Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Feb. 2019 - XII ZB 499/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. NeddenBoeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Antragsgegner wehrt sich gegen die Feststellung des Trennungszeitpunkts und die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage in der Folgesache Zugewinnausgleich.
- 2
- Die Beteiligten begehren in einem in den Scheidungsverbund einbezogenen Güterrechtsverfahren wechselseitig Zugewinnausgleich im Wege von Stufenanträgen und die Feststellung des Trennungszeitpunkts. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass die Beteiligten sich am 28. Februar 2016 getrennt haben, und den Antragsgegner verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über den Be- stand seines Anfangsvermögens, seines Vermögens zum Trennungszeitpunkt und seines Endvermögens zu erteilen sowie die Auskünfte durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu belegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Kammergericht verworfen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.
II.
- 3
- Die gemäß §§ 112 Nr. 2, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Kammergericht.
- 4
- 1. Das Kammergericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , dass die nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwer von über 600 € nicht erreicht werde. Maßgeblich für die Beschwer sei grundsätzlich der Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung. Die Beschwerdesumme werde allerdings auch erreicht, wenn der Beschwerdeführer im Falle eines zu niedrigen Beschwerdeantrags diesen noch innerhalb der Begründungsfrist erweitere, sofern nicht der vorangegangene Antrag einen Beschwerdeverzicht enthalte.
- 5
- Der hinsichtlich des Umfangs seiner Beschwer darlegungspflichtige Antragsgegner habe seine Beschwer zunächst daraus hergeleitet, dass er an der Feststellung des von ihm benannten Trennungsdatums (1. Januar 2017) ein besonderes Interesse habe, weil die Antragstellerin im Zeitraum zwischen Februar 2016 und Januar 2017 einen Vermögenszuwachs in Höhe von 12.600 € erzielt habe. Die Antragstellerin habe jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage des korrekten Trennungszeitpunkts keine Auswirkungen auf den Ausgleich dieses Vermögenszuwachses habe, weil das Endvermögen zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrags berechnet werde. Der Antragsgegner sei daher durch die Feststellung des Trennungszeitpunkts 28. Februar 2016 nicht beschwert.
- 6
- Auch soweit der Antragsgegner innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist seine Beschwerdeanträge dahingehend geändert habe, dass er die Aufhebung der Feststellung des Trennungszeitpunkts und seiner Auskunftsverpflichtung zum 28. Februar 2016 begehre, sei eine hinreichende Beschwer nicht dargelegt.
- 7
- Hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung zum festgesetzten Trennungszeitpunkt 28. Februar 2016 richte sich das Abwehrinteresse des Antragsgegners nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für ihn mit der Auskunftserteilung und Belegvorlage verbunden sei. Ein besonderer Aufwand, der die Beschwerdesumme übersteigen würde, sei trotz eines vorangegangenen gerichtlichen Hinweises weder dargetan noch ersichtlich. Auch der Vortrag der Antragstellerin , sie sehe ein Interesse des Antragsgegners an der Festlegung eines späteren Trennungszeitpunkts darin, dass diesem Ende 2016 das Guthaben seines Festgeldkontos bei der Bank of Scotland ausbezahlt worden sei, was er in seiner Vermögensauskunft bislang verschwiegen habe, könne keine hinreichende Beschwer begründen. Denn der Antragsgegner habe sich dieses Vorbringen nicht zu eigen gemacht und nicht dargelegt, ob, wann und gegebenenfalls in welcher Höhe eine entsprechende Kontoabhebung erfolgt sein soll.
- 8
- 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Kammergericht hat die Beschwerde des Antragsgegners zu Unrecht wegen Nichterreichens der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderlichen Beschwer von über 600 € verworfen.
- 9
- a) Zwar ist das Kammergericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunftserteilung verpflichteten Beteiligten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 4. Juli 2018 - XII ZB 82/18 - FamRZ 2018, 1529 Rn. 6 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.) grundsätzlich nach seinem Interesse bemisst, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dass der insoweit für die sorgfältige Er- teilung der Auskunft erforderliche Aufwand an Zeit und Kosten 500 € nicht übersteigt, stellt die Rechtsbeschwerde auch nicht in Abrede.
- 10
- Ebenso steht es im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , für die Bewertung des Beschwerdegegenstands dabei nur auf den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung abzustellen. Das daneben auch bestehende Ziel des zur Auskunft Verpflichteten, den Hauptanspruch zu verhindern , geht dagegen über das Ziel des Rechtsmittels hinaus und ist daher bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 4. Juli 2018 - XII ZB 82/18 - FamRZ 2018, 1529 Rn. 7 mwN; BGHZ GSZ 128, 85 = FamRZ 1995, 349, 350 f.).
- 11
- b) Indessen rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, das Kammergericht habe bei der Bemessung der Beschwer nicht berücksichtigt, dass sich der Antragsgegner nicht nur gegen seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung wendet, sondern darüber hinaus auch gegen die isolierte Feststellung des Trennungszeitpunkts.
- 12
- Für die Bemessung der Beschwer kann dabei dahinstehen, ob der Trennungszeitpunkt ein zwischenfeststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO darstellt (so OLG Brandenburg NJW-RR 2014, 519 Rn. 28 ff.; OLG Celle FamRZ 2014, 326, 327 f. mit Anm. Götsche jurisPR-FamR 22/2013 Anm. 8.; OLG Saarbrücken Beschluss vom 17. Februar 2014 - 6 WF 1/14 - juris, Rn. 4 mwN; a.A.: OLG Koblenz FamRZ 2018, 42 ff.; MünchKommBGB /Koch 7. Aufl. § 1379 Rn. 38; Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1379 Rn. 7; Brudermüller NJW 2010, 401, 404; Hoppenz FamRZ 2010, 16, 19; Bergschneider FamRZ 2009, 1713, 1716). Denn nachdem das Amtsgericht den Trennungