Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2017 - 1 StR 72/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0
bei uns veröffentlicht am19.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 72/17
vom
19. September 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von
Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:190917U1STR72.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. September 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär, Richterin am Landgericht als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
der Angeklagte N. persönlich – in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – und Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Justizangestellte – in der Verhandlung –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten N. gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. Juli 2016 werden verworfen.
2. Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten M. und N. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen. Der Angeklagte N. trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten M. und N. jeweils wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten gewerbsmäßigen Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport in Tateinheit mit Beihilfe zum vorsätzlichen Inverkehrbringen von bedenklichen Arzneimitteln u.a. verurteilt, den Angeklagten M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten , den Angeklagten N. zu einer solchen von drei Jahren. Darüber hinaus hat das Landgericht beim Angeklagten M. den Verfall von Werter- satz in Höhe von 36.857,10 € und beim Angeklagten N. von7.448 € an- geordnet.
2
Die Verurteilung des Haupttäters S. ist rechtskräftig.
3
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren zuungunsten der Angeklagten M. und N. eingelegten Revisionen – die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden – insbesondere, dass das Landgericht die Angeklagten nicht wegen Mittäterschaft verurteilt und die Gewerbsmäßigkeit nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln in der Fassung vom 7. August 2013) verneint hat.
4
Der Angeklagte N. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
5
Die Revisionen haben keinen Erfolg.

I.


6
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieb S. ab Mai 2013 in Berlin ein Untergrundlabor zur Herstellung von anabolen Steroiden und verkaufte diese sodann unter dem Namen „Gencimed“ über das Internet.
7
a) Der Angeklagte M. , ein ehrgeiziger Bodybuilder, konsumierte seit Jahren verbotene anabole Steroide in erheblichem Umfang und bezog diese über S. . Um seinen Eigenkonsum aus dieser Bezugsquelle zu sichern , arbeitete er für S. als Paketkurier gegen ein festes Entgelt von 1.500 € in bar oder anabole Steroide in diesem Wert; darüber hinaus war er drei Monate für 3.000 € pro Monat oder anabole Steroide in diesem Wert mit dem Verpacken der auszuliefernden Pakete befasst. Insgesamt erzielte er so an Geld und ersparten Aufwendungen für den Eigenkonsum mindestens 36.857,10 €.
8
Er half dem Haupttäter bei insgesamt 66 Lieferungen hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der Dopingmittelmengenverordnung (DmMV) in erheblichem Umfang überschritten war.
9
b) Der Angeklagte N. , der keine anabolen Steroide konsumierte, unterstützte S. mit IT-Dienstleistungen beim Akquirieren von Lieferanten und Kunden. Er war Mitbetreiber einer Internetseite, auf der sich die Nutzer über Einnahme und Beschaffung von leistungssteigernden illegalen Arzneimitteln austauschen konnten. Einigen Nutzern erteilte er gegen Entgelt die Berechtigung, über dieses Forum solche Arzneimittel zu verkaufen. Auch S. verkaufte von ihm hergestellte Dopingmittel über dieses Forum. Außerdem veranlasste der Angeklagte N. die Erstellung eines Bewer- tungsthreads zu „Gencimedprodukten“ und löste dadurch weitere Bestellungen aus. Darüber hinaus optimierte er den Internetauftritt für „Gencimed“, half S. bei der Verwaltung der Homepage, bei der Bearbeitung der Bestellun- gen und bei der Bezahlung mit „bitcoins“. Für diese Tätigkeiten erhielt der An- geklagte N. insgesamt 1.900 €.
10
Er unterstützte S. bei 138 Abgaben an Abnehmer hinsichtlich derer die nicht geringe Menge im Sinne der DmMV um ein Vielfaches überschritten war, weil er seiner Reputation als IT-Experte und Administrator gerecht werden und sein bestehendes Renommee als IT-Fachmann weiterverbreiten wollte.
11
2. In ihrer rechtlichen Würdigung hat die Strafkammer nach einer umfassenden wertenden Gesamtbetrachtung und Gesamtschau sämtlicher Beweis- ergebnisse das Verhalten der Angeklagten M. und N. nicht als Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB), sondern als Beihilfe (§ 27 StGB) gewertet.
12
3. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit (§ 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b AMG in der Fassung vom 7. August 2013) hat die Strafkammer beim Haupttäter für gegeben erachtet, nicht aber bei den Angeklagten M. und N. . Beiden sei es nicht darauf angekommen, sich durch die Hilfsleistungen eine finanzielle Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Der Angeklagte M. habe selbst über Zuwendungen von monatlich mindestens 2.500 € verfügt. Der Angeklagte N. habe nur sei- nen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollen.
13
Bei beiden Angeklagten hat die Strafkammer allerdings in den Fällen des § 95 Abs. 1 Nr. 2a AMG (Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport) einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG angenommen, weil sie durch ihre Handlungen die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet hätten.

II. Revision des Angeklagten N.
14
1. Die Verfahrensrügen des Angeklagten N. dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. In Ergänzung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.
16
Der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ richtet sich beieigens für Doping- zwecke im Sport hergestellten Präparaten nach dem üblichen Gebrauch der Konsumenten, und nicht, soweit Präparate mit zugelassenen Arzneimitteln chemisch artverwandt (oder sogar wirkstoffidentisch) sind, nach der für das artverwandte Erzeugnis maßgeblichen Zwecksetzung (vgl. Raum in Kügel/ Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 15; Volkmer in Körner/Patzak/ Volkmer, BtmG, 8. Aufl. 2016, AMG § 95 Rn. 23). Die verfahrensgegenständli- chen Produkte waren für die „Bodybuilderszene“ als Absatzmarkt bestimmt. Dort wurden die Präparate ohne therapeutische Indikation hochdosiert zum Muskelaufbau verwendet. Nur zu diesem Zweck wurden die Präparate hergestellt und vertrieben. Danach ist der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ der Präparate gleichzusetzen mit dem auf diesem Markt vorgesehenen Missbrauch (vgl. hierzu bereits BGH, Urteil vom 10. Juni 1998 – 5 StR 72/98, BGHR AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1 Arzneimittel 2 Rn. 25). Diese Voraussetzung hat das Landgericht für die in Betracht kommenden Wirkstoffe rechtsfehlerfrei bejaht.
17
Darüber hinaus enthielten – wie die Analyse des Instituts für Dopinganalytik und Sportbiochemie (UA S. 126) ergab – von 63 begutachteten GencimedPräparaten nur 17 den in der Deklaration enthaltenen Wirkstoff und den dort angegebenen Wirkstoffgehalt, 22 Präparate waren überdosiert, 17 unterdosiert und sieben wichen sogar bezüglich des Inhalts von der Deklaration ab. Dies machte die gesundheitlichen Auswirkungen für die Konsumenten völlig unkalkulierbar und zeigt, dass sich bereits aufgrund des Herstellungsverfahrens des Untergrundlabors ohne Überprüfung der chemischen Zusammensetzung, des Reinhalts- und Wirkstoffgehalts der aus China und der Türkei bezogenen Materialien , für den Konsumenten ein erhebliches Gesundheitsrisiko ergab, was jedes dort hergestellte Produkt bereits deshalb für sich bedenklich machte.
18
2. Die Verfallsanordnung ist frei von Rechtsfehlern. Zwar hat das Landgericht § 73c Abs. 1 StGB nicht ausdrücklich erörtert, der auf Grund der nach Artikel 2 Ziffer 2 des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872, 878) geltenden Übergangsvorschrift des Art. 316h EGStGB für das vorliegende Verfahren in der bisherigen Fassung auch weiter anwendbar ist.
19
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nur zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten N. und die verhältnismäßig geringe Höhe des angeordneten Wertersatzverfalls nicht.
III. Revisionen der Staatsanwaltschaft
20
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet.
21
Auf der Grundlage der ohne Rechtsfehler getroffenen Feststellungen erweist sich die Verurteilung der beiden Angeklagten als Gehilfen als rechtsfehlerfrei. Zutreffend hat das Landgericht bereits die objektiven Voraussetzungen einer Mittäterschaft – und darüber hinaus auch die subjektiven – verneint. Auch die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns bei dem Angeklagten N. ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte M. hat zwar entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit erfüllt, jedoch ist ein Beruhen des Urteils auf dieser fehlerhaften Wertung ausgeschlossen.
22
1. Mittäter ist nach ständiger Rechtsprechung, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. zum Maßstab BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN, NJW-Spezial 2016, 601 Rn. 17).
23
Lässt das angefochtene Urteil – so wie hier – erkennen, dass der Tatrichter diesen Maßstab erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht selbst dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn – anders als vorliegend – eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531 mwN). Aufgrund der getroffenen Feststellungen lag die Annahme einer Mittäterschaft bei dem Angeklagten M. fern, bei dem Angeklagten N. war sie ausgeschlossen.
24
2. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit im Arzneimittelgesetz ist nicht tatbestandsspezifisch auszulegen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze. Danach bringt gewerbsmäßig Arzneimittel in Verkehr, wer dies in der Absicht macht, sich daraus durch wiederholte Tatbegehung auf unbestimmte Zeit eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht Kommentar, AMG, 131. Akt.Lief. 2016, Band IV, § 43 Rn. 18 mwN; zu gewerbsmäßiger Hehlerei; BGH, Urteile vom 8. November 1951 – 4 StR 563/51, BGHSt 1, 383; zur Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; zu Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 29 Abs. 3 Satz 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; zur Gewerbsmäßigkeit auch Raum in Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl., § 95 Rn. 55; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtmG, 8. Aufl., § 29, Teil 27, Rn. 13 mwN).
25
Die Einnahmen müssen nicht die Haupteinnahmequelle des Täters sein. Bloße Nebeneinkünfte reichen aus, wenn sie von einigem Umfang und einigem Gewicht sind (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6 [Gründe]; Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212, 213). Die Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass Bargeld angestrebt wird. Es genügen auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen (BGH, Beschluss vom 24. April 2013 – 5 StR 135/13, NStZ 2013, 549, 550).
26
Die Frage, wie hoch die erstrebten bzw. erzielten Gewinne sein müssen, um von einer fortlaufenden Einnahmequelle von einigem Umfang oder einigem Gewicht ausgehen zu können, unterliegt der tatrichterlichen Beweiswürdigung im Einzelfall (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1986, 5 StR 504/86, NStE 1987 Nr. 11 zu § 29 BtMG; Beschluss vom 24. Januar 1986 – 3 StR 2/86, StV 1986, 385). Dabei ist unerheblich, ob der Täter bereits einen Gewinn erzielt bzw. ein Honorar erlangt hat (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 – 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85). Es kommt auf die Gewinnerwartung des Täters an, also in welchem Umfang er Gewinne erzielen wollte (BGH, Beschluss vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212).
27
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass derAngeklagte N. , der als Anlagenbauer durchschnittlich 2.100 € netto verdiente, mit seinen Unterstützungsleistungen von Mai 2013 bis 22. Februar 2014 nur seinen Ruf als IT-Fachmann fördern und festigen wollte und nicht in der Absicht handelte , sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Kann der Täter, wie vorliegend, nur einen geringen Gewinn aus seinen Dienstleistungen erwarten und handelt nicht aus finanziellen Erwägungen, sondern in dem Bestreben, seinem Ruf als IT-Fachmann gerecht zu werden, spricht dies gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle und damit – auch mit Rücksicht auf seine im Urteil dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse und dem Umstand, dass er über den langen Tatzeitraum nur eine geringe Vergütung zu erwarten hatte und tat- sächlich lediglich 1.900 € erhalten hat – gegeneine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte N. habe selbst nicht gewerbsmäßig gehandelt, ist daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
28
b) Anders verhält es sich bei dem Angeklagten M. .
29
Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte M. bei 66 Lieferungen von insgesamt 237 Sendungen mitgewirkt und von September 2013 bis März 2015 einen Verdienst von insgesamt 36.857,10 € erzielt hat. Das entspricht innerhalb des Zeitraums von 31 Monaten etwa 1.189 € je Monat. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Studium der Verfahrens- und Umwelttechnik, monatliche Zuwendungen der Eltern in Höhe von mindestens 2.500 €, mietfreies Wohnen bei der Mutter und Einkünfte aus Nebentätigkeiten als Türsteher und Komparse) und sein erheblicher – und damit auch kostenintensiver – Anabolikakonsum , legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
30
Auf diesem Rechtsfehler beruht das Urteil jedoch nicht. Die Strafkammer hat bei der Bemessung der Einzelstrafe nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 AMG unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB auch in Person des Angeklagten M. als Gehilfen einen besonders schweren Fall nach § 95 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1a AMG (Gefährdung der Gesundheit einer großen Zahl von Menschen) bejaht und damit denselben Strafrahmen angewendet, der unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 StGB bei Annahme von Gewerbsmäßigkeit in Person dieses Angeklagten anzuwenden gewesen wäre.
31
Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung , also bei Anwendung eines weiteren Regelbeispiels, auf eine höhere Einzelstrafe erkannt hätte. Die Strafkammer hat mehrfach betont, dass der Angeklagte M. durch seine Beihilfehandlungen einen wesentlichen Beitrag zum Betrieb des Untergrundlabors und damit zur Produktion und zum Handel mit besonders gefährlichen Arzneimitteln zweifelhaften Inhalts und zu einem gewerbsmäßigen Internetgroßhandel über einen ganz erheblichen Zeitraum mit hoher Reichweite und Professionalität geleistet hat.
32
Bei der Bemessung der Gesamtstrafe hat die Strafkammer hervorgehoben , dass die Einstufung der Handlungen des Angeklagten M. als „erhebli- che(n)“ Beihilfe anstatt „geringfügig zu bewertende(n)“ Mittäterschaft wegen des sehr geringen Unterschieds im materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hierbei keine Rolle gespielt hat.
33
3. Das Urteil enthält – was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist – auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten.
34
Soweit das Landgericht hinsichtlich des Angeklagten M. den Verfall von Wertersatz in Höhe von 36.857,10 € angeordnet hat, ist eine ausdrückliche Erörterung des § 73c Abs. 1 StGB zwar unterblieben (vgl. zur Erörterungsbedürftigkeit , insbesondere bei weitgehender Entreicherung und vermögenslosem Angeklagten, BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 1 StR 187/15, NStZ 2016, 278, 279; vom 12. März 2015 – 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 – 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, StV 2013, 610).Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist jedoch zu entnehmen, dass das Landgericht bei der Festsetzung des Verfallsbetrags die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten M. im Blick hatte , der über monatliche Einkünfte aus verschiedenen Nebentätigkeiten während seines Studiums und Zuwendungen seiner Eltern einschließlich einer kosten- freien Unterkunft in Höhe von etwa 2.500 € monatlich verfügte; denn diese As- pekte finden sich nicht nur in der Darstellung der persönlichen Verhältnisse, sondern bilden im Rahmen der Strafzumessung eine tragende Erwägung bei der Erörterung des besonders schweren Falls der „Gewerbsmäßigkeit“.
Raum Jäger Radtke Fischer Bär

