Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2014 - 3 StR 27/14

bei uns veröffentlicht am17.04.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 7 / 1 4
vom
17. April 2014
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
zu 2.: Beihilfe zum Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 17. April
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten L.
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten C.
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. August 2013 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und den Angeklagten C. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande schuldig gesprochen, Freiheitsstrafen von acht Jahren (Angeklagter L. ) bzw. drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter C. ) verhängt und einen sichergestellten LKW-Auflieger eingezogen. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen und von der Einziehung eines weiteren LKW-Aufliegers abgesehen. Gegen den Teilfreispruch und die unterbliebene Einziehungsentscheidung wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision, mit der sie Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge erhebt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte L. spätestens seit Ende des Jahres 2011 Mitglied einer Gruppierung von Personen, die sich entschloss, in wechselnder Beteiligung und in arbeitsteiligem Zusammenwirken für eine gewisse Dauer mehrfach Marihuana in großen Mengen aus Südeuropa nach Hannover zu bringen, um es von dort aus gewinnbringend weiter zu veräußern. Ab Februar 2012 begann der Angeklagte in Absprache mit seinen Hintermännern mit den logistischen Vorbereitungen für die Transporte, indem er eine Halle und ab dem 15. Juni 2012 eine weitere Halle mit größerer Tordurchfahrt anmietete sowie Ende Juni 2012 einen Mercedes Sprinter als Auslieferungsfahrzeug für die Betäubungsmittel erwarb. Ende September 2012 kaufte er zudem 1.000 Faltkartons, in die das Marihuana verpackt werden sollte, und holte eine Teilmenge von 300 Stück ab. Mitte Oktober 2012 mietete er schließlich ein weiteres Fahrzeug an, einen VW Golf Kombi. Insgesamt wendete er für diese Maßnahmen 41.000 € auf; das Geld hatte er von der Gruppierung erhalten.
3
Die Hintermänner aus Südeuropa versteckten insgesamt 394 kg Marihuana im Dach eines Kühl-Sattelaufliegers, nachdem sie das dort befindliche Dämmmaterial entfernt und so ausreichend Hohlräume für die Drogen geschaffen hatten. Der Angeklagte L. nahm den Sattelauflieger am 14. November 2012 in der von ihm angemieteten Halle mit der größeren Tordurchfahrt in Empfang. Bereits am 12. November 2012 war der Angeklagte C. aus Albanien nach Deutschland gekommen, um dem Angeklagten L. bei der Öffnung des von den Hintermännern wieder verschlossenen Dachs des Aufliegers sowie bei der Auslieferung der Drogen zu helfen. Nachdem sie ca. 135 kg Marihuana umgeladen hatten, fuhren die Angeklagten - jeder in einem anderen Fahrzeug - in Richtung der Innenstadt von Hannover, wo sie vereinbarungsgemäß den von dem Angeklagten C. gesteuerten, mit den Betäubungsmitteln beladenen Mercedes-Sprinter für die Abnehmer abstellen sollten. Sie wurden aber bereits nach kurzer Zeit von zwei Polizeibeamten kontrolliert, die die stark riechenden Betäubungsmittel entdeckten. Bei der anschließenden Kontrolle der Lagerhalle wurden in dem Sattelauflieger weitere ca. 259 kg Marihuana gefunden und sichergestellt.
4
In der Lagerhalle befand sich zudem ein weiterer Kühl-Sattelauflieger mit bulgarischem Kennzeichen, dessen Dach in ähnlicher Weise für versteckte Transporte vorbereitet war und den der Angeklagte L. spätestens am 17. Oktober 2012 in der Halle hatte unterstellen lassen. Die Verstecke und die Ladefläche waren leer, die Bremsen des Anhängers defekt.
5
2. Das Landgericht hat die Angeklagten aufgrund dieser Feststellungen wie dargelegt verurteilt; es hat sich hingegen nicht von einer weiteren von der Anklageschrift umfassten Tat zu überzeugen vermocht. Nach dem Anklagevorwurf habe der Angeklagte L. zu einem unbekannten Zeitpunkt nach dem 15. Juni 2012 bis zum 11. November 2012, wahrscheinlich im September 2012, eine weitere Marihuanalieferung von mindestens 394 kg erhalten, die in dem Dach des leeren und defekten, bei der Durchsuchung der Halle sichergestellten Sattelaufliegers versteckt gewesen sei. Diese Betäubungsmittel habe er in der Folgezeit verteilt und verkauft, wobei ihm der Angeklagte C. zwischen dem 8. und 28. September 2012 behilflich gewesen sei.
6
Die Revision macht gegen den Teilfreispruch mit der Verfahrensrüge geltend , die Strafkammer habe Beweisanträge der Staatsanwaltschaft, die zur weiteren Aufklärung des Tatvorwurfs hätten führen können, zu Unrecht abgelehnt. Mit der Sachrüge beanstandet die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung sowie die fehlerhafte Anwendung des § 74 StGB.
7
3. Die von der Revision erhobenen Beanstandungen dringen nicht durch. Die auf die Sachrüge veranlasste materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat im freisprechenden bzw. die Einziehung des defekten Kühl-Sattelaufliegers ablehnenden Teil - auf den allein sich die Revision der Staatsanwaltschaft bezieht - auch im Übrigen einen Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten nicht ergeben.
8
a) Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist unbegründet. Ergänzend zu den im Übrigen zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bedarf nur Folgendes weiterer Erörterung:
9
Die Verfahrensbeanstandung der Staatsanwaltschaft zeigt im Ansatz zutreffend auf, dass die Strafkammer Indiztatsachen, die sie in den Ablehnungsbeschlüssen als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos behandelt hatte, in den Urteilsgründen als erwiesen festgestellt hat. Ein solches Vorgehen kann die Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO indes nur begründen, wenn sich das Tatgericht im Urteil in Widerspruch zu den Gründen der ablehnenden Beschlüsse setzt (LR/Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 227 mwN; BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2013 - 5 StR 143/13, NStZ 2013, 611; vom 20. Juli 2010 - 3 StR 250/10, StraFo 2010, 466), wofür es gegebenenfalls ausreicht, dass das Urteil Tatsachen, die zuvor als bedeutungslos behandelt worden waren, nunmehr Bedeutung beimisst (LR/Becker aaO; BGH, Urteil vom 18. September 1987 - 2 StR 350/87, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Hinweispflicht 1). Das hat die Strafkammer aber nicht getan; sie hat vielmehr die als bedeutungslos erachteten Indizien, die sie - zutreffend - für die vorläufige Beweiswürdigung in den Ablehnungsbeschlüssen so, als seien sie erwiesen, in das bisherige Beweisergebnis eingestellt hatte (vgl. insoweit LR/Becker aaO, Rn. 220; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 5 StR 143/13, NStZ 2013, 611), in den Urteils- gründen als erwiesen behandelt, und sie gleichermaßen im Einklang mit den Ablehnungsbeschlüssen in die nunmehr endgültige Beweiswürdigung eingestellt. Dabei hat das Landgericht die Indiztatsachen im Ergebnis weiterhin als bedeutungslos gewürdigt, weil es die von der Beschwerdeführerin intendierten Schlüsse auch in den Urteilsgründen nicht gezogen hat.
