Bundesgerichtshof Urteil, 23. Okt. 2018 - 1 StR 454/17

bei uns veröffentlicht am23.10.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 454/17
vom
23. Oktober 2018
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Die steuerrechtliche Erklärungspflicht ist ein besonderes persönliches Merkmal bei
einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2018 - 1 StR 454/17 - LG Hof
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
hier: Revision des Angeklagten Y.
ECLI:DE:BGH:2018:231018U1STR454.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 23. Oktober 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Fischer, Dr. Hohoff,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich - in der Verhandlung -, Rechtsanwältin - in der Verhandlung - als Verteidigerin,
Herr - in der Verhandlung - als Dolmetscher für die türkische Sprache,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 2. Mai 2017 – unter Erstreckung auf den Mitangeklagten E. gemäß § 357 StPO – im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zu 2.220 Fällen der Steuerhinterziehung und den nicht revidierenden Mitangeklagten E. wegen Beihilfe zu 861 Fällen der Steuerhinterziehung verurteilt. Den Angeklagten hat es deswegen mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten belegt. Gegen den Mitangeklagten hat es eine solche von zwei Jahren und sieben Monaten verhängt.
2
Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützten der Angeklagte und der nicht revidierende Mitangeklagte E. in dem Zeitraum von Oktober 2014 bis November 2015 eine international agierende Tätergruppe, die spätestens ab dem Jahr 2012 unter Hinterziehung der Biersteuer Bier nach Großbritannien lieferte, um es auf dem dortigen Markt gewinnbringend in den freien Verkehr zu bringen.
4
Sämtliche Bierlieferungen waren von der S B.V. (im Folgenden: S) mit Sitz in den Niederlanden veranlasst. Der gesondert Verfolgte H. als Verantwortlicher der S bezog das Bier aus Restposten und Überschussware von Großhändlern oder direkt von den Verkaufsstellen großer Brauereien. Um seine Verbringung nach Großbritannien zu verschleiern, wurde den Steuerbehörden vorgetäuscht, das Bier werde von der in C. in Frankreich ansässigen Firma O. T. (im Folgenden: O. ) zur M. AG (im Folgenden: M. ) nach Deutschland geliefert. Tatsächlich wurde es von einem Steuerlager in Frankreich nach Großbritannien transportiert, um es dort auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen. Für die angeblichen Bierlieferungen nach Deutschland eröffnete der Verantwortliche der O. , P. , im Verfahren der Steueraussetzung über das EDV-gestützte EMCS-Verfahren (Excercise and Movement Control System) elektronische Verwaltungsdokumente (im Folgenden: e-VD), die – wie allen Beteiligten am Bierschmuggel bewusst war – inhaltlich falsch waren, da es nie zur Abfahrt eines Lkw nach Deutschland kam.
5
Die M. mit Sitz in F. war als registrierter Empfänger gemäß § 6 BierStG berechtigt, Bier unter Steueraussetzung aus Steuerlagern im Bereich der EU zu empfangen. Dabei war die behördliche Erlaubnis auf Bier beschränkt, welches tatsächlich körperlich in die Betriebsstätte in F. aufgenommen wurde.
6
Um den behördlichen Vorgaben zu genügen, wurde als unselbständige Zweigstelle der S ein Getränkelager im Ortsteil Mi. in A. eröffnet. Wurde im Steuerlager in Frankreich ein e-VD für eine Bierlieferung an die M. eröffnet, wurde dies dem Getränkelager per E-Mail mitgeteilt. Gemäß der vorgeblichen Lieferung beladen, fuhr anschließend ein Lkw von Mi. zur M. und kehrte nach seiner Kontrolle und steuerlichen Abwicklung, insbesondere der Schließung des e-VD und der Entrichtung der angefallenen deutschen Biersteuer, in das Getränkelager zurück, wo er für weitere Fahrten zur Verfügung stand.
7
Für den fiktiven Verbleib des Bieres in Deutschland wurde eine „Papierspur“ ausgelegt. Danach wurde das Bier angeblich an verschiedene ausländi- sche Abnehmer veräußert und an deren deutsche Lieferadressen verbracht. Bei diesen Firmen handelte es sich um Briefkasten- und Strohfirmen, diedem H. zuzurechnen waren.
8
Die französischen Steuerbehörden wurden nicht darüber unterrichtet, dass kein Warenabgang Richtung Deutschland stattgefunden hatte und das Bier tatsächlich nach Großbritannien versandt worden war. Die in dieser Vorgehensweise liegende Unregelmäßigkeit im Verfahren der Lieferung unter Steueraussetzung führte (auch) in Frankreich zur Entstehung eines Biersteueranspruchs. Dieser betrug im Tatzeitraum 21.471.849,85 €.
9
Die Tatbeiträge des Angeklagten stellten sich wie folgt dar:
10
Der Angeklagte arbeitete in dem Getränkelager in Mi. als Verantwortlicher der Lagerhalle und Vorgesetzter der Lagerarbeiter. Sein Vorgesetzter war der anderweitig Verurteilte Ak. , für den er gelegentlich dolmetschte und den er in dessen Abwesenheit vertrat. Anhand der in die Lagerhalle ge- reichten Lieferscheine entschied er, welcher Fahrer mit welchem Lkw die „Bierfahrt“ antreten sollte. Erhalf, die Lkw mit der „Klonware“ zu be- und entladen, versah die Rückseite der abfahrenden Auflieger mit Magnettafeln, auf denen die Containernummern zur Zuordnung der Lieferung zu einem geöffneten e-VD aufgebracht waren und händigte den Fahrern die Lieferpapiere aus, die er zuvor von Ak. erhalten hatte. Der Angeklagte nahm außerdem Problemmeldungen der Fahrer entgegen, leitete diese an H. weiter und gab Reparaturen für das Lager bzw. die im Kreiselverkehr eingesetzten Lkw in Auftrag.

II.

11
Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
12
Der Strafausspruch hält materiell-rechtlicher Nachprüfung indes nicht stand. Zwar greift die Beanstandung der Revision nicht durch, das Landgericht habe verkannt, dass das Strafmaß bei der Aburteilung mehrerer Beteiligter an derselben Tat – unter Berücksichtigung der individuellen Zumessungstatsachen – in einem sachgerechten nachprüfbaren Verhältnis zur Strafe der anderen Beteiligten stehen müsse. Die Strafkammer hat allerdings die Strafe für den Angeklagten dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO entnommen, ohne die weitere in § 28 Abs. 1 StGB zwingend vorgesehene Strafrahmenverschiebung in Betracht zu ziehen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
13
1. Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Die Strafkammer hat wegen des Vorliegens einer Beihilfe zu 2.220 Fällen der Steuerhinterziehung, die bandenmäßig im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO begangen wurden und die zu einer Steuerverkürzung großen Ausmaßes führten (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 1. Var. AO), der Strafzumessung den Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) zugrunde gelegt. Sie hat dies damit begründet, dass ihrer Auffassung nach bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und auch unter Berücksichtigung des Charakters seiner Tat als Beihilfetat diese in ihrem Unrechts- und Schuldgehalt nicht derart vom Normalfall der Regelbeispiele abweiche , dass die Anwendung des erhöhten Strafrahmens unangemessen wäre. Dabei hat die Strafkammer für die Bewertung der Tat des Angeklagten und den zugrunde zu legenden Strafrahmen im Rahmen einer umfassenden, auch die Position des Angeklagten in der Hierarchie des „Systems Bierschmuggel“ be- rücksichtigenden Gesamtwürdigung der Strafzumessungsgesichtspunkte entscheidend berücksichtigt, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt. Dies ist im Ansatz aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 6. September 2016 – 1 StR 575/15, NStZ 2017, 356, 358 mwN; Beschluss vom 31. Juli 2012 – 5 StR 188/12, NStZ-RR 2012, 342, 343).
14
2. Gemäß § 28 Abs. 1 StGB ist indes die Strafe nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, wenn bei dem Teilnehmer besondere persönliche Merkmale fehlen, welche die Strafbarkeit des Täters begründen. Die Pflichtwidrigkeit im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO ist – insoweit ändert der Senat seine Rechtsprechung – ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB.
15
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird zwischen täterbezogenen persönlichen Merkmalen, die als besondere persönliche Merkmale im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB behandelt werden, und tatbezogenen persönlichen Merkmalen, auf welche die Vorschrift keine Anwendung findet, unterschieden (vgl. BGH, Urteile vom 29. September 1993 – 2 StR 336/93, BGHSt 39, 326, 327 f. und vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 f. mwN).
16
Die Abgrenzung hängt davon ab, ob das betreffende Merkmal im Schwergewicht die Tat oder die Persönlichkeit des Täters kennzeichnet (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 29. September 1993 – 2 StR 336/93, BGHSt 39, 326, 328 und vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 f. mwN; Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 117 f.). Umstände , die eine besondere Gefährlichkeit des Täterverhaltens anzeigen oder die Ausführungsart des Delikts beschreiben, sind in der Regel tatbezogen (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2 mwN). Subjektive Umstände, wie die Absicht bei § 242 StGB, können tatbezogen sein, wenn sie das Bild der Tat prägen (BGH, Urteil vom 20. Mai 1969 – 5 StR 658/68, BGHSt 22, 375, 380; Beschluss vom 14. Juli 2010 – 2 StR 104/10, BGHSt 55, 229, 232). Objektive Umstände, wie die Vermö- gensbetreuungspflicht in § 266 StGB (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 4 StR 476/14, wistra 2015, 146 mwN; vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316, 317 und vom 26. November 2008 – 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102), die Arbeitgebereigenschaft bei § 266a StGB (BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16, NStZ 2018, 221, 222; vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, wistra 2011, 344, 346 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155) sowie die für die täterschaftliche Begehung des § 283 StGB erforderliche Pflichtenstellung als Schuldner (BGH, Beschlüsse vom 21. März 2018 – 1 StR 423/17, wistra 2018, 437, 438 und vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 118), können täterbezogen sein, wenn sie eine besondere Pflichtenstellung höchstpersönlicher Art umschreiben. Die Einordnung erfolgt unter Beachtung der Schutzrichtung des jeweiligen Straftatbestandes (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 5 mwN).
17
Im Bereich der durch Pflichten gekennzeichneten Merkmale ist für die Abgrenzung letztlich maßgeblich, welche Art von Pflicht das Merkmal umschreibt (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4 f.). Umschreibt es eine vorstrafrechtliche Sonderpflicht, wird eher die Persönlichkeit des Täters gekennzeichnet, ist das Merkmal täterbezogen. Handelt es sich dagegen um ein strafrechtliches, an Jedermann gerichtetes Gebot, wird eher die Tat gekennzeichnet, ist das Merkmal tatbezogen (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4 f. mwN; Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 117 f.).
18
b) An diesen Grundsätzen hält der Senat fest. Für die von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in Bezug genommene Pflichtenlage legt der Senat diese allerdings – entgegenseiner bisherigen und von dem Landgericht aus dessen Sicht zutreffend angewendeten Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR491/94, BGHSt 41, 1; bestätigt durch Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155; vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 231; Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16, NStZ 2018, 221, 223) – dahingehend aus, dass für das auf eine außerstraf- rechtliche Pflicht rekurrierende Straftatmerkmal der „Pflichtwidrigkeit“ maßgeb- lich ist, dass es im Einzelfall eine besondere Pflichtenstellung des Täters beschreibt und damit ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB darstellt.
19
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter – auch Mittäter – einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 227 mwN; Beschlüsse vom 23. August 2017 – 1 StR 33/17, NStZ-RR 2018, 16, 18 und vom 14. April 2010 – 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2013 – 1 StR 586/12, BGHSt 58, 218, 227; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuer- strafrecht, 8. Aufl., § 370 Rn. 236 ff.). Den Verpflichteten trifft damit – ungeachtetdessen, dass die steuerrechtlichen Erklärungsvorschriften potentiell viele treffen können – im konkreten Fall jedenfalls eine Sonderpflicht, die – ebenso wie die Pflichtenstellung eines Schuldners in § 283 StGB – höchst- persönlicher Art ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 117 f.). Denn das tatbestandliche Unrecht der verwirklichten Tat ergibt sich im Vergleich zu anderen Straftatbeteiligten aus der im Rahmen von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erforderlichen Erklärungspflicht, die die besondere soziale Rolle des Täters in Bezug auf die von der Vorschrift geschützten Rechtsgüter kennzeichnet (vgl. entsprechende Ansätze zur Manifestation der höchstpersönlichen Pflichtenbindung bei Vogler, Lange-FS 1976, S. 265 ff.: als Kehrseite aus der Verletzung von Vertrauen, das in die Erfüllung einer beson- deren sozialen Rolle gesetzt wird; bei Hake, JR 1996, 162: aus einer erhöhten Verantwortung des Täters und bei Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB, 30. Aufl., § 28 Rn. 17: aus einer persönlichen Inpflichtnahme im Einzelfall).
20
Für den Teilnehmer, der betreffend den jeweiligen Steuervorgang kein Adressat der besonderen Pflichten ist und der sich damit in keiner Vertrauensposition mit Bezug zu strafrechtlich geschützten Rechtsgütern befindet, legt dies die Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB nahe (vgl. Jäger in Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 61d; Radtke, JuS 2018, 641, 646 mit Verweis auf die von Roxin entwickelten Leitlinien der Interpretation von § 28 StGB; ebenso NK-StGB-Puppe, 5. Aufl., § 28 Rn. 69; MüKoStGB/Schmitz/Wulf, 2. Aufl., § 370 AO Rn. 417; Hellmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 250. Lieferung, § 370 Rn. 109; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 369 Rn. 84; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 62. Lieferung, § 370 AO Rn. 125; Grunst, NStZ 1998, 548; Reichling/Lange, NStZ 2014, 311; Wulf, Handeln und Unterlassen im Steuerstrafrecht, 2001, S. 233 ff.; a.A. Ranft, JZ 1995, 1186; Hake, JR 1996, 162; Cramer, WiB 1995, 525; LK/Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 28 Rn. 5 ff.; Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, 154. Lieferung, § 370 AO Rn. 181; Rolletschke in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 370 AO Rn. 54; Tipke/Lang/Seer, Steuerrecht, 23. Aufl., § 23 Rn. 26).
21
c) Bei einem Gehilfen, der im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst zur Aufklärung der Finanzbehörde verpflichtet ist – wovon das Landgericht hier offensichtlich ausgegangen ist –, ist schon bei der Prüfung, ob ein besonders schwerer Fall i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 1 AO gegeben ist, der vertypte Milderungsgrund des § 28 Abs. 1 StGB alleine oder im Zusammenhang mit dem des § 27 StGB in den Blick zu nehmen. Verbraucht der Tatrichter den oder die Milderungsgründe der §§ 27, 28 StGB nicht durch das Absehen vom Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 2 StPO, ist eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu gewähren , es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen Fehlens der Erklärungspflicht Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 310/16, NStZ 2018, 221, 222 mwN; vom 27. Januar 2015 – 4 StR 476/14, wistra 2015, 146 mwN; vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 118 mwN und vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 309/11, NStZ 2012, 630). Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Urteilsausführungen belegen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Dann aber hätte es eine weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB beachten müssen. Auf diesem Rechtsfehler beruht der Strafausspruch.
22
3. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken, denn die Zumessung der gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten beruht auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel.
23
4. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es im Hinblick auf den bloßen Rechtsanwendungsfehler nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird jedoch Gelegenheit haben, ergänzende Feststellungen zu treffen, insbesondere dazu, ob der Angeklagte, der, wie die Kammer festgestellt hat, gemäß Art. 8 Abs. 1 lit. a Ziffer ii der Richtlinie 2008/118/EG vom 16. Dezember 2008 für die von der O. hinterzogene Biersteuer vom französischen Fiskus in Anspruch genommen werden kann, im Rahmen der Erhebung bzw. Einziehung der (ursprünglich) entstandenen Biersteuer selbst verpflichtet war, eine Steuererklärung abzugeben. Auch dabei wird die neue Kammer das französische Recht in den Blick zu nehmen haben.
Raum Jäger Cirener Fischer Hohoff

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Sept. 2016 - 1 StR 575/15

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Referenzen

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Registrierte Empfänger sind Personen, die Bier unter Steueraussetzung

1.
nicht nur gelegentlich oder
2.
im Einzelfall
in ihren Betrieben zu gewerblichen Zwecken empfangen dürfen, wenn das Bier aus einem Steuerlager in einem anderen Mitgliedstaat oder von einem Ort der Einfuhr in einem anderen Mitgliedstaat versandt wurde. Der Empfang durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts steht dem Empfang zu gewerblichen Zwecken gleich.

(2) Registrierte Empfänger bedürfen einer Erlaubnis. Sie wird auf Antrag unter Widerrufsvorbehalt Personen erteilt, gegen deren steuerliche Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und die – soweit sie nach dem Handelsgesetzbuch oder der Abgabenordnung dazu verpflichtet sind – ordnungsmäßig kaufmännische Bücher führen und rechtzeitig Jahresabschlüsse aufstellen. In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 ist die Erlaubnis davon abhängig, dass Sicherheit in Höhe der während eines Monats entstehenden Steuer geleistet worden ist. In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist die Erlaubnis von einer Sicherheit in Höhe der im Einzelfall entstehenden Steuer abhängig sowie auf eine bestimmte Menge, einen einzigen Versender und einen bestimmten Zeitraum zu beschränken. Die Voraussetzungen der Sätze 2, 3 und 4 erster Halbsatz gelten nicht für die Erlaubnis, die einer Einrichtung des öffentlichen Rechts erteilt wird.

(3) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn eine der in Absatz 2 Satz 2 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt ist oder eine geleistete Sicherheit nicht mehr ausreicht.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 575/15
vom
6. September 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung
ECLI:DE:BGH:2016:060916U1STR575.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom 29. Juni 2016 in der Sitzung am 6. September 2016, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Radtke, und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Fischer,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte persönlich - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -, Rechtsanwältin - in der Verhandlung vom 29. Juni 2016 -, Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11. Februar 2015 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorgenannte Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebungen zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen die Annahme eines zu geringen Schuldumfangs und beanstandet die Strafzumessung.
3
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg, das Rechtsmittel des Angeklagten lediglich im Hinblick auf den Strafausspruch; im Übrigen ist es unbegründet.

I.

4
Nach den Feststellungen des Landgerichts war Dr. G. als Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der Bayerischen Landesbank an der Formel-1-Gesellschaft S. Investment Ltd. betraut. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung vereinbarte Dr. G. mit dem damaligen Geschäftsführer der operativen Formel-1-Gesellschaften E. eine Zahlung von insgesamt knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn persönlich, die als Beratungsleistungen getarnt werden sollten. Um den Zufluss der Gelder an ihn zu verschleiern, veranlasste Dr. G. den Geschäftsführer E. zum Abschluss einer als „Advisory Agreement 2006“ bezeichneten Vereinbarung, die den Anschein erwecken sollte, die Zahlung sei ein Entgelt der F. Holding Ltd. mit Sitz auf M. für (tatsächlich nie erfolgte) Beratungsleistungen der von Dr. G. gehaltenen G. GmbH. Das Geld sollte über die ausschließlich zu diesem Zweck gegründete und keine Geschäftstätigkeit ausübende G. GmbH mit Sitz in Ö. vereinnahmt werden. Zwischen dem 26. Juli 2006 und dem 25. September 2006 gingen insgesamt 21.199.902 US-Dollar auf dem Konto der G. GmbH in Ö. ein und lösten eine Verdachtsanzeige wegen Geldwäsche gegen den Geschäftsführer der G. GmbH aus. Dr. G. beauftragte den Angeklagten, der als Rechtsanwalt und Steuerberater tätig war, mit der Vorbereitung der Errichtung einer „Stiftungskonstruktion“ in Ö. zur Ver- waltung seines Privatvermögens. In diese private Stiftung sollten die Zahlungen des E. eingebracht werden. Der Angeklagte wusste, dass Dr. G. hiervon bereits 21 Millionen € über das Geschäftskonto derG. GmbH vereinnahmt hatte. Der Angeklagte übernahm zum 23. März 2007 die alleinige Geschäftsführung der G. GmbH und stellte der Gesellschaft die Geschäftsadresse der Kanzlei zur Verfügung. Ihm war klar, dass die G. GmbH, außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte. Am 3. Mai 2007 gründete Dr. G. als Stifter die vom Angeklagten vorbereitete Privatstiftung. Der Angeklagte übernahm die alleinige Geschäftsführung der neu gegründeten GR. GmbH, die an der Kanzleiadresse ihren Sitz hatte, und eröffnete ein Geschäftskonto in W. . Die Gründung der GR. GmbH war nach dem gemeinsamen Verständnis des Angeklagten und Dr. G. notwendig geworden, da wegen der Geldwäscheverdachtsanzeige die noch ausstehenden Zahlungen aus der Vereinbarung zwischen Dr. G. und E. nicht mehr über die G. GmbH vereinnahmt werden sollten. Der Angeklagte wusste, dass auch die GR. GmbH lediglich Zahlstelle für die noch ausstehenden Beträge sein sollte.
5
Der Angeklagte entwickelte, um deutsche Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf Konten der G. GmbH liegenden 21.199.902 USDollar in die Privatstiftung des Dr. G. zu vermeiden, eine Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH, die er am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete. Gegenstand der Vereinbarung war die Übereinkunft, die G. GmbH habe die im Jahr 2006 erhaltenen Zahlungen von Beginn an treuhänderisch für die GR. GmbH als Vorgründungsgesellschaft gehalten. Dies entsprach, wie der Angeklagte wusste, nicht den Tatsachen, da die bei der G. GmbH eingegangenen Gelder Dr. G. persönlich zustanden und die Gründung der GR. GmbH bei Eingang der Zahlungen 2006 noch nicht geplant war.
6
Zur Tarnung eines weiteren Zahlungseingangs vor den deutschen Steuerbehörden veranlasste Dr. G. im Sommer 2007 den Abschluss einer weiteren Vereinbarung, dem „Advisory Agreement 2007“, nunmehr zwischen der GR. GmbH und einer von E. benannten Gesellschaft, der L. Invest Ltd., mit Sitz auf den B. . Auch diese Vereinbarung sollte den falschen Anschein erwecken, die dort genannten Zahlungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen US-Dollar seien ein Entgelt für Beratungsleistungen der GR. GmbH gegenüber der auf den B. ansässigen Gesellschaft. Als der Angeklagte als Geschäftsführer der GR. GmbH die Vereinbarung unterzeichnete , wusste er, dass diese – wie auch schon das „Advisory Agreement 2006“ – nur zum Schein abgeschlossen wurde, dass die GR. GmbH – ebenso wie zuvor die G. GmbH – lediglich eine Zahlungsstelle der tatsächlich für Dr. G. bestimmten Zahlungen war und dass er Dr. G. durch den Abschluss des „Advisory Agreement 2007“ und die eingeräumte Kontovollmacht auf dem Geschäftskonto der GR. GmbH den unmittelbaren Zugriff auf die Zahlungen des E. ermöglichen würde. Die eingegangenen 22.770.870 US-Dollar gab der Angeklagte als Geschäftsführer der GR. GmbH gegenüber den österreichi- schen Steuerbehörden als Betriebseinnahmen der Gesellschaft im Jahr 2007 an, um den Schein einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit der GR. GmbH aufrechtzuerhalten. Hierbei rechnete er damit, dass Dr. G. den Betrag nicht als eigenes Einkommen gegenüber den deutschen Steuerbehörden angeben würde. Wie von Anfang an beabsichtigt, verschwieg Dr. G. bei der im Jahr 2009 abgegebenen Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 die im Jahr 2007 zugeflossenen 22.770.870 US-Dollar. Hierdurch verkürzte er Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2007 in Höhe von 7.148.664 € nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €.

II.

7
Feststellungen zu einer Verkürzung der Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 hat die Strafkammer nicht getroffen. Sie konnte sich im Rahmen ihrer Beweiswürdigung keine Überzeugung davon bilden, dass der Angeklagte seine Tätigkeiten auch hinsichtlich der von Dr. G. für den Veranlagungszeitraum 2006 hinterzogenen Einkommensteuer vorsätzlich, d.h. mit dem Ziel, den Zufluss des Geldes an Dr. G. zu verschleiern, entfaltet hatte.
8
Die Strafkammer hat insoweit ausgeführt, der Angeklagte habe mit der Unterzeichnung der Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH am 3. Mai 2007 die beim Transferieren der Vermögenswerte in die Privatstiftung anfallende deutsche Schenkungsteuer vermeiden, nicht aber zusätzlich den bereits 2006 erfolgten Zufluss an Dr. G. verschleiern wollen; denn bei Beginn seines Mandats für den Geschäftsführer der G. GmbH im Rahmen des Geldwäscheverdachtsverfahrens Ende2006 und für Dr. G. im Februar 2007 sei die erste Tranche der von E. zugesagten Gelder durch Dr. G. bereits über die G. GmbH vereinnahmt gewesen.

III.

