da der Schuldspruch wegen unerlaubter Verwertung danach schon mit Blick auf die veräußerten DVDs keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , kann der Senat offen lassen, ob der Tatbestand der unerlaubten Verwertung im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG in den Tatvarianten des Verbreitens bzw. des Vervielfältigens durch den Haupttäter Ca. auch in den Fällenerfüllt ist, in denen den – getäuschten – Kunden lediglich ein Produktschlüssel übersandt wurde, der es diesen ermöglichte, die betreffende Software aus dem Internet herunterzuladen, ohne dass ein anschließender Download festgestellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Kunde bei einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig erst durch den Download in das Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers ein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14, NJW 2015, 3576, 3578). Ob schon die – hier festgestellte – bloße Gestattung der Vervielfältigung durch Überlassen des Produktschlüssels für sich genommen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 1 UrhG erfüllt, ist danach zweifelhaft.

Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten:

1.
die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form. Soweit das Laden, Anzeigen, Ablaufen, Übertragen oder Speichern des Computerprogramms eine Vervielfältigung erfordert, bedürfen diese Handlungen der Zustimmung des Rechtsinhabers;
2.
die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt;
3.
jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so erschöpft sich das Verbreitungsrecht in bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts;
4.
die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung in der Weise, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Handelt der Täter in den Fällen der §§ 106 bis 108 gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich

1.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 ein Zeichen benutzt,
2.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten Marke auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
3.
entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 1 ein Zeichen anbringt oder entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 eine Aufmachung oder Verpackung oder ein Kennzeichnungsmittel anbietet, in den Verkehr bringt, besitzt, einführt oder ausführt, soweit Dritten die Benutzung des Zeichens
a)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 untersagt wäre oder
b)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 untersagt wäre und die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer bekannten Marke zu ermöglichen,
4.
entgegen § 15 Abs. 2 eine Bezeichnung oder ein Zeichen benutzt oder
5.
entgegen § 15 Abs. 3 eine Bezeichnung oder ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) (weggefallen)

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(5) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden. Soweit den in § 18 bezeichneten Ansprüchen auf Vernichtung im Verfahren nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung) stattgegeben wird, sind die Vorschriften über die Einziehung (§§ 74 bis 74f des Strafgesetzbuches) nicht anzuwenden.

(6) Wird auf Strafe erkannt, so ist, wenn der Verletzte es beantragt und ein berechtigtes Interesse daran dartut, anzuordnen, daß die Verurteilung auf Verlangen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.

(7) (weggefallen)

17
(2) Da der Schuldspruch wegen unerlaubter Verwertung danach schon mit Blick auf die veräußerten DVDs keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , kann der Senat offen lassen, ob der Tatbestand der unerlaubten Verwertung im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG in den Tatvarianten des Verbreitens bzw. des Vervielfältigens durch den Haupttäter Ca. auch in den Fällenerfüllt ist, in denen den – getäuschten – Kunden lediglich ein Produktschlüssel übersandt wurde, der es diesen ermöglichte, die betreffende Software aus dem Internet herunterzuladen, ohne dass ein anschließender Download festgestellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Kunde bei einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig erst durch den Download in das Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers ein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14, NJW 2015, 3576, 3578). Ob schon die – hier festgestellte – bloße Gestattung der Vervielfältigung durch Überlassen des Produktschlüssels für sich genommen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 1 UrhG erfüllt, ist danach zweifelhaft.

Das Revisionsgericht hat auch dann nach § 354 zu verfahren, wenn es das Urteil aufhebt, weil zur Zeit der Entscheidung des Revisionsgerichts ein anderes Gesetz gilt als zur Zeit des Erlasses der angefochtenen Entscheidung.

(1) Wer

1.
Geschäfte betreibt, die nach § 3, auch in Verbindung mit § 53b Abs. 3 Satz 1 oder 2, verboten sind, oder
2.
ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1) eine Clearingdienstleistung erbringt.

(1b) Ebenso wird bestraft, wer ohne die erforderliche Zulassung nach Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 eine Zentralverwahrertätigkeit ausübt.

(1c) Ebenso wird bestraft, wer ohne Zulassung nach Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/1503 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2020 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 und der Richtlinie (EU) 2019/1937 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) eine Schwarmfinanzierungsdienstleistung erbringt.

(2) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 301/17
vom
2. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2017:021117U3STR301.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. November 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 3. März 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das gilt insbesondere für den Strafausspruch. Insoweit stellt es entgegen der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung keinen auf die Sachrüge zu beachtenden Darlegungsmangel dar, dass die Strafkammer nicht erörtert hat, ob die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe (§ 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorlagen.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Mitangeklagte V. spätabends einen Lieferfahrer der von seinem Vater betriebenen Pizzeria dazu, eine telefonisch bestellte Pizza zu einem abgelegenen Parkplatz zu bringen, um ihn dort zu überfallen. Nachdem der Lieferfahrer in Begleitung eines weiteren Mitarbeiters der Pizzeria an dem Parkplatz eingetroffen war, bedrohte der Angeklagte aufgrund eines zwischenzeitlich gemeinsam mit V. gefassten Tatentschlusses den Lieferfahrer und dessen Kollegen mit einem Messer, so dass es V. gelang, ihnen das mitgeführte Bargeld wegzunehmen.
4
Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer sowohl dem Angeklagten als auch dem Mitangeklagten deren umfassende Geständnisse zugute gehalten. Zugunsten des Angeklagten hat sie darüber hinaus "insbesondere auch berücksichtigt, dass er sich bereits frühzeitig im Ermittlungsverfahren zu der Tat bekannt und umfassende Angaben gemacht" habe.
5
2. Diese Strafzumessungserwägung erforderte keine Prüfung der Voraussetzungen des § 46b StGB.
6
a) Die Strafmilderungsmöglichkeit gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB kommt in Betracht, wenn der Täter wesentlich zur Aufklärung beigetragen hat, wobei sich sein Aufklärungsbeitrag in Fällen, in denen er - wie hier - an der Tat beteiligt war, über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken muss (§ 46b Abs. 1 Satz 3 StGB). Wesentliche Aufklärungshilfe liegt vor, wenn die Tat ohne den Aufklärungsbeitrag nicht oder nicht im gegebenen Umfang aufgeklärt worden wäre, die Aussage des Täters jedenfalls aber eine sicherere Grundlage für die Aburteilung des Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2016 - 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5).
7
b) Den Urteilsgründen lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Angeklagte einen wesentlichen Beitrag zur Überführung des Mitangeklagten geleistet haben könnte. Allein der Umstand, dass er bereits im Ermittlungsverfahren "umfassende Angaben" gemacht hat, ist insoweit nicht aussagekräftig. Außerdem wurde der Mitangeklagte bereits am Tag nach der Tat, der Angeklagte hingegen erst einen Tag später festgenommen.
8
In Anbetracht dessen bestand sachlichrechtlich kein Anlass, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46b StGB zu prüfen. Eine Aufklärungsrüge ist nicht erhoben worden.
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 26/16
vom
15. März 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Mordes u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:150316B5STR26.16.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2016 beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 25. September 2015 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen im Maßregelausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, mit Ausnahme der Auslagen der Nebenkläger auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die den Nebenklägern durch seine Revision jeweils entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit (schwerem) Raub mit Todesfolge zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und ihre Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die auf Sachbeanstandungen gestützten Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des Maßregelausspruchs. Im Übrigen sind sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Anordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält wegen jeweils unzureichend begründeter hinreichend konkreter Erfolgsaussicht revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts besteht bei dem Angeklagten G. schon seit Jahrzehnten eine schwere Abhängigkeitserkrankung infolge multiplen Substanzgebrauchs, insbesondere seit Ende der 1980er Jahre wegen des Konsums von Heroin. Zahlreiche Entgiftungsbehandlungen und Therapieversuche sowie eine regulär beendete Drogentherapie erwiesen sich als im Ergebnis erfolglos. Die bei ihm seit mehreren Jahren durchgeführte Substitutionsbehandlung ging mit regelmäßigem Beikonsum unterschiedlicher Betäubungsmittel einher. Zudem besteht bei dem Angeklagten eine Persönlichkeitsstörung mit erheblichen dissozialen Anteilen.
4
Der Angeklagte K. ist seit mehr als zehn Jahren drogenabhängig und konsumierte zuletzt – seit mehreren Jahren neben einer Substitutionsbehandlung und neben der Einnahme eines neuroleptischen Medikaments zur Behandlung eines Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndroms – überwiegend Amphetamin, Kokain und Heroin. Eine vom Angeklagten abgebrochene stationäre Drogentherapie und zahlreiche Entgiftungs- und Interventionsbehandlungen blieben in der Vergangenheit letztlich ohne Erfolg.
5
Angesichts dieser ungünstigen Umstände hätten die für eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht sprechenden Gesichtspunkte einer eingehenderen Darlegung und Abwägung bedurft (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 2014 – 5 StR 454/14, und vom 1. März 2016 – 5 StR 7/16). Dem genügt das angefochtene Urteil nicht, wenn es hinsichtlich des Angeklagten G. lediglich auf dessen Therapiemotivation und die eigeninitiativ in der Untersuchungshaft – bei fortbestehendem Beikonsum – begonnene Substitutsreduktion und betreffend den Angeklagten K. allein auf die von diesem in der Vergangenheit gezeigten „Ressourcen“ für eine gewinnbringende Therapieteil- nahme verweist.
6
Hinzu kommt, dass auch deswegen nicht beurteilt werden kann, ob überhaupt eine tragfähige Basis für eine konkrete Erfolgsaussicht der Therapie im Maßregelvollzug besteht, weil bei beiden Angeklagten Feststellungen zur voraussichtlichen Therapiedauer fehlen (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2015 – 5StR 79/15). Die Maßregelfrage bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
7
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten sind unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
8
a) Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat zur Revision des Angeklagten G. :
9
Das Landgericht hat betreffend diesen Angeklagten eine mögliche Strafrahmenmilderung nach § 46b StGB nicht ausdrücklich erwogen, obwohl nach den Urteilsfeststellungen hierzu Anlass bestand. Denn dieser Angeklagte hat im Rahmen seiner zweiten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung Angaben zur Beteiligung des Mittäters K. und zu dessen Tatbeiträgen gemacht. Der Senat kann jedoch dem den Gang der Ermittlungen und die übrigen Beweiserkenntnisse umfassend schildernden Urteil hinreichend sicher entnehmen, dass jedenfalls keine wesentliche Aufklärungshilfe (§ 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB) vorliegt.
10
Bei der Wesentlichkeit der Aufklärungshilfe handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegt (vgl. Schäfer/Sander/ van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1044). Sie ist zu bejahen , wenn die Tat ohne den Aufklärungsbeitrag nicht oder nicht im gegebenen Umfang aufgeklärt worden wäre, die Aussage des Täters jedenfalls aber eine sicherere Grundlage für die Aburteilung des Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. zu § 31 BtMG; BGH, Beschluss vom 22. August 1995 – 4 StR 422/95, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 27 mwN; siehe auch MüKo-StGB/Maier, 2. Aufl., § 46b Rn. 61; BeckOKStGB /von Heintschel-Heinegg, 29. Edition, § 46b Rn. 14).
11
Gemessen an diesem rechtlichen Maßstab war die vom Angeklagten G. geleistete Aufklärungshilfe nicht wesentlich. Denn für die Täterschaft des Mitangeklagten K. lagen bereits tragfähige Beweiserkenntnisse vor, deren Überzeugungskraft nicht von einer Bestätigung durch den Angeklagten G. abhing. Nach den Feststellungen des Landgerichts geriet zunächst der mit dem Opfer seit Jahren bekannte Angeklagte K. in den Blick der Ermittlungsbehörden und wurde festgenommen, nachdem das auf Videoaufnahmen einer Überwachungskamera identifizierte Tatfahrzeug vor seiner Wohnung entdeckt worden war (UA S. 17). Er brüstete sich kurze Zeit später in der Untersuchungshaftanstalt gegenüber einem Mitgefangenen unter Offenbarung von Täterwissen, was dieser der Staatsanwaltschaft mitteilte (UA S. 18). Auch hatte der Angeklagte K. im Vorfeld der Tat versucht, zwei Zeugen für den Überfall als Mittäter anzuwerben (UA S. 8).
12
Dass durch die Angaben des Angeklagten G. einzelne Verletzungshandlungen dem Angeklagten K. zugeordnet werden konnten, bedeutet im Vergleich dazu keinen wesentlichen Aufklärungsbeitrag mehr. Denn diese standen aufgrund objektiver Umstände ohnehin fest und waren dem Angeklagten K. nach den übrigen Beweiserkenntnissen jedenfalls im Wege mittäterschaftlicher Zurechnung (§ 25 Abs. 2 StGB) anzulasten. Darüber hinaus hatte der Angeklagte K. einer Zeugin eigenhändige Misshandlungen des Opfers eingestanden (UA S. 28 Mitte). Zudem ist durch Profilabdrücke seiner Stiefel erwiesen, dass er mindestens drei kraftvolle Fußtritte gegen das Opfer vollführt hat, nämlich die Tritte, die diesem den Oberschenkelknochen und den Oberarmschaft brachen, sowie ein Tritt gegen den Kopf (UA S. 26 f.).
13
b) Es beschwert die Angeklagten nicht, dass das Landgericht das Mordmerkmal der Grausamkeit nicht in den Blick genommen und nicht erkennbar geprüft hat, ob sich aus der Tat eine besondere Schwere der Schuld (§ 57a Abs. 1 Nr. 2 StGB) ergibt.
Sander Schneider Dölp
König Feilcke

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich

1.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 ein Zeichen benutzt,
2.
entgegen § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten Marke auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
3.
entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 1 ein Zeichen anbringt oder entgegen § 14 Abs. 4 Nr. 2 oder 3 eine Aufmachung oder Verpackung oder ein Kennzeichnungsmittel anbietet, in den Verkehr bringt, besitzt, einführt oder ausführt, soweit Dritten die Benutzung des Zeichens
a)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder 2 untersagt wäre oder
b)
nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 untersagt wäre und die Handlung in der Absicht vorgenommen wird, die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer bekannten Marke zu ermöglichen,
4.
entgegen § 15 Abs. 2 eine Bezeichnung oder ein Zeichen benutzt oder
5.
entgegen § 15 Abs. 3 eine Bezeichnung oder ein Zeichen in der Absicht benutzt, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung einer bekannten geschäftlichen Bezeichnung auszunutzen oder zu beeinträchtigen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1a) (weggefallen)

(2) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 wird die Tat nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(5) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden. Soweit den in § 18 bezeichneten Ansprüchen auf Vernichtung im Verfahren nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Entschädigung des Verletzten (§§ 403 bis 406c der Strafprozeßordnung) stattgegeben wird, sind die Vorschriften über die Einziehung (§§ 74 bis 74f des Strafgesetzbuches) nicht anzuwenden.

