Bundesgerichtshof Urteil, 02. Nov. 2017 - 3 StR 301/17

published on 02/11/2017 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 02. Nov. 2017 - 3 StR 301/17
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 301/17
vom
2. November 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2017:021117U3STR301.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. November 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof Gericke, Dr. Tiemann, Dr. Berg, Hoch als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 3. März 2017 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe angeordnet. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Das gilt insbesondere für den Strafausspruch. Insoweit stellt es entgegen der vom Generalbundesanwalt vertretenen Auffassung keinen auf die Sachrüge zu beachtenden Darlegungsmangel dar, dass die Strafkammer nicht erörtert hat, ob die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe (§ 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorlagen.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Mitangeklagte V. spätabends einen Lieferfahrer der von seinem Vater betriebenen Pizzeria dazu, eine telefonisch bestellte Pizza zu einem abgelegenen Parkplatz zu bringen, um ihn dort zu überfallen. Nachdem der Lieferfahrer in Begleitung eines weiteren Mitarbeiters der Pizzeria an dem Parkplatz eingetroffen war, bedrohte der Angeklagte aufgrund eines zwischenzeitlich gemeinsam mit V. gefassten Tatentschlusses den Lieferfahrer und dessen Kollegen mit einem Messer, so dass es V. gelang, ihnen das mitgeführte Bargeld wegzunehmen.
4
Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer sowohl dem Angeklagten als auch dem Mitangeklagten deren umfassende Geständnisse zugute gehalten. Zugunsten des Angeklagten hat sie darüber hinaus "insbesondere auch berücksichtigt, dass er sich bereits frühzeitig im Ermittlungsverfahren zu der Tat bekannt und umfassende Angaben gemacht" habe.
5
2. Diese Strafzumessungserwägung erforderte keine Prüfung der Voraussetzungen des § 46b StGB.
6
a) Die Strafmilderungsmöglichkeit gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB kommt in Betracht, wenn der Täter wesentlich zur Aufklärung beigetragen hat, wobei sich sein Aufklärungsbeitrag in Fällen, in denen er - wie hier - an der Tat beteiligt war, über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken muss (§ 46b Abs. 1 Satz 3 StGB). Wesentliche Aufklärungshilfe liegt vor, wenn die Tat ohne den Aufklärungsbeitrag nicht oder nicht im gegebenen Umfang aufgeklärt worden wäre, die Aussage des Täters jedenfalls aber eine sicherere Grundlage für die Aburteilung des Tatbeteiligten schafft, indem sie den Strafverfolgungsbehörden die erforderliche Überzeugung vermittelt, dass ihre bisherigen Erkenntnisse zutreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2016 - 5 StR 26/16, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 5).
7
b) Den Urteilsgründen lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Angeklagte einen wesentlichen Beitrag zur Überführung des Mitangeklagten geleistet haben könnte. Allein der Umstand, dass er bereits im Ermittlungsverfahren "umfassende Angaben" gemacht hat, ist insoweit nicht aussagekräftig. Außerdem wurde der Mitangeklagte bereits am Tag nach der Tat, der Angeklagte hingegen erst einen Tag später festgenommen.
8
In Anbetracht dessen bestand sachlichrechtlich kein Anlass, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 46b StGB zu prüfen. Eine Aufklärungsrüge ist nicht erhoben worden.
Becker Gericke Tiemann
Berg Hoch
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(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist, 1. durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs.
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Annotations

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.