9
Die Revision des Angeklagten ist, soweit sie den Schuldspruch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 angreift, unbegründet, soweit sie den Strafausspruch beanstandet, begründet.
10
1. Die Verfahrensrügen bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen erfolglos.
11
2. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist hinsichtlich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Veranlagungszeitraum 2007 frei von Rechtsfehlern; die Urteilsfeststellungen tragen auch die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt.
12
a) Die Beanstandung der Revision, das Landgericht habe die auf dem Geschäftskonto der GR. GmbH eingegangene Zahlung von 22.770.870 USDollar fälschlich als sonstige Einkünfte des Dr. G. gemäß § 22 Nr. 3 EStG be- handelt, anstatt als solche des Dr. G. aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 EStG), trägt nicht.
13
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes oder einer anderen selbständigen Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und der nicht steuerbaren Sphäre ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 3. Juli 1995 – GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617; vom 10. Dezember 2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291).
14
aa) Die 22.770.870 US-Dollar waren nach den Feststellungen des Landgerichts keine Einkünfte der GR. GmbH aus Gewerbebetrieb; denn die GR. GmbH war nicht beratend und auch sonst nicht gewerblich tätig. Sie war nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel der tatsächlich für Dr. G. höchstpersönlich bestimmten Zahlungen“ (UA S. 7, 9). Es sollte lediglich der Schein einer beratend tätigen Gesellschaft erzeugt werden, was die Deklaration der Zahlungen als Betriebseinnahmen der GR. GmbH erforderte und die Veranlagung der GR. GmbH zur österreichischen Körperschaftsteuer sowie das Abführen der Steuer durch die Gesellschaft auslöste.
15
bb) Die Gespräche des Dr. G. mit E., die Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften, die Abwicklung der Zahlungsvorgänge und schließlich der Zufluss der 22.770.870 US-Dollar, erfüllen – anders als die Revision meint – die Merkmale der Gewerblichkeit in der Person des Dr. G. nicht. Zwar steht dem Merkmal einer selbständigen Betätigung nicht entgegen,dass Dr. G. Vorstandsmitglied der Bayerischen Landesbank und in dieser Funktion mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes betraut war, denn er handelte bei Veranlassung der Gründung verschiedener Gesellschaften und der Abwicklung der Zahlungsvorgänge nicht aufgrund arbeitsrechtlicher Weisung und nicht in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag, sondern aus eigenem Antrieb und außerhalb der zwischen ihm und der Landesbank bestehenden Rechtsbeziehung, also selbständig. Es fehlt jedoch an einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen durch Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, da etwaig entfaltete Aktivitäten nur einem einzigen Ziel in einem überschaubaren Zeitraum dienten, nämlich den Zufluss der vereinnahmten 44 Millionen US-Dollar durch Veranlassung des Aufbaus und der Durchführung der Scheinkonstruktion zu verschleiern.
16
b) Soweit die Revision beanstandet, das Urteil lasse die Darstellung ei- nes „Veranlassungszusammenhangs“, also eines nicht nur zeitlichen, sondern auch inhaltlichen Zusammenhangs zwischen der Zahlung an Dr. G. und dessen Verhalten bei der Veräußerung der Anteile der Bayerischen Landesbank an der Formel-1-Gesellschaft vermissen, trifft dies nicht zu. Die Urteilsgründe machen in ihrem Gesamtzusammenhang noch hinreichend deutlich, dass die Zahlungen für eine Leistung des Dr. G. im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG erfolgt sind. Eine solche Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vorgangs sein kann und eine Gegenleistung auslöst (vgl. z.B. Urteile vom 25. Februar 2009 – IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253, unter II.2., und vom 28. November 2007 – IX R 39/06, BFHE 220, 67, BStBl II 2008, 469, unter II.1., jeweils mwN).
17
Das Landgericht hat deutlich hervorgehoben, dass die Zahlungen nicht für Beratungsleistungen erfolgten, sondern die Advisory Agreements nur diesen falschen Schein erwecken sollten, dass Dr. G. im April/Mai 2005 mit der Veräußerung des Anteilsbesitzes der Bayerischen Landesbank an der Formel-1- Gesellschaft betraut war und „im zeitlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung“ mit E. eine Zahlung von knapp 44 Millionen US-Dollar an ihn per- sönlich vereinbart hat (UA 5). In seiner Einvernahme als Zeuge hat Dr. G., wie das Landgericht dargelegt hat, bestätigt, dass diese Zahlung an ihn persönlich im Zusammenhang mit dem Verkauf der Formel-1-Anteile stand, auch wenn er den genauen Grund der Zahlung nicht erläutert hat (UA 12). In der rechtlichen Würdigung wird darauf verwiesen, dass nicht festgestellt werden konnte, „welchen Hintergrund im Einzelnen“ die Zahlungen hatten (UA S. 21). Damit aber wird deutlich, dass die Strafkammer geprüft hat, ob ein Zusammenhang zwischen der Zahlungsvereinbarung und einem Tun, Dulden oder Unterlassen des Dr. G. im Rahmen der Veräußerung der Anteile bestand. Dieses hat die Kammer bejaht, indem sie eine Leistung des Dr. G. im einkommensteuerrechtlichen Sinn feststellt hat. Lediglich die Art der Leistung konnte sie auf Grund des Aussageverhaltens des Dr. G. nicht spezifizieren.
18
c) Entgegen der Ansicht der Revision mindert die durch die GR. GmbH in Ö. gezahlte Körperschaftsteuer weder die Höhe der durch Dr. G. verkürzten Einkommensteuer noch ist sie tauglicher Strafzumessungsgesichtspunkt. Die gezahlte ausländische Körperschaftsteuer war durch die GR. GmbH als Körperschaftsteuersubjekt zu entrichten und nicht durch Dr. G., der zur Einkommensteuer zu veranlagen war. Sie war auch bei der Strafzumessung nicht zu berücksichtigen, weil sie lediglich zu den Kosten gehörte, die auf der von Dr. G. aufgebauten, der Hinterziehung seiner Einkommensteuer dienenden, Scheinkonstruktion beruhten, mit welcher der Zufluss an ihn verschleiert werden sollte.
19
Im Übrigen wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.
20
3. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
21
a) Die Strafkammer hat im Rahmen der Strafzumessung § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2007, gültig ab 1. Januar 2008, angewendet (UA S. 21, Fn. 1). Das ist rechtsfehlerhaft, da die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen wurde und § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung als für den Angeklagten günstigeres Tatzeitrecht gemäß § 2 Abs. 3 StGB anzuwenden gewesen wäre.
22
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung sieht in § 370 Abs. 3 Satz 1 AO für besonders schwere Fälle einen erhöhten Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der Regel vor, wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Wurde die Tat vor dem 1. Januar 2008 begangen, findet § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Anwendung. Das Regelbeispiel ist in diesem Fall nur dann erfüllt, wenn der Täter zudem aus grobem Eigennutz gehandelt hat.
23
Der Begehungszeitpunkt der Tat bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 1, 2, § 8 StGB nach dem Zeitpunkt der Teilnahmehandlung als solcher und nicht nach dem Begehungszeitpunkt der Haupttat, den die Strafkammer für maßgeblich erachtet hat (UA S. 21, Fn. 1). Tatzeit der Haupttat war der 21. Januar 2009. An diesem Tag ist die am 14. Januar 2009 von Dr. G. unterzeichnete Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingegangen. Die Teilnahmehandlungen des Angeklagten waren aber alle zeitlich vorgelagert.
24
Die Teilnahmehandlung ist beendet, wenn sie als solche abgeschlossen ist; auf den Taterfolg kommt es nach § 8 Satz 2 StGB nicht an. Alle von der Strafkammer festgestellten Teilnahmehandlungen des Angeklagten wurden im Jahr 2007 begangen, so dass sich die Strafkammer damit hätte auseinandersetzen müssen, ob der Angeklagte aus grobem Eigennutz im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung gehandelt hat. Grober Eigennutz ist ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 StGB.
25
b) Die Strafkammer hat wegen des Vorliegens des „Regelbeispiels einer Beihilfe zur Steuerverkürzung großen Ausmaßes“ (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) der Strafzumessung den Strafrahmen für besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 3 Satz 1 AO) zugrunde gelegt, weil ihrer Auffassung nach bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände keine Gründe dafür vorlägen, einen besonders schweren Fall abzulehnen. Dieser Ansatz hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
26
Es ist rechtsfehlerhaft, bei der Annahme eines besonders schweren Falles allein an das vom Haupttäter verwirklichte Regelbeispiel der Steuerverkürzung in großem Ausmaß anzuknüpfen. Ob die Voraussetzungen für die Annahme eines besonders schweren Falles (innerhalb oder außerhalb der Regelbeispiele ) erfüllt sind, ist bei mehreren Tatbeteiligten für jeden von ihnen gesondert zu prüfen. Das Ergebnis richtet sich – wenn auch unter Berücksichtigung der Tat des oder der anderen Beteiligten – jeweils nach dem Tatbeitrag und der Person des Teilnehmers, dessen Strafe zugemessen werden soll. Für die Bewertung der Tat des Gehilfen und den zugrunde zu legenden Strafrahmen ist somit entscheidend, ob sich die Beihilfe selbst – bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat – als besonders schwerer Fall darstellt (st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 17. Februar 1982 – 3 StR 19/82, NStZ 1982, 206; vom 12. Oktober 1987 – 2 StR 499/87; vom 17. März 1989 – 2 StR 712/88; BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 4, Gehilfe 2; vom 22. September 2008 – 1 StR 323/08, NJW 2009, 690; vom 13. September 2007 – 5 StR 65/07, wistra 2007, 461 und vom 31. Juli 2012 – 5 StR 188/12, NStZ-RR 2012, 342). Das hat die Strafkammer verkannt.

IV.

27
Die zum Nachteil des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, weil die Beweiswürdigung zum Schuldspruch und die Strafzumessung des Urteils Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten enthalten.
28
1. Die im Jahr 2007 entfalteten Tätigkeiten des Angeklagten (Gründung der GR. GmbH, Übernahme der Geschäftsführung für die G. GmbH und die GR. GmbH, Zur-Verfügung-Stellen des Kanzleisitzes als jeweiligen Firmensitz, Vorbereitung der Stiftung und Abschluss der Treuhandvereinbarung ) bilden rechtlich eine einheitliche Tat der Beihilfe, die sich auf zwei Veranlagungszeiträume des Haupttäters auswirkt.
29
a) Dem Angeklagten lag nicht nur Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer in Höhe von 7.148.664 € (nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 393.176,52 €) für den Veranlagungszeitraum 2007 zur Last,sondern auch eine Teilnahme an der Hinterziehung von Einkommensteuer für den Veranlagungszeitraum 2006 und zwar insbesondere dadurch, dass er als Geschäftsführer der G. GmbH tätig war, der Gesellschaft die Kanzleiadresse in S. als Sitz zur Verfügung stellte und die Treuhandvereinbarung bezüglich des Transfers der im Jahr 2006 auf einem Geschäftskonto der G. GmbH eingegangenen 21.199.902 US-Dollar entwickelte und unterzeichnete.
30
Die Strafkammer konnte sich allerdings nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte auch hinsichtlich des im Jahr 2006 eingegangenen Betrags mit dem Vorsatz handelte, dessen Zufluss zu verschleiern, weil die Treuhandvereinbarung lediglich der Vermeidung deutscher Schenkungsteuer beim Transfer der Vermögenswerte in die Stiftung dienen und nicht zusätzlich den im Veranlagungszeitraum 2006 erfolgten Zufluss bei Dr. G. verschleiern sollte.
31
b) Diese Wertung ist mit den getroffenen Feststellungen nichtvereinbar und widersprüchlich. Die Beweiswürdigung erweist sich damit in diesem Punkt als rechtsfehlerhaft.
32
Die Strafkammer hat festgestellt, dass der Angeklagte bei Unterzeichnung des „Advisory Agreement 2007“ wusste, dass dieses – wie schon das ihm im Rahmen des Geldwäscheverdachtsverfahrens vorgelegte „Advisory Agreement 2006“ – lediglich zum Schein abgeschlossen wurde und die GR. GmbH – wie zuvor die G. GmbH – nur „Einzahlungsstelle und Verwaltungsvehikel“ der tatsächlich für Dr. G. bestimmten Zahlungen war. Ihm war bei Vorbereitung der „Stiftungskonstruktion“ klar, dass die G. GmbH außer der Vereinnahmung der Zahlungen aus dem „Advisory Agreement 2006“ keine geschäftliche Tätigkeit ausübte (UA S. 7, 9). Hinsichtlich der Dr. G. im Jahr 2007 zugeflossenen Gelder ging der Angeklagte davon aus, dass diese bei korrekter steuerlicher Behandlung in Deutschland der Einkommensteuer unterfielen. Für die im Jahr 2006 zugeflossenen Beträge kann nichts Anderes gelten.
33
Die Strafkammer hat weiter festgestellt, dass die vom Angeklagten entwickelte und von ihm am 3. Mai 2007 für beide Gesellschaften jeweils als Geschäftsführer unterzeichnete Treuhandvereinbarung zwischen der G. GmbH und der GR. GmbH inhaltlich nicht der Wahrheit entsprach, weil die G. GmbH die 2006 eingegangenen Gelder nicht treuhänderisch für die GR. GmbH als Vorgründungsgesellschaft gehalten hatte. Die GR. GmbH war 2006 noch nicht geplant. Sie wurde erst später wegen des Geldwäscheverdachtsverfahrens notwendig und die Gelder standen Dr. G. persönlich zu (UA S. 8). Dies wusste der Angeklagte. Auch wenn die Treuhandvereinbarung dazu diente, deutsche Schenkungsteuer bei der Einbringung der auf den Konten der G. GmbH liegenden 21.199.902 US-Dollar in die Privatstiftung zu vermeiden, führte sie zwangläufig – ebenso wie bei den 2007 vereinnahmten Geldern – zur Hinterziehung deutscher Einkommensteuer.
34
2. Die Strafkammer hat den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 AOgemäß §§ 27, 49 Abs. 1 StGB (wegen Beihilfe) erstmals und über § 28 Abs. 1 StGB ein weiteres Mal gemildert, weil dem Angeklagten das persönliche Merkmal der Einkommensteuerpflicht in Deutschland fehle.
35
Eine weitere Milderung des Strafrahmens über § 28 StGB war jedoch rechtlich nicht veranlasst. Täter einer Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerschuldner, sondern jedermann sein, sofern er die Voraussetzungen erfüllt, die das Gesetz an die Täterschaft stellt. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist kein Sonderdelikt, das nur durch den Erklärungspflichtigen als Täter begangen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 3. September 1970 – 3 StR 155/69, BGHSt 23, 319, 322; vom 17. Juli 1991 – 5 StR 225/91, BGHSt 38, 37, 41 und vom 7. November 2006 – 5 StR 164/06, wistra 2007, 112, 113; Urteil vom 6. Juni 2007 – 5 StR 127/07, BGHSt 51, 356, 359). Die im Einzelfall bestehende Steuerpflicht ist daher kein besonderes persönliches Merkmal, das die Strafbarkeit des Täters gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begründet.
36
3. Der Senat hebt auf die Revision der Staatsanwaltschaft auch die für sich genommen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für die den Veranla- gungszeitraum 2007 betreffende Beihilfe zur Steuerhinterziehung auf, um dem neuen Tatrichter insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen, insbesondere zur inneren Tatseite, zu ermöglichen. Raum Graf Jäger Radtke Fischer
5 StR 188/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 13. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
2
Das Landgericht geht im Rahmen seiner Strafzumessung davon aus, dass der Haupttäter N. bei den Betrugshandlungen gewerbsmäßig im Sinne des § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB gehandelt hat. Es entnimmt in sämtlichen Fällen die Strafe dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB, den es nach § 27 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB mildert.
3
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Beim Gehilfen ist ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falls nur dann verwirklicht, wenn sich die Teilnahmehandlung selbst als besonders schwerer Fall darstellt (BGH, Beschluss vom 21. September 1995 – 1 StR 316/95, StV 1996, 87). Dies muss anhand des konkreten Regelbeispiels in einer Gesamtwürdigung festgestellt werden (BGH, Beschluss vom 13. September 2007 – 5StR 65/07, wistra 2007, 461). Aus den Urteilsgründen ergibt sich nicht, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat. Das Landgericht stellt zwar fest, dass der Angeklagte „aus seinen Tätigkeiten für N. Vorteile zog“ (UA S. 123), benennt diese jedoch nicht. Dies belegt ein eigenständiges gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten nicht.
4
Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Es liegt nahe, dass er sich auf die – jedenfalls im Verhältnis zu den anderen Tatbeteiligten , die allerdings eine Verständigung nach § 257c StPO gesucht hatten – hohe Strafe ausgewirkt hat.
5
Die Feststellungen können dagegen bestehen bleiben, weil lediglich ein Wertungsfehler vorliegt. Der neue Tatrichter kann jedoch ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisher getroffenen nicht widersprechen.
Basdorf Raum Schaal Dölp Bellay

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR476/14
vom
27. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Januar 2015 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 29. April 2014 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Aus der unterlassenen Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1
StGB ergibt sich kein durchgreifender Rechtsfehler. Zwar stellt die nach § 266 Abs. 1
StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ein strafbegründendes persönliches
Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli1994
1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung
neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten, wenn die
Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende
persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom
6. März 2013 – 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, NJW 2013, 949,
Tz. 10; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Dies ist hier der Fall. Nach den Feststellungen war der Angeklagte an der Firma
B. GmbH & Co. KG maßgeblich mit 38 % beteiligt. Die Firma B.
T. GmbH betrieb er sogar allein. Er hatte als maßgeblicher Mitgesellschafter
bzw. Alleininhaber der Unternehmen und als an der Tatplanung wesentlich
Beteiligter Tatherrschaft über das Geschehen und ein erhebliches Eigeninteresse
am Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Verträge mit der Firma p. .
Die Strafkammer hat den Angeklagten daher ersichtlich nur deshalb (lediglich) wegen
Beihilfe verurteilt, weil er gegenüber der Firma p. nicht vermögensbetreuungspflichtig
war, so dass die unterlassene weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB
nicht zu beanstanden ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 206/11
vom
25. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
25. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 31. Januar 2011, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) und II. 1. c) Fall 32 (Fallakte 87) der Urteilsgründe ;
b) im Ausspruch über die jeweilige Einzelstrafe in den Fällen II. 1. c) Fall 2 (Fallakte 6), II. 1. c) Fall 29 (Fallakte 84) und II. 1. c) Fall 34 (Fallakte 94 bzw. 95) der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen und Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt sowie bestimmt, dass von dieser acht Monate wegen "überlanger Verfahrensdauer" als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Untreue in den Fällen II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) und II. 1. c) Fall 32 (Fallakte 87) der Urteilsgründe hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen in diesen Fällen kein Hilfeleisten des Angeklagten im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB zu den von dem Mitangeklagten N. begangenen Haupttaten.
3
Nach ständiger Rechtsprechung ist als Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert; dass sie für den Eintritt des Erfolges in seinem konkreten Gepräge in irgendeiner Weise kausal wird, ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 16. November2006 - 3 StR 139/06, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 27). Eine solche Unterstützung kann auch in der Form der psychischen Beihilfe geleistet werden. Voraussetzung ist dann allerdings ein konkreter Tatbeitrag des Gehilfen, durch den der Haupttäter in seinem Tatentschluss bestärkt wird. Die Annahme allein psychischer Beihilfe bedarf genauer Feststellungen, insbesondere zur objektiv fördernden Funktion sowie zur entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen sowie gegebenenfalls zu einer konkludenten Verständigung zwischen Haupttä- ter und diesem. Zudem ist eine Beihilfe nach Beendigung der Haupttat ausgeschlossen ; möglich sind dann allenfalls Anschlussdelikte nach den §§ 257 ff. StGB (vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 27 Rn. 6, 10 jeweils mwN). Gemessen hieran tragen die Urteilsgründe die Annahme einer Beihilfe nicht.
4
a) Im Fall II. 1. c) Fall 30 (Fallakte 85) der Urteilsgründe war die ursprüngliche Haupttat im Jahr 2004 vollendet und beendet; denn mit der Auszahlung bzw. Überweisung des Darlehensbetrages auf das Konto des als Darlehensnehmer vorgeschobenen B. sowie an den Notar H. war bei der geschädigten D. Bank ein endgültiger Vermögensverlust eingetreten. Der Angeklagte erstellte erst nach diesem Zeitpunkt eine unrichtige Verdienstbescheinigung für B. . Die Handlung des Angeklagten könnte sich deshalb allenfalls fördernd im Sinne einer Beihilfe auf die Erhöhung des Darle- hensbetrages von 200.000 € auf 215.000 € Mitte des Jahres 2005 ausgewirkt haben; Näheres zu dieser möglichen Haupttat sowie dem Einfluss der unzutreffenden Verdienstbescheinigung hierauf lässt sich den Feststellungen jedoch nicht entnehmen.
5
b) Soweit die Strafkammer in beiden genannten Fällen im Übrigen darauf abstellt, der Angeklagte habe den Haupttäter N. psychisch unterstützt, belegen die Feststellungen ein tatbestandsmäßiges Hilfeleisten gemäß § 27 Abs. 1 StGB ebenfalls nicht. Danach handelte der Haupttäter N. bei der Beschaffung der Kredite, die letztlich der A. GmbH zukommen sollten, "in Absprache" mit dem Angeklagten sowie dem Mitangeklagten Ha. . Der Inhalt dieser "Absprache" bleibt allerdings im Dunkeln. Die Feststellungen lassen deshalb - entgegen der von der Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung vorgenommenen Wertung - nicht erkennen, auf welche konkrete Weise gerade der Angeklagte den Tatentschluss des N. bestärkte, den Finanzbe- darf der A. GmbH auf unlautere Weise zu decken. Allein die Einbindung des Angeklagten in das von N. errichtete Firmengeflecht reicht hierfür nicht aus.
6
2. In den Fällen II. 1. c) Fall 2 (Fallakte 6), II. 1. c) Fall 29 (Fallakte 84) und II. 1. c) Fall 34 (Fallakte 94 bzw. 95) der Urteilsgründe, in denen das Landgericht den Angeklagten ebenfalls wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, begegnet der Strafausspruch durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken. In diesen Fällen ist die Strafkammer - rechtsfehlerfrei - jeweils von einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 StGB ausgegangen. Sie hat den sich hieraus ergebenden Strafrahmen sodann gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Jedoch hat sie rechtsfehlerhaft eine weitere Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gezogen.
7
a) Die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal nach § 28 Abs. 1 StGB. Bei einem Gehilfen, der - wie der Angeklagte - im Zeitpunkt der Unterstützungshandlung nicht selbst in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten steht, ist eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen des Fehlens des Treueverhältnisses Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 2; Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109; Beschluss vom 26. November 2008 - 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102).
8
b) Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, ob das Landgericht den Tatbeitrag des Angeklagten an sich nur als den eines Gehilfen gewertet oder ob es den Angeklagten nur deshalb als Gehilfen angesehen hat, weil er nicht in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand. § 28 Abs. 1 StGB findet in den Entscheidungsgründen keine Erwähnung.
9
c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass die in den genannten Fällen verhängten Einzelstrafen auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruhen. Er hält eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht für angezeigt. Aufgrund der teilweisen Aufhebung des Schuldspruchs sowie der Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die Strafzumessungstatsachen, die das Landgericht festgestellt hat, werden allerdings von den dargelegten Rechtsfehlern nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind zulässig.
10
3. Die Kompensationsentscheidung wird von der Teilaufhebung des Urteils nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135). Der Angeklagte ist durch die rechtsfehlerhaft überhöhte Entschädigung - acht Monate Freiheitsstrafe bei einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von zwei Jahren und drei Monaten - nicht beschwert. Mit Blick auf die Ausführungen der Revision und des Generalbundesanwalts weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Höhe der im Falle einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung zu gewährenden Entschädigung sich nicht nach der Höhe der Strafe richtet, auf die das Tatgericht erkannt hat. Die im Wege des sog. Vollstreckungsmodells vorzunehmende Kompensation koppelt den Ausgleich für das erlittene Verfahrensunrecht vielmehr von vornherein von Fragen des Tatunrechts , der Schuld und der Strafhöhe ab. Der Ausgleich für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung stellt eine rein am Entschädigungsgedanken orientierte eigene Rechtsfolge neben der Strafzumessung dar. Das Gewicht der Tat und das Maß der Schuld spielen weder für die Frage, ob das Verfahren rechtsstaatswidrig verzögert worden ist, noch für Art und Umfang der zu gewährenden Kompensation eine Rolle (vgl. schon BGH, Beschluss vom 17. Januar 2008 - GSSt 1/07, BGHSt 52, 124, 138; s. auch BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, aaO, 138).
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Menges

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 310/16
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:251017B1STR310.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 24. Juni 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang , der Angeklagte K. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Steuerhinterziehung in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, hinsichtlich des Angeklagten K. auch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Lohnsteuer, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Schwerin zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen 25-facher Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Beschäftigung von mehr als fünf Ausländern ohne Genehmigung, den Angeklagten K. darüber hinaus tateinheitlich wegen 25-facher Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, gegen den Angeklagten K. eine solche von acht Monaten verhängt, und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen und erheben jeweils die ausgeführte Sachrüge, der Angeklagte M. auch Verfahrensrügen.
2
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschied der Geschäftsführer der Hotelanlage Y. zur Kosteneinsparung polnische Arbeiter im Rahmen von Werkverträgen auf der Hotelanlage einzuset- zen. Sie sollten nach Bedarf durch den Angeklagten M. in Polen akquiriert werden, dort ein Gewerbe anmelden und anschließend auf Grund von Werkverträgen in der Hotelanlage eingesetzt werden. Nachdem der Geschäftsführer der Hotelanlage die ersten Verträge aus dem Jahr 2006 unterschrieben hatte, unterzeichnete sie in der Folgezeit meist der Angeklagte K. als technischer Leiter der Hotelanlage. Der Angeklagte K. informierte auch jeweils den Angeklagten M. über die Anzahl der benötigten Hilfskräfte und der Angeklagte M. warb sie sodann in Polen an.
4
Die jeweils als Werkvertrag bezeichneten Verträge enthielten Beschreibungen von durchzuführenden Arbeiten wie den Transport und die Reparatur von Möbeln, Garten- oder Reinigungsarbeiten. Die polnischen Arbeitskräfte, die vor der Unterschrift unter diese Verträge in Polen ein Gewerbe angemeldet hatten , waren im Jahr 2007 in der Gärtnerei eingesetzt und führten Hilfsarbeiten beim Reinigen der Hotelanlage aus. Ab Frühjahr 2008 arbeiteten verstärkt polnische Frauen als Zimmermädchen. Die polnischen Arbeitskräfte waren wie Arbeitnehmer in den Betriebsablauf der Hotelanlage integriert, trugen die Dienstkleidung der Hotelanlage, erhielten Arbeits- und Putzmittel gestellt und unterlagen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort den Anordnungen der Mitarbeiter der Hotelanlage. Die Lohnrechnungen schrieb der Angeklagte M. . Der Stundenlohn wurde regelmäßig für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen abgerechnet und von einem der beiden Angeklagten an die polnischen Arbeitskräfte ausbezahlt.
5
Die in der Hotelanlage beschäftigten 90 polnischen Arbeitnehmer besaßen keine Genehmigung nach § 284 Abs. 1 SGB III in der jeweils gültigen Fassung und waren der Sozialversicherung und dem Finanzamt nicht gemeldet. Von Januar 2007 bis Januar 2009 wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 229.188,14 € und Lohnsteuer in Höhe von 108.255,67 € nicht abgeführt.

II.


6
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich der Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen des Angeklagten M. bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen ohne Erfolg.
7
Die Schuldsprüche der beiden Angeklagten beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung und weisen – bis auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Vergehen nach dem Schwarzarbeitsgesetz (SchwarzArbG) – keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Die Strafzumessung hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Die Strafkammer hat zutreffend 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und zur Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) angenommen.
9
Die Angeklagten haben in jedem der abgeurteilten 25 Monate jeweils mindestens einen Gehilfenbeitrag zu den von dem Geschäftsführer der Hotelanlage jeden Monat begangenen Haupttaten geleistet. Da sich derselbe Gehilfenbeitrag sowohl auf die Haupttat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt als auch – beim Angeklagten K. – auf die Haupttat der Steuerhinterziehung auswirkt, ergeben sich insgesamt 25 Beihilfestraftaten.
10
Zugleich haben die Angeklagten mit ihren Handlungen Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG geleistet, soweit die Zahl der polnischen Beschäftigten fünf Beschäftigte pro Monat überstieg. Dies war nach den Urteilsfeststellungen in den Monaten Januar und Februar 2007, Januar und Februar 2008 und Januar 2009 nicht der Fall, weshalb sich die Angeklagten nur in 20 Fällen zu- gleich der Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch war daher hinsichtlich der Anzahl der tateinheitlichen Verurteilungen wegen der Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, § 284 Abs. 1 SGB III zu korrigieren.
11
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts scheidet eine (einheitliche ) Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, die mit den 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Hinterziehung von Lohnsteuer in Tateinheit steht, aus. Sie ist bereits mit den in jedem Monat erfolgten Beihilfehandlungen nicht vereinbar. Selbst wenn das Delikt aber als Dauerdelikt zu begreifen wäre, würde es durch die tateinheitlich verwirklichten Straftaten der Lohnsteuerhinterziehung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt „entklammert“, so dass die Beihilfe hierzu auch aus diesem Grund jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten träte (vgl. zur Entklammerung LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 30 ff.).
12
Zwar kann ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt, andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stehen , zur Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft. Diese Wirkung tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann nicht ein, wenn eine minderschwere Dauerstraftat jeweils mit schwereren Gesetzesverstößen zusammentrifft (BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013,158 mwN). Die Vergehen der Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG sind aufgrund ihres geringen Gewichts nicht geeignet, die übrigen Taten zu verklammern, so dass die Beihilfe nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten tritt.
13
Das Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG ist ferner gemäß der gesetzlichen Überschrift als „Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang“ zu tenorieren (MüKo-StGB/Mosbacher NebenstrafR II, 2. Aufl., SchwarzArbG § 11 Rn. 21).
14
Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können.
15
2. Dagegen war der jeweilige Strafausspruch auf die Revisionen der Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt; denn die Darlegung der Berechnungsgrundlagen für die vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge und die hinterzogene Lohnsteuer entsprechen nicht den Grundsätzen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei solchen Taten verlangt.
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
17
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge hat die Strafkammer die von der Mitarbeiterin der Rentenversicherung zur Verfügung gestellten Tabellen zugrunde gelegt. Anschließend hat sie auf der Grundlage der in bar ausgezahlten Löhne als Nettolöhne (§ 14 Abs. 2 SGB IV) nach einem im Berechnungsprogramm der Rentenversicherung Bund hinterlegten Faktor nach der Steuerklasse 6 den fiktiven Bruttolohn und von diesem ausgehend nach den in den jeweiligen Monaten geltenden Beitragssätzen die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge errechnet (UA S. 23 f.).
18
Bei der Bestimmung der Lohnsteuer ist die Strafkammer von der von dem zuständigen Finanzamt angefertigten und von Steueramtfrau H. als Zeugin erläuterten Berechnung des zugeflossenen Barlohns als Bruttolohn ausgegan- gen und hat davon nach der Steuerklasse 6 die Lohnsteuer und den Solidaritätsbeitrag abgezogen (UA S. 55).
19
Damit hat das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Berechnungen der Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung gestützt. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde lagen, führt das Urteil nicht aus. Es beschränkt sich auf die Benennung der zuständigen Krankenkasse (UA S. 24). Die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ist damit auf Grund der unzureichenden Urteilsfeststellungen einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Hinzu kommt, dass sich nicht erschließt, warum in zahlreichen Fällen (UA S. 26 ff.) bei demselben Arbeitnehmer in demselben Beschäftigungsmonat zwei oder mehr Berechnungsvorgänge erfolgt sind.
20
Auch die Berechnung der bei den polnischen Arbeitnehmern angefallenen Lohnsteuer ist nicht nachvollziehbar dargelegt und zudem in einigen Fällen unschlüssig. So ist z.B. bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG) bei dem Arbeitnehmer C. nicht verständlich, wieso im April 2007 ein Bruttolohn von 340,90 € zu Lohnsteuer in Höhe von 89,21 € führt, aber bei dem Arbeitnehmer D. ein Lohn von 528 € nur zu Lohnsteuer in Höhe von 79,60 €. Bei dem Arbeitnehmer S. ergeben 409,08 € Bruttolohn im Vormonat sogar 113,59 € Lohnsteuer. Für M. warenim März 2007 für 681,78 € Bruttolohn 225,84 € Lohnsteuer abzuführen, für St. dagegen im Monat März 2007 bei 1.008 € brutto nur 218,25 € (jeweils UA S. 57).
21
Da auf der Grundlage der Feststellungen auszuschließen ist, dass nicht jeden Monat sowohl Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten als auch Lohnsteuer nicht abgeführt worden sind, lässt dieser Rechtsfehler den Schuld- spruch unberührt. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Lohnsteuer und damit des Schuldumfangs zieht allerdings die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit nicht ausschließen, dass die Strafkammer einen zu hohen Schaden und damit Schuldumfang angenommen hat und die Strafzumessung des angefochtenen Urteils auf den vorgenannten Mängeln beruht.
22
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und hinterzogenen Lohnsteuer zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
23
3. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, wistra 2011, 344, 346). Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; vom 1. März 2005 – 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).
24
Nach den Urteilsfeststellungen lag beim Angeklagten M. , der hierarchisch niedriger angesiedelt war als der Angeklagte K. als „Technischer Leiter“ und nur auf dessen Anweisung handelte (UA S. 96), bereits deshalb ei- ne Täterschaft fern und wurde von der Strafkammer auch nicht erörtert.
25
Bei ihm wäre die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt auch gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen. Wegen der Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO war die Heranziehung des Strafrahmens von § 370 Abs. 1 AO nicht möglich.
26
Dagegen hat das Landgericht beim Angeklagten K. ausführlich geprüft (UA S. 21-23), ob dieser gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Grund ihm übertragener Leitungsbefugnisse eine Arbeitgebereigenschaft hatte und damit Täter war. Sie hat dies verneint und ihn als Gehilfen eingestuft. Bei der Strafrahmenwahl hat die Strafkammer diesen Aspekt nicht aufgegriffen und nicht erkennen lassen, ob sie sich bei der Zumessung von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
27
Die Prüfung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB könnte darauf hinweisen, dass das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten K. nicht wegen Fehlens einer der allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft, sondern wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint und nur deshalb Beihilfe angenommen hat. Diese rechtliche Wertung stünde in Einklang mit den festgestellten Tatbeiträgen der beiden Angeklagten. Bei einem Sachverhalt, in dem lediglich wegen des Fehlens des besonderen persönlichen Merkmals Beihilfe bejaht wird, kommt nur eine einmalige Milderung in Betracht (§ 50 StGB), nicht eine doppelte nach § 27 Abs. 2 Satz 2 und § 28 Abs. 1 StGB – jeweils i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303).
28
Allerdings ist bei dem Angeklagten K. ohnehin nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen; denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für den Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1; Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).