10
Soweit die Staatsanwaltschaft mit der Verfahrensrüge geltend macht, in einem der Beschlüsse sei die von der Strafkammer vorgenommene Gesamtabwägung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichend, zeigt sie damit einen Rechtsfehler nicht auf. Die Strafkammer hat bei der Ablehnung des Beweisantrages auf Vernehmung zweier Zeugen nicht nur die in deren Wissen gestellten Tatsachen als zutreffend in die von ihr vorzunehmende vorläufige Beweiswürdigung eingestellt, sondern zahlreiche weitere gegen die Angeklagten sprechende Indizien und dabei insbesondere auch die Angaben des Angeklagten L. gegenüber einem Polizeibeamten gewürdigt. Dass sie dabei lediglich einen Teil der Einlassung berücksichtigt, einen anderen - wie von der Staatsanwaltschaft geltend gemacht - aber aus dem Blick verloren habe, schließt der Senat nicht zuletzt mit Blick auf die weiteren, am gleichen Tag verkündeten Ablehnungsbeschlüsse aus, die ebenfalls eine umfassende Gesamtwürdigung enthalten. Soweit die Revision offenbar die Auffassung vertritt, die von dem Angeklagten L. eingeräumte Übergabe einer Geldzählmaschine an ihn hätte zu einer anderen Bewertung der weiteren Indizien führen müssen, ersetzt sie die allein dem Tatgericht obliegende - vorläufige - Beweiswürdigung durch ihre eigene, die sie für plausibler hält. Eine solche Plausibilitätskontrolle, insbesondere dahin, ob nicht etwa eine gegenteilige Überzeugungsbildung näher gelegen hätte, findet im Revisionsverfahren indes nicht statt, denn die Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit stellt ein Element der freien tatrichter- lichen Beweiswürdigung (§ 261 StPO) dar, die in der Revisionsinstanz allein auf das Vorliegen von Rechtsfehlern geprüft wird (LR/Becker aaO, Rn. 221 mwN).
11
b) Den mit der Sachrüge vorgebrachten Angriffen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts bleibt ebenfalls der Erfolg versagt: Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO), dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht kann demgegenüber nur prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist , mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326). Liegt ein solcher Rechtsfehler nicht vor, ist die vom Tatgericht vorgenommene Würdigung hinzunehmen, auch wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich gewesen wäre oder gar näher gelegen hätte (BGH, Urteil vom 4. April 2013 - 3 StR 521/12, juris Rn. 15).
12
Nach diesen Maßstäben beachtliche Rechtsfehler zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft - worauf auch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat - nicht auf. Insbesondere erweist sich die Beweiswürdigung nicht deshalb als lückenhaft, weil nicht zu jeder einzelnen Feststellung dargelegt wird, auf welches Beweismittel diese gründet; die Darstellung der Beweiswürdigung im Urteil dient nicht dazu, für alle Feststellungen einen Beleg zu erbringen (KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82 mwN). Soweit eine vermeintlich fehlende Erörterung von einzelnen Indizien mit urteilsfremden Umständen begründet wird, etwa damit, welche - im Urteil nicht wiedergegebenen - Angaben ein Zeuge gemacht habe, sind diese im Rahmen der Prüfung der Sachrüge unbeachtlich (BGH aaO, Rn. 16). Mit Blick auf die geltend gemachte unzureichende Erörterung einzelner Indiztatsachen bei der Gesamtabwägung der Strafkammer in den Urteilsgründen (Übergabe einer Geldzählmaschine , zeitlicher Ablauf der Handlungen des Angeklagten L. , Vornahme einer Schätzung) erschöpfen sich die Angriffe der Staatsanwaltschaft darin, ihre eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen. Auch damit kann die Revision keinen Erfolg haben (BGH aaO).
13
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich rügt, die Strafkammer habe die Einlassungen der Angeklagten ihrer Entscheidung nicht zu Grunde legen dürfen, geht auch dieser Angriff gegen die Beweiswürdigung fehl. Das Landgericht hat zwar ausgeführt, es habe die Einlassung der Angeklagten im Ergebnis nicht zu widerlegen vermocht. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, die Strafkammer habe - ohne von der Richtigkeit der Einlassungen aufgrund einer Gesamtschau der Beweiswürdigung überzeugt zu sein (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Januar 2011 - 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302) - diese bei ihrer Entscheidung ohne Weiteres berücksichtigt; aus den Feststellungen des Urteils, die insoweit ersichtlich nicht den Inhalt der Einlassungen der Angeklagten als erwiesen darstellen, ergibt sich ein solches Vorgehen gerade nicht. Der Sache nach hat die Strafkammer offen gelassen, ob die Einlassungen, der Angeklagte L. habe dem Angeklagten C. im September 2012 lediglich beim Erwerb eines Gebrauchtwagens behilflich sein wollen, zutreffend waren; sie hat sich indes ungeachtet der Einlassungen außer Stande gesehen, sich von dem Sachverhalt zu überzeugen, der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft den weiteren Anklagevorwurf begründete. Rechtsfehler in der Beweiswürdigung sind danach auch insoweit nicht ersichtlich, zumal zu berücksichti- gen ist, dass aus der etwaigen Unwahrheit der Einlassungen ohnehin nicht ohne Weiteres tragfähige Rückschlüsse darauf gezogen werden könnten, was sich in Wirklichkeit ereignet hat (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 17. Dezember 1993 - 2 StR 666/93, BGHR StPO § 261 Beweiskraft 3 mwN).
14
c) Die Rüge der Verletzung des § 74 StGB bleibt aus den zutreffenden Erwägungen, die der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegt hat, ohne Erfolg.
Schäfer Pfister Mayer Gericke Spaniol

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Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 74 Einziehung von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten bei Tätern und Teilnehmern


(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden. (2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bez

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(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

5 StR 143/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 13. Dezember 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Görlitz zurückverwiesen.

