Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2011 - 3 StR 419/10

bei uns veröffentlicht am17.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 419/10
vom
17. Februar 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________________
Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses richtet sich auch bei der Verabredung
mehrerer Verbrechen für jeden Tatbeteiligten allein nach dessen Tathandlung(en) im
Sinne des § 30 Abs. 2 StGB und nicht danach, in welchem konkurrenzrechtlichen
Verhältnis die verabredeten Taten im Falle ihrer Verwirklichung gestanden hätten.
BGH, Urteil vom 17. Februar 2011 - 3 StR 419/10 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion
u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. Februar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juli 2010 wird
a) die Strafverfolgung auf Antrag des Generalbundesanwalts in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe auf den Vorwurf der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion beschränkt ;
b) das vorbezeichnete Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten jeweils der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Beihilfe zum Computerbetrug sowie der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen schuldig sind;
c) das vorbezeichnete Urteil im gesamten Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit Ausspähen von Daten und Beihilfe zum Computerbetrug (Fall II. 1. der Urteilsgründe) sowie der versuchten gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe) schuldig gesprochen. Es hat gegen den Angeklagten B. eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten sowie gegen die Angeklagten N. und P. jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verhängt. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten, mit denen sie die Verletzung sachlichen Rechts rügen, haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie aus den Gründen der jeweiligen Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte B. in Rumänien Kontakt zu Personen, die arbeitsteilig sog. Skimming betrieben. Von diesen wurde er angesprochen, ob er und Bekannte bereit seien, für ein Entgelt in Deutschland an Geldautomaten Lesegeräte und Mobiltelefone mit Funkkameras anzubringen, zu kontrollieren sowie nach einiger Zeit wieder zu entfernen, um auf diese Weise illegal Daten von EC-Karten zu erlangen, die sodann auf leeren Kartenrohlingen (sog. White Plastics) abgespeichert werden sollten. Er ging mit den von ihm kontaktierten Angeklagten N. und P. auf das Angebot ein; alle drei lebten in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen und wollten auf die ihnen angetragene Art Geld verdienen. Im Januar 2010 reisten die Angeklagten nach Deutschland und erhielten in Dortmund die zur Tatbegehung erforderliche Ausrüstung sowie die Adressen mehrerer Bankinstitute. Die ihnen zu einem Teil vorab gezahlte, im Übrigen versprochene Entlohnung hätte in ih- rer Heimat für mehrere Monate zum Leben gereicht. Am frühen Morgen des 17. Januar 2010 montierte der Angeklagte B. die Skimming-Apparatur unter Mithilfe des Angeklagten N. an dem Geldautomaten einer Filiale der D. Bank AG in Duisburg; der Angeklagte P. blieb vor der Eingangstür und sicherte das Tun ab. Nachdem die Angeklagten den Geldautomaten einmal überprüft hatten, entfernten sie gegen Abend desselben Tages die angebrachten Geräte wieder. Mit Hilfe der auf diese Weise erlangten Daten wurden zumindest drei sog. White-Plastics für Maestro-Karten hergestellt; mit diesen hoben unbekannte Dritte an den beiden nächsten Tagen in Bukarest und Rom ca. 3.600 € Bargeld ab (Fall II. 1. der Urteilsgründe). In identischer Vorgehensweise manipulierten die Angeklagten am 19. Januar 2010 einen weiteren und am 23. Januar 2010 zwei weitere Geldautomaten. Die Manipulationen wurden jedoch jeweils entdeckt, bevor die Angeklagten die Daten erlangen und zur Herstellung der Falsifikate weitergeben konnten (Fälle II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe).
3
I. Die rechtliche Würdigung dieses Geschehens durch das Landgericht hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand.
4
1. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts wird allerdings die Wertung der Strafkammer, die Angeklagten hätten sich im Fall II. 1. der Urteilsgründe wegen mittäterschaftlicher gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4, § 25 Abs. 2 StGB) strafbar gemacht, von den Feststellungen getragen; diese belegen nicht lediglich jeweils eine Beihilfe zu dem genannten Delikt. Der Senat hat bislang in vergleichbaren Fällen die Annahme von Mittäterschaft durch die Tatgerichte gebilligt (vgl. etwa den insoweit nach § 349 Abs. 2 StPO ergangenen Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 95/10). Dem widersprechende Entscheidungen der anderen Strafsenate des Bundesgerichtshofs sind nicht ersichtlich. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass für eine andere Betrachtung; er weist auch keine Besonderheiten auf, die zu einem entgegenstehenden Ergebnis führen könnten. Im Einzelnen gilt:
5
a) Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Dezember 2009 - StB 51/09, NStZ 2010, 445, 447). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht in jedem Fall eine Mitwirkung am Kerngeschehen ; sie kann vielmehr auch durch eine nicht ganz untergeordnete Beteiligung an Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Tatbeitrag sich nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt (BGH, Urteile vom 26. April 1990 - 4 StR 143/90, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Tatherrschaft 4; vom 7. Mai 1996 - 1 StR 168/96, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 26).
6
b) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Annahme von Mittäterschaft durch das Landgericht nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die wesentlichen , für und gegen die Mittäterschaft sprechenden Gesichtspunkte erwogen und ohne Rechtsfehler gewichtet. Dabei ist von Belang, dass die Angeklagten zwar an der unmittelbaren Verwertung der von ihnen beschafften Daten zur Herstellung der Kartendubletten nicht beteiligt waren. Ihre Mitwirkung beschränkte sich vielmehr auf das Ausspähen und Weiterleiten der Daten und damit auf Handlungen im Vorfeld der eigentlichen Tatbestandsverwirklichung. Mit diesen leisteten sie jedoch - eingebunden in die Gesamtorganisation - einen besonders erheblichen objektiven Tatbeitrag; denn das Beschaffen der Daten war die unverzichtbare Voraussetzung für das weitere deliktische Vorgehen. Ohne die ausgespähten Daten hätten keine Dubletten hergestellt werden können. Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligten subjektiv den Beitrag der Angeklagten geringer einschätzten, lassen sich den Feststellungen nicht entnehmen. Nicht wesentlich für eine Beihilfe spricht auch, dass den Angeklagten - die in Deutschland nicht über nennenswerte Ortskenntnisse verfügten - die einzelnen Banken vorgegeben wurden. Ins Gewicht fällt vielmehr, dass sie vor Ort bezüglich des gesamten Ausspähens der Daten beim Einbau, der Kontrolle sowie dem Abbau der erforderlichen Geräte auf sich allein gestellt waren und damit über einen längeren Zeitraum jedenfalls teilweise durchaus komplexe, besondere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordernde Handlungen zu verrichten hatten, die zudem für sie mit einem im Vergleich zu den übrigen Beteiligten besonderen Entdeckungsrisiko verbunden waren. Auch das Tatinteresse der Angeklagten war hoch; denn der Umfang der ihnen zum Teil gezahlten und im Übrigen versprochenen Entlohnung mag zwar nach herkömmlichen mitteleuropäischen Maßstäben eher gering erscheinen; das Entgelt hätte den Angeklagten jedoch in ihrer Heimat für mehrere Monate zum Leben genügt.
7
Der Angeklagte P. , der die Bankfiliale nicht betrat, sondern den Tatort und das Umfeld von außen beobachtete, um die Angeklagten B. und N. erforderlichenfalls warnen zu können, handelte ebenfalls als Mittäter. Das Landgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler darauf abgestellt, dass der im Wege der Arbeitsteilung vorgenommene Tatbeitrag des Angeklagten P. als gewichtig einzuordnen ist. Die Absicherung durch ihn war eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die übrigen Angeklagten ihre längere Zeit in Anspruch nehmenden, aufgrund der Art der Tätigkeit sowie der räumlichen Situation mit einem hohen Risiko verbundenen Handlungen vornehmen konnten, ohne insbesondere beim Ein- und Ausbau der Apparatur jederzeit befürchten zu müssen, entdeckt zu werden. Der Angeklagte P. war nach der getroffenen Vereinbarung folgerichtig an der Entlohnung zu einem gleichen Anteil beteiligt wie die Angeklagten B. und N. ; sein Interesse an der Tat war deshalb entsprechend hoch.
8
2. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Ausspähens von Daten (§ 202a StGB) im Fall II. 1. der Urteilsgründe kann nicht bestehen bleiben. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfüllt das Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte (EC-Karte) gespeicherten Daten mittels eines am Einzugslesegerät eines Geldautomaten angebrachten weiteren Lesegeräts nicht den Tatbestand des § 202a Abs. 1 StGB (BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 4 StR 93/09, NStZ 2010, 275; vom 6. Juli 2010 - 4 StR 555/09, BGHR StGB § 202a Ausspähen 1). Der Senat hat auf Anfrage des 4. Strafsenats (BGH, Beschluss vom 18. März 2010 - 4 StR 555/09, NStZ 2010, 509) seine frühere entgegenstehende Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04, NStZ 2005, 566) aufgegeben (BGH, Beschluss vom 6. Mai 2010 - 3 ARs 7/10).
9
3. Die Feststellungen in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe belegen lediglich die Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen, nicht aber die versuchte Begehung des Delikts in drei Fällen; denn mit ihren jeweils gescheiterten Bemühungen, in den Besitz der Daten zu gelangen, setzten die Angeklagten noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestands an.
10
a) Ein derartiges unmittelbares Ansetzen liegt nur bei solchen Handlungen vor, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum "Jetzt geht es los" überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07, NStZ 2008, 409, 410).
11
b) Danach ist das Stadium des Versuchs des gewerbs- und bandenmäßigen Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion erst dann erreicht , wenn der Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst beginnt. Das Anbringen einer SkimmingApparatur an einem Geldautomaten in der Absicht, durch diese Daten zu erlangen , die später zur Herstellung von Kartendubletten verwendet werden sollen, stellt demgegenüber lediglich eine Vorbereitungshandlung zur Fälschung von Zahlungskarten dar (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623; Beschluss vom 14. September 2010 - 5 StR 336/10, NJW-Spezial 2010, 664).
12
c) Diese könnte allenfalls durch § 152a Abs. 5, § 152b Abs. 5, § 149 StGB gesondert unter Strafe gestellt sein. Der Senat hat indes auf Antrag des Generalbundesanwalts den Vorwurf der Vorbereitung der Fälschung von Zahlungskarten , Schecks und Wechseln gemäß den § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen. Deshalb kann offen bleiben, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 149 Abs. 1 StGB tatsächlich vorliegen und ob der Rechtsprechung des 2. Strafsenats (BGH, Urteil vom 13. Ja- nuar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623, 624) und Teilen der Literatur (MünchKomm-StGB Erb, § 149 Rn. 10) gefolgt werden kann, wonach dieses Delikt gegenüber der Verbrechensverabredung nach § 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4 StGB zurücktritt (vgl. etwa Fischer, StGB, 58. Aufl., § 30 Rn. 18 einerseits: Zurücktreten des § 30 gegenüber § 149; § 149 Rn. 12 andererseits: Idealkonkurrenz möglich).
13
d) Nach den Feststellungen haben die Angeklagten allerdings die Voraussetzungen der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion nach § 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 Nr. 1, § 152b Abs. 1, 2 und 4 StGB verwirklicht, indem sie eine von ihrem ernstlichen Willen getragene Vereinbarung trafen, an der Verwirklichung bestimmter Verbrechen mittäterschaftlich mitzuwirken.
14
Dabei liegt hier eine Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei tateinheitlichen Fällen vor; denn die Angeklagten haben nach den Feststellungen lediglich eine Verabredung getroffen, mithin nur eine Tathandlung begangen. Demgegenüber kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass diese Verabredung sich auf die Begehung mehrerer - im Falle ihrer Verwirklichung in Tatmehrheit stehender - Verbrechen bezog. Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zwischen verschiedenen Straftaten richtet sich - auch bei der Mitwirkung mehrerer Tatbeteiligter - für jeden Beteiligten allein danach, welche Tathandlungen er im Hinblick auf die jeweilige Tat vorgenommen hat; dies gilt unabhängig davon , ob die einzelne Tat nur verabredet, versucht oder vollendet worden ist, und in welcher Form der jeweilige Tatbeteiligte an ihr mitgewirkt hat.
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So ist im Falle der Mittäterschaft der Umfang des Tatbeitrags bzw. der Tatbeiträge jedes Mittäters maßgeblich. Erbringt er im Vorfeld oder während des Laufs einer Deliktsserie Tatbeiträge, durch die alle oder je mehrere Einzeldelikte seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden, so sind ihm die je gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen , da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, NJW 2004, 2840, 2841; Beschlüsse vom 29. April 2008 - 4 StR 125/08, NStZ-RR 2008, 275; vom 19. August 2010 - 3 StR 221/10). Fördert der Gehilfe durch eine Beihilfehandlung mehrere rechtlich selbstständige Haupttaten eines oder mehrerer Haupttäter, so ist nur eine Beihilfe im Rechtssinne gegeben (BGH, Beschluss vom 4. März 2008 - 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168, 169). Auch bei der Anstiftung kommt es für die Frage der Konkurrenz auf die Einheitlichkeit der Handlung des Anstifters an; deshalb ist die Anstiftung mehrerer Personen zu jeweils selbstständigen Delikten als tateinheitlich zu werten, wenn sie durch dieselbe Handlung begangen wird (Fischer, StGB, 58. Aufl., § 26 Rn. 19).
16
Es besteht kein Anlass, von diesen Grundsätzen bei der Verabredung von Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB abzuweichen. Dadurch, dass die Angeklagten durch die in der Verabredung liegende einheitliche Handlung die Begehung mehrerer - nach den Feststellungen jedenfalls dreier - Verbrechen vereinbart haben, haben sie das Delikt nach § 30 Abs. 2 StGB in gleichartiger Idealkonkurrenz verwirklicht. Der Senat hat dies zur gebotenen Klarstellung in der Urteilsformel kenntlich gemacht (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 260 Rn. 26).
17
Der Senat ist an dieser Entscheidung nicht durch die Rechtsprechung des 2. Strafsenats gehindert. Zwar soll sich nach dessen Ansicht bei der Verabredung von Verbrechen nach § 30 Abs. 2 StGB die Beurteilung der Konkurrenzen nach dem Verhältnis der vereinbarten und später zu begehenden Taten, hier demnach der Verbrechen der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, richten (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - 2 StR 439/09, NJW 2010, 623, 624; zweifelnd Fischer aaO § 30 Rn. 16). Diese Rechtsauffassung trägt indes das genannte Urteil nicht; denn der 2. Strafsenat ist im konkreten Fall nach dem Grundsatz in dubio pro reo ebenfalls von einer tateinheitlichen Begehung der in Aussicht genommenen Verbrechen nach § 152b Abs. 2 StGB ausgegangen und damit zu demselben Ergebnis gelangt, das sich ergeben hätte, wenn er auf die Einheitlichkeit der Verabredung und damit der Tathandlung abgestellt hätte.
18
II. Es ist auszuschließen, dass ein neues Tatgericht weitergehende Feststellungen treffen kann. Der Senat ändert deshalb den jeweiligen Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ab. Dem steht § 265 StPO nicht entgegen; die geständigen Angeklagten hätten sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
19
III. Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Ausspähens von Daten im Fall II. 1. der Urteilsgründe sowie die Umstellung des Schuldspruchs in den Fällen II. 2. a) bis c) der Urteilsgründe bedingen die Aufhebung der Ein- zel- und der Gesamtstrafen. Die zum jeweiligen Strafausspruch rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden hiervon nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, insoweit ergänzende Feststellungen zu treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen. Becker Pfister von Lienen Hubert Schäfer

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(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen,

1.
inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder
2.
solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, feilhält, einem anderen überlässt oder gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(4) Zahlungskarten und andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Wertzeichen bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 BJs 26/77-5
StB 51/09
vom
23. Dezember 2009
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen Mordes
hier: Haftbeschwerde der Beschuldigten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Dezember 2009 gemäß
§ 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Beschuldigten werden der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichthofs vom 26. August 2009 (1 BGs 177/09) sowie dessen Beschluss über die Aufrechterhaltung des Haftbefehls vom 28. August 2009 (1 BGs 180/09) aufgehoben. Die Beschuldigte ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen. 2. Die Kosten des Rechtsmittels und die der Beschwerdeführerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe:

I.