III.


29
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Bundesland gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 90/11
vom
14. Juni 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juni 2011 beschlossen:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 11. Oktober 2010 werden als unbegründet verworfen. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Steuerhinterziehung in 123 Fällen (86 Fälle der Hinterziehung von Lohnsteuer, 34 Fälle der Hinterziehung von Umsatzsteuer und drei Fälle der Hinterziehung von Einkommensteuer ) sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 86 Fällen und den Angeklagten F. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in drei Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten sind unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf lediglich folgendes:

I.

3
1. Der Angeklagte A. beschäftigte mehrere Arbeitnehmer, für die er Lohnsteuer-Anmeldungen nach § 41a EStG abgab. Allerdings wurde nur ein Teil des Lohns der Berechnung der angemeldeten Lohnsteuer zu Grunde gelegt (Teilschwarzlohnzahlungen). Ein darüber hinausgehender Teil des Lohns, der den Arbeitnehmern des Angeklagten A. bar ausgezahlt wurde, wurde in den monatlichen Lohnsteueranmeldungen ebenso wie in den gegenüber den Sozialversicherungsträgern abgegebenen monatlichen Beitragsnachweisen verschwiegen.
4
Die inkriminierten Erklärungen gegenüber der Finanzverwaltung und den Sozialversicherungsträgern wurden dabei durch gutgläubige Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros abgegeben. Der Angeklagte selbst war bei der Erstellung der einzelnen Erklärungen nicht beteiligt, die Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros erhielten die erforderlichen Informationen aufgrund genereller Anordnung des Angeklagten von den gesondert verfolgten C. und P. . Der Angeklagte war indes nicht nur durch diese generelle Anweisung an den Taten beteiligt. Vielmehr besorgte er in jedem einzelnen Tatmonat durch eigenständige Handlungen die für die Zahlung der Schwarzlöhne erforderlichen Bargeldmittel.
5
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Näher ist dies nur zu den Konkurrenzen hinsichtlich der monatlich abgegebenen unrichtigen Lohnsteueranmeldungen auszuführen.
6
a) Freilich spräche gegen die Annahme der Strafkammer, für jeden Monat läge eine rechtliche selbstständige Tat vor, wenn sich der Tatbeitrag des Angeklagten im Aufbau und in der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs erschöpft hätte („uneigentliches Organisationsdelikt“ , vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; BGH, Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 343; BGH, Urteil vom 11. Dezember 1997 - 4 StR 323/97, BGHR StGB § 263 Täterschaft 1).

7
Hier war der Angeklagte jedoch durch die Beschaffung der jeweils „schwarz“ ausgezahlten Lohnanteile jedenfalls im Bereich der Vorbereitungs- handlungen an jeder einzelnen Tat beteiligt. Unter diesen Umständen hält die Annahme von Tatmehrheit unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten rechtlicher Nachprüfung stand (zum Maßstab revisionsrechtlicher Überprüfung bei der vergleichbaren Abgrenzung zwischen natürlicher Handlungseinheit und Tatmehrheit vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1997 - 1 StR 481/97, NStZRR 1998, 68).
8
b) Gleiches gilt hinsichtlich der Konkurrenzen, soweit der Angeklagte wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt verurteilt wurde.
9
3. Auch der der Strafzumessung zu Grunde gelegte Schuldumfang ist rechtsfehlerfrei bestimmt.
10
a) Für die Berechnung der in den einzelnen Tatmonaten hinterzogenen Lohnsteuer musste die Strafkammer die erforderlichen Bemessungsgrundlagen schätzen, da mangels ausreichender Buchführung des Angeklagten eine konkrete Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht vorgenommen werden konnte. Insoweit kam dem Tatgericht bei der Entscheidung, welche Schätzungsmethode dem vorgegebenen Ziel, der Wirklichkeit durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen möglichst nahe zu kommen, am besten gerecht wird, ein Beurteilungsspielraum zu. Die revisionsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich hier darauf, ob das Tatgericht nachvollziehbar dargelegt hat, warum es sich der gewählten Schätzungsmethode bedient hat und weshalb diese dafür geeignet ist (BGH, Beschluss vom 11. November 2009 - 1 StR 283/09, wistra 2010, 148).

11
Hieran gemessen ist auch der Schuldumfang nicht in einer den Angeklagten beschwerenden Weise durch das Landgericht bestimmt worden.
12
aa) Die Mindesthöhe der monatlichen Schwarzlohnzahlungen hat das Landgericht dabei auf Grundlage von noch vorhandenen Aufzeichnungen über Schwarzlohnzahlungen in vier der 86 Tatmonate und von Angaben verschiedener , in die Straftaten eingebundener Mitarbeiter der Unternehmen des Angeklagten geschätzt. Im Rahmen seines umfassenden Geständnisses hat der Angeklagte die Richtigkeit der tatsächlichen Grundlagen dieser Schätzung bestätigt. Dies war ihm auch möglich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 - 1 StR 718/08, NJW 2009, 2546, 2547). Bei der Schätzung der Höhe der gezahlten Schwarzlöhne sind daher Rechtsfehler nicht ersichtlich und im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
13
bb) Zu schätzen war auch der in den einzelnen Tatmonaten anzuwendende Lohnsteuersatz. Auch insoweit weist das Urteil keinen Rechtsfehler auf.
14
Eine Schadensberechnung auf Grundlage des einheitlichen Eingangssteuersatzes der Lohnsteuerklasse VI konnte nicht erfolgen, da es sich um Teilschwarzlohnzahlungen handelte, mithin Lohnsteuerkarten der einzelnen Arbeitnehmer vorlagen. Zu Grunde zu legen waren daher die individuellen Steuermerkmale der Arbeitnehmer, wobei allerdings für die überwiegende Zahl der Taten nicht zu ermitteln war, an welche konkreten Arbeitnehmer Teilschwarzlohnzahlungen geleistet wurden. Die Bestimmung eines nach Maßgabe der §§ 39b, 32a EStG eindeutigen Steuersatzes war daher nicht möglich.
15
Die Strafkammer hat deshalb auf Grundlage der noch vorhandenen Aufzeichnungen über Schwarzlohnzahlungen in vier Tatmonaten den auf die Teilschwarzlohnzahlungen anfallenden Anteil der aus dem Gesamtbruttogehalt berechneten Lohnsteuer ermittelt. Den sich daraus ergebenden Durchschnittsprozentsatz hat sie - vermindert um einen Sicherheitsabschlag - der Berechnung der hinterzogenen Lohnsteuer zu Grunde gelegt.
16
Die Revision meint, dass hierdurch ein zu hoher durchschnittlicher Lohnsteuersatz zu Grunde gelegt worden sei. Der Senat teilt diese Bedenken nicht. Der von der Strafkammer der Schadensberechnung zu Grunde gelegte Prozentsatz ist nämlich nicht identisch mit dem durchschnittlichen Lohnsteuersatz. Er ist vielmehr von der Höhe des Gesamtbruttoentgeltes und dem darauf anfallenden Anteil der Teilschwarzlohnzahlungen abhängig. Hier wurden die für die Berechnung dieses Satzes erforderlichen Parameter zutreffend geschätzt (vgl. oben I. 3. a] aa]). Fehler bei der Berechnung selbst zeigt die Revision nicht auf und sind auch sonst nicht ersichtlich.
17
b) Zutreffend hat das Landgericht zur Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge die Teilschwarzlohnzahlungen gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoentgelt hochgerechnet. Auch in Fällen teilweiser Schwarzlohnzahlungen findet § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV Anwendung (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 320/09, wistra 2010, 29). Der Senat teilt die einfach- und verfassungsrechtlichen Bedenken , die seitens der Revision hiergegen erhoben werden, nicht. Namentlich steht der Bestimmtheitsgrundsatz i.S.v. Art. 103 Abs. 2 GG der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen. Der Wortlaut der Vorschrift deckt deren Anwendung auch in Fällen von Teilschwarzlohnzahlungen. Angesichts des mit Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks, ist dessen Anwendung auch in Fällen der vorliegenden Art geboten (BGH aaO).
18
Soweit bei der demnach zulässigen Hochrechnung Rechenungenauigkeiten vorliegen, kann der Senat ausschließen, dass sich diese im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt haben, zumal es sich ohnehin nur um Schätzungen handelt.

II.


19
1. Der Angeklagte F. ermöglichte dem Angeklagten A. die Auszahlung des Teilschwarzlohns, indem er ihm sog. Abdeckrechnungen zur Verfügung stellte, denen tatsächlich erbrachte Leistungen nicht zu Grunde lagen. Aufgrund dieser Scheinrechnungen konnte der Angeklagte A. einerseits die für die Schwarzlohnzahlungen erforderlichen Barabhebungen von den Konten der Unternehmen in deren Buchhaltung verschleiern. Soweit die in den Scheinrechungen ausgewiesenen Beträge die erforderliche Lohnsumme überstiegen, nutzte der Angeklagte A. die Scheinrechungen, um Barabhebungen für private Zwecke zu verschleiern. Die dadurch im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung erzielten Einkünfte verschwieg er in seinen Einkommensteuererklärungen. Darüber hinaus machte der Angeklagte A. die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Durch das Überlassen der Abdeckrechnungen förderte der Angeklagte F. die durch den Angeklagten A. insoweit verwirklichten Taten.
20
2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten F. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.

21
a) Die durch die Haupttaten verkürzten Steuern, insbesondere die verkürzte Lohnsteuer, hat das Landgericht zutreffend bestimmt (vgl. oben I. 1. b). Auch soweit hier bei der zulässigen Hochrechnung Rechenungenauigkeiten vorliegen, kann der Senat ausschließen, dass sich diese im Ergebnis zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt haben.
22
b) Im Übrigen ist die Strafzumessung frei von durchgreifenden Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten F. .
23
Allerdings meint die Strafkammer, die Strafrahmen für Beihilfe zur Steuerhinterziehung einerseits und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt andererseits seien identisch. Dies trifft hier nicht zu. Die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt wäre auch gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen, da beim Angeklagten F. das besondere persönliche Merkmal der Arbeitgebereigenschaft fehlt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10, ZIP 2011, 972 mwN).
24
Dieser Fehler hat sich jedoch bei der Strafrahmenbestimmung im Ergebnis nicht ausgewirkt, da bei tateinheitlicher Erfüllung mehrerer Tatbestände die Strafe dem höheren Strafrahmen zu entnehmen ist (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB). Dies ist hier der gemilderte Strafrahmen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO, § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB, vgl. BGH aaO).
25
Es ist nicht ersichtlich, dass sich der aufgezeigte Mangel bei der Strafzumessung ausgewirkt hat. Die von der Strafkammer zutreffend angeführten strafzumessungsrelevanten Gründe bleiben vom aufgezeigten Mangel unberührt. Nack Wahl Graf Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 651/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede, nach der für
das gesamte dem Arbeitnehmer gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge
abgeführt werden sollen, bedarf es im Falle der Verurteilung
des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer weder Feststellungen
zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer
, noch ist die Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommensteuer
im Urteil zu quantifizieren. Die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten
Einkommensteuer ist bei der Verurteilung des Arbeitgebers weder für den
Schuldspruch, noch für den Strafausspruch relevant.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10 - LG Münster
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 12. April 2010 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 66 Fällen, wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwölf Fällen sowie wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte aus den Untreuetaten 205.927,39 Euro sowie die Verfallsbeteiligte A. aus der Vereitelung der Zwangsvollstreckung weitere - im Tenor des angefochtenen Urteils näher aufgeführte - Vermögenswerte erlangt hat und lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werden kann, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB).
2
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision; er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist erfolglos i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
4
1. In den Fällen B. I. der Urteilsgründe (Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwölf Fällen) hat das Landgericht der Strafzumessung im Ergebnis den zutreffenden Strafrahmen zu Grunde gelegt.
5
a) Zwar führt die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung bezüglich dieser Taten zur Strafrahmenwahl aus, dass hinsichtlich der tateinheitlich begangenen Beihilfe zur Steuerhinterziehung einerseits und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt andererseits der identische, sich sowohl aus § 370 Abs. 1 AO, als auch aus § 266a Abs. 1 StGB ergebende Strafrahmen zu Grunde zu legen und dieser nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern sei. Insoweit hat das Landgericht ersichtlich nicht bedacht, dass hier hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB an sich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen war. Hiervon hätte nur dann abgesehen werden können, wenn das Landger icht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109). Den Urteilsgründen lässt sich - auch in der Gesamtschau - nicht entnehmen, dass das Landgericht sich bei der Strafrahmenwahl von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
6
b) Allerdings war hier nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen. Denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für die Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1). Weder insoweit, noch in anderem Zusammenhang hat sich damit die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Strafrahmens für die Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
7
2. Das Landgericht hat auch die Höhe der Lohnsteuer, zu deren Hinterziehung der Angeklagte durch seine Tatbeiträge Hilfe geleistet hat, zutreffend bestimmt. Mit der sachlich-rechtlichen Beanstandung, die Strafkammer hätte auf der Grundlage der ihr bekannten Anzahl der auf den Baustellen eingesetzten Arbeiter und der von diesen erbrachten Arbeitsstunden den jeweils an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer konkret gezahlten Lohn und - davon ausgehend - die von jedem einzelnen Arbeitnehmer hinterzogene Einkommensteuer bestimmen können und den Betrag der Strafzumessung zu Grunde legen müssen , deckt die Revision keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
8
In Fällen der vorliegenden Art, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede dergestalt treffen, dass für das gesamte dem Arbeitnehmer gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden sollen, ist im Falle der Verurteilung des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzte Einkommensteuer weder für den Schuldspruch, noch für den Strafausspruch bedeutsam. Es bedarf daher keiner Feststellungen zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer. Die Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommensteuer ist im Urteil nicht zu quantifizieren.
9
a) Insoweit gilt Folgendes:
10
aa) Die Lohnsteuer entspricht der Höhe nach der Einkommensteuer, die der Arbeitnehmer schuldet, wenn er ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt (vgl. § 38a Abs. 2 EStG). Bei der Lohnsteuer handelt es sich um eine Abzugssteuer i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, die gemäß § 38 Abs. 1 EStG durch Steuerabzug vom Lohn erhoben wird. Die nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorgesehene Anrechnung der vom Arbeitgeber einbehaltenen Lohnsteuer ist dabei nicht der materiell-rechtlichen Bestimmung des festzusetzenden Steueranspruchs des Staates gegenüber dem Arbeitnehmer, sondern dem verfahrensrechtlichen Bereich des Erhebungsverfahrens nach Festsetzung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Einkommensteuer zuzuordnen (vgl. Brenner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG [Stand: Juli 2002], § 36 Rn. A 2, A 232 mwN). Dabei tilgt die nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzurechnende Lohnsteuer die Steuerschuld, mindert aber nicht die festgesetzte Einkommensteuerschuld (Heuermann in Blümich EStG [Stand: Oktober 2010], § 46 Rn. 19). Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird zudem nur die erhobene Abzugssteuer, d.h. die vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer (vgl. Brenner aaO Rn. D 80 mwN), angerechnet. Wurde die Lohnsteuer einbehalten, aber nicht an das Finanzamt abgeführt , besteht die Möglichkeit der Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nur, wenn der Arbeitnehmer davon keine Kenntnis hatte (BFH, DStRE 1999, 864). Die Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG setzt zudem eine Veranlagung des Arbeitnehmers voraus, die die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die die Lohnsteuer einbehalten wurde, erfasst.

11
Diese systemimmanente Trennung von Lohnsteuerabzug und Einkommensteuerveranlagung setzt sich auch im Haftungsverfahren nach § 42d EStG fort. Während des laufenden Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer des einzelnen Lohnzahlungszeitraums, selbst wenn zu vermuten ist, dass eine entsprechende Jahreslohnsteuerschuld des Arbeitnehmers nicht oder nicht in dieser Höhe bestehen wird (BFHE 74, 97 ff.). Wegen des Prinzips der Maßgeblichkeit der vom Arbeitgeber zu verwendenden Lohnsteuer-Abzugsmerkmale, das in § 39b EStG (Lohnsteuerkarte) und § 39e EStG (elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) zum Ausdruck kommt, sind während des Abzugsjahres der Haftungsanspruch gegen den Arbeitgeber und der Steueranspruch gegen den Arbeitnehmer dem Umfang nach grundsätzlich identisch (BFHE 113, 157; vgl. auch Wagner in Blümich EStG [Stand: Oktober 2010], § 42d Rn. 31). Nach Ablauf des Kalenderjahres haftet der Arbeitgeber für die Jahreslohnsteuerschuld (§ 38a Abs. 1 Satz 1 EStG). Das ist die Lohnsteuer, die sich nach den Besteuerungsmerkmalen für den Jahresarbeitslohn ergibt (§ 38a Abs. 2 EStG). Steuermindernde Faktoren, die erst im Rahmen einer Veranlagung des Arbeitnehmers zu Tage treten, können insoweit bei einer Haftungsinanspruchnahme zugunsten des Arbeitgebers frühestens nach Abschluss des Veranlagungszeitraums berücksichtigt werden (im Einzelnen str.; vgl. Wagner aaO Rn. 32 ff.).
12
bb) In steuerstrafrechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass der Arbeitgeber, wenn er der ihm nach § 41a EStG obliegenden Pflicht zur Anmeldung der Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß nachkommt, eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AO begeht. An diesen jeweils eigenständigen Taten im materiell-rechtlichen Sinn kann sich der Arbeitnehmer als Täter oder Gehilfe beteiligen. Nach den Umständen des Einzelfalls kommt auch allein eine - dann in mittelbarer Täterschaft begangene - Steuerhinterziehung durch den Arbeitnehmer in Betracht (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rn. 201). Je nach dem, welche Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume nach § 41a Abs. 2 EStG betroffen sind, kann es in einem Veranlagungszeitraum zu bis zu zwölf Hinterziehungstaten kommen.
13
Daneben tritt als weitere eigenständige Tat die Hinterziehung von Einkommensteuer durch den Arbeitnehmer, wenn eine Veranlagung des Arbeitnehmers nach dem Einkommensteuergesetz durchzuführen ist und der Arbeitnehmer insoweit unrichtige Erklärungen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO abgibt oder die Abgabe einer Steuererklärung i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO unterlässt. An dieser Tat kann sich der Arbeitgeber gegebenenfalls als Täter, regelmäßig aber als Gehilfe beteiligen.
14
cc) Das Nebeneinander von Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber und dem Bestehen einer Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers führt in steuerstrafrechtlicher Hinsicht weiter dazu, dass die Hinterziehung der Lohnsteuer grundsätzlich eine „auf Zeit“ angelegte Tat ist, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass nach der Vorstellung der Tatbeteiligten eine Veranlagung des Arbeitnehmers und daran anschließend eine Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfolgen sollte (vgl. Joecks aaO § 370 AO Rn. 201, 204). Der Umfang der tatbestandlich verkürzten Lohnsteuern bemisst sich gleichwohl nach deren Nominalbetrag (vgl. zu dem ähnlich gelagerten Fall der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe unrichtiger Unsatzsteuervoranmeldungen BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221 Rn. 21 ff.), der bei vollumfänglich illegalen Beschäftigungsverhältnissen auf der Grundlage des tatsächlich gezahlten Schwarzlohns nach den Steuersätzen der Lohnsteuerklasse VI (BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285 ff.; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71 Rn. 16, 18; vgl. auch BFH/NV 2009, 1809 mwN), im Übrigen nach der jeweiligen Steuerklasse des betroffenen Arbeitnehmers zu berechnen ist. Dem Umstand, dass die lohnsteuerrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers im Ergebnis der Durchsetzung der einkommensteuerrechtlichen Pflichten des Arbeitnehmers dienen und insoweit derselbe Steueranspruch betroffen ist, ist allein bei der Strafzumessung Rechnung zu tragen.
15
(1) In Fällen der Hinterziehung von Lohnsteuer „auf Zeit“, die tatsächlich freilich selten gegeben sein dürften, ist bei der Strafzumessung grundsätzlich zu beachten, dass sich die dem Fiskus auf Dauer entzogenen Steuern nach den tatsächlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer bemessen. Das Tatgericht muss sich hierüber erkennbar bewusst sein; es ist indes nicht gehalten, hierzu umfangreiche Beweiserhebungen und Darlegungen anzustellen. Ist die genaue Berechnung der endgültig geschuldeten Einkommensteuern nicht ohne weiteres möglich, kann das Tatgericht von geschätzten, niedrigeren Durchschnittssteuersätzen ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1985 - 1 StR 284/85, NStZ 1986, 79; BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 - 5 StR 38/92, NJW 1992, 2240). Wird sowohl die Hinterziehung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber als auch dessen Beteiligung an der Hinterziehung von Einkommensteuer durch den Arbeitnehmer geahndet, muss das Tatgericht zudem erkennbar zum Ausdruck bringen , dass es sich dem Verhältnis von Lohn- und Einkommensteuer bewusst war; die Höhe der durch die einzelnen Hinterziehungstaten verkürzten Steuern darf namentlich nicht addiert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2002 - 5 StR 448/01, NStZ 2002, 485, 487). Nämliches gilt, soweit die Beteiligung des Arbeitnehmers an der Hinterziehung von Lohnsteuer einerseits und Einkommensteuer andererseits geahndet wird.
16
(2) Ist die Hinterziehung der Lohnsteuer demgegenüber „auf Dauer“ angelegt , ist die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommensteuer auch für den Strafausspruch nicht relevant. Denn dann besteht für die ordnungsgemäße Besteuerung eine besondere Gefahrenlage, der durch die Ausgestaltung der Lohnsteuer als Abzugssteuer gerade entgegengewirkt werden soll. Diese Gefahrenlage soll bei der auf Dauer angelegten Lohnsteuerhinterziehung nach dem Tatplan der an ihr Beteiligten auch nicht nachträglich wieder beseitigt werden.
17
(a) Eine solche Hinterziehung der Lohnsteuer „auf Dauer“ ist regelmäßig dann gegeben, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede treffen, sie sich mithin darüber einig sind, dass der Arbeitgeber für den gezahlten Barlohn weder Lohnsteuer, noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen soll. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht gegeben. Insoweit wird weder Lohnsteuer durch den Arbeitgeber einbehalten , noch wird - was dem Arbeitnehmer bekannt ist - Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt. Der Arbeitnehmer wird die Einkünfte aus dem illegalen Beschäftigungsverhältnis auch nicht gegenüber den Finanzbehörden (sei es nach § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, sei es nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) erklären. Eine Anrechnung der Lohnsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG scheidet demnach aus. Die grundsätzlich für eine Hinterziehung auf Zeit sprechenden Gesichtspunkte des Lohnsteuerverfahrens, namentlich die Anrechung der einbehaltenen Lohnsteuer auf die vom Arbeitnehmer geschuldete Einkommensteuer, sind in diesen Fällen nicht gegeben (vgl. bereits BGH, Urteil vom 24. September 1986 - 3 StR 336/86, NStZ 1987, 78).
18
Der Umstand, dass nach Bekanntwerden der Taten ein Haftungsbescheid nach § 42d EStG gegenüber dem Arbeitgeber unter Umständen auf die Höhe der vom Arbeitnehmer geschuldeten Einkommensteuer begrenzt wäre, steht dem nicht entgegen. Denn diese zwangsläufig nach Beendigung der einzelnen Hinterziehung von Lohnsteuer eintretende Reduzierung der Lohnsteuerhaftung und der im Vergleich zum Arbeitgeber unter Umständen geringere Schuldumfang der Einkommensteuerhinterziehung des Arbeitnehmers ergeben sich in Fällen der Schwarzlohnabrede regelmäßig allein aus der Entdeckung der Tat. Vor diesem Hintergrund stellen diese Umstände keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar. Der möglicherweise geringere Umfang der vom Arbeitnehmer hinterzogenen Einkommensteuer ist daher in Fällen der Schwarzlohnabrede regelmäßig nicht zu quantifizieren, wenn allein die Hinterziehung der Lohnsteuer geahndet wird.
19
(b) Gleiches gilt regelmäßig in Fällen sog. Teilschwarzlohnabreden, bei denen einvernehmlich nur ein Teil des Lohns beim zuständigen Finanzamt angemeldet wird, während ein weiterer Teil des tatsächlich - regelmäßig bar - ausgezahlten Lohns nicht angemeldet wird. Auch hier ist eine Hinterziehung auf Dauer beabsichtigt. Freilich ist in diesen Fällen diejenige Lohnsteuerklasse bei der Berechnung der hinterzogenen Lohnsteuer zu Grunde zu legen, die sich aus der vorgelegten Lohnsteuerkarte ergibt. Das wird in den meisten Fällen nicht die Lohnsteuerklasse VI sein.
20
(c) Als eine „auf Dauer“ angelegte Hinterziehung von Lohnsteuer wird regelmäßig auch der Fall anzusehen sein, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer vom Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers einbehält, diese aber ohne Wissen des Arbeitnehmers nicht abführt.
21
Auch hier wird nach der Vorstellung des Arbeitgebers eine Gefahrenlage für die ordnungsgemäße Besteuerung des Einkommens des Arbeitnehmers geschaffen, die - auch durch steuerehrliches Verhalten des Arbeitnehmers - in der überwiegenden Zahl dieser Fälle nicht nachträglich wieder beseitigt wird. Da der Arbeitnehmer auch in diesen Fällen die einbehaltene, aber nicht angemeldete und nicht abgeführte Lohnsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anrechnen kann - was u.U. gar zu einer Erstattung von Einkommensteuer führt, obwohl der Fiskus die zu erstattende Steuer überhaupt nicht vereinnahmt hat (vgl. BFH DStRE 1999, 864) - verbleibt es bei der Haftung des Arbeitgebers nach § 42d EStG. Nur wenn der Arbeitgeber diese Haftungsschuld erfüllt, wird der bereits eingetretene Hinterziehungsschaden nachträglich beseitigt. Allein dieser Umstand ist dann - als nachträgliche Schadenswiedergutmachung - auch strafzumessungsrelevant.
22
b) Den vorgenannten Grundsätzen wird das landgerichtliche Urteil gerecht :
23
aa) Bei der Ermittlung des tatbestandlichen Hinterziehungsumfangs hat das Landgericht die tatsächlich gezahlten Schwarzlöhne, deren Höhe sich aus den sichergestellten Lohnaufzeichnungen des Haupttäters ergab, zu Grunde gelegt und davon ausgehend unter Anwendung des Eingangssteuersatzes der Steuerklasse VI die hinterzogene Lohnsteuer, die der Arbeitgeber nach § 41a EStG anzumelden hatte, berechnet.
24
Dieses Vorgehen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Aufgrund der Tatsache, dass das Landgericht bei der Ermittlung der hinterzogenen Lohnsteuer den Eingangssteuersatz der Steuerklasse VI zu Grunde gelegt hat, war die Höhe der den einzelnen Arbeitnehmern ausgezahlten Schwarzlöhne für die Bestimmung des Steuerschadens ohne Bedeutung.
25
bb) Auch den der Strafzumessung zu Grunde zu legenden Steuerschaden hat das Landgericht zutreffend bestimmt.
26
(1) Da vorliegend zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede getroffen worden war, sollte die Lohnsteuer auf Dauer hinterzogen werden. Das Tatgericht war daher - wie oben dargelegt - nicht gehalten , bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten die Höhe der tatsächlich von den Arbeitnehmern geschuldeten Einkommensteuer zu berücksichtigen.
27
(2) Dessen ungeachtet hat das Landgericht - ohne dass dies erforderlich gewesen wäre - die auf der genannten Grundlage berechnete Lohnsteuerverkürzung dem dauerhaft dem Fiskus verbleibenden Steuerschaden gegenüber gestellt. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Steuerbelastung für die zu Grunde zulegenden Monatseinkommen der einzelnen Arbeitnehmer den Eingangssteuersatz der Lohnsteuerklasse VI übersteigt. Die insoweit maßgeblichen Monatseinkommen der Arbeitnehmer hat das Landgericht dabei - wie sich aus der Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt - im Wege der Schätzung gewonnen. Die diesbezüglichen Angriffe der Revision erschöpfen sich in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die - bei der Schätzung vorzunehmende - Beweiswürdigung des Tatgerichts durch eine eigene zu ersetzen. Rechtsfehler werden insoweit nicht aufgezeigt.
Herr RiBGH Dr. Wahl ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Nack Nack Hebenstreit Jäger Sander

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 423/17
vom
21. März 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Bankrott u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:210318B1STR423.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 21. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 20. März 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, im gesamten Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Pflichtverletzung bei Zahlungsunfähigkeit (Insolvenzverschleppung), Anstiftung zum Bankrott sowie Beihilfe zum Bankrott in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat auf die Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Im Fall II. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten wegen Beihilfe zur Insolvenzverschleppung verurteilt und den Strafrahmen des § 15a Abs. 4 InsO gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Im Fall III. der Urteilsgründe hat das Landgericht den Angeklagten wegen Anstiftung zum Bankrott schuldig gesprochen und ist von dem nicht gemilderten Strafrahmen des § 283 Abs. 1 StGB ausgegangen. In den unter IV. der Urteilsgründe zusammengefassten zwei Fällen (Beiseiteschaffen von Fahrzeugen und Gerätschaften aus dem Vermögen der M. GmbH und aus dem Vermögen des nicht revidierenden Mitangeklagten Ma. ) hat das Landgericht den Angeklagten jeweils wegen Beihilfe zum Bankrott verurteilt und den Strafrahmen des § 283 Abs. 1 StGB jeweils gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert.
4
2. Das Landgericht hat bei der Bestimmung des anzuwendenden Strafrahmens in allen Fällen die (weitere) Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gezogen. Dies begegnet durchgreifenden sachlich-rechtlichen Bedenken.
5
a) Die Vorschrift des § 15a Abs. 4, Abs. 1 Satz 1 InsO enthält ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher nur die Person sein, die die Sondereigenschaft als Mitglied eines Vertretungsorgans einer juristischen Person oder als deren Abwickler besitzt (BGH, Urteile vom 6. Mai 1960 – 2 StR 65/60, BGHSt 14, 280, 281 f. zu § 84 Abs. 1 GmbHG aF und vom 10. Mai 2000 – 3 StR 101/00, BGHSt 46, 62, 64 zu § 82 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GmbHG; Hohmann in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 15a InsO Rn. 96 f.). Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 15a InsO Rn. 8; Klöhn in Münchener Kommentar, InsO, 3. Aufl., § 15a Rn. 337; siehe auch BGH aaO, BGHSt 46, 62, 64 zu § 82 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GmbHG).
6
b) Auch bei der gemäß § 283 Abs. 1 StGB für die täterschaftliche Begehung erforderlichen Pflichtenstellung als Schuldner handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne von § 28 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, BGHSt 58, 115, 117 f. Rn. 9 und vom 8. September 1994 – 1 StR 169/94 Rn. 11; Radtke/Petermann in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 283 Rn. 80; Reinhart inGraf/Jäger/ Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 283 StGB Rn. 75; Fischer, StGB, 65. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 283 Rn. 25 mwN).
7
c) Hinsichtlich Fall III. der Urteilsgründe (Anstiftung zum Bankrott) war für den Angeklagten, der die Pflichtenstellung als Schuldner nicht innehatte, der Strafrahmen zwingend gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern.
8
d) Aber auch in den Fällen II. und IV. der Urteilsgründe (Beihilfe zur Insolvenzverschleppung und Beihilfe zum Bankrott) war vorliegend die weitere, in § 28 Abs. 1 StGB zwingend vorgesehene Strafrahmenverschiebung in Betracht zu ziehen. Bei einem Gehilfen, der – wie der Angeklagte – im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst die Sondereigenschaft als Mitglied eines Vertretungsorgans einer juristischen Person (Fall II. der Urteilsgründe) und die besondere Pflichtenstellung als Schuldner innehatte (Fall IV. der Urteilsgründe), ist die Strafe nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen Fehlens der Sondereigenschaft Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54 f.; vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 2; vom 1. März 2005 – 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109; vom 26. November 2008 – 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102 und vom 27. Januar 2015 – 4 StR 476/14, wistra 2015, 146). Hier belegen die Urteilsausführungen hinsichtlich der Fälle II. und IV. der Urteilsgründe, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen (UA S. 55, 59). Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen.
9
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen, auf die das Landgericht erkannt hat, auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruhen. Aufgrund des Wegfalls der Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die Strafzumessungstatsachen, die das Landgericht festgestellt hat, werden allerdings von den dargelegten Rechtsfehlern, die bloße Wertungsfehler sind, nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen , die den bisherigen nicht widersprechen, sind zulässig. Raum Jäger Cirener Radtke Hohoff

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 651/10
vom
8. Februar 2011
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_________________________
Treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede, nach der für
das gesamte dem Arbeitnehmer gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge
abgeführt werden sollen, bedarf es im Falle der Verurteilung
des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer weder Feststellungen
zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer
, noch ist die Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommensteuer
im Urteil zu quantifizieren. Die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten
Einkommensteuer ist bei der Verurteilung des Arbeitgebers weder für den
Schuldspruch, noch für den Strafausspruch relevant.
BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 651/10 - LG Münster
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Februar 2011 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Münster vom 12. April 2010 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 66 Fällen, wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwölf Fällen sowie wegen Vereitelung der Zwangsvollstreckung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte aus den Untreuetaten 205.927,39 Euro sowie die Verfallsbeteiligte A. aus der Vereitelung der Zwangsvollstreckung weitere - im Tenor des angefochtenen Urteils näher aufgeführte - Vermögenswerte erlangt hat und lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt werden kann, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB).
2
Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision; er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel ist erfolglos i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.
3
Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
4
1. In den Fällen B. I. der Urteilsgründe (Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwölf Fällen) hat das Landgericht der Strafzumessung im Ergebnis den zutreffenden Strafrahmen zu Grunde gelegt.
5
a) Zwar führt die Strafkammer im Rahmen der Strafzumessung bezüglich dieser Taten zur Strafrahmenwahl aus, dass hinsichtlich der tateinheitlich begangenen Beihilfe zur Steuerhinterziehung einerseits und zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt andererseits der identische, sich sowohl aus § 370 Abs. 1 AO, als auch aus § 266a Abs. 1 StGB ergebende Strafrahmen zu Grunde zu legen und dieser nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB zu mildern sei. Insoweit hat das Landgericht ersichtlich nicht bedacht, dass hier hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB an sich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen war. Hiervon hätte nur dann abgesehen werden können, wenn das Landger icht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109). Den Urteilsgründen lässt sich - auch in der Gesamtschau - nicht entnehmen, dass das Landgericht sich bei der Strafrahmenwahl von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
6
b) Allerdings war hier nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen. Denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für die Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1). Weder insoweit, noch in anderem Zusammenhang hat sich damit die rechtsfehlerhafte Bestimmung des Strafrahmens für die Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt.
7
2. Das Landgericht hat auch die Höhe der Lohnsteuer, zu deren Hinterziehung der Angeklagte durch seine Tatbeiträge Hilfe geleistet hat, zutreffend bestimmt. Mit der sachlich-rechtlichen Beanstandung, die Strafkammer hätte auf der Grundlage der ihr bekannten Anzahl der auf den Baustellen eingesetzten Arbeiter und der von diesen erbrachten Arbeitsstunden den jeweils an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer konkret gezahlten Lohn und - davon ausgehend - die von jedem einzelnen Arbeitnehmer hinterzogene Einkommensteuer bestimmen können und den Betrag der Strafzumessung zu Grunde legen müssen , deckt die Revision keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
8
In Fällen der vorliegenden Art, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede dergestalt treffen, dass für das gesamte dem Arbeitnehmer gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden sollen, ist im Falle der Verurteilung des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzte Einkommensteuer weder für den Schuldspruch, noch für den Strafausspruch bedeutsam. Es bedarf daher keiner Feststellungen zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer. Die Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommensteuer ist im Urteil nicht zu quantifizieren.
9
a) Insoweit gilt Folgendes:
10
aa) Die Lohnsteuer entspricht der Höhe nach der Einkommensteuer, die der Arbeitnehmer schuldet, wenn er ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt (vgl. § 38a Abs. 2 EStG). Bei der Lohnsteuer handelt es sich um eine Abzugssteuer i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, die gemäß § 38 Abs. 1 EStG durch Steuerabzug vom Lohn erhoben wird. Die nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG vorgesehene Anrechnung der vom Arbeitgeber einbehaltenen Lohnsteuer ist dabei nicht der materiell-rechtlichen Bestimmung des festzusetzenden Steueranspruchs des Staates gegenüber dem Arbeitnehmer, sondern dem verfahrensrechtlichen Bereich des Erhebungsverfahrens nach Festsetzung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Einkommensteuer zuzuordnen (vgl. Brenner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG [Stand: Juli 2002], § 36 Rn. A 2, A 232 mwN). Dabei tilgt die nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anzurechnende Lohnsteuer die Steuerschuld, mindert aber nicht die festgesetzte Einkommensteuerschuld (Heuermann in Blümich EStG [Stand: Oktober 2010], § 46 Rn. 19). Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG wird zudem nur die erhobene Abzugssteuer, d.h. die vom Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer (vgl. Brenner aaO Rn. D 80 mwN), angerechnet. Wurde die Lohnsteuer einbehalten, aber nicht an das Finanzamt abgeführt , besteht die Möglichkeit der Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nur, wenn der Arbeitnehmer davon keine Kenntnis hatte (BFH, DStRE 1999, 864). Die Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG setzt zudem eine Veranlagung des Arbeitnehmers voraus, die die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, für die die Lohnsteuer einbehalten wurde, erfasst.

11
Diese systemimmanente Trennung von Lohnsteuerabzug und Einkommensteuerveranlagung setzt sich auch im Haftungsverfahren nach § 42d EStG fort. Während des laufenden Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer des einzelnen Lohnzahlungszeitraums, selbst wenn zu vermuten ist, dass eine entsprechende Jahreslohnsteuerschuld des Arbeitnehmers nicht oder nicht in dieser Höhe bestehen wird (BFHE 74, 97 ff.). Wegen des Prinzips der Maßgeblichkeit der vom Arbeitgeber zu verwendenden Lohnsteuer-Abzugsmerkmale, das in § 39b EStG (Lohnsteuerkarte) und § 39e EStG (elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) zum Ausdruck kommt, sind während des Abzugsjahres der Haftungsanspruch gegen den Arbeitgeber und der Steueranspruch gegen den Arbeitnehmer dem Umfang nach grundsätzlich identisch (BFHE 113, 157; vgl. auch Wagner in Blümich EStG [Stand: Oktober 2010], § 42d Rn. 31). Nach Ablauf des Kalenderjahres haftet der Arbeitgeber für die Jahreslohnsteuerschuld (§ 38a Abs. 1 Satz 1 EStG). Das ist die Lohnsteuer, die sich nach den Besteuerungsmerkmalen für den Jahresarbeitslohn ergibt (§ 38a Abs. 2 EStG). Steuermindernde Faktoren, die erst im Rahmen einer Veranlagung des Arbeitnehmers zu Tage treten, können insoweit bei einer Haftungsinanspruchnahme zugunsten des Arbeitgebers frühestens nach Abschluss des Veranlagungszeitraums berücksichtigt werden (im Einzelnen str.; vgl. Wagner aaO Rn. 32 ff.).
12
bb) In steuerstrafrechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass der Arbeitgeber, wenn er der ihm nach § 41a EStG obliegenden Pflicht zur Anmeldung der Lohnsteuer nicht ordnungsgemäß nachkommt, eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 AO begeht. An diesen jeweils eigenständigen Taten im materiell-rechtlichen Sinn kann sich der Arbeitnehmer als Täter oder Gehilfe beteiligen. Nach den Umständen des Einzelfalls kommt auch allein eine - dann in mittelbarer Täterschaft begangene - Steuerhinterziehung durch den Arbeitnehmer in Betracht (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 AO Rn. 201). Je nach dem, welche Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume nach § 41a Abs. 2 EStG betroffen sind, kann es in einem Veranlagungszeitraum zu bis zu zwölf Hinterziehungstaten kommen.
13
Daneben tritt als weitere eigenständige Tat die Hinterziehung von Einkommensteuer durch den Arbeitnehmer, wenn eine Veranlagung des Arbeitnehmers nach dem Einkommensteuergesetz durchzuführen ist und der Arbeitnehmer insoweit unrichtige Erklärungen i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO abgibt oder die Abgabe einer Steuererklärung i.S.v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO unterlässt. An dieser Tat kann sich der Arbeitgeber gegebenenfalls als Täter, regelmäßig aber als Gehilfe beteiligen.
14
cc) Das Nebeneinander von Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber und dem Bestehen einer Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers führt in steuerstrafrechtlicher Hinsicht weiter dazu, dass die Hinterziehung der Lohnsteuer grundsätzlich eine „auf Zeit“ angelegte Tat ist, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles damit zu rechnen ist, dass nach der Vorstellung der Tatbeteiligten eine Veranlagung des Arbeitnehmers und daran anschließend eine Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfolgen sollte (vgl. Joecks aaO § 370 AO Rn. 201, 204). Der Umfang der tatbestandlich verkürzten Lohnsteuern bemisst sich gleichwohl nach deren Nominalbetrag (vgl. zu dem ähnlich gelagerten Fall der Hinterziehung von Umsatzsteuer durch Abgabe unrichtiger Unsatzsteuervoranmeldungen BGH, Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221 Rn. 21 ff.), der bei vollumfänglich illegalen Beschäftigungsverhältnissen auf der Grundlage des tatsächlich gezahlten Schwarzlohns nach den Steuersätzen der Lohnsteuerklasse VI (BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 - 5 StR 38/92, BGHSt 38, 285 ff.; BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71 Rn. 16, 18; vgl. auch BFH/NV 2009, 1809 mwN), im Übrigen nach der jeweiligen Steuerklasse des betroffenen Arbeitnehmers zu berechnen ist. Dem Umstand, dass die lohnsteuerrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers im Ergebnis der Durchsetzung der einkommensteuerrechtlichen Pflichten des Arbeitnehmers dienen und insoweit derselbe Steueranspruch betroffen ist, ist allein bei der Strafzumessung Rechnung zu tragen.
15
(1) In Fällen der Hinterziehung von Lohnsteuer „auf Zeit“, die tatsächlich freilich selten gegeben sein dürften, ist bei der Strafzumessung grundsätzlich zu beachten, dass sich die dem Fiskus auf Dauer entzogenen Steuern nach den tatsächlichen Verhältnissen der Arbeitnehmer bemessen. Das Tatgericht muss sich hierüber erkennbar bewusst sein; es ist indes nicht gehalten, hierzu umfangreiche Beweiserhebungen und Darlegungen anzustellen. Ist die genaue Berechnung der endgültig geschuldeten Einkommensteuern nicht ohne weiteres möglich, kann das Tatgericht von geschätzten, niedrigeren Durchschnittssteuersätzen ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juli 1985 - 1 StR 284/85, NStZ 1986, 79; BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 - 5 StR 38/92, NJW 1992, 2240). Wird sowohl die Hinterziehung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber als auch dessen Beteiligung an der Hinterziehung von Einkommensteuer durch den Arbeitnehmer geahndet, muss das Tatgericht zudem erkennbar zum Ausdruck bringen , dass es sich dem Verhältnis von Lohn- und Einkommensteuer bewusst war; die Höhe der durch die einzelnen Hinterziehungstaten verkürzten Steuern darf namentlich nicht addiert werden (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2002 - 5 StR 448/01, NStZ 2002, 485, 487). Nämliches gilt, soweit die Beteiligung des Arbeitnehmers an der Hinterziehung von Lohnsteuer einerseits und Einkommensteuer andererseits geahndet wird.
16
(2) Ist die Hinterziehung der Lohnsteuer demgegenüber „auf Dauer“ angelegt , ist die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommensteuer auch für den Strafausspruch nicht relevant. Denn dann besteht für die ordnungsgemäße Besteuerung eine besondere Gefahrenlage, der durch die Ausgestaltung der Lohnsteuer als Abzugssteuer gerade entgegengewirkt werden soll. Diese Gefahrenlage soll bei der auf Dauer angelegten Lohnsteuerhinterziehung nach dem Tatplan der an ihr Beteiligten auch nicht nachträglich wieder beseitigt werden.
17
(a) Eine solche Hinterziehung der Lohnsteuer „auf Dauer“ ist regelmäßig dann gegeben, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede treffen, sie sich mithin darüber einig sind, dass der Arbeitgeber für den gezahlten Barlohn weder Lohnsteuer, noch Sozialversicherungsbeiträge zahlen soll. In diesen Fällen sind die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht gegeben. Insoweit wird weder Lohnsteuer durch den Arbeitgeber einbehalten , noch wird - was dem Arbeitnehmer bekannt ist - Lohnsteuer an das Finanzamt abgeführt. Der Arbeitnehmer wird die Einkünfte aus dem illegalen Beschäftigungsverhältnis auch nicht gegenüber den Finanzbehörden (sei es nach § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, sei es nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) erklären. Eine Anrechnung der Lohnsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG scheidet demnach aus. Die grundsätzlich für eine Hinterziehung auf Zeit sprechenden Gesichtspunkte des Lohnsteuerverfahrens, namentlich die Anrechung der einbehaltenen Lohnsteuer auf die vom Arbeitnehmer geschuldete Einkommensteuer, sind in diesen Fällen nicht gegeben (vgl. bereits BGH, Urteil vom 24. September 1986 - 3 StR 336/86, NStZ 1987, 78).
18
Der Umstand, dass nach Bekanntwerden der Taten ein Haftungsbescheid nach § 42d EStG gegenüber dem Arbeitgeber unter Umständen auf die Höhe der vom Arbeitnehmer geschuldeten Einkommensteuer begrenzt wäre, steht dem nicht entgegen. Denn diese zwangsläufig nach Beendigung der einzelnen Hinterziehung von Lohnsteuer eintretende Reduzierung der Lohnsteuerhaftung und der im Vergleich zum Arbeitgeber unter Umständen geringere Schuldumfang der Einkommensteuerhinterziehung des Arbeitnehmers ergeben sich in Fällen der Schwarzlohnabrede regelmäßig allein aus der Entdeckung der Tat. Vor diesem Hintergrund stellen diese Umstände keinen bestimmenden Strafzumessungsgrund dar. Der möglicherweise geringere Umfang der vom Arbeitnehmer hinterzogenen Einkommensteuer ist daher in Fällen der Schwarzlohnabrede regelmäßig nicht zu quantifizieren, wenn allein die Hinterziehung der Lohnsteuer geahndet wird.
19
(b) Gleiches gilt regelmäßig in Fällen sog. Teilschwarzlohnabreden, bei denen einvernehmlich nur ein Teil des Lohns beim zuständigen Finanzamt angemeldet wird, während ein weiterer Teil des tatsächlich - regelmäßig bar - ausgezahlten Lohns nicht angemeldet wird. Auch hier ist eine Hinterziehung auf Dauer beabsichtigt. Freilich ist in diesen Fällen diejenige Lohnsteuerklasse bei der Berechnung der hinterzogenen Lohnsteuer zu Grunde zu legen, die sich aus der vorgelegten Lohnsteuerkarte ergibt. Das wird in den meisten Fällen nicht die Lohnsteuerklasse VI sein.
20
(c) Als eine „auf Dauer“ angelegte Hinterziehung von Lohnsteuer wird regelmäßig auch der Fall anzusehen sein, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer vom Bruttoarbeitsentgelt des Arbeitnehmers einbehält, diese aber ohne Wissen des Arbeitnehmers nicht abführt.
21
Auch hier wird nach der Vorstellung des Arbeitgebers eine Gefahrenlage für die ordnungsgemäße Besteuerung des Einkommens des Arbeitnehmers geschaffen, die - auch durch steuerehrliches Verhalten des Arbeitnehmers - in der überwiegenden Zahl dieser Fälle nicht nachträglich wieder beseitigt wird. Da der Arbeitnehmer auch in diesen Fällen die einbehaltene, aber nicht angemeldete und nicht abgeführte Lohnsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anrechnen kann - was u.U. gar zu einer Erstattung von Einkommensteuer führt, obwohl der Fiskus die zu erstattende Steuer überhaupt nicht vereinnahmt hat (vgl. BFH DStRE 1999, 864) - verbleibt es bei der Haftung des Arbeitgebers nach § 42d EStG. Nur wenn der Arbeitgeber diese Haftungsschuld erfüllt, wird der bereits eingetretene Hinterziehungsschaden nachträglich beseitigt. Allein dieser Umstand ist dann - als nachträgliche Schadenswiedergutmachung - auch strafzumessungsrelevant.
22
b) Den vorgenannten Grundsätzen wird das landgerichtliche Urteil gerecht :
23
aa) Bei der Ermittlung des tatbestandlichen Hinterziehungsumfangs hat das Landgericht die tatsächlich gezahlten Schwarzlöhne, deren Höhe sich aus den sichergestellten Lohnaufzeichnungen des Haupttäters ergab, zu Grunde gelegt und davon ausgehend unter Anwendung des Eingangssteuersatzes der Steuerklasse VI die hinterzogene Lohnsteuer, die der Arbeitgeber nach § 41a EStG anzumelden hatte, berechnet.
24
Dieses Vorgehen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Aufgrund der Tatsache, dass das Landgericht bei der Ermittlung der hinterzogenen Lohnsteuer den Eingangssteuersatz der Steuerklasse VI zu Grunde gelegt hat, war die Höhe der den einzelnen Arbeitnehmern ausgezahlten Schwarzlöhne für die Bestimmung des Steuerschadens ohne Bedeutung.
25
bb) Auch den der Strafzumessung zu Grunde zu legenden Steuerschaden hat das Landgericht zutreffend bestimmt.
26
(1) Da vorliegend zwischen dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Schwarzlohnabrede getroffen worden war, sollte die Lohnsteuer auf Dauer hinterzogen werden. Das Tatgericht war daher - wie oben dargelegt - nicht gehalten , bei der Strafzumessung zu Gunsten des Angeklagten die Höhe der tatsächlich von den Arbeitnehmern geschuldeten Einkommensteuer zu berücksichtigen.
27
(2) Dessen ungeachtet hat das Landgericht - ohne dass dies erforderlich gewesen wäre - die auf der genannten Grundlage berechnete Lohnsteuerverkürzung dem dauerhaft dem Fiskus verbleibenden Steuerschaden gegenüber gestellt. Sie ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Steuerbelastung für die zu Grunde zulegenden Monatseinkommen der einzelnen Arbeitnehmer den Eingangssteuersatz der Lohnsteuerklasse VI übersteigt. Die insoweit maßgeblichen Monatseinkommen der Arbeitnehmer hat das Landgericht dabei - wie sich aus der Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt - im Wege der Schätzung gewonnen. Die diesbezüglichen Angriffe der Revision erschöpfen sich in dem im Revisionsverfahren unbeachtlichen Versuch, die - bei der Schätzung vorzunehmende - Beweiswürdigung des Tatgerichts durch eine eigene zu ersetzen. Rechtsfehler werden insoweit nicht aufgezeigt.
Herr RiBGH Dr. Wahl ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschrift gehindert. Nack Nack Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 586/12
vom
9. April 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
1. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen
besonders verpflichtet ist.
2. Das Merkmal "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf
das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in
Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen
würde.
3. Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen
trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsbe-
rechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein,
der ihm gegenüber weisungsabhängige "Strohleute" im Rechtsverkehr nach
außen im eigenen Namen auftreten lässt.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juni 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wird,
b) aufgehoben aa) im Einzelstrafausspruch in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe und bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 22. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

4
Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe („Bandentaten“)
5
1. Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte erfahren, dass sich eine bis dahin von Ba. , G. und B. angeführte Gruppe erfolgreich im Handel mit Altgold betätigt hatte. Dieser Handel war darauf ausgerichtet, systematisch einen betrügerischen „Umsatzsteuergewinn“ zu er- wirtschaften. Der „Gewinn“ wurde dadurch erzielt, dass die beim Verkauf von Altgold an Scheideanstalten neben dem Nettokaufpreis erlangte Umsatzsteuer einbehalten wurde, in den Umsatzsteuervoranmeldungen der einliefernden Personen aber ein nicht gerechtfertigter Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vorgenommen wurde. Das Hinterziehungssystem folgte bis zum Einstieg des Angeklagten im Juni 2010 im Wesentlichen folgendem Ablauf:
6
Die Gruppe ließ Goldscheideanstalten mit von Ba. und G. „schwarz“ - also ohne Umsatzsteuer - angekauftem Gold in normalen Handels- geschäften beliefern. Bei den Scheideanstalten traten als liefernde Unternehmer (sog. Einlieferer) nur G. oder Personen auf, die von G. zu diesem Zwecke angeworben worden waren und entsprechende Gewerbe angemeldet hatten. Die Goldscheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf deren Konten. Die jeweiligen Einlieferer händigten den Brutto-Gutschriftsbetrag an Ba. oder G. aus und erhielten dafür eine Provision in Höhe von drei bis vier Prozent des Gutschriftsbetrages.
7
Die Einlieferer - darunter auch G. , soweit er in eigenem Namen Gold bei den Goldscheideanstalten einlieferte - meldeten in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsatzsteuer aus den Gutschriften für die Goldlieferungen an. Zur Minimierung der sich ergebenden Zahllast nahmen sie jedoch gleichzeitig einen unberechtigten Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) aus Scheinrechnungen vor, die B. beschaffte. Es handelte sich dabei um sog. Abdeckrechnungen , in denen den Rechnungsadressaten unter Umsatzsteuerausweis tatsächlich nicht erbrachte Lieferungen von Gold in Rechnung gestellt wurden. Die „Gewinne“ aus den Geschäften verwendeten G. und Ba. einerseits für weitere Goldankäufe sowie zum Bezahlen der Abdeckrechnungen, andererseits für einen aufwendigen Lebensstil.
8
Anlässlich eines Streits um eine offene Forderung B. s nahmen Ba. und G. den Angeklagten in die Gruppe auf, um fortan mit ihm nach „be- währtem Geschäftsmodell“ den auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Gold- handel fortzusetzen. Der Angeklagte übernahm - B. ersetzend - in führender Funktion gemäß einer „internen Aufgabenverteilung“ folgende Aufgaben (UA S. 20). Er sollte: - finanzielle Mittel für den weiteren Altgoldankauf zur Verfügung stellen , - neue Einlieferer anwerben, - die „Logistik“ für die Abdeckrechnungen, insbesondere neue Scheinfirmen und „Strohmänner“ sowie entsprechende Unterlagen, bereitstellen , - teilweise Altgold von Ba. in Empfang nehmen und an die anzuwerbenden neuen Einlieferer verteilen, - teilweise das Bargeld von den Einlieferern in Empfang nehmen, - teilweise die Gutschriftsbelege der Scheideanstalten, die für die Erstellung von Abdeckrechnungen benötigt wurden, von den Einlieferern in Empfang nehmen und an G. weiterleiten und - teilweise die Abdeckrechnungen von G. in Empfang nehmen und den Einlieferern übergeben.
9
Ba. sollte, wie zuvor auch, in erster Linie für die Beschaffung und teilweise Verteilung des Goldes zuständig sein, während G. die Abdeckrechnungen fertigen und daneben weiterhin Gold einliefern sollte.
10
Ende September 2010 nahm der Angeklagte den gesondert Verfolgten Gl. in die Gruppe auf, der als „Rechnungsschreiber“ und Einlieferer unter Falschpersonalien auftretend fortan ebenfalls eine führende Funktion in der Gruppe einnahm. Er ersetzte G. , als dieser im Oktober 2010 aus der Gruppe ausschied.
11
Der Angeklagte erhielt bei jedem Goldgeschäft einen Gewinnanteil; im Übrigen blieb die Gewinnverteilung in der Gruppe weitgehend ungeklärt. Die in diesen Fällen unter Beteiligung des Angeklagten insgesamt bewirkte Umsatzsteuerverkürzung betrug 1.382.391,24 Euro.
12
2. Die einzelnen Fälle wiesen folgende Besonderheiten auf:
13
a) Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe
14
aa) In den Fällen 1 bis 14 sowie 16 bis 18 der Urteilsgründe wurden die Einlieferungen von G. sowie von vier weiteren Einlieferern vorgenommen. Die für die Steuerhinterziehung erforderlichen Abdeckrechnungen auf dem Briefkopf einer A. GmbH stellte G. her, der zu diesem Zweck vom Angeklagten Geschäftsunterlagen und einen Firmenstempel der A. GmbH erhalten hatte. Der Angeklagte veranlasste jeweils, dass die Rechnungen vom formellen Geschäftsführer der A. GmbH, einem unter den Falschpersona- lien „ T. “ auftretenden nicht näher identifizierten bulgarischen Staatsangehörigen, unterzeichnet wurden.
15
bb) Im Fall 15 der Urteilsgründe wurden Vorsteuern aus Abdeckrechnungen geltend gemacht, die Gl. unter den Falschpersonalien „ F. “ gefertigt hatte. Der Angeklagte hatte Gl. zuvor einen auf diesen Namen ausgestellten gefälschten Reisepass besorgt.
16
b) Fälle 23 bis 26 der Urteilsgründe
17
Gl. trat in den Monaten September bis Dezember 2010 unter den Falschpersonalien „ F. “ selbst als Einlieferer auf. Da er einen falschen Namen verwendete, gab er abweichend von der sonst üblichen Vorgehensweise absprachegemäß keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Verwendung von Abdeckrechnungen erschien im Hinblick auf die Identitätstäuschung zu Verschleierungszwecken nicht erforderlich. Den für die Einlieferung bei der Goldscheideanstalt erhaltenen Kaufpreis händigte er abzüglich einer Provision von einem Prozent des Gutschriftsbetrages an den Angeklagten oder an Ba. aus.
18
c) Fälle 27 und 28 der Urteilsgründe
19
In den Fällen 27 und 28 der Urteilsgründe wurden zwei Einlieferer unter Falschpersonalien tätig, denen der Angeklagte gefälschte Ausweisdokumente verschafft hatte. Da auch sie unter diesen Falschpersonalien auftraten, wurden Abdeckrechnungen für ihre Einlieferungen von vorneherein nicht erstellt.
20
d) Fälle 20 bis 22 sowie 29 der Urteilsgründe
21
aa) Die Einlieferin Y. hatte von Gl. unter dem Namen „ F. “ erstellte Abdeckrechnungen erhalten. Sie gab absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fälle 20 bis 22 der Urteilsgründe)
22
bb) Der Einlieferer D. gab, obwohl er Abdeckrechnungen erhalten hatte, ebenfalls absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fall 29 der Urteilsgründe).
23
e) Fall 19 der Urteilsgründe
24
Das Gruppenmitglied G. , das im Fall 19 der Urteilsgründe als Einlieferer tätig wurde, gab abweichend von den Absprachen in der Gruppe gleichfalls keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.
25
3. Das Landgericht hat die vom Angeklagten aus der Gruppe heraus begangenen Taten als 18 Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe) und elf Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe) gewertet. Es hat in diesen Fällen jeweils eine bandenmäßige Begehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO angenommen.
26
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen jeweils als Mittäter eingestuft. Soweit Unterlassungsdelikte vorlägen (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe ), habe er gemeinschaftlich mit anderen die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen unterlassen.
27
Die über die Gewerbe der Einlieferer abgewickelten Goldlieferungen hat das Landgericht den Mitgliedern der Gruppe, die sie als Bande qualifiziert hat, und damit auch dem Angeklagten zugerechnet, weil die Einlieferer sich als „Strohleute“ in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung befunden hätten und - somit nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelnd - den Tatplan der Bandenmitglieder lediglich umgesetzt hätten. Daher habe für den Angeklag- ten als „Mitunternehmer“ gemäß § 18 UStG die Pflicht bestanden, diese Goldeinlieferungen in Umsatzsteuererklärungen als Umsätze anzumelden.
28
Soweit (in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) G. und Gl. als Einlieferer tätig geworden seien, sei der Angeklagte nicht als „Mitunternehmer“ einzustufen. Denn diese Gruppenmitglieder hätten nicht die Position von „Strohleuten“ eingenommen. Deshalb seien auch deren Goldeinlieferungen nicht dem Angeklagten unter dem Gesichtspunkt (mit)unternehmerischer Tätigkeit zurechenbar. Dennoch habe sich der Angeklagte auch insoweit der gemeinschaftlichen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er müsse sich als Hintermann - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Pflichtverletzungen der Bandenmitglieder zurechnen lassen.