(6) Wird auf Strafe erkannt, so ist, wenn der Verletzte es beantragt und ein berechtigtes Interesse daran dartut, anzuordnen, daß die Verurteilung auf Verlangen öffentlich bekanntgemacht wird. Die Art der Bekanntmachung ist im Urteil zu bestimmen.

(7) (weggefallen)

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Handelt der Täter in den Fällen der §§ 106 bis 108 gewerbsmäßig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 269/18
vom
8. November 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:081118U4STR269.18.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 8. November 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger des Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 7. November 2017
a) in den Gesamtstrafenaussprüchen gegen die Angeklagten R. und T. und
b) im Strafausspruch gegen den Angeklagten B.
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen schweren Raubes unter Auflösung einer Gesamtstrafe und Einbeziehung der Strafen aus drei Vorverurteilungen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten B. hat es wegen schweren Raubes die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Den Angeklagten T. hat es des schweren Raubes und des Wohnungseinbruchdiebstahls schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der Strafe aus einer anderweitigen Verurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Schließlich hat es gegen alle Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, beanstandet die Staatsanwaltschaft die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. sowie den von der Strafkammer bei der Bemessung der Freiheitsstrafe gegen den Angeklagten B. vorgenommenen Härteausgleich.
2
Die Revisionen haben Erfolg.

I.


3
1. Nach den Feststellungen begingen die drei Angeklagten am 20. August 2014 gemeinschaftlich einen schweren Raub. Der Angeklagte T. verübte des Weiteren am 12. Mai 2016 einen Wohnungseinbruchdiebstahl. Nach dem 20. August 2014 traten sämtliche Angeklagten mehrfach mit weiteren Verurteilungen strafrechtlich in Erscheinung.
4
a) Gegen den Angeklagten R. verhängte das Amtsgericht Hagen am 29. Juni 2015 wegen Diebstahls, versuchten Diebstahls und Körperverletzung die Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung es für drei Jahre zur Bewährung aussetzte. Wegen eines am 21. August 2014 begangenen Diebstahls wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Arnsberg am 10. September 2015 zu der Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt, die er durch Ratenzahlung teilweise bezahlte. Schließlich erkannte das Amtsgericht Dortmund mit Strafbefehl vom 10. April 2017 wegen eines weiteren am 16. Dezember 2016 verübten Diebstahls auf die Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Die Vollstreckung dieser Geldstrafe ist bislang zurückgestellt.
5
b) Den Angeklagten B. verurteilte das Amtsgericht Arnsberg am 8. September 2014 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. Nach dem Widerruf der Vollstreckungsaussetzung verbüßte der Angeklagte einen Teil der Strafe vom 26. September 2017 bis 2. November 2017. Die Reststrafe wurde im Zuge der jährlichen Weihnachtsamnestie erlassen. Am 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 erkannte das Amtsgericht Arnsberg gegen den Angeklagten wegen Körperverletzung bzw. unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Nötigung jeweils auf Geldstrafen zu 60 Tagessätzen, die durch Vollstreckung der jeweiligen Ersatzfreiheitsstrafen erledigt sind.
6
c) Gegen den Angeklagten T. verhängte das Amtsgericht Arnsberg mit Strafbefehl vom 9. Oktober 2014 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen die Freiheitsstrafe von drei Monaten und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus. Nach dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung wurde die Vollstreckung nach § 35 BtMG zurückgestellt. Schließlich verurteilte das Amts- gericht Arnsberg den Angeklagten am 30. November 2015 wegen Sachbeschädigung zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen, die durch Ratenzahlung erledigt ist.
7
2. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten R. wegen der Raubtat am 20. August 2014 eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und unter Einbeziehung der Einzelstrafen von vier Monaten und zweimal drei Monaten aus der Entscheidung des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015, der Geldstrafe von 60 Tagessätzen aus der Entscheidung des Amtsgerichts Arnsberg vom 10. September 2015 und der Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gebildet.
8
Gegen den Angeklagten B. hat es auf die Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erkannt, wobei es für die infolge Erledigung nicht mehr mögliche Einbeziehung der drei Strafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Arnsberg vom 8. September 2014, 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 in eine nachträgliche Gesamtstrafe einen Härteausgleich von drei Monaten vorgenommen hat.
9
Schließlich hat die Strafkammer gegen den Angeklagten T. Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und neun Monaten für die Raubtat am 20. August 2014 und acht Monaten für den Wohnungseinbruchdiebstahl am 12. Mai 2016 verhängt und aus diesen Einzelstrafen und der Freiheitsstrafe von drei Monaten aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Arnsberg vom 9. Oktober 2014 die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gebildet. Für die durch Bezahlung erledigte Geldstrafe von 40 Tagessätzen aus dem Erkenntnis des Amtsge- richts Arnsberg vom 30. November 2015 hat es bei der Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe einen Härteausgleich von einem Monat gewährt.

II.


10
Die die Angeklagten R. und T. betreffenden Revisionen sind wirksam auf die jeweiligen Gesamtstrafenaussprüche beschränkt.
11
Das Rechtsmittel bezüglich des Angeklagten B. richtet sich gegen den Strafausspruch. Zwar hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift auch die Revision hinsichtlich des Angeklagten B. ausdrücklich auf den Gesamtstrafenausspruch beschränkt. Die Bedeutung dieser Erklärung ist aber bereits deshalb unklar, weil das Landgericht gegen diesen Angeklagten nicht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hat. Sie ist zudem nicht mit den weiteren Ausführungen in der Antragsschrift in Einklang zu bringen, mit denen sich der Generalbundesanwalt gegen den von der Strafkammer vorgenommenen Härteausgleich bei der Bemessung der für die Raubtat verhängten Freiheitsstrafe wendet. Auch die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründung unter anderem die fehlende Nachvollziehbarkeit des gewährten Härteausgleichs beanstandet. Die bei sich widersprechenden Ausführungen zum Angriffsziel zur Bestimmung der Reichweite des Revisionsangriffs gebotene Auslegung der Rechtsmittelerklärungen (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR528/13, NJW 2014, 871; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 9 f. mwN) ergibt, dass sich die den Angeklagten B. betreffende Revision der Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch richtet. Diese Beschränkung ist wirksam.

III.


12
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft haben in vollem Umfang Erfolg. Sowohl die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. als auch der Härteausgleich bei der den Angeklagten B. betreffenden Strafzumessung begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13
1. Nach der Vorschrift des § 55 StGB ist unter Anwendung der §§ 53 und 54 StGB nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden, wenn ein bereits rechtskräftig Verurteilter vor Erledigung der gegen ihn erkannten Strafe wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Diese Regelung soll ihrem Grundgedanken nach sicherstellen, dass Taten, die bei gemeinsamer Aburteilung nach den §§ 53, 54 StGB behandelt worden wären, auch bei getrennter Aburteilung dieselbe Behandlung erfahren, sodass der Täter im Ergebnis weder besser noch schlechter gestellt ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 1954 – 3 StR 189/54, BGHSt 7, 180, 181; Beschlüsse vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; vom 9. November 2010 – 4 StR 441/10, StV 2011, 158; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 2). Hierbei kommt es maßgeblich allein auf die materielle Rechtslage und nicht auf die verfahrensrechtliche Situation an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, aaO; vom 22. Februar 2012 – 4 StR 22/12, wistra 2012, 221). Folgen der Beendigung der neu abgeurteilten Tat mehrere Verurteilungen des Täters nach, ist bei der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe von der frühesten nicht erledigten Verurteilung auszugehen. Dieser Verurteilung kommt regelmäßig – von hier nicht vorliegenden Ausnahmekonstellationen abgesehen – eine Zäsurwirkung zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. November 2003 – 2 StR 394/03, NStZ-RR 2004, 137; vom 28. Juli 2006 – 2 StR 215/06, NStZ 2007, 28; vom 11. April 2018 – 4 StR 53/18 Rn. 4; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rn. 11 mwN).
14
2. Nach diesen Grundsätzen können die Gesamtstrafenaussprüche gegen die Angeklagten R. und T. nicht bestehen bleiben.
15
a) Hinsichtlich des Angeklagten R. hat das Landgericht neben der Freiheitsstrafe für die am 20. August 2014 begangene Raubtat zu Recht die (Einzel-)Strafen aus den Entscheidungen des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 und des Amtsgerichts Arnsberg vom 10. September 2015 zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe herangezogen, weil sämtliche Taten vor dem noch nicht erledigten Erkenntnis des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 beendet wurden. Dagegen besteht hinsichtlich der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 – wie die Strafkammer ausweislich der Urteilsgründe selbst erkannt hat – keine Gesamtstrafenlage. Denn die dort abgeurteilte Tat wurde erst am 16. Dezember 2016 und damit nach der zäsurbildenden Entscheidung des Amtsgerichts Hagen vom 29. Juni 2015 begangen. Die Geldstrafe von 80 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 10. April 2017 hätte daher bestehen bleiben müssen. Dies hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge, die, da der Angeklagte durch die Einbeziehung der Geldstrafe in eine Gesamtfreiheitsstrafe beschwert ist, auch zugunsten des Angeklagten wirkt.
16
b) Bei dem Angeklagten T. hat die Strafkammer übersehen, dass der Wohnungseinbruchdiebstahl am 12. Mai 2016 zeitlich nach der noch nicht erledigten Verurteilung durch das Amtsgericht Arnsberg vom 9. Oktober 2014 erfolgte. Sie hätte daher die für den Wohnungseinbruchdiebstahl verhängte Freiheitsstrafe von acht Monaten nicht in die gebildete Gesamtfreiheitsstrafe einbeziehen dürfen. Ferner war – selbst für den Fall, dass die Verurteilungen durch das Amtsgericht Arnsberg vom 9. Oktober 2014 und 30. November 2015 untereinander gesamtstrafenfähig waren – kein Härteausgleich veranlasst, weil die Geldstrafe durch Zahlung erledigt worden ist (vgl. BGH, Urteile vom 5. November 2013 – 1 StR 387/13, StraFo 2014, 30; vom 15. September 2004 – 2 StR 242/04; vom 2. Mai 1990 – 3 StR 59/89, NStZ 1990, 436).
17
3. a) Bezüglich des Angeklagten B. hat das Landgericht zutreffend von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe abgesehen. Denn die drei der abgeurteilten Raubtat zeitlich nachfolgenden Verurteilungen durch das Amtsgericht Arnsberg sind sämtlich erledigt und entfalten daher keine Zäsurwirkung (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, aaO; Fischer, StGB, aaO Rn. 10 mwN). Auch der Erlass einer Strafe im Gnadenwege führt zur Erledigung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Dezember 2009 – StB 51/09, NStZ 2010, 445, 448; Rissing-van Saan in LK-StGB, aaO Rn. 23).
18
b) Die Erwägungen der Strafkammer zu dem für die unterbliebene Gesamtstrafenbildung zu gewährenden Härteausgleich halten indes einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
19
Scheitert eine nach § 55 Abs. 1 StGB an sich mögliche nachträgliche Gesamtstrafenbildung daran, dass die zunächst erkannte Strafe bereits vollstreckt , verjährt oder erlassen ist, so fordert eine darin liegende Härte einen angemessenen Ausgleich bei der Bemessung der neuen Strafe (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 29. Juli 1982 – 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; vom 23. Januar 1985 – 1 StR 645/84, BGHSt 33, 131, 132; vom 30. April 1997 – 1 StR 105/97, BGHSt 43, 79, 80). Bezugspunkt für den zu gewährenden Här- teausgleich ist die Gesamtstrafenbildung, wie sie ohne die eingetretene Erledigung der früheren Verurteilungen vorzunehmen gewesen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 17. August 2011 – 5 StR 301/11, StV 2012, 596). Für die Bemessung des Härteausgleichs ist der Tatrichter daher gehalten, sich Klarheit über die ohne Berücksichtigung der Erledigung an sich gegebene Gesamtstrafenlage zu verschaffen. Das Landgericht hat mit Blick auf sämtliche Strafen aus den drei Erkenntnissen des Amtsgerichts Arnsberg vom 8. September 2014, 7. April 2015 und 7. Dezember 2015 einen Härteausgleich von drei Monaten gewährt. Dies wäre im Ansatz nur zutreffend, wenn die drei Verurteilungen untereinander gesamtstrafenfähig gewesen sind, weil alle Taten vor dem 8. September 2014 beendet wurden. Ob dies der Fall ist, lässt sich auf der Grundlage der Urteilsgründe , welche sich zu den Tatzeiten der jeweils abgeurteilten Taten nicht verhalten , nicht abschließend beurteilen.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 387/13
vom
5. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. November
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Erster Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 22. März 2013 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten dadurch entstanden Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Die Angeklagte wurde wegen 34 Fällen des (gewerbsmäßig begangenen ) Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die höchste Einzelstrafe (Einsatzstrafe) beträgt ein Jahr und vier Monate Freiheitsstrafe, die niedrigste Einzelstrafe beträgt zwei Monate Freiheitsstrafe.
2
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die Höhe der Gesamtfreiheitsstrafe und die Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt.
3
Sie bleibt im Ergebnis erfolglos.
4
1. Die Angeklagte und ihre (hier als Gehilfin rechtskräftig abgeurteilte) Schwester waren Anteilseigner und Geschäftsführer einer GmbH. Seit 2007 hatte die GmbH mit einer Bank „einen Rahmenvertrag CB Factoring für den Mittelstand über den Ankauf von Forderungen - Factoring aus Warenlieferungen und Dienstleistungen -“ abgeschlossen. Die Geschäftsbeziehungen zwischen GmbH - Gesamtumsatz 2008 noch 4 Mio. € - und Bank entwickelten sich zunächst problemlos. Als die GmbH jedoch nachfolgend „infolge der Wirtschaftskrise in Schieflage geriet“, verschaffte sich die Angeklagte zwischen Februar und Juli 2009 durch in 34 Fällen erfolgte Vorlage von insgesamt 86 Rechnungen über fingierte, verrechnete, beglichene oder einredebehaftete Forderungen zwischen 105 € und mehr als 18.000 € „Luft“ und schädigte so die Bank um insgesamt rund 700.000 €. Auf die Idee zu diesen Taten war die Angeklagte zunächst durch ein näher beschriebenes Versehen der Bank gekommen. Unmittelbar nachdem die Taten entdeckt waren, erfolgten Ersatzleistungen wie z.B. durch die Abtretung von Forderungen der GmbH, eines Pkws, Lebensversicherungen, den - noch im Streit befindlichen - Ansprüchen gegen die Brandversicherung. Nachdem diese Bemühungen (ohne etwaige Ansprüche gegen die Brandversicherung) zwar zu einer Schadensverminderung von rund 300.000 €, aber nicht zur vollständigen Schadenswiedergutmachung geführt hatten, erstattete die Bank nach etwa einem Jahr Strafanzeige.
5
Die durch ihre Selbständigkeit erheblich verschuldete Angeklagte, die zuletzt in einem Büro tätig war, lebt seither von dem Verdienst ihres Ehemannes. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Landgericht stand die Geburt ihres zweiten Kindes unmittelbar bevor.
6
2. Das gegen die Gesamtstrafenbildung gerichtete Vorbringen der Staatsanwaltschaft beschränkt sich in seinem Kern letztlich auf die Darlegung, die aus den - nicht angefochtenen - Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe sei unangemessen niedrig, weil die Strafkammer einige - von ihr nicht übersehene - Strafzumessungsgesichtspunkte anders hätte gewichten müssen. Revisible Rechtsfehler zeigt die Staatsanwaltschaft, die letztlich eine eigene Wertung an die Stelle der tatrichterlichen Beurteilung setzt, damit jedoch nicht auf. Dies hat der Generalbundesanwalt, auch schon in seinem Terminsantrag, zutreffend näher dargelegt.
7
Ergänzend ist lediglich Folgendes zu bemerken:
8
a) Die Staatsanwaltschaft bemängelt, die Strafkammer habe nicht berücksichtigt , dass die Angeklagte die Bank nicht auf deren Versehen (vgl. oben 1.) hingewiesen, sondern stattdessen die abgeurteilten Taten begangen hat. Damit ist verkannt, dass der Umstand, dass ein Angeklagter straffällig geworden ist, statt sich gesetzestreu zu verhalten, Voraussetzung für seine Strafbarkeit , aber kein schulderhöhender Umstand ist (BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 532/10 mwN).
9
b) Die Staatsanwaltschaft meint, „man (käme) nicht umhin, vergleichbare Strafen“- damit dürfte wohl die Höhe sonst verhängter Strafen gemeint sein - „bei vergleichbar hohen Schäden und vergleichbar angewandter krimineller Energie heranzuziehen.“ Dies verkennt, dass für Vergleiche mit der Strafzumessung in anderen Urteilen bei Tatbeteiligten - etwa den Mitgliedern derselben Bande - regelmäßig kein Raum ist (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 1 StR 282/11, BGHSt 56, 262, 263). Für allgemeine Vergleiche mit nur gedachten Fällen gegen unbekannte Angeklagte wegen unbekannter Taten kann erst recht nichts anderes gelten.
10
3. Dennoch ist die Gesamtstrafenbildung nicht rechtsfehlerfrei.
11
a) Gegen die Angeklagte war am 4. April 2011 ein (rechtskräftig gewordener ) Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 15 € ergangen. Obwohl sie spätestens seit 10. Dezember 2009 gewusst hatte, dass die oben genannte GmbH zahlungsunfähig war, hatte sie erst am 5. März 2010 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Die Geldstrafe war zum Zeitpunkt des vorliegenden Urteils vollständig vollstreckt, eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung also nicht mehr möglich. Deshalb wurde der Angeklagten bei der Gesamtstrafenbildung ein sog. Härteausgleich zugebilligt.
12
b) Wäre die Geldstrafe noch nicht vollstreckt gewesen, so hätte die Strafkammer zwei Möglichkeiten gehabt:
13
(1) Sie hätte die Geldstrafe gesondert neben der hier verhängten Freiheitsstrafe bestehen lassen können (§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB).
14
Es bedarf keiner Darlegung, dass es keine Härte darstellt, dass diese Möglichkeit nicht mehr bestand.
15
(2) Andernfalls hätte die nachträgliche Einbeziehung der Geldstrafe in die Freiheitsstrafe diese erhöht, § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB und § 54 Abs. 1 Satz 2 StGB. Eine Freiheitsstrafe ist jedoch gegenüber einer Geldstrafe das schwerere Strafübel. Es ist regelmäßig keine Härte, wenn deshalb, weil eine Geldstrafe bereits vollstreckt ist, eine Freiheitsstrafe nicht erhöht wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. Mai 1990 - 3 StR 59/89). Anderes gilt nur dann, wenn die Geldstrafe durch Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wurde (BGH aaO; BGH, Beschluss vom 30. Januar 2001 - 4 StR 587/00; Rissing-van Saan in LK-StGB, 12. Aufl., § 55 Rn. 27 mwN). Dies ergibt sich hier aus den Feststellungen nicht.
16
4. Ergibt eine Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten einen diesen begünstigenden Rechtsfehler bei der Festsetzung der Strafhöhe, so entfällt auch eine Strafaussetzung zur Bewährung; ein neuer Tatrichter wäre nicht an das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) gebunden. Daher kann an sich auf sich beruhen, ob die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung hier auch für sich genommen die Angeklagte begünstigende Rechtsfehler aufweist. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat jedoch, dass die Staatsanwaltschaft derartige Rechtsfehler weder zu § 56 Abs. 2 StGB noch zu § 56 Abs. 3 StGB aufzeigt.
17
5. Gleichwohl (vgl. oben 3.) hat das Urteil hier gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO Bestand. Diese Bestimmung ist auch anwendbar, wenn eine Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten ihn begünstigende Rechtsfehler ergibt (BGH, Urteil vom 16. März 2006 - 4 StR 536/05, BGHSt 51, 18). Der Senat hält die hier ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung in Übereinstimmung auch mit dem Generalbundesanwalt unter Berücksichtigung der dargelegten Feststellungen zu Taten und Täter und aller sonst aus den Urteilsgründen ersichtlichen für die Rechtsfolgenentscheidung bedeutsamen Umstände trotz des aufgezeigten Fehlers (vgl.
oben 3.) für angemessen. Sonstige Gründe, die dies in Frage stellen könnten, sind weder geltend gemacht noch sonst erkennbar.
VRiBGH Dr. Raum ist we- Wahl Rothfuß gen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Wahl
Cirener Radtke

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 47/17
vom
26. April 2017
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
ECLI:DE:BGH:2017:260417U2STR47.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 26. April 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Zeng, Dr. Grube,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
der Angeklagte in Person,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 4. August 2016 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die dagegen gerichtete auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die beanstandet, das Landgericht habe zu Unrecht einen minder schweren Fall angenommen und die Strafe rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt, hat keinen Erfolg.

I.

2
Nach den Feststellungen überfiel der Angeklagte am 10. März 2015 kurz vor 20.00 Uhr aufgrund eines spontanen Entschlusses maskiert mit einer Sturmhaube unter Verwendung einer ungeladenen Soft-Air-Pistole eine ihm bis dahin unbekannte Tankstelle. Zum Zeitpunkt des Überfalls befanden sich eine Kassiererin und der Betreiber der Tankstelle in dem Verkaufsraum. Eingeschüchtert von der Drohung mit der von ihr für echt gehaltenen Scheinwaffe händigte die Kassiererin dem Angeklagten 200 bis 300 Euro "Wechselgeld" aus. Mehr Geld befand sich nicht in der Kasse, weil der Betreiber kurz zuvor die Tageseinnahmen in den Tresor verbracht hatte. Die Geschädigten haben keine psychischen Schäden davon getragen.

II.

3
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
4
1. Das Rechtsmittel ist wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
5
Die Beschwerdeführerin hat zwar einen unbeschränkten Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils gestellt. Jedoch hält sie das Urteil nur deshalb für fehlerhaft, weil das Landgericht den Angeklagten unter Anwendung des Strafrahmens des § 250 Abs. 3 StGB zu einer zu niedrigen Freiheitsstrafe verurteilt und diese rechtsfehlerhaft zur Bewährung ausgesetzt habe.
6
Widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung , ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel durch Auslegung zu ermitteln (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Juni 2014 - 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; zuletzt BGH, Urteil vom 22. Februar 2017 - 5 StR 545/16). Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung hat die Beschwerdeführerin deutlich zu erkennen gegeben, dass sie sich allein gegen den Strafausspruch wendet und mit ihrem Rechtsmittel nicht den Schuldspruch angreifen will.
7
2. Die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung gemäß § 250 Abs. 3 StGB hält rechtlicher Überprüfung stand.
8
a) Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich , wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 - 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine "Verletzung des Gesetzes" (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 - 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, Rn. 12, NStZ-RR 2016, 107, 108). Diese Maßstäbe gelten auch für die dem Tatrichter obliegende Prüfung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB vorliegt. Bei der dabei gebotenen Gesamtwürdigung obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, welches Gewicht er den einzelnen Milderungsgründen im Verhältnis zu den Erschwerungsgründen beimisst; seine Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar (vgl. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 2 StR 338/16).
9
b) Hieran gemessen hat die Annahme eines minder schweren Falls der schweren räuberischen Erpressung Bestand.
10
Weder fehlt es an der gebotenen Gesamtwürdigung der für die Wertung der Tat und des Täters wesentlichen Umstände, noch bestehen gegen die einzelnen vom Landgericht zugunsten des Angeklagten in seine Gesamtwürdigung eingestellten Gesichtspunkte durchgreifende rechtliche Bedenken. So hat es rechtsfehlerfrei zugunsten des Angeklagten bedacht, dass dieser sich geständig eingelassen, sich in der Hauptverhandlung bei den Geschädigten entschuldigt und seine Tat bereut hat, dass die Tat nicht langfristig geplant und die Beute mit maximal 300 Euro eher gering war.
11
Dagegen abgewogen hat die Strafkammer die strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten - Einstellungen, Weisungen und Auflagen nach dem JGG sowie eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" - sowie den Umstand, dass der Angeklagte die verfahrensgegenständliche Tat unter laufender Bewährung begangen habe. Relativiert werde das Gewicht der strafrechtlichen Vorbelastungen dadurch, dass es sich um nicht einschlägige, schon länger zurückliegende jugendtümliche Verfehlungen handele.
12
Hiergegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern. Der Senat besorgt nicht, dass das Landgericht aus dem Blick verloren haben könnte, dass sich der Angeklagte von dem Überfall eine höhere Beute erhofft hatte. Im Übrigen ist dem Generalbundesanwalt zwar zuzugeben, dass die Strafkammer die genauen Tatumstände der letzten Verurteilung durch das Amtsgericht Mühlhausen vom 3. Januar 2013 wegen "gemeinschaftlicher Brandstiftung" nicht mitteilt, so dass der Schluss auf jugendtümliche Verfehlungen nicht im Einzelnen belegt ist. Allerdings ergibt sich aus den Urteilsgründen, dass Tatzeit bereits der 4. Januar 2010 war und auf den damals 18 Jahre alten Angeklagten noch Jugendstrafrecht angewandt worden ist. Unter diesen Umständen schließt der Senat aus, dass sich das Versäumnis der Strafkammer durchgreifend zugunsten des Angeklagten ausgewirkt hat, zumal die zweijährige Bewährungszeit aus diesem jugendrichterlichen Urteil vom 3. Januar 2013 bei Tatbegehung in dieser Sache am 10. März 2015 - nach den allein maßgeblichen Feststellungen des angefochtenen Urteils - bereits abgelaufen war, so dass ihm nicht zur Last gelegt werden kann, er habe die Tat während laufender Bewährung begangen.
13
3. Das Urteil ist im Strafausspruch auch nicht gemäß § 301 StPO zu Gunsten des Angeklagten aufzuheben. Dass die Strafkammer - hätte sie ein Bewährungsversagen nicht angenommen - eine noch niedrigere Strafe verhängt hätte, schließt der Senat aus.
14
4. Die Bewährungsentscheidung lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
15
a) Auch die Bewährungsentscheidung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Gelangt dieses auf Grund der Besonderheiten des Falles zu der Überzeugung , dass die Strafaussetzung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der Tat nicht als unangebracht erscheint und nicht den allgemeinen vom Strafrecht geschützten Interessen zuwider läuft, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich auch dann hinzunehmen, wenn eine gegenteilige Würdigung möglich gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2016 - 1 StR 414/15, NStZ-RR 2016, 107, 108).
16
b) Das Landgericht hat dem Angeklagten, der über gefestigte soziale Beziehungen verfügt, eine günstige Sozialprognose gestellt und dabei besondere Umstände in der Tat und in seiner Persönlichkeit festgestellt. So ist der Angeklagte bemüht, den im Jahre 2010 durch seine Brandstiftung verursachten Schaden von über 50.000 Euro durch erhöhte Arbeitsanstrengungen wieder gutzumachen. Zudem setzt er sich intensiv mit der verfahrensgegenständlichen Straftat auseinander. Soweit die Revision beanstandet, die Strafkammer habe das Bewährungsversagen des Angeklagten unberücksichtigt gelassen, übersieht sie auch hier, dass die zweijährige Bewährungszeit aus dem jugendrichterlichen Urteil des Amtsgerichts Mühlhausen nach den für den Senat allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen bei Tatbegehung in dieser Sache bereits abgelaufen war. Ungeachtet eines möglicherweise noch ausstehenden Beschlusses über den Erlass der Strafe ist der Angeklagte damit kein "Bewährungsversager" (vgl. Senatsurteil vom 28. September 2011 - 2 StR 93/11; BGH, Beschluss vom 3. September 1991 - 4 StR 346/91). Appl Krehl Eschelbach Zeng Grube

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

17
(2) Da der Schuldspruch wegen unerlaubter Verwertung danach schon mit Blick auf die veräußerten DVDs keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , kann der Senat offen lassen, ob der Tatbestand der unerlaubten Verwertung im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG in den Tatvarianten des Verbreitens bzw. des Vervielfältigens durch den Haupttäter Ca. auch in den Fällenerfüllt ist, in denen den – getäuschten – Kunden lediglich ein Produktschlüssel übersandt wurde, der es diesen ermöglichte, die betreffende Software aus dem Internet herunterzuladen, ohne dass ein anschließender Download festgestellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Kunde bei einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig erst durch den Download in das Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers ein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14, NJW 2015, 3576, 3578). Ob schon die – hier festgestellte – bloße Gestattung der Vervielfältigung durch Überlassen des Produktschlüssels für sich genommen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 1 UrhG erfüllt, ist danach zweifelhaft.
6
2. Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Betrug in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung in zwei Fällen nicht; sie sind zum objektiven Tatbestand der Betrugstaten unzureichend. Es fehlen Angaben zu Art und Höhe des den Käufern der Kraftfahrzeuge entstandenen Schadens. Eine Schädigung der Käufer in Höhe des vollen von ihnen entrichteten Kaufpreises, auf den das Landgericht jeweils Bezug nimmt, setzte voraus, dass sie im Gegenzug kein Eigentum an den Kraftfahrzeugen erlangten. Dazu, insbesondere zu den Voraussetzungen des § 932 Abs. 2 BGB unter besonderer Berücksichtigung des Gutglaubenserwerbs von Kraftfahrzeugen bei Vorlage unechter Zulassungsbescheinigungen (BGH, Urteil vom 23. Mai 1966 - VIII ZR 60/64, BB 1966, 720 f.; OLG München, Urteil vom 26. Mai 2011 - 23 U 434/11, juris Rn. 20 ff.; MünchKommBGB/Oechsler, 5. Aufl., § 932 Rn. 56), legt das Landgericht nichts dar.
17
(2) Da der Schuldspruch wegen unerlaubter Verwertung danach schon mit Blick auf die veräußerten DVDs keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , kann der Senat offen lassen, ob der Tatbestand der unerlaubten Verwertung im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG in den Tatvarianten des Verbreitens bzw. des Vervielfältigens durch den Haupttäter Ca. auch in den Fällenerfüllt ist, in denen den – getäuschten – Kunden lediglich ein Produktschlüssel übersandt wurde, der es diesen ermöglichte, die betreffende Software aus dem Internet herunterzuladen, ohne dass ein anschließender Download festgestellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Kunde bei einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig erst durch den Download in das Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers ein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14, NJW 2015, 3576, 3578). Ob schon die – hier festgestellte – bloße Gestattung der Vervielfältigung durch Überlassen des Produktschlüssels für sich genommen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 1 UrhG erfüllt, ist danach zweifelhaft.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 331/16
vom
1. Dezember 2016
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:011216U3STR331.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 1. Dezember 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer, Gericke, Dr. Tiemann, Hoch als beisitzende Richter,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft und, soweit es diesen Angeklagten betrifft, auf die Revision des Angeklagten K. wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 14. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt:
2
- den Angeklagten K. unter Freispruch im Übrigen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 37 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und einem Monat,
3
- den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat,
4
- den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten,
5
- die Angeklagte B. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, jeweils in Tateinheit mit Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.
6
Zudem hat die Strafkammer die Unterbringung der Angeklagten B. in einer Entziehungsanstalt angeordnet, sichergestellte Betäubungsmittel und Substanzen sowie zwei Kraftfahrzeuge des Angeklagten K. eingezogen und betreffend die Angeklagten K. und S. Verfallsanordnungen getroffen.
7
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten aller Angeklagten und zu Gunsten der Angeklagten K. und B. eingelegten, auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Der Angeklagte K. erhebt eine Verfahrensbeanstandung sowie die näher ausgeführte Sachrüge.
8
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt - teilweise auch zu Gunsten der Angeklagten K. , S. und B. (§ 301 StPO) - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind; soweit der Angeklagte K. freigesprochen worden ist, hat die Staatsanwaltschaft dies von ihrem Revisionsangriff, der ausdrücklich nur die Verurteilungen der Angeklagten umfasst, ausgenommen. Die Revision des Angeklagten K. hat ebenfalls Erfolg, soweit er verurteilt worden ist.
9
A. Das Landgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - folgende Feststellungen getroffen:
10
Der vielfach vorbestrafte Angeklagte K. lernte nach seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung im Jahr 2011 in einem Tagesaufenthalt für Wohnungslose in A. die Mitangeklagten kennen; die Angeklagte B. wurde seine Lebensgefährtin. In der Zeit von Juli 2013 bis November 2013 verkaufte er an nicht mehr genau bestimmbaren Tagen in 37 Fällen an die erst 16 Jahre alte O. jeweils zwei Gramm Marihuana zum Preis von 10 € pro Gramm; das Landgericht hat nicht feststellen können, dass der Angeklagte das Alter seiner Abnehmerin kannte (Fälle fünf bis 41 der Urteilsgründe). Vom Vorwurf , im gleichen Zeitraum 13 weitere Verkäufe an O. getätigt zu haben, hat das Landgericht den Angeklagten K. freigesprochen, weil es sich von einer höheren Tatfrequenz nicht hat überzeugen können.
11
Ab Ende des Jahres 2013 bis April des Jahres 2015 verfügte der Angeklagte K. über erhebliche Geldsummen unklarer Herkunft und erwarb davon - obwohl er nicht über eine Fahrerlaubnis verfügte - unter anderem mehrere Kraftfahrzeuge. Spätestens Anfang des Jahres 2015 beschloss er, durch den Handel mit Marihuana in A. und Umgebung seinen Lebensstandard zu verbessern. Als Fahrer gewann er den Angeklagten H. , der ihn zu seinen Lieferanten fuhr, bei den eigentlichen Betäubungsmittelgeschäften indes nicht zugegen war. Um die angekauften Betäubungsmittel nicht allein vermarkten zu müssen, vereinbarte der Angeklagte K. mit dem Angeklagten S. , dass dieser wöchentlich 50 Gramm Marihuana aus seinem Bestand abnehme. Dazu befüllte der Angeklagte K. ein Betäubungsmittelversteck , auf das der Angeklagte S. zugreifen konnte. S. hatte pro Gramm 7,50 € zu zahlen, konsumierte 25 Gramm selbst und verkaufte den Rest weiter, um seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Angeklagten K. erfüllen zu können. Der Angeklagten B. , die kokainabhängig war, schenkte der Angeklagte K. aus den von ihm erworbenen Betäubungsmittelmengen 50 bis 100 Gramm Marihuana im Monat, das sie bei einem Betäubungsmittelhändler in Kokain umtauschte. Um ihrerseits ihren Lebensgefährten bei seinen Absatzgeschäften zu unterstützen, nahm die Angeklagte B. Bestellungen von ihr bekannten Betäubungsmittelkonsumenten entgegen und leitete sie an den Angeklagten K. weiter, der diese Personen belieferte.
12
Im Einzelnen kam es am 27. Februar und am 19. März 2015 unter Mitwirkung des Angeklagten H. als Fahrer zu zwei Beschaffungsfahrten des Angeklagten K. , bei denen er jeweils 500 Gramm Marihuana erwarb. In beiden Fällen entnahm der Angeklagte S. dem beschriebenen Drogenversteck jeweils ca. 50 Gramm "pro Woche"; darüber hinaus gab der Angeklagte K. der Angeklagten B. jeweils 50 bis 100 Gramm "pro Monat", die sie in Kokain umtauschte (Fälle eins und zwei der Urteilsgründe). Am 17. April 2015 erwarb der Angeklagte K. an seiner Wohnanschrift 250 Gramm Marihuana guter Qualität; die Abnehmer hatten bereits länger gewartet und erschienen kurze Zeit nachdem der Angeklagte K. mitgeteilt hatte, dass er wieder Betäubungsmittel vorrätig habe. Wenige Tage später fuhr der Angeklagte H. den Angeklagten K. nach E. , wo dieser einen Teil der Lieferung vom 17. April 2015 veräußerte. Der Angeklagte S. entnahm wiederum dem Betäubungsmittelversteck "ca. 50 Gramm pro Woche" (Fall drei der Urteilsgründe). Am 28. April 2015 fuhren die Angeklagten K. und H. erneut nach W. und K. erwarb von seinem bevorzugten Drogenhändler 500 Gramm Marihuana. Der Angeklagte S. hatte wiederum zugesagt, 50 Gramm pro Woche abzunehmen; die Angeklagte B. hatte schon am Vorabend der Tat Abnehmer für die neue Drogenlieferung gefunden. Zu einem Absatz dieser Betäubungsmittel kam es nicht mehr, weil die Angeklagten K. und H. auf der Rückfahrt aus W. von Einsatzkräften der Polizei angehalten und festgenommen wurden (Fall vier der Urteilsgründe). Am nächsten Tag wurde die Wohnung des Angeklagten S. durchsucht, in der sich neben fast 1.400 € Bargeld und mehr als 36 Gramm Marihuana auch andere Betäubungsmittel (Haschisch und Amphetamin) sowie Feinwaagen und Verpackungsmaterial zum Portionieren von Betäubungsmitteln befanden (Fall 42 der Urteilsgründe). Bereits am 11. März 2015 waren bei einer Wohnungsdurchsuchung bei dem Angeklagten S. fast 800 € Bargeld, eine Schreckschusspistole, ein Baseballschläger, über 130 Gramm Marihuana, mehr als 25 Gramm Haschisch und über 80 Ecstasy-Tabletten gefunden und sichergestellt worden (Fall 43 der Urteilsgründe ).
13
B. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat nur mit der Sachrüge Erfolg.
14
I. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen versagen hingegen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen. Die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft gibt darüber hinaus Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
15
1. Die "Rüge der Verletzung von § 257c Abs. 1 bis 3, (Abs. 4) StPO (wegen unwirksamer bzw. gescheiterter Verständigung)" ist jedenfalls unbegründet, soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, das Landgericht habe sich durch die Abfassung des Verständigungsvorschlags und die anschließenden Erörterungen im Hinblick auf den Schuldspruch "vorfestgelegt"; deshalb hätten die Verfahrensbeteiligten - unter Beteiligung der Staatsanwaltschaft, die dann allerdings entgegen RiStBV Nr. 127 Abs. 1 Satz 1 nicht auf die Einhaltung des Rechts hingewirkt hätte - sich in rechtswidriger Weise über den Schuldspruch verständigt.
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Zu einer nach § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO unzulässigen Verfahrensabsprache ist es nicht gekommen. Zu Recht hat der Generalbundesanwalt darauf hingewiesen, dass das Landgericht, das bereits an zwölf Tagen verhandelt und Beweise erhoben hatte, mit Blick auf die nach § 257c Abs. 1 Satz 2 StPO unberührt bleibende Aufklärungspflicht und das Gebot der umfassenden Wahrheitsermittlung (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - 2 StR 495/08, NStZ-RR 2009, 147) den Angeklagten keine geständigen Einlassungen abverlangen durfte, die einen Sachverhalt beinhalteten, den das Gericht als widerlegt oder jedenfalls nicht als beweisbar ansah. So verhielt es sich hier hinsichtlich des Angeklagten S. , den die Strafkammer nach vorläufiger Würdigung der erhobenen Beweise nicht als Mitglied einer aus den vier Angeklagten bestehenden Bande ansah.
17
Ohnehin könnte diese Rüge nur den Schuldspruch gegen den Angeklagten S. betreffen; dass auch der Schuldspruch gegen die anderen Angeklagten im Wege einer rechtswidrigen Absprache festgelegt oder durch eine solche auch nur beeinflusst worden sei, lässt sich dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft nicht entnehmen. Im Gegenteil hat das Landgericht seinem Verständigungsvorschlag geständige Einlassungen der Angeklagten K. , H. und B. "im Sinne der Anklageschrift", die den Vorwurf der bandenmäßigen Begehung enthielt, zugrunde gelegt.
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2. Mit der Stoßrichtung, die Strafkammer habe verkannt, dass sich die Staatsanwaltschaft "in zulässiger Weise (…) durch Widerruf von der Verständi- gung gelöst" habe, hat die Rüge einer Verletzung von § 257c Abs. 3 Satz 4, Abs. 4 StPO ebenfalls keinen Erfolg. Insoweit gilt:
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a) Nach Zustandekommen einer Verständigung durch Zustimmung des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft zu dem Vorschlag des Gerichts (§ 257c Abs. 3 Satz 4 StPO) kann die Staatsanwaltschaft diese nachträglich nicht wieder einseitig zu Fall bringen, auch dann nicht, wenn sie die Voraussetzungen von § 257c Abs. 4 Satz 1 oder 2 StPO als gegeben ansieht (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273, 278 mwN; El-Ghazi, JR 2012, 406, 409; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 257c Rn. 25; zweifelnd KK-Moldenhauer/Wenske, StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 34). Aus der von der Staatsanwaltschaft zitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2016 - 2 BvR 1422/15, NStZ 2016, 422) ergibt sich nichts anderes. In der zitierten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht zwar ausgeführt, dem gesetzlichen Regelungskonzept der Verständigung sei die Annahme des Erfordernisses eines Rechtsbindungswillens in dem Sinne, dass sich die Beteiligten unwiderruflich und endgültig zu einer Handlung oder Entscheidung verpflichten müssten, jedenfalls fremd (BVerfG aaO, S. 424). Dabei hat es sich indes nur mit der Frage befasst, ob auch solche Prozesshandlungen , die ihrerseits wieder rückgängig gemacht werden können, wie etwa die Erklärung der Staatsanwaltschaft, Anträge auf Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO zu stellen, oder der Verzicht auf oder die Rücknahme von bereits gestellten Beweisanträgen Gegenstand einer Verfahrensabsprache im Sinne von § 257c Abs. 2 Satz 1 StPO sein können, und dies bejaht (BVerfG aaO, S. 423 f.). Eine Aussage dazu, dass die Staatsanwaltschaft - wie hier - etwa durch den Widerruf ihrer Zustimmung zu der Verständigung deren Wir- kungen zu Fall bringen bzw. das Gericht dazu zwingen kann, von der Absprache Abstand zu nehmen, lässt sich der Entscheidung hingegen nicht entnehmen.
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Vielmehr hat auch das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben, dass das Gesetz in § 257c Abs. 4 StPO (nur) für das Gericht grundsätzlich eine ausdrückliche Bindungswirkung vorsieht (BVerfG aaO, S. 424). Die durch eine zustande gekommene Verständigung eingetretene Bindungswirkung entfällt weder durch den "Widerruf" der Staatsanwaltschaft noch kraft Gesetzes, vielmehr bedarf es dazu einer Entscheidung durch das Tatgericht, wenn und soweit es die Voraussetzungen des § 257c Abs. 4 Satz 1 oder 2 StPO bejaht (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273, 278 f. mwN).
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Danach trat durch den "Widerruf" der Staatsanwaltschaft bzw. durch ihre Erklärung am letzten Tag der Hauptverhandlung, dass der Verständigungsvorschlag betreffend die Angeklagten K. , H. und B. "hinfällig" sei, für sich genommen keine Rechtswirkung ein, die ein Festhalten des Gerichts an der Verständigung ausschloss oder in sonstiger Weise aus sich heraus zu einer Verfahrensfehlerhaftigkeit der Absprache führte.
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b) Ungeachtet dessen konnte die Staatsanwaltschaft - wie geschehen - ihre Auffassung zu Gehör bringen, die von den Angeklagten abgegebenen Einlassungen hätten nicht dem bei dem Verständigungsvorschlag prognostizierten Prozessverhalten entsprochen. Die Prüfung und Entscheidung darüber, ob deshalb die Bindungswirkung der Verständigung zu entfallen hatte, oblag indes allein dem Landgericht (vgl. BGH aaO), das jedoch zu der Annahme gelangt war, das Einlassungsverhalten der Angeklagten entspräche seiner Prognose im Zeitpunkt des Verständigungsvorschlags, weil es sich jeweils um eine "noch - geständige Einlassung im Sinne der Verständigung" gehandelt habe.
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Ein Entfallen der Bindungswirkung der Verfahrensabsprache setzt zudem weiter voraus, dass das Gericht wegen der veränderten Beurteilungsgrundlage bzw. wegen des Abweichens des Angeklagten von dem erwarteten Prozessverhalten zu der Überzeugung gelangt, dass die in Aussicht gestellte Strafoberoder Strafuntergrenze (§ 257c Abs. 3 Satz 2 StPO) nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Eine Lösung von der Verständigung kann deshalb nur gerechtfertigt sein, wenn das später gezeigte tatsächliche Prozessverhalten des Angeklagten aus der Sicht des Gerichts der Strafrahmenzusage die Grundlage entzieht (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 - 1 StR 633/12, NStZ 2013, 417, 419). Bei der Prüfung dieser Frage kommt dem Tatgericht - wie auch sonst bei Wertungsakten im Bereich der Strafzumessung - ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der erst überschritten ist, wenn der zugesagte Strafrahmen nicht mehr mit den Vorgaben des materiellen Rechts in Einklang zu bringen ist, etwa weil die Strafrahmenzusage sich unter Berücksichtigung des tatsächlichen Prozessverhaltens des Angeklagten so weit von dem Gedanken eines gerechten Schuldausgleichs entfernt, dass sie als unvertretbar erschiene (BGH, Urteil vom 21. Juni 2012 - 4 StR 623/11, BGHSt 57, 273, 279 f.). Umstände von solchem Gewicht zeigt die Revision - wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat - nicht auf, sie sind auch sonst nicht ersichtlich; insbesondere genügt eine bloße abweichende rechtliche Einstufung der Tatbeiträge eines Angeklagten insoweit nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - 1 StR 421/12, NStZ-RR 2013, 184). Nichts anderes stellt aber die Annahme der Strafkammer dar, die Angeklagten hätten die ihnen nachgewiesenen Betäubungsmitteldelikte nicht bandenmäßig begangen.
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3. Die Rüge, das Landgericht habe gegen § 260 Abs. 3 StPO verstoßen, weil es das Verfahren in den Fällen fünf bis 41 der Urteilsgründe nicht eingestellt habe, bedarf keiner Entscheidung. Ein Verfahrenshindernis wegen der von der Staatsanwaltschaft - entgegen der zustande gekommenen Verständigung - unterlassenen Anträge auf Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO käme insoweit nach der Rechtsprechung des Senats, die zu einer Verständigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung ergangen ist, allenfalls in Betracht , wenn die Strafkammer bei Ausnutzung der rechtlichen Gestaltungsspielräume insbesondere im Rahmen der Strafzumessung zu keinem Ergebnis gelangt wäre, das das Verfahren insgesamt noch als fair erscheinen ließe (BGH, Urteil vom 12. März 2008 - 3 StR 433/07, BGHSt 52, 165, 173 f.). Ob dies hier der Fall war, kann offen bleiben, weil die Verurteilung auch in diesen Fällen bereits auf die Sachrüge insgesamt der Aufhebung unterliegt (dazu unten, II.2.a)).
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II. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind.
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1. Dies gilt zunächst, soweit die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt worden ist.
27
a) Die Beweiswürdigung "zur Frage des Vorliegens einer Bandenstruktur" in den Fällen eins bis vier der Urteilsgründe, in denen alle vier Angeklagten verurteilt worden sind, erweist sich als rechtsfehlerhaft. Die Strafkammer hat hierzu ausgeführt, die Einlassung der Angeklagten, dass es eine Bandenabrede oder eine "auch nur stillschweigende bandenmäßige Zusammenarbeit" nicht gegeben habe, sei nicht zu widerlegen.
28
Die Beweiswürdigung ist allerdings Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, sich ein Urteil über die Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu bilden. Dabei brauchen seine Schlussfolgerungen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Das Revisionsgericht hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung der Schuld der Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 - 3 StR 86/16, juris Rn. 11 mwN). Nach diesen Maßstäben revisionsrechtlich beachtliche Rechtsfehler ergeben sich hier aus Folgendem:
29
Als ein wesentliches Argument ihrer Begründung hat die Strafkammer den Umstand angesehen, dass der Angeklagte S. letztlich selbständig und auf eigenes wirtschaftliches Risiko seine Interessen als Betäubungsmittelhändler verfolgt und das dazu benötigte Marihuana lediglich von dem Angeklagten K. erworben habe; insofern liege nur ein eingespieltes Bezugsund Absatzsystem im Rahmen einer dauernden Geschäftsbeziehung vor, das nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kein bandenmäßiges Zusammenwirken darstelle. Diese Annahme basiert auf den Einlassungen der Angeklagten K. und S. , die übereinstimmend die Vereinbarung zur Abnahme von wöchentlich 50 Gramm Marihuana zum Preis von 7,50 € pro Gramm und die Entnahme der Betäubungsmittel aus dem gemeinsamen Drogenversteck geschildert haben. Jedenfalls soweit das Landgericht die Einlassung des Angeklagten S. als glaubhaft angesehen hat, erweist sich seine Beweiswürdigung indes als lückenhaft und widersprüchlich:
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Die Strafkammer hat nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte S. - seine Einlassung als richtig unterstellt, er habe von den erhaltenen 50 Gramm Marihuana stets die Hälfte selbst konsumiert und den Rest verkauft, um seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Angeklagten K. erfüllen zu können - nach den Feststellungen die von ihm veräußerten Betäubungsmittel für das Doppelte des von ihm bezahlten Einkaufspreises von 7,50 € pro Gramm, mithin für 15 € pro Gramm hätte absetzen müssen, um wenigstens kostendeckend zu arbeiten. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu den Verkäufen des Angeklagten K. betrug der im Straßenverkauf erzielte Grammpreis - wenn auch zeitlich früher - indes lediglich 10 € pro Gramm Marihuana ; unter Zugrundelegung dieses Verkaufspreises hätte der Angeklagte S. - worauf die Staatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat - einen wöchentlichen Verlust von 125 € - monatlich 500 € - erwirtschaftet, den er nach seinen festgestellten wirtschaftlichen Verhältnissen - er war lediglich "auf 450 € Basis" geringfügig beschäftigt - nicht anderweitig hätte ausgleichen können. Mit der Einlassung des Angeklagten S. , er habe wöchentlich 50 Gramm Marihuana abgenommen und umgesetzt, ist im Übrigen auch nicht in Einklang zu bringen, dass anlässlich der Durchsuchung seiner Wohnung am 11. März 2015 mehr als 130 Gramm Marihuana, die aus den Beständen des Angeklagten K. stammen sollten, bei ihm gefunden und sichergestellt wurden. Zu den festgestellten An- und Verkaufspreisen steht zudem in Widerspruch, dass der über nur geringe legale Einkünfte verfügende Angeklagte S. bei beiden Durchsuchungen im März und April 2015 größere Mengen Bargeld in "szenetypischer Stückelung" sowie weitere - angeblich von einem anderen Lieferanten stammende - Betäubungsmittel in Besitz hatte. All diese von der Strafkammer nicht beachteten Umstände sprachen gegen die Glaubhaftigkeit der Einlassung des Angeklagten S. und für eine weitergehende, schwerer wiegende Tatbeteiligung. Da sich das Landgericht damit nicht auseinandergesetzt hat, entbehrt seine Würdigung der Einlassung als glaubhaft mithin einer tragfähigen Grundlage.
31
Da die Strafkammer indes zur Frage der bandenmäßigen Begehung die von ihr als glaubhaft angesehenen Einlassungen für nicht widerlegbar gehalten hat, schlägt die rechtsfehlerhafte Würdigung der Einlassung des Angeklagten S. auf diese Bewertung durch, die somit insgesamt nicht tragfähig begründet ist. Der Senat kann auch mit Blick auf die Einlassungen der drei Mitangeklagten nicht ausschließen, dass das Landgericht - hätte es den Rechtsfehler vermieden und die genannten Umstände in seine Würdigung der Einlassung des Angeklagten S. einbezogen - zu einer anderen Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Einlassungen und damit zur Frage der bandenmäßigen Begehung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die Sache muss deshalb in den Fällen eins bis vier der Urteilsgründe betreffend alle Angeklagten umfassend neu verhandelt und entschieden werden.
32
b) Im Fall 43 der Urteilsgründe hat die Verurteilung des Angeklagten S. schon deshalb keinen Bestand, weil sich die Urteilsgründe nicht dazu verhalten, welche Wirkstoffgehalte die sichergestellten Betäubungsmittel (Haschisch und Ecstasy-Tabletten) jeweils hatten und ob insoweit gegebenenfalls der Grenzwert zur nicht geringen Menge überschritten wurde. Hinzu kommt, dass das Landgericht das sichergestellte Marihuana für den Schuldspruch insgesamt unberücksichtigt gelassen hat, weil der Angeklagte S. insoweit nicht (erneut) bestraft werden könne: Die Betäubungsmittel stammten aus den Beschaffungsfahrten des Angeklagten K. , so dass eine Bewertungseinheit vorliege; wegen dieser Taten sei der Angeklagte S. bereits wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt.
33
Abgesehen davon, dass die Annahme einer Bewertungseinheit betreffend die Entnahmen des Angeklagten S. aus dem Betäubungsmittelversteck so, wie von der Strafkammer vorgenommen, ohnehin rechtlichen Bedenken begegnet (siehe dazu unten, B.II.2.d)), war von den entnommenen Betäubungsmitteln jeweils die Hälfte zum Eigenbedarf bestimmt, so dass insoweit eine Bewertungseinheit des Handeltreibens nicht in Betracht kommt. Mit Blick auf die Menge des sichergestellten Marihuanas von 132,8 Gramm könnten demnach 66,4 Gramm für den Eigenbedarf bestimmt gewesen sein; bei dem in den übrigen Fällen angenommen Wirkstoffgehalt (12,9 % THC) kann der Senat deshalb nicht ausschließen, dass der Angeklagte S. wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu verurteilen gewesen wäre.
34
c) Auch die Verurteilung des Angeklagten S. im Fall 42 der Urteilsgründe war aufzuheben, weil sich der im Fall 43 genannte Rechtsfehler insoweit fortsetzt. Selbst wenn sich dies hier gegebenenfalls nur auf den Strafausspruch auswirken sollte, hat der Senat die Verurteilung in diesem Fall insgesamt aufgehoben , um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
35
2. Die Sachrüge der Staatsanwaltschaft greift in mehrfacher Hinsicht auch zu Gunsten der Angeklagten K. , S. und B. durch. Im Einzelnen:
36
a) Die Verurteilung des Angeklagten K. in den Fällen fünf bis 41 der Urteilsgründe hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sich die Beweiswürdigung zu diesen Fällen ebenfalls als lückenhaft und widersprüchlich erweist: Der Angeklagte K. hat zu diesen Fällen ebenso geschwiegen wie die Abnehmerin der Betäubungsmittel, die zur Tatzeit minderjährige Zeugin O. . Ihre Überzeugung von der Begehung von 37 Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln durch Verkauf von jeweils zwei Gramm Marihuana hat die Strafkammer aus den Angaben des Zeugen We. , des damaligen Freundes der Zeugin O. , gewonnen, sie habe im Zeitraum von Juli bis November 2013 alle drei bis vier Tage ein, manchmal auch zwei Gramm Marihuana bei dem Angeklagten K. erworben. Dabei hat das Landgericht außer Acht gelassen, dass der Angeklagte K. sich wäh- rend dieses fünf Monate dauernden Tatzeitraums bis zum 25. September 2013 zwei Monate in anderer Sache in Strafhaft befand. Angesichts des Umstands, dass die Strafkammer die Glaubhaftigkeit und Glaubwürdigkeit des Zeugen insbesondere mit Blick darauf überprüft hat, dass dieser ein Zeuge "aus der Betäubungsmittelszene" sei, kann der Senat nicht ausschließen, dass sie - wenn ihr diese Unstimmigkeit aufgefallen wäre - sich insgesamt nicht von der Täterschaft des Angeklagten hätte überzeugen können und nicht nur eine geringere Anzahl von Taten angenommen hätte. Zudem lässt sich der Beweiswürdigung auch nicht entnehmen, wie das Landgericht angesichts der wiedergegebenen Zeugenaussage zu der Feststellung gelangt ist, der Angeklagte habe in jedem der genannten Fälle jeweils zwei Gramm an die Zeugin O. verkauft.
