Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Um den sozialen Bedeutungsgehalt der Bedenklichkeit eines Arzneimittels zu erfassen
, bedarf es auch der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die für die Abwägung
des Verhältnisses zwischen dem bekannten Risiko und dem Nutzen von Relevanz
sind. Diese muss der Täter nach einer Parallelwertung in der Laiensphäre richtig in
sein Vorstellungsbild aufgenommen haben, um einen Vorsatzschuldvorwurf zu begründen.
BGH, Urteil vom 23. Juli 2019 – 1 StR 107/18 – LG Hildesheim
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 107/18
vom
23. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230719U1STR107.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Juli 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Fischer,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Oberregierungsrat – in der Verhandlung – als Vertreter der Nebenbeteiligten,
Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 27. Oktober 2017 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft sowie die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Der Angeklagte hat die durch sein Rechtsmittel verursachten Kosten zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässigen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln in zwei Fällen sowie wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung rechtskräftiger Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Es hat au- ßerdem die „Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 200.000 € angeordnet.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die sie auf die Verurteilung wegen fahrlässigen Inverkehrbringens von bedenklichen Arzneimitteln beschränkt hat. Sie beanstandet, dass das Landgericht nicht von vorsätzlichem Handeln ausgegangen ist.
3
Der Angeklagte wendet sich mit einem verfahrensrechtlichen Angriff und der Sachrüge gegen seine Verurteilung. Er beanstandet vor allem, nicht auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen fahrlässiger Begehung der Arzneimitteldelikte hingewiesen worden zu sein und dass weder seine Täterschaft insoweit noch die Bedenklichkeit der vertriebenen Stoffe ausreichend belegt worden sei. Hinsichtlich der Steuerdelikte sei der konkrete Steuerschaden nicht tragfähig festgestellt worden.
4
Beide Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

A.

I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte vertrieb zwischen Dezember 2008 und Mai 2013 die Präparate MMS und MMS2 über eine von ihm betriebene Website und über verschiedene Internetplattformen. Hierzu trat er unter dem Namen L. Limited , auch nach deren im Oktober 2011 erfolgten Löschung, und W.
UG, deren Geschäftsführer er war, auf.
6
a) Bei MMS handelte es sich um eine 28-prozentige Natriumchloritlösung , die bei oraler Einnahme in Kontakt mit Magensaft oder Speichel zu Salzsäure , Chlordioxid – ein giftiges Gas mit stechendem, chlorähnlichen Geruch – und Wasser zerfällt. MMS2 stellt ein 70-prozentiges Calciumhypochlorit dar, welches sich unter Einwirkung von Salzsäure im Magen in giftiges Chlorgas zersetzen kann. Chlorgas reagiert mit menschlichem Gewebe und zerstört es. Bei neutralem Magensaft wirkt Calciumhypochlorit ätzend und je nach verab- reichter Dosis unspezifisch reizend bis schädigend auf Schleimhäute. Sowohl Chlordioxid als auch Chlorgas führen bei oraler Einnahme typischerweise zu Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, es können aber dosisabhängig auch schwerere Folgen wie eine Magenperforation oder Bauchfellentzündung eintreten.
7
Vor der Aufnahme seines Vertriebs hatte sich der Angeklagte bei anderen Anbietern MMS beschafft und mit der oralen Einnahme begonnen. Er fühlte sich dadurch besser. In von ihm gelesenen Publikationen zu den Präparaten war deren desinfizierende Wirkung im Wasser auf den menschlichen Organismus übertragen und daraus geschlussfolgert worden, dass Bakterien und Keime als Auslöser von Krankheiten durch die Einnahme vernichtet würden. Auf diesen vermeintlichen Wirkungsmechanismus wurde auch auf der Vertriebswebsite hingewiesen, auf der von der zufälligen Entdeckung als „Medika- ment“ berichtet wurde. Dort gab sich der Angeklagte als „geprüftes Laboratorium“ aus, welches im Bereich Krankheitsbekämpfung tätig sei und durch von der Pharmaindustrie unabhängige Studien alle positiven und negativen Wirkungen des MMS herausfinden werde. Auf der Website waren zudem Links eingerichtet , auf denen über die angeblich gesundheitsfördernde Wirkung der Präparate bei Krankheiten wie Diabetes, Asthma, Aids, Herpes und Tuberkulose berichtet wurde.
8
Der Angeklagte kannte bei seinen Vertriebshandlungen zwar die mögli- chen schädlichen Wirkungen der Präparate, ging aber „in der Gesamtabwägung von einer heilenden Wirkung“ aus.
9
Die Annahme einer solchen Wirkung entspricht nicht dem Stand der Wissenschaft. Zwar wirken beide Substanzen unspezifisch lokal keimtötend, eine spezifische Wirkung ist nicht plausibel zu begründen. Eine Generaldesinfektion des menschlichen Organismus ist aber weder möglich, noch sinnvoll, so dass die schädlichen Wirkungen durch keine zuträgliche Wirkung auf die Gesundheit relativiert werden, mithin in keinem sinnvollen Verhältnis zu der nicht nachgewiesenen Wirkung stehen. Gleichwohl kann ein gewisser Placebo-Effekt nicht ausgeschlossen werden. Keiner der Bezieher der Präparate klagte gegenüber dem Angeklagten über negative Folgen, manche tätigten erneute Bestellungen.
10
Die fehlende Eignung, der menschlichen Gesundheit zuträglich zu sein, hätte der Angeklagte erkennen können.
11
b) Für den Vertrieb ging der Angeklagte wie folgt vor: Zwischen September 2008 und dem 1. April 2011 bestellte er in 15 Tranchen über insgesamt 1.011 kg Natriumchlorit zum Gesamtpreis von 20.034 € und zudem Calciumhypochlorit bei demselben Lieferanten. Dabei versicherte er jeweils, die Chemikalien für die Desinfektion von Schwimmbädern verwenden zu wollen. Er bestätigte wahrheitswidrig zudem, die für die Weitergabe erforderliche Erlaubnis zum Inverkehrbringen nach der Chemikalienverordnung zu haben. Jeder Lieferung war ein Sicherheitsdatenblatt beigefügt, welches Hinweise auf die ätzende Wirkung enthielt und die Stoffe mit Gefahrenpiktogrammen als giftig,gesundheitsund umweltgefährdend kennzeichnete.
12
Da sein bisheriger Lieferant danach nicht mehr an ihn liefern wollte, musste er sich nach dem Erschöpfen seines Vorrats eine andere Bezugsquelle suchen. Ab Mitte April 2012 konnte er aus einer anderen Quelle Natriumchlorit beziehen. Hier tätigte er bis Januar 2013 vier Bestellungen über insgesamt 1.230 kg der Chemikalie für 5.356,20 €.
13
Für die Herstellung des Präparats MMS vermischte der Angeklagte das erworbene Natriumchlorit mit destilliertem Wasser und füllte die Lösung in 110 ml fassende, braune Glasfläschchen, das Etikett war u.a. mit der Aufschrift „zur Behandlung“ versehen. Das Präparat MMS2 vertrieb er als Granulat in Kapselform, welches er in weißen Dosen mit jeweils 75 Kapseln zu je 600 mg darreichte. Die Packungsbeilagen enthielten jeweils den Hinweis, dass die Präparate nur für die Desinfektion von Trinkwasser und nicht für die Behandlung von Krankheiten zugelassen seien. Enthalten waren zudem Anweisungen für die verdünnte Einnahme, wobei die Dosis bei Ausbleiben starker Reaktionen, wie Übelkeit und Durchfall, erhöht werden sollte. Für MMS2 wurde zudem auf eine besondere Dosierung bei akuten Krankheiten hingewiesen.
14
Allein zwischen Dezember 2008 und Mai 2012 wickelte der Angeklagte etwa 10.000 Einzelbestellungen ab, die er jeweils an die Kunden versandte. Die Kunden überwiesen das Geld auf ein im September 2008 eingerichtetes Konto des Angeklagten. Später verwendete der Angeklagte für Zahlungseingänge andere Kontoverbindungen.
15
Die mit den Präparaten und werbenden Nebenprodukten versandten Rechnungen wiesen jeweils Umsatzsteuer in Höhe von 19 % aus.
16
2. Tatsächlich führte der Angeklagte für die erzielten Umsätze weder Umsatzsteuer ab noch gab er eine Umsatzsteuererklärung ab. Durch das Inverkehrbringen der Präparate erzielte er im Jahr 2011 162.073 €, im Jahr 2012 83.899 € und im ersten Quartal 2013 24.234 €.
17
Auch die mit dem Onlinehandel verbundenen Gewinne der Jahre 2011 und 2012 erklärte der Angeklagte nicht. Betriebsausgaben hatte er in Höhe von jeweils 25 % der Nettoeinnahmen. Da er keine Einkommenssteuererklärungen abgab, ergingen im Sommer 2013 zu niedrige Schätzbescheide.
18
II. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht wie folgt gewürdigt und bewertet :
19
1. Es hat die Präparate MMS und MMS2 aufgrund des vom Angeklagten vermittelten Gesamtbildes für den durchschnittlichen Verbraucher als Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG eingeordnet und sie für bedenklich im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG erachtet. Jedoch konnte es sich nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte diese für ihn erkennbare Bedenklichkeit zumindest billigend in Kauf genommen hat, weswegen es ihn wegen fahrlässiger Begehung des Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel verurteilt hat. Es ist von zwei Taten ausgegangen, da es für die gesamten Bestellungen beim ersten Lieferanten von einer Bewertungseinheit ausgegangen ist, die erst durch das Aufbrauchen der Bestände abgeschlossen gewesen sei. Durch die Bestellung beim neuen Lieferanten sei eine neue Vorratsmenge angelegt worden , aus der dann weitere Verkäufe erfolgten. Es hat auf Einzelstrafen von zehn Monaten (Tat 1 – erste Bewertungseinheit) und sieben Monaten (Tat2 – zweite Bewertungseinheit) erkannt.
20
Für die Einziehungsentscheidung hat es die anhand von Erkenntnissen aus beschlagnahmten Buchhaltungsdateien ermittelten Umsätze in Höhe von 347.095,99 € zugrunde gelegt. Hiervon hat es Betriebsausgaben abgezogen, die es auf 25 % geschätzt hat und den so errechneten Betrag auf 200.000 € abgerundet, auch um höhere Aufwendungen bei Aufnahme der Vertriebstätigkeit zu erfassen.
21
2. Die Steuerverkürzungsbeträge hat das Landgericht ausgehend von den auf dem vom Angeklagten verwendeten Konto eingegangenen Beträgen, die sie ausschließlich dem Handel mit den Präparaten und werbenden Nebenprodukten zugeordnet hat, berechnet. Es hat unter maßgeblicher Berücksichti- gung der Höhe des Steuerschadens für die Hinterziehung der Einkommensteuer für 2011 (Tat 6) auf die Einsatzstrafe von einem Jahr und vier Monaten erkannt , für die übrigen Steuerdelikte hat es Freiheitsstrafen von neun Monaten (Tat 7 – Einkommensteuer 2012), einem Jahr (Tat 3 – Umsatzsteuer 2011), acht Monaten (Tat 4 – Umsatzsteuer 2012) und vier Monaten (Tat 5 – Umsatzsteuer erstes Quartal 2013) verhängt.
22
3. Sodann hat es 108 Einzelstrafen zwischen zwei und acht Monaten Freiheitsstrafe aus einer noch nicht vollstreckten Verurteilung aus dem Jahr 2016 nach der Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe einbezogen und auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten erkannt.

B.

Revision der Staatsanwaltschaft
23
Das auf die Verurteilung wegen der Arzneimitteldelikte beschränkte und vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel zeigt auf die sachlichrechtliche Überprüfung hin keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten auf.
24
I. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht sich nicht vom vorsätzlichen Handeln des Angeklagten überzeugen konnte. Die diesem Schluss zugrundeliegende Würdigung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
25
1. Die Überzeugung des Landgerichts davon, dass der Angeklagte entgegen dem Stand der Wissenschaft von einer heilenden Wirkung der Präparate MMS und MMS2 in der von ihm mit der Packungsbeilage empfohlenen Dosis in verdünnter Einnahmeform ausgegangen ist, ist nicht zu beanstanden.
26
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 2019 – 1 StR 604/17, juris Rn. 58 und vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15, juris Rn. 20). Dabei hat das Revisionsgericht die tatgerichtliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen , wenn eine andere Beurteilung nähergelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2017 – 4 StR 423/16, juris Rn. 8 und vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, juris Rn. 8). Die revisionsgerichtliche Prüfung erstreckt sich allein darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9 mwN).
27
b) Ein solcher Rechtsfehler liegt nicht vor. Die Schlussfolgerung, dass der Angeklagte von einer heilenden Wirkung der Präparate ausging, ist tragfähig belegt. Insbesondere hat sich das Landgericht bei der Würdigung des Vorstellungsbildes des Angeklagten mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt. So hat es auch die gegen eine heilende Wirkung sprechenden und dem Angeklagten bekannten Aspekte – die Hinweise des Lieferanten auf die Giftigkeit der Ausgangsstoffe, den stechenden Chlorgeruch der Präparate, der zu Beeinträchtigungen geführt habe, sowie die von ihm selbst in der Packungsbeilage aufgeführten möglichen Wirkungen wie Übelkeit und Erbrechen – in den Blick genommen. Dass es sich angesichts der Einnahme durch den Angeklagten selbst und seines verbesserten Befindens, was es durch den vom Sachverständigen für möglich erachteten Placebo-Effekt gestützt sah, den wiederholten Bestellungen einiger Verbraucher und dem Ausbleiben von negativen Rückmeldun- gen dennoch davon überzeugt hat, der Angeklagte habe diese schädlichen Wirkungen als „hinnehmbare Nebenwirkung“ für die von ihm angenommenen positiven Effekte – eine Abtötung krankheitsauslösender Keime im Körper – angesehen, ist ein möglicher Schluss und revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
28
2. Dass das Landgericht auf dieser Grundlage, nämlich dem Vertrauen auf eine heilende Wirkung, nicht von einem vorsätzlichen Handeln bei dem Inverkehrbringen ausgegangen ist, erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei.
29
a) Das Landgericht hat die Präparate MMS und MMS2 zutreffend als bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG eingeordnet. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (BGH, Urteil vom 19. September 2017 – 1 StR 72/17, juris Rn. 15; Hofmann in Kügel/Müller/Hofmann, Arzneimittelgesetz, 2. Aufl., § 5 Rn. 12, 27). Das Merkmal der Vertretbarkeit ist ein wertausfüllungsbedürftiger Begriff, der dahin auszulegen ist, dass darunter solche schädlichen Wirkungen fallen, denen ein überwiegender therapeutischer Nutzen gegenübersteht (BGH, Beschluss vom 11. August 1999 – 2 StR 44/99, juris Rn. 2 mwN). Dies setzt sowohl eine Bewertung der schädlichen Wirkungen als auch des therapeutischen Nutzens nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und eine Abwägung zwischen diesen beiden Elementen, mithin von Risiko und Nutzen voraus (BGH aaO; Hofmann aaO Rn. 28).
30
Sachverständig beraten hat das Landgericht solche schädigenden Wirkungen der Präparate festgestellt, angesichts eines fehlenden therapeutischen Nutzens waren diese auch nicht vertretbar.
31
b) Zu Recht hat das Landgericht die Vorsatzprüfung auf die beiden oben dargelegten Elemente der Bedenklichkeit bezogen. Denn diese ergibt sich nicht allein aus der Schädlichkeit der Wirkungen. Deswegen genügt – anders als vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vertreten – das Wissen um mögliche schädliche Wirkungen für sich genommen nicht, um das Wissenselement des Vorsatzes zu erfüllen. Um den sozialen Bedeutungsgehalt des Tatbestandsmerkmals der Bedenklichkeit zu erfassen, bedarf es vielmehr auch der Kenntnis der tatsächlichen Umstände, die für die Abwägung des Verhältnisses zwischen dem bekannten Risiko und dem Nutzen von Relevanz sind, mithin des therapeutischen Nutzens der Arzneimittel. Diese müsste der Angeklagte nach einer Parallelwertung in der Laiensphäre richtig in sein Vorstellungsbild aufgenommen haben, um einen Vorsatzschuldvorwurf zu begründen.
32
Auf der Grundlage der Feststellungen unterlag der Angeklagte allerdings einem Irrtum über den therapeutischen Nutzen der Präparate. Sein Irrtum bezog sich nicht auf eine rechtliche Wertung, wie sie in der Abwägung zwischen zutreffend erkanntem Risiko und Nutzen zu sehen ist. Vielmehr konnte er aufgrund einer Verkennung von tatsächlichen Umständen ein Merkmal des Tatbestands , nämlich das nicht vertretbare Maß der schädlichen Wirkungen, noch nicht einmal in seiner Laiensphäre inhaltlich zutreffend nachvollziehen. Ihm fehlte damit die vollständige Tatbestandskenntnis, er unterlag einem Tatbestandsirrtum (vgl. hierzu Raum in Kügel/Müller/Hofmann, aaO, vor § 95 Rn. 17 ff.; Radtke in Gedächtnisschrift für Joecks, 2018, S. 543, 549 mwN).
33
c) Aus den Feststellungen zu den dem Angeklagten bewussten möglichen schädlichen Wirkungen der Präparate – reizende bis ätzende Wirkung, Durchfall und Erbrechen – ergibt sich nicht, dass diese bei bestimmungsgemäßem Gebrauch (vgl. Raum, aaO, § 95 Rn. 15), also der empfohlenen Dosis derart zu gewichten wären, dass sie auch bei Annahme eines therapeutischen Nutzens, wie er vom Angeklagten irrtümlich angenommen wurde, außer Verhältnis gestanden hätten.
34
II. Auch die an die fahrlässige Begehung anknüpfende Einziehungsentscheidung hat Bestand.
35
Das Landgericht hat sich darauf gestützt, dass die Betriebsausgaben nicht willentlich und bewusst für Straftaten eingesetzt worden sind und deswegen nicht dem Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB unterfallen. Dies lässt sich mit dem Gesetzestext vereinbaren und entspricht der gesetzgeberischen Intention. Danach hat der Täter, der das Verbotene des Geschäfts fahrlässig verkennt, seine Aufwendungen nicht bewusst für eine Straftat getätigt, so dass sie für das Geschäft bei der Bestimmung des Erlangten zu berücksichtigen sind (BT-Drucks. 18/9525, S. 68, 69; vgl. hierzu auch Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73d Rn. 6; Hiéramente/Schwerdtfeger, BB 2018, 834, 838; Saliger, ZStW 2017, 995, 1013; Schilling/Corsten/Hübner, StraFo 2017, 305, 307).
36
Die Schätzung der Betriebsausgaben nach § 73d Abs. 2 StGB ist noch nachvollziehbar dargelegt und angesichts der Einkaufspreise für die Ausgangsstoffe und die zu veranschlagenden Versandkosten für die etwa 10.000 Bestellungen ebenfalls nicht zu beanstanden.