II.

29
Weitere Taten des Angeklagten (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
30
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leistete der Angeklagte außerhalb der Bande Unterstützungsbeiträge zu weiteren vergleichbaren Taten:
31
a) Fall 30 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um B. )
32
Der wegen den Streitigkeiten mit G. und Ba. aus der Bande ausgeschiedene B. nahm in einer neuen Gruppe entsprechende Goldhandelsgeschäfte vor, die ebenfalls auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer abzielten. Die Geschäfte wurden über die vermögenslose S. GmbH abgewickelt. Nachdem viele Banken unter anderem wegen des von ihnen gesehenen Geldwäscheverdachts nicht mehr dazu bereit waren, Konten für Goldhändler zu errichten, unterstützte der Angeklagte die Gruppe, indem er über einen unabhängigen Finanzvermittler die Eröffnung eines Geschäftskontos ermöglichte.
33
Die durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die über die S. GmbH abgewickelten Goldhandelsgeschäfte eingetretene Umsatzsteuerverkürzung betrug insgesamt 824.000,04 Euro.
34
b) Fälle 31 bis 34 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um Te. )
35
Für entsprechende Goldhandelsgeschäfte einer Gruppe um Te. , bei denen ebenfalls systematisch Umsatzsteuern hinterzogen wurden, stellte der Angeklagte Abdeckrechnungen zur Verfügung, die er von Gl. fertigen ließ. Sie wurden zum unberechtigten Vorsteuerabzug verwendet. Hier- durch wurde durch Yi. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 89.965 Euro und durch Ü. von weiteren 57.633,42 Euro hinterzogen.
36
2. Die den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe zu Grunde liegenden Taten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, § 27 StGB gewertet. Dabei ist es angesichts des einmaligen Tatbeitrages des Angeklagten im Falle der S. GmbH von einer einheitlichen Beihilfetat ausgegangen.

B.

37
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge - die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - zu einem Teilerfolg. In den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ab. Dies zieht in diesen Fällen die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

I.


38
Die verfahrensgegenständlichen Taten können in zwei Fallkomplexe unterteilt werden. Fallkomplex I umfasst die von der Bande um den Angeklagten und Ba. sowie G. bzw. Gl. begangenen Taten (Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe). Fallkomplex II erfasst die Unterstützungshandlungen des Angeklagten für andere Täter bzw. Tätergruppierungen (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe). Ausgehend von den sich stellenden Rechts- fragen lassen sich im Fallkomplex I zwei Untergruppen bilden: Die Fallgruppe I.1. umfasst diejenigen Fälle, bei denen von den Einlieferern unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe ), während der Fallgruppe I.2. diejenigen Fälle zuzuordnen sind, bei denen von den Einlieferern (pflichtwidrig) keine Steueranmeldungen eingereicht wurden (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe). Letztere Fallgruppe (Unterlassungstaten ) lässt sich weiter unterteilen in die Gruppe der Fälle, in denen weisungsabhängige Strohleute als Einlieferer tätig wurden (Fallgruppe I.2.a: Fälle 20 bis 22 und 27 bis 29 der Urteilsgründe) und diejenige, in der die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. gegenüber den Scheideanstalten als Einlieferer auftraten (Fallgruppe I.2.b: Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe).

II.


39
Mit Ausnahme hinsichtlich der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung stand.
40
1. Fallgruppe I.1. (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe)
41
Die Verurteilung des Angeklagten in der Fallgruppe I.1 wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42
a) Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steu- erhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht („wer“), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1989 - 3 StR 80/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 3; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112).
43
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN).
44
b) Die erkennbar auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände getroffene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in diesen Fällen Mittäter und nicht nur Gehilfe der durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Einlieferer begangenen Steuerhinterziehungen gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Das Landgericht durfte dabei maßgeblich berücksichtigen, dass die Einlieferer mit der Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich den Tatplan der Gruppe (Bande) um den Angeklagten sowie Ba. undG.
bzw. Gl. umsetzten. In diesem Tatplan spielte die Verwendung der von dem Angeklagten beschafften Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Steuerverkürzungen eine bedeutende Rolle. Der Angeklagte hatte zudem an der Funktionsfähigkeit des verwendeten Systems der Hinterziehung von Umsatzsteuer erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse, denn er war an den Erträgen aus diesem System beteiligt. Die von ihm erbrachten Tatbeiträge, etwa seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Abdeckrechnungen und bei der Übergabe des Goldes an die Einlieferer, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als für die Taten wesentlich angesehen.
46
Der Annahme von Mittäterschaft steht nicht entgegen, dass der Angeklagte seine jeweiligen Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der unrichtigen Steueranmeldungen erbrachte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67; Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463). Insoweit gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12).
47
2. Fallkomplex II. (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
48
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fallkomplex II. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Urteilsfeststellungen belegen in den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe sowohl die Haupttaten der Steuerhinterziehung als auch die von dem Angeklagten vorsätzlich erbrachten Tatbeiträge.

49
3. Fallgruppe I.2.a (Fälle 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe)
50
Die Verurteilung des Angeklagten der Fallgruppe I.2.a wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
51
a) Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt. Diese Voraussetzung muss auch bei einem Mittäter vorliegen.
52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
53
bb) Demgegenüber ist die Strafkammer - mit durchaus beachtlichen Argumenten - der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die eine eigene Offenbarungs- pflicht verletzen, nicht zutreffend sei (UA S. 153 ff.). Vielmehr handele es sich beim Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Allgemeinde- likt, sodass die Pflichtverletzung eines „Vordermanns“ einem selbst nicht erklä- rungspflichtigen „Hintermann“ zugerechnet werden könne. Aus diesem Grund könnten Personen auch Mittäter sein, die keine sie persönlich treffende Pflicht verletzen, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme von Mittäterschaft gegeben seien.
54
Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sei mit einer Einstufung als Allgemeindelikt vereinbar. Das Gesetz grenze den Täterkreis nicht näher ein, sondern verwende - ebenso wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - die für Allgemein- delikte typische Umschreibung „wer“. Schließlich beschreibe auch das Merkmal „pflichtwidrig“ keine persönliche Pflichtenstellung für einen bestimmten Personenkreis , sondern enthalte ein strafrechtliches „Jedermann-Gebot“. Es beschreibe nicht den Personenkreis näher, sondern konkretisiere, welche Art und Weise des Handelns unter Strafe gestellt sei (vgl. Bender, wistra 2004, 368, 371; Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Auch die Systematik des Gesetzes spreche für die vom Landgericht vertretene Auffassung, denn § 370 AO enthalte die im Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 378 Abs. 1 AO enthaltene Beschränkung des Täterkreises gerade nicht.
55
Schließlich verweist das Landgericht darauf, dass die bisherige Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. So sei es oft letztlich vom Zufall abhängig, ob eine Bestrafung als Täter oder - trotz vergleichbaren Unrechtsgehalts der Tatbeteiligung - nur als Gehilfe in Betracht komme, etwa weil ein unterstützter anderer Tatbeteiligter eine Steuererklärung überhaupt nicht statt - wie geplant - mit falschem Inhalt abgebe. So sei es nach der bisherigen Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, dass ein „Hin- termann“ trotz tatbeherrschender Stellung nur als Gehilfe bestraft werden könne.
56
cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich auch bei dem Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Delikt handelt, das nicht nur vom Steuerpflichtigen und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind (vgl. §§ 34, 35 AO), verwirklicht werden kann, sondern grundsätzlich von „Jedermann“.
57
(1) Durch die offene Formulierung des Gesetzes „wer“, die allen drei Tatvarianten der Steuerhinterziehung vorangestellt ist, enthält § 370 Abs. 1 AO die herkömmlich bei der Ausgestaltung von Allgemein-/Jedermannsdelikten verwendete Formulierung (vgl. Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt damit keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe; einen Statusbegriff, wie er sonst häufig bei der Beschreibung tauglicher Täter bei Sonderdelikten zu finden ist, enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
58
(2) Der Umstand, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hin- sichtlich des Merkmals „pflichtwidrig“ weitere Besonderheiten aufweist, ergibt sich darüber hinaus auch aus einem systematischen Vergleich zu anderen Tatbeständen , die ebenfalls das Merkmal „pflichtwidrig“ aufgreifen, jedoch anders ausgestaltet sind:
59
So knüpfen zwar auch die Straftatbestände des § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB und des § 356 StGB an das Merkmal „pflichtwidrig“ an. Diese Tatbestände enthalten aber jeweils den Täterkreis beschreibende Statusbegriffe, so dass bereits der jeweilige Wortlaut („als Arbeitgeber“ bzw. „ein Anwalt oder anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Ange- legenheiten …. pflichtwidrig dient“) die Eigenschaft des tauglichen Täters be- schränkt. Beide Tatbestände knüpfen damit an ein besonderes Vertrauensverhältnis oder an besonders ausgestaltete Pflichtenstellungen an, die sich aus der personalen Eigenschaft als „Arbeitgeber“ bzw. „als Anwalt“ ergeben. Dem- gegenüber erfordert die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (pflichtwidriges In-Unkenntnis-lassen bezogen auf steuerlich erhebliche Tatsachen) keine Anknüpfung an solche personenbezogenen Eigenschaften und Umstände. Die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwendet nicht die Formulierung „wer als Steuerpflichtiger“ (vgl. § 33 Abs. 1 AO) und richtet sich deshalb auch nicht allein an den Adressaten eines Steuergesetzes, also denjenigen, dem aus einem Steuergesetz Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 33 Rn. 1).
60
(3) Auch aus der Struktur des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO insgesamt ergibt sich keine Beschränkung des Täterkreises auf den Adressaten eines Steuergesetzes. Tatbestandsrelevant ist der Verstoß gegen die Handlungspflicht bei Taten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zwar nur, wenn die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Pflicht zur Erfolgsabwendung, gegen die der Unterlassende verstößt, nur dann eine Strafbarkeit begründen kann, wenn sie auf eine Beseitigung der Unkenntnis des Finanzamtes gerichtet ist. Dem lässt sich aber nur entnehmen, wie die im Interesse des geschützten Rechtsguts (Steueraufkommen ) bestehende Pflichtenstellung näher ausgestaltet sein muss, nicht aber, wer Träger der Pflicht ist.
61
(4) Ein Vergleich mit dem Bußgeldtatbestand des § 378 Abs. 1 AO zeigt, dass auch das Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Beschränkungen des Täterkreises kennt. Bei dieser Vorschrift ist der Täterkreis eingeschränkt auf Steuerpflichtige sowie Personen, „die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichnete Tat leicht- fertig“ begeht. Eine derartige Begrenzung des Täterkreises enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
62
(5) Auch der Schutzzweck der Norm gebietet keine Beschränkung auf die Verletzung eigener steuerlicher Pflichten. Denn geschütztes Rechtsgut ist bei allen Tatbeständen des § 370 AO das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 und Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ] mwN). Alle Tatbestandsvarianten des § 370 Abs. 1 AO enthalten daher auch einheitlich als Taterfolg die Verkürzung von Steuern sowie die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen.
63
dd) Schließlich trifft auch der Hinweis des Landgerichts zu, dass es zuweilen allein von der Ausgestaltung der steuerlichen Normen abhängt, ob eine Tatbegehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder eine solche durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht kommt, was - etwa auch im Bereich mittelbarer Täterschaft - erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Tatbeteiligten haben kann.
64
ee) Der Senat erkennt ausdrücklich an, dass das Landgericht mit sorgfältiger Begründung gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Stellung bezogen und damit eine Änderung der Rechtsprechung angeregt hat. Gleichwohl hält er an der Rechtsprechung fest, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Denn der Wortlaut dieser Strafnorm lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG). Nach Auffassung des Senats bezieht sich das Merkmal „pflichtwidrig“ allein auf das Verhalten des Täters (bei dem es sich indes nicht um den Steuerpflichtigen handeln muss), nicht allgemein auf dasjenige irgendeines Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
65
Anders wäre dies etwa, wenn der Gesetzgeber die Formulierung „wer bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“, gewählt hätte. Es bleibt daher dem Gesetzgeber vorbehalten, etwaige Ungereimtheiten im Anwendungsbereich der Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO zu beseitigen. Im Übrigen kann ein Tatgericht den Umstand, dass eine nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, im Rahmen des nach erfolgter Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmens erheblich strafschärfend werten.
66
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die für eine Unterlassungsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO somit erforderliche Erklä- rungspflicht des Angeklagten nicht daraus, dass er als „Mitunternehmer“ gemäß § 2 UStG verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 18 UStG die von den Einlieferern getätigten Umsätze anzumelden.
67
Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Landgericht mit dem Begriff des Mitunternehmers einen im Umsatzsteuerrecht nicht gebräuchlichen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517) Begriff des Einkommensteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verwendet hat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Bande, der sich der Angeklagte zur Begehung von Steuerstraftaten angeschlossen hatte, aufgrund geschlossenen Auftretens nach außen hin als eigenständiges Unternehmen im Sinne des § 2 UStG anzusehen sein könnte. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts waren jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Goldverkäufen allein die „Strohleute“ die Unternehmer, die in einer Leistungsbeziehung zu den Scheide- anstalten standen, nicht die hinter den „Strohleuten“ stehende Bande. Die Einlieferer waren insoweit - obgleich „Strohleute“ - nicht als für die Leistungsbezie- hungen bedeutungslose „Nichtunternehmer“ anzusehen. Damit scheidet die vom Landgericht vorgenommene Zurechnung der von den Einlieferern getätigten Umsätze zur Bande als Leistungserbringerin aus.
68
aa) Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Vom Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes werden zwar unabhängig von der Rechtsform Personen und Personenzusammenschlüsse aller Art erfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig aber nur dann als selbständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517). Maßgeblich ist somit, ob der Zusammenschluss natürlicher Personen als solcher nach außen durch die Erbringung von Umsätzen erkennbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 10 f.).
69
bb) Ob und inwieweit die Bande, der sich der Angeklagte angeschlossen hatte, diese Voraussetzung erfüllte und sie damit als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG tätig wurde, ist den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig zu entnehmen.
70
Letztlich kann dies hier auch dahinstehen. Denn die sich aus der Unternehmerstellung ergebenden Erklärungspflichten eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG beschränken sich auf diejenigen Umsätze, die seinem Unternehmen zuzuordnen sind. Dazu gehörten hier - für die Bande - die Goldlieferungen der Einlieferer an die Scheideanstalten nicht.
71
(1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Leistender ist damit in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 mwN). Dabei kann auch ein „Strohmann" Unternehmer und Leistender im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen unselbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen des Auftraggebers verpflichtet ist (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten ist grundsätzlich, aus welchen Gründen der „Hintermann“ gegenüber dem Vertragspartner des „Strohmanns“ und Leistungsempfänger (einem Dritten), als Leistender nicht in Erscheinung treten will (BFH aaO; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. auch BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326).
72
(2) Unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208 = BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 1 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem (als „Strohmann“) oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; BFH, Urteil vom 12. August 2009 - XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
73
(3) So verhielt es sich nach den Feststellungen hier nicht. Da nicht die Bande um den Angeklagten, sondern die Einlieferer gegenüber den Scheideanstalten auftraten und für letztere keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese Personen für eine hinter ihnen stehende Person oder Personenmehrheit handelten und nur als „Rechnungsschreiber“ oder „Gutschriftsempfänger“ tätig wurden (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.aa), waren die Einlieferer, auch soweit sie nur „Strohleute“ waren, bei den Goldveräußerungen an die Scheideanstalten als die leistenden Unternehmer anzusehen.
74
Die Frage, ob die „Strohleute“ im Verhältnis zur Bande, von der sie das Altgold erhielten, wegen ihres kollusiven Zusammenwirkens ohne handelstypisches Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344), ist insoweit ohne Bedeutung.
75
cc) Der Umstand, dass sowohl die gegenüber den Scheideanstalten nicht auftretenden Bandenmitglieder als auch die „Strohleute“ von Anfang an beabsichtigten, auf der Grundlage der Altgoldgeschäfte Umsatzsteuern zu hinterziehen , steht der Annahme steuerbarer und steuerpflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) der Einlieferer nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.bb mwN; zum Entstehen einer anzumeldenden Steuerschuld gemäß § 14c Abs. 2 UStG, wenn der Einlieferer die Ausstellung einer unrichtigen Gutschrift veranlasst, vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268; vgl. auch Korn in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, 68. Lfg., § 14c Rn. 152 f.).
76
c) Leistende Unternehmer und damit als Steuerpflichtige zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Altgoldlieferungen an die Scheideanstalten verpflichtet waren somit die „Strohleute“ als Unternehmer und nicht der Angeklagte. Jedoch bestand daneben für den Angeklagten als Verfügungsberechtigten im Sinne von § 35 AO eine eigenständige Rechtspflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für die als „Strohleute“ eingesetzten Einlieferer erfüllt werden.
77
aa) Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Wer daher in diesem Sinne als Verfügungsberechtigter auftritt, hat unter der Voraussetzung , dass er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, wie der gesetzliche Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen (etwa von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen , vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 sowie Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Juni 2008 - 11 K 573/06, EFG 2009, 1610; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, BGHR AO § 35 Verfügungsberechtigter 2 sowie BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter
1) und die Entrichtung der Steuern aus den vorhandenen Mitteln.
78
(1) Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991, 284; Krömker in Lippross , Basiskommentar Steuerrecht, 65. Lfg., § 35 AO Rn. 2; Gmach, DStZ 2001, 341, 342; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 40. Lfg., § 370 AO Rn. 118 ff.).
79
Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über (allein) wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BStBl. II 1995, 859 betreffend eine Bank; Mösbauer, DB 2005, 1816, 1819); vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich eingeräumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 unter II.1.; Jatzke in Beermann/Gosch, 62. Lfg., § 35 AO Rn. 7). Entscheidend für die Pflichtenstellung des § 35 AO ist, dass der Verfügungsberechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis (in der Regel durch Rechtsgeschäft, vgl. Schwarz, AO, 122. Lfg., § 35 AO Rn. 7) in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. Jatzke aaO Rn. 7).
80
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsberechtigt im Sinne des § 35 AO ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen kann oder durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann (vgl. Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler (HHSp), AO, Lfg. 205, § 35 AO Rn. 8 mwN). Gleiches gilt für denjenigen, der kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann (vgl. zu einem Treuhand- oder sonstigen Auftragsverhältnis : Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich , den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO anzusehen sein (vgl. Schwarz aaO Rn. 7).
81
(2) Nur wer als Verfügungsberechtigter nach außen auftritt, kann Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO sein (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3.; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Auftreten bedeutet Teilnahme am Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1., noch zu § 108 RAO; Niedersächsisches Finanzgericht, Ur- teil vom 9. Juli 1991 - XI 508/90, EFG 1992, 239; Boeker in HHSp, Lfg. 205, § 35 Rn. 10; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7).
82
Keine Voraussetzung ist ein Auftreten gerade gegenüber den Finanzbehörden oder in steuerlichen Angelegenheiten (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991,284; BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 mwN; Niedersächsisches Finanzgericht aaO; Gmach, DStZ 2001, 341, 342), vielmehr genügt, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemandem - nach außen - im Rechtsverkehr als solcher aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1.).
83
Das Auftreten muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Es reicht aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa ein faktischer Geschäftsführer oder „faktischer Leiter“ (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - I B 228/93, BFH/NV 1995, 662) eines Unternehmens Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn er lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen , zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; vgl. auch BFH, Beschluss vom 9. Januar 2013 - VII B 67/12 sowie Merkt, AO-StB 2009, 81, 84). Hält sich der faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach § 35 AO nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen - mithin mindestens gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ - erkennbar wird (BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3 mwN; vgl. auch Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - VII B 172/07, BFH/NV 2008, 748; zur faktischen Unternehmensbeherrschung bei Einzelunternehmen vgl. auch Köhler in Wabnitz /Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. 2007, Kap. 7, Rn. 274 sowie Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 77 Rn. 20).
84
(3) Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nur in dem Umfang zu erfüllen, wie er dies tatsächlich und rechtlich kann (§ 35 AO 2. Halbsatz). Mit Blick auf die ansonsten weitgehende Bedeutungslosigkeit der Vorschrift des § 35 AO gegenüber dem bereits über § 34 Abs. 1 AO unmittelbar erfassten Personenkreis ist aber nicht erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte unmittelbar rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage ist, mittelbares Können genügt daher (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl. II 1995, 859 unter 3.a.; BFH, Urteil vom 7. April 1992 - VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl. II 1991, 284).
85
Steuerliche Pflichten sind daher auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar , wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die rechtliche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 35 Rn. 14). Aber auch derjenige, der kraft eines Vertragsverhältnisses den Steuerpflichtigen steuern und deshalb über dessen Mittel verfügen kann, kann im Einzelfall tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434).
86
bb) Gemessen an diesen Maßstäben war der Angeklagte Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO. Er kam seiner sich hieraus ergebenden Ver- pflichtung, für die als „Strohleute“ tätigen Einlieferer die Goldverkäufe umfas- sende Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nicht nach, obwohl er hierzu tatsächlich und rechtlich zumindest mittelbar in der Lage war.
87
(1) Die Einlieferer traten zwar gegenüber den Scheideanstalten selbst nach außen auf. Im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern - also auch zum Angeklagten - waren sie jedoch bei den Goldgeschäften als abhängige und unselbständige „Strohleute“ eingebunden und hatten sämtliche Geschäftsabläufe wirtschaftlich aus der Hand gegeben (vgl. zur faktischen Führung von Strohmannfirmen vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624). Die Goldgeschäfte waren ihnen nicht nur hinsichtlich Zeit und Umfang vorgegeben; auch mussten sie den ihnen überwiesenen Kaufpreis nach fest vorgegebenen Abläufen abheben und gegen eine Provision, die ebenfalls nach festen Kriterien bestimmt war, aushändigen. Ihr Verhalten gegenüber den Finanzbehörden wurde dirigiert, indem ihnen entweder entspre- chende „Buchhaltung“ (Abdeckrechnungen) ausgehändigt wurde oder sie mit gefälschten Papieren ausgestattet wurden, die ein Auftreten gegenüber dem Finanzamt von vornherein entbehrlich machten. Die zu einer Begleichung der Umsatzsteuerschuld (Belieferung der Goldscheideanstalten) notwendigen und zunächst auch vorhandenen Mittel, die ihnen ein steuerehrliches Verhalten ermöglicht hätten, wurden ihnen nach den ihnen vorgegebenen Geschäftsabläufen entzogen. Damit ließen die Einlieferer dem Angeklagten sowie den weiteren „führenden“ Mitgliedern der Bande insgesamt völlig freie Hand.
88
Die hieraus resultierende Leitungsmacht des Angeklagten wird besonders deutlich in den Fällen, in denen der Angeklagte selbst die Einlieferer zum Zwecke des Goldhandels anwarb, ihnen gefälschte Papiere besorgte und ihnen Anweisungen zur Erledigung notwendiger Formalitäten erteilte. Aber auch soweit anstelle des Angeklagten die weiteren führenden Mitglieder der Bande bei der Einflussnahme auf die „Strohleute“ mitwirkten, gilt im Ergebnis nichts ande- res. Sie handelten auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache, die ba- sierend auf dem „bewährten Geschäftsmodell“ eine intern arbeitsteilige Vorgehensweise vorsah. Einschränkungen der Befugnisse des Angeklagten waren damit aber nicht verbunden.
89
Jedenfalls gegenüber den Einlieferern und den weiteren führenden Bandenmitgliedern , also gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ trat der Angeklagte als einer der faktischen „Leiter“ der Unternehmen der Einlieferer auf. Soweit der Angeklagte den Einlieferern gefälschte Papiere verschafft hatte und sie bei der Erledigung der erforderlichen Formalitäten begleitete, trat er zudem gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ auf. Als der Angeklagte etwa in Be- gleitung von Einlieferern bei einer Steuerberaterin, der Zeugin L. , erschien, trat der Angeklagte, so deren Wahrnehmung, als derjenige auf, der „die Geschäfte gemacht“ hat (UA S. 115). Demgegenüber beschränkte sich das Handeln der Einlieferer auf die Einlieferung des Goldes bei den Scheideanstalten sowie auf Treffen mit dem Angeklagten oder anderen führenden Bandenmitgliedern , um dabei Geld und Gutschriften auszuhändigen oder Abdeckrechnungen sowie Gold entgegenzunehmen.
90
Der Angeklagte war auch in der Lage, zumindest mittelbar über die jeweiligen Einlieferer und die weiteren führenden Bandenmitglieder, der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nachzukommen. Denn er hatte Zugriff auf die Gutschriften der Goldscheideanstalten, anhand deren die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten erstellt werden können. Zudem war er nach der getroffenen Bandenabrede auch für die „Logistik“ und damit für die Erstellung der Abdeckrechnungen anhand der Gutschriften verantwortlich.
Damit trafen ihn als Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters.
91
(2) Für die Fälle 20 bis 22 und 29 der Urteilsgründe gilt nichts Abweichendes. Zwar haben die Einlieferer Y. und D. in diesen Fällen aus Nachlässigkeit oder sonstigen Gründen abredewidrig statt unrichtiger Voranmeldungen überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Dies beseitigte aber nicht die auch in diesen Fällen bestehende, sich aus der „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ dieser „Strohleute“ ergebende Verfügungsbefugnis des Angeklagten i.S.v. § 35 AO.
92
(3) Damit traf den Angeklagten in den Fällen 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe neben den anderen führenden Bandenmitgliedern Ba. und Gl. eine sich aus § 35 AO ergebende Pflicht, für die Unternehmen der als „Strohleute“ tätigen Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dieser Pflicht sind sie gemeinschaftlich (vgl. hierzu allgemein Weigend in LKStGB , 12. Aufl., § 13 Rn. 82 mwN) nicht nachgekommen und haben sich daher - wie vom Landgericht ausgeurteilt - wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
93
4. Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe)
94
Im Gegensatz zur Fallgruppe I.2.a hält der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn in diesen Fällen traf den Angeklagten keine Offenbarungspflicht für die von den als Einlieferern tätigen Bandenmitgliedern G. und Gl. mit den Scheideanstalten getätigten Umsätze. Der Senat stellt jedoch den Schuldspruch auf Beihilfe (§ 27 StGB) um.
95
a) Gegenüber den Scheideanstalten wurden hier allein die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. , die insoweit als Einlieferer auftraten, als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG tätig, nicht die hinter diesen stehende Bande. Der Angeklagte war daher auch nicht als Bandenmitglied zur Offenbarung dieser Umsätze gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet.
96
b) Auch aus § 35 AO traf den Angeklagten nicht die Pflicht, für die als Einzelunternehmer tätigen G. und Gl. die steuerlichen Pflichten wahrzunehmen. Denn anders als die übrigen Einlieferer („Strohleute“) waren die Bandenmitglieder G. und Gl. nicht lediglich völlig weisungsabhängige „Strohleute“, sondern nahmen ebenfalls Führungspositionen innerhalb der Bande ein. Dementsprechend ermöglichten es die internen Absprachen dem Angeklagten weder, in den Geschäftsablauf von G. oder Gl. als Einlieferer aktiv einzugreifen noch deren Geschäfte „treuhänderisch“ zu führen. Der Angeklagte hatte daher gegenüber diesen Personen keine Stellung inne, die ihn hinsichtlich deren Einzelunternehmen als Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO qualifizieren würde.
97
c) Sonstige Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Angeklagte hier jedenfalls wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens im Umsatzsteuerrecht (§ 18 UStG, § 168 AO) auch keine Offenbarungspflichten aus einer sich etwa aus dem von der Bande betriebenen Hinterziehungssystem ergebenden Garantenstellung (Ingerenz) verletzt.
98
d) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch auf Beihilfe (§ 27 StGB), die von den Feststellungen getragen wird, abändern. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


99
Die Schuldspruchänderung von Steuerhinterziehung auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ) zieht die Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.