G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Folgendes Geschehen liegt zugrunde:
3
a) Die Schwurgerichtskammer hat einen Beweisantrag der Verteidigung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Mit diesem hatte der Angeklagte unter anderem die Vernehmung der Zeugin Z. zum Beweis der Tatsache begehrt, dass die Zeugin Wi. , die Freundin des Angeklagten, ihr am Morgen nach der Tatnacht – in Übereinstimmung mit späteren Angaben gegenüber der Polizei – von dem Tatgeschehen berichtet und hierbei kundgetan habe, der Angeklagte sei von den Zeugen A. und B. angegriffen worden, habe sich rückwärts von diesen wegbewegt und die ihn weiter verfolgenden Zeugen aufgefordert, sich ihm nicht weiter zu nähern. Er habe dabei mit einem abgebrochenen Flaschenhals in der Hand wild um sich geschlagen und gestikuliert. Der Zeuge B. habe sich gleichwohl weiter genähert und sei schließlich vom Angeklagten am Hals getroffen worden.
4
b) Zur Begründung der Ablehnung dieses Beweisantrags hat das Landgericht ausgeführt, es halte die Einvernahme der Zeugin Z. zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Wi. für nicht erforderlich. Falls die Zeugin Z. inhaltlich die Angaben der Zeugin Wi. gegenüber der Polizei wiedergebe, wäre als weitergehender Erkenntnisgewinn lediglich festzustellen, dass die Zeugin Wi. innerhalb von ca. zwei Wochen zwei gleichlautende Aussagen getroffen habe. Die Strafkammer habe die Zeugen F. (den Polizeibeamten, der im Ermittlungsverfahren die Zeugin Wi. vernommen hatte) und Wi. bereits vernommen. Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen treffe die Kammer aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme. Im Urteil hat die Schwurgerichtskammer die die Einlassung des Angeklagten stützende Aussage der Zeugin Wi. als unglaubhaft bewertet und insoweit unter anderem ausgeführt, die Zeugin habe zwischen dem Abtauchen des Angeklagten und ihrem eigenen Verschwinden am 2. Dezember 2011 (dem Tattag ) bis zu ihrer Vernehmung am 17. Dezember 2011 genügend Zeit gehabt, ihre Aussage mit derjenigen des Angeklagten abzustimmen (UA S. 25).
5
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
a) Bereits die Begründung, mit der das Landgericht den auf eine Indiztatsache gerichteten Beweisantrag abgelehnt hat, genügt nicht den insoweit bestehenden Anforderungen. Der Beschluss, mit dem die Erhebung eines Beweises wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache abgelehnt wird, ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Gericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Entscheidungsbildung ohne Einfluss blieb. Dies nötigt zu einer Einfügung der Beweistatsache in das bisher gewonnene Beweisergebnis (BGH, Beschluss vom 27. November 2012 – 5 StR 426/12 mwN). Das Landgericht hätte sich daher in der Beschlussbegründung ausdrücklich damit auseinandersetzen müssen, weshalb der für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit jedenfalls nicht von vornherein unerhebliche Umstand der Übereinstimmung kurz nach der Tat gegenüber einer Bekannten getätigter Angaben mit einer zwei Wochen später stattfindenden Aussage bei der Polizei im konkreten Fall keinen Einfluss auf die Bewertung der das Tatgeschehen weitgehend im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten darstellenden Angaben der Zeugin Wi. haben kann, sei es, weil es der Zeugin ohnehin Glauben schenkt, sei es, weil es deren Angaben auch bei einer zu unterstellenden Richtigkeit der Beweisbehauptung aus bestimmten Gründen als unglaubhaft bewerten würde. Demgegenüber erweckt die Beschlussbegründung den Eindruck, das Landgericht halte den – tatsächlich bestehenden – Zusammenhang der Beweistatsache mit dem Gegenstand der Urteilsfindung nicht für gegeben.
7
b) Ob dieser Begründungsmangel im vorliegenden Fall bereits für sich genommen geeignet wäre, die Revision des Angeklagten zu begründen, kann indessen letztlich dahinstehen, da sich die Ablehnung des Beweisantrags jedenfalls aus einem anderen Grund als rechtsfehlerhaft erweist.
8
An der dem Ablehnungsbeschluss zugrunde liegenden Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache muss sich das Gericht festhalten lassen; es darf sich nicht im Urteil zu der Ablehnungsbegründung in Widerspruch setzen, insbesondere die Urteilsgründe nicht auf das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache stützen (BGH, Beschlüsse vom 27. November 2012 – 5 StR 426/12 – und vom 20. Juli 2010 – 3 StR 250/10, StraFo 2010, 466; Urteil vom 19. September 2007 – 2 StR 248/07, StraFo 2008, 29; Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 373/96, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 22). Indem die Strafkammer die die Einlassung des Angeklagten bestätigende Aussage der Zeugin Wi. - unter anderem mit der Begründung als unglaubhaft bewertet hat, die Zeugin habe zwischen dem Abtauchen des Angeklagten und ihrem eigenen Verschwinden am 2. Dezember 2011 bis zu ihrer Vernehmung am 17. Dezember 2011 genügend Zeit gehabt, ihre Aussage mit derjenigen des Angeklagten abzustimmen, hat sie jedoch einen mit der im Ablehnungsbeschluss als bedeutungslos erachteten Tatsache unvereinbaren Umstand zur Stützung seiner Überzeugung herangezogen. Hätte die Zeugin Wi. nämlich bereits am Morgen nach der Tat identische Angaben gemacht, könnte nicht auf den im Urteil genannten für eine Abstimmung der Aussagen zur Verfügung stehenden Zeitraum von zwei Wochen abgestellt werden, sondern lediglich auf einen solchen von wenigen Stunden, in dem der Angeklagte und die Zeugin noch unmittelbar unter dem Eindruck des Erlebten gestanden haben dürften und eine polizeiliche Aussage noch nicht unmittelbar bevorstand.
9
c) Auf dem Verfahrensfehler beruht das Urteil. Zwar führt das Landgericht noch weitere Gründe für die Unglaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Wi. an. Das Abstellen auf den zur Abstimmung der Aussage zur Verfügung stehenden Zeitraum kann gleichwohl nicht als die Entscheidung nicht tragende Hilfserwägung verstanden werden. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer unter Berücksichtigung einer inhaltlich deckungsgleichen Schilderung Wi. s bereits am Morgen nach der Tat insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangt und die Aussage der Zeugin sowie die durch sie gestützte Einlassung des Angeklagten anders bewertet und im Ergebnis abweichende tatsächliche Feststellungen getroffen hätte.
10
d) Dieser Rechtsfehler nötigt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Zwar lässt die in der Hauptverhandlung abgegebene Einlassung des Angeklagten einen die Voraussetzungen des § 32 StGB erfüllenden unmittelbar bevorstehenden Angriff der Zeugen A. und B. nicht erkennen, so dass ihr entsprechende Feststellungen entgegen der Ansicht der Revision dem Schuldspruch nicht ohne weiteres die Grundlage entzögen. Es ist dem Revisionsgericht jedoch verwehrt, die rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Feststellungen des Tatgerichts durch anderweitige zu ersetzen.
11
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
12