C.

Revision des Angeklagten
37
I. Die Verurteilung wegen fahrlässigen Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel weist auch keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
38
1. Die Verfahrensrüge erweist sich als unbegründet. Ein Verstoß gegen § 265 Abs. 1 StPO liegt nicht vor.
39
Denn in der Hauptverhandlung ist ein rechtlicher Hinweis an den Angeklagten ergangen, wonach auch eine Verurteilung wegen fahrlässigen Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel in Betracht kommt. Dabei ist auf die einschlägigen Vorschriften des § 95 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 AMG hingewiesen worden. Dies genügt, um den Angeklagten in den Stand zu setzen, seine Verteidigung darauf einzurichten (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Oktober 1962 – 5 StR 276/62, BGHSt 18, 56, 57).
40
Der Einwand des Revisionsführers, der Hinweis sei nicht ausreichend gewesen, da das Gericht nur die Rechtsansichten der Verteidigung referiert habe, ohne selbst zu erkennen zu geben, ob es diesen Ansichten möglicherweise folgen würde, erschließt sich angesichts des Wortlauts des Hinweises nicht. Dieser war mit „Rechtliche Hinweise an die Angeklagten“ betitelt und enthielt dementsprechend u.a. auch den Hinweis, „wäre hingegen den Ausführungen … zur subjektiven Tatseite des Angeklagten … zu folgen, käme dessen Verurteilung wegen fahrlässigen Inverkehrbringens in Betracht“. Dass dieser Hinweis mit der ablehnenden gerichtlichen Auseinandersetzung mit einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens verknüpft war, lässt die inhaltliche Eindeutigkeit , dass eine fahrlässige Begehung in Betracht komme, unberührt. Die tat- sächlichen Anknüpfungspunkte für einen solchen Vorwurf ergaben sich bereits aus der Anklage.
41
2. Auch auf die sachlich-rechtliche Überprüfung hin hat das Urteil Bestand. Die nur eingeschränkt der revisionsgerichtlichen Überprüfung zugängliche Beweiswürdigung weist keinen Rechtsfehler auf.
42
a) Die Überzeugung des Landgerichts von der Täterschaft des Angeklagten ist nachvollziehbar begründet und beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Sie stützt sich zum einen auf die Einlassung des Angeklagten, wonach er stets darauf hingewiesen habe, dass die Einnahme von MMS und MMS2 eigenverantwortlich geschehe, worin das Landgericht eine geständige Einlassung für den Vertrieb gesehen hat. Diese hat es vor allem durch das Auffinden der dem Vertrieb dienenden Gerätschaften unter seiner Wohnanschrift, der Inhaberschaft für das Konto, auf dem die Zahlungen für die Bestellungen eingegangen sind, den Bestellungen des Natriumchlorits unter seinem Namen und der Verwendung derjenigen Adresse als Scheinanschrift für die beiden für den Vertrieb genutzten Firmenbezeichnungen, die der Angeklagte auch für andere Angebote im Internet nutzte, erhärtet und ergänzt gesehen. Dass der Bruder des Angeklagten ebenfalls unter der Wohnanschrift lebte und die für den Vertrieb genutzte Website auf ihn angemeldet war, hat das Landgericht in den Blick genommen, diesen Umständen aber aufgrund einer Gesamtschau der für und gegen die Täterschaft sprechenden Aspekte kein maßgebliches, den Angeklagten entlastendes Gewicht beigemessen.
43
b) Die Beurteilung der Bedenklichkeit der Präparate hat das Landgericht am zutreffenden Maßstab ausgerichtet und sachverständig beraten plausibel begründet. Die Beanstandung der Revision, die vom Angeklagten mit der Packungsbeilage empfohlene Verdünnung durch Trinken von Wasser sei als be- stimmungsgemäßer Gebrauch nicht berücksichtigt worden, verkennt, dass das Landgericht dem Sachverständigen folgend festgestellt hat, dass ein Verdünnungseffekt auf die schädlichen Wirkungen keinen Einfluss habe. Denn der Versuch, den ph-Wert des Magens durch Trinken von Wasser zu senken, sei untauglich.
44
c) Die Schlussfolgerung des Landgerichts, der Angeklagte habe angesichts der Gesamtumstände des Ankaufs der Ausgangsstoffe und ihrer wahrnehmbaren reizenden Ausdünstung um die schädlichen Wirkungen gewusst, ist ebenfalls tragfähig. Es hat auch keinen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkt , der geeignet ist, das Beweisergebnis zu beeinflussen, unerörtert gelassen. Anders als die Revision meint, musste die empfohlene Verdünnung nicht als ein solcher relevanter Umstand berücksichtigt werden. Das Landgericht stellt insoweit darauf ab, dass der Angeklagte in den Packungsbeilagen selbst auf die Nebenwirkungen wie Durchfall und Erbrechen hingewiesen hat. Daraus ergibt sich, dass er trotz der empfohlenen Verdünnung um die Möglichkeit des Eintritts solcher Wirkungen wusste. Auf dieser Grundlage wird auch der Fahrlässigkeitsschuldvorwurf von den Feststellungen getragen.
45
d) Auch die Annahme von zwei Bewertungseinheiten und dementsprechend zwei Taten (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2018 – 3 StR 345/17, juris Rn. 17 ff.) begegnet wegen des deutlichen zeitlichen Abstands zwischen den Lieferungen auch mit Blick auf das Merkmal des Feilbietens im Sinne des § 95 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 17 AMG hier keinen Bedenken.