IV.


100
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf allerdings weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen. Nack Rothfuß Graf Jäger Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 310/16
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:251017B1STR310.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 24. Juni 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang , der Angeklagte K. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Steuerhinterziehung in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, hinsichtlich des Angeklagten K. auch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Lohnsteuer, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Schwerin zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen 25-facher Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Beschäftigung von mehr als fünf Ausländern ohne Genehmigung, den Angeklagten K. darüber hinaus tateinheitlich wegen 25-facher Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, gegen den Angeklagten K. eine solche von acht Monaten verhängt, und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen und erheben jeweils die ausgeführte Sachrüge, der Angeklagte M. auch Verfahrensrügen.
2
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschied der Geschäftsführer der Hotelanlage Y. zur Kosteneinsparung polnische Arbeiter im Rahmen von Werkverträgen auf der Hotelanlage einzuset- zen. Sie sollten nach Bedarf durch den Angeklagten M. in Polen akquiriert werden, dort ein Gewerbe anmelden und anschließend auf Grund von Werkverträgen in der Hotelanlage eingesetzt werden. Nachdem der Geschäftsführer der Hotelanlage die ersten Verträge aus dem Jahr 2006 unterschrieben hatte, unterzeichnete sie in der Folgezeit meist der Angeklagte K. als technischer Leiter der Hotelanlage. Der Angeklagte K. informierte auch jeweils den Angeklagten M. über die Anzahl der benötigten Hilfskräfte und der Angeklagte M. warb sie sodann in Polen an.
4
Die jeweils als Werkvertrag bezeichneten Verträge enthielten Beschreibungen von durchzuführenden Arbeiten wie den Transport und die Reparatur von Möbeln, Garten- oder Reinigungsarbeiten. Die polnischen Arbeitskräfte, die vor der Unterschrift unter diese Verträge in Polen ein Gewerbe angemeldet hatten , waren im Jahr 2007 in der Gärtnerei eingesetzt und führten Hilfsarbeiten beim Reinigen der Hotelanlage aus. Ab Frühjahr 2008 arbeiteten verstärkt polnische Frauen als Zimmermädchen. Die polnischen Arbeitskräfte waren wie Arbeitnehmer in den Betriebsablauf der Hotelanlage integriert, trugen die Dienstkleidung der Hotelanlage, erhielten Arbeits- und Putzmittel gestellt und unterlagen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort den Anordnungen der Mitarbeiter der Hotelanlage. Die Lohnrechnungen schrieb der Angeklagte M. . Der Stundenlohn wurde regelmäßig für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen abgerechnet und von einem der beiden Angeklagten an die polnischen Arbeitskräfte ausbezahlt.
5
Die in der Hotelanlage beschäftigten 90 polnischen Arbeitnehmer besaßen keine Genehmigung nach § 284 Abs. 1 SGB III in der jeweils gültigen Fassung und waren der Sozialversicherung und dem Finanzamt nicht gemeldet. Von Januar 2007 bis Januar 2009 wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 229.188,14 € und Lohnsteuer in Höhe von 108.255,67 € nicht abgeführt.

II.


6
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich der Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen des Angeklagten M. bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen ohne Erfolg.
7
Die Schuldsprüche der beiden Angeklagten beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung und weisen – bis auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Vergehen nach dem Schwarzarbeitsgesetz (SchwarzArbG) – keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Die Strafzumessung hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Die Strafkammer hat zutreffend 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und zur Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) angenommen.
9
Die Angeklagten haben in jedem der abgeurteilten 25 Monate jeweils mindestens einen Gehilfenbeitrag zu den von dem Geschäftsführer der Hotelanlage jeden Monat begangenen Haupttaten geleistet. Da sich derselbe Gehilfenbeitrag sowohl auf die Haupttat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt als auch – beim Angeklagten K. – auf die Haupttat der Steuerhinterziehung auswirkt, ergeben sich insgesamt 25 Beihilfestraftaten.
10
Zugleich haben die Angeklagten mit ihren Handlungen Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG geleistet, soweit die Zahl der polnischen Beschäftigten fünf Beschäftigte pro Monat überstieg. Dies war nach den Urteilsfeststellungen in den Monaten Januar und Februar 2007, Januar und Februar 2008 und Januar 2009 nicht der Fall, weshalb sich die Angeklagten nur in 20 Fällen zu- gleich der Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch war daher hinsichtlich der Anzahl der tateinheitlichen Verurteilungen wegen der Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, § 284 Abs. 1 SGB III zu korrigieren.
11
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts scheidet eine (einheitliche ) Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, die mit den 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Hinterziehung von Lohnsteuer in Tateinheit steht, aus. Sie ist bereits mit den in jedem Monat erfolgten Beihilfehandlungen nicht vereinbar. Selbst wenn das Delikt aber als Dauerdelikt zu begreifen wäre, würde es durch die tateinheitlich verwirklichten Straftaten der Lohnsteuerhinterziehung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt „entklammert“, so dass die Beihilfe hierzu auch aus diesem Grund jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten träte (vgl. zur Entklammerung LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 30 ff.).
12
Zwar kann ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt, andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stehen , zur Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft. Diese Wirkung tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann nicht ein, wenn eine minderschwere Dauerstraftat jeweils mit schwereren Gesetzesverstößen zusammentrifft (BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013,158 mwN). Die Vergehen der Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG sind aufgrund ihres geringen Gewichts nicht geeignet, die übrigen Taten zu verklammern, so dass die Beihilfe nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten tritt.
13
Das Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG ist ferner gemäß der gesetzlichen Überschrift als „Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang“ zu tenorieren (MüKo-StGB/Mosbacher NebenstrafR II, 2. Aufl., SchwarzArbG § 11 Rn. 21).
14
Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können.
15
2. Dagegen war der jeweilige Strafausspruch auf die Revisionen der Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt; denn die Darlegung der Berechnungsgrundlagen für die vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge und die hinterzogene Lohnsteuer entsprechen nicht den Grundsätzen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei solchen Taten verlangt.
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
17
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge hat die Strafkammer die von der Mitarbeiterin der Rentenversicherung zur Verfügung gestellten Tabellen zugrunde gelegt. Anschließend hat sie auf der Grundlage der in bar ausgezahlten Löhne als Nettolöhne (§ 14 Abs. 2 SGB IV) nach einem im Berechnungsprogramm der Rentenversicherung Bund hinterlegten Faktor nach der Steuerklasse 6 den fiktiven Bruttolohn und von diesem ausgehend nach den in den jeweiligen Monaten geltenden Beitragssätzen die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge errechnet (UA S. 23 f.).
18
Bei der Bestimmung der Lohnsteuer ist die Strafkammer von der von dem zuständigen Finanzamt angefertigten und von Steueramtfrau H. als Zeugin erläuterten Berechnung des zugeflossenen Barlohns als Bruttolohn ausgegan- gen und hat davon nach der Steuerklasse 6 die Lohnsteuer und den Solidaritätsbeitrag abgezogen (UA S. 55).
19
Damit hat das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Berechnungen der Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung gestützt. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde lagen, führt das Urteil nicht aus. Es beschränkt sich auf die Benennung der zuständigen Krankenkasse (UA S. 24). Die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ist damit auf Grund der unzureichenden Urteilsfeststellungen einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Hinzu kommt, dass sich nicht erschließt, warum in zahlreichen Fällen (UA S. 26 ff.) bei demselben Arbeitnehmer in demselben Beschäftigungsmonat zwei oder mehr Berechnungsvorgänge erfolgt sind.
20
Auch die Berechnung der bei den polnischen Arbeitnehmern angefallenen Lohnsteuer ist nicht nachvollziehbar dargelegt und zudem in einigen Fällen unschlüssig. So ist z.B. bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG) bei dem Arbeitnehmer C. nicht verständlich, wieso im April 2007 ein Bruttolohn von 340,90 € zu Lohnsteuer in Höhe von 89,21 € führt, aber bei dem Arbeitnehmer D. ein Lohn von 528 € nur zu Lohnsteuer in Höhe von 79,60 €. Bei dem Arbeitnehmer S. ergeben 409,08 € Bruttolohn im Vormonat sogar 113,59 € Lohnsteuer. Für M. warenim März 2007 für 681,78 € Bruttolohn 225,84 € Lohnsteuer abzuführen, für St. dagegen im Monat März 2007 bei 1.008 € brutto nur 218,25 € (jeweils UA S. 57).
21
Da auf der Grundlage der Feststellungen auszuschließen ist, dass nicht jeden Monat sowohl Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten als auch Lohnsteuer nicht abgeführt worden sind, lässt dieser Rechtsfehler den Schuld- spruch unberührt. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Lohnsteuer und damit des Schuldumfangs zieht allerdings die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit nicht ausschließen, dass die Strafkammer einen zu hohen Schaden und damit Schuldumfang angenommen hat und die Strafzumessung des angefochtenen Urteils auf den vorgenannten Mängeln beruht.
22
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und hinterzogenen Lohnsteuer zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
23
3. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, wistra 2011, 344, 346). Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; vom 1. März 2005 – 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).
24
Nach den Urteilsfeststellungen lag beim Angeklagten M. , der hierarchisch niedriger angesiedelt war als der Angeklagte K. als „Technischer Leiter“ und nur auf dessen Anweisung handelte (UA S. 96), bereits deshalb ei- ne Täterschaft fern und wurde von der Strafkammer auch nicht erörtert.
25
Bei ihm wäre die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt auch gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen. Wegen der Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO war die Heranziehung des Strafrahmens von § 370 Abs. 1 AO nicht möglich.
26
Dagegen hat das Landgericht beim Angeklagten K. ausführlich geprüft (UA S. 21-23), ob dieser gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Grund ihm übertragener Leitungsbefugnisse eine Arbeitgebereigenschaft hatte und damit Täter war. Sie hat dies verneint und ihn als Gehilfen eingestuft. Bei der Strafrahmenwahl hat die Strafkammer diesen Aspekt nicht aufgegriffen und nicht erkennen lassen, ob sie sich bei der Zumessung von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
27
Die Prüfung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB könnte darauf hinweisen, dass das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten K. nicht wegen Fehlens einer der allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft, sondern wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint und nur deshalb Beihilfe angenommen hat. Diese rechtliche Wertung stünde in Einklang mit den festgestellten Tatbeiträgen der beiden Angeklagten. Bei einem Sachverhalt, in dem lediglich wegen des Fehlens des besonderen persönlichen Merkmals Beihilfe bejaht wird, kommt nur eine einmalige Milderung in Betracht (§ 50 StGB), nicht eine doppelte nach § 27 Abs. 2 Satz 2 und § 28 Abs. 1 StGB – jeweils i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303).
28
Allerdings ist bei dem Angeklagten K. ohnehin nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen; denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für den Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1; Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).

III.


29
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Bundesland gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 586/12
vom
9. April 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
____________________________
1. Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO)
kann nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen
besonders verpflichtet ist.
2. Das Merkmal "pflichtwidrig" in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO bezieht sich allein auf
das Verhalten des Täters, nicht auf dasjenige eines anderen Tatbeteiligten.
Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in
Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen
würde.
3. Eine eigene Rechtspflicht zur Aufklärung über steuerlich erhebliche Tatsachen
trifft gemäß § 35 AO auch den Verfügungsberechtigten. Verfügungsbe-
rechtigter im Sinne dieser Vorschrift kann auch ein steuernder Hintermann sein,
der ihm gegenüber weisungsabhängige "Strohleute" im Rechtsverkehr nach
außen im eigenen Namen auftreten lässt.
BGH, Urteil vom 9. April 2013 - 1 StR 586/12 - LG Mannheim
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. April 2013,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juni 2012
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe jeweils wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wird,
b) aufgehoben aa) im Einzelstrafausspruch in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe und bb) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 22. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt.
2
Hiergegen richtet sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

A.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

4
Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe („Bandentaten“)
5
1. Der einschlägig vorbestrafte Angeklagte hatte erfahren, dass sich eine bis dahin von Ba. , G. und B. angeführte Gruppe erfolgreich im Handel mit Altgold betätigt hatte. Dieser Handel war darauf ausgerichtet, systematisch einen betrügerischen „Umsatzsteuergewinn“ zu er- wirtschaften. Der „Gewinn“ wurde dadurch erzielt, dass die beim Verkauf von Altgold an Scheideanstalten neben dem Nettokaufpreis erlangte Umsatzsteuer einbehalten wurde, in den Umsatzsteuervoranmeldungen der einliefernden Personen aber ein nicht gerechtfertigter Vorsteuerabzug aus Scheinrechnungen vorgenommen wurde. Das Hinterziehungssystem folgte bis zum Einstieg des Angeklagten im Juni 2010 im Wesentlichen folgendem Ablauf:
6
Die Gruppe ließ Goldscheideanstalten mit von Ba. und G. „schwarz“ - also ohne Umsatzsteuer - angekauftem Gold in normalen Handels- geschäften beliefern. Bei den Scheideanstalten traten als liefernde Unternehmer (sog. Einlieferer) nur G. oder Personen auf, die von G. zu diesem Zwecke angeworben worden waren und entsprechende Gewerbe angemeldet hatten. Die Goldscheideanstalten rechneten beim Ankauf des Goldes mit den Einlieferern über Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG) unter Ausweis von Umsatzsteuer ab und überwiesen den Bruttokaufpreis auf deren Konten. Die jeweiligen Einlieferer händigten den Brutto-Gutschriftsbetrag an Ba. oder G. aus und erhielten dafür eine Provision in Höhe von drei bis vier Prozent des Gutschriftsbetrages.
7
Die Einlieferer - darunter auch G. , soweit er in eigenem Namen Gold bei den Goldscheideanstalten einlieferte - meldeten in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen die Umsatzsteuer aus den Gutschriften für die Goldlieferungen an. Zur Minimierung der sich ergebenden Zahllast nahmen sie jedoch gleichzeitig einen unberechtigten Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) aus Scheinrechnungen vor, die B. beschaffte. Es handelte sich dabei um sog. Abdeckrechnungen , in denen den Rechnungsadressaten unter Umsatzsteuerausweis tatsächlich nicht erbrachte Lieferungen von Gold in Rechnung gestellt wurden. Die „Gewinne“ aus den Geschäften verwendeten G. und Ba. einerseits für weitere Goldankäufe sowie zum Bezahlen der Abdeckrechnungen, andererseits für einen aufwendigen Lebensstil.
8
Anlässlich eines Streits um eine offene Forderung B. s nahmen Ba. und G. den Angeklagten in die Gruppe auf, um fortan mit ihm nach „be- währtem Geschäftsmodell“ den auf Steuerhinterziehung ausgerichteten Gold- handel fortzusetzen. Der Angeklagte übernahm - B. ersetzend - in führender Funktion gemäß einer „internen Aufgabenverteilung“ folgende Aufgaben (UA S. 20). Er sollte: - finanzielle Mittel für den weiteren Altgoldankauf zur Verfügung stellen , - neue Einlieferer anwerben, - die „Logistik“ für die Abdeckrechnungen, insbesondere neue Scheinfirmen und „Strohmänner“ sowie entsprechende Unterlagen, bereitstellen , - teilweise Altgold von Ba. in Empfang nehmen und an die anzuwerbenden neuen Einlieferer verteilen, - teilweise das Bargeld von den Einlieferern in Empfang nehmen, - teilweise die Gutschriftsbelege der Scheideanstalten, die für die Erstellung von Abdeckrechnungen benötigt wurden, von den Einlieferern in Empfang nehmen und an G. weiterleiten und - teilweise die Abdeckrechnungen von G. in Empfang nehmen und den Einlieferern übergeben.
9
Ba. sollte, wie zuvor auch, in erster Linie für die Beschaffung und teilweise Verteilung des Goldes zuständig sein, während G. die Abdeckrechnungen fertigen und daneben weiterhin Gold einliefern sollte.
10
Ende September 2010 nahm der Angeklagte den gesondert Verfolgten Gl. in die Gruppe auf, der als „Rechnungsschreiber“ und Einlieferer unter Falschpersonalien auftretend fortan ebenfalls eine führende Funktion in der Gruppe einnahm. Er ersetzte G. , als dieser im Oktober 2010 aus der Gruppe ausschied.
11
Der Angeklagte erhielt bei jedem Goldgeschäft einen Gewinnanteil; im Übrigen blieb die Gewinnverteilung in der Gruppe weitgehend ungeklärt. Die in diesen Fällen unter Beteiligung des Angeklagten insgesamt bewirkte Umsatzsteuerverkürzung betrug 1.382.391,24 Euro.
12
2. Die einzelnen Fälle wiesen folgende Besonderheiten auf:
13
a) Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe
14
aa) In den Fällen 1 bis 14 sowie 16 bis 18 der Urteilsgründe wurden die Einlieferungen von G. sowie von vier weiteren Einlieferern vorgenommen. Die für die Steuerhinterziehung erforderlichen Abdeckrechnungen auf dem Briefkopf einer A. GmbH stellte G. her, der zu diesem Zweck vom Angeklagten Geschäftsunterlagen und einen Firmenstempel der A. GmbH erhalten hatte. Der Angeklagte veranlasste jeweils, dass die Rechnungen vom formellen Geschäftsführer der A. GmbH, einem unter den Falschpersona- lien „ T. “ auftretenden nicht näher identifizierten bulgarischen Staatsangehörigen, unterzeichnet wurden.
15
bb) Im Fall 15 der Urteilsgründe wurden Vorsteuern aus Abdeckrechnungen geltend gemacht, die Gl. unter den Falschpersonalien „ F. “ gefertigt hatte. Der Angeklagte hatte Gl. zuvor einen auf diesen Namen ausgestellten gefälschten Reisepass besorgt.
16
b) Fälle 23 bis 26 der Urteilsgründe
17
Gl. trat in den Monaten September bis Dezember 2010 unter den Falschpersonalien „ F. “ selbst als Einlieferer auf. Da er einen falschen Namen verwendete, gab er abweichend von der sonst üblichen Vorgehensweise absprachegemäß keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Verwendung von Abdeckrechnungen erschien im Hinblick auf die Identitätstäuschung zu Verschleierungszwecken nicht erforderlich. Den für die Einlieferung bei der Goldscheideanstalt erhaltenen Kaufpreis händigte er abzüglich einer Provision von einem Prozent des Gutschriftsbetrages an den Angeklagten oder an Ba. aus.
18
c) Fälle 27 und 28 der Urteilsgründe
19
In den Fällen 27 und 28 der Urteilsgründe wurden zwei Einlieferer unter Falschpersonalien tätig, denen der Angeklagte gefälschte Ausweisdokumente verschafft hatte. Da auch sie unter diesen Falschpersonalien auftraten, wurden Abdeckrechnungen für ihre Einlieferungen von vorneherein nicht erstellt.
20
d) Fälle 20 bis 22 sowie 29 der Urteilsgründe
21
aa) Die Einlieferin Y. hatte von Gl. unter dem Namen „ F. “ erstellte Abdeckrechnungen erhalten. Sie gab absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fälle 20 bis 22 der Urteilsgründe)
22
bb) Der Einlieferer D. gab, obwohl er Abdeckrechnungen erhalten hatte, ebenfalls absprachewidrig keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab (Fall 29 der Urteilsgründe).
23
e) Fall 19 der Urteilsgründe
24
Das Gruppenmitglied G. , das im Fall 19 der Urteilsgründe als Einlieferer tätig wurde, gab abweichend von den Absprachen in der Gruppe gleichfalls keine Umsatzsteuervoranmeldung ab.
25
3. Das Landgericht hat die vom Angeklagten aus der Gruppe heraus begangenen Taten als 18 Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe) und elf Fälle gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe) gewertet. Es hat in diesen Fällen jeweils eine bandenmäßige Begehung i.S.v. § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO angenommen.
26
Das Landgericht hat den Angeklagten in diesen Fällen jeweils als Mittäter eingestuft. Soweit Unterlassungsdelikte vorlägen (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe ), habe er gemeinschaftlich mit anderen die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen unterlassen.
27
Die über die Gewerbe der Einlieferer abgewickelten Goldlieferungen hat das Landgericht den Mitgliedern der Gruppe, die sie als Bande qualifiziert hat, und damit auch dem Angeklagten zugerechnet, weil die Einlieferer sich als „Strohleute“ in einer arbeitnehmerähnlichen Stellung befunden hätten und - somit nicht als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG handelnd - den Tatplan der Bandenmitglieder lediglich umgesetzt hätten. Daher habe für den Angeklag- ten als „Mitunternehmer“ gemäß § 18 UStG die Pflicht bestanden, diese Goldeinlieferungen in Umsatzsteuererklärungen als Umsätze anzumelden.
28
Soweit (in den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) G. und Gl. als Einlieferer tätig geworden seien, sei der Angeklagte nicht als „Mitunternehmer“ einzustufen. Denn diese Gruppenmitglieder hätten nicht die Position von „Strohleuten“ eingenommen. Deshalb seien auch deren Goldeinlieferungen nicht dem Angeklagten unter dem Gesichtspunkt (mit)unternehmerischer Tätigkeit zurechenbar. Dennoch habe sich der Angeklagte auch insoweit der gemeinschaftlichen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er müsse sich als Hintermann - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - die Pflichtverletzungen der Bandenmitglieder zurechnen lassen.

II.

29
Weitere Taten des Angeklagten (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
30
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts leistete der Angeklagte außerhalb der Bande Unterstützungsbeiträge zu weiteren vergleichbaren Taten:
31
a) Fall 30 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um B. )
32
Der wegen den Streitigkeiten mit G. und Ba. aus der Bande ausgeschiedene B. nahm in einer neuen Gruppe entsprechende Goldhandelsgeschäfte vor, die ebenfalls auf die Hinterziehung von Umsatzsteuer abzielten. Die Geschäfte wurden über die vermögenslose S. GmbH abgewickelt. Nachdem viele Banken unter anderem wegen des von ihnen gesehenen Geldwäscheverdachts nicht mehr dazu bereit waren, Konten für Goldhändler zu errichten, unterstützte der Angeklagte die Gruppe, indem er über einen unabhängigen Finanzvermittler die Eröffnung eines Geschäftskontos ermöglichte.
33
Die durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die über die S. GmbH abgewickelten Goldhandelsgeschäfte eingetretene Umsatzsteuerverkürzung betrug insgesamt 824.000,04 Euro.
34
b) Fälle 31 bis 34 der Urteilsgründe (Unterstützung einer Gruppe um Te. )
35
Für entsprechende Goldhandelsgeschäfte einer Gruppe um Te. , bei denen ebenfalls systematisch Umsatzsteuern hinterzogen wurden, stellte der Angeklagte Abdeckrechnungen zur Verfügung, die er von Gl. fertigen ließ. Sie wurden zum unberechtigten Vorsteuerabzug verwendet. Hier- durch wurde durch Yi. Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 89.965 Euro und durch Ü. von weiteren 57.633,42 Euro hinterzogen.
36
2. Die den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe zu Grunde liegenden Taten hat das Landgericht jeweils als Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO, § 27 StGB gewertet. Dabei ist es angesichts des einmaligen Tatbeitrages des Angeklagten im Falle der S. GmbH von einer einheitlichen Beihilfetat ausgegangen.

B.

37
Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge - die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) - zu einem Teilerfolg. In den Fällen 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ändert der Senat den Schuldspruch von Mittäterschaft auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ab. Dies zieht in diesen Fällen die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen enthält das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler.

I.


38
Die verfahrensgegenständlichen Taten können in zwei Fallkomplexe unterteilt werden. Fallkomplex I umfasst die von der Bande um den Angeklagten und Ba. sowie G. bzw. Gl. begangenen Taten (Fälle 1 bis 29 der Urteilsgründe). Fallkomplex II erfasst die Unterstützungshandlungen des Angeklagten für andere Täter bzw. Tätergruppierungen (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe). Ausgehend von den sich stellenden Rechts- fragen lassen sich im Fallkomplex I zwei Untergruppen bilden: Die Fallgruppe I.1. umfasst diejenigen Fälle, bei denen von den Einlieferern unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben wurden (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe ), während der Fallgruppe I.2. diejenigen Fälle zuzuordnen sind, bei denen von den Einlieferern (pflichtwidrig) keine Steueranmeldungen eingereicht wurden (Fälle 19 bis 29 der Urteilsgründe). Letztere Fallgruppe (Unterlassungstaten ) lässt sich weiter unterteilen in die Gruppe der Fälle, in denen weisungsabhängige Strohleute als Einlieferer tätig wurden (Fallgruppe I.2.a: Fälle 20 bis 22 und 27 bis 29 der Urteilsgründe) und diejenige, in der die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. gegenüber den Scheideanstalten als Einlieferer auftraten (Fallgruppe I.2.b: Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe).

II.


39
Mit Ausnahme hinsichtlich der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) hält der Schuldspruch rechtlicher Nachprüfung stand.
40
1. Fallgruppe I.1. (Fälle 1 bis 18 der Urteilsgründe)
41
Die Verurteilung des Angeklagten in der Fallgruppe I.1 wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch aktives Tun gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
42
a) Täter einer Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO kann nicht nur der Steuerpflichtige sein. Vielmehr kommt als Täter einer Steu- erhinterziehung durch aktives Tun grundsätzlich jedermann in Betracht („wer“), sofern er den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht. Mittäter kann daher auch eine Person sein, der das Gesetz keine steuerlichen Pflichten zuweist, sofern nur die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Begehungsweise im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB gegeben sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463; BGH, Beschluss vom 6. Oktober 1989 - 3 StR 80/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 3; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112).
43
Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, NStZ 2006, 44; BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN).
44
b) Die erkennbar auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung der maßgeblichen Umstände getroffene Wertung des Landgerichts, der Angeklagte sei in diesen Fällen Mittäter und nicht nur Gehilfe der durch Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen für die Einlieferer begangenen Steuerhinterziehungen gewesen, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
45
Das Landgericht durfte dabei maßgeblich berücksichtigen, dass die Einlieferer mit der Einreichung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich den Tatplan der Gruppe (Bande) um den Angeklagten sowie Ba. undG.
bzw. Gl. umsetzten. In diesem Tatplan spielte die Verwendung der von dem Angeklagten beschafften Abdeckrechnungen zur Verschleierung der Steuerverkürzungen eine bedeutende Rolle. Der Angeklagte hatte zudem an der Funktionsfähigkeit des verwendeten Systems der Hinterziehung von Umsatzsteuer erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse, denn er war an den Erträgen aus diesem System beteiligt. Die von ihm erbrachten Tatbeiträge, etwa seine Mitwirkung bei der Beschaffung der Abdeckrechnungen und bei der Übergabe des Goldes an die Einlieferer, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als für die Taten wesentlich angesehen.
46
Der Annahme von Mittäterschaft steht nicht entgegen, dass der Angeklagte seine jeweiligen Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der unrichtigen Steueranmeldungen erbrachte (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 407/12, wistra 2013, 67; Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463). Insoweit gelten die allgemeinen strafrechtlichen Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - 3 StR 63/12).
47
2. Fallkomplex II. (Fälle 30 bis 34 der Urteilsgründe)
48
Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Fallkomplex II. ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Die Urteilsfeststellungen belegen in den Fällen 30 bis 34 der Urteilsgründe sowohl die Haupttaten der Steuerhinterziehung als auch die von dem Angeklagten vorsätzlich erbrachten Tatbeiträge.

49
3. Fallgruppe I.2.a (Fälle 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe)
50
Die Verurteilung des Angeklagten der Fallgruppe I.2.a wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
51
a) Tatbestandlich i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO handelt, wer eine Rechtspflicht zur Offenbarung steuerlich erheblicher Tatsachen verletzt. Diese Voraussetzung muss auch bei einem Mittäter vorliegen.
52
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Täter - auch Mittäter - einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1979 - 3 StR 488/78, BGHSt 28, 371, 375 ff.; BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 1; BGH, Beschluss vom 14. Februar 1990 - 3 StR 317/89, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Eingangsabgaben 1; BGH, Beschluss vom 20. November 1990 - 3 StR 259/90, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter 2; BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 5 StR 600/01, BGHSt 48, 52, 58; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344; BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - 5 StR 164/06, wistra 2007, 112; BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 1 StR 105/10). Dabei können sich Offenbarungspflichten sowohl aus den gesetzlich besonders festgelegten steuerlichen Erklärungspflichten wie auch aus allgemeinen Garantenpflichten ergeben, die allerdings eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rn. 161 ff.).
53
bb) Demgegenüber ist die Strafkammer - mit durchaus beachtlichen Argumenten - der Auffassung, dass die von der Rechtsprechung vorgenommene Beschränkung des Täterkreises auf Personen, die eine eigene Offenbarungs- pflicht verletzen, nicht zutreffend sei (UA S. 153 ff.). Vielmehr handele es sich beim Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Allgemeinde- likt, sodass die Pflichtverletzung eines „Vordermanns“ einem selbst nicht erklä- rungspflichtigen „Hintermann“ zugerechnet werden könne. Aus diesem Grund könnten Personen auch Mittäter sein, die keine sie persönlich treffende Pflicht verletzen, sofern nur die allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme von Mittäterschaft gegeben seien.
54
Der Wortlaut des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sei mit einer Einstufung als Allgemeindelikt vereinbar. Das Gesetz grenze den Täterkreis nicht näher ein, sondern verwende - ebenso wie bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO - die für Allgemein- delikte typische Umschreibung „wer“. Schließlich beschreibe auch das Merkmal „pflichtwidrig“ keine persönliche Pflichtenstellung für einen bestimmten Personenkreis , sondern enthalte ein strafrechtliches „Jedermann-Gebot“. Es beschreibe nicht den Personenkreis näher, sondern konkretisiere, welche Art und Weise des Handelns unter Strafe gestellt sei (vgl. Bender, wistra 2004, 368, 371; Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Auch die Systematik des Gesetzes spreche für die vom Landgericht vertretene Auffassung, denn § 370 AO enthalte die im Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 378 Abs. 1 AO enthaltene Beschränkung des Täterkreises gerade nicht.
55
Schließlich verweist das Landgericht darauf, dass die bisherige Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht zu sachgerechten Ergebnissen führe. So sei es oft letztlich vom Zufall abhängig, ob eine Bestrafung als Täter oder - trotz vergleichbaren Unrechtsgehalts der Tatbeteiligung - nur als Gehilfe in Betracht komme, etwa weil ein unterstützter anderer Tatbeteiligter eine Steuererklärung überhaupt nicht statt - wie geplant - mit falschem Inhalt abgebe. So sei es nach der bisherigen Auslegung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich, dass ein „Hin- termann“ trotz tatbeherrschender Stellung nur als Gehilfe bestraft werden könne.
56
cc) Der Senat teilt die Auffassung, dass es sich auch bei dem Unterlassungstatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO um ein Delikt handelt, das nicht nur vom Steuerpflichtigen und Personen, denen sonst in den Steuergesetzen steuerliche Erklärungspflichten auferlegt sind (vgl. §§ 34, 35 AO), verwirklicht werden kann, sondern grundsätzlich von „Jedermann“.
57
(1) Durch die offene Formulierung des Gesetzes „wer“, die allen drei Tatvarianten der Steuerhinterziehung vorangestellt ist, enthält § 370 Abs. 1 AO die herkömmlich bei der Ausgestaltung von Allgemein-/Jedermannsdelikten verwendete Formulierung (vgl. Kuhlen in: Festschrift für Heike Jung, 2007, S. 445, 457). Nach dem Gesetzeswortlaut erfolgt damit keine Beschränkung auf eine bestimmte Tätergruppe; einen Statusbegriff, wie er sonst häufig bei der Beschreibung tauglicher Täter bei Sonderdelikten zu finden ist, enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
58
(2) Der Umstand, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO hin- sichtlich des Merkmals „pflichtwidrig“ weitere Besonderheiten aufweist, ergibt sich darüber hinaus auch aus einem systematischen Vergleich zu anderen Tatbeständen , die ebenfalls das Merkmal „pflichtwidrig“ aufgreifen, jedoch anders ausgestaltet sind:
59
So knüpfen zwar auch die Straftatbestände des § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB und des § 356 StGB an das Merkmal „pflichtwidrig“ an. Diese Tatbestände enthalten aber jeweils den Täterkreis beschreibende Statusbegriffe, so dass bereits der jeweilige Wortlaut („als Arbeitgeber“ bzw. „ein Anwalt oder anderer Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Ange- legenheiten …. pflichtwidrig dient“) die Eigenschaft des tauglichen Täters be- schränkt. Beide Tatbestände knüpfen damit an ein besonderes Vertrauensverhältnis oder an besonders ausgestaltete Pflichtenstellungen an, die sich aus der personalen Eigenschaft als „Arbeitgeber“ bzw. „als Anwalt“ ergeben. Dem- gegenüber erfordert die Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (pflichtwidriges In-Unkenntnis-lassen bezogen auf steuerlich erhebliche Tatsachen) keine Anknüpfung an solche personenbezogenen Eigenschaften und Umstände. Die Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwendet nicht die Formulierung „wer als Steuerpflichtiger“ (vgl. § 33 Abs. 1 AO) und richtet sich deshalb auch nicht allein an den Adressaten eines Steuergesetzes, also denjenigen, dem aus einem Steuergesetz Rechte und Pflichten erwachsen (vgl. zum Begriff des Steuerpflichtigen Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 33 Rn. 1).
60
(3) Auch aus der Struktur des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO insgesamt ergibt sich keine Beschränkung des Täterkreises auf den Adressaten eines Steuergesetzes. Tatbestandsrelevant ist der Verstoß gegen die Handlungspflicht bei Taten nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zwar nur, wenn die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Hieraus folgt aber lediglich, dass die Pflicht zur Erfolgsabwendung, gegen die der Unterlassende verstößt, nur dann eine Strafbarkeit begründen kann, wenn sie auf eine Beseitigung der Unkenntnis des Finanzamtes gerichtet ist. Dem lässt sich aber nur entnehmen, wie die im Interesse des geschützten Rechtsguts (Steueraufkommen ) bestehende Pflichtenstellung näher ausgestaltet sein muss, nicht aber, wer Träger der Pflicht ist.
61
(4) Ein Vergleich mit dem Bußgeldtatbestand des § 378 Abs. 1 AO zeigt, dass auch das Steuerstraf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht Beschränkungen des Täterkreises kennt. Bei dieser Vorschrift ist der Täterkreis eingeschränkt auf Steuerpflichtige sowie Personen, „die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichnete Tat leicht- fertig“ begeht. Eine derartige Begrenzung des Täterkreises enthält § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht.
62
(5) Auch der Schutzzweck der Norm gebietet keine Beschränkung auf die Verletzung eigener steuerlicher Pflichten. Denn geschütztes Rechtsgut ist bei allen Tatbeständen des § 370 AO das öffentliche Interesse des Staates am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen jeder einzelnen Steuerart (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1 und Beschluss vom 22. November 2012 - 1 StR 537/12 [zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen ] mwN). Alle Tatbestandsvarianten des § 370 Abs. 1 AO enthalten daher auch einheitlich als Taterfolg die Verkürzung von Steuern sowie die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile für sich oder einen anderen.
63
dd) Schließlich trifft auch der Hinweis des Landgerichts zu, dass es zuweilen allein von der Ausgestaltung der steuerlichen Normen abhängt, ob eine Tatbegehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder eine solche durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) in Betracht kommt, was - etwa auch im Bereich mittelbarer Täterschaft - erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit von Tatbeteiligten haben kann.
64
ee) Der Senat erkennt ausdrücklich an, dass das Landgericht mit sorgfältiger Begründung gegen die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Stellung bezogen und damit eine Änderung der Rechtsprechung angeregt hat. Gleichwohl hält er an der Rechtsprechung fest, dass Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO nur derjenige sein kann, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist. Denn der Wortlaut dieser Strafnorm lässt eine andere Auslegung nicht zu (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG). Nach Auffassung des Senats bezieht sich das Merkmal „pflichtwidrig“ allein auf das Verhalten des Täters (bei dem es sich indes nicht um den Steuerpflichtigen handeln muss), nicht allgemein auf dasjenige irgendeines Tatbeteiligten. Damit kommt eine Zurechnung fremder Pflichtverletzungen auch dann nicht in Betracht, wenn sonst nach allgemeinen Grundsätzen Mittäterschaft vorliegen würde.
65
Anders wäre dies etwa, wenn der Gesetzgeber die Formulierung „wer bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“, gewählt hätte. Es bleibt daher dem Gesetzgeber vorbehalten, etwaige Ungereimtheiten im Anwendungsbereich der Tatbestände des § 370 Abs. 1 AO zu beseitigen. Im Übrigen kann ein Tatgericht den Umstand, dass eine nur als Gehilfe strafbare Person Tatherrschaft hatte, im Rahmen des nach erfolgter Strafrahmenverschiebung gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB eröffneten Strafrahmens erheblich strafschärfend werten.
66
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die für eine Unterlassungsstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO somit erforderliche Erklä- rungspflicht des Angeklagten nicht daraus, dass er als „Mitunternehmer“ gemäß § 2 UStG verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 18 UStG die von den Einlieferern getätigten Umsätze anzumelden.
67
Dies gilt unabhängig von dem Umstand, dass das Landgericht mit dem Begriff des Mitunternehmers einen im Umsatzsteuerrecht nicht gebräuchlichen (vgl. BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517) Begriff des Einkommensteuergesetzes (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) verwendet hat. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Bande, der sich der Angeklagte zur Begehung von Steuerstraftaten angeschlossen hatte, aufgrund geschlossenen Auftretens nach außen hin als eigenständiges Unternehmen im Sinne des § 2 UStG anzusehen sein könnte. Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts waren jedenfalls bei den hier in Rede stehenden Goldverkäufen allein die „Strohleute“ die Unternehmer, die in einer Leistungsbeziehung zu den Scheide- anstalten standen, nicht die hinter den „Strohleuten“ stehende Bande. Die Einlieferer waren insoweit - obgleich „Strohleute“ - nicht als für die Leistungsbezie- hungen bedeutungslose „Nichtunternehmer“ anzusehen. Damit scheidet die vom Landgericht vorgenommene Zurechnung der von den Einlieferern getätigten Umsätze zur Bande als Leistungserbringerin aus.
68
aa) Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG). Vom Unternehmerbegriff des Umsatzsteuergesetzes werden zwar unabhängig von der Rechtsform Personen und Personenzusammenschlüsse aller Art erfasst. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erbringt ein Zusammenschluss natürlicher Personen regelmäßig aber nur dann als selbständiger Unternehmer i.S.d. § 2 UStG Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 18. März 1988 - V R 178/83, DStR 1988, 516, 517). Maßgeblich ist somit, ob der Zusammenschluss natürlicher Personen als solcher nach außen durch die Erbringung von Umsätzen erkennbar am Wirtschaftsverkehr teilnimmt (vgl. Klenk in Sölch/ Ringleb, UStG, 63. Lfg., § 2 Rn. 10 f.).
69
bb) Ob und inwieweit die Bande, der sich der Angeklagte angeschlossen hatte, diese Voraussetzung erfüllte und sie damit als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG tätig wurde, ist den Urteilsfeststellungen nicht eindeutig zu entnehmen.
70
Letztlich kann dies hier auch dahinstehen. Denn die sich aus der Unternehmerstellung ergebenden Erklärungspflichten eines Unternehmers im Sinne des § 2 UStG beschränken sich auf diejenigen Umsätze, die seinem Unternehmen zuzuordnen sind. Dazu gehörten hier - für die Bande - die Goldlieferungen der Einlieferer an die Scheideanstalten nicht.
71
(1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 2001 - V R 67/00, UR 2002, 213; BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Leistender ist damit in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist (st. Rspr.; vgl. nur BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 mwN). Dabei kann auch ein „Strohmann" Unternehmer und Leistender im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein. Er ist nicht deswegen unselbständig i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, weil er im Innenverhältnis den Weisungen des Auftraggebers verpflichtet ist (BFH, Urteil vom 26. Juni 2003 - V R 22/02, DStRE 2004, 153). Ohne Bedeutung für die Beurteilung der Leistungsbeziehungen im Verhältnis zu Dritten ist grundsätzlich, aus welchen Gründen der „Hintermann“ gegenüber dem Vertragspartner des „Strohmanns“ und Leistungsempfänger (einem Dritten), als Leistender nicht in Erscheinung treten will (BFH aaO; zu den Leistungsbeziehungen zwischen Stroh- und Hintermann vgl. auch BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326).
72
(2) Unbeachtlich ist ein „vorgeschobenes" Strohmanngeschäft allerdings dann, wenn es nur zum Schein abgeschlossen wird, d.h. wenn beide Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem „Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 AO; BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208 = BStBl II 2004, 622, unter II.4.c; BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 1 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344). Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass derjenige, mit dem (als „Strohmann“) oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, selbst keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen will (vgl. BFH, Urteil vom 12. Mai 2011 - V R 25/10, DStRE 2011, 1326 unter II.1.c; BFH, Beschluss vom 31. Januar 2002 - V B 108/01, BFHE 198, 208; BFH, Urteil vom 12. August 2009 - XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259).
73
(3) So verhielt es sich nach den Feststellungen hier nicht. Da nicht die Bande um den Angeklagten, sondern die Einlieferer gegenüber den Scheideanstalten auftraten und für letztere keine Anhaltspunkte bestanden, dass diese Personen für eine hinter ihnen stehende Person oder Personenmehrheit handelten und nur als „Rechnungsschreiber“ oder „Gutschriftsempfänger“ tätig wurden (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.aa), waren die Einlieferer, auch soweit sie nur „Strohleute“ waren, bei den Goldveräußerungen an die Scheideanstalten als die leistenden Unternehmer anzusehen.
74
Die Frage, ob die „Strohleute“ im Verhältnis zur Bande, von der sie das Altgold erhielten, wegen ihres kollusiven Zusammenwirkens ohne handelstypisches Verhalten nicht als Unternehmer anzusehen waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011 - 1 StR 24/10, BGHR UStG § 15 Abs. 1 Unternehmer 1; BGH, Urteil vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Täter 4 = wistra 2003, 344), ist insoweit ohne Bedeutung.
75
cc) Der Umstand, dass sowohl die gegenüber den Scheideanstalten nicht auftretenden Bandenmitglieder als auch die „Strohleute“ von Anfang an beabsichtigten, auf der Grundlage der Altgoldgeschäfte Umsatzsteuern zu hinterziehen , steht der Annahme steuerbarer und steuerpflichtiger Ausgangsumsätze (Lieferungen) der Einlieferer nicht entgegen (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 unter II.2.a.bb mwN; zum Entstehen einer anzumeldenden Steuerschuld gemäß § 14c Abs. 2 UStG, wenn der Einlieferer die Ausstellung einer unrichtigen Gutschrift veranlasst, vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267, 268; vgl. auch Korn in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 14c Rn. 5; Wagner in Sölch/Ringleb, UStG, 68. Lfg., § 14c Rn. 152 f.).
76
c) Leistende Unternehmer und damit als Steuerpflichtige zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen für die Altgoldlieferungen an die Scheideanstalten verpflichtet waren somit die „Strohleute“ als Unternehmer und nicht der Angeklagte. Jedoch bestand daneben für den Angeklagten als Verfügungsberechtigten im Sinne von § 35 AO eine eigenständige Rechtspflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für die als „Strohleute“ eingesetzten Einlieferer erfüllt werden.
77
aa) Nach § 35 AO hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann. Wer daher in diesem Sinne als Verfügungsberechtigter auftritt, hat unter der Voraussetzung , dass er dazu tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, wie der gesetzliche Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers zu erfüllen (vgl. BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Zu den von ihm zu erfüllenden Pflichten gehört insbesondere die Abgabe von Steuererklärungen (etwa von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuerjahreserklärungen , vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81 sowie Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 6. Juni 2008 - 11 K 573/06, EFG 2009, 1610; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. November 1989 - 3 StR 249/89, BGHR AO § 35 Verfügungsberechtigter 2 sowie BGH, Urteil vom 12. November 1986 - 3 StR 405/86, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 Mittäter
1) und die Entrichtung der Steuern aus den vorhandenen Mitteln.
78
(1) Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO ist jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991, 284; Krömker in Lippross , Basiskommentar Steuerrecht, 65. Lfg., § 35 AO Rn. 2; Gmach, DStZ 2001, 341, 342; Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 40. Lfg., § 370 AO Rn. 118 ff.).
79
Nicht ausreichend ist eine rein tatsächliche Verfügungsmacht, etwa die Möglichkeit, über (allein) wirtschaftlichen Druck auf die Verfügungen des Steuerpflichtigen Einfluss zu nehmen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BStBl. II 1995, 859 betreffend eine Bank; Mösbauer, DB 2005, 1816, 1819); vielmehr muss die Verfügungsmöglichkeit rechtlich eingeräumt worden sein, sodass der Verfügungsberechtigte aufgrund bürgerlich-rechtlicher Verfügungsmacht im Außenverhältnis wirksam handeln kann (vgl. BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 unter II.1.; Jatzke in Beermann/Gosch, 62. Lfg., § 35 AO Rn. 7). Entscheidend für die Pflichtenstellung des § 35 AO ist, dass der Verfügungsberechtigte durch die Übertragung der rechtlichen Verfügungsbefugnis (in der Regel durch Rechtsgeschäft, vgl. Schwarz, AO, 122. Lfg., § 35 AO Rn. 7) in die Lage versetzt worden ist, am Rechtsverkehr wirksam teilzunehmen (vgl. Jatzke aaO Rn. 7).
80
Eine mittelbare rechtliche Verfügungsbefugnis genügt. Verfügungsberechtigt im Sinne des § 35 AO ist daher auch, wer aufgrund seiner Stellung die Pflichten des gesetzlichen Vertreters erfüllen kann oder durch die Bestellung entsprechender Organe erfüllen lassen kann (vgl. Boeker in Hübschmann/ Hepp/Spitaler (HHSp), AO, Lfg. 205, § 35 AO Rn. 8 mwN). Gleiches gilt für denjenigen, der kraft eines Rechtsverhältnisses den Vertretenen steuern und über seine Mittel verfügen kann (vgl. zu einem Treuhand- oder sonstigen Auftragsverhältnis : Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434). Auch wenn ein Geschäftsherr einem Dritten für einen bestimmten Geschäftsbereich völlig freie Hand lässt, so kann dieser Dritte nach den Umständen des Einzelfalls für den Geschäftsbereich , den er übernommen hat, als Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO anzusehen sein (vgl. Schwarz aaO Rn. 7).
81
(2) Nur wer als Verfügungsberechtigter nach außen auftritt, kann Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO sein (vgl. BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3.; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76). Auftreten bedeutet Teilnahme am Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die über die Beziehungen zum Rechtsinhaber hinausgeht (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1., noch zu § 108 RAO; Niedersächsisches Finanzgericht, Ur- teil vom 9. Juli 1991 - XI 508/90, EFG 1992, 239; Boeker in HHSp, Lfg. 205, § 35 Rn. 10; Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7).
82
Keine Voraussetzung ist ein Auftreten gerade gegenüber den Finanzbehörden oder in steuerlichen Angelegenheiten (vgl. BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BStBl. II 1991,284; BFH, Urteil vom 21. Februar 1989 - VII R 165/85, BStBl. II 1989, 491 mwN; Niedersächsisches Finanzgericht aaO; Gmach, DStZ 2001, 341, 342), vielmehr genügt, dass der Verfügungsberechtigte gegenüber irgendjemandem - nach außen - im Rechtsverkehr als solcher aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1985 - VII R 186/82, BFH/NV 1986, 192 unter 1.).
83
Das Auftreten muss auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Es reicht aus, wenn der Verfügungsberechtigte sich nach außen so geriert, als könne er über fremdes Vermögen verfügen. Nimmt etwa ein faktischer Geschäftsführer oder „faktischer Leiter“ (vgl. BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1994 - I B 228/93, BFH/NV 1995, 662) eines Unternehmens Geschäftsführungsaufgaben tatsächlich wahr, so reicht es aus, wenn er lediglich gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“, etwa im Rahmen von Gesellschafterversammlungen , zu erkennen gibt, dass er als solcher über das Vermögen verfügen kann, das Auftreten gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ aber weisungsabhängigen Personen überlässt (vgl. BFH, Urteil vom 5. August 2010 - V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH, Urteil vom 24. April 1991 - I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; vgl. auch BFH, Beschluss vom 9. Januar 2013 - VII B 67/12 sowie Merkt, AO-StB 2009, 81, 84). Hält sich der faktisch Leitende selbst im Hintergrund und bedient er sich zur Ausübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung weisungsgebundener Personen, wird er nach § 35 AO nur verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen - mithin mindestens gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ - erkennbar wird (BFH, Beschluss vom 26. April 2010 - VII B 194/09, BFH/NV 2010, 1610 unter II.3 mwN; vgl. auch Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 35 Rn. 7). Diese Grundsätze gelten für Einzelunternehmen entsprechend (vgl. BFH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - VII B 172/07, BFH/NV 2008, 748; zur faktischen Unternehmensbeherrschung bei Einzelunternehmen vgl. auch Köhler in Wabnitz /Janovsky, Handbuch des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts, 3. Aufl. 2007, Kap. 7, Rn. 274 sowie Bieneck in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht , 5. Aufl., § 77 Rn. 20).
84
(3) Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters nur in dem Umfang zu erfüllen, wie er dies tatsächlich und rechtlich kann (§ 35 AO 2. Halbsatz). Mit Blick auf die ansonsten weitgehende Bedeutungslosigkeit der Vorschrift des § 35 AO gegenüber dem bereits über § 34 Abs. 1 AO unmittelbar erfassten Personenkreis ist aber nicht erforderlich, dass der Verfügungsberechtigte unmittelbar rechtlich zur Pflichtenerfüllung in der Lage ist, mittelbares Können genügt daher (vgl. BFH, Urteil vom 16. März 1995 - VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl. II 1995, 859 unter 3.a.; BFH, Urteil vom 7. April 1992 - VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; BFH, Urteil vom 27. November 1990 - VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl. II 1991, 284).
85
Steuerliche Pflichten sind daher auch dann rechtlich und tatsächlich erfüllbar , wenn zwar keine unmittelbare Vertretungsbefugnis besteht, die rechtliche Stellung jedoch eine verbindliche Weisung an den Vertretenen ermöglicht (Koenig in Pahlke/Koenig, AO, 2. Aufl., § 35 Rn. 14). Aber auch derjenige, der kraft eines Vertragsverhältnisses den Steuerpflichtigen steuern und deshalb über dessen Mittel verfügen kann, kann im Einzelfall tatsächlich und rechtlich in der Lage sein, die steuerlichen Pflichten eines gesetzlichen Vertreters zu erfüllen (vgl. Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Juni 2008 - 12 K 407/04, Rn. 87 ff. [juris], EFG 2008, 1434).
86
bb) Gemessen an diesen Maßstäben war der Angeklagte Verfügungsberechtigter im Sinne des § 35 AO. Er kam seiner sich hieraus ergebenden Ver- pflichtung, für die als „Strohleute“ tätigen Einlieferer die Goldverkäufe umfas- sende Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben, nicht nach, obwohl er hierzu tatsächlich und rechtlich zumindest mittelbar in der Lage war.
87
(1) Die Einlieferer traten zwar gegenüber den Scheideanstalten selbst nach außen auf. Im Verhältnis zu den führenden Bandenmitgliedern - also auch zum Angeklagten - waren sie jedoch bei den Goldgeschäften als abhängige und unselbständige „Strohleute“ eingebunden und hatten sämtliche Geschäftsabläufe wirtschaftlich aus der Hand gegeben (vgl. zur faktischen Führung von Strohmannfirmen vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2012 - 5 StR 407/12, NJW 2013, 624). Die Goldgeschäfte waren ihnen nicht nur hinsichtlich Zeit und Umfang vorgegeben; auch mussten sie den ihnen überwiesenen Kaufpreis nach fest vorgegebenen Abläufen abheben und gegen eine Provision, die ebenfalls nach festen Kriterien bestimmt war, aushändigen. Ihr Verhalten gegenüber den Finanzbehörden wurde dirigiert, indem ihnen entweder entspre- chende „Buchhaltung“ (Abdeckrechnungen) ausgehändigt wurde oder sie mit gefälschten Papieren ausgestattet wurden, die ein Auftreten gegenüber dem Finanzamt von vornherein entbehrlich machten. Die zu einer Begleichung der Umsatzsteuerschuld (Belieferung der Goldscheideanstalten) notwendigen und zunächst auch vorhandenen Mittel, die ihnen ein steuerehrliches Verhalten ermöglicht hätten, wurden ihnen nach den ihnen vorgegebenen Geschäftsabläufen entzogen. Damit ließen die Einlieferer dem Angeklagten sowie den weiteren „führenden“ Mitgliedern der Bande insgesamt völlig freie Hand.
88
Die hieraus resultierende Leitungsmacht des Angeklagten wird besonders deutlich in den Fällen, in denen der Angeklagte selbst die Einlieferer zum Zwecke des Goldhandels anwarb, ihnen gefälschte Papiere besorgte und ihnen Anweisungen zur Erledigung notwendiger Formalitäten erteilte. Aber auch soweit anstelle des Angeklagten die weiteren führenden Mitglieder der Bande bei der Einflussnahme auf die „Strohleute“ mitwirkten, gilt im Ergebnis nichts ande- res. Sie handelten auf der Grundlage einer gemeinsamen Absprache, die ba- sierend auf dem „bewährten Geschäftsmodell“ eine intern arbeitsteilige Vorgehensweise vorsah. Einschränkungen der Befugnisse des Angeklagten waren damit aber nicht verbunden.
89
Jedenfalls gegenüber den Einlieferern und den weiteren führenden Bandenmitgliedern , also gegenüber einer „begrenzten Öffentlichkeit“ trat der Angeklagte als einer der faktischen „Leiter“ der Unternehmen der Einlieferer auf. Soweit der Angeklagte den Einlieferern gefälschte Papiere verschafft hatte und sie bei der Erledigung der erforderlichen Formalitäten begleitete, trat er zudem gegenüber der „allgemeinen Öffentlichkeit“ auf. Als der Angeklagte etwa in Be- gleitung von Einlieferern bei einer Steuerberaterin, der Zeugin L. , erschien, trat der Angeklagte, so deren Wahrnehmung, als derjenige auf, der „die Geschäfte gemacht“ hat (UA S. 115). Demgegenüber beschränkte sich das Handeln der Einlieferer auf die Einlieferung des Goldes bei den Scheideanstalten sowie auf Treffen mit dem Angeklagten oder anderen führenden Bandenmitgliedern , um dabei Geld und Gutschriften auszuhändigen oder Abdeckrechnungen sowie Gold entgegenzunehmen.
90
Der Angeklagte war auch in der Lage, zumindest mittelbar über die jeweiligen Einlieferer und die weiteren führenden Bandenmitglieder, der Verpflichtung zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen nachzukommen. Denn er hatte Zugriff auf die Gutschriften der Goldscheideanstalten, anhand deren die Umsatzsteuervoranmeldungen hätten erstellt werden können. Zudem war er nach der getroffenen Bandenabrede auch für die „Logistik“ und damit für die Erstellung der Abdeckrechnungen anhand der Gutschriften verantwortlich.
Damit trafen ihn als Verfügungsberechtigten im Sinne des § 35 AO die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters.
91
(2) Für die Fälle 20 bis 22 und 29 der Urteilsgründe gilt nichts Abweichendes. Zwar haben die Einlieferer Y. und D. in diesen Fällen aus Nachlässigkeit oder sonstigen Gründen abredewidrig statt unrichtiger Voranmeldungen überhaupt keine Erklärungen abgegeben. Dies beseitigte aber nicht die auch in diesen Fällen bestehende, sich aus der „arbeitnehmerähnlichen Stellung“ dieser „Strohleute“ ergebende Verfügungsbefugnis des Angeklagten i.S.v. § 35 AO.
92
(3) Damit traf den Angeklagten in den Fällen 20 bis 22 sowie 27 bis 29 der Urteilsgründe neben den anderen führenden Bandenmitgliedern Ba. und Gl. eine sich aus § 35 AO ergebende Pflicht, für die Unternehmen der als „Strohleute“ tätigen Einlieferer Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben. Dieser Pflicht sind sie gemeinschaftlich (vgl. hierzu allgemein Weigend in LKStGB , 12. Aufl., § 13 Rn. 82 mwN) nicht nachgekommen und haben sich daher - wie vom Landgericht ausgeurteilt - wegen in Mittäterschaft begangener Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
93
4. Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe)
94
Im Gegensatz zur Fallgruppe I.2.a hält der Schuldspruch wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen in den Fällen der Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe) rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn in diesen Fällen traf den Angeklagten keine Offenbarungspflicht für die von den als Einlieferern tätigen Bandenmitgliedern G. und Gl. mit den Scheideanstalten getätigten Umsätze. Der Senat stellt jedoch den Schuldspruch auf Beihilfe (§ 27 StGB) um.
95
a) Gegenüber den Scheideanstalten wurden hier allein die führenden Bandenmitglieder G. und Gl. , die insoweit als Einlieferer auftraten, als Unternehmer i.S.v. § 2 UStG tätig, nicht die hinter diesen stehende Bande. Der Angeklagte war daher auch nicht als Bandenmitglied zur Offenbarung dieser Umsätze gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet.
96
b) Auch aus § 35 AO traf den Angeklagten nicht die Pflicht, für die als Einzelunternehmer tätigen G. und Gl. die steuerlichen Pflichten wahrzunehmen. Denn anders als die übrigen Einlieferer („Strohleute“) waren die Bandenmitglieder G. und Gl. nicht lediglich völlig weisungsabhängige „Strohleute“, sondern nahmen ebenfalls Führungspositionen innerhalb der Bande ein. Dementsprechend ermöglichten es die internen Absprachen dem Angeklagten weder, in den Geschäftsablauf von G. oder Gl. als Einlieferer aktiv einzugreifen noch deren Geschäfte „treuhänderisch“ zu führen. Der Angeklagte hatte daher gegenüber diesen Personen keine Stellung inne, die ihn hinsichtlich deren Einzelunternehmen als Verfügungsberechtigten i.S.v. § 35 AO qualifizieren würde.
97
c) Sonstige Offenbarungspflichten gegenüber den Finanzbehörden sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Angeklagte hier jedenfalls wegen der Besonderheiten des Besteuerungsverfahrens im Umsatzsteuerrecht (§ 18 UStG, § 168 AO) auch keine Offenbarungspflichten aus einer sich etwa aus dem von der Bande betriebenen Hinterziehungssystem ergebenden Garantenstellung (Ingerenz) verletzt.
98
d) Der Senat kann den Schuldspruch jedoch auf Beihilfe (§ 27 StGB), die von den Feststellungen getragen wird, abändern. Er schließt aus, dass sich der Angeklagte gegen diesen Vorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.

III.


99
Die Schuldspruchänderung von Steuerhinterziehung auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Fallgruppe I.2.b (Fälle 19 sowie 23 bis 26 der Urteilsgründe ) zieht die Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Im Übrigen ist die Strafzumessung rechtsfehlerfrei.

IV.


100
Einer Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht darf allerdings weitere Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht im Widerspruch stehen. Nack Rothfuß Graf Jäger Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1.
Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2.
in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3.
Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4.
Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5.
Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6.
Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7.
entgegen dem Handelsrecht
a)
Bilanzen so aufstellt, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b)
es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8.
in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2.
des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird ohne mündliche Verhandlung als unbegründet verworfen, wenn die darin aufgestellten Behauptungen keine genügende Bestätigung gefunden haben oder wenn in den Fällen des § 359 Nr. 1 und 2 oder des § 362 Nr. 1 und 2 nach Lage der Sache die Annahme ausgeschlossen ist, daß die in diesen Vorschriften bezeichnete Handlung auf die Entscheidung Einfluß gehabt hat.

(2) Andernfalls ordnet das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an.

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat.

(2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 310/16
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
zu 2.: Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:251017B1STR310.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 25. Oktober 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 24. Juni 2015
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte M. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang , der Angeklagte K. schuldig ist der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Steuerhinterziehung in 25 Fällen, davon in 20 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, hinsichtlich des Angeklagten K. auch mit den Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Lohnsteuer, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Schwerin zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen 25-facher Beihilfe zum Vorenthalten von Arbeitsentgelt in Tateinheit mit Beihilfe zur Beschäftigung von mehr als fünf Ausländern ohne Genehmigung, den Angeklagten K. darüber hinaus tateinheitlich wegen 25-facher Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt. Gegen den Angeklagten M. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten, gegen den Angeklagten K. eine solche von acht Monaten verhängt, und deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Gegen diese Verurteilungen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen und erheben jeweils die ausgeführte Sachrüge, der Angeklagte M. auch Verfahrensrügen.
2
Die Rechtsmittel haben mit den Sachrügen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts entschied der Geschäftsführer der Hotelanlage Y. zur Kosteneinsparung polnische Arbeiter im Rahmen von Werkverträgen auf der Hotelanlage einzuset- zen. Sie sollten nach Bedarf durch den Angeklagten M. in Polen akquiriert werden, dort ein Gewerbe anmelden und anschließend auf Grund von Werkverträgen in der Hotelanlage eingesetzt werden. Nachdem der Geschäftsführer der Hotelanlage die ersten Verträge aus dem Jahr 2006 unterschrieben hatte, unterzeichnete sie in der Folgezeit meist der Angeklagte K. als technischer Leiter der Hotelanlage. Der Angeklagte K. informierte auch jeweils den Angeklagten M. über die Anzahl der benötigten Hilfskräfte und der Angeklagte M. warb sie sodann in Polen an.
4
Die jeweils als Werkvertrag bezeichneten Verträge enthielten Beschreibungen von durchzuführenden Arbeiten wie den Transport und die Reparatur von Möbeln, Garten- oder Reinigungsarbeiten. Die polnischen Arbeitskräfte, die vor der Unterschrift unter diese Verträge in Polen ein Gewerbe angemeldet hatten , waren im Jahr 2007 in der Gärtnerei eingesetzt und führten Hilfsarbeiten beim Reinigen der Hotelanlage aus. Ab Frühjahr 2008 arbeiteten verstärkt polnische Frauen als Zimmermädchen. Die polnischen Arbeitskräfte waren wie Arbeitnehmer in den Betriebsablauf der Hotelanlage integriert, trugen die Dienstkleidung der Hotelanlage, erhielten Arbeits- und Putzmittel gestellt und unterlagen hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort den Anordnungen der Mitarbeiter der Hotelanlage. Die Lohnrechnungen schrieb der Angeklagte M. . Der Stundenlohn wurde regelmäßig für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen abgerechnet und von einem der beiden Angeklagten an die polnischen Arbeitskräfte ausbezahlt.
5
Die in der Hotelanlage beschäftigten 90 polnischen Arbeitnehmer besaßen keine Genehmigung nach § 284 Abs. 1 SGB III in der jeweils gültigen Fassung und waren der Sozialversicherung und dem Finanzamt nicht gemeldet. Von Januar 2007 bis Januar 2009 wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 229.188,14 € und Lohnsteuer in Höhe von 108.255,67 € nicht abgeführt.

II.


6
Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich der Schuldsprüche keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Die verfahrensrechtlichen Beanstandungen des Angeklagten M. bleiben aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen ohne Erfolg.
7
Die Schuldsprüche der beiden Angeklagten beruhen auf einer tragfähigen Beweiswürdigung und weisen – bis auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Vergehen nach dem Schwarzarbeitsgesetz (SchwarzArbG) – keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. Die Strafzumessung hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
1. Die Strafkammer hat zutreffend 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) und zur Hinterziehung von Lohnsteuer (§ 370 AO) angenommen.
9
Die Angeklagten haben in jedem der abgeurteilten 25 Monate jeweils mindestens einen Gehilfenbeitrag zu den von dem Geschäftsführer der Hotelanlage jeden Monat begangenen Haupttaten geleistet. Da sich derselbe Gehilfenbeitrag sowohl auf die Haupttat des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt als auch – beim Angeklagten K. – auf die Haupttat der Steuerhinterziehung auswirkt, ergeben sich insgesamt 25 Beihilfestraftaten.
10
Zugleich haben die Angeklagten mit ihren Handlungen Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG geleistet, soweit die Zahl der polnischen Beschäftigten fünf Beschäftigte pro Monat überstieg. Dies war nach den Urteilsfeststellungen in den Monaten Januar und Februar 2007, Januar und Februar 2008 und Januar 2009 nicht der Fall, weshalb sich die Angeklagten nur in 20 Fällen zu- gleich der Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang schuldig gemacht haben. Der Schuldspruch war daher hinsichtlich der Anzahl der tateinheitlichen Verurteilungen wegen der Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, § 284 Abs. 1 SGB III zu korrigieren.
11
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts scheidet eine (einheitliche ) Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG, die mit den 25 Straftaten der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt und zur Hinterziehung von Lohnsteuer in Tateinheit steht, aus. Sie ist bereits mit den in jedem Monat erfolgten Beihilfehandlungen nicht vereinbar. Selbst wenn das Delikt aber als Dauerdelikt zu begreifen wäre, würde es durch die tateinheitlich verwirklichten Straftaten der Lohnsteuerhinterziehung und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt „entklammert“, so dass die Beihilfe hierzu auch aus diesem Grund jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten träte (vgl. zur Entklammerung LK-StGB/Rissing-van Saan, 12. Aufl., § 52 Rn. 30 ff.).
12
Zwar kann ein Delikt, das sich über einen gewissen Zeitraum erstreckt, andere Straftaten, die bei isolierter Betrachtung in Tatmehrheit zueinander stehen , zur Tateinheit verbinden, wenn es seinerseits mit jeder dieser Straftaten tateinheitlich zusammentrifft. Diese Wirkung tritt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber dann nicht ein, wenn eine minderschwere Dauerstraftat jeweils mit schwereren Gesetzesverstößen zusammentrifft (BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – 2 StR 70/12, NStZ 2013,158 mwN). Die Vergehen der Beihilfe zu § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG sind aufgrund ihres geringen Gewichts nicht geeignet, die übrigen Taten zu verklammern, so dass die Beihilfe nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG jeweils tateinheitlich neben die übrigen Taten tritt.
13
Das Vergehen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 SchwarzArbG ist ferner gemäß der gesetzlichen Überschrift als „Beihilfe zur Erwerbstätigkeit von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang“ zu tenorieren (MüKo-StGB/Mosbacher NebenstrafR II, 2. Aufl., SchwarzArbG § 11 Rn. 21).
14
Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht erfolgreicher als geschehen hätten verteidigen können.
15
2. Dagegen war der jeweilige Strafausspruch auf die Revisionen der Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt; denn die Darlegung der Berechnungsgrundlagen für die vorenthaltenen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge und die hinterzogene Lohnsteuer entsprechen nicht den Grundsätzen, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei solchen Taten verlangt.
16
Dem Tatgericht obliegt es nach dieser Rechtsprechung, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93; vom 22. März 1994 – 1 StR 31/94 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 20. März 1996 – 2 StR 4/96, NStZ 1996, 543), weil die Höhe der geschuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen ist (BGH, Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376; Beschluss vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Falls solche Feststellungen im Einzelfall nicht mög- lich sind, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden (BGH, Beschlüsse vom 10. November 2009 – 1 StR 283/09, NStZ 2010, 635 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Die Grundsätze, die die Rechtsprechung bei Taten nach § 370 AO für die Darlegung der Berechnungsgrundlagen der verkürzten Steuern entwickelt hat, gelten insoweit entsprechend (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris; Urteil vom 11. August 2010 – 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376). Deshalb genügt es nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben (BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2002 – 5 StR 16/02, NJW 2002, 2480, 2483 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris). Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben (BGH, Beschlüsse vom 4. März 1993 – 1 StR 16/93, StV 1993, 364 und vom 20. April 2016 – 1 StR 1/16 –, juris).
17
Den vorgenannten Anforderungen trägt das Urteil nicht ausreichend Rechnung. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge hat die Strafkammer die von der Mitarbeiterin der Rentenversicherung zur Verfügung gestellten Tabellen zugrunde gelegt. Anschließend hat sie auf der Grundlage der in bar ausgezahlten Löhne als Nettolöhne (§ 14 Abs. 2 SGB IV) nach einem im Berechnungsprogramm der Rentenversicherung Bund hinterlegten Faktor nach der Steuerklasse 6 den fiktiven Bruttolohn und von diesem ausgehend nach den in den jeweiligen Monaten geltenden Beitragssätzen die Renten-, Pflege-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge errechnet (UA S. 23 f.).
18
Bei der Bestimmung der Lohnsteuer ist die Strafkammer von der von dem zuständigen Finanzamt angefertigten und von Steueramtfrau H. als Zeugin erläuterten Berechnung des zugeflossenen Barlohns als Bruttolohn ausgegan- gen und hat davon nach der Steuerklasse 6 die Lohnsteuer und den Solidaritätsbeitrag abgezogen (UA S. 55).
19
Damit hat das Landgericht seine Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge allein auf die Berechnungen der Mitarbeiterin der Deutschen Rentenversicherung gestützt. Welche Beitragssätze letztlich der Berechnung zugrunde lagen, führt das Urteil nicht aus. Es beschränkt sich auf die Benennung der zuständigen Krankenkasse (UA S. 24). Die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ist damit auf Grund der unzureichenden Urteilsfeststellungen einer vollumfänglichen revisionsgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Hinzu kommt, dass sich nicht erschließt, warum in zahlreichen Fällen (UA S. 26 ff.) bei demselben Arbeitnehmer in demselben Beschäftigungsmonat zwei oder mehr Berechnungsvorgänge erfolgt sind.
20
Auch die Berechnung der bei den polnischen Arbeitnehmern angefallenen Lohnsteuer ist nicht nachvollziehbar dargelegt und zudem in einigen Fällen unschlüssig. So ist z.B. bei Zugrundelegung der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG) bei dem Arbeitnehmer C. nicht verständlich, wieso im April 2007 ein Bruttolohn von 340,90 € zu Lohnsteuer in Höhe von 89,21 € führt, aber bei dem Arbeitnehmer D. ein Lohn von 528 € nur zu Lohnsteuer in Höhe von 79,60 €. Bei dem Arbeitnehmer S. ergeben 409,08 € Bruttolohn im Vormonat sogar 113,59 € Lohnsteuer. Für M. warenim März 2007 für 681,78 € Bruttolohn 225,84 € Lohnsteuer abzuführen, für St. dagegen im Monat März 2007 bei 1.008 € brutto nur 218,25 € (jeweils UA S. 57).
21
Da auf der Grundlage der Feststellungen auszuschließen ist, dass nicht jeden Monat sowohl Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten als auch Lohnsteuer nicht abgeführt worden sind, lässt dieser Rechtsfehler den Schuld- spruch unberührt. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und der nicht abgeführten Lohnsteuer und damit des Schuldumfangs zieht allerdings die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Der Senat kann infolge der fehlenden revisionsgerichtlichen Nachprüfbarkeit nicht ausschließen, dass die Strafkammer einen zu hohen Schaden und damit Schuldumfang angenommen hat und die Strafzumessung des angefochtenen Urteils auf den vorgenannten Mängeln beruht.
22
Das neue Tatgericht wird dementsprechend unter Beachtung obiger Ausführungen neue Feststellungen zur Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und hinterzogenen Lohnsteuer zu treffen haben. Die übrigen Feststellungen des Landgerichts sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und bleiben insoweit bestehen.
23
3. Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt neben der Strafrahmenverschiebung nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB grundsätzlich eine weitere Strafrahmenverschiebung gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt (BGH, Beschluss vom 14. Juni 2011 – 1 StR 90/11, wistra 2011, 344, 346). Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten allein schon wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303; vom 1. März 2005 – 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109 und vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).
24
Nach den Urteilsfeststellungen lag beim Angeklagten M. , der hierarchisch niedriger angesiedelt war als der Angeklagte K. als „Technischer Leiter“ und nur auf dessen Anweisung handelte (UA S. 96), bereits deshalb ei- ne Täterschaft fern und wurde von der Strafkammer auch nicht erörtert.
25
Bei ihm wäre die Strafe hinsichtlich der Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt auch gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern gewesen. Wegen der Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO war die Heranziehung des Strafrahmens von § 370 Abs. 1 AO nicht möglich.
26
Dagegen hat das Landgericht beim Angeklagten K. ausführlich geprüft (UA S. 21-23), ob dieser gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB auf Grund ihm übertragener Leitungsbefugnisse eine Arbeitgebereigenschaft hatte und damit Täter war. Sie hat dies verneint und ihn als Gehilfen eingestuft. Bei der Strafrahmenwahl hat die Strafkammer diesen Aspekt nicht aufgegriffen und nicht erkennen lassen, ob sie sich bei der Zumessung von diesem Gesichtspunkt leiten ließ.
27
Die Prüfung des § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB könnte darauf hinweisen, dass das Landgericht die Täterschaft des Angeklagten K. nicht wegen Fehlens einer der allgemeinen Voraussetzungen der Täterschaft, sondern wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals verneint und nur deshalb Beihilfe angenommen hat. Diese rechtliche Wertung stünde in Einklang mit den festgestellten Tatbeiträgen der beiden Angeklagten. Bei einem Sachverhalt, in dem lediglich wegen des Fehlens des besonderen persönlichen Merkmals Beihilfe bejaht wird, kommt nur eine einmalige Milderung in Betracht (§ 50 StGB), nicht eine doppelte nach § 27 Abs. 2 Satz 2 und § 28 Abs. 1 StGB – jeweils i.V.m.
§ 49 Abs. 1 StGB (vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. April 1988 – 2 StR 111/88, wistra 1988, 303).
28
Allerdings ist bei dem Angeklagten K. ohnehin nach § 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 StGB der Strafzumessung der allein nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderte Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO zu Grunde zu legen; denn die in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO angesprochene Pflicht, die vorliegend für den Haupttäter als Arbeitgeber aus § 41a EStG folgte, ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 Abs. 1 StGB (BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 – 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1; Beschluss vom 8. Februar 2011 – 1 StR 651/10, BGHSt 56, 153, 155).

III.


29
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein zu demselben Bundesland gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Raum Graf Jäger Radtke Fischer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR476/14
vom
27. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Untreue u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 27. Januar 2015 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 29. April 2014 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Aus der unterlassenen Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1
StGB ergibt sich kein durchgreifender Rechtsfehler. Zwar stellt die nach § 266 Abs. 1
StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht ein strafbegründendes persönliches
Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB dar (BGH, Beschlüsse vom 12. Juli1994
1 StR 300/94, StV 1995, 73; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine weitere Milderung
neben derjenigen nach § 27 Abs. 2 StGB aber dann nicht geboten, wenn die
Verurteilung wegen Beihilfe allein deshalb erfolgt, weil das strafbarkeitsbegründende
persönliche Merkmal bei dem Tatbeteiligten nicht vorliegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom
6. März 2013 – 5 StR 66/13; vom 22. Januar 2013 – 1 StR 234/12, NJW 2013, 949,
Tz. 10; vom 8. Januar 1975 – 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53).
Dies ist hier der Fall. Nach den Feststellungen war der Angeklagte an der Firma
B. GmbH & Co. KG maßgeblich mit 38 % beteiligt. Die Firma B.
T. GmbH betrieb er sogar allein. Er hatte als maßgeblicher Mitgesellschafter
bzw. Alleininhaber der Unternehmen und als an der Tatplanung wesentlich
Beteiligter Tatherrschaft über das Geschehen und ein erhebliches Eigeninteresse
am Zustandekommen der verfahrensgegenständlichen Verträge mit der Firma p. .
Die Strafkammer hat den Angeklagten daher ersichtlich nur deshalb (lediglich) wegen
Beihilfe verurteilt, weil er gegenüber der Firma p. nicht vermögensbetreuungspflichtig
war, so dass die unterlassene weitere Strafmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB
nicht zu beanstanden ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 234/12
vom
22. Januar 2013
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________________
1. Zum Umgang mit effektiv versteckten Vermögenswerten bei der Begründung
der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit.
2. Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt.
Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person
sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet; dies gilt sowohl für die
Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei der
Pflichtenstellung handelt es sich um eine solche höchstpersönlicher Art und
mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB.
BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 - 1 StR 234/12 - LG Augsburg
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Beihilfe zum Bankrott
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Januar 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten H. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 9. November 2011 im Strafausspruch , auch soweit es die gegen die Mitangeklagte S. erkannte Gesamt- und Einzelstrafe für die Beihilfe zum Bankrott im Tatkomplex B.III.3. (Verkauf der Villa) betrifft, aufgehoben. Seine weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum Bankrott unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig gewordener Einzelfreiheitsstrafen von sechs und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ausgesprochen, dass hiervon drei Monate als vollstreckt gelten. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es wegen Beihilfe zum Bankrott in vier Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte H. mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts.
2
1. Die von ihm erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. Juli 2012 aufgezeigten Gründen jedenfalls unbegründet.
3
2. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
4
Die getroffenen Feststellungen belegen eine Bankrotttat des Mitangeklagten P. gemäß § 283 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich der Villa in Südfrankreich. Aus der Gesamtheit der im Urteil mitgeteilten Umstände lassen sich insbesondere die für das Herbeiführen einer wirtschaftlichen Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB maßgeblichen Tatsachen ausreichend sicher feststellen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch die Bankrotthandlungen des Haupttäters P. ist danach mit Ende des Jahres 2005 belegt, da das Beiseiteschaffen der noch vorhandenen Vermögenswerte dazu führte, dass die fälligen Verbindlichkeiten - schon ohne Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt vom Bundesministerium der Verteidigung noch geforderten Rückzahlung von 3,8 Mio. DM - aus dem liquiden Vermögen nicht mehr befriedigt werden konnten. Dabei waren die Steuerschulden für 1991 und 1992 freilich nicht auf dem Stand 10. Januar 2011, sondern mit der 2001 fällig gestellten Höhe abzüglich der beigetriebenen Summe von 450.110,98 Euro in Rechnung zu bringen. Mit dem zum 22. März 2007 erfolgten Kostenansatz der Gerichtskosten erhöhten sich die Verbindlichkeiten entsprechend, ohne dass zur Tilgung vorhandene Mittel hinzugekommen wären.
5
Zu Recht hat das Landgericht weder die durch die abgeurteilten Bankrotthandlungen des Mitangeklagten P. noch die möglicherweise bereits zuvor von ihm durch Verschleierung und Änderung der rechtlichen Zuordnung effektiv versteckten Vermögenswerte berücksichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - 4 StR 421/00, BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseite- schaffen 4), denn hierdurch wurde ein alsbaldiger Zugriff möglicher Gläubiger jedenfalls erheblich erschwert, wenn nicht sogar objektiv unmöglich gemacht (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 29. April 2010 - 3 StR 314/09, BGHSt 55, 107, 113). Würde man solche - hier bis heute nicht aufgedeckten, von der Strafkammer nur als möglich behandelten - Vermögenswerte bei der Begründung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person als Aktiva bzw. als liquide Mittel einstellen, würde die Tatbestandsvoraussetzung der Krise im Sinne des § 283 Abs. 2 StGB kaum je anzunehmen sein, obwohl der Schuldner Vermögenswerte dem Zugriff seiner aktuellen Gläubiger entzogen hat (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1997, 551). Dies wäre mit dem durch die Vorschrift zu schützenden Rechtsgut der Interessen dieser Gläubiger an einer vollständigen oder möglichst hohen Befriedigung ihrer vermögensrechtlichen Ansprüche nicht zu vereinbaren (vgl. zu diesem Schutzzweck BVerfG, Beschluss vom 28. August 2003 - 2 BvR 704/01).
6
Auch der Gehilfenvorsatz des Angeklagten H. ist, wenngleich knapp, so doch hinreichend belegt (UA S. 23). Dies umschließt den bedingten Vorsatz hinsichtlich der vom Mitangeklagten P. vorgenommenen Tathandlung des Verheimlichens. Dass demgegenüber keine konkrete Kenntnis des Angeklagten H. von der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung festgestellt ist, ist unschädlich. Denn diese begründet hier die gemäß § 283 Abs. 6 StGB erforderliche objektive Bedingung der Strafbarkeit, auf die sich der Vorsatz des Teilnehmers nicht zu beziehen braucht.
7
3. Der Strafausspruch kann jedoch keinen Bestand haben.
8
Die Strafkammer hat die Strafe für den Angeklagten H. dem nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 283 StGB entnommen. Die von § 28 Abs. 1 StGB zwingend (zu Ausnahmekonstellationen vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54) vorgesehene Strafrahmenverschiebung hat es hingegen nicht erkennbar erwogen. Dies erweist sich hier als rechtsfehlerhaft.
9
Bei der Vorschrift des § 283 StGB handelt es sich um ein echtes Sonderdelikt. Täter, Mittäter oder mittelbarer Täter kann daher grundsätzlich nur die Person sein, die für die Erfüllung der Verbindlichkeit haftet (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 372/08, vgl. auch Urteil vom 10. Mai 2000 - 3 StR 101/00); dies gilt sowohl für die Begehungsweise des Abs. 1 als auch für die des Abs. 2 der Norm. Bei dieser Pflichtenstellung handelt es sich - anders als bei der nach § 370 AO (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 25. Januar1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 4) - um eine solche höchstpersönlicher Art und mithin um ein besonderes persönliches Merkmal gemäß § 28 Abs. 1 StGB (vgl. hierzu Radtke in Münchener Kommentar, StGB, 2006, § 283 Rn. 80).
10
Ist nicht allein schon wegen des Fehlens des strafbegründenden persönlichen Merkmals Beihilfe statt Täterschaft angenommen worden (BGH, Beschluss vom 8. Januar 1975 - 2 StR 567/74, BGHSt 26, 53, 54; BGH, Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 106; zu weitgehend hierzu Tiedemann in Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 283 Rn. 228), ist der Strafrahmen für den Teilnehmer gemäß § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (vgl. BGH, Beschluss vom 8. September 1994 - 1 StR 169/94; offen gelassen in BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - 5 StR 491/94, BGHSt 41, 1, 2; Reinhart in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 283 StGB Rn. 75; für Abs. 1 auch Fischer, StGB, 60. Aufl., § 283 Rn. 38; a.A. Lackner /Kühl, StGB, 27. Aufl., § 283 Rn. 25). Hier belegen die Urteilsausführungen, dass das Landgericht die Art und Weise des Tatbeitrags zum Anlass genommen hat, den Angeklagten H. lediglich wegen Beihilfe zu verurteilen. Die weitere Strafrahmenmilderung nach § 28 Abs. 1 StGB hätte daher erörtert werden müssen. Der Senat kann angesichts der Einzelstrafhöhe von zwei Jahren und neun Monaten ein Beruhen des Strafausspruchs auf diesem Unterlassen nicht ausschließen.
11
4. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken, soweit sie an der dem Angeklagten H. zur Last gelegten Tat beteiligt war (Tatkomplex B.III.3., Verkauf der Villa), denn insoweit beruht die Zumessung dieser Einzelstrafe von zwei Jahren auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Dies führt zur Aufhebung auch der sie betreffenden Gesamtstrafe.
12
5. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer ist jedoch nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen.
13
Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass die Aufhebung eines tatrichterlichen Urteils durch das Revisionsgericht allein im Strafausspruch grundsätzlich nicht die Frage der Kompensation einer bis zur revisionsgerichtlichen Entscheidung eingetretenen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135; BGH, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 StR 212/12, wistra 2013, 35).
Nack Rothfuß Jäger
Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 309/11
vom
25. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
25. Oktober 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 14. April 2011 im Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges und wegen Beihilfe zur Untreue in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt sowie bestimmt, dass von dieser neun Monate wegen "überlanger Verfahrensdauer" als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. In den Fällen, in denen das Landgericht den Angeklagten wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt hat, ist es - rechtsfehlerfrei - jeweils von einem besonders schweren Fall nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB ausgegangen. Es hat den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB sodann gemäß § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemildert. Eine weitere Strafrahmenverschiebung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB hat es nicht in Betracht gezogen. Dies begegnet durchgreifenden sachlichrechtlichen Bedenken.
3
Die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbarkeitsbegründendes besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB. Bei einem Gehilfen, der - wie der Angeklagte - im Zeitpunkt der Gehilfenhandlung nicht selbst in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand, ist eine Strafmilderung nach § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB neben der Milderung nach § 27 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern, es sei denn, das Tatgericht hätte allein wegen Fehlens des Treueverhältnisses Beihilfe statt Täterschaft angenommen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1988 - 2 StR 111/88, BGHR StGB § 28 Abs. 1 Merkmal 2; Beschluss vom 1. März 2005 - 2 StR 507/04, NStZ-RR 2006, 109; Beschluss vom 26. November 2008 - 5 StR 440/08, NStZ-RR 2009, 102).
4
Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, ob das Landgericht den Tatbeitrag des Angeklagten an sich nur als den eines Gehilfen gewertet oder ob es den Angeklagten nur deshalb als Gehilfen angesehen hat, weil er nicht in einem Treueverhältnis zu der Geschädigten stand. Im Rahmen der Ausführungen des Landgerichts zur Strafzumessung findet § 28 Abs. 1 StGB keine Erwähnung. Die Ausführungen der Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung sind für die Strafzumessung unergiebig. Allein der Umstand, dass das Landgericht den § 28 Abs. 1 StGB bei der rechtlichen Bewertung des festge- stellten Sachverhalts - ohne jede weitere Erläuterung - in seine Paragraphenkette aufgenommen hat, belegt nicht, dass es die Norm bei der Strafzumessung bedacht hat und sich der Möglichkeit einer weiteren Milderung des Strafrahmens bewusst gewesen ist.
5
2. Soweit der Angeklagte wegen Betruges verurteilt worden ist, verstoßen die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer gegen § 46 Abs. 3 StGB. Diese hat zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, die Tat sei durch "eigennützige Bereicherungsabsicht" geprägt gewesen. Die Absicht, sich oder einem anderen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, ist indes bereits Teil des subjektiven Tatbestands des § 263 Abs. 1 StGB; sie durfte deshalb bei der Strafzumessung nicht zum Nachteil des Angeklagten gewertet werden.
6
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen, auf die das Landgericht erkannt hat, auf den aufgezeigten Rechtsfehlern beruhen. Er hält eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO nicht für angezeigt. Aufgrund des Wegfalls der Einzelstrafen hat auch die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die Strafzumessungstatsachen, die das Landgericht festgestellt hat, werden allerdings von den dargelegten Rechtsfehlern nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind zulässig.
7
4. Die Kompensationsentscheidung wird von der Aufhebung des Strafausspruchs nicht erfasst (BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135). Der Angeklagte ist durch die rechtsfehlerhaft überhöhte Kompensation - neun Monate Freiheitsstrafe bei einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von zwei Jahren und fünf Monaten - nicht beschwert.
Becker von Lienen Hubert
Schäfer Menges

(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.