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b) Der Schuldspruch gegen den Angeklagten K. in den Fällen eins bis vier der Urteilsgründe war auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil er nicht tateinheitlich zu dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jeweils wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln und in den Fällen eins und zwei der Urteilsgründe zugleich auch noch wegen Abgabe von Betäubungsmitteln verurteilt worden ist: Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte K. in allen Fällen von vornherein vor, eine Teilmenge von 50 bis 100 Gramm des erworben Marihuanas an seine Lebensgefährtin , die Angeklagte B. , unentgeltlich weiterzugeben. Auf diese Teilmenge bezog sich sein Vorsatz zum Handeltreiben nicht; er hatte insoweit auch keine Gewinnerzielungsabsicht. Dementsprechend wäre jedenfalls im Rahmen der Strafzumessung von einer geringeren Handelsmenge auszugehen gewesen, was sich zu Gunsten des Angeklagten hätte auswirken können (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2016 - 3 StR 329/16, juris Rn. 9). Insoweit gilt:
38
Ist nur ein Teil der vom Angeklagten erworbenen Betäubungsmittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf, ein anderer zum Eigenverbrauch bestimmt, so richtet sich die rechtliche Einordnung nach den jeweiligen Einzelmengen; nicht anders ist vorzugehen, wenn der Täter - wie hier - die Betäubungsmittel nicht persönlich konsumieren, sondern einer ihm nahe stehenden Person unentgeltlich überlassen will. Liegt die Handelsmenge über dem Grenzwert zur nicht geringen Menge und die restliche Eigenverbrauchsmenge darunter - dies gilt hier unter der nach den Feststellungen möglichen Prämisse, dass der Angeklagte K. der Angeklagten B. nur jeweils bis zu 58 Gramm Marihuana überließ, weil andernfalls bei der festgestellten Wirkstoffkonzentration auch die für die Angeklagte B. bestimmte Menge über dem Grenzwert zur nicht geringen Menge gelegen hätte -, so ist in diesen Fällen Tateinheit zwischen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG mit Erwerb von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG gegeben (BGH, Beschluss vom 21. April 2005 - 3 StR 112/05, NStZ 2006, 173, 174). In den Fällen eins und zwei der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte K. das zum Zweck der Abgabe erworbene Marihuana nach den bisherigen Feststellungen auch tatsächlich an die Angeklagte B. weitergab, wäre tateinheitlich zu dem Erwerb das Delikt der Abgabe von Betäubungsmitteln hinzugetreten (Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1114).
39
c) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen hält der Schuldspruch gegen den Angeklagten S. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber von Betäubungsmitteln besteht grundsätzlich weder Mittäterschaft noch ist Beihilfe gegeben. Beide stehen sich als Geschäftspartner gegenüber und verfolgen gegenteilige Interessen; ihr Zusammenwirken ist allein durch die Art der Deliktsverwirklichung notwendig vorgegeben (BGH NJW 2002, 3486, mwN). So liegt der Fall auch hier. Der Beitrag des Angeklagten S. zu den Rauschgiftgeschäften des Angeklagten K. ging nicht über das zur eigenen Deliktsverwirklichung Notwendige hinaus. Etwas anderes folgt insbesondere nicht aus der Zusage, dem Angeklagten K. 'pro Woche um die 50 g Marihuana aus dessen Bestand' abzunehmen, wodurch dieser eine gewisse Planungssicherheit erlangte."
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Dem schließt sich der Senat an.
41
d) Darüber hinaus hat das Landgericht zu Unrecht angenommen, der Angeklagte S. habe hinsichtlich des von ihm erworbenen Marihuanas in vier Fällen jeweils mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben. Die Strafkammer ist zu dieser Annahme gelangt, weil sie in unzulässiger Weise die Gesamtmenge der über den Zeitraum von acht Wochen (pro Woche 25 Gramm) insgesamt zu Verkaufszwecken entnommenen Drogen zusammengerechnet hat. Richtigerweise hätte aber geprüft werden müssen, ob in den Fällen eins bis drei der Urteilsgründe einzelne wöchentliche Entnahmen des Angeklagten S. , die jeweils für sich nur eine unter dem Grenzwert zur nicht geringen Menge liegende Betäubungsmittelmenge betrafen, gegebenenfalls mit Blick darauf, dass sie aus einem einheitlichen Verkaufsvorrat stammten , hätten zusammengerechnet werden dürfen (vgl. dazu Weber, BtMG, 4. Aufl., vor §§ 29 ff. Rn. 588 ff. mwN). Sodann hätte nur in den Fällen, in denen die dann zulässigerweise zu addierenden Mengen den Grenzwert überschritten, ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ausgeurteilt werden können.
42
e) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen war die Verurteilung der Angeklagten B. wegen Beihilfe zu dem Handeltreiben des Angeklagten K. mit Betäubungsmitteln in vier Fällen nicht zu beanstanden. Dies galt entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft auch im Fall vier der Urteilsgründe. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt, die "Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert (BGH NStZ-RR 2015, 343, 344, mwN). Diese Voraussetzungen sind auch im Fall 4 der Urteilsgründe erfüllt, da die Angeklagte , wie sie dem Angeklagten K. am Vorabend der Beschaffungsfahrt mitteilte, bereits Abnehmer für das Rauschgift gefunden hatte."
43
Dem schließt sich der Senat an.
44
Allerdings konnte die tateinheitliche Verurteilung der AngeklagtenB. wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen aus mehreren Gründen keinen Bestand haben:
45
aa) Im Fall vier der Urteilsgründe wurde der Angeklagte K. mit den Betäubungsmitteln festgenommen, bevor er der Angeklagten B. etwas davon geben konnte; sie konnte deshalb folgerichtig auch keine Betäubungsmittel abgeben. Im Fall drei der Urteilsgründe erwarb der Angeklagte K. zwar 250 Gramm Marihuana; dass er auch in diesem Fall eine Teilmenge davon an die Angeklagte B. abgab, hat das Landgericht hingegen nicht ausdrücklich festgestellt.
46
bb) Als rechtsfehlerhaft erweist sich weiter die Annahme, die Angeklagte B. hätte beim Eintausch der Drogen jeweils eine nicht geringe Menge abgegeben. Angesichts der Feststellungen, der Angeklagte K. habe ihr aus den von ihm beschafften Betäubungsmitteln jeweils 50 bis 100 Gramm geschenkt , die sie zum Eintausch gegen Kokain habe verwenden können, wäre nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu Gunsten der Angeklagten B. davon auszugehen, dass er ihr jeweils nur 50 Gramm überließ. Da eine Zusammenrechnung dieser Mengen hier schon deshalb nicht in Betracht kam, weil die Betäubungsmittel jeweils aus einer anderen Beschaffungsfahrt des Angeklagten K. stammten, lag jeweils nur eine nicht den Grenzwert zur nicht geringen Menge überschreitende Betäubungsmittelmenge vor, die die Angeklagte B. jeweils abgeben konnte. Darüber hinaus hätte sie auch das Delikt des Erwerbs von Betäubungsmitteln verwirklicht; auch die schenkweise Erlangung von Betäubungsmitteln stellt einen rechtsgeschäftlichen Erwerb im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG dar (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 10 Rn. 7).
47
cc) In den Fällen eins und zwei der Urteilsgründe standen die Taten des Erwerbs bzw. der Abgabe zu der ebenfalls gegebenen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht in Tateinheit. Zwar stammte das Marihuana aus der jeweils durch den Angeklagten K. beschafften Betäubungsmittelmenge; die Überlassung an die Angeklagte B. - mithin ihr Erwerb - war indes in keiner Weise mit ihren Beihilfehandlungen verknüpft, insbesondere keine Entlohnung dafür. Erst Recht kein Zusammenhang bestand mit der zeitlich späteren Abgabe durch die Angeklagte B. an ihre Betäubungsmittelhändler in den Niederlanden.
48
C. Die Revision des Angeklagten K. hat mit der Verfahrensrüge aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg; diese ist nicht zulässig erhoben.
49
Auf die Sachrüge führt auch die Revision des Angeklagten zur Aufhebung des Urteils soweit es ihn betrifft, weil sich die Beweiswürdigung der Strafkammer in den Fällen eins bis 41 der Urteilsgründe aus den oben genannten Gründen als rechtsfehlerhaft erweist und die Feststellungen damit insgesamt einer tragfähigen Grundlage entbehren. Im Übrigen beschwerte ihn auch die rechtliche Würdigung der Strafkammer in den Fällen eins bis vier der Urteilsgründe (s. oben, B.II.2.b)).
50
D. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
51
I. Nach Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache ist das neue Tatgericht an die Verständigung und die darin genannten Strafrahmen nicht gebunden; die Bindungswirkung des § 257c Abs. 4 Satz 1 StPO gilt nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 16/11736, S. 13; 16/12310, S. 15) nur für das (Tat-)Gericht, das die Verständigung vereinbart hat (BGH, Urteile vom 28. Februar 2013 - 4 StR 537/12, NStZ-RR 2013, 373; vom 26. Januar 2011 - 2 StR 446/10, JR 2012, 35, 36; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 257c Rn. 57; MüKoStPO/Jahn/Kudlich, § 257c Rn. 148; KK-Wenske/Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 37; Altvater, StraFo 2014, 221, 222; Schneider, NZWiSt 2015, 1, 2; Schlothauer/Weider, StV 2009, 600, 605; jeweils mwN).
52
II. Nicht abschließend geklärt ist bislang allerdings die Frage, ob in diesen Fällen die im ersten Rechtsgang mit Blick auf die Verständigung abgege- benen Geständnisse verwertet werden dürfen, etwa durch Vernehmung der Tatrichter, die die Verständigung getroffen hatten.
53
1. In einem Fall, in dem nur der Angeklagte Revision eingelegt hatte, hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass ein Beweisverwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO nicht anzunehmen sei, weil die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorlägen. Denn bei Einhaltung der auch vom Angeklagten im Rahmen der Verständigung akzeptierten Strafobergrenze werde diese durch das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO für das weitere Verfahren perpetuiert (BGH, Beschluss vom 24. Februar 2010 - 5 StR 38/10, StV 2010, 470 mit ablehnender Anmerkung Wattenberg, StV 2010, 471, 472 f.; zustimmend hingegen Knauer/Lickleder, NStZ 2012, 366, 377). Ein Verwertungsverbot sehe § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO nur in Fällen vor, in denen "die Vertragsgrundlage" entfallen sei, weil sich das Gericht von der Verständigung lösen wolle bzw. wenn diese gescheitert sei, nicht aber schon dann, wenn die Verständigung den Schuldspruch zum Gegenstand gehabt habe und deshalb unzulässig gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 1 StR 52/11, NJW 2011, 1526, 1527) oder wenn die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO unterblieben sei (BGH, Beschluss vom 19. August 2010 - 3 StR 226/10, StV 2011, 76, 77).
54
2. Für den Fall, dass - wie hier - die Staatsanwaltschaft indes - jedenfalls auch - zu Ungunsten des Angeklagten erfolgreich ein Rechtsmittel eingelegt hat, entspricht es der überwiegenden Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur, ein Verwertungsverbot anzunehmen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - III-4 RVs 60/10, StV 2011, 80, 81 mit zustimmender Anmerkung Kuhn, StV 2012, 10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7. März 2014 - 3 (6) Ss 642/13, NStZ 2014, 294, 295 mit zustimmender Anmerkung Moldenhauer, NStZ 2014, 493; MüKoStPO/Jahn/Kudlich, § 257c Rn. 177 f.; Altvater, StraFo 2014, 221, 222; weitergehend - stets ein Verwertungsverbot annehmend - LR/Stuckenberg aaO Rn. 68; SK-StPO/Velten, 5. Aufl., § 257c Rn. 48; KMR/v. Heintschel-Heinegg, 56. EL, § 257c Rn. 53; HK-StPO-Temming, 5. Aufl., § 257c Rn. 37; aA möglicherweise BGH, Urteil vom 28. Februar 2013 - 4 StR 537/12, NStZ-RR 2013, 373, das eine Beschränkung der staatsanwaltschaftlichen Revision auf den Strafausspruch nach vorausgegangener Verständigung und Geständnis des Angeklagten für wirksam gehalten hat; offen gelassen von OLG Nürnberg, Beschluss vom 29. Februar 2012 - 1 St OLGSs 292/11, NStZ-RR 2012, 255, 256). Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn das neue Tatgericht über die vom ersten Tatgericht zugesagte Strafrahmenobergrenze hinausgehen wolle (OLG Karlsruhe aaO; Schneider aaO S. 4; Wenske, NStZ 2015, 137, 141 f.; differenzierend El-Ghazi, JR 2012, 406, 413 f.). Auch der Senat neigt der Auffassung zu, dass in diesen Fällen jedenfalls grundsätzlich ein Verwertungsverbot anzunehmen ist.
55
III. Sollte das neue Tatgericht zu gleichartigen Feststellungen gelangen, wird es Folgendes zu beachten haben:
56
1. Lässt sich in den Fällen eins bis vier der Urteilsgründe erneut nicht eindeutig feststellen, wieviel Gramm Marihuana der Angeklagte K. der Angeklagten B. unentgeltlich überließ, wird gegebenenfalls unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes zu entscheiden sein, von welcher Handelsmenge und von welcher Abgabemenge jeweils auszugehen ist. Insoweit dürfte maßgeblich sein, dass grundsätzlich die Annahme einer möglichst geringen Handelsmenge für den Angeklagten K. günstig wäre, andererseits aber ab einer 58 Gramm übersteigenden Abgabemenge gegebenenfalls tateinheitlich zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln das Verbrechen der Abgabe von Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hinzutreten könnte.
57
2. Sollte das neue Tatgericht in den Fällen fünf bis 41 der Urteilsgründe erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten K. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gelangen, wird es mit Blick auf die Tatfrequenz sowie seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu prüfen haben, ob er insoweit nicht gewerbsmäßig handelte und deshalb ein besonders schwerer Fall nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG anzunehmen ist.
58
3. Betreffend den Angeklagten S. weist der Senat weiter darauf hin, dass auch in der festen Zusage, eine bestimmte Menge von Betäubungsmitteln zum gewinnbringenden Verkauf abzunehmen, ein vollendetes Handeltreiben liegen kann (BGH, Beschluss vom 25. Juli 2006 - 1 StR 297/06, juris Rn. 3). In den Fällen der Entnahme von jeweils 50 Gramm Marihuana aus dem Betäubungsmittelversteck , wird der neue Tatrichter in den Blick zu nehmen haben, dass der Angeklagte S. hinsichtlich der zum Eigenkonsum entnommenen Teilmenge tateinheitlich das Delikt des Erwerbs von Betäubungsmitteln verwirklicht haben könnte, und dass er hinsichtlich der zu Verkaufszwecken entnommenen Teilmenge gewerbsmäßig gehandelt haben könnte (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG).
Becker RiBGH Dr. Schäfer befindet sich Gericke im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker
Tiemann Hoch

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

17
(2) Da der Schuldspruch wegen unerlaubter Verwertung danach schon mit Blick auf die veräußerten DVDs keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , kann der Senat offen lassen, ob der Tatbestand der unerlaubten Verwertung im Sinne des § 106 Abs. 1 UrhG in den Tatvarianten des Verbreitens bzw. des Vervielfältigens durch den Haupttäter Ca. auch in den Fällenerfüllt ist, in denen den – getäuschten – Kunden lediglich ein Produktschlüssel übersandt wurde, der es diesen ermöglichte, die betreffende Software aus dem Internet herunterzuladen, ohne dass ein anschließender Download festgestellt worden ist. Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs greift der Kunde bei einer derartigen Fallgestaltung regelmäßig erst durch den Download in das Vervielfältigungsrecht des Rechteinhabers ein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. März 2015 – I ZR 4/14, NJW 2015, 3576, 3578). Ob schon die – hier festgestellte – bloße Gestattung der Vervielfältigung durch Überlassen des Produktschlüssels für sich genommen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106 Abs. 1 UrhG erfüllt, ist danach zweifelhaft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR314/14
vom
4. September 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 16. Oktober 2013 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklagten A. wegen Betruges in sechs tatmehrheitlichen Fällen sowie versuchten Betruges in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten M. wegen versuchten Betruges sowie zweier Fälle der Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Hiergegen wenden sich die jeweils mit Verfahrensbeanstandungen und der Sachrüge geführten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts organisierte der Angeklagte A. unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes verschiedene „An- rufwellen“ durch Call-Center, wobei eine erhebliche Anzahl der Angerufenen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dazu gebracht wurde, gegen Nachnahmezahlungen zwischen 75 und 97 Euro ein „Widerrufsschreiben“ zu erwerben , das der Abwehr von Ansprüchen ihrerseits betrügerisch agierender Gewinnspieleintragungsdienste und der Rückforderung bereits an diese gezahlter Geldbeträge dienen sollte. Zudem sorgte der Angeklagte A. dafür, dass an viele der durch die Anrufe zum telefonischen Vertragsschluss gebrachten Geschädigten weitere Schreiben gesandt wurden, in denen diese unter Vortäuschung offener Forderungen aus dem angeblich weiter bestehenden Vertragsverhältnis („2. Rechnung“, „Letzte Zahlungsaufforderung“ etc.) zur Zahlung von Beträgen in Höhe zwischen 59,95 und 91,80 Euro aufgefordert wurden. Zahlreiche der angeschriebenen Personen überwiesen die jeweils geforderten Beträge. Sämtliche Geldbeträge gingen auf Konten ein, über die der Angeklagte A. unmittelbar oder über Mittelsmänner verfügen konnte. Der Angeklagte M. beteiligte sich an zweien dieser Projekte (Beihilfefälle) und organisierte in einem Fall ohne den Angeklagten A. selbst eine Anrufaktion.
3
Im Einzelnen kam es auf die beschriebene Art und Weise zu folgenden Taten:
4
a) Im Rahmen des „Projekts Verbraucherangriff“ zahlten nach telefoni- scher Anwerbung für ein „Widerrufsschreiben“ 1.036 Personen per Nachnahme insgesamt 79.756 Euro. An 853 Personen wurde anschließend ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“ gesandt, woraufhin 152 Personen insgesamt 12.075 Euro zahlten. Auf ein weiteres Schreiben „Letzte Zahlungsaufforderung“ , das an 719 Personen verschickt wurde, zahlten 119 der Angeschriebenen insgesamt 10.924,20 Euro. An 671 Personen wurde im Rahmen dieses „Projekts“ noch eine unzutreffende „Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ versandt, woraufhin 62 Personen insgesamt 5.170 Euro überwiesen.
5
b) Bei dem „Projekt Deutsche Verbraucherberatung“ kam es 2010 nach der durchgeführten Anrufaktion zur Zahlung von insgesamt 12.192 Euro durch 140 telefonisch kontaktierte Personen für ein „Widerrufsschreiben“ per Nach- nahme. Im Jahr 2011 zahlten nach einer vom Angeklagten M. durchgeführten Telefonaktion 461 Personen insgesamt 41.029 Euro.
6
c) Im Rahmen des „Projekts Kundenschutz24“ erhielten 6.380 Personen, deren Daten sich der Angeklagte A. zuvor von dritter Seite beschafft hatte, ein inhaltlich unzutreffendes Schreiben „2. Rechnung“, woraufhin 1.147 Personen insgesamt 68.762,65 Euro überwiesen. Unter der Überschrift „Kundenschutz24 , Rechnung 1.7.2011 – 31.12.2011“ wurden zudem 10.062 Personen angeschrieben und zur Zahlung aufgefordert, woraufhin 648 Personen insgesamt 38.847,60 Euro zahlten.
7
2. Die Feststellungen zum Tatgeschehen hat das Landgericht insbesondere auf ein Teilgeständnis der Angeklagten, die Angaben weiterer nichtrevidierender Mitangeklagter, die Angaben des als Zeugen gehörten Mittäters K. , zahlreiche E-Mails und andere Urkunden, die Inhalte von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation der Beteiligten, die Angaben von „Mitarbeitern“ aus den Callcentern sowie auf die zeugenschaftlichen Äußerungen von angerufenen Kunden gestützt.
8
Ohne insoweit einen Zeugen gehört zu haben, hat sich das Landgericht davon überzeugt, dass bei den übersandten falschen Rechnungen jeweils mindestens ein Kunde den geforderten Betrag überwiesen habe, weil er aufgrund der Rechnung irrig davon ausgegangen sei, er sei zur Zahlung verpflichtet. Hierfür hat das Landgericht folgende Gründe genannt: Es bestehe nach aller Lebenserfahrung ein allgemeiner Erfahrungssatz dahingehend, dass eine Person , der gegenüber eine Rechnung gestellt wird und die diese bezahlt, dies grundsätzlich nicht täte, wenn sie davon ausginge, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein. Zwar sei es durchaus möglich, dass im Einzelfall eine Person eine Rechnung nur bezahle, „um ihre Ruhe zu haben“, auch wenn sie davon ausge- he, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Es sei aber ausgeschlossen, dass jeweils alle Kunden aus diesem Grund gezahlt hätten, zumal die Rechnungs-/ Mahnschreiben nicht in hoher Frequenz zugesandt worden seien. Weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass zumindest vereinzelt Kunden die Rechnung gezahlt hätten, obwohl sie davon ausgingen, zur Zahlung nicht verpflichtet zu sein, könne nicht der Schluss gezogen werden, dass alle Kunden irrtumsbedingt gezahlt hätten.
9
Auf den diesbezüglichen Vorsatz und die betrügerischen Absichten der Angeklagten hat das Landgericht aus dem äußeren Geschehensablauf, dem Auftreten unter Aliasnamen und aus dem Inhalt von überwachter Telekommunikation geschlossen.
10
3. Ausgehend hiervon hat das Landgericht die Organisation der „Anruf- wellen“ über Call-Center als drei Betrugsversuche des Angeklagten A. und einen Betrugsversuch des Angeklagten M. (in Form eines uneinheitlichen Organisationsdelikts) gewertet. Bezüglich der Versendung unzutreffender Rechnungen oder Mahnungen hat das Landgericht pro Aktion einen Fall des vollendeten Betruges angenommen, weil jeweils mindestens ein Kunde irrtumsbedingt gezahlt habe. Als Vollendungsschaden wurde in diesen Fällen nur ein geringer Betrag angesehen, im Rahmen der Strafzumessung indes negativ ge- wertet, dass sich der Vorsatz der Angeklagten auf hohe Schadensbeträge bezogen habe.

II.


11
Den Revisionen der Angeklagten bleibt der Erfolg versagt.
12
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den zutreffenden Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts vom 25. Juni 2014 ohne Erfolg. Der weitergehenden Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:
13
a) Die Angeklagten beanstanden u.a. die Ablehnung mehrerer Beweisanträge als rechtsfehlerhaft, mit denen insbesondere beantragt worden war, sämt- liche Zeugen, „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus den Akten Sonderband Mail Boxes 0023 Band I Blatt 257 – 287 ergeben“ bzw. „deren Namen und ladungsfähige Anschriften sich aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Würzburg – Liste nach Seite 18 ergeben“ zu laden und in der Hauptverhandlung als Zeugen zu hören. Beweisthema war der Inhalt der jeweiligen Telefonate. Aus den Aussagen der Zeugen sollte sich ergeben, dass diese am Telefon wahrheitsgemäß informiert worden seien. Das Landgericht hat diese Anträge abgelehnt, indem Beweistatsachen teils als wahr unterstellt, teils als bedeutungslos angesehen wurden, teils wurde dem Antrag die Qualität als Be- weisantrag abgesprochen, weil der Beweisantrag „aufs Geratewohl“ gestellt worden sei oder es an der notwendigen Konnexität zwischen Beweistatsache und Beweismittel fehle. Ein weiterer, ergänzter Beweisantrag ähnlichen Inhalts wurde zudem wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt.
14
b) Die genannten Rügen entsprechen schon nicht den Formerfordernissen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und sind deshalb unzulässig. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Dies hat so vollständig und genau zu geschehen , dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären. Dabei genügt es nicht, Fundstellen in den Akten in Bezug zu nehmen , auch wenn es – wie hier – im Wortlaut eines Antrags geschieht. Vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können, in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHSt 40, 3, 5). Da für die Prüfung des Revisionsgerichts , ob ein formgerechter Beweisantrag vorliegt, die in den Anträgen in Bezug genommenen Aktenstellen entscheidend sind, in denen die Zeugen nach dem Beweisantrag mit Namen und ladungsfähiger Anschrift genannt sind, muss deren Inhalt im Rahmen der Beweisantragsrüge umfassend vorgetragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649, 650; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 – 5 StR 120/03, BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 40).
15
c) Der Senat kann deshalb offenlassen, ob den Anträgen schon die Qualität als Beweisantrag fehlt, weil die Beweismittel durch einen Verweis auf andere Aktenstellen nicht hinreichend bezeichnet sein könnten. Grundsätzlich bedarf es bei Zeugen der Benennung von Name und ladungsfähiger Anschrift, wenn der Antragsteller – wie hier – dazu in der Lage ist (vgl. Becker in LöweRosenberg , 26. Aufl., § 244 Rn. 105; Dallmeyer in Alsberg, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., Rn. 106 ff., jeweils mwN). Indes hat die Rechtsprechung von diesem Grundsatz eine Ausnahme zugelassen, wenn alle Individua- lisierungsfaktoren dem Tatgericht eindeutig bekannt sind, etwa aus der Anklageschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 – 5 StR 191/09, NStZ 2009, 649 f.). In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem für das Tatgericht kein Zweifel über die Identität der benannten Beweismittel bestand, könnte es als bloße „Förmelei“ erscheinen, wenn man von dem Antragsteller über die konkre- te Benennung der Aktenstelle, aus der sich die Namen einer Vielzahl von Zeugen mit ladungsfähiger Anschrift eindeutig ergibt, das Kopieren zahlreicher Seiten und das Einfügen dieser Kopien in den Beweisantrag fordern würde.
16
2. Auch die jeweils erhobenen Sachrügen decken keine die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes :
17
a) Die Beweiswürdigung ist – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat – entgegen der Auffassung der Revisionsführer rechtsfehlerfrei. Dies gilt auch hinsichtlich der Feststellungen, die das Landgericht zu Irrtum und irrtumsbedingter Vermögensverfügung der angeschriebenen Geschädigten in den Fällen des vollendeten Betruges getroffen hat.
18
aa) Der Bundesgerichtshof hat sich in den letzten Jahren in einer Reihe von Fällen mit der Frage beschäftigt, wie in (Massen-)Betrugsverfahren in tragfähiger Weise Feststellungen zum inneren Vorstellungsbild der getäuschten Personen getroffen werden können (vgl. aus sachlich-rechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198; Urteil vom 9. Juni 2009 – 5 StR 394/08, NStZ 2009, 697; Beschluss vom 22. Januar 2012 – 3 StR 285/11, wistra 2012, 315; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459; Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13; vgl. aus verfahrensrechtlicher Perspektive BGH, Urteil vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, wistra 2009, 433, 434 [insoweit in BGHSt 54, 44 nicht ab- gedruckt]; Beschluss vom 15. Oktober 2013 – 3 StR 154/13, NStZ 2014, 111 m. Anm. Allgayer; vgl. zur Beschränkung gemäß § 154a StPO auf den Vorwurf des nur versuchten Betruges in vergleichbaren Fällen BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, 122; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
19
Für die Beweiswürdigung in derartigen Fällen gilt: Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist. In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvor- stellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen, wobei er dies im Urteil darzulegen hat (BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215 f.).
20
bb) Dies hat das Landgericht im vorliegenden Fall getan. Es hat aus einer Reihe von Indizien den Schluss gezogen, dass mindestens einer der je- weils Angeschriebenen auf die inhaltlich unzutreffenden, als „Rechnung“ oder „Zahlungsaufforderung“ bezeichneten Schreiben in der irrigen Vorstellung ge- zahlt hat, er sei zur Zahlung des geforderten Geldbetrages aufgrund des (konkludent ) vorgespiegelten Vertragsinhalts verpflichtet. Vor dem Hintergrund, dass die Forderungen eine nicht unerhebliche Summe (deutlich über der Geringwertigkeitsgrenze von 25 Euro, vgl. Fischer, 61. Aufl., § 243 Rn. 25 mwN) betrafen und bei derartigen Beträgen jedenfalls grundsätzlich davon auszugehen ist, dass niemand eine so hohe angebliche Forderung bezahlt, von der er weiß, dass sie zu Unrecht erhoben wird, konnte die Strafkammer aus den erfolgten Zahlungen insgesamt den Schluss ziehen, dass mindestens eine von über 50 Personen irrtumsbedingt gezahlt hat. Die Schlussfolgerung des Landgerichts , dass jedenfalls nicht alle Geschädigten nur deshalb gezahlt haben, „um ihre Ruhe zu haben“, ist lebensnah und nachvollziehbarund deshalb vom Revisionsgericht nicht zu beanstanden. Die Erwägung eines solchen Zahlungsmotivs gewinnt bei unberechtigt übersandten Rechnungen und Mahnschreiben zwar an Gewicht, je niedriger der angeforderte Zahlbetrag und je stärker die Mahnfrequenz und Mahnintensität – und damit die nötigungsnahe Lästigkeit – ist. Bei Fällen wie dem vorliegenden (Zahlbetrag deutlich über 25 Euro, jeweils über 50 Geschädigte, keine hohe Aufforderungsfrequenz und -intensität) lässt die Annahme, mindestens eine dieser Personen habe irrtumsbedingt und nicht lästigkeitsbedingt verfügt, Rechtsfehler nicht erkennen.
21
cc) Ein Rechtsfehler liegt auch nicht darin, dass sich das Gericht zur Feststellung dieses Irrtums nicht auf die Aussage eines oder mehrerer Zeugen, sondern auf äußere Umstände und allgemeine Erfahrungssätze gestützt hat.
22
Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das Gericht in der Regel – vor allen Dingen bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild der Geschädigten – auch lediglich aus Indizien auf einen Irrtum schließen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216 mwN). Die Feststellung des Vorstellungsbildes geschädigter Personen beim Betrug folgt dabei keinen anderen Regeln als die Feststellung sonstiger innerer Tatsachen wie etwa des Vorsatzes beim Angeklagten. Auch dort ist der Schluss von äußeren Umständen auf eine innere Einstellung regelmäßig möglich und teilweise auch geboten (vgl. nur zum Tötungsvorsatz bei objektiv äußerst gefährlichen Gewalthandlungen BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186). Feste Beweisregeln für die Feststellung innerer Sachverhalte kennt das Gesetz weder hinsichtlich des Angeklagten noch hinsichtlich möglicher Geschädigter. Es gilt vielmehr – unabhängig vom Tatbestand – der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 261 StPO).
23
Soweit in einigen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs anklingt, Feststellungen zum Irrtum seien beim Betrug in aller Regel nur möglich, wenn die irrende Person oder bei Massenbetrugsfällen jedenfalls einige der Geschädigten ermittelt und als Zeugen in der Hauptverhandlung vernommen würden (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459 f.), könnte der Senat dem nicht ohne weiteres folgen. Denn gerade bei einem normativ geprägten Vorstellungsbild wird der Schluss auf einen Irrtum des Verfügenden häufig allein auf tragfähige Indizien gestützt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216). Grundlage eines solchen Indizschlusses können auch äußere Umstände sein, die der Angeklagte glaubhaft gestanden hat, weshalb es keinen Rechtssatz des Inhalts gibt, Feststellungen zu einem Irrtum beim Betrug könnten nicht auf der Grundlage eines Geständnisses des Angeklagten getroffen werden (in diese Richtung aber wohl BGH, Beschluss vom 17. Juni 2014 – 2 StR 658/13, NStZ 2014, 644, 645; vgl. zu dieser Problematik auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460).
24
dd) In Massenbetrugsverfahren kann sich das Gericht seine Überzeugung von einem Irrtum vieler Geschädigter auch dadurch verschaffen, dass es einige der Geschädigten als Zeugen vernimmt (oder deren Aussagen auf andere Art und Weise in die Hauptverhandlung einführt) und aus deren Angaben zum Vorliegen eines Irrtums indiziell auf einen Irrtum bei anderen Geschädigten schließt (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422; Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 616/12, NJW 2014, 2595; Urteil vom 27. März 2014 – 3 StR 342/13, NJW 2014, 2054; Urteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459).
25
b) Soweit es danach nahe gelegen hätte, die Angeklagten auch in den Fällen der Organisation einer „Anrufwelle“ jeweils wegen vollendeten Betruges zu verurteilen, sind sie durch die wenig nachvollziehbare Annahme bloßen Versuchs nicht beschwert.
26
c) Die Strafzumessung des Landgerichts ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Es hat in den Vollendungsfällen jeweils zu Gunsten der Angeklagten gewürdigt , dass der Vollendungsschaden nur sehr gering war, zu ihren Lasten aber die Höhe des erstrebten unrechtmäßigen Vermögensvorteils. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2006 – 5 StR 181/06, BGHSt 51, 165, 179). Weil in derartigen Fällen regelmäßig ein gegenüber dem Erfolgsunrecht besonders gesteigertes Handlungsunrecht vorliegt, ist es für die Strafzumessung nicht immer von entscheidender Bedeutung, ob es bei (einzelnen) Betrugstaten zur Vollendung kommt oder mangels Irrtums des Getäuschten oder wegen fehlender Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung beim Versuch bleibt. Wenn die Taten eine derartige Nähe zur Tatvollendung aufweisen, dass es vom bloßen Zu- fall abhängt, ob die Tatvollendung letztlich doch noch am fehlenden Irrtum des Tatopfers scheitert, kann das Tatgericht unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters und der Tatumstände des konkreten Einzelfalls zum Ergebnis gelangen, dass jedenfalls die fakultative Strafmilderung gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu versagen ist (Senat, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NStZ 2013, 422, 424).
Raum Rothfuß Graf
Radtke Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 348/18
vom
16. August 2018
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
ECLI:DE:BGH:2018:160818B5STR348.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 16. August 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 9. Januar 2018 wird verworfen.
Der Angeklagte S. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revision des Angeklagten T. wird das vorgenannte Urteil hinsichtlich dieses Angeklagten im Gesamtstrafenausspruch und im Ausspruch über das Absehen von der Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 15. Oktober 2015 in Verbindung mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts Plauen vom 31. August 2015 aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten T. wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Betruges in 85 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen den Angeklagten T. hat es wegen Betruges in 23 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verhängt. Dabei hat es die Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 11. August 2016 einbezogen, hingegen von der Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil desselben Gerichts vom 15. Oktober 2015 ausdrücklich abgesehen. Hinsichtlich beider Angeklagten hat es ferner jeweils zwei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Gegen die Verurteilung richten sich auf die Verletzung formellen sowie sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Während das Rechtsmittel des Angeklagten S. nicht durchdringt, erzielt das des Angeklagten T. den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Schuldsprüche gegen die Angeklagten wegen Betruges halten rechtlicher Überprüfung stand. Näherer Erörterung bedarf über die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts hinaus nur die Annahme des Landgerichts , die Geschädigten hätten einem durch Täuschung der Angeklagten veranlassten Irrtum im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB unterlegen.
3
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte S. in den Jahren 2012 und 2013 Kaufverträge über neue, meist hochwertige Kraftfahrzeuge mit Rabattversprechen von bis zu 30 % an. Dabei spiegelte er den Kunden vor, die Verträge nach den vereinbarten Bedingungen erfüllen oder Vorauszahlungen jedenfalls zurückzahlen zu können. Im Vertrauen darauf ent- richteten Käufer in 85 Fällen bei Vertragsschluss den vollen Kaufpreis oder Abschlagszahlungen. Der höchste Rabatt (30 %) wurde bei Überweisung der Vo- rauszahlungen auf ein „Fahrzeugbeschaffungskonto“ des Angeklagten S. versprochen. Ein etwas geringerer Rabatt wurde in Aussicht gestellt, wenn auf ein durch einen Mittäter gehaltenes „Treuhandkonto“ eingezahlt würde.
4
In Wahrheit verfügte der Angeklagte S. jedoch nicht über die notwendigen Verbindungen, um die versprochenen hohen Rabatte erzielen zu können. Entsprechend vorgefasstem Tatentschluss verwendete er die Gelder vielmehr für hochspekulative Kapitalanlagen mit dem Risiko eines – später eingetretenen – Totalverlustes, im Rahmen derer Renditen bis zu 10.000 % pro Jahr versprochen worden waren. Mit einem (geringeren) Teil der Gelder zahlte er Provisionen und finanzierte die Abwicklung anderer Verträge. Die Fähigkeit, das jeweilige Fahrzeug zum vereinbarten Preis zu liefern oder wenigstens die Anzahlung zurückzuzahlen, hing demnach davon ab, dass Erträge aus den hochriskanten Kapitalanlagen erzielt bzw. weitere Gelder von Neukunden beschafft werden könnten. Der Angeklagte T. wirkte an 23 Taten mit.
5
b) Das Landgericht hat die Geschädigten nicht als Zeugen vernommen. Deren für die Tatbestandserfüllung erforderliche Fehlvorstellung hat es mit der Begründung angenommen, es sei lebensfremd, dass diese die Vorauszahlungen bei Kenntnis der wahren Sachlage entrichtet hätten.
6
Hiermit hat es in der Sache Maßgaben zugrunde gelegt, die die neuere Rechtsprechung für Massenbetrugsfälle entwickelt hat. Danach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich das Gericht zur Feststellung des Irrtums nicht auf die Aussage eines oder mehrerer ausgewählter Zeugen stützt, sondern sich die Überzeugung vom Vorliegen betrugsrelevanter Fehlvorstellungen aufgrund äußerer Umstände und allgemeiner Erfahrungssätze verschafft (vgl. BGH, Be- schluss vom 4. September 2014 − 1 StR 314/14, NStZ 2015, 98, 100; Urteile vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, 216; vom 6. September 2017 – 5 StR 268/17, NStZ-RR 2017, 375, 376).
7
Das gilt gerade bei normativ geprägten Vorstellungsbildern wie den vorliegenden. Die Kunden hatten die Zahlungen zweckgebunden für den Erwerb eines Neuwagens entrichtet. Die Zweckgebundenheit tritt dabei in den Fällen besonders deutlich hervor, in denen die Vorauszahlungen unter Hinnahme eines etwas geringeren Rabatts auf ein vorgebliches „Treuhandkonto“ überwiesen wurden. In anderen Fällen enthielten die Vertragsunterlagen den Hinweis, dass die durch den Angeklagten S. geführten Unternehmen die „Vorfinan- zierung der Fahrzeuge“ übernähmen und der Kaufpreis als „Sicherheitsleis- tung“ eingezahlt werde. Unter diesen Vorzeichen konnte es das Landgericht als ausgeschlossen ansehen, dass die Kunden sich auf das Geschäft eingelassen und die Vorauszahlungen entrichtet hätten, wenn sie gewusst hätten, dass der Angeklagte S. das Geld in hochgradig riskante Spekulationsgeschäfte zu investierten beabsichtigte und es vom Erfolg dieser Spekulationen oder von der Akquirierung immer neuer Kunden im Wege eines „Schneeballsystems“ ab- hängen würde, ob das jeweilige Fahrzeug beschafft oder die Vorauszahlungen erstattet werden könnten.
8
2. Der Gesamtstrafausspruch gegen den Angeklagten T. kann hingegen nicht bestehen bleiben. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt : „Ausweislich der Feststellungen auf UA S. 5 f. wurde der Ange- klagte rechtskräftig durch das Amtsgericht Plauen am 15. Oktober 2015 zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 EUR und am 11. August 2016 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Letztgenannte Strafe hat das Landgericht in die zu bildende Gesamtfreiheitstrafe einbezogen (vgl. UA S. 2, 49). Damit erweist sich das angefochtene Urteil in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft: Zum einen teilt es den Vollstreckungsstand hinsichtlich der verhängten Geldstrafe aus der Entscheidung vom 15. Oktober 2015 nicht mit. Es kann deswegen nicht beurteilt werden, ob das Landgericht überhaupt ihr gesondertes Bestehenbleiben – ungeachtet der Erforderlichkeit einer entsprechenden Tenorierung (vgl. Fischer, StGB, 65. Aufl., § 55 Rdnr. 38) – in den Urteilsgründen feststellen konnte (vgl. Senat, Beschluss vom 22. Februar 2000 – 5 StR 1/00 –, juris Rdnr. 7) und die Gesamtstrafenbildung rechtsfehlerfrei erfolgt ist. Soweit das Urteil des Amtsgerichts Plauen vom 15. Oktober 2015 nämlich bereits vollständig vollstreckt worden wäre, hätte das Landgericht derartige Feststellungen auf der Grundlage von § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB jedenfalls nicht vornehmen dürfen. Indessen wäre für den gegenteiligen – bei noch nicht vollständig abgeschlossener Vollstreckung – Falldie Zäsurwirkung der auf die Geldstrafe lautenden Vorverurteilung nicht entfallen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. April 1991 – 5 StR 156/91 –, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9; vom 2. Juni 2010 – 5 StR 198/10 –; BGH, Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184; Beschlüsse vom 21. Februar 2008 – 4 StR 666/07 –, juris Rdnr. 3; und vom 29. November 2017 – 3 StR 507/17 –, juris). Dann aber hätte die Strafe aus dem Urteil vom 11. August 2016 nicht in die zu bildende Gesamtstrafe einfließen dürfen, weil die zur Aburteilung gelangten Taten in den Jahren 2012 bis 2013 und damit bereits vor der Zäsurwirkung entfaltenden ersten Vorverurteilung vom 15. Oktober 2015 begangen wurden (vgl. UA S. 16-29). Dies würde den Angeklagten auch beschweren, weil hierdurch die für ihn vorteilhafte Bewährungssausetzung der einbezogenen neunmonatigen Freiheitsstrafe in Wegfall geraten ist. Die Entscheidung über die neu zu bildende Gesamtstrafe kann nicht gemäß § 354 Abs. 1b StPO dem Beschlussverfahren nach §§ 460, 462 StPO überlassen werden; denn nach den vorstehenden Ausführungen steht nicht sicher fest, ob und in welcher Weise die Gesamtstrafenbildung fehlerhaft war (vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 354 Rn. 31; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 6. Aufl., Rdnr. 1267). Die Kompensationsentscheidung ist rechtsfehlerfrei begründet. Da sie eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung darstellt, bleibt sie von der Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs unberührt (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 – 3 StR 250/09 –, BGHSt 54, 135, 138).“
9
Dem tritt der Senat bei.
Mutzbauer König Berger
Mosbacher Köhler