a) Die Notwendigkeit und der Umfang der Wiedergabe von Zeugenaussagen und der Auseinandersetzung mit ihnen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls (näher Engelhardt in KK, StPO, 6. Aufl., § 267 Rn. 15 mwN). So muss etwa die Entwicklung einer Zeugenaussage in der Beweiswürdigung dann nicht abgehandelt werden, wenn dieser Gesichtspunkt zur Überzeugung der Strafkammer geklärt ist und das Urteil selbst von Widersprüchen oder Lücken frei ist (BGH, Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 203/05, NStZ 2006, 55). Das neue Tatgericht wird sich jedoch einge- hender als bisher geschehen mit den verschiedenen Zeugenaussagen auseinanderzusetzen haben, die im angefochtenen Urteil zur Widerlegung der Einlassung des Angeklagten herangezogen worden sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass etwa die im Urteil wiedergegebenen Aussagen der Zeuginnen Bü. und Al. in Teilbereichen inhaltlich nicht mit den Feststellungen des Landgerichts in Einklang stehen.
13
b) Die im Urteil vorgenommene Trinkmengenberechnung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. zur Berechnung König in LK, 12. Aufl., § 316 Rn. 37 ff.).
14
4. Der Senat verweist die Sache – nach „Aufhebung“ des Landgerichts Bautzen – an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Görlitz zurück (§ 71 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 SächsJG).
Raum Sander Schneider
König Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 250/10
vom
20. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 20. Juli
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 28. Januar 2010 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 1 der Urteilsgründe,
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes (Fall II. 1) und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit "Verstoß gegen das Waffengesetz" (Fall II. 2) unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem früheren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet , hat mit einer Verfahrensrüge zum Fall II. 1 und zum Gesamtstrafenausspruch Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Rüge, das Landgericht habe einen Beweisantrag in rechtsfehlerhafter Weise abgelehnt, greift durch.
3
1. Nach den Feststellungen zum Fall II. 1 ergriff der Angeklagte den späteren Geschädigten, der sich in Begleitung des Zeugen H. befand, mit der linken Hand an der Schulter, legte den Arm um ihn und zog ihn gegen dessen Willen in den nicht einsehbaren Eingangsbereich einer Spielothek. Dort nahm er ihm gewaltsam 120 € weg.
4
Das Landgericht hat die Verurteilung des Angeklagten, der die Tat bestritten hat, im Wesentlichen auf die Angaben des Tatopfers gestützt. Dessen Aussage hat es auch deshalb als glaubhaftangesehen, weil der Zeuge H. bei seiner polizeilichen Vernehmung zum Vortatgeschehen in Übereinstimmung mit dem Geschädigten angegeben habe, der Angeklagte habe das Tatopfer "von ihm weggezogen" und sei mit ihm in die Spielothek gegangen. Die polizeiliche Aussage des Zeugen H. wurde über den Vernehmungsbeamten in die Hauptverhandlung eingeführt; eine persönliche Einvernahme des Zeugen hat nicht stattgefunden.
5
2. Der Angeklagte hat mit dem Ziel, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Geschädigten zu erschüttern, die Vernehmung des Zeugen H. zum Beweis dafür beantragt, dass das Tatopfer dem Angeklagten freiwillig in den Durchgang der Spielothek gefolgt und hierzu von dem Angeklagten nicht im Sinne einer Nötigungshandlung gezwungen worden sei. Diesen Antrag hat das Landgericht mit der Begründung zurückgewiesen, die behauptete Tatsache sei - ersichtlich tatsächlich - für die Entscheidung ohne Bedeutung. Entscheidend sei allein das Geschehen im Eingangsbereich der Spielothek. Die Indiztatsache, dass das Tatopfer dem Angeklagten dorthin freiwillig gefolgt sei, lasse nur den mögli- chen, nicht aber den zwingenden Schluss zu, dass die Wegnahme des Geldes im nicht einsehbaren Eingangsbereich der Spielothek ohne Gewaltanwendung erfolgt sei. Diesen Schluss wolle die Strafkammer jedoch nicht ziehen.
6
a) Der Antrag des Beschwerdeführers genügt den an einen Beweisantrag zu stellenden Anforderungen. Insbesondere wird eine hinreichend bestimmte Tatsache behauptet; denn bei sinngerechter Auslegung war der Antrag erkennbar dahin zu verstehen, der Zeuge H. werde bekunden, dass der Geschädigte ohne Widerstreben und ohne Zwangseinwirkung durch den Angeklagten diesem in den Eingangsbereich der Spielothek gefolgt ist.
7
b) Die Rüge der Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ist auch im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO zulässig erhoben. Die Revision teilt sowohl den Inhalt des Beweisantrags nebst Begründung als auch den gerichtlichen Ablehnungsbeschluss im Wortlaut mit. Da weder im Beweisantrag noch im Ablehnungsbeschluss Aktenbestandteile in Bezug genommen wurden und sich die Fehlerhaftigkeit des Gerichtsbeschlusses bereits aus dessen Begründung in Verbindung mit den Urteilsgründen ergibt, bedurfte es entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts weiterer Darlegungen zur Begründung der Rüge nicht (vgl. Löwe/Rosenberg/ Becker, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 372).
8
c) Die Ablehnung der beantragten Beweiserhebung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Für die zu treffende Entscheidung ohne Bedeutung ist eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache nur dann, wenn ein Zusammenhang zwischen ihr und dem Gegenstand der Urteilsfindung nicht besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Falle ihres Erwiesenseins nicht ge- eignet ist, die Entscheidung irgendwie zu beeinflussen (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 244 Rn. 56 mwN). Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, Indiztatsachen als für die Entscheidung bedeutungslos zu betrachten, wenn er einen möglichen Beweisschluss, den der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Er muss sich dann aber an seiner Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit festhalten lassen und darf sich im Urteil nicht in Widerspruch zu der Ablehnungsbegründung setzen (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2000 - 4 StR 592/99, NStZ-RR 2000, 210 mwN).
10
Dies ist hier jedoch geschehen. Im Rahmen der Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Tatopfers hat das Landgericht auch aus den übereinstimmenden Angaben des Zeugen H. und des Geschädigten zu dem Vortatgeschehen auf die Glaubhaftigkeit der Angaben des Opfers zur Tat II. 1 geschlossen. Damit hat es zu erkennen gegeben, dass es diesem Geschehen entgegen der im Ablehnungsbeschluss geäußerten Auffassung Bedeutung für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Hauptbelastungszeugen beigemessen hat. Hierin liegt ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO.
11
Bei der im Fall II. 1 gegebenen Sachlage, bei der zum eigentlichen Raubgeschehen Aussage gegen Aussage steht, vermag der Senat ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensverstoß nicht auszuschließen.
12
3. Die Aufhebung des Urteils im Fall II. 1 zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