46
II. Die Verurteilung wegen der Steuerstraftaten hält revisionsgerichtlicher Überprüfung ebenfalls stand. Insbesondere hat das Landgericht angesichts des einfach und überschaubar gelagerten Sachverhalts den Steuerschaden noch hinreichend nachvollziehbar ermittelt. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift gilt hierzu Folgendes:
47
1. Zwar lässt die Berechnung der geschuldeten Einkommensteuer nicht die Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen. Der Senat kann aber hier ausschließen, dass sich bei vollständiger Darstellung ein geringerer Steuerschaden ergeben hätte. Für das Vorliegen von negativen Umsätzen oder Verlustvorträgen fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten.
48
2. Der Senat kann offen lassen, inwieweit die Voraussetzungen seiner geänderten Rechtsprechung vorliegen, wonach der Vorsteuervergütungsanspruch insoweit bereits beim Schuldumfang zu berücksichtigen ist, als ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsumsatz besteht (vgl. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 1 StR 642/17, BGHSt 63, 203 Rn. 16 ff.). Denn vorliegend ist auszuschließen, dass sich die nur auf Strafzumessungsebene erfolgte Berücksichtigung des wirtschaftlichen Schadens nachteilhaft für den Angeklagten ausgewirkt hat, da das Landgericht keine besonders schweren Fälle angenommen und die Höhe des tatsächlich geringeren Steuerschadens, den es sogar um 25 % gemindert hat, im Rahmen der Strafzumessung umfassend berücksichtigt hat.
49
3. Wie oben bereits dargelegt, ist die Schätzung der Betriebsausgaben in Höhe von 25 % zuzüglich der Abrundung nicht rechtsfehlerhaft.
50
4. Der von der Strafkammer selbst aufgezeigte Berechnungsfehler belastet den Angeklagten nicht. Raum Jäger Bellay Cirener Fischer

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Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 2 Arzneimittelbegriff


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Strafgesetzbuch - StGB | § 73d Bestimmung des Wertes des Erlangten; Schätzung


(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden is

Strafgesetzbuch - StGB | § 16 Irrtum über Tatumstände


(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt. (2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,2.entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 5 Verbot bedenklicher Arzneimittel


(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden. (2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht

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bei uns veröffentlicht am 19.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 72/17 vom 19. September 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Beihilfe zum vorsätzlichen unerlaubten Inverkehrbringen von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a. ECLI:DE:BGH:2017:1909

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Feb. 2017 - 4 StR 423/16

bei uns veröffentlicht am 02.02.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 423/16 vom 2. Februar 2017 in der Strafsache gegen wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2017:020217U4STR423.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in d

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2016 - 1 StR 94/16

bei uns veröffentlicht am 13.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 94/16 vom 13. Juli 2016 in der Strafsache gegen wegen schweren Bandendiebstahls ECLI:DE:BGH:2016:130716U1STR94.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Juli 201

Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2015 - 5 StR 521/14

bei uns veröffentlicht am 24.03.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR521/14 vom 24. März 2015 in der Strafsache gegen wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung u.a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. März 2015, an der t
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juli 2019 - 1 StR 107/18.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Nov. 2019 - 3 StR 233/19

bei uns veröffentlicht am 27.11.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 233/19 vom 27. November 2019 in der Strafsache gegen wegen Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport u.a. ECLI:DE:BGH:2019:271119U3STR233.19.0 Der 3. Strafsenat des Bundesg

Referenzen

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.

(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.

(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

58
Entgegen der Auffassung der Revision der Staatsanwaltschaft ist die Beweiswürdigung weder lückenhaft noch widersprüchlich. Die von der Strafkammer gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich, zwingend brauchen sie nicht zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15, juris Rn. 20). Es ist auch nicht geboten, für jede einzelne Feststellung einen Beleg in den Urteilsgründen zu erbringen; denn dies stellt sich letztlich als überflüssige Beweisdokumentation dar (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2017 – 3 StR 469/17, juris, mwN). Wie bereits bei der Verfahrensrüge betreffend die Rechnungen der R. GmbH dargelegt, ist auch die Beweiswürdi- gung hinsichtlich der bei den Prostitutionsreisen angefallenen Einnahmen und Ausgaben rechtsfehlerfrei.
20
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 199/15, juris Rn. 16 mwN). Daran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
8
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist das vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Dem Tatrichter obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Fe- bruar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die revisionsgerichtliche Prüfung erstreckt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16 mwN). Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Eine Beweiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, insofern nicht abgedruckt in BGHSt 52, 314). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 – 2 StR 150/08, insofern nicht abgedruckt in BGHSt 52, 314). Die Anforderungen an eine umfassende Würdigung der festgestellten Tatsachen sind bei einem Freispruch nicht geringer als im Fall der Verurteilung (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2009 – 1 StR 479/08, NStZ 2009, 512, 513). Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln können (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238, 239). Der Tatrichter darf zudem keine überspannten Anforderungen an die für die Beurteilung erforder- liche Gewissheit stellen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. Juli 2016 – 1 StR 607/15).
8
a) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist. Der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 mwN). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN).
9
a) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 Rn. 5 [in NStZ-RR 2014, 349 nur redaktioneller Leitsatz] und vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Der Beur- teilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfeh- ler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 mwN und vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15, Rn. 18; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 und vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 569/15 Rn. 26; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN). Die Überzeugung des Tatgerichts muss in den Feststellungen und der diesen zugrunde liegenden Beweiswürdigung allerdings eine ausreichende objektive Grundlage finden (BGH, Urteil vom 19. April 2016 – 5 StR 594/15 Rn. 6; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. August 2013 – 1 StR 378/13, NStZ-RR 2013, 387, 388). Es ist im Fall einer Verurteilung des Angeklagten grundsätzlich verpflichtet, die für den Schuldspruch wesentlichen Beweismittel im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01 und vom 25. Februar 2015 – 4 St4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]).

(1) Es ist verboten, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder bei einem anderen Menschen anzuwenden.

(2) Bedenklich sind Arzneimittel, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

15
Bei den vom Haupttäter vertriebenen anabolen Steroiden handelt es sich sämtlich um bedenkliche Arzneimittel im Sinne des § 5 Abs. 2 AMG. Danach sind Arzneimittel bedenklich, bei denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis der begründete Verdacht besteht, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen haben, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen.

(1) Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen. Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt.

(2) Umfang und Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können geschätzt werden.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

17
2. Jedoch weist der Schuldspruch einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Landgericht hat nicht in Bedacht genommen, dass die jeweils tatgegenständlichen Handlungen in den Fällen II.2. bis II.4. der Urteilsgründe eine rechtliche Bewertungseinheit bilden könnten.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 5 Absatz 1 ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei anderen anwendet,
2.
entgegen § 6 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 2, jeweils auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 6 Absatz 3, ein Arzneimittel in den Verkehr bringt oder bei einem anderen Menschen anwendet,
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
entgegen § 7 Abs. 1 radioaktive Arzneimittel oder Arzneimittel, bei deren Herstellung ionisierende Strahlen verwendet worden sind, in den Verkehr bringt,
3a.
entgegen § 8 Abs. 1 Nr. 1 oder Absatz 2, auch in Verbindung mit § 73 Abs. 4 oder § 73a, Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt, in den Verkehr bringt oder sonst mit ihnen Handel treibt,
4.
entgegen § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 oder 3 mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, Handel treibt oder diese Arzneimittel abgibt,
5.
Arzneimittel, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, entgegen § 47 Abs. 1 an andere als dort bezeichnete Personen oder Stellen abgibt oder entgegen § 47 Abs. 2 Satz 1 bezieht oder
5a.
entgegen § 47a Abs. 1 ein dort bezeichnetes Arzneimittel an andere als die dort bezeichneten Einrichtungen abgibt oder in den Verkehr bringt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen
a)
die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen gefährdet,
b)
einen anderen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit aussetzt oder
c)
aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen Vermögensvorteile großen Ausmaßes erlangt oder
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3a gefälschte Arzneimittel oder Wirkstoffe herstellt oder in den Verkehr bringt und dabei gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.

(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.

(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.

(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).

(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.

(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.

(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.

(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.

(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.

(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.

(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.

(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.

(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.

(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.

(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.

(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.

(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.

(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.

(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.

(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.

(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.

(35) (weggefallen)

(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.

(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.

(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.

(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.

(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über

1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile,
2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder
3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.

(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.

(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.

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Demnach sind dem Täter nur derartige Steuervorteile anzurechnen, die sich aus der unrichtigen Erklärung selbst ergeben oder die – im Falle des Unterlassens – ihm bei richtigen Angaben zugestanden hätten (BGH, Urteil vom 31. Januar 1978 – 5 StR 458/77 Rn. 6, StRK AO 1977 § 370 R.2; Schott in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 245). Dies gilt jedenfalls, wenn diese mit den verschleierten steuererhöhenden Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und dem Täter ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden hätten (BGH, Beschlüsse vom 13. September 2010 – 1 StR 220/09, wistra 2010, 484, 493 Rn. 75 und vom 17. April 2008 – 5 StR 547/07 Rn. 23, wistra 2008, 310, 312; Bülte, NZWiSt 2016, 1, 7).