1
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs hat gegen die Beschuldigte am 26. August 2009 wegen des dringenden Verdachts des mittäterschaftlich begangenen Mordes (§§ 211, 25 Abs. 2 StGB) in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen (§ 52 StGB) Haftbefehl erlassen. Danach ist die Beschuldigte dringend verdächtig, an dem Anschlag vom 7. April 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein, bei dem der damalige Generalbundesanwalt Siegfried Buback , sein Fahrer Wolfgang Göbel und sein weiterer Begleiter Erster Justizhauptwachtmeister Georg Wurster getötet wurden. Die Beschuldigte ist darauf- hin am 27. August 2009 festgenommen worden. Mit Beschluss vom 28. August 2009 hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs nach Vorführung der Beschuldigten den Haftbefehl aufrechterhalten und in Vollzug gesetzt. Die Beschuldigte befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
2
Mit Schriftsatz vom 11. November 2009 hat die Beschuldigte gegen den Haftbefehl vom 26. August 2009 und den Beschluss vom 28. August 2009 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den Haftbefehl aufzuheben. Zur Begründung führt sie aus, es bestehe möglicherweise ein Verfahrenshindernis; außerdem liege weder ein dringender Tatverdacht noch ein Haftgrund vor.
3
Der Generalbundesanwalt ist der Beschwerde entgegen getreten. Er ist der Auffassung, nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen sei zwar nicht davon auszugehen, dass die Beschuldigte am Tattag unmittelbar an der Ermordung von Generalbundesanwalt Buback sowie seiner Begleiter Göbel und Wurster als Fahrerin des bei der Tat benutzten Motorrads oder als Schützin beteiligt gewesen sei. Sie sei jedoch dringend verdächtig, sich in sonstiger Weise als Mittäterin an dem Anschlag beteiligt zu haben.
4
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichthofs hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

5
Die zulässige Haftbeschwerde hat im Ergebnis Erfolg. Der Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs kann keinen Bestand haben. Zwar ist die Beschuldigte nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen - wenn auch nicht des mittäterschaftlich begangen Mordes, so doch - der Beihilfe zum Mord (§§ 211, 27 Abs. 1 StGB) in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen dringend verdächtig. Ein für die Anordnung von Untersuchungshaft zwingend erforderlicher Haftgrund (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) besteht indes nicht. Im Einzelnen :
6
Nach dem Ergebnis der Ermittlungen verübte am 7. April 1977 in Karlsruhe ein "Kommando Ulrike Meinhof" (im Folgenden: "Kommando") der "Rote Armee Fraktion" (im Folgenden: "RAF") im Rahmen der sog. Offensive 77 einen Anschlag auf den damaligen Generalbundesanwalt Buback, dem auch sein Fahrer Göbel und sein weiterer Begleiter Erster Justizhauptwachtmeister Wurster zum Opfer fielen.
7
Am Tattag lauerten zwei Mitglieder des "Kommandos" dem Dienstwagen des Generalbundesanwalts Buback auf der Fahrt zum Dienstgebäude der Bundesanwaltschaft auf. Sie verwendeten ein Motorrad Marke Suzuki GS 750, das von dem "RAF"-Mitglied Sonnenberg angemietet worden war. Als das Dienstfahrzeug kurz nach 9.00 Uhr an einer Verkehrsampel anhalten musste, fuhren die Mitglieder des "Kommandos" mit ihrem Motorrad rechts neben den PKW. Die Person auf dem Soziussitz holte aus einer mitgeführten Reisetasche ein an Lauf und Schaft verkürztes Selbstladegewehr und gab daraus eine Serie von mindestens 15 Schüssen durch die Seitenfenster auf die drei Insassen des Dienstfahrzeugs ab. Generalbundesanwalt Buback und sein Fahrer Göbel verstarben noch am Tatort. Erster Justizhauptwachtmeister Wurster erlag am 13. April 1977 den schweren Schussverletzungen, die er bei dem Attentat erlitten hatte. Nach dem Anschlag flohen die Täter mit dem Motorrad durch die Karlsruher Innenstadt; sodann versteckten sie es in der Kammer eines Pfeilers der Autobahnbrücke in Wolfartsweier. Dort wurden die beiden von einem weiteren Mitglied des "Kommandos" erwartet; die drei Personen setzten gemeinsam die Flucht in einem PKW Alfa Romeo fort. Sie passierten mit dem Fahrzeug eine Kontrollstelle der Polizei bei Remchingen/Singen. Zwischen 10.00 Uhr und 10.30 Uhr stellten sie den Alfa Romeo in Sachsenheim/Kreis Ludwigsburg ab. Danach verlor sich ihre Spur.
8
Die Beschuldigte, die zur Tatzeit ebenfalls der "RAF" angehörte, und Sonnenberg wurden am 3. Mai 1977 in Singen festgenommen. In einem Sonnenberg gehörenden Rucksack führten sie das bei dem Anschlag am 7. April 1977 verwendete Selbstladegewehr bei sich. Um ihre Festnahme zu verhindern , schossen sie mit weiteren mitgeführten Waffen zunächst auf zwei Polizeibeamte und verletzten diese. Sodann erpressten sie die Überlassung eines Kraftfahrzeugs, mit dem sie flüchteten. Schließlich wurden sie von vier weiteren Polizeibeamten gefasst. Bei dem ihrer Überwältigung vorausgehenden Schusswechsel wurde Sonnenberg durch einen Kopfschuss schwer verletzt; die Beschuldigte erlitt eine Schusswunde am Bein.
9
Gegen die Beschuldigte erließ der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs unter anderem wegen des dringenden Tatverdachts der mittäterschaftlichen Beteiligung an dem Attentat vom 7. April 1977 Haftbefehl. Gegen Sonnenberg ordnete er ebenfalls unter anderem wegen desselben Tatvorwurfs die Untersuchungshaft an.
10
Die Beschuldigte und Sonnenberg wurden wegen der bei ihrer Festnahme am 3. Mai 1977 begangenen Straftaten vom Oberlandesgericht Stuttgart wie folgt rechtskräftig verurteilt: die Beschuldigte durch Urteil vom 28. Dezember 1977 wegen versuchten Mordes in zwei Fällen, wegen versuchten Mordes in vier tateinheitlich zusammentreffenden Fällen sowie wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu lebenslanger Freiheitsstrafe; Sonnenberg durch Urteil vom 26. April 1978 wegen versuchten Mordes in zwei Fällen ebenfalls zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Soweit die Ermittlungen aufgrund der bei der Festnahme sichergestellten Ge- genstände den Verdacht von "Beschaffungsstraftaten" wie Diebstahl, Hehlerei u. a. begründeten, hatte der Generalbundesanwalt bereits zuvor das Verfahren am 25. Juni 1977 nach § 154 Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt. Die Vollstreckung der gegen die Beschuldigte verhängten Strafe wurde durch Gnadenentscheidung des Bundespräsidenten vom 25. September 1989 mit Wirkung vom 1. Dezember 1989 zur Bewährung ausgesetzt. Mit Entscheidung vom 30. April 1995 erließ der Bundespräsident im Wege der Gnade den noch nicht vollstreckten Teil der Strafe. Die Beschuldigte verbüßte von der lebenslangen Freiheitsstrafe insgesamt neun Jahre und etwa zwei Monate.
11
Der Generalbundesanwalt stellte durch Verfügung vom 31. März 1980 das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung der Beschuldigten an dem Attentat vom 7. April 1977 nach § 170 Abs. 2 StPO in Kenntnis der bis dahin ermittelten, die Beschuldigte teilweise belastenden Umstände ein. Zur Begründung führte er aus, aufgrund der Ermittlungen bestehe zwar ein gewisser Verdacht, dass die Beschuldigte an dem Anschlag beteiligt gewesen sei, zumal sie als im Untergrund lebendes Mitglied der "RAF" enge Verbindungen zu dem der Tat dringend verdächtigen Sonnenberg gehabt habe. Es lägen jedoch keine ausreichenden Erkenntnisse über eine konkrete Beteiligung insbesondere an der Planung, Vorbereitung oder Durchführung der Tat vor. Ein Nachweis, der nach einer eventuellen Hauptverhandlung eine Verurteilung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, sei daher nicht zu führen. Durch Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. April 1980 wurde der Haftbefehl gegen die Beschuldigte aufgehoben.
12
Das Ermittlungsverfahren gegen Sonnenberg wegen mittäterschaftlicher Beteiligung an dem Anschlag vom 7. April 1977 wurde mit Blick auf dessen rechtskräftige Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe wegen der am 3. Mai 1977 in Singen begangenen Mordversuche sowie auf seine aufgrund des Kopf- schusses eingetretene dauerhafte erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung vom Generalbundesanwalt am 15. Januar 1982 nach § 154 StPO eingestellt. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte die drei folgenden Mitglieder der "RAF" wegen Mittäterschaft an dem Attentat vom 7. April 1977: Folkerts durch Urteil vom 31. Juli 1980; Klar und Mohnhaupt durch Urteil vom 2. April 1985. Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
13
Mit Verfügung vom 9. April 2008 hat der Generalbundesanwalt das Ermittlungsverfahren gegen die Beschuldigte wegen des Anschlags auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter wieder aufgenommen. Zur Begründung hat er ausgeführt, ein neuer Ermittlungsansatz sei deshalb vorhanden, weil an noch vorhandenen Tatasservaten molekulargenetische Spuren festgestellt worden seien, deren Verursacherin möglicherweise die Beschuldigte sei. In der Folgezeit sind zahlreiche Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt worden. Diese haben unter anderem zu folgenden Ergebnissen geführt:
14
Die an den unmittelbaren Tatasservaten (Motorradhandschuh, -helm und -jacke) festgestellten DNA-Mischspuren stammten nicht von der Beschuldigten. Diese war jedoch die Verursacherin von Speichelspuren, die an drei Briefumschlägen sichergestellt wurden, mit denen am 13. April 1977 Kopien des Selbstbezichtigungsschreibens zu dem Anschlag vom 7. April 1977 an verschiedene Presseorgane versandt worden waren. Die Beschuldigte kann darüber hinaus als Verursacherin von zwei Spuren auf den in den Briefhüllen befindlichen Selbstbezichtigungsschreiben nicht ausgeschlossen werden.
15
Bei einer Durchsuchung der Wohnung der Beschuldigten am 20. August 2009 wurde eine handschriftliche Aufzeichnung mit folgendem Text gefunden: "7.04.08 - Nein, ich weiß noch nicht wie ich für Herrn Buback beten soll, ich habe kein wirkliches Gefühl für Schuld u. Reue. Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen - aber ist das nicht armselig so zu denken u. zu fühlen?! Das ist nicht Heilung, das scheint noch ein weiter Weg zu sein." In einer "I-Ging"Befragung vom 22. März 2007 befasste sich die Beschuldigte mit dem Thema "Heilung" und stellte unter anderem die Frage: "Ist es mein Täterwissen?" In einer handschriftlichen Aufzeichnung vom 27. April 2007 heißt es unter anderem : "Was will ich erreichen? S. (u. andere) reinwaschen. Sagen wie es wirklich war."
16
Außerdem hat das ehemalige "RAF"-Mitglied Boock mehrfach, zuletzt im November 2009, Angaben zu dem damaligen Geschehen gemacht. Er hat bekundet , die Beschuldigte habe sich mit anderen im Sommer/Herbst 1976 in einem militärischen Ausbildungslager der palästinensischen Terrororganisation PFLP ("Volksfront für die Befreiung Palästinas") im Jemen aufgehalten. Dort sei die grundsätzliche Entscheidung getroffen worden, nach Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland Mordanschläge gegen führende Repräsentanten des Staates, darunter Generalbundesanwalt Buback, zu begehen. Von den in Stammheim inhaftierten Gefangenen der "RAF" sei der Befehl gekommen: "Der General muss weg." Die im Jemen entstandene Gruppe dürfe sich nur dann als "RAF" bezeichnen, wenn sie einen dahingehenden Anschlag verübe. Deshalb sei das Attentat auf Generalbundesanwalt Buback für die Mitglieder der Gruppierung besonders wichtig gewesen. Nach der Rückkehr der Gruppenmitglieder nach Deutschland habe ein Treffen im Harz stattgefunden, bei dem die weitere Vorgehensweise geplant und die Aufgaben verteilt worden seien. Es sei ein Arbeitsplan erstellt worden. Dieser wurde anlässlich der Festnahme der Gruppenmitglieder Haag und Mayer am 30. November 1976 sichergestellt. Die dort als "Paula" aufgeführte Person sei, so der Zeuge in seiner Vernehmung vom 12. November 2009, die Beschuldigte. Aufgrund der Festnahme von Haag und Mayer habe man den ursprünglich für Dezember 1976 geplanten Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback verschoben. Es sei Ende des Jahres 1976 zu einem weiteren Treffen der Gesamtgruppe in Holland gekommen, an dem auch die Beschuldigte teilgenommen habe. Bei diesem Treffen habe man die beschleunigte Durchführung der im Grundsatz bereits beschlossenen Aktionen vereinbart. Der Beschluss, Generalbundesanwalt Buback zu töten, sei eine gemeinsame und von allen getragene Entscheidung der Kerngruppe der "RAF" gewesen; dazu habe auch die Beschuldigte gezählt. Dieser sei es immer sehr darauf angekommen, den Willen der in Stammheim inhaftierten "RAF"Mitglieder durchzusetzen; dazu habe auch der Befehl "Der General muss weg" gehört. Die Beschuldigte sei damals sehr fanatisch gewesen und keinen Millimeter von der Linie abgewichen.
17
Das Bundesamt für Verfassungsschutz verfügt über Informationen einer Quelle zu dem Anschlag vom 7. April 1977. Unter dem 15. Juni 2007 hat es gegenüber dem Generalbundesanwalt ein Behördenzeugnis abgegeben, nach dem einer älteren unbestätigten Einzelinformation zufolge die "RAF"-Mitglieder Wisniewski als Schütze auf dem Soziussitz des Motorrads, Sonnenberg als Fahrer des Motorrads und Klar als Fahrer des Fluchtfahrzeugs Alfa Romeo an dem Anschlag vom 7. April 1977 beteiligt gewesen seien. Unter Verweis auf dieses Zeugnis hat das Bundesministerium des Innern im Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Wisniewski unter dem 25. Januar 2008 eine Sperrerklärung nach § 96 StPO abgegeben. Im hiesigen Ermittlungsverfahren hat der Generalbundesanwalt um die Freigabe der in der Sperrerklärung aufgeführten Quelleninformationen und Aktenvermerke ersucht. Nach gewährter Akteneinsicht hat der Generalbundesanwalt mit Schreiben vom 29. September 2009 die Herausgabe aller Vermerke über Befragungen und Gespräche mit der Quelle begehrt. Über dieses Verlangen ist vom Bundesministerium des Innern bisher nicht entschieden worden.

III.

18
Ein die weitere strafrechtliche Verfolgung und gegebenenfalls die Ahndung der Tat ausschließendes Verfahrenshindernis ist nicht gegeben.
19
1. Entgegen der Auffassung der Verteidigung steht die Einstellungsverfügung nach § 154 StPO vom 25. Juni 1977 und der mittlerweile eingetretene Zeitablauf der Verfolgung der Beschuldigten nicht entgegen. Die genannte Verfügung erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die "Beschaffungsstraftaten" in Bezug auf die bei der Festnahme der Beschuldigten am 3. Mai 1977 in Singen sichergestellten Gegenstände. Sie bezieht sich deshalb nicht auf das Ermittlungsverfahren betreffend die Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seiner Begleiter. Dieses ist erst durch Verfügung vom 31. März 1980 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, da die Bundesanwaltschaft zu diesem Zeitpunkt einen hinreichenden Tatverdacht verneint hat. Durch diese Einstellung ist ein Strafklageverbrauch nicht eingetreten; denn der Einstellungsverfügung kommt keine Rechtskraftwirkung zu (Schmid in KK 6. Aufl. § 170 Rdn. 23; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 170 Rdn. 9). Das Ermittlungsverfahren konnte vielmehr jederzeit wieder aufgenommen werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart auf S. 124 f. des Urteils gegen die Beschuldigte vom 28. Dezember 1977. Dort wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass der Strafsenat zur Klarstellung der Rechtslage mit Beschluss vom 5. Dezember 1977 mit Zustimmung der Bundesanwaltschaft die Strafverfolgung nach § 154 a Abs. 2 StPO beschränkt hat. Auch hiervon war der Tatvorwurf der Beteiligung an dem Attentat vom 7. April 1977 nicht betroffen.
20
2. Die Strafklage wegen der Tat vom 7. April 1977 ist durch das gegen die Beschuldigte ergangene Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Dezember 1977 nicht verbraucht.
21
Dies gilt auch, wenn man entgegen dem Haftbefehl nicht den Vorwurf der mittäterschaftlichen Begehung des Mordes, sondern denjenigen der Beihilfe hierzu bejaht. Dabei bedarf es keiner näheren Betrachtung, ob der Vorwurf der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung materiellrechtlich in Tateinheit mit wenigstens einem der vom Oberlandesgericht Stuttgart abgeurteilten Delikte steht. Ein gegebenenfalls für die Straftat nach § 129 a StGB eingetretener Strafklageverbrauch ließe den hiesigen Tatvorwurf unberührt. Zwar besteht materiellrechtlich Tateinheit zwischen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und den Straftaten, auf welche die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung gerichtet sind. Dies trifft in Bezug auf die Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seinen Begleitern zu. Damit ist grundsätzlich auch von einer Tat im prozessualen Sinn auszugehen. Jedoch folgt aus den Besonderheiten der §§ 129, 129 a StGB als Organisationsdelikte, die über lange Zeiträume ganz verschiedenartige Verhaltensweisen gesetzlich zu einer rechtlichen Einheit zusammenfassen und damit mit anderen Dauerstraftaten nicht vergleichbar sind, sowie dem Gebot der materiellen Gerechtigkeit, dass die Rechtskraft bezüglich der Delikte nach §§ 129, 129 a StGB - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 56, 22, 28 ff.) - schwerere Delikte nicht erfasst, wenn sie nicht tatsächlich Gegenstand der Anklage und Urteilsfindung waren (st. Rspr.; s. etwa BGHSt 29, 288, 292 ff.).
22
Hier erstreckten sich die Anklage und das Urteil wegen der bei der Festnahme der Beschuldigten begangenen Straftaten nicht auf die Ereignisse vom 7. April 1977. Der Vorwurf des Mordes bzw. der Beihilfe hierzu wiegt schwerer als derjenige, ein Organisationsdelikt nach § 129 a StGB begangen zu haben. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass Mord und die Beihilfe hierzu mit höheren Strafen bedroht sind als die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer terroristischen Vereinigung.

IV.

23
Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen besteht gegen die Beschuldigte der dringende Verdacht, dass sie den Anschlag vom 7. April 1977 als Gehilfin unterstützt und sich deswegen der Beihilfe zum Mord in drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen schuldig gemacht hat. Demgegenüber belegt das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen einen darüber hinausgehenden dringenden Verdacht für die Begehung der Tat als Mittäterin nicht.
24
1. Nach § 27 Abs. 1 StGB macht sich wegen Beihilfe strafbar, wer (vorsätzlich ) einem anderen zu dessen (vorsätzlich begangener) rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Nach ständiger Rechtsprechung (s. etwa BGHSt 46, 107, 109; BGH NJW 2001, 2409, 2410; NStZ 2004, 499, 500) ist als Hilfeleistung in diesem Sinne grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt dieses Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 27 - in BGHSt 51, 144 insoweit nicht abgedruckt). Es genügt, dass ein Gehilfe die Haupttat im Vorbereitungsstadium fördert, wenn die Teilnahmehandlung mit entsprechendem Förderungswillen und -bewusstsein vorgenommen wird (BGHSt 46, 107, 115; BGH NJW 1985, 1035, 1036). Beihilfe zu einer Tat kann schließlich schon dadurch geleistet werden, dass der Gehilfe den Haupttäter in seinem schon gefassten Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit vermittelt (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 8).
25
Nach diesen Maßstäben hat die Beschuldigte bei einer Gesamtbewertung des bisherigen Ermittlungsergebnisses mit großer Wahrscheinlichkeit Beihilfe zu dem Attentat auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter geleistet. Mit der Bundesanwaltschaft ist nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen bei umfassender, sachgerechter Bewertung der Beweise - auch verschiedener Zeugenaussagen - nicht davon auszugehen, dass die Beschuldigte an dem Anschlag selbst unmittelbar als Fahrerin des Motorrads oder Beifahrerin und Schützin beteiligt war. Hierfür sprechen neben zahlreichen Gesichtspunkten die Ergebnisse der neueren DNA-Untersuchungen bei Begehung der Tat benutzter Gegenstände. Die Beschuldigte hat jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit vor der Ausführung der Tat einen objektiven Beitrag zu dieser geleistet, indem sie die unmittelbaren Täter in derem Tatentschluss bestärkte.
26
a) Dies ergibt sich vor allem aus der vorläufigen Wertung der Aussage des Zeugen Boock. Danach hat sich die Beschuldigte in dem Zeitraum vor der Tat, etwa auch bei dem Treffen der Gesamtgruppe in Holland nach der Festnahme von Haag und Mayer, in besonders intensiver Weise dafür eingesetzt, die jeweiligen Anweisungen der in Stammheim inhaftierten Führungsmitglieder der "RAF" umzusetzen, zu denen auch der eindeutige Befehl "Der General muss weg" gehörte. Dieses Verhalten weist einen konkreten inhaltlichen Bezug zu der geplanten Tat auf und geht über Tätigkeiten hinaus, die lediglich als mitgliedschaftliche Beteiligung an der damals bestehenden terroristischen Vereinigung zu werten wären. Die offensive Propagierung des von den Gefangenen stammenden Tötungsbefehls durch die Beschuldigte bestätigte mit großer Wahrscheinlichkeit den Willen der unmittelbaren Täter des Anschlags, das Attentat tatsächlich durchzuführen.
27
Die Aussage des Zeugen Boock ist - bei der gebotenen vorläufigen Würdigung -, jedenfalls was den hier relevanten Teil betrifft, insoweit inhaltlich eindeutig , plausibel und fügt sich in seine übrigen Bekundungen ein. Gegen ihre Glaubhaftigkeit spricht im Ergebnis entgegen der Auffassung der Verteidigung nicht, dass der Zeuge in der Vernehmung vom 2. April 1992 berichtet hat, eine von den inhaftierten Mitgliedern der "RAF" legitimierte Person habe sich an ihn gewandt und ihm übermittelt, die Gefangenen benötigten Waffen, weil sie Generalbundesanwalt Buback in einer Hauptverhandlung als Geisel nehmen wollten. Der Zeuge hat den gegen Generalbundesanwalt Buback unter dem Decknamen "Margarine" geplanten Anschlag konstant - auch mehrfach in der Vernehmung vom 2. April 1992 - als einzige der für das Jahr 1977 ins Auge gefassten Straftaten als "Bestrafungsaktion" bezeichnet. Diese Wortwahl und der Inhalt des Befehls "Der General muss weg" legen den Schluss nahe, dass Generalbundesanwalt Buback nicht als Geisel genommen, sondern getötet werden sollte. Auch nach den sonstigen Umständen ist nicht davon auszugehen, dass der Anschlag vom 7. April 1977 ohne Billigung der in Stammheim inhaftierten Gefangenen stattfand.
28
Im Übrigen weist der Senat zur Vermeidung von Missverständnissen ausdrücklich darauf hin, dass die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen Boock und seine Glaubwürdigkeit allein aufgrund der aus dem Inhalt der Akten zu entnehmenden Erkenntnisse derzeit nicht endgültig beurteilt werden können. Diese Bewertungen - ebenso wie die Würdigung der übrigen Beweise - können vielmehr im Falle der Anklageerhebung abschließend nur auf der Grundlage des Ergebnisses einer umfassenden Beweisaufnahme in einer Hauptverhandlung getroffen werden.
29
b) Die Aussage des Zeugen Boock wird durch die Gesamtschau des übrigen derzeitigen Ermittlungsergebnisses gestützt. Die weiteren Umstände, die nach Auffassung des Generalbundesanwalts den dringenden Verdacht für eine Beteiligung der Beschuldigten an dem Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter begründen, sind bei vorläufiger Würdigung für den Nachweis der Beteiligung der Beschuldigten an dem Attentat unterschiedlich ergiebig und bedeutungsvoll. Sie sind zum Teil mehrdeutig, jedoch teilweise bereits für sich gesehen, insbesondere aber in ihrer Gesamtheit jedenfalls geeignet , eine gewisse Nähe der Beschuldigten zu dem Mordanschlag zu belegen :
30
aa) Dadurch, dass der Zeuge Boock den Decknamen "Paula", der in dem bei der Festnahme von Haag und Mayer am 30. November 1976 sichergestellten "Arbeitsplan" verwendet wurde, - zuletzt eindeutig - der Beschuldigten zuordnete , bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschuldigte an den Vorbereitungen eines ursprünglich für Dezember 1976 geplanten Anschlags gegen Generalbundesanwalt Buback beteiligt war.
31
bb) Der Umstand, dass sich auf drei Umschlägen, mit denen Kopien des Selbstbezichtigungsschreibens versandt wurden, Speichelspuren der Beschuldigten befinden, lässt zwar zurzeit keinen unmittelbaren Rückschluss auf die Intensität der Einbindung der Beschuldigten in die Vorbereitungen der Tat vom 7. April 1977 zu. Er spricht jedoch dafür, dass die Beschuldigte sich an dem Nachtatgeschehen aktiv beteiligte. Hieraus wird deutlich, dass sie auch nach dem Attentat mit diesem und den mit dem Anschlag von der "RAF" verfolgten Zielen übereinstimmte.
32
cc) Ähnlich, allerdings mit einer schwächeren Indizwirkung, ist bei dem derzeitigen Stand des Verfahrens zu bewerten, dass die Beschuldigte etwa einen Monat nach der Tat zusammen mit dem tatverdächtigen "RAF"-Mitglied Sonnenberg in Singen festgenommen wurde, wobei sie die bei dem Anschlag am 7. April 1977 benutzte Waffe mit sich führten.
33
dd) Die weiteren vom Generalbundesanwalt angeführten Ermittlungsergebnisse verstärken bei vorläufiger Würdigung den Tatverdacht der Beihilfe zum Mord jedenfalls nicht wesentlich:
34
Das bei der Durchsuchung sichergestellte Schriftstück mit Datum 7. April 2008 weist einen in gewisser Weise tagebuchartigen Charakter auf. Vor allem aufgrund seiner Datierung auf den 31. Jahrestag des Anschlags sowie der namentlichen Bezeichnung des "Herrn Buback" ist ein Bezug zu der Tat erkennbar. Auch vor diesem Hintergrund erschiene es indes nicht unbedenklich, wollte man wie der Generalbundesanwalt annehmen, der - als solcher mehrdeutige - Satz "Natürlich würde ich es heute nicht mehr machen" lasse nur "den zwingenden Schluss" zu, dass die Beschuldigte an dem Anschlag vom 7. April 1977 verantwortlich mittäterschaftlich beteiligt gewesen sei. Die Einlassung der Beschuldigten vor dem Ermittlungsrichter, diese Passage beziehe sich auf ihren "früheren Weg mit dem bewaffneten Kampf", mithin allgemein auf ihre Betätigung in der "RAF", erscheint jedenfalls nicht von vornherein unplausibel. Auch diese mitgliedschaftliche Beteiligung an der terroristischen Vereinigung als solche könnte vor dem Hintergrund der gemeinschaftlichen Beschlussfassung über den Anschlag innerhalb der "RAF" Grund für Schuldgefühle der Beschuldigten sein. Nicht ausgeschlossen erscheint auch, dass die Beschuldigte ihr offensives Eintreten für die Parole "Der General muss weg" reut.
35
Die handschriftliche Notiz der Beschuldigten vom 27. April 2007 ist zwar ein Indiz dafür, dass die Beschuldigte über Kenntnisse bezüglich des Anschlags auf Generalbundesanwalt Buback und seine Begleiter verfügt. Dies belegt jedoch nicht ohne Weiteres, dass sie an dem Anschlag in strafbarer Weise betei- ligt war. Die bei der "I-Ging"-Befragung von der Beschuldigten gestellte Frage "Ist es mein Täterwissen?" weist schließlich keinen speziellen Bezug zu dem Attentat vom 7. April 1977 auf.
36
2. Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Beitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass dieser als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (BGH NStZ 2007, 531). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein; Durchführung und Ausgang der Tat müssen somit zumindest aus der subjektiven Sicht des Tatbeteiligten maßgeblich auch von seinem Willen abhängen. Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; s. etwa BGH NStZ 2005, 228).
37
Nach diesen Kriterien belegt das bisherige Ergebnis der Ermittlungen einen dringenden Verdacht für eine als Mittäterschaft zu qualifizierende Beteiligung der Beschuldigten an der Ermordung von Generalbundesanwalt Buback und seiner Begleiter nicht. Insbesondere lässt sich allein aus dem Umstand, dass die Beschuldigte als Führungsperson der Kerngruppe der "RAF" angehörte und diese eine gemeinschaftliche Absprache zur Durchführung der "Offensive 77" traf, zu der das Attentat vom 7. April 1977 gehörte, kein dringender Verdacht für ihre Mittäterschaft an einer der konkreten Straftaten herleiten, auf deren Begehung die Zwecke oder Tätigkeit der terroristischen Vereinigung gerichtet war. Andernfalls wäre konsequenterweise davon auszugehen, dass alle damaligen Mitglieder der inneren Gruppe der "RAF" für alle Straftaten als Mittäter verantwortlich sind, die im Rahmen der "Offensive 77" begangen wurden. Dies würde zum einen den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht, wie sie sich nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen darstellen. Danach waren nicht alle "RAF"-Mitglieder an allen konkreten Straftaten unmittelbar beteiligt. Vielmehr wurden innerhalb der "RAF" für die einzelnen Anschläge "Kommandos" gebildet, denen nicht alle, sondern lediglich bestimmte einzelne Vereinigungsmitglieder angehörten. Diese "Kommandos" begingen sodann die konkreten Straftaten. Zum anderen würden die Unterschiede bei der rechtlichen Bewertung von Tätigkeiten, die das Tatbestandsmerkmal der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Sinne des § 129 a StGB ausfüllen , und solchen, die der Begehung einer konkreten Straftat dienen, weitestgehend verwischt. Bei Anlegung der allgemeinen Maßstäbe für die Begründung der Mittäterschaft, von denen abzuweichen auch im Bereich terroristischer Kriminalität kein Anlass besteht, kommt eine Beteiligung als Mittäter an den konkreten Straftaten, auf die die Zwecke oder die Tätigkeit der Gruppierung gerichtet sind, nur dann in Betracht, wenn über die mitgliedschaftliche Beteiligung an der terroristischen Vereinigung hinaus die oben genannten Voraussetzungen der Mittäterschaft in Bezug auf die konkreten Straftaten festzustellen sind. Danach gilt:
38
Zwar ist anzunehmen, dass das Interesse der Beschuldigten an der Tat sehr groß war. Jedoch kommt diesem Abgrenzungskriterium hier keine wesentliche Bedeutung zu, weil die Tatherrschaft nicht bei der Beschuldigten, sondern ausschließlich bei den unmittelbaren Tätern des Attentats lag (vgl. BGH wistra 2001, 420, 421). Die Beschuldigte war bei sachgerechter Bewertung des bisherigen Ermittlungsergebnisses an der eigentlichen Tatausführung selbst nicht beteiligt; deren konkreter Ausgang hing deshalb nicht von ihrem Willen ab. Eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie Tatherrschaft oder wenigstens den Willen hierzu hatte, besteht mit Blick auf die Rollenverteilung innerhalb der "RAF" demnach nicht. Ihr bei vorläufiger Würdigung feststellbarer objektiver Tatbeitrag erschöpft sich vielmehr in einer psychischen Unterstützung der Täter im Vorfeld der Tat. Dass dieser von ihr bereits vor dem eigentlichen Tatgeschehen geleistete Beitrag für die konkrete Ausführung des Attentats von wesentlicher Bedeutung war, ist derzeit nicht ersichtlich.
39
3. Ausreichende Anhaltspunkte für einen dringenden Verdacht der Anstiftung zum Mord bestehen zurzeit nicht; denn das bisherige Ermittlungsergebnis belegt keine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Beschuldigte den Tatentschluss der unmittelbaren Täter des Anschlags hervorrief.
40
4. Der derzeitige Ermittlungsstand begründet somit lediglich den dringenden Verdacht der Beihilfe zum Mord. Der Senat vermag nicht zu beurteilen, inwieweit der Inhalt der Akten des Bundesamts für Verfassungsschutz zur Begründung des dringenden Verdachts einer für eine Mittäterschaft ausreichend engen Beziehung der Beschuldigten zur Tat beitragen könnte; denn diese Schriftstücke sind bisher nicht zur Strafakte gelangt. Das vom Bundesamt für Verfassungsschutz abgegebene Behördenzeugnis vom 15. Juni 2007 ist insoweit nicht ausreichend ergiebig. Sollte das Bundesministerium des Innern bis zu einer eventuellen Hauptverhandlung über das Herausgabeersuchen des Generalbundesanwalts nicht entschieden oder die Herausgabe abgelehnt haben, wird das Tatgericht gegebenenfalls zu überprüfen haben, ob die derzeit geltende Sperrerklärung vom 25. Januar 2008 oder eine dann maßgebende neue derartige Erklärung eine ausreichende Begründung enthält. Dies wäre jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Behörde ihre Ablehnung nur auf formelhafte Wendungen ohne ausreichenden Bezug zu dem konkreten Fall stützt. Kommt das Tatgericht zu diesem Ergebnis, wird es die von der Rechtsprechung zu § 96 StPO entwickelten Rechtsbehelfe zu ergreifen haben (BGH NJW 2007, 3010, 3012 f.; Nack in KK aaO § 96 Rdn. 15, 17; Meyer-Goßner aaO § 96 Rdn. 9, je- weils m. w. N.). Bleiben diese ohne Erfolg, wird dies gegebenenfalls bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein (BGHSt 49, 112, 116 ff.).