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(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Strafgesetzbuch - StGB | § 28 Besondere persönliche Merkmale


(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Mer

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,2.entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316h Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung


Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 5 Verbot bedenklicher Arzneimittel


(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden. (2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juli 2019 - 1 StR 107/18

bei uns veröffentlicht am 23.07.2019

BGHSt: ja BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB § 16 AMG § 95 Abs. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Um den sozialen Bedeutungsgehalt der Bedenklichkeit eines Arzneimittels zu erfassen , bedarf es auch der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, d

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2018 - 2 StR 291/18

bei uns veröffentlicht am 19.12.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 291/18 vom 19. Dezember 2018 in der Strafsache gegen wegen Betruges u. a. ECLI:DE:BGH:2018:191218U2STR291.18.0 Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Dezember 2

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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.

(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 8 7 / 1 5
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. Juli 2014 - soweit es ihn betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.213.703,29 Euro die Ansprüche Verletzter der Anordnung des (Wertersatz-)Verfalls entgegenstehen (§ 111i Abs. 2 StPO).
II. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt , dass lediglich deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall in Höhe von 1.213.703,29 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Es hat weiterhin ausgesprochen, dass die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

3
Die vom Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu beachten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2015 - 4 StR 173/15; vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f. und vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, NStZ-RR 2015, 44). Wird in Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen, hat dies zur Folge, dass der in der Entscheidungsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, NJW 2011, 624 f.). Die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB sind zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 - 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier.

5
Das Landgericht hat die im Tatzeitraum zugeflossenen Provisionszahlungen ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Angeklagte die erhaltenen Zahlungen für seinen Lebensunterhalt, Alkohol und Glücksspiel aufgewendet hat, weiterhin unterstützte er Freunde und Verwandte (UA S. 9). Danach ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten weder das Erlangte noch ein Gegenwert vollständig vorhanden waren (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Daran anknüpfend hätte sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für eine Anwendung der Härtevorschrift auseinandersetzen und die gebotene Ermessensentscheidung treffen müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteile vom 26. März 2015 - 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 178 und vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234 f.).
6
Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
Rothfuß Jäger Cirener
Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 2 2 / 1 4
vom
12. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. April 2014 im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 185 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass "der Verfall eines bestimmten Gegenstandes aufgrund der Beschaffenheit des durch die Taten Erlangten nicht möglich ist und dass der Wert des durch die Taten Erlangten einem Geldbetrag von 190.187,63 € entspricht"; des Weiteren hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz zu erkennen ist, "weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen".
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision; das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte seit 1974 im Justizdienst des Landes N. tätig und zuletzt als Justizamtsinspektor bei dem Amtsgericht B. mit der Funktion eines Zahlstellenverwalters betraut. Um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, bewirkte der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Angeklagte im Zeitraum von September 2010 bis Oktober 2012 zu seinen Gunsten Überweisungen aus der Landeskasse in Höhe von 190.187,63 €. Die Gelder verbrauchte er in der Folgezeit. Am 10. Januar 2013 hat der Angeklagte ein notarielles Schuldanerkenntnis nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen zum Nachteil des Landes N. begangener unerlaubter Handlungen abgegeben. Mit Beschluss vom 18. Februar 2014 hat das Amtsgericht K. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten eröffnet.

II.

4
1. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält die von dem Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von der Anwendbarkeit des § 111i Abs. 2 StPO ausgegangen, weil der Angeklagte einen Geldbetrag in Höhe von 190.187,63 € aus den Taten erlangt hat und der Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) Schadensersatzansprüche des Landes N. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB in einer dem Wert des Erlangten entsprechenden Höhe entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch der Fiskus kann Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein (BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156). Die Anwendung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass hier das geschädigte Land zugleich Gläubiger des aufgrund einer Anordnung nach § 73a StGB entstehenden staatlichen Zahlungsanspruchs (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73a Rn. 8) gegen den Angeklagten wäre. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verfolgt den Zweck, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f.). Die zumindest abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht auch dann, wenn der Täter etwas aufgrund einer Tat zum Nachteil des Landes erlangt und diesem infolgedessen ein Anspruch gegen den Täter auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des dem Erlangten entsprechenden Geldwerts zusteht. Denn eine im Urteil getroffene Anordnung von Wertersatzverfall ließe zunächst die Möglichkeit des Verletzten unberührt, seine aus der Tat erwachsenen Ansprüche außerhalb des Strafverfahrens - hier zum Beispiel durch Vollstreckung des notariellen Schuldanerkenntnisses - durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621, 622). Daran ändert auch nichts, dass sich der Täter gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch das Land erfolgreich zur Wehr setzen könnte.
6
b) Das Landgericht hat indes nicht geprüft, ob die Vorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO entgegensteht, obwohl für eine solche Prüfung bei dem vermögenslosen Angeklagten Anlass bestand (zur Prüfungsreihenfolge im Rahmen des § 73c StGB vgl. BGH, Be- schluss vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13). Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO.
7
2. Sollte das neue Tatgericht abermals eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen (zur Fassung des Urteilstenors vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51 f.; BGH, Beschluss vom 5. September 2013 - 1 StR 162/13, NStZ 2014, 149, 154), wird es gegebenenfalls die Vorschrift des § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO zu beachten haben. Danach soll das Gericht den Rahmen des späteren Auffangrechtserwerbs vorgeben, indem es den Umfang der erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingetretenen Restitution bestimmt (BT-Drucks. 16/700, S. 15). Der Umstand, dass über das Vermögen des Angeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht entgegen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 StR 60/14, NJW 2015, 713, 715). Fischer Appl Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 39/13
vom
11. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. April 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. September 2012 aufgehoben, soweit dort festgestellt ist, "dass der Angeklagte Vermögenswerte in Höhe von mindestens 51.600,- € aus den Taten erlangt hat". Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen schwerer räuberischer Erpressung in 5 Fällen, wobei es in 2 Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren und 6 Monaten verurteilt"; ferner hat es festgestellt , "dass der Angeklagte Vermögenswerte in Höhe von mindestens 51.600,- € aus den Taten erlangt hat". Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die ersichtlich auf § 111i Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO gestützte Feststellung (vgl. zur Tenorierung BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen. Es entspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (BGH, aaO S. 44 mwN). Die Voraussetzungen dieser Bestimmung bedürfen der Erörterung , wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11, NJW 2011, 2529, 2530). So liegt es hier:
3
Das Landgericht hat den Wert des im Fall II.5 der Urteilsgründe erbeuteten Schmucks ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Es hat aber selbst festgestellt, dass der Angeklagte den Schmuck später bei einem An- und Verkaufsgeschäft zum Preis von 2.400 € veräußert hat (UA 13). Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich damit eine weitgehende Entreicherung im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB. Daran anknüpfend hätte das Tatgericht die Voraussetzungen dieser Härtevorschrift erörtern müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234).
4
2. Die vom Landgericht getroffene Feststellung kann daher nicht bestehen bleiben. Einer Aufhebung der zugehörigen tatsächlichen Feststellungen bedarf es nicht. Der Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen, etwa zur Aufteilung der erlösten 2.400 €, zu treffen.
5
3. Zur Fassung der Urteilsformel weist der Senat darauf hin, dass Anordnung und Aufrechterhaltung der Beschlagnahme einzelner Gegenstände oder des dinglichen Arrests gemäß § 111i Abs. 3 StPO im Beschlusswege zu erfolgen haben (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, BGHSt 55, 62, 64).
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Reiter
17
a) Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 30. Juni 2005 – 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291; vom 9. April2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 226 Rn. 43 und vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 182/14, NStZ-RR 2015, 284, 285 jeweils mwN). Bei Beteiligung mehrerer Personen , von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 29. September 2015 – 3 StR 336/15, NStZ-RR 2016, 6 f.; vom 4. Februar 2016 – 1 StR 344/15, NStZ-RR 2016, 136 f. und vom 2. Juli 2008 – 1 StR 174/08, NStZ 2009, 25, 26; BGH, Urteil vom 17. Oktober 2002 – 3 StR 153/02, NStZ 2003, 253, 254).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 156/07
vom
25. April 2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäbungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. April 2007 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 19. Dezember 2006 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten als Mittäter wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und elf Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Die Urteilsgründe tragen die Bewertung, der Angeklagte habe (mit-)täterschaftlich gehandelt, nicht.