5 StR 143/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 14. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2013

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bautzen vom 13. Dezember 2012 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Görlitz zurückverwiesen.

G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg.
2
1. Folgendes Geschehen liegt zugrunde:
3
a) Die Schwurgerichtskammer hat einen Beweisantrag der Verteidigung wegen tatsächlicher Bedeutungslosigkeit abgelehnt. Mit diesem hatte der Angeklagte unter anderem die Vernehmung der Zeugin Z. zum Beweis der Tatsache begehrt, dass die Zeugin Wi. , die Freundin des Angeklagten, ihr am Morgen nach der Tatnacht – in Übereinstimmung mit späteren Angaben gegenüber der Polizei – von dem Tatgeschehen berichtet und hierbei kundgetan habe, der Angeklagte sei von den Zeugen A. und B. angegriffen worden, habe sich rückwärts von diesen wegbewegt und die ihn weiter verfolgenden Zeugen aufgefordert, sich ihm nicht weiter zu nähern. Er habe dabei mit einem abgebrochenen Flaschenhals in der Hand wild um sich geschlagen und gestikuliert. Der Zeuge B. habe sich gleichwohl weiter genähert und sei schließlich vom Angeklagten am Hals getroffen worden.
4
b) Zur Begründung der Ablehnung dieses Beweisantrags hat das Landgericht ausgeführt, es halte die Einvernahme der Zeugin Z. zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Wi. für nicht erforderlich. Falls die Zeugin Z. inhaltlich die Angaben der Zeugin Wi. gegenüber der Polizei wiedergebe, wäre als weitergehender Erkenntnisgewinn lediglich festzustellen, dass die Zeugin Wi. innerhalb von ca. zwei Wochen zwei gleichlautende Aussagen getroffen habe. Die Strafkammer habe die Zeugen F. (den Polizeibeamten, der im Ermittlungsverfahren die Zeugin Wi. vernommen hatte) und Wi. bereits vernommen. Die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen treffe die Kammer aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme. Im Urteil hat die Schwurgerichtskammer die die Einlassung des Angeklagten stützende Aussage der Zeugin Wi. als unglaubhaft bewertet und insoweit unter anderem ausgeführt, die Zeugin habe zwischen dem Abtauchen des Angeklagten und ihrem eigenen Verschwinden am 2. Dezember 2011 (dem Tattag ) bis zu ihrer Vernehmung am 17. Dezember 2011 genügend Zeit gehabt, ihre Aussage mit derjenigen des Angeklagten abzustimmen (UA S. 25).
5
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
6
a) Bereits die Begründung, mit der das Landgericht den auf eine Indiztatsache gerichteten Beweisantrag abgelehnt hat, genügt nicht den insoweit bestehenden Anforderungen. Der Beschluss, mit dem die Erhebung eines Beweises wegen Unerheblichkeit der Beweistatsache abgelehnt wird, ist mit konkreten Erwägungen zu begründen, warum das Tatgericht aus der Beweistatsache keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen will. Die Anforderungen an diese Begründung entsprechen grundsätzlich denjenigen, denen das Gericht genügen müsste, wenn es die Indiz- oder Hilfstatsache durch Beweiserhebung festgestellt und sodann in den schriftlichen Urteilsgründen darzulegen hätte, warum sie auf seine Entscheidungsbildung ohne Einfluss blieb. Dies nötigt zu einer Einfügung der Beweistatsache in das bisher gewonnene Beweisergebnis (BGH, Beschluss vom 27. November 2012 – 5 StR 426/12 mwN). Das Landgericht hätte sich daher in der Beschlussbegründung ausdrücklich damit auseinandersetzen müssen, weshalb der für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit jedenfalls nicht von vornherein unerhebliche Umstand der Übereinstimmung kurz nach der Tat gegenüber einer Bekannten getätigter Angaben mit einer zwei Wochen später stattfindenden Aussage bei der Polizei im konkreten Fall keinen Einfluss auf die Bewertung der das Tatgeschehen weitgehend im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten darstellenden Angaben der Zeugin Wi. haben kann, sei es, weil es der Zeugin ohnehin Glauben schenkt, sei es, weil es deren Angaben auch bei einer zu unterstellenden Richtigkeit der Beweisbehauptung aus bestimmten Gründen als unglaubhaft bewerten würde. Demgegenüber erweckt die Beschlussbegründung den Eindruck, das Landgericht halte den – tatsächlich bestehenden – Zusammenhang der Beweistatsache mit dem Gegenstand der Urteilsfindung nicht für gegeben.
7
b) Ob dieser Begründungsmangel im vorliegenden Fall bereits für sich genommen geeignet wäre, die Revision des Angeklagten zu begründen, kann indessen letztlich dahinstehen, da sich die Ablehnung des Beweisantrags jedenfalls aus einem anderen Grund als rechtsfehlerhaft erweist.
8
An der dem Ablehnungsbeschluss zugrunde liegenden Annahme tatsächlicher Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache muss sich das Gericht festhalten lassen; es darf sich nicht im Urteil zu der Ablehnungsbegründung in Widerspruch setzen, insbesondere die Urteilsgründe nicht auf das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache stützen (BGH, Beschlüsse vom 27. November 2012 – 5 StR 426/12 – und vom 20. Juli 2010 – 3 StR 250/10, StraFo 2010, 466; Urteil vom 19. September 2007 – 2 StR 248/07, StraFo 2008, 29; Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 373/96, BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 22). Indem die Strafkammer die die Einlassung des Angeklagten bestätigende Aussage der Zeugin Wi. - unter anderem mit der Begründung als unglaubhaft bewertet hat, die Zeugin habe zwischen dem Abtauchen des Angeklagten und ihrem eigenen Verschwinden am 2. Dezember 2011 bis zu ihrer Vernehmung am 17. Dezember 2011 genügend Zeit gehabt, ihre Aussage mit derjenigen des Angeklagten abzustimmen, hat sie jedoch einen mit der im Ablehnungsbeschluss als bedeutungslos erachteten Tatsache unvereinbaren Umstand zur Stützung seiner Überzeugung herangezogen. Hätte die Zeugin Wi. nämlich bereits am Morgen nach der Tat identische Angaben gemacht, könnte nicht auf den im Urteil genannten für eine Abstimmung der Aussagen zur Verfügung stehenden Zeitraum von zwei Wochen abgestellt werden, sondern lediglich auf einen solchen von wenigen Stunden, in dem der Angeklagte und die Zeugin noch unmittelbar unter dem Eindruck des Erlebten gestanden haben dürften und eine polizeiliche Aussage noch nicht unmittelbar bevorstand.
9
c) Auf dem Verfahrensfehler beruht das Urteil. Zwar führt das Landgericht noch weitere Gründe für die Unglaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin Wi. an. Das Abstellen auf den zur Abstimmung der Aussage zur Verfügung stehenden Zeitraum kann gleichwohl nicht als die Entscheidung nicht tragende Hilfserwägung verstanden werden. Vielmehr kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer unter Berücksichtigung einer inhaltlich deckungsgleichen Schilderung Wi. s bereits am Morgen nach der Tat insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangt und die Aussage der Zeugin sowie die durch sie gestützte Einlassung des Angeklagten anders bewertet und im Ergebnis abweichende tatsächliche Feststellungen getroffen hätte.
10
d) Dieser Rechtsfehler nötigt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Zwar lässt die in der Hauptverhandlung abgegebene Einlassung des Angeklagten einen die Voraussetzungen des § 32 StGB erfüllenden unmittelbar bevorstehenden Angriff der Zeugen A. und B. nicht erkennen, so dass ihr entsprechende Feststellungen entgegen der Ansicht der Revision dem Schuldspruch nicht ohne weiteres die Grundlage entzögen. Es ist dem Revisionsgericht jedoch verwehrt, die rechtsfehlerhaft zustande gekommenen Feststellungen des Tatgerichts durch anderweitige zu ersetzen.
11
3. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
12
a) Die Notwendigkeit und der Umfang der Wiedergabe von Zeugenaussagen und der Auseinandersetzung mit ihnen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls (näher Engelhardt in KK, StPO, 6. Aufl., § 267 Rn. 15 mwN). So muss etwa die Entwicklung einer Zeugenaussage in der Beweiswürdigung dann nicht abgehandelt werden, wenn dieser Gesichtspunkt zur Überzeugung der Strafkammer geklärt ist und das Urteil selbst von Widersprüchen oder Lücken frei ist (BGH, Urteil vom 27. Juli 2005 – 2 StR 203/05, NStZ 2006, 55). Das neue Tatgericht wird sich jedoch einge- hender als bisher geschehen mit den verschiedenen Zeugenaussagen auseinanderzusetzen haben, die im angefochtenen Urteil zur Widerlegung der Einlassung des Angeklagten herangezogen worden sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass etwa die im Urteil wiedergegebenen Aussagen der Zeuginnen Bü. und Al. in Teilbereichen inhaltlich nicht mit den Feststellungen des Landgerichts in Einklang stehen.
13
b) Die im Urteil vorgenommene Trinkmengenberechnung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken (vgl. zur Berechnung König in LK, 12. Aufl., § 316 Rn. 37 ff.).
14
4. Der Senat verweist die Sache – nach „Aufhebung“ des Landgerichts Bautzen – an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Görlitz zurück (§ 71 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 SächsJG).
Raum Sander Schneider
König Bellay

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

15
aa) Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen; denn die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatrichter übertragen (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überzogene Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326). Liegt ein solcher Rechtsfehler nicht vor, ist die vom Tatgericht vorgenommene Würdigung hinzunehmen, auch wenn ein anderes Ergebnis ebenso möglich gewesen wäre oder gar näher gelegen hätte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 600/10
vom
18. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Rothfuß,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 29. Juli 2010, soweit es den Angeklagten B. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
B. und S. waren des mittäterschaftlichen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt. Mit Urteil vom 29. Juli 2010 hat das Landgericht den Angeklagten S. wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt; den Angeklagten B. hat das Landgericht freigesprochen und ihm Haftentschädigung zugesprochen. Die Revision des Angeklagten S. gegen seine Verurteilung hat der Senat mit Beschluss vom 18. November 2010 verworfen. Gegen den Freispruch des Angeklagten B. wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision. Sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Formalrügen kommt es deshalb nicht mehr an.

I.


2
1. Die Strafkammer hat Folgendes festgestellt:
3
S. nahm aus Geldnot das Angebot an, innerhalb Deutschlands Betäubungsmittel zu transportieren. Er sollte mit 1.500 € entlohnt werden. Am 3. Dezember 2009 traf er sich deshalb am Bahnhof in M. (Niederlande) mit einem Asiaten. Dieser erklärte ihm, es gehe um den Transport von einem Kilogramm Marihuana. Dazu übergab der Asiate S. Geld zum Erwerb eines Navigationsgeräts sowie für Benzin. Außerdem erhielt er einen Zettel, auf dem zwei Orte in Deutschland vermerkt waren, nämlich der Abholpunkt in H. in Sachsen sowie das Ziel der Fahrt, Sp. .
4
S. wollte es vermeiden, in Deutschland selbst mit dem Auto zu fahren. Er fragte deshalb den Angeklagten B. , ob er bereit sei, ihn nach Deutschland zu begleiten. Gemeinsam kauften sie ein Navigationsgerät. S. gab die Abholadresse ein.
5
Gegen Mittag des 3. Dezember 2009 machten sie sich mit einem zweitürigen VW Golf auf den Weg. Der Angeklagte B. steuerte das Fahrzeug in Deutschland bis nach H. . 400 bis 500 Meter vor dem eingegebenen Ziel ließ S. den Angeklagten B. aussteigen; er solle auf seine - des S. - Rückkehr warten. S. fuhr dann alleine weiter bis zur Zieladresse, nahe einer Marihuana-Indoorfarm. Am vereinbarten Treffpunkt wurde S. von einem Asiaten erwartet, der zustieg und den Weg zu einem nahe gelegenen Parkplatz wies. Dort trafen sie auf einen BMW mit einem weiteren Asiaten. Die beiden Asiaten, vermutlich die Vietnamesen T. und P. , luden vier große dunkle Müllsäcke in den PKW des S. , drei auf den Rücksitz der Beifahrerseite, einen hinter den Beifahrersitz. In diesen Säcken befanden sich insgesamt ca. zehn Kilogramm Marihuana. S. bemerkte, dass erheblich mehr Rauschgift eingeladen worden war, als das vereinbarte eine Kilogramm. Aus Angst widersprach er jedoch nicht. Er gab den Zielort Sp. ins Navigationsgerät ein, fuhr zurück zum Angeklagten B. und nahm ihn auf. Vor Erreichen der Autobahn übernahm dieser wieder das Steuer. Auf der Bundesautobahn A9 wurden sie im Bereich Mü. kontrolliert. Das Rauschgift wurde entdeckt und sichergestellt , insgesamt 9.420,80 Gramm Marihuana mit mindestens 1.110,90 Gramm Tetrahydrocannabinol. Bei der Kontrolle erklärte der Angeklagte B. auf die Frage, ob er etwas dabei habe: „ja Hundefutter“.
6
Dem Angeklagten B. war der Zweck der Fahrt, nämlich der Transport von Betäubungsmitteln, bis zum Zugriff der Polizei unbekannt.
7
2. Die Beweiswürdigung zum Freispruch des Angeklagten B. :
8
a) Die Feststellungen der Strafkammer beruhen insbesondere auf den Angaben des Verurteilten S. . Der Angeklagte B. habe, so die Strafkammer, die Einlassung des damaligen Mitangeklagten bestätigt. „Er hat die Geschehensabläufe detailliert geschildert.“
9
b) Die Strafkammer hat sich allerdings nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte B. Kenntnis vom Transport der Betäubungsmittel hatte.
10
aa) Der Angeklagte hat bestritten, den Grund der Fahrt nach Deutschland gekannt zu haben. Er habe nur S. helfen wollen, da dieser seinen Führerschein nicht habe finden können. Über das Angebot, mit nach Deutschland zu fahren, habe er sich sehr gefreut, da er auf diese Weise wieder einmal kostenlos habe dorthin reisen und dort Auto fahren können.
11
bb) Als Umstände, die gegen eine Kenntnis des Angeklagten B. vom Zweck der Reise sprechen, hat die Strafkammer angeführt: - Seine Abwesenheit bei der Übergabe der Betäubungsmittel, - Keine Entlohnung für die Fahrt, - Keine Kommunikation über die Betäubungsmittel während der Fahrt nach deren Übernahme, - Keine Wahrnehmung des Geruchs von Marihuana im Fahrzeug, - Die Müllsäcke habe der Angeklagte B. zwar irgendwann zur Kenntnis genommen, sich darüber aber keine Gedanken gemacht.
12
cc) Der Angeklagte B. ist allerdings durch den seinerzeit Mitangeklagten S. belastet worden. Er gab an, er habe dem Angeklagten B. - vor Antritt der Fahrt - gesagt, worum es gehe, nämlich um den Transport von einem Kilogramm Marihuana.
13
Dies stehe jedoch, so die sachverständig beratene Strafkammer, der Unkenntnis des Angeklagten B. vom wahren Zweck der Fahrt nicht ent- gegen. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass er aufgrund seiner Erkrankung diese Information nicht realisiert und verarbeitet habe. Der Angeklagte leide an einer hyperkinetischen Störung im Sinne der ICD 10 F 90.0 (Aufmerksamkeitsstörung [-defizit] mit Hyperaktivitätsstörung - ADHS). Dies führe bei ihm zu Konzentrationsstörungen mit „Gedankengedränge“. Der Angeklagte verfolge dann unter Umständen 10 bis 20 Gedanken gleichzeitig. Er nehme dann ihm gegenüber geäußerte Informationen zwar akustisch wahr. Diese würden jedoch wegen vieler anderer Gedanken verdrängt. Eine Abspeicherung der Informationen sei aufgrund dieser Denkstörung ausgeschlossen mit der Folge, dass sie innerhalb kürzester Zeit wieder verloren gingen.

II.


14
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des Urteils deckt durchgreifende Rechtsfehler bei der Beweiswürdigung auf.
15
1. Das Revisionsgericht hat es grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht einen Angeklagten freispricht, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Es kommt nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen , ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechen- den Umstände vorzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt auch, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 1. Juli 2008 - 1 StR 654/07, Rn. 18; vom 27. April 2010 - 1 StR 454/09, Rn. 18 mwN).
16
Auch darf der Tatrichter entlastende Angaben eines Angeklagten, für die keine zureichenden Anhaltspunkte bestehen und deren Wahrheitsgehalt fraglich ist, nicht ohne weiteres seiner Entscheidung zugrunde legen, nur, weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt. Die Zurückweisung einer Einlassung erfordert auch nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt. Vielmehr muss sich der Tatrichter aufgrund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung bilden. Dies gilt umso mehr dann, wenn objektive Beweisanzeichen festgestellt sind, die mit Gewicht gegen die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten sprechen (BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 416/08, Rn. 6 mwN).
17
2. Die Schilderung des Angeklagten B. über seine Motivation, S. auf der Fahrt nach Deutschland zu begleiten, nämlich nur touristisches Interesse und Freude am Autofahren, erscheint angesichts der näheren Umstände des „Ausflugs“ nicht nahe liegend. Dies kann für sich betrachtet den Bestand des Urteils allerdings noch nicht gefährden. Die Beweiswürdigung weist jedoch darüber hinaus Lücken auf und sie ist widersprüchlich.
18
a) Nach den Feststellungen der Strafkammer forderte S. den Angeklagten B. zur Mitfahrt auf, da er - S. - habe vermeiden wollen, in Deutschland Auto zu fahren, nach der Einlassung des Angeklagten B. , da S. seinen Führerschein nicht ge- funden habe. Tatsächlich setzte sich S. jedoch im Bereich von H. selbst ans Steuer. Mit diesem Widerspruch hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt, insbesondere nicht damit, wie B. auf diesen Fahrerwechsel reagierte.
19
b) Bei diesem Fahrerwechsel ließ sich der Angeklagte B. abends im Dezember in einem ihm unbekannten Ort an einem Parkplatz absetzen , um auf die Rückkehr von S. zu warten. Ob und gegebenenfalls wie dieses Ansinnen dem Angeklagten erläutert wurde, bleibt unerwähnt. Damit hätte sich die Strafkammer aber auseinandersetzen müssen. Denn nahm der Angeklagte B. dies kommentarlos hin, könnte es nahe liegen, dass er von vorneherein darin eingeweiht und es ihm bewusst war, was während der Wartezeit geschehen sollte.
20
c) Das Landgericht hat einerseits festgestellt, das ADHS-bedingte „Gedankengedränge“ habe dazu führen können, dass der Angeklagte die entscheidende Mitteilung, wonach die Fahrt dem Transport von Betäubungsmitteln dienen sollte, nicht in sein Bewusstsein aufgenommen hat. Andererseits habe er jedoch die Geschehensabläufe - im Übrigen - glaubhaft detailliert geschildert. Dies ist widersprüchlich. Jedenfalls hätte es näherer Erörterung bedurft, auch mit dem Sachverständigen, weshalb die Konzentrationsschwäche des Angeklagten zwar die Information über den Zweck der Fahrt habe in Vergessenheit geraten lassen können, die Zuverlässigkeit der Erinnerung an Details der Reise der Strafkammer aber gleichwohl nicht fraglich erschienen ist.
21
d) Nach den Feststellungen der sachverständig beratenen Strafkammer sollen die durch das ADHS-Syndrom verursachten Konzentrationsstörungen bei der gleichzeitigen Verarbeitung mehrerer Informationen zu Verdrängungen und Erinnerungsverlust führen. Da dies nicht substantiiert tatsachenfundiert belegt ist, bleibt auch unerörtert, inwieweit bei der Informationsverarbeitung dem Gewicht einer Mitteilung Bedeutung zukommt. Die Aufforderung, sich an einer Drogenkurierfahrt als Fahrer zu beteiligen, ist brisant. Eine Person, die mit dem Drogenmilieu bislang nichts zu tun hatte - davon ist beim Angeklagten B. nach den Urteilsgründen auszugehen -, muss dies geradezu „elektrisieren“. Es wäre einleuchtend, wenn dann alle anderen Gedanken in den Hintergrund träten. Dass aber die Euphorie des Angeklagten über die Gelegenheit eines kurzen, weitgehend nächtlichen Ausflugs nach Deutschland sowie die Erwartung des Autofahrens dort das „Gedankengedränge“ so sehr beherrschen und verstärken konnten, dass deshalb die Aufforderung zur Beihilfe zu einer Betäubungsmittelstraftat - die eigentlich dominante Information - vom Angeklagten zwar akustisch wahrgenommen, aber nicht ins Bewusstsein aufgenommen wurde, hätte näherer Erörterung bedurft.
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e) Die Strafkammer folgt den Angaben des Angeklagten B. , wonach er die auf der Rücksitzbank des Fahrzeugs befindlichen Säcke während der Fahrt zwar irgendwann bemerkt habe, er jedoch nicht mit Sicherheit sagen könne, ob sich die Säcke bereits bei der Abfahrt in Holland im Fahrzeug befunden hätten. Er habe sich über die Säcke keine Gedanken gemacht, da bei S. auf der Rückbank des Fahrzeugs öfters Säcke und Beutel gelegen hätten. Der damalige Mitangeklagte S. habe dazu angegeben, so die Strafkammer, er habe zu jener Zeit mit seinem gesamten Hab und Gut in seinem Fahrzeug gelebt. Die Behauptung des Angeklagten B. , er habe die in H. eingeladenen vier Müllsäcke nicht bemerkt, als er wieder abgeholt wurde, klingt wenig plausibel. Die Strafkammer hätte diese Einlassung daher nicht ohne weiteres hinnehmen und so ungeprüft ihren Feststellungen zugrunde legen dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2008 - 3 StR 416/08, Rn. 6). Die Strafkammer hätte sich - nach entsprechenden Feststellungen - mit dem tatsächlichen Beladungszustand des Fahrzeugs auf der Rückbank am Tattag auseinandersetzen müssen, wie auch mit der Größe der gefüllten Säcke und deren Positionierung in Beziehung zum Sichtfeld des Fahrers bei einem Blick nach hinten, sei es mittels des Innenrückspiegels oder durch Drehen des Kopfes. Oder das Landgericht hätte darlegen müssen, weshalb es Feststellungen hierzu nicht mehr hat treffen können.
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3. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei Vermeidung der aufgezeigten Rechtsfehler zu teilweise anderen oder zusätzlichen Feststellungen gekommen wäre und dann in der gebotenen Gesamtbetrachtung die Einlassung des Angeklagten über seine Unkenntnis des Zwecks der Fahrt nach Deutschland anders bewertet, in der Folge dann auch anders entschieden und den Angeklagten B. einer Betäubungsmittelstraftat für schuldig befunden hätte.

III.


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Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Zuerkennung von Haftentschädigung ist damit gegenstandslos.
Nack Wahl Rothfuß Hebenstreit Sander

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.

(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.

(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.