V.

41
Ein Haftgrund besteht nicht.
42
Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 StPO liegen nicht vor. Diese Vorschrift lässt nach ihrem Wortlaut bei den darin aufgeführten Straftaten der Schwerkriminalität, zu denen täterschaftlich begangener Mord nach § 211 StGB und die Beihilfe hierzu gehören, die Anordnung der Untersuchungshaft auch dann zu, wenn ein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO - namentlich Flucht, Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr - nicht besteht. Bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 19, 342, 350 f.; BVerfG NJW 1966, 772) gebotenen verfassungskonformen Auslegung ist die Vorschrift wegen eines sonst darin enthaltenen offensichtlichen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass der Erlass eines Haftbefehls nur zulässig ist, wenn Umstände vorliegen, welche die Gefahr begründen, dass ohne Festnahme des Beschuldigten die alsbaldige Aufklärung und Ahndung der Tat gefährdet sein könnte. Genügen kann schon die zwar nicht mit bestimmten Tatsachen belegbare, aber nach den Umständen des Falles doch nicht auszuschließende Flucht- oder Verdunkelungsgefahr oder die ernstliche Befürchtung, dass der Täter weitere Taten ähnlicher Art begehen werde. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Feststellung, dass eine verhältnismäßig geringe oder entfernte Gefahr dieser Art besteht (BGHR StPO § 112 Abs. 3 Fluchtgefahr 1; Meyer-Goßner aaO § 112 Rdn. 38). Wenn nach den Umständen des Einzelfalles gewichtige Gründe gegen jede Flucht-, Verdunkelungs - oder Wiederholungsgefahr sprechen, ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vom Erlass eines Haftbefehls nach § 112 Abs. 3 StPO abzusehen (OLG Frankfurt StV 2000, 374, 375; OLG Düsseldorf StV 1982, 585; OLG Köln StV 1994, 584; Graf in KK aaO § 112 Rdn. 42).
43
Derartige gewichtige Gründe sind im vorliegenden Fall gegeben; sie schließen die hier allein in Betracht kommende Fluchtgefahr aus. Aufgrund der sich vor allem aus der besonderen verfahrensrechtlichen Konstellation ergebenden , gemessen am erheblichen Gewicht der Haupttat reduzierten Straferwartung sowie der persönlichen Umstände der Beschuldigten, die nach derzeitigem Ermittlungsstand der Entscheidung zugrunde zu legen sind, sind in dem dargestellten Sinne ausreichende Anhaltspunkte dafür nicht zu erkennen, dass die Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen wird.
44
Die Beschuldigte hat für den Fall der Verurteilung wegen der Tat, deren sie dringend verdächtig ist - mithin der Beihilfe zum Mord - mit der Verhängung einer zeitigen Freiheitsstrafe zu rechnen. Bei deren Bemessung wird das Tatgericht zu beachten haben, dass diese Strafe mit der lebenslangen Freiheitsstrafe gesamtstrafenfähig gewesen wäre (§ 53 StGB), auf die das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 28. Dezember 1977 wegen der im Zusammenhang mit der Festnahme am 3. Mai 1977 in Singen begangenen Straftaten erkannt hat. Die grundsätzlich mögliche Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nach § 55 StGB kommt hier jedoch nicht in Betracht, weil der Bundespräsident im Gnadenwege nach vorheriger Aussetzung zur Bewährung die Verbüßung des noch nicht vollstreckten Teils der lebenslangen Strafe der Beschuldigten erlassen hat; die lebenslange Freiheitsstrafe gilt daher von Rechts wegen als vollständig vollstreckt. Sind in einem früheren Urteil verhängte, an sich gesamtstrafenfähige Einzelstrafen bereits vollstreckt und daher nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht mehr in die Gesamtstrafe einzubeziehen, so sind die sich durch die getrennte Aburteilung für den Angeklagten ergebenden Nachteile auszuglei- chen (Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 21); denn ein Angeklagter darf nicht deshalb im Ergebnis schlechter gestellt werden, weil er eine von mehreren, an sich gesamtstrafenfähigen Strafen verbüßt hat und somit die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe nicht mehr möglich ist. Das Tatgericht wird deshalb im Fall der Verurteilung der Beschuldigten einen angemessenen Härteausgleich vorzunehmen haben.
45
Im Übrigen wird nach den in den §§ 46 ff. StGB gesetzlich bestimmten Grundsätzen der Strafzumessung zu Gunsten der Beschuldigten etwa zu bedenken sein, dass die Tat mittlerweile mehr als 32 Jahre und damit eine ganz erhebliche Zeit zurückliegt. Auch ist das Gewicht des konkreten Tatbeitrages, dessen sie derzeit dringend verdächtig ist, vergleichsweise gering.
46
Diese Gesichtspunkte führen - obgleich es sich bei dem Attentat vom 7. April 1977 um ein besonders brutales, in hohem Maße die den Wert eines Menschenlebens verachtende Gesinnung der damaligen Tatbeteiligten offenbarendes Verbrechen handelt, dem drei Personen zum Opfer fielen - dazu, dass die Straferwartung der Beschuldigten jedenfalls signifikant niedriger liegt als in den sonstigen Fällen der Schwerkriminalität, die typischerweise in den Regelungsbereich des § 112 Abs. 3 StPO fallen. Von der im Verurteilungsfall zu erwartenden Sanktion geht deshalb für die Beschuldigte kein bei der Beurteilung der Fluchtgefahr besonders ins Gewicht fallender Anreiz aus, sich dem Verfahren nicht zu stellen.
47
Die derzeit erkennbaren tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles lassen eine Flucht der Beschuldigten ebenfalls nicht erwarten. Der Beschuldigten ist seit 2008 bekannt, dass das Ermittlungsverfahren gegen sie wieder aufgenommen worden ist. Sie hat sich gleichwohl weiterhin in Deutschland aufgehalten und sich der polizeilichen Festnahme freiwillig gestellt. Sie verfügt zwar über Kontakte ins Ausland; dabei handelt es sich indes um gewöhnliche familiäre Beziehungen, ohne dass insoweit ein krimineller Hintergrund ersichtlich ist. In diesem Zusammenhang stellt es kein für eine Fluchtgefahr sprechendes Relativieren von Auslandskontakten dar, dass die Beschuldigte bei ihrer Vernehmung durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs anlässlich der Eröffnung des Haftbefehls im August 2009 nicht angegeben hat, dass sie im Jahre 2007 einen zweiwöchigen Urlaub in Südafrika - vermutlich bei einer entfernten Verwandten - verbracht hat. Die Beschuldigte leidet an einer Erkrankung und ist auf die regelmäßige Einnahme von rezeptpflichtigen Medikamenten angewiesen. Sie lebt seit fast 20 Jahren im Haus ihrer Schwester in Berlin und unterhält Beziehungen zu ihrer Familie, hat mithin einen gefestigten Lebensmittelpunkt in Deutschland. Sie ist seit fünf Jahren befristet berentet und bezieht Hartz-IV-Leistungen, verfügt also nicht über erhebliche laufende Einnahmen.
48
Vor diesem Hintergrund ist es nicht von maßgebender Relevanz, dass die Beschuldigte in einem Telefongespräch vom 21. März 2009 mit dem ehemaligen "RAF"-Mitglied Mohnhaupt unter anderem ausführte, sie gehe nicht davon aus, dass "… se da was machen können, außer dass se halt sagen: Ja die Bekennerbriefe…". Diese bereits für sich betrachtet für die Frage der Fluchtgefahr eher unergiebige Passage verliert die ihr vom Generalbundesanwalt zugeschriebene Bedeutung, die Beschuldigte habe zu diesem Zeitpunkt noch nicht ernstlich mit einer Anklageerhebung gerechnet, jedenfalls dann, wenn man sie im Zusammenhang mit dem übrigen Gesprächsinhalt würdigt. Dem Telefonat ist insgesamt eher eine gewisse Sorge der Beschuldigten bezüglich der neueren Entwicklungen der Beweislage als die Sicherheit zu entnehmen , dass keine weiteren Strafverfolgungsmaßnahmen durchgeführt werden.
49
Die in der während einer Zugfahrt am 27. April 2007 gefertigten persönlichen Notiz enthaltene Passage "Würde ich danach irgendwo gerne neu anfangen ?..." belegt lediglich, dass die Beschuldigte sich Gedanken über ihre damalige Situation und ihre Zukunft machte; sie taugt jedoch nicht als Indiz dafür, sie werde sich einem Strafverfahren entziehen. Es bedarf schließlich keiner näheren Erörterung, dass ausreichende Anhaltspunkte dafür, die Beschuldigte werde die Frage einer Flucht wesentlich von dem zufälligen Ausgang einer "I-Ging"-Befragung abhängig machen, nicht bestehen.
50
Bei zusammenfassender Würdigung der vorgenannten Umstände erscheint es somit ausgeschlossen, dass sich die Beschuldigte, in Freiheit belassen , dem Verfahren durch Flucht entziehen wird. Becker von Lienen Schäfer