I.


2
Zum Tatgeschehen hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen : „Am 19.05.2006 gegen 17.30 Uhr wurden der gesondert verfolgte N. B. als Kurier und der in demselben anderen Verfahren angeklagte F. G. als zum Empfang Erschienener bei der Übergabe von 2675 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 794,623 CHC und 539,4 Gramm Kokain mit einem solchen von 220,294 Gramm THC, die zuvor von Ersterem von den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland verbracht worden waren, in D. festgenommen und das Rauschgift, das ansonsten gewinnbringend weiterverkauft worden wäre, sichergestellt. Zuvor hatte der Angeklagte zur Durchführung des Drogentransports aus dem Nachbarland hierher gegen Zahlung eines Lohnes von mindestens 2000,00 Euro durch einen den Behörden unbekannten Hintermann in der Türkei den Kontakt zwischen N. B. und F. G. hergestellt. Der Angeklagte war sich hierbei bewusst, dass N. B. , der mit dem LKW einer legale Geschäfte betreibenden Speditionsfirma unterwegs war, eine solch große Menge Rauschgift aus den Niederlanden nach Deutschland zum gewinnbringenden Verkauf verbringen wird. Eine behördliche Erlaubnis hierfür bestand nicht, was allen Beteiligten bekannt war.“
3
Zur Beweiswürdigung hat die Strafkammer ausgeführt: „Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den gegen ihn erhobenen Vorwurf in dem … [oben] … aufgeführten Umfang eingeräumt. In der Anklage ist er weiterhin beschuldigt worden, während der Fahrt die Route N. B. s fernmündlich gesteuert zu haben. Dies wurde nicht festgestellt.“
4
Rechtlich hat die Strafkammer den festgestellten Sachverhalt wie folgt gewürdigt:
5
„Der Angeklagte hat sich somit nach §§ 30 Abs. 1 Nr. 4, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 52, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.“

II.


6
Auf dieser Grundlage hat die Verurteilung des Angeklagten wegen (mit-)täterschaftlicher Einfuhr und (mit-)täterschaftlichen Handeltreibens keinen Bestand.
7
Ob die Beteiligung an unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln oder an deren Einfuhr als Mittäterschaft oder Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen (BGH NStZ 2006, 454). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Beteiligten abhängen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.; BGHSt - GS - 50, 252, 266 m.w.N.; BGH NStZ 2000, 482, 483). Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st. Rspr.; vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 39, 56 und 58; zum Kurier vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06 -, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ).
8
In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ 1984, 413, 414; 1985, 165; BGH NJW 1997, 3385, 3387; 2004, 3051, 3053 f.; BGH NStZ-RR 2005,71).
9
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Entscheidung der Strafkammer, den Angeklagten aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen als (Mit-)Täter zu verurteilen, nicht rechtsfehlerfrei. Die Rolle des Angeklagten beschränkte sich darauf, dass er - nicht einmal selbst, sondern über einen unbekannten „Hintermann“ in der Türkei - den Kontakt zwischen dem Kurier und dem Empfänger der Betäubungsmittel in Deutschland herstellte. Dafür erhielt er den in Anbetracht der Handelsmenge eher geringen Betrag von 2.000,-- €. Ein weitergehendes Tatinteresse des Angeklagten ist nicht festgestellt. Mit dem Anund Verkauf des Rauschgifts hatte er nichts zu tun. Auf die Gestaltung des Transports und des Transportweges hatte er, wie die Strafkammer in der Beweiswürdigung ausdrücklich betont hat, keinen Einfluss. Der bislang festgestellte Tatbeitrag des Angeklagten ist lediglich unterstützend und kann nur als Beihilfe zum Handeltreiben beziehungsweise zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bewertet werden.
10
Dem Senat ist eine Schuldspruchberichtigung verwehrt, da es nicht ausgeschlossen ist, dass in einer neuen Hauptverhandlung - unter Ausnutzung der von der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift angebotenen Beweismittel, insbesondere der Ergebnisse der Telefonüberwachung - noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer tragfähigen Bewertung des Tatbeitrags des Angeklagten als (mit-)täterschaftlich führen.
Nack Wahl Kolz
Frau Richterin am BGH Elf befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Hebenstreit Nack

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 1 7 / 1 5
vom
26. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. Oktober 2015, in der Sitzung am 26. Oktober 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 13. März 2015 dahin geändert , dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 171 Fällen sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 176 Fällen, in 171 Fällen davon in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen, in der sich die Verfahrensbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses des Angeklagten auf eine Strafuntergrenze von vier Jahren und neun Monaten und eine Strafobergrenze von fünf Jahren und drei Monaten geeinigt haben.
3
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
4
Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


5
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte ist wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Er veräußerte von der Wohnung seiner Freundin aus im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 Betäubungsmittel , vor allem Marihuana, und konsumierte dort gemeinsam mit anderen von ihm übergebene Betäubungsmittel. Er selbst konsumierte in diesem Zeitraum bis kurz vor seiner Inhaftierung nur synthetische Cannabisprodukte und kein Marihuana. Bei der Wohnungsdurchsuchung konnte eine geringe Menge an Marihuana und ein Briefchen, in dem sich Methamphetamin befunden hatte, sichergestellt werden.
7
Das Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 10 % THC veräußerte er im Grammbereich im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 in 171 Fällen an minderjährige Abnehmer, deren Alter ihm jeweils bekannt war und die regelmäßig zwischen 12 und 15 Euro je Gramm bezahlten; in fünf weiteren Fällen veräußerte er Marihuana an erwachsene Abnehmer.
8
Zu einem geringen Teil verkaufte er das Marihuana zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiter, ließ sich dann als Gegenleistungen Raumpflegedienste und Babysitterdienste für seinen am 11. Juni 2014 geborenen Sohn erbringen. Dabei handelte er in der Absicht, diese Abnehmer dauerhaft in seinem Kundenstamm zu halten, um mit ihnen fortan auch lukrative bzw. mit größeren Gewinnspannen versehene Geschäfte tätigen zu können.
9
Durch den Verkauf des Marihuanas wollte sich der Angeklagte, der als Auszubildender bei der Firma McDonald´s nur 670 Euro an Ausbildungsvergütung bezog und mit seiner Freundin zusammen wohnte, aber Schulden in Höhe von 1000 bis 1500 Euro hatte, eine zusätzliche Einkommensquelle verschaffen, um dadurch seinen eigenen Konsum von synthetischen Cannabisprodukten zu finanzieren. Hiervon konsumierte er regelmäßig etwa 15 Gramm innerhalb von zwei bis drei Tagen.
10
Im Einzelnen fanden folgende 171 Verkäufe von Marihuana an minderjährige Abnehmer statt:
11
Von Juni 2014 bis zum 18. September 2014 verkaufte der Angeklagte monatlich und damit in mindestens vier Fällen jeweils 2,4 Gramm Marihuana für 30 Euro an die beiden 14-jährigen Mädchen K. und H. .
12
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15-jährige F. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm. Der Grammpreis betrug 12 Euro. In weiteren zehn Fällen erhielt sie jeweils eine Konsumeinheit unentgeltlich, da sie sich um das Baby des Angeklagten kümmerte und die Wohnung aufräumte.
13
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15jährige Hö. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm zu je 12 Euro je Gramm.
14
Anfang des Jahres 2014 veräußerte der Angeklagte 1 bis 1,5 Gramm zu 15 bis 20 Euro an die 15-jährige L. oder S. .
15
Im Zeitraum Ende Juli/Anfang August 2013 veräußerte der Angeklagte in mindestens drei Fällen je 1 bis 2 Gramm zu 12 Euro je Gramm an die 16-jährige J. .
16
Von September 2013 bis zum 18. September 2014 erwarb der 15- bzw. 16-jährige G. vom Angeklagten fünf Mal monatlich und damit in mindestens 60 Fällen Marihuana zu je 10 bis 20 Euro und einem Grammpreis von 12 Euro je Gramm.

17
Im Zeitraum von März 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 16- bzw. 17-jährige Lu. in mindestens zehn Fällen Marihuana zu einem Preis von 12 Euro je Gramm.
18
Im Zeitraum von Juli 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 17-jährige Gü. in mindestens zwei Fällen je etwa 3 Gramm Marihuana zu je 40 Euro.
19
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 2,5 Gramm Marihuana für 30 Euro an einen 16- oder 17-jährigen Jugendlichen mit dem Vornamen Si. .
20
In der Zeit vom 9. Juli 2013 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in 60 Fällen jeweils 1 bis 2 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von 10 Euro an die 15- bzw. 16-jährige Hi. .
21
Im Zeitraum von März 2014 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in zwei Fällen je 1 Gramm Marihuana zu je fünf Euro an die 15- bis 16jährige Fi. . In zwei weiteren Fällen überließ er ihr eine geringe Menge Marihuana als Gegenleistung dafür, dass sie ihm half, die Wohnung aufzuräumen.
22
Am 10. September 2014 beauftragte der Angeklagte telefonisch den 17-jährigen Gü. , sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umzusehen. Der Angeklagte wollte dadurch weitere Abnehmer für Marihuana akquirieren. Gü. wurde jedoch nicht tätig.
23
In fünf Fällen veräußerte der Angeklagte Marihuana an erwachsene Abnehmer :
24
Am 3. September 2014 veräußerte er 2,15 Gramm Marihuana für 25 Euro an V. .
25
Mitte 2014 veräußerte er an A. 1 Gramm Marihuana für 10 bis 20 Euro.
26
Mitte September 2014 veräußerte er 4 Gramm Marihuana für 40 Euro an Kö. .
27
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 4 Gramm Marihuana für 50 Euro an R. .
28
Im August 2014 veräußerte er an T. Marihuana für 20 bis 25 Euro.
29
Dieses Geschäft findet sich in den Urteilsgründen allerdings nicht in den Feststellungen. Alle notwendigen Details wie Abnehmer, Preis, Menge und Tatzeit sind jedoch der Beweiswürdigung (UA S. 14) zu entnehmen. Diese Tat wird auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung erwähnt und es wird eine Einzelstrafe verhängt.
30
2. Die Strafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung nicht nur die Fälle, in denen der Angeklagte das für durchschnittlich 10 Euro je Gramm eingekaufte Marihuana für 12 Euro weiter verkaufte, als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet, sondern auch die, in denen er zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiterveräußert hat. Zur Überzeugung der Kammer diente die Überlassung der Betäubungsmittel in diesen Fällen der Sicherung und Konsolidierung seines Kundenstamms. Das Telefonat mit Gü. sei Beleg dafür, dass der Angeklagte danach strebte, seinen Betäubungsmittelhandel auszubauen und seinen Umsatz auf längere Sicht gesehen zu steigern. Dafür spräche auch das geringe Einkommen des Angeklagten als Auszubildender und die Tatsache, dass er mit Ausnahme des Drogenhandels über keine weiteren Einkünfte verfügt hätte und für den Barunterhalt seines Sohnes habe aufkommen müssen. Auch in den Fällen, in denen der Angeklagte Abnehmern Marihuana im Gegenzug dafür überlassen habe, dass sie sich um seinen Sohn kümmerten und die Wohnung aufräumten, sei ein Handeltreiben gegeben, denn er habe eine Dienstleistung in Gestalt von Babysitten und Raumpflege erlangt, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht würde und daher monetärem Entgelt gleichstünde.
31
Die Strafkammer war auch davon überzeugt, dass der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte, soweit er Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der Angeklagte habe glaubhaft eingeräumt, dass die Abgabe der Betäubungs- mittel dazu diente, seinen Konsum von „Kräutermischungen“ zu finanzieren und sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu seiner Ausbildungsvergütung zu verschaffen. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse sei diese zusätzliche Einnahmequelle von erheblichem Gewicht. Auch die in der Wohnung aufgefundenen Druckverschlusstüten und die vom Angeklagten aufgestellten Regeln, wie sich seine „Kunden“ in der Wohnung zu verhalten hätten, sprächen dafür, dass der Angeklagte sich auf eine Vielzahl von Kunden eingestellt hatte. Das Telefonat mit dem minderjährigen Gü. , der sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umsehen sollte, spräche ebenfalls für Gewerbsmäßigkeit. Es zeige, dass der Angeklagte seinen Kundenstamm habe erweitern und sich weitere Einnahmequellen habe erschließen wollen. Auch der zeitliche Rahmen von Juli 2013 bis Mitte September 2014, in welchem der Angeklagte Betäubungsmittel an die Abnehmer veräußerte und die Vielzahl der einzelnen Abnehmer sprächen stark für das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Abgabe der Betäubungsmittel. Gewerbsmäßigkeit setze auch nicht voraus, dass der Täter nur Bargeld anstrebte, es reichten auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen. Damit sei auch bei den Abnehmern von Gewerbsmäßigkeit auszugehen, die Gegenleistungen erbracht hätten, welche für gewöhnlich – wie Babysitten und Raumpflege – nur gegen Entgelt erbracht würden. Außerdem habe die Abgabe der Betäubungsmittel in diesen Fällen auch der Sicherung seines Kundenstamms und der Bindung der Abnehmer an ihn gedient, damit diese auch weiterhin Drogen von ihm bezögen, auch wenn es sich hierbei nur um Kleinstmengen handelte. Dass der Angeklagte bei diesen Abnehmern derzeit noch keinen Gewinn erzielt habe, spräche nicht gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit, weil es nur auf die Gewinnerwartung des Täters, also auf den Gewinn ankäme, den er erzielen wolle.
32
3. Bei der Strafzumessung ist die Strafkammer, soweit die Abnehmer in den Tatzeiträumen Geburtstag hatten, zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese jeweils das neu erreichte Lebensalter bereits im gesamten Tatzeitraum erreicht hatten. Soweit sie bereits 16 oder 17 Jahre alt waren , hat die Strafkammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, 2 BtMG angenommen. Waren die minderjährigen Abnehmer erst 14 oder 15 Jahre alt, verblieb es bei dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. Für diese 35 Fälle hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, für die 136 minder schweren Fälle eine Frei- heitsstrafe von einem Jahr, verhängt. Soweit die Abnehmer volljährig waren, hat die Strafkammer auf Geldstrafe erkannt; insoweit ist sie davon ausgegangen, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels (§ 29 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BtMG) entkräftet ist. Soweit sich der Angeklagte nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat, hat die Kammer unter Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes des Versuchs einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.

II.


33
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
34
Eine formgerechte Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
35
1. Die rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts hält einer Nachprüfung stand.
36
a) Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG)
37
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN).

38
Die Überzeugung der Strafkammer, der Angeklagte habe eigennützig gehandelt, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eigennützigkeit ist nach den Feststellungen auch in den Fällen gegeben, in denen der Angeklagte Marihuana zum Einkaufspreis oder darunter abgegeben hat oder ihm als Gegenleistung anderweitige Dienste erbracht wurden. Um eine bloße Gefälligkeit handelte es sich nicht, denn er handelte mit dem Ziel, die Abnehmer zu binden und mit ihnen später lukrativere Geschäfte abzuschließen.
39
b) Die Strafkammer hat auch die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG hinreichend dargetan.
40
Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 12).
41
Auch ein Kleindealer, der sich mit dem Verkauf kleiner Konsummengen Mittel zur Befriedigung seiner Sucht beschafft, kann gewerbsmäßig handeln (st. Rspr.; vgl. Patzak aaO § 29, Teil 26, Rn. 15, 17).
42
Zwar kann die Gewerbsmäßigkeit, die sich auch auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann, dann einer eingehenden Begründung bedürfen , wenn in Anbetracht der Abgabemengen und der Tatfrequenz nur von einem geringen Gewinn auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 f. und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212). So liegt der Fall hier aber nicht. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung im September 2014 in 176 Fällen an minderjährige Abnehmer und in fünf weiteren Fällen an erwachsene Abnehmer Marihuana regelmäßig für 12 Euro bis 15 Euro je Gramm bei einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 10 Euro verkauft hat oder ihm bei niedrigeren Verkaufspreisen konkrete Gegenleistungen zugewendet wurden oder er durch den günstigen Preis seine Abnehmer an sich binden wollte, um zukünftig lukrativere Geschäfte abschließen zu können. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Schulden und geringes Einkommen ) legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
43
c) Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
44
Gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelt ein Täter dann, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 – 2 StR 575/95, NStZ 1996, 285, 286). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Rauschgiftgeschäften mit Minderjährigen erzielen will, sondern es reicht aus, dass er sich fortlaufende Einnahmen auch aus derartigen Geschäften verschaffen will.

45
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er sich durch den wiederholten Verkauf von Marihuana an minderjährige Abnehmer eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zur Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums verschaffen wollte. Dass der Angeklagte auch zumindest bedingten Vorsatz hatte, liegt nahe, weil er insgesamt in 171 Fällen Marihuana an Minderjährige verkauft hat, diese also sein Hauptabnehmerkreis waren.
46
d) Die vom Landgericht vorgenommene Bewertung, dass die 176 Verkaufsfälle zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen, hält sachlichrechtlicher Prüfung stand. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Möglichkeit von Bewertungseinheiten nicht erörtert hat.
47
Durch den Begriff der Bewertungseinheit werden alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen (st. Rspr.; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 409 mwN).
48
Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 mwN; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).
50
Solche Anhaltspunkte fehlen. Die Strafkammer ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von fünf bis zehn Gramm Marihuana ausgegangen , die nahezu vollständig zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen waren; nur ein geringfügiger Teil wurde in der Wohnung konsumiert oder verschenkt.
51
Dass die von dem Angeklagten verkauften Kleinmengen sämtlich oder auch nur mehrere von ihnen aus einer einheitlich erworbenen Vorratsmenge stammen, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Erwerbsvorgänge nicht festgestellt werden konnten.
52
Der Angeklagte hat angegeben, dass er sämtliche „Marihuanaprodukte“ von einer Person, welche er namentlich nicht nennen wolle, erworben habe. Er würde mit Marihuana und Kräutermischungen handeln, die er zu einem Grammpreis von durchschnittlich 10 Euro erworben habe, „mal mehr, mal weni- ger“. Der Einkaufspreis für Marihuana sei nicht immer konstant gewesen, habe aber seiner Einschätzung nach im Durchschnitt 10 Euro betragen. Er habe wöchentlich 5 bis 10 Gramm Marihuana erworben.

53
Eine genaue Zuordnung des in unterschiedlichen Mengen eingekauften Marihuanas zu den zeitlich nicht näher festgelegten Einzelverkäufen, die mengenmäßig ebenfalls nicht mehr genau festgestellt werden können, lässt diese Einlassung und lassen auch die Angaben der einzelnen Käufer, soweit sie ermittelt werden konnten, nicht zu.
54
Der Zweifelssatz gebietet es nicht, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass diese ganz oder teilweise aus einer einheitlich erworbenen Menge stammen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass jeweils eine gewisse – freilich kaum konkret quantifizierbare – Anzahl der abgeurteilten Verkaufs - bzw. Abgabemengen aus einheitlichen Vorräten stammen könnten, kann kein unverhältnismäßiger Aufwand verlangt werden, um eventuell eine Bewertungseinheit festzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281; zusammenfassend Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN). Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass naheliegende Aufklärungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden wären; vielmehr steht aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Erkenntnissen der Telefonüberwachungen und den Angaben der Abnehmer, soweit sie ermittelt werden konnten, fest, dass die Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
55
Der Frage, unter welchen Umständen dann gleichwohl im Wege einer Schätzung Feststellungen hinsichtlich einer (oder mehrerer) Bewertungseinheit (en) zu treffen sind (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.), braucht der Senat hier nicht nachzugehen.
56
Die Feststellungen zur Menge des abgegebenen Marihuanas sind nicht annähernd deckungsgleich mit den Feststellungen zur Menge des erworbenen Marihuanas. Vielmehr ist, wie schon die unterschiedlichen Mengen von erworbenem und abgegebenem Rauschgift zeigen, insgesamt nur ein begrenzter Teil der auf Erwerb und Abgabe bezogenen Handlungen des Angeklagten erfasst.
57
Es fehlen somit tatsächliche Grundlagen für eine tragfähige Schätzung dafür, welche und wie viele der zahlreichen abgegebenen Einzelmengen jeweils aus einem Erwerbsvorgang stammen und wie dies abzugrenzen und zeitlich einzuordnen wäre. Es käme daher lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht, die rechtlich aber nicht zulässig ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344 und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; Beschlüsse vom 26. Mai 2000 – 3StR 162/00, NStZ 2000, 540, 541 und vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281).
58
e) Allerdings kann unerlaubtes (gewerbsmäßiges) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG nicht in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht werden. Denn der Grundtatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG tritt einschließlich der in § 29 Abs. 3 BtMG enthaltenen Zumessungsregeln hinter einem der in §§ 29a, 30 und 30a BtMG aufgeführten Verbrechenstatbestände, hier also des § 29a Abs. 1, § 30 BtMG, zurück. Die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG behält aber für die Strafbemessung innerhalb des in dem Qualifikationstatbestand vorgesehenen Strafrahmens Bedeutung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 1993 – 4 StR 509/93, NStZ 1994, 39 und vom 21. Dezember 1995 – 1 StR 697/95, StV 1996, 267; Patzak, aaO, § 30, Teil 6, Rn. 69 mwN).
59
2. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die Strafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält rechtlicher Nachprüfung stand.
60
Die Strafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGH, Urteile vom 24. März 1999 – 3 StR 556/98, wistra 1999, 297, 298 und vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568).

61
Soweit das Landgericht in 171 Fällen Tateinheit zwischen unerlaubtem (gewerbsmäßigem) Handeltreiben und unerlaubter (gewerbsmäßiger) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angenommen hat, ist die Strafzumessung dennoch fehlerfrei, weil die Erfüllung des Tatbestands des gewerbsmäßigen Handeltreibens im Sinne des § 29 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in der Strafbemessung berücksichtigt werden darf.
62
Der Senat hat den Tenor entsprechend geändert. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

III.


63
Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 1 7 / 1 5
vom
26. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. Oktober 2015, in der Sitzung am 26. Oktober 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 13. März 2015 dahin geändert , dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 171 Fällen sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 176 Fällen, in 171 Fällen davon in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen, in der sich die Verfahrensbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses des Angeklagten auf eine Strafuntergrenze von vier Jahren und neun Monaten und eine Strafobergrenze von fünf Jahren und drei Monaten geeinigt haben.
3
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
4
Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


5
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte ist wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Er veräußerte von der Wohnung seiner Freundin aus im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 Betäubungsmittel , vor allem Marihuana, und konsumierte dort gemeinsam mit anderen von ihm übergebene Betäubungsmittel. Er selbst konsumierte in diesem Zeitraum bis kurz vor seiner Inhaftierung nur synthetische Cannabisprodukte und kein Marihuana. Bei der Wohnungsdurchsuchung konnte eine geringe Menge an Marihuana und ein Briefchen, in dem sich Methamphetamin befunden hatte, sichergestellt werden.
7
Das Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 10 % THC veräußerte er im Grammbereich im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 in 171 Fällen an minderjährige Abnehmer, deren Alter ihm jeweils bekannt war und die regelmäßig zwischen 12 und 15 Euro je Gramm bezahlten; in fünf weiteren Fällen veräußerte er Marihuana an erwachsene Abnehmer.
8
Zu einem geringen Teil verkaufte er das Marihuana zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiter, ließ sich dann als Gegenleistungen Raumpflegedienste und Babysitterdienste für seinen am 11. Juni 2014 geborenen Sohn erbringen. Dabei handelte er in der Absicht, diese Abnehmer dauerhaft in seinem Kundenstamm zu halten, um mit ihnen fortan auch lukrative bzw. mit größeren Gewinnspannen versehene Geschäfte tätigen zu können.
9
Durch den Verkauf des Marihuanas wollte sich der Angeklagte, der als Auszubildender bei der Firma McDonald´s nur 670 Euro an Ausbildungsvergütung bezog und mit seiner Freundin zusammen wohnte, aber Schulden in Höhe von 1000 bis 1500 Euro hatte, eine zusätzliche Einkommensquelle verschaffen, um dadurch seinen eigenen Konsum von synthetischen Cannabisprodukten zu finanzieren. Hiervon konsumierte er regelmäßig etwa 15 Gramm innerhalb von zwei bis drei Tagen.
10
Im Einzelnen fanden folgende 171 Verkäufe von Marihuana an minderjährige Abnehmer statt:
11
Von Juni 2014 bis zum 18. September 2014 verkaufte der Angeklagte monatlich und damit in mindestens vier Fällen jeweils 2,4 Gramm Marihuana für 30 Euro an die beiden 14-jährigen Mädchen K. und H. .
12
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15-jährige F. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm. Der Grammpreis betrug 12 Euro. In weiteren zehn Fällen erhielt sie jeweils eine Konsumeinheit unentgeltlich, da sie sich um das Baby des Angeklagten kümmerte und die Wohnung aufräumte.
13
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15jährige Hö. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm zu je 12 Euro je Gramm.
14
Anfang des Jahres 2014 veräußerte der Angeklagte 1 bis 1,5 Gramm zu 15 bis 20 Euro an die 15-jährige L. oder S. .
15
Im Zeitraum Ende Juli/Anfang August 2013 veräußerte der Angeklagte in mindestens drei Fällen je 1 bis 2 Gramm zu 12 Euro je Gramm an die 16-jährige J. .
16
Von September 2013 bis zum 18. September 2014 erwarb der 15- bzw. 16-jährige G. vom Angeklagten fünf Mal monatlich und damit in mindestens 60 Fällen Marihuana zu je 10 bis 20 Euro und einem Grammpreis von 12 Euro je Gramm.

17
Im Zeitraum von März 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 16- bzw. 17-jährige Lu. in mindestens zehn Fällen Marihuana zu einem Preis von 12 Euro je Gramm.
18
Im Zeitraum von Juli 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 17-jährige Gü. in mindestens zwei Fällen je etwa 3 Gramm Marihuana zu je 40 Euro.
19
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 2,5 Gramm Marihuana für 30 Euro an einen 16- oder 17-jährigen Jugendlichen mit dem Vornamen Si. .
20
In der Zeit vom 9. Juli 2013 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in 60 Fällen jeweils 1 bis 2 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von 10 Euro an die 15- bzw. 16-jährige Hi. .
21
Im Zeitraum von März 2014 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in zwei Fällen je 1 Gramm Marihuana zu je fünf Euro an die 15- bis 16jährige Fi. . In zwei weiteren Fällen überließ er ihr eine geringe Menge Marihuana als Gegenleistung dafür, dass sie ihm half, die Wohnung aufzuräumen.
22
Am 10. September 2014 beauftragte der Angeklagte telefonisch den 17-jährigen Gü. , sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umzusehen. Der Angeklagte wollte dadurch weitere Abnehmer für Marihuana akquirieren. Gü. wurde jedoch nicht tätig.
23
In fünf Fällen veräußerte der Angeklagte Marihuana an erwachsene Abnehmer :
24
Am 3. September 2014 veräußerte er 2,15 Gramm Marihuana für 25 Euro an V. .
25
Mitte 2014 veräußerte er an A. 1 Gramm Marihuana für 10 bis 20 Euro.
26
Mitte September 2014 veräußerte er 4 Gramm Marihuana für 40 Euro an Kö. .
27
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 4 Gramm Marihuana für 50 Euro an R. .
28
Im August 2014 veräußerte er an T. Marihuana für 20 bis 25 Euro.
29
Dieses Geschäft findet sich in den Urteilsgründen allerdings nicht in den Feststellungen. Alle notwendigen Details wie Abnehmer, Preis, Menge und Tatzeit sind jedoch der Beweiswürdigung (UA S. 14) zu entnehmen. Diese Tat wird auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung erwähnt und es wird eine Einzelstrafe verhängt.
30
2. Die Strafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung nicht nur die Fälle, in denen der Angeklagte das für durchschnittlich 10 Euro je Gramm eingekaufte Marihuana für 12 Euro weiter verkaufte, als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet, sondern auch die, in denen er zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiterveräußert hat. Zur Überzeugung der Kammer diente die Überlassung der Betäubungsmittel in diesen Fällen der Sicherung und Konsolidierung seines Kundenstamms. Das Telefonat mit Gü. sei Beleg dafür, dass der Angeklagte danach strebte, seinen Betäubungsmittelhandel auszubauen und seinen Umsatz auf längere Sicht gesehen zu steigern. Dafür spräche auch das geringe Einkommen des Angeklagten als Auszubildender und die Tatsache, dass er mit Ausnahme des Drogenhandels über keine weiteren Einkünfte verfügt hätte und für den Barunterhalt seines Sohnes habe aufkommen müssen. Auch in den Fällen, in denen der Angeklagte Abnehmern Marihuana im Gegenzug dafür überlassen habe, dass sie sich um seinen Sohn kümmerten und die Wohnung aufräumten, sei ein Handeltreiben gegeben, denn er habe eine Dienstleistung in Gestalt von Babysitten und Raumpflege erlangt, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht würde und daher monetärem Entgelt gleichstünde.
31
Die Strafkammer war auch davon überzeugt, dass der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte, soweit er Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der Angeklagte habe glaubhaft eingeräumt, dass die Abgabe der Betäubungs- mittel dazu diente, seinen Konsum von „Kräutermischungen“ zu finanzieren und sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu seiner Ausbildungsvergütung zu verschaffen. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse sei diese zusätzliche Einnahmequelle von erheblichem Gewicht. Auch die in der Wohnung aufgefundenen Druckverschlusstüten und die vom Angeklagten aufgestellten Regeln, wie sich seine „Kunden“ in der Wohnung zu verhalten hätten, sprächen dafür, dass der Angeklagte sich auf eine Vielzahl von Kunden eingestellt hatte. Das Telefonat mit dem minderjährigen Gü. , der sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umsehen sollte, spräche ebenfalls für Gewerbsmäßigkeit. Es zeige, dass der Angeklagte seinen Kundenstamm habe erweitern und sich weitere Einnahmequellen habe erschließen wollen. Auch der zeitliche Rahmen von Juli 2013 bis Mitte September 2014, in welchem der Angeklagte Betäubungsmittel an die Abnehmer veräußerte und die Vielzahl der einzelnen Abnehmer sprächen stark für das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Abgabe der Betäubungsmittel. Gewerbsmäßigkeit setze auch nicht voraus, dass der Täter nur Bargeld anstrebte, es reichten auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen. Damit sei auch bei den Abnehmern von Gewerbsmäßigkeit auszugehen, die Gegenleistungen erbracht hätten, welche für gewöhnlich – wie Babysitten und Raumpflege – nur gegen Entgelt erbracht würden. Außerdem habe die Abgabe der Betäubungsmittel in diesen Fällen auch der Sicherung seines Kundenstamms und der Bindung der Abnehmer an ihn gedient, damit diese auch weiterhin Drogen von ihm bezögen, auch wenn es sich hierbei nur um Kleinstmengen handelte. Dass der Angeklagte bei diesen Abnehmern derzeit noch keinen Gewinn erzielt habe, spräche nicht gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit, weil es nur auf die Gewinnerwartung des Täters, also auf den Gewinn ankäme, den er erzielen wolle.
32
3. Bei der Strafzumessung ist die Strafkammer, soweit die Abnehmer in den Tatzeiträumen Geburtstag hatten, zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese jeweils das neu erreichte Lebensalter bereits im gesamten Tatzeitraum erreicht hatten. Soweit sie bereits 16 oder 17 Jahre alt waren , hat die Strafkammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, 2 BtMG angenommen. Waren die minderjährigen Abnehmer erst 14 oder 15 Jahre alt, verblieb es bei dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. Für diese 35 Fälle hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, für die 136 minder schweren Fälle eine Frei- heitsstrafe von einem Jahr, verhängt. Soweit die Abnehmer volljährig waren, hat die Strafkammer auf Geldstrafe erkannt; insoweit ist sie davon ausgegangen, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels (§ 29 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BtMG) entkräftet ist. Soweit sich der Angeklagte nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat, hat die Kammer unter Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes des Versuchs einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.