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 555/09
vom
6. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit
Garantiefunktionu.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 6. Juli 2010 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 24. Juli 2009 im Schuldspruch dahin geändert , dass in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe jeweils die tateinheitliche Verurteilung wegen Ausspähens von Daten entfällt. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs - und bandenmäßigen Computerbetrug und mit Ausspähen von Daten in drei Fällen, wegen versuchter gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in fünf Fällen, davon in einem Fall auch bandenmäßig handelnd, und wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbsmäßigem Computerbetrug zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen zu den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe schlossen sich der Angeklagte und die gesondert Verfolgten V. , N. , C. und P. Anfang Februar 2007 als Bande zusammen, um gewerbsmäßig zur Täuschung im Rechtsverkehr in einer Vielzahl von Fällen falsche Zahlungskarten mit Garantiefunktion herzustellen und mit diesen Karten im Ausland an Geldautomaten Geld abzuheben. Um sich die zum Nachmachen echter Zahlungskarten mit Garantiefunktion benötigten Daten zu verschaffen, die auf den Magnetstreifen solcher Karten gespeichert sind, setzten der Angeklagte und seine Mittäter ein mit einem Speichermedium versehenes Kartelesegerät ein, das unauffällig vor den in die Geldautomaten eines bestimmten Typs eingebauten Einzugslesegeräten angebracht werden konnte. Die bei der Benutzung des Geldautomaten vom Inhaber der Zahlungskarte eingegebene persönliche Geheimzahl (PIN) erlangten sie mittels eines über der Tastatur des Geldautomaten angebrachten, ebenfalls mit einem Speichermedium versehenen Tastaturaufsatzes. Auf diese Weise verschafften sich der Angeklagte und seine Mittäter am 17. Februar 2007 durch Anbringen solcher Geräte an einem Geldautomaten in einer Bank in Münster 21 Datensätze von Zahlungskarten und die jeweils zugehörige PIN, am 24. Februar 2007 durch Anbringen der Geräte an einem Geldautomaten in einer Bank in Dinslaken 21 Datensätze und am 7. Juli 2007 in Osnabrück weitere 35 Datensätze von Zahlungskarten. Nach dem Entfernen der Aufsatzgeräte von dem Geldautomaten las der Angeklagte allein oder mit Hilfe eines Mittäters jeweils die Speichermedien der Geräte aus. Die Datensätze der echten Zahlungskarten wurden anschließend in Amsterdam auf die Magnetstreifen von Payback-Karten übertragen, welche Bandenmitglieder zuvor beschafft hatten. In der Folgezeit hoben Mitglieder der Bande unter Verwendung der nachgemachten Karten und der zu diesen Datensätzen jeweils gehörenden PIN an Geldautomaten im Ausland Bargeld ab.
3
2. Die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Ausspähens von Daten hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Das bloße Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte mit Garantiefunktion gespeicherten Daten, um mit diesen Daten Kartendubletten herzustellen, erfüllt nicht den Tatbestand des § 202 a Abs. 1 StGB.
4
a) Die Strafvorschrift des § 202 a Abs. 1 StGB sowohl in ihrer zur Tatzeit geltenden, als auch in der durch das 41. Strafrechtsänderungsgesetz zur Bekämpfung der Computerkriminalität vom 7. August 2007 (BGBl. I 1786) neu gestalteten Fassung setzt voraus, dass die Angriffshandlung des Täters sich auf solche Daten im Sinne des § 202 a Abs. 2 StGB bezieht, die nicht für den Täter bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind. Bereits nach der alten Fassung der Norm war darüber hinaus erforderlich, dass bei dem damals tatbestandsmäßigen Verschaffen der Daten die besondere Zugangssicherung überwunden wird (vgl. MünchKomm StGB/Graf § 202 a Rdn. 48; Hoyer in SK-StGB 7. Aufl. § 202 a Rdn. 12; Lenckner in Schönke /Schröder, StGB 27. Aufl. § 202 a Rdn. 10). Hieran anknüpfend (vgl. BTDrucks. 16/3656 S. 10) verlangt § 202 a Abs. 1 StGB n.F. nunmehr ausdrücklich , dass der Täter sich oder einem anderen den Zugang zu Daten unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft.
5
Diese Strafbarkeitsvoraussetzungen werden beim Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherten Daten mittels eines am Einzugslesegerät eines Geldautomaten angebrachten weiteren Lesegeräts (sog. Skimming), um mit den erlangten Daten in der ursprünglichen Form den Magnetstreifen einer Kartendublette zu beschreiben, nicht erfüllt (Senatsbeschluss vom 14. Januar 2010 - 4 StR 93/09; NStZ 2010, 275). Bei den unverschlüsselt auf dem Magnetstreifen gespeicherten Daten fehlt es bereits an einer besonderen Sicherung gegen unberechtigten Zugang, sodass diese Taten als taugliches Tatobjekt im Sinne des § 202 a Abs. 1 StGB ausscheiden. Soweit beim Auslesen die zur Berechnung der PIN verschlüsselt gespeicherten Daten in verschlüsselter Form erlangt werden, wird die in der Verschlüsselung liegende Zugangssicherung nicht überwunden.
6
aa) Dass Daten magnetisch und damit nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind, stellt keine besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar. Vielmehr handelt es sich gemäß § 202 a Abs. 2 StGB nur bei Daten, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert oder übermittelt werden, um Daten im Sinne des ersten Absatzes dieser Vorschrift. Demgemäß schützt § 202 a Abs. 1 StGB nur diejenigen nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeicherten Daten im Sinne des § 202 a Abs. 2 StGB, die darüber hinaus besonders gesichert sind. Das sind nur solche Daten, bei denen der Verfügungsberechtigte durch seine Sicherung sein Interesse an der Geheimhaltung der Daten dokumentiert hat (vgl. BTDrucks. 10/5058, S. 29 zu § 202 a StGB a.F.; BTDrucks. 16/3656, S. 10). Erforderlich ist, dass der Verfügungsberechtigte - hier das Unternehmen, das die Zahlungskarte mit Garantiefunktion ausgegeben hat (vgl. BGH, Urt. vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04, NStZ 2005, 566) - Vorkehrungen getroffen hat, um den Zugriff auf die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespeicherten Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren (vgl. BTDrucks. 16/3656 aaO; Fischer StGB 57. Aufl. § 202 a Rdn. 8 jeweils m.w.N.). Eine Schutzvorkehrung ist jedoch nur dann eine Zugangssicherung im Sinne des § 202 a Abs. 1 StGB, wenn sie jeden Täter zu einer Zugangsart zwingt, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte (BTDrucks. 16/3656 aaO; Fischer aaO Rdn. 9). Der Überwindung einer solchen Zugangssicherung bedarf es jedoch nicht, wenn die auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherten Daten lediglich ausgelesen werden. Dies ist ohne Weiteres mittels eines handelsüblichen Lesegeräts und der ebenfalls im Handel erhältlichen Software möglich.
7
bb) Der Umstand, dass sich der Angeklagte und seine Mittäter mittels des an den jeweiligen Geldautomaten angebrachten Lesegeräts den Zugriff auch auf jene Daten verschafften, die in Verbindung mit der über eine Tastatur gesondert einzugebenden PIN vor der unbefugten Verwendung einer Zahlungskarte schützen sollen, führt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu keinem anderen Ergebnis. Die Autorisierung bei der Verwendung einer Zahlungskarte mit Garantiefunktion erfolgt ausschließlich über die Eingabe der PIN (vgl. Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch § 54 Rdn. 14 b). Diese wird nicht durch Lesen der Daten aus dem Magnetstreifen ermittelt, sondern mit dem Triple-DES-Algorithmus, einem 128-Bit-Schlüssel, aus der auf dem Magnetstreifen gespeicherten Kontonummer, der Kartenfolgenummer und der jeweiligen Bankleitzahl des Karten ausgebenden Instituts - nunmehr ausschließlich online (vgl. Gößmann aaO) - errechnet und mit der vom Benutzer des Geldautomaten eingegebenen PIN verglichen (vgl. BGH, Urt. vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 311; Gößmann aaO; Koch/Vogel in Langenbucher/Gößmann/Werner Zahlungsverkehr § 5 Rdn. 10). Die für die Berechnung der PIN erforderlichen Daten sichern die auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherten Daten aber lediglich vor unbefugter Verwendung der Daten beim Benutzen der Karte, nicht jedoch vor dem unberechtigten Zugang zu den Daten durch Auslesen mit einem Lesegerät.
8
cc) Die Sicherung der der Berechnung der PIN zugrunde liegenden Daten durch Verschlüsselung mittels kryptografischer Schlüssel (Koch/Vogel aaO) stellt zwar nach wohl herrschender Meinung (vgl. Fischer aaO Rdn. 9 a) eine besondere Zugangssicherung dar, die aber ausschließlich vor der Erfassung des Bedeutungsgehalts der Daten schützt (MünchKomm StGB/Graf aaO Rdn. 40). Beim bloßen Auslesen und Abspeichern der verschlüsselten Daten auf einen Datenträger des Täters bleibt die Verschlüsselung indes unangetastet , sodass mangels Überwindung der Zugangssicherung der Tatbestand des § 202 a Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist (vgl. MünchKomm StGB/Graf aaO Rdn. 46; Bosch in Satzger/Schmitt/Widmaier StGB § 202 a Rdn. 6; Gröseling/Höfinger MMR 2007, 549, 551). Gleiches gilt für sonstige möglicherweise in verschlüsselter Form auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherte Daten.
9
b) Auf Anfragebeschluss des Senats hat der 3. Strafsenat seine entgegenstehende , dem Urteil vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04 (NStZ 2005, 566) zu Grunde liegende Rechtsprechung aufgegeben. Der 2. Strafsenat ist der hier vertretenen Rechtsansicht beigetreten, der 1. und 5. Strafsenat haben mitgeteilt , an möglicherweise entgegenstehender Rechtsprechung nicht festzuhalten.
10
3. Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilungen wegen Ausspähens von Daten in den Fällen II. 1 bis 3 der Urteilsgründe lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter auf der Grundlage einer zutreffenden rechtlichen Bewertung auf mildere Einzelstrafen erkannt hätte. Die Strafkammer, die die Einzelstrafen jeweils dem - Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahre vorsehenden - Regelstrafrahmen des § 152 b Abs. 2 StGB entnommen hat, hat die jeweiligen Verurteilungen wegen Ausspähens von Daten - anders als die tateinheitliche Verwirklichung des Verbrechenstatbestandes des § 263 a Abs. 2 StGB i.V.m. § 263 Abs. 5 StGB - weder bei der Prüfung des Vorliegens eines minder schweren Falles nach § 152 b Abs. 3 StGB im Zuge der Strafrahmenwahl, noch bei der Strafzumessung im engeren Sinne zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt.
11
4. Der nur geringfügige Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten nach § 473 Abs. 4 StPO teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen frei zu stellen. Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck Mutzbauer Bender

(1) Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 555/09
vom
18. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit
Garantiefunktion u.a.,
hier: Anfrage gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. März 2010 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Das bloße Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte mit Garantiefunktion gespeicherten Daten, um mit diesen Daten Kartendubletten herzustellen, erfüllt nicht den Tatbestand des Ausspähens von Daten (§ 202 a Abs. 1 StGB n.F.).
Der Senat fragt daher beim 3. Strafsenat an, ob an dem Urteil vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04 (NStZ 2005, 566) festgehalten wird. Ferner fragt er bei dem 1., 2. und 5. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung entgegensteht.

Gründe:

1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten u.a. der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug und mit dem Ausspähen von Daten in drei Fällen schuldig gesprochen. Diesen Schuldsprüchen liegt im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:
2
Der Angeklagte und die gesondert verfolgten, aus Rumänien nach Deutschland eingereisten V. , N. und C. sowie der seit Jahren in Deutschland lebende P. schlossen sich Anfang Februar 2007 als Bande zusammen, um gewerbsmäßig zur Täuschung im Rechtsverkehr in einer Vielzahl von Fällen falsche Zahlungskarten mit Garantiefunktion herzustellen und mit diesen Karten im Ausland an Geldautomaten Geld abzuheben. Um sich die zum Nachmachen echter Zahlungskarten mit Garantiefunktion benötigten Daten zu verschaffen, die auf den Magnetstreifen solcher Karten gespeichert sind, setzten der Angeklagte und seine Mittäter ein mit einem Speichermedium versehenes Kartenlesegerät ein, das unauffällig vor den in die Geldautomaten eines bestimmten Typs eingebauten Einzugslesegeräten angebracht werden konnte. Die bei der Benutzung des Geldautomaten vom Inhaber der Zahlungskarte eingegebene PIN erlangten sie mittels eines über der Tastatur des Geldautomaten angebrachten, ebenfalls mit einem Speichermedium versehenen Tastaturaufsatzes. Auf diese Weise verschafften sich der Angeklagte und seine Mittäter am 17. Februar 2007 durch Anbringen solcher Geräte an einem Geldautomaten in einer Bank in M. 21 Datensätze von Zahlungskarten und die jeweils zugehörige PIN, am 24. Februar 2007 durch Anbringen der Geräte an einem Geldautomaten einer Bank in D. 21 Datensätze und am 7. Juli 2007 in O. weitere 35 Datensätze von Zahlungskarten. Nach dem Entfernen der Aufsatzgeräte von den Geldautomaten wurden die Speichermedien der Geräte jeweils vom Angeklagten allein oder mit Hilfe eines weiteren Mittäters ausgelesen. Mit den Datensätzen der echten Zahlungskarten wurden dann die Magnetstreifen von Payback-Karten, die Bandenmitglieder zuvor beschafft hatten, beschrieben. In der Folgezeit hoben Mitglieder der Bande unter Verwendung der nachgemachten Karten und der zu diesen Datensätzen jeweils zugehörigen PIN an Geldautomaten im Ausland Bargeld ab.
3
2. Der Senat beabsichtigt, das Urteil dahin zu ändern, dass in den vorgenannten Fällen jeweils der Schuldspruch wegen tateinheitlichen Ausspähens von Daten entfällt. Nach Auffassung des Senats erfüllt das bloße Auslesen der auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte mit Garantiefunktion gespeicherten Daten, um mit diesen Daten Kartendubletten herzustellen, nicht den Tatbestand des Ausspähens von Daten (vgl. Senatsbeschl. vom 14. Januar 2010 - 4 StR 93/09).
4
Zwar haben sich der Angeklagte und seine Mittäter mittels des an dem jeweiligen Geldautomaten angebrachten Lesegeräts unberechtigt den Zugang zu Daten verschafft, die nicht für sie bestimmt waren. § 202 a Abs. 1 StGB n.F. setzt aber darüber hinaus voraus, dass sich der Täter Daten, "die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft". Das ist jedoch nicht der Fall, wenn sich der Täter - wie hier - den Zugang zu den auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespeicherten Daten mittels eines vor dem Einzugslesegerät eines Geldautomaten angebrachten weiteren Lesegeräts verschafft (sog. Skimming), um mit diesen Daten in ihrer ursprünglichen Form den Magnetstreifen einer Kartendublette zu beschreiben.
5
Dass Daten magnetisch und damit nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind, stellt keine besondere Sicherung gegen unberechtigten Zugang dar. Vielmehr handelt es sich gemäß § 202 a Abs. 2 StGB n.F. nur bei Daten, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert oder übermittelt werden, um Daten im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift. Demgemäß schützt § 202 a Abs. 1 StGB n.F. nur diejenigen nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeicherten Daten im Sinne des Abs. 2 dieser Vorschrift, die darüber hinaus besonders gesichert sind. Das sind nur solche Daten, bei denen der Verfügungsberechtigte durch seine Sicherung sein Interesse an der Geheimhaltung der Daten dokumentiert hat (vgl. BTDrucks. 10/5058, S. 29 zu § 202 a StGB a.F.; BTDrucks. 16/3656, S. 10). Erforderlich ist, dass der Verfügungsberechtigte - hier das Unternehmen, das die Zahlungskarte mit Garantiefunktion ausgegeben hat (vgl. BGH, Urt. vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04, NStZ 2005, 566) - Vorkehrungen getroffen hat, den Zugriff auf die auf dem Magnetstreifen der Zahlungskarte gespeicherten Daten auszuschließen oder wenigstens nicht unerheblich zu erschweren (vgl. BTDrucks. 16/3656, S. 10; Fischer StGB 57. Aufl. § 202 a Rdn. 8, jew. m.w.N.). Eine Schutzvorkehrung ist jedoch nur dann eine Zugangssicherung im Sinne des § 202 a Abs. 1 StGB n.F., wenn sie jeden Täter zu einer Zugangsart zwingt, die der Verfügungsberechtigte erkennbar verhindern wollte (BTDrucks. 16/3656 aaO; Fischer aaO). Der Überwindung einer solchen Zugangssicherung bedarf es jedoch nicht, wenn die auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherten Daten lediglich ausgelesen werden. Dies ist ohne Weiteres mittels eines handelsüblichen Lesegeräts und der ebenfalls im Handel erhältlichen Software möglich.
6
Dass sich der Angeklagte und seine Mittäter mittels des an den jeweiligen Geldautomaten angebrachten Lesegeräts den Zugang auch zu jenen Daten verschafft haben, die in Verbindung mit der über eine Tastatur gesondert einzugebenden persönlichen Geheimzahl (PIN) vor der unbefugten Verwendung einer Zahlungskarte schützen sollen, führt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts zu keinem anderen Ergebnis. Zwar erfolgt die Autorisierung bei der Verwendung einer Zahlungskarte mit Garantiefunktion ausschließlich über die Eingabe der PIN (vgl. Gößmann in Schimansky/Bunte/Lwowski Bankrechts-Handbuch § 54 Rdn. 14 b). Diese wird aber nicht durch Lesen der Daten aus dem Magnetstreifen ermittelt, sondern mit dem Triple-DESAlgorithmus , einem 128-Bit-Schlüssel, aus der auf dem Magnetstreifen gespeicherten Konto-Nummer, der Kartenfolge-Nummer und der jeweiligen Bankleitzahl des Karten ausgebenden Instituts - nunmehr ausschließlich online (vgl. Gößmann aaO) - errechnet und mit der vom Benutzer des Geldautomaten eingegebenen PIN verglichen (vgl. BGH, Urt. vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 311; Gößmann aaO; Koch/Vogel in Langenbucher/ Gößmann/Werner Zahlungsverkehr § 5 Rdn. 10). Die Sicherung der der Berechnung der PIN zu Grunde liegenden Daten mittels eines kryptografischen Schlüssels (vgl. Koch/Vogel aaO) schützt die auf dem Magnetstreifen einer Zahlungskarte gespeicherten Daten zwar vor unbefugter Verwendung der Da- ten, nicht aber vor dem unberechtigten Zugang zu diesen Daten durch Auslesen mittels eines Lesegeräts.
7
Es kann dahinstehen, ob auf den Magnetstreifen der von dem Angeklagten und seinen Mittätern ausgelesenen Magnetstreifen Daten auch in verschlüsselter Form gespeichert waren. Eine Verschlüsselung von Daten schützt nur vor der Erfassung des Bedeutungsgehalts (kryptierter) Daten (vgl. MünchKomm StGB/Graf § 202 a Rdn. 40 zu § 202 a StGB a.F.), nicht aber vor dem bloßen Auslesen und Abspeichern der verschlüsselten Daten auf einem Datenträger des Täters und erfüllt demgemäß nicht den Tatbestand des § 202 a StGB n.F., weil es hierzu nicht der Überwindung einer Zugangssicherung bedarf (vgl. Gröseling/Höfinger MMR 2007, 549, 551).
8
3. Der Senat sieht sich durch das Urteil des 3. Strafsenats vom 10. Mai 2005 - 3 StR 425/04 (NStZ 2005, 566) gehindert, wie beabsichtigt zu entscheiden. In jener Entscheidung hat der 3. Strafsenat - ohne nähere Begründung - bei identischem Sachverhalt die Verurteilung wegen Ausspähens von Daten (§ 202 a StGB a.F.) durch das Landgericht nicht beanstandet. Der Senat fragt daher gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei dem 3. Strafsenat an, ob an der genannten Rechtsauffassung festgehalten wird.
9
Vorsorglich fragt der Senat auch bei dem 1., 2. und 5. Strafsenat an, ob dortige Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung entgegensteht. Tepperwien Athing Solin-Stojanović Ernemann Mutzbauer
5 StR 371/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 7. November 2007
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. November
2007, an der teilgenommen haben:
Richterin Dr. Gerhardt
alsVorsitzende,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal,
Richter Prof. Dr. Jäger
alsbeisitzendeRichter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
alsVerteidiger,
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten P. wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 16. März 2007, soweit es diesen Angeklagten betrifft,
a) im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe aufgehoben; insoweit wird der Angeklagte auf Kosten der Staatskasse freigesprochen ; dieser werden die ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt,
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte P. in vier Fällen der gewerbsmäßigen Steuerhehlerei sowie in drei Fällen der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig ist,
c) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II. 2. 3., II. 2. 4. und II. 2. 6. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten P. wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die zuletzt nur noch auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Seine weitergehende Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte P. wollte sich im Zeitraum von Ende August 2004 bis Dezember 2004 von einem polnischen und weiteren unbekannt gebliebenen Lieferanten in acht Fällen große Mengen unverzollter und unversteuerter Zigaretten verschaffen. Hierbei handelte es sich um Zigaretten, die zuvor ohne Gestellung und Anmeldung von der Ukraine nach Polen in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht worden waren. Die Zigaretten , je Lieferung zwischen 180.000 und 250.000 Stück, wollte der Angeklagte gewinnbringend an eigene Abnehmer weiterveräußern. Auf den Zigaretten lasteten Zoll, Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer in Höhe von insgesamt rund 307.000 Euro.
4
1. Nur in vier Fällen (Fälle II. 2. 5. sowie II. 2. 7. bis 2. 9. der Urteilsgründe ) konnte der Angeklagte die auf seine Weisung auf den Hof eines Asia-Imbisses in der H. –J. –A. in Magdeburg gelieferten Zigarettenladungen übernehmen. In den übrigen Fällen kam es zu keiner Übergabe:
5
a) Im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe scheiterten bereits die Kaufverhandlungen des Angeklagten mit seinem polnischen Lieferanten T. . Dieser hatte zur Bedingung der Lieferung gemacht, dass die Abnehmer des An- geklagten feststünden. Dem Angeklagten gelang es allerdings nicht, dem Lieferanten einen Abnehmer zu nennen, weil der ihm aus früheren Zigarettengeschäften bekannte Geschäftspartner L. ihm wahrheitswidrig mitteilte, er könne die Zigarettenladung nicht abnehmen. L. wollte indes die Zigaretten ohne Zwischenschaltung des Angeklagten erwerben und wandte sich daher unmittelbar an T. . Dieser lieferte ohne Wissen des Angeklagten die Zigaretten von Polen nach Deutschland direkt zum Abnehmer L..
6
b) Im Fall II. 2. 3. der Urteilsgründe einigte sich der Angeklagte mit T. über die Lieferung von 250.000 Zigaretten, die wie in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle auch in die H. –J. –A. an den vom Angeklagten regelmäßig benutzten Lieferort erfolgen sollte. Bevor sie jedoch dorthin geliefert werden konnten, wurden sie nach dem Verbringen nach Deutschland von unbekannt gebliebenen Dritten gestohlen.
7
c) Im Fall II. 2. 4. der Urteilsgründe wurden die Zigaretten, über deren Transport an seine übliche Lieferadresse sich der Angeklagte wiederum erfolgreich mit seinem polnischen Lieferanten geeinigt hatte, nach dem Verbringen von Polen nach Deutschland in Seelow von der Polizei beschlagnahmt.
8
d) Im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe sollten die Zigaretten auf Weisung des Angeklagten von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten direkt an zwei Abnehmer des Angeklagten in eine Scheune nahe Schwanebeck geliefert werden. Die beiden Abnehmer begaben sich zwar zu dem vereinbarten Übergabeplatz; jedoch wurden die Zigaretten vor der geplanten Übergabe von Mitarbeitern des Zollfahndungsamts beschlagnahmt.
9
2. Das Landgericht hat die Fälle, in denen der Angeklagte die Zigaretten erhielt, als gewerbsmäßige Steuerhehlerei in der Tatbestandsvariante des Ankaufens (§ 374 AO) gewertet. Auch soweit die Lieferungen gescheitert waren, hat das Landgericht den Angeklagten wegen vollendeter gewerbs- mäßiger Steuerhehlerei verurteilt: Zwar liege insoweit kein Ankaufen vor, weil die Ware den Angeklagten bzw. im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe seine Abnehmer nicht erreicht habe. Der Angeklagte habe sich aber auch in diesen Fällen jeweils nach Abnehmern umgesehen und deshalb das Tatbestandsmerkmal der Absatzhilfe erfüllt. Absatzhilfe sei jede unterstützende Tätigkeit zum Zwecke des Absatzes, ohne dass es darauf ankomme, ob der Absatz letztlich erfolgreich sei.

II.


10
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
11
1. Die Urteilsfeststellungen tragen in den Fällen II. 2. 1., 2. 3., 2. 4. und 2. 6. der Urteilsgründe, in denen eine Übergabe an den Angeklagten nicht erfolgte, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei nicht.
12
a) Im Fall II. 2. 1. der Urteilsgründe ist der Angeklagte aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
13
aa) Die gescheiterten Vertragsverhandlungen des Angeklagten mit seinem polnischen Lieferanten T. erfüllen den Tatbestand der Steuerhehlerei (§ 374 AO) nicht.
14
(1) Der Angeklagte hat für seinen Lieferanten keine Absatzhilfe geleistet. Vielmehr handelte er als sogenannter Zwischenhehler auf eigene Rechnung und nicht im Interesse seines Lieferanten. Das Merkmal der Absatzhilfe erfasst indes nur diejenigen Handlungen, mit denen der Hehler sich an den Absatzbemühungen des Vortäters oder eines Zwischenhehlers in dessen Interesse und auf dessen Weisung unselbständig beteiligt (Kohlmann, Steuerstrafrecht 29. Lfg. September 2001 § 374 AO Rdn. 53; Voß in Franzen /Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 374 AO Rdn. 21; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze 153. Ergänzungslieferung AO § 374 Rdn. 20).
15
(2) Der Angeklagte hat sich die Zigaretten auch nicht „verschafft“. Zwar sind sie in den Besitz seines Geschäftspartners L. gelangt, an den der Angeklagte die Zigaretten hätte weiterverkaufen wollen, wenn sie an ihn geliefert worden wären. Ein „Sichverschaffen“ im Sinne des § 374 Abs. 1 AO setzt jedoch das Erlangen eigener Verfügungsgewalt voraus (Senge aaO Rdn. 14; Kohlmann aaO Rdn. 44; Voß aaO Rdn. 18). Daran fehlt es hier. Der Angeklagte erlangte zu keinem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über die Zigaretten.
16
bb) Die Urteilsfeststellungen bilden auch keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Steuerhehlerei gemäß §§ 374, 370 Abs. 2 AO. Mit Aufnahme der (letztendlich gescheiterten) Kaufvertragsverhandlungen hat der Angeklagte hier zur Verwirklichung des Tatbestandes noch nicht unmittelbar angesetzt (§ 22 StGB).
17
(1) Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung strafloser Vorbereitungshandlungen vom strafbaren Versuch liegt ein unmittelbares Ansetzen bei solchen Gefährdungshandlungen vor, die nach der Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbar räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt , so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht. Dabei ist im Einzelfall bei der Abgrenzung in wertender Betrachtung auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen (st. Rspr.; vgl. BGHR AO § 373 Versuch 1 m.w.N.).
18
(2) Danach gilt für das Delikt der Steuerhehlerei, dass auch der Eintritt in Kaufverhandlungen ein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals des Ankaufens darstellen kann. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn sich die Übergabe der Waren oder Erzeugnisse an den Käufer sofort anschließen kann und soll, sobald eine Einigung über den Kaufpreis zustandegekommen ist, und die Verhandlung so der Verschaffung der Verfügungsgewalt unmittelbar vorgelagert ist (vgl. Kohlmann aaO Rdn. 64; Engelhardt in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO, 131. Lfg. Oktober 1990 Rdn. 71; zu § 259 StGB; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 259 Rdn. 51; Ruß in LK 11. Aufl. § 259 Rdn. 40; vgl. auch BGHSt 21, 267, 268; BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4 und BGH, Urteil vom 10. November 1970 – 1 StR 366/70 bei Dallinger MDR 1971, 546). Wenn aber – wie hier – bei telefonischen Vertragsverhandlungen die Ware nicht unmittelbar an den Käufer übergeben werden kann, scheidet eine unmittelbare Einleitung des Übertragungsaktes jedenfalls solange aus, wie noch keine Einigung über Zeit und Ort der Lieferung erfolgt ist. Im vorliegenden Fall waren die Verhandlungen bereits gescheitert, bevor ein Empfänger und ein Lieferort bestimmt werden konnten.
19
cc) Der Angeklagte ist in diesem Fall auch nicht der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig.
20
(1) Die hier in einer Steuerhinterziehung bestehende Vortat, bei der jedenfalls Zoll und polnische Einfuhrumsatzsteuer als von § 374 Abs. 2 AO erfasste Einfuhrabgaben verkürzt wurden (§ 370 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1, Abs. 7 AO), war bereits vor dem Tätigwerden des Angeklagten abgeschlossen. Die Zigaretten, hinsichtlich deren diese Abgaben schon bei der Einfuhr aus einem nicht der Europäischen Union angehörenden Staat nach Polen hinterzogen worden waren, wurden zunächst in Polen gelagert. Damit waren sie dort „zur Ruhe gekommen“, bevor die Verkaufsverhandlungen mit den in Deutschland ansässigen Abnehmern aufgenommen wurden (vgl. BGH wistra 2007, 224, 225 f.). Eine Beihilfe nach Beendigung der Tat ist nicht möglich.
21
(2) Auch eine Beihilfe zur Hinterziehung der deutschen Tabaksteuer, die beim Verbringen der Zigaretten von Polen nach Deutschland entstanden ist (§ 19 TabStG, vgl. dazu BGH aaO S. 227 m.w.N.), liegt nicht vor. Der Angeklagte handelte nicht mit Teilnahmevorsatz hinsichtlich der tatsächlich durchgeführten Haupttat; er wollte mit seinem Telefonanruf bei seinem Geschäftspartner L. kein Zigarettengeschäft fördern, an dem er selbst nicht beteiligt war. Eine strafbare Beihilfe kommt aber nur in Betracht, wenn der Hilfeleistende die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und weiß, dass er durch sein Verhalten das Vorhaben der Haupttäter fördert (BGHR StGB § 27 Abs. 1 Vorsatz 2, 9; Cramer/Heine in Schönke/Schröder aaO § 27 Rdn. 19; Joecks in MünchKomm-StGB § 27 Rdn. 75 ff.; jeweils m.w.N.). Zwar genügt auch bei der Beihilfe für eine Strafbarkeit bedingter Vorsatz. Dieser liegt – in Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit – dann vor, wenn der Gehilfe bei seiner Unterstützungshandlung nach dem ihm bekannten Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts nicht mehr auf dessen Ausbleiben vertrauen kann (BGH StV 1985, 100 m.w.N.). So verhält es sich hier indes nicht. Vielmehr ging der Angeklagte davon aus, dass die Verhandlungen mit dem Lieferanten endgültig gescheitert waren und der Lieferant sich andere, von den Geschäftsbeziehungen des Angeklagten unabhängige Absatzwege suchen würde. In dem im Ergebnis erfolglosen Angebot des Angeklagten , dem Lieferanten Zigaretten abzukaufen, liegt damit lediglich der straflose fehlgeschlagene Versuch einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
22
b) In den Fällen II. 2. 3. und 2. 4. der Urteilsgründe hält die Annahme einer vollendeten Absatzhilfe aus den bereits genannten Gründen der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand. Der Angeklagte hat sich jedoch in diesen Fällen jeweils wegen versuchter gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem auch bezüglich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nicht entgegen. Der Senat schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen die Änderung des rechtlichen Gesichtspunktes wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
23
aa) Der Angeklagte ist in diesen Fällen – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts und der Verteidigung – der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei schuldig.
24
Die Urteilsfeststellungen belegen, dass sich der Angeklagte mit seinem polnischen Lieferanten über den Ankauf und die Abnahme der Zigaretten einigte und der Lieferant die Zigaretten absprachegemäß auf den Weg zu dem vom Angeklagten bestimmten und als Übergabeort regelmäßig benutzten Hof brachte. Hierin liegt ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung und damit ein Versuch des Ankaufens als Unterfall des Sichverschaffens. Nach dem Tatplan des Angeklagten sollte der Übertragungsakt durch Beginn der Lieferung unmittelbar nach Einigung mit dem Lieferanten eingeleitet werden (vgl. zu § 259 StGB OLG Koblenz VRS 64, 22, 24; zu § 29 Abs. 1 BtMG vgl. auch BayObLG NStZ 1984, 320). Mit der Ausführung der Lieferung an die Lieferadresse des Angeklagten begann die Verschiebung der Waren. Mit dem Eintreffen der Zigaretten dort wären sie für den Angeklagten verfügbar gewesen. Darin liegt der Unterschied zur bloßen Einigung über die Abnahme bestimmter Waren (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4). Bereits der Beginn der Lieferung konnte die Aufdeckung der Vortat und damit die Erhebung der verkürzten Einfuhrabgaben erschweren. Die Lieferung an den Angeklagten diente folglich auch der Aufrechterhaltung eines vom Vortäter geschaffenen steuerrechtswidrigen Zustands, der nach der Vorstellung des Gesetzgebers mit der Strafnorm des § 374 AO bekämpft werden soll (vgl. BGHSt 29, 239, 242 m.w.N.; Kohlmann aaO Rdn. 9; Voß aaO Rdn. 2).
25
Der Umstand, dass die Zigaretten erst über eine lange Distanz transportiert werden mussten und dieser Transport einige Zeit in Anspruch nahm, steht der Annahme der Unmittelbarkeit des Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung im Sinne von § 22 StGB nicht entgegen. Der Übergabe der Zigaretten an den Angeklagten standen am Liefertag bei ungestörtem Fortgang keine Hindernisse im Wege. Der Transport der Zigaretten durch Unterstützer der Lieferanten war organisiert, die Gefahr einer Kontrolle der Fahrzeuge an der polnisch-deutschen Grenze durch Einschaltung bestochener Bundesgrenzschutzbeamter minimiert. Der Umstand, dass sich der Angeklagte zum vereinbarten Zeitpunkt an den Übergabeort – den regelmäßig von ihm als Abladeort vorgegebenen Hof des Asia-Imbisses – begeben musste, stellt vor diesem Hintergrund keinen wesentlichen Zwischenschritt dar, welcher der Annahme eines unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung hier entgegenstehen würde (vgl. OLG Koblenz aaO).
26
bb) Zugleich hat sich der Angeklagte in diesen Fällen der Beihilfe zur Hinterziehung der Tabaksteuer (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 27 StGB) schuldig gemacht. Indem er seine Abnahmebereitschaft signalisierte, förderte er das Verbringen der Zigaretten von Polen nach Deutschland und die Hinterziehung der hierbei entstandenen Tabaksteuer. Diese Steuer wurde dadurch verkürzt, dass für die entgegen § 12 Abs. 1 TabStG aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaften nach Deutschland verbrachten Zigaretten nicht sofort nach dem Verbringen eine Steuererklärung abgegeben wurde (§ 19 Sätze 1 bis 3 TabStG, vgl. zum Ganzen BGH wistra 2007, 224, 227).
27
c) Auch im Fall II. 2. 6. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte der versuchten gewerbsmäßigen Steuerhehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht.
28
Zwar wurden in diesem Fall die Zigaretten nicht zur Übergabe an den Angeklagten auf den Weg gebracht. Es genügt jedoch, dass die Übergabe an die Abnehmer des Angeklagten erfolgen sollte und die Abnehmer zur Übernahme der Zigaretten vom Lieferanten bereit waren. Es handelte sich um eine sogenannte abgekürzte Lieferung: Die Übergabe im Verhältnis zwischen dem Angeklagten als Zwischenhehler und seinen Abnehmern sollte dadurch erfolgen, dass der Lieferant, dem Geheiß des Angeklagten folgend, bereit war, an die Abnehmer des Angeklagten zu liefern. In dieser Übergabe sollte zugleich die Übergabe des Lieferanten an den Angeklagten als Zwischenhehler liegen, indem die Abnehmer des Angeklagten auf dessen Geheiß die Ware übernehmen sollten („doppelter Geheißerwerb“). Die Schwelle zum Versuch der Übertragung der Verfügungsgewalt an den Zigaretten auf den Angeklagten als Zwischenhehler und damit zum Versuch des Sichverschaffens im Sinne von § 374 AO wurde dadurch überschritten, dass der Vortäter mit der Lieferung begann und die Abnehmer des Angeklagten in Erwartung der Zigarettenlieferung zur vereinbarten Zeit am verabredeten Übergabeort schon eingetroffen waren (vgl. auch OLG Koblenz aaO; Stree aaO).
29
2. Die Änderung des Schuldspruchs zieht in den Fällen II. 2. 3., 2. 4. und 2. 6. der Urteilsgründe die Aufhebung der Einzelstrafen und damit (einschließlich des Teilfreispruchs) die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Die übrigen Einzelstrafen sind von dem Wertungsfehler des Landgerichts nicht betroffen und haben deshalb Bestand.

III.


30
Die weitergehende Revision des Angeklagten ist unbegründet. Zu den Fällen II. 2. 5. sowie II. 2. 7. bis 2. 9. der Urteilsgründe enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.
Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger
5 StR 336/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit
Garantiefunktion u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. September 2010

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 12. Mai 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert und neu gefasst, dass der Angeklagte wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrug sowie wegen Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen verurteilt ist;
b) in den Aussprüchen über die wegen versuchter gewerbs - und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (Fälle II. 1 und II. 5 der Urteilsgründe ) verhängten Einzelstrafen und im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen, in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug (Fälle II. 3 und II. 4 der Urteilsgründe) und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem gewerbs- und bandenmäßigem Computerbetrug (Fall II. 2 der Urteilsgründe ) sowie wegen versuchter gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen (Fälle II. 1 und II. 5 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen (Fälle II. 1 und II. 5 der Urteilsgründe) hält in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
a) Nach den Urteilsfeststellungen brachte der Angeklagte jeweils ein von der Tätergruppe speziell hergestelltes Kartenlesegerät (sogenannter Skimmer) an Geldautomaten in Leipzig und in Dresden an, um die Daten der Magnetleiste sowie die von den Bankkunden eingegebenen PIN aufzuzeichnen. Nach Abbau des Skimmers sollte der Angeklagte die gespeicherten Daten sowie die zusätzlich zur Feststellung der eingegebenen PIN gefertigten Filmaufnahmen mit seinem Laptop per E-Mail an Mittäter in Italien übermitteln , die dort die Kartendubletten anhand der verwendungsfähigen Datensätze auf Kreditkartenrohlingen herstellen wollten. Die Kartendubletten sollten anschließend in nordafrikanische Staaten und nach Großbritannien versandt werden, um sie zu Geldabhebungen einzusetzen. Der durch den Angeklagten zu bewirkende Datentransfer fand jedoch nicht statt, weil die Skimmer entdeckt und sichergestellt wurden.
4
b) Diese Feststellungen bilden keine tragfähige Grundlage für eine Verurteilung wegen versuchter gewerbs- und bandenmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion, weil die Schwelle zum Versuchsbeginn noch nicht überschritten ist. Mit seinen gescheiterten Bemühungen, durch den Einsatz des Skimmers in den Besitz der Daten zu gelangen, hat der Angeklagte noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbestandes angesetzt (§ 22 StGB). Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Vorbereitungshandlungen zum strafbaren Versuch liegt ein unmittelbares Ansetzen nur bei solchen Handlungen vor, die nach Tätervorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt , so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht (vgl. BGH NJW 2010, 623 m.w.N.). Danach ist ein Versuch des gewerbs- und bandenmäßigen Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion erst dann gegeben, wenn die Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst beginnen (BGH aaO). Zum Versuch des Nachmachens setzt daher – wie vorliegend – noch nicht an, wer die aufgezeichneten Datensätze noch nicht in seinen Besitz bringen und sie deshalb auch nicht an seine Mittäter, die die Herstellung der Kartendubletten vornehmen sollten, übermitteln konnte.
5
2. Der Rechtsfehler führt gemäß § 354 Abs. 1 StPO analog in den genannten Fällen aber lediglich zur Änderung des Schuldspruchs. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei alle notwendigen Feststellungen hinsichtlich der Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 30 Abs. 2, § 152a Abs. 1 und § 152b Abs. 1 und 2 StGB) getroffen. Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Der zum Tatgeschehen geständige Angeklagte hätte sich gegen den veränderten Schuldvorwurf nicht anders verteidigen können.
Der Senat ändert den Schuldspruch dementsprechend auf Verabredung der gewerbs- und bandenmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in zwei Fällen. Dies führt – entsprechend dem Antrag des Generalbundsanwalts – zur Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die Feststellungen hierzu können indes bestehen bleiben.
Brause Raum Schaal
Schneider Bellay

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen,

1.
inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder
2.
solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, feilhält, einem anderen überlässt oder gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(4) Zahlungskarten und andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Wertzeichen bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine Fälschung von Geld oder Wertzeichen vorbereitet, indem er

1.
Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen, Computerprogramme oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind,
2.
Papier, das einer solchen Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, die zur Herstellung von Geld oder amtlichen Wertzeichen bestimmt und gegen Nachahmung besonders gesichert ist, oder
3.
Hologramme oder andere Bestandteile, die der Sicherung gegen Fälschung dienen,
herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird, wenn er eine Geldfälschung vorbereitet, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, sonst mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
die Ausführung der vorbereiteten Tat aufgibt und eine von ihm verursachte Gefahr, daß andere die Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder die Vollendung der Tat verhindert und
2.
die Fälschungsmittel, soweit sie noch vorhanden und zur Fälschung brauchbar sind, vernichtet, unbrauchbar macht, ihr Vorhandensein einer Behörde anzeigt oder sie dort abliefert.

(3) Wird ohne Zutun des Täters die Gefahr, daß andere die Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abgewendet oder die Vollendung der Tat verhindert, so genügt an Stelle der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 1 das freiwillige und ernsthafte Bemühen des Täters, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Wer eine Fälschung von Geld oder Wertzeichen vorbereitet, indem er

1.
Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative, Matrizen, Computerprogramme oder ähnliche Vorrichtungen, die ihrer Art nach zur Begehung der Tat geeignet sind,
2.
Papier, das einer solchen Papierart gleicht oder zum Verwechseln ähnlich ist, die zur Herstellung von Geld oder amtlichen Wertzeichen bestimmt und gegen Nachahmung besonders gesichert ist, oder
3.
Hologramme oder andere Bestandteile, die der Sicherung gegen Fälschung dienen,
herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird, wenn er eine Geldfälschung vorbereitet, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe, sonst mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird nicht bestraft, wer freiwillig

1.
die Ausführung der vorbereiteten Tat aufgibt und eine von ihm verursachte Gefahr, daß andere die Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abwendet oder die Vollendung der Tat verhindert und
2.
die Fälschungsmittel, soweit sie noch vorhanden und zur Fälschung brauchbar sind, vernichtet, unbrauchbar macht, ihr Vorhandensein einer Behörde anzeigt oder sie dort abliefert.

(3) Wird ohne Zutun des Täters die Gefahr, daß andere die Tat weiter vorbereiten oder sie ausführen, abgewendet oder die Vollendung der Tat verhindert, so genügt an Stelle der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 1 das freiwillige und ernsthafte Bemühen des Täters, dieses Ziel zu erreichen.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen,

1.
inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder
2.
solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, feilhält, einem anderen überlässt oder gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(4) Zahlungskarten und andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Wertzeichen bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr oder, um eine solche Täuschung zu ermöglichen,

1.
inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente nachmacht oder verfälscht oder
2.
solche falschen Karten, Schecks, Wechsel oder anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumente sich oder einem anderen verschafft, feilhält, einem anderen überlässt oder gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(4) Zahlungskarten und andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Wertzeichen bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

5 StR 594/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 4. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2008

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 22. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in 13 Fällen schuldig ist, und
b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Einbeziehung der rechtskräftigen Einzelstrafen aus einer zäsurbildenden früheren Verurteilung und unter Aufrechterhaltung der dort angeordneten Maßregeln – wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 36 Fällen und wegen Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen in 24 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen, zu einer Gesamtfrei- heitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Daneben hat es den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen sowie wegen Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitnehmeranteilen in Tateinheit mit Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen in sechs Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den – über den mit der gleichen Zielrichtung gestellten Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehenden – aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Urteilsfeststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen. Sie rechtfertigen allerdings das vom Landgericht angenommene Konkurrenzverhältnis der Taten nicht. Der Senat ändert daher den Schuldspruch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ab. Er schließt aus, dass sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldspruch wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3
a) Ob bei Beihilfe Tateinheit oder -mehrheit anzunehmen ist, hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen und der vom Gehilfen geförderten Haupttaten ab. Tatmehrheit nach § 53 StGB ist anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere selbständige Taten unterstützt werden, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen zuzuordnen sind. Dagegen liegt eine Beihilfe im Sinne des § 52 StGB vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet (vgl. BGH NStZ 2000, 83). Dasselbe gilt wegen der Akzessorietät der Teilnahme, wenn sich mehrere Unterstützungshandlungen auf dieselbe Haupttat beziehen (BGHSt 46, 107, 116; vgl. zum Ganzen auch Jäger wistra 2000, 344, 346).
4
b) Nach diesen Grundsätzen hält die Verurteilung des Angeklagten wegen jeweils selbständiger Fälle der Beihilfe (§ 53 StGB) rechtlicher Nach- prüfung nicht stand, soweit der Angeklagte durch dieselben Unterstützungshandlungen sowohl zur Hinterziehung von Umsatzsteuer und von Lohnsteuer als auch zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt Beihilfe geleistet hat. Vielmehr ist der Angeklagte – ohne dass sich der Schuldumfang verändert – lediglich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten von Arbeitsentgelten in 13 Fällen schuldig. Danach gilt hier grundsätzlich, dass der Angeklagte bezogen auf jeden Monat nur eine Tat begangen hat, indem er den Haupttätern Scheinrechnungen überließ, auf deren Grundlage diese für die A. S. GmbH unrichtige Umsatzsteuererklärungen, unrichtige Lohnsteueranmeldungen sowie unrichtige Sozialversicherungsbeitragsnachweise abgaben. Allerdings sind dabei die Auswirkungen etwaiger Quartalsanmeldungen und Jahreserklärungen zu beachten.
5
aa) Die erste strafbare Beihilfe des Angeklagten umfasst dessen gesamte Unterstützungstätigkeit zu allen sich auf das Jahr 2002 beziehenden und im Rahmen der Geschäftstätigkeit der A. S. GmbH begangenen Haupttaten der Hinterziehung von Umsatzsteuer und Lohnsteuer sowie des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt. Mit der Erstellung und Übergabe von Scheinrechnungen im Zeitraum von Juli bis Dezember 2002 unterstützte der Angeklagte monatlich jeweils sowohl die Einreichung unrichtiger Lohnsteueranmeldungen und Umsatzsteuervoranmeldungen als auch die Fertigung und Einreichung unrichtiger Beitragsnachweise für die Sozialversicherung. Somit leistete der Angeklagte mit sechs Tatbeiträgen zu insgesamt 18 Haupttaten Hilfe. Da mit diesen Tatbeiträgen aber jeweils zugleich die Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 erleichtert werden sollte, mithin alle Unterstützungshandlungen auch der Förderung dieser Haupttat dienten, liegt insoweit insgesamt nur eine einheitliche Beihilfe im Sinne von § 52 StGB zu allen 19 Haupttaten vor (vgl. Jäger aaO).
6
bb) Die vom Angeklagten im Zeitraum von Januar bis März 2003 mit der Überlassung von Scheinrechnungen für die A. S. GmbH geleisteten Unterstützungshandlungen bilden eine weitere einheitliche Beihilfe zu den in diesem Zeitraum begangenen Haupttaten der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen, der Hinterziehung von Lohnsteuer durch Einreichung einer unrichtigen Quartalsanmeldung und des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt durch Einreichung unrichtiger Beitragsnachweise. Denn sämtliche in diesem Zeitraum vom Angeklagten erstellten Scheinrechnungen dienten auch der Förderung der Lohnsteuerhinterziehung durch Einreichung einer unrichtigen Lohnsteueranmeldung für das erste Quartal 2003.
7
cc) Gleiches gilt für die Hinterziehung von Umsatz- und Lohnsteuer sowie das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitraum von April bis Juni 2003 mit Blick auf die Hilfeleistung zur Hinterziehung der Lohnsteuer durch Einreichung einer unrichtigen Lohnsteueranmeldung für das zweite Quartal 2003. Dass der Angeklagte mit den im Jahr 2003 geleisteten Unterstützungshandlungen auch zur Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2003 Hilfe geleistet habe, hat das Landgericht nicht festgestellt. Ein derartiger Tatvorwurf ist auch nicht aus dem Verfahren nach § 154a StPO ausgeschieden worden.
8
dd) Für den Zeitraum von August 2003 bis März 2004 hat das Landgericht als Beihilfehandlungen des Angeklagten die Gründung einer weiteren Scheinfirma (der K. GmbH) und die Einweisung des gesondert verfolgten St. in das Ausstellen und die Weitergabe von Scheinrechungen festgestellt (UA S. 15 f., 36). Wieviele Scheinrechnungen der Angeklagte selbst in diesem Tatzeitraum übergab und welchen Anmeldezeitraum diese Rechnungen betrafen, konnte das Landgericht nicht feststellen. Der Senat schließt insoweit weitergehende Feststellungen in einem neuen Rechtsgang aus. Damit kann für diesen Zeitraum nur von einer einheitlichen Beihilfehandlung des Angeklagten durch seinen Organisationsbeitrag bei Beginn der Deliktsserie ausgegangen werden.
9
Dieser Organisationsbeitrag und die im Juli 2003 noch unter einer anderen Scheinfirma (der D. GmbH) vom Angeklagten übergebenen Scheinrechnungen förderten zugleich dieselbe Haupttat, nämlich die Abgabe der unrichtigen Lohnsteueranmeldung für das dritte Quartal 2003. Daher bilden diese beiden Handlungen eine Tat im Sinne des § 52 StGB. Die Beihilfe zur Lohnsteuerhinterziehung für das dritte Quartal 2003 steht ihrerseits mit der Beihilfe zur Hinterziehung der Umsatzsteuer und zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt für den Monat Juli 2003 in Tateinheit. Damit ist für den Tatzeitraum von Juli 2003 bis März 2004 von einer Tat im Sinne des § 52 StGB auszugehen.
10
ee) Im verbleibenden Tatzeitraum von Dezember 2004 bis August 2005 hat der Angeklagte in jedem Monat eine selbständige Beihilfe im Sinne des § 52 StGB zu den im Rahmen der A. S. GmbH verwirklichten Haupttaten der Hinterziehung von Lohnsteuer sowie des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt begangen. Mit der Übergabe von Scheinrechnungen hat er jeweils zugleich zur Hinterziehung von Lohnsteuern als auch zu einer Tat nach § 266a StGB Hilfe geleistet.
11
c) Der Senat sieht gemäß § 260 Abs. 4 Satz 5 StPO davon ab, in der Urteilsformel bei jedem Einzelfall die gleichartige Tateinheit zum Ausdruck zu bringen. Hierdurch würde der Tenor unübersichtlich; dies widerspräche dem Gebot der Klarheit und Verständlichkeit der Urteilsformel (vgl. BGH wistra 2007, 388, 391 m.w.N.).
12
2. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bedingt hier die Aufhebung sämtlicher Einzel- und Gesamtstrafen. Den auf der Grundlage des neu gefassten Schuldspruchs festzusetzenden Einzelstrafen sind jeweils höhere Hinterziehungsbeträge zugrundezulegen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei den hier vorliegenden Rechtsfehlern nicht.
13
3. Für die Festsetzung der neuen 13 Einzelstrafen weist der Senat auf Folgendes hin:
14
Die Höhe der bisherigen, nunmehr entfallenen Einzelstrafen darf überschritten werden. Das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) steht dem nicht entgegen. Es ist bei dieser Sachlage lediglich geboten, dass jeweils die Summe der bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird (vgl. BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 12). Überdies hat es bei Einzelgeldstrafen zu verbleiben, soweit im betreffenden Gesamtkomplex bisher nur Einzelgeldstrafen verhängt worden sind (vgl. etwa die für die im Tatzeitraum von Januar bis März 2003 oder im Dezember 2004 begangenen Beihilfehandlungen verhängten Einzelgeldstrafen ). Schließlich dürfen die beiden neu zu bildenden Gesamtstrafen nicht höher sein als die bisherigen (st. Rspr.; BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 3, 7, 12 m.w.N.).
15
Der neue Tatrichter wird bei der Strafbemessung auch zu bedenken haben, dass sich allein durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses der Gesamtunrechtsgehalt der Taten nicht verringert hat. Insbesondere die rechtsfehlerfrei festgestellten Hinterziehungsbeträge bleiben hiervon unberührt. Allerdings wird das neue Tatgericht bei der Strafzumessung im Hinblick auf die Hinterziehung der Umsatzsteuer für das Jahr 2002 zu beachten haben , dass sich die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juli bis Dezember 2002 und die Umsatzsteuerjahreserklärung 2002 auf dieselbe Steuerart und dasselbe Steueraufkommen eines Besteuerungszeitraumes beziehen und sich der Unrechtsgehalt teilweise überschneidet, wenn auch nicht vollständig deckungsgleich ist (vgl. BGHSt 49, 359, 362 ff.; BGH wistra 2005, 145, 146 f.). Der neue Tatrichter sollte – soweit sich das Verfahren auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer für das Jahr 2002 bezieht – eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO auf den Tatvorwurf der Beihilfe zu der durch die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002 begangenen Steuerhinterziehung in Betracht ziehen (vgl. auch dazu BGHSt aaO S. 365; BGH aaO).
16
Etwa zu treffende neue Feststellungen dürfen zugrundegelegt werden, wenn sie den nunmehr rechtskräftigen nicht widersprechen.
Basdorf Gerhardt Brause Schaal Jäger

(1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften.

(1) Wer eine der in § 152a Abs. 1 bezeichneten Handlungen in Bezug auf Zahlungskarten mit Garantiefunktion begeht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach Absatz 1 verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(4) Zahlungskarten mit Garantiefunktion im Sinne des Absatzes 1 sind Kreditkarten und sonstige Karten,

1.
die es ermöglichen, den Aussteller im Zahlungsverkehr zu einer garantierten Zahlung zu veranlassen, und
2.
durch Ausgestaltung oder Codierung besonders gegen Nachahmung gesichert sind.

(5) § 149, soweit er sich auf die Fälschung von Geld bezieht, und § 150 gelten entsprechend.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.