II.


33
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
34
Eine formgerechte Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
35
1. Die rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts hält einer Nachprüfung stand.
36
a) Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG)
37
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN).

38
Die Überzeugung der Strafkammer, der Angeklagte habe eigennützig gehandelt, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eigennützigkeit ist nach den Feststellungen auch in den Fällen gegeben, in denen der Angeklagte Marihuana zum Einkaufspreis oder darunter abgegeben hat oder ihm als Gegenleistung anderweitige Dienste erbracht wurden. Um eine bloße Gefälligkeit handelte es sich nicht, denn er handelte mit dem Ziel, die Abnehmer zu binden und mit ihnen später lukrativere Geschäfte abzuschließen.
39
b) Die Strafkammer hat auch die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG hinreichend dargetan.
40
Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 12).
41
Auch ein Kleindealer, der sich mit dem Verkauf kleiner Konsummengen Mittel zur Befriedigung seiner Sucht beschafft, kann gewerbsmäßig handeln (st. Rspr.; vgl. Patzak aaO § 29, Teil 26, Rn. 15, 17).
42
Zwar kann die Gewerbsmäßigkeit, die sich auch auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann, dann einer eingehenden Begründung bedürfen , wenn in Anbetracht der Abgabemengen und der Tatfrequenz nur von einem geringen Gewinn auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 f. und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212). So liegt der Fall hier aber nicht. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung im September 2014 in 176 Fällen an minderjährige Abnehmer und in fünf weiteren Fällen an erwachsene Abnehmer Marihuana regelmäßig für 12 Euro bis 15 Euro je Gramm bei einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 10 Euro verkauft hat oder ihm bei niedrigeren Verkaufspreisen konkrete Gegenleistungen zugewendet wurden oder er durch den günstigen Preis seine Abnehmer an sich binden wollte, um zukünftig lukrativere Geschäfte abschließen zu können. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Schulden und geringes Einkommen ) legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
43
c) Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
44
Gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelt ein Täter dann, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 – 2 StR 575/95, NStZ 1996, 285, 286). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Rauschgiftgeschäften mit Minderjährigen erzielen will, sondern es reicht aus, dass er sich fortlaufende Einnahmen auch aus derartigen Geschäften verschaffen will.

45
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er sich durch den wiederholten Verkauf von Marihuana an minderjährige Abnehmer eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zur Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums verschaffen wollte. Dass der Angeklagte auch zumindest bedingten Vorsatz hatte, liegt nahe, weil er insgesamt in 171 Fällen Marihuana an Minderjährige verkauft hat, diese also sein Hauptabnehmerkreis waren.
46
d) Die vom Landgericht vorgenommene Bewertung, dass die 176 Verkaufsfälle zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen, hält sachlichrechtlicher Prüfung stand. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Möglichkeit von Bewertungseinheiten nicht erörtert hat.
47
Durch den Begriff der Bewertungseinheit werden alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen (st. Rspr.; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 409 mwN).
48
Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 mwN; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).
50
Solche Anhaltspunkte fehlen. Die Strafkammer ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von fünf bis zehn Gramm Marihuana ausgegangen , die nahezu vollständig zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen waren; nur ein geringfügiger Teil wurde in der Wohnung konsumiert oder verschenkt.
51
Dass die von dem Angeklagten verkauften Kleinmengen sämtlich oder auch nur mehrere von ihnen aus einer einheitlich erworbenen Vorratsmenge stammen, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Erwerbsvorgänge nicht festgestellt werden konnten.
52
Der Angeklagte hat angegeben, dass er sämtliche „Marihuanaprodukte“ von einer Person, welche er namentlich nicht nennen wolle, erworben habe. Er würde mit Marihuana und Kräutermischungen handeln, die er zu einem Grammpreis von durchschnittlich 10 Euro erworben habe, „mal mehr, mal weni- ger“. Der Einkaufspreis für Marihuana sei nicht immer konstant gewesen, habe aber seiner Einschätzung nach im Durchschnitt 10 Euro betragen. Er habe wöchentlich 5 bis 10 Gramm Marihuana erworben.

53
Eine genaue Zuordnung des in unterschiedlichen Mengen eingekauften Marihuanas zu den zeitlich nicht näher festgelegten Einzelverkäufen, die mengenmäßig ebenfalls nicht mehr genau festgestellt werden können, lässt diese Einlassung und lassen auch die Angaben der einzelnen Käufer, soweit sie ermittelt werden konnten, nicht zu.
54
Der Zweifelssatz gebietet es nicht, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass diese ganz oder teilweise aus einer einheitlich erworbenen Menge stammen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass jeweils eine gewisse – freilich kaum konkret quantifizierbare – Anzahl der abgeurteilten Verkaufs - bzw. Abgabemengen aus einheitlichen Vorräten stammen könnten, kann kein unverhältnismäßiger Aufwand verlangt werden, um eventuell eine Bewertungseinheit festzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281; zusammenfassend Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN). Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass naheliegende Aufklärungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden wären; vielmehr steht aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Erkenntnissen der Telefonüberwachungen und den Angaben der Abnehmer, soweit sie ermittelt werden konnten, fest, dass die Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
55
Der Frage, unter welchen Umständen dann gleichwohl im Wege einer Schätzung Feststellungen hinsichtlich einer (oder mehrerer) Bewertungseinheit (en) zu treffen sind (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.), braucht der Senat hier nicht nachzugehen.
56
Die Feststellungen zur Menge des abgegebenen Marihuanas sind nicht annähernd deckungsgleich mit den Feststellungen zur Menge des erworbenen Marihuanas. Vielmehr ist, wie schon die unterschiedlichen Mengen von erworbenem und abgegebenem Rauschgift zeigen, insgesamt nur ein begrenzter Teil der auf Erwerb und Abgabe bezogenen Handlungen des Angeklagten erfasst.
57
Es fehlen somit tatsächliche Grundlagen für eine tragfähige Schätzung dafür, welche und wie viele der zahlreichen abgegebenen Einzelmengen jeweils aus einem Erwerbsvorgang stammen und wie dies abzugrenzen und zeitlich einzuordnen wäre. Es käme daher lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht, die rechtlich aber nicht zulässig ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344 und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; Beschlüsse vom 26. Mai 2000 – 3StR 162/00, NStZ 2000, 540, 541 und vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281).
58
e) Allerdings kann unerlaubtes (gewerbsmäßiges) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG nicht in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht werden. Denn der Grundtatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG tritt einschließlich der in § 29 Abs. 3 BtMG enthaltenen Zumessungsregeln hinter einem der in §§ 29a, 30 und 30a BtMG aufgeführten Verbrechenstatbestände, hier also des § 29a Abs. 1, § 30 BtMG, zurück. Die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG behält aber für die Strafbemessung innerhalb des in dem Qualifikationstatbestand vorgesehenen Strafrahmens Bedeutung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 1993 – 4 StR 509/93, NStZ 1994, 39 und vom 21. Dezember 1995 – 1 StR 697/95, StV 1996, 267; Patzak, aaO, § 30, Teil 6, Rn. 69 mwN).
59
2. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die Strafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält rechtlicher Nachprüfung stand.
60
Die Strafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGH, Urteile vom 24. März 1999 – 3 StR 556/98, wistra 1999, 297, 298 und vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568).

61
Soweit das Landgericht in 171 Fällen Tateinheit zwischen unerlaubtem (gewerbsmäßigem) Handeltreiben und unerlaubter (gewerbsmäßiger) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angenommen hat, ist die Strafzumessung dennoch fehlerfrei, weil die Erfüllung des Tatbestands des gewerbsmäßigen Handeltreibens im Sinne des § 29 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in der Strafbemessung berücksichtigt werden darf.
62
Der Senat hat den Tenor entsprechend geändert. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

III.


63
Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 63/08
vom
20. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. März 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 20. November 2007 mit den zugehörigen Feststellungen
a) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II 1 bis 4 und
b) im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Einzelstrafen in den Fällen II 1 bis 4 und die Gesamtstrafe halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit Folgendes ausgeführt: "Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Anwendung des Strafrahmens des § 29 Abs. 3 BtMG unter Annahme gewerbsmäßigen Handeltreibens keine ausreichende Grundlage findet. Die Feststellung der Kammer, der Angeklagte habe bei den vier Verkäufen an die Zeugin L. in der Absicht gehandelt , sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, ist nicht ausreichend belegt. Kann der Täter, wie hier, in Anbetracht von Abgabemenge und -preis (jeweils 0,3 Gramm Kokain für 20 Euro) nur einen geringen Gewinn aus dem Betäubungsmittelgeschäft erwarten, bedarf die Annahme von Gewerbsmäßigkeit einer eingehenden Begründung (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 5; BGH StV 2001, 461). Zwar mögen die von ihm im Anschluss begangene Tat 5, die außergerichtlich eingezogenen Asservate und seine - im Urteil allerdings nicht näher dargelegten - wirtschaftlichen Verhältnisse eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht , die sich auch auf die Erlangung von Nebeneinnahmen beziehen kann (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1975, 725), nahe legen; das Tatgericht hat sich aber weder mit der niedrigen Gewinnspanne noch mit weiteren, gegen eine derartige Absicht sprechenden Umständen auseinander gesetzt. Hierzu bestand Anlass, weil ... die Anzahl der Taten überschaubar blieb und deren Abfolge nicht näher mitgeteilt ist, so dass zu Gunsten des Angeklagten von nicht unerheblichen Zeitabständen zwischen den einzelnen Transaktionen auszugehen ist. Schließlich verhalten sich die Urteilsgründe auch nicht dazu , dass der Angeklagte und die Zeugin freundschaftlich ver- bunden waren, was ebenfalls gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle sprechen könnte. ...
Hierauf beruht das Urteil. Es ist nicht auszuschließen, dass die Kammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung den milderen Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG angenommen und auf geringere Einzelstrafen erkannt hätte, zumal sie jeweils die Verhängung der Mindeststrafe des § 29 Abs. 3 BtMG für ausreichend hielt. Die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen 1 - 4 bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. ...
Infolge der teilweisen Aufhebung der Einzelstrafen kann auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben".
5
Dem schließt sich der Senat an.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible
5 StR 135/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 24. April 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. April 2013

beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Dezember 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in sechs Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln , der Angeklagte C. des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) jeweils im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Amtsgericht Tiergarten in Berlin – Strafrichter – zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen gemeinschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, den Angeklagten M. in sechs Fällen, den Angeklagten C. in zehn Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und einem Monat (M. ) und einem Jahr und drei Monaten (C. ) verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Ihre hiergegen gerichteten Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts trafen sich die Angeklagten regelmäßig in M. s Wohnung, um dort gemeinsam mit Freunden und Bekannten Cannabis zu konsumieren und Videospiele zu spielen. Zu der Runde gehörte auch der gesondert verurteilte Zeuge N. , der mit Kokaingemischen handelte. Diese erwarb er regelmäßig aus einer den Angeklagten unbekannten Quelle, um sie sodann zu strecken, zu Konsumeinheiten (ca. 0,5 g) zu portionieren und schließlich gewinnbringend an Endabnehmer zu einem Verkaufspreis von 50 € pro Konsumeinheit weiter zu veräußern.
3
Seine Kunden richteten ihre Bestellungen jeweils telefonisch an ihn; oft nahm er sie in der Wohnung des Angeklagten M. entgegen, „während ‚Joints‘ kreisten oder eine Wasserpfeife zum Cannabisrauchen genutzt wur- de“ (UA S. 8). Die bestellten Kokainmengen lieferteN. entweder selbst aus oder überließ dies einem der anwesenden Bekannten. Diesem „Läufer“ händigte er die für das jeweilige Geschäft benötigte Anzahl an vorbereiteten Kokainportionen aus und sagte ihm, wo er den Kunden treffen werde. Der Betreffende hatte dann die Aufgabe, unter Mitnahme des Rauschgifts den Übergabeort aufzusuchen, den Käufer ausfindig zu machen, die bestellte Ware zu übergeben, den Kaufpreis entgegenzunehmen und bei nächster Gelegenheit mit N. abzurechnen. In sechs Fällen wurde der Angeklagte M. , in zehn Fällen der Angeklagte C. in der beschriebenen Weise als „Läufer“ fürN. tätig. Für ihre Tatbeiträge wurden sie jeweils mit etwa 0,5 g Marihuana zum Eigenverbrauch von N. entlohnt.
4
2. Diese Feststellungen tragen nicht die Annahme einer Mittäterschaft der Angeklagten hinsichtlich des Handeltreibens durch N. .
5
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln muss für eine zutreffende Einordnung des Tatbeitrages eines Kuriers auf das Umsatzgeschäft insgesamt abgestellt werden. Maßgeblich ist für die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Beihilfe dabei, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäftes zukommt (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 2007 – 2StR 516/06, BGHSt 51, 219, und vom 7. Februar 2008 – 5 StR 242/07, NJW 2008, 1460; Beschluss vom 30. Oktober 2008 – 5 StR 345/08, BGHR BtMG § 29 Beihilfe 6).
6
Nach diesen Kriterien der Rechtsprechung liegt lediglich eine Beihilfehandlung vor. Die Angeklagten wurden in untergeordneter Stellung tätig; ihre Tätigkeit beschränkte sich ausschließlich auf Transport und Übergabe des Rauschgiftes und Entgegennahme des Geldes. Eine darüber hinausgehende Gestaltungsmöglichkeit kam ihnen nicht zu. Ihr Interesse am Taterfolg beschränkte sich auf den Erhalt einer Belohnung in Form einer Konsumeinheit Marihuana zum Eigenkonsum. Hierzu steht jeweils der Besitz in Tateinheit.
7
3. Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen stellt der Senat den Schuldspruch gegen die geständigen Angeklagten um. Da die Strafgewalt des Strafrichters (§ 25 Nr. 2 GVG) ausreicht, verweist er die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an diesen zurück.
8
Für die Strafzumessung durch das neue Tatgericht weist der Senat darauf hin, dass ein – vom angefochtenen Urteil bejahtes – gewerbsmäßiges Handeln der Angeklagten ersichtlich nicht vorliegt. Zwar kann für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit auch das Erstreben geldwerter Vermögensvorteile (z. B. Drogen) ausreichen (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 15 mwN). Jedoch muss die fortlaufende Einnahmequelle, die sich der Täter verschaffen will, von einigem Umfang sein (BGH, Beschluss vom 25. November 1992 – 2 StR 563/92, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 5 mwN). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Basdorf Raum Sander
Schneider Bellay

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 63/08
vom
20. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. März 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 20. November 2007 mit den zugehörigen Feststellungen
a) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II 1 bis 4 und
b) im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Einzelstrafen in den Fällen II 1 bis 4 und die Gesamtstrafe halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit Folgendes ausgeführt: "Die Revision beanstandet zu Recht, dass die Anwendung des Strafrahmens des § 29 Abs. 3 BtMG unter Annahme gewerbsmäßigen Handeltreibens keine ausreichende Grundlage findet. Die Feststellung der Kammer, der Angeklagte habe bei den vier Verkäufen an die Zeugin L. in der Absicht gehandelt , sich damit eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen, ist nicht ausreichend belegt. Kann der Täter, wie hier, in Anbetracht von Abgabemenge und -preis (jeweils 0,3 Gramm Kokain für 20 Euro) nur einen geringen Gewinn aus dem Betäubungsmittelgeschäft erwarten, bedarf die Annahme von Gewerbsmäßigkeit einer eingehenden Begründung (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 5; BGH StV 2001, 461). Zwar mögen die von ihm im Anschluss begangene Tat 5, die außergerichtlich eingezogenen Asservate und seine - im Urteil allerdings nicht näher dargelegten - wirtschaftlichen Verhältnisse eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht , die sich auch auf die Erlangung von Nebeneinnahmen beziehen kann (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1975, 725), nahe legen; das Tatgericht hat sich aber weder mit der niedrigen Gewinnspanne noch mit weiteren, gegen eine derartige Absicht sprechenden Umständen auseinander gesetzt. Hierzu bestand Anlass, weil ... die Anzahl der Taten überschaubar blieb und deren Abfolge nicht näher mitgeteilt ist, so dass zu Gunsten des Angeklagten von nicht unerheblichen Zeitabständen zwischen den einzelnen Transaktionen auszugehen ist. Schließlich verhalten sich die Urteilsgründe auch nicht dazu , dass der Angeklagte und die Zeugin freundschaftlich ver- bunden waren, was ebenfalls gegen das Motiv der Erschließung einer nicht ganz unbedeutenden Einnahmequelle sprechen könnte. ...
Hierauf beruht das Urteil. Es ist nicht auszuschließen, dass die Kammer bei fehlerfreier Rechtsanwendung den milderen Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG angenommen und auf geringere Einzelstrafen erkannt hätte, zumal sie jeweils die Verhängung der Mindeststrafe des § 29 Abs. 3 BtMG für ausreichend hielt. Die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen 1 - 4 bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. ...
Infolge der teilweisen Aufhebung der Einzelstrafen kann auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe nicht bestehen bleiben".
5
Dem schließt sich der Senat an.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 8 7 / 1 5
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. September 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. Juli 2014 - soweit es ihn betrifft - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 1.213.703,29 Euro die Ansprüche Verletzter der Anordnung des (Wertersatz-)Verfalls entgegenstehen (§ 111i Abs. 2 StPO).
II. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
III. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen und wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt , dass lediglich deshalb nicht auf (Wertersatz-)Verfall in Höhe von 1.213.703,29 Euro erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Es hat weiterhin ausgesprochen, dass die im Ausland erlittene Freiheitsentziehung im Verhältnis 1:1 angerechnet wird.
2
Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf mehrere Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

3
Die vom Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO hält materiell-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen.
4
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu beachten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juni 2015 - 4 StR 173/15; vom 18. März 2015 - 3 StR 644/14, wistra 2015, 270; vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f. und vom 6. November 2014 - 4 StR 290/14, NStZ-RR 2015, 44). Wird in Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen, hat dies zur Folge, dass der in der Entscheidungsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt (BGH, Beschluss vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, NJW 2011, 624 f.). Die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB sind zu erörtern, wenn naheliegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschlüsse vom 12. März 2015 - 2 StR 322/14, NStZ-RR 2015, 171 f.; vom 17. Juli 2013 - 4 StR 208/13, wistra 2013, 386 und vom 11. April 2013 - 4 StR 39/13, StV 2013, 610). So verhält es sich hier.

5
Das Landgericht hat die im Tatzeitraum zugeflossenen Provisionszahlungen ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Aus den Urteilsgründen ergibt sich, dass der Angeklagte die erhaltenen Zahlungen für seinen Lebensunterhalt, Alkohol und Glücksspiel aufgewendet hat, weiterhin unterstützte er Freunde und Verwandte (UA S. 9). Danach ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten weder das Erlangte noch ein Gegenwert vollständig vorhanden waren (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Daran anknüpfend hätte sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für eine Anwendung der Härtevorschrift auseinandersetzen und die gebotene Ermessensentscheidung treffen müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteile vom 26. März 2015 - 4 StR 463/14, NStZ-RR 2015, 176, 178 und vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234 f.).
6
Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO. Der Senat hebt - entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts - auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatrichter widerspruchsfreie Feststellungen - insbesondere zu den Vermögensverhältnissen des Angeklagten - zu ermöglichen.
Rothfuß Jäger Cirener
Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 2 2 / 1 4
vom
12. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. März 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 10. April 2014 im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 185 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es festgestellt, dass "der Verfall eines bestimmten Gegenstandes aufgrund der Beschaffenheit des durch die Taten Erlangten nicht möglich ist und dass der Wert des durch die Taten Erlangten einem Geldbetrag von 190.187,63 € entspricht"; des Weiteren hat es festgestellt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz zu erkennen ist, "weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen".
2
Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision; das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte seit 1974 im Justizdienst des Landes N. tätig und zuletzt als Justizamtsinspektor bei dem Amtsgericht B. mit der Funktion eines Zahlstellenverwalters betraut. Um sich eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, bewirkte der sich in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Angeklagte im Zeitraum von September 2010 bis Oktober 2012 zu seinen Gunsten Überweisungen aus der Landeskasse in Höhe von 190.187,63 €. Die Gelder verbrauchte er in der Folgezeit. Am 10. Januar 2013 hat der Angeklagte ein notarielles Schuldanerkenntnis nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen zum Nachteil des Landes N. begangener unerlaubter Handlungen abgegeben. Mit Beschluss vom 18. Februar 2014 hat das Amtsgericht K. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Angeklagten eröffnet.

II.

4
1. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen hält die von dem Landgericht getroffene Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
a) Das Landgericht ist im Ausgangspunkt zutreffend von der Anwendbarkeit des § 111i Abs. 2 StPO ausgegangen, weil der Angeklagte einen Geldbetrag in Höhe von 190.187,63 € aus den Taten erlangt hat und der Anordnung des Verfalls von Wertersatz (§ 73a StGB) Schadensersatzansprüche des Landes N. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB in einer dem Wert des Erlangten entsprechenden Höhe entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB). Auch der Fiskus kann Verletzter im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein (BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00, NStZ 2001, 155, 156). Die Anwendung der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass hier das geschädigte Land zugleich Gläubiger des aufgrund einer Anordnung nach § 73a StGB entstehenden staatlichen Zahlungsanspruchs (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73a Rn. 8) gegen den Angeklagten wäre. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB verfolgt den Zweck, den Angeklagten vor einer doppelten Inanspruchnahme zu schützen und ihm die Mittel zu belassen, die er zur Erfüllung der Ansprüche des Verletzten benötigt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2009 - 4 StR 443/09, NStZ 2010, 693 f.). Die zumindest abstrakte Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht auch dann, wenn der Täter etwas aufgrund einer Tat zum Nachteil des Landes erlangt und diesem infolgedessen ein Anspruch gegen den Täter auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des dem Erlangten entsprechenden Geldwerts zusteht. Denn eine im Urteil getroffene Anordnung von Wertersatzverfall ließe zunächst die Möglichkeit des Verletzten unberührt, seine aus der Tat erwachsenen Ansprüche außerhalb des Strafverfahrens - hier zum Beispiel durch Vollstreckung des notariellen Schuldanerkenntnisses - durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - 3 StR 41/06, NStZ 2006, 621, 622). Daran ändert auch nichts, dass sich der Täter gegen eine doppelte Inanspruchnahme durch das Land erfolgreich zur Wehr setzen könnte.
6
b) Das Landgericht hat indes nicht geprüft, ob die Vorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO entgegensteht, obwohl für eine solche Prüfung bei dem vermögenslosen Angeklagten Anlass bestand (zur Prüfungsreihenfolge im Rahmen des § 73c StGB vgl. BGH, Be- schluss vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13). Dies führt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO.
7
2. Sollte das neue Tatgericht abermals eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO treffen (zur Fassung des Urteilstenors vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51 f.; BGH, Beschluss vom 5. September 2013 - 1 StR 162/13, NStZ 2014, 149, 154), wird es gegebenenfalls die Vorschrift des § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO zu beachten haben. Danach soll das Gericht den Rahmen des späteren Auffangrechtserwerbs vorgeben, indem es den Umfang der erlangten Vermögenswerte unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlich durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingetretenen Restitution bestimmt (BT-Drucks. 16/700, S. 15). Der Umstand, dass über das Vermögen des Angeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet ist, steht einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht entgegen (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2014 - 4 StR 60/14, NJW 2015, 713, 715). Fischer Appl Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 208/13
vom
17. Juli 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Münster vom 28. Januar 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 845.000 € die Ansprüche Verletzter der Anordnung des Verfalls von Wertersatz entgegenstehen. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Münster vom 25. August 2008 und der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 8. Dezember 2010 nach Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten und wegen Betruges zu einer weiteren Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von der Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von fünf Jahren und sechs Monaten gelten drei Monate und von der Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten ein Monat als vollstreckt. Außerdem hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte aus den Taten 845.000 Euro erlangt hat und nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche des Verletzten entgegenstehen. Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO über das Absehen von der Anordnung des Wertersatzverfalls und den Wert des Erlangten kann keinen Bestand haben. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 10. Mai 2013 zu Recht ausgeführt hat, ist die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB auch im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu beachten (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 – 4 StR 56/11, Rn. 11; Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, NJW 2011, 624 Rn. 15 mwN). Wird in Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB ganz oder teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen, hat dies zur Folge, dass der in der Urteilsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, NJW 2011, 624 Rn. 12 ff.). Die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 StGB sind zu erörtern, wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschluss vom 11. April 2013 – 4 StR 39/13, Rn. 2; Beschluss vom 15. März 2011 – 1 StR 75/11, NJW 2011, 2529, 2530). So liegt es hier.
3
Das Landgericht hat die betrügerisch erlangten Vorauszahlungen ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich, dass der Angeklagte vermögenslos und überschuldet ist (UA S. 4). Die betrügerisch erlangten Gelder wurden von ihm für die eigene Lebensführung, den Geschäftsbetrieb der mittlerweile insolventen Firma , aber auch für die Tilgung besonders lästiger anderweitiger Schulden verbraucht (UA S. 14 f.). Danach ist davon auszugehen , dass im Zeitpunkt der Entscheidung im Vermögen des Angeklagten weder das Erlangte noch ein Gegenwert vollständig vorhanden waren (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB). Daran anknüpfend hätte sich das Landgericht mit den weiteren Voraussetzungen für eine Anwendung der Härtevorschrift auseinandersetzen und die gebotene Ermessensentscheidung treffen müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 – 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234).
4
Der neue Tatrichter wird – soweit erneut eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO zu treffen ist – auch gehalten sein, die entgegenstehenden Ansprüche des Verletzten nach Grund und Höhe näher darzulegen.
Mutzbauer Roggenbuck RiBGH Dr. Franke ist infolge Urlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschriftsleistung gehindert.
Mutzbauer
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 39/13
vom
11. April 2013
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 11. April 2013 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. September 2012 aufgehoben, soweit dort festgestellt ist, "dass der Angeklagte Vermögenswerte in Höhe von mindestens 51.600,- € aus den Taten erlangt hat". Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen schwerer räuberischer Erpressung in 5 Fällen, wobei es in 2 Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren und 6 Monaten verurteilt"; ferner hat es festgestellt , "dass der Angeklagte Vermögenswerte in Höhe von mindestens 51.600,- € aus den Taten erlangt hat". Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die ersichtlich auf § 111i Abs. 2 Sätze 1 und 3 StPO gestützte Feststellung (vgl. zur Tenorierung BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 51) begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat die Härtevorschrift des § 73c StGB nicht erkennbar in seine Erwägungen einbezogen. Es entspricht jedoch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (BGH, aaO S. 44 mwN). Die Voraussetzungen dieser Bestimmung bedürfen der Erörterung , wenn nahe liegende Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind (BGH, Beschluss vom 15. März 2011 - 1 StR 75/11, NJW 2011, 2529, 2530). So liegt es hier:
3
Das Landgericht hat den Wert des im Fall II.5 der Urteilsgründe erbeuteten Schmucks ersichtlich in voller Höhe in die Wertberechnung nach § 111i Abs. 2 Satz 3 StPO eingestellt. Es hat aber selbst festgestellt, dass der Angeklagte den Schmuck später bei einem An- und Verkaufsgeschäft zum Preis von 2.400 € veräußert hat (UA 13). Aus den Urteilsfeststellungen ergibt sich damit eine weitgehende Entreicherung im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB. Daran anknüpfend hätte das Tatgericht die Voraussetzungen dieser Härtevorschrift erörtern müssen (vgl. zu den rechtlichen Anforderungen im Einzelnen BGH, Urteil vom 2. Oktober 2008 - 4 StR 153/08, NStZ-RR 2009, 234).
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2. Die vom Landgericht getroffene Feststellung kann daher nicht bestehen bleiben. Einer Aufhebung der zugehörigen tatsächlichen Feststellungen bedarf es nicht. Der Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende, hierzu nicht in Widerspruch stehende Feststellungen, etwa zur Aufteilung der erlösten 2.400 €, zu treffen.
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3. Zur Fassung der Urteilsformel weist der Senat darauf hin, dass Anordnung und Aufrechterhaltung der Beschlagnahme einzelner Gegenstände oder des dinglichen Arrests gemäß § 111i Abs. 3 StPO im Beschlusswege zu erfolgen haben (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, BGHSt 55, 62, 64).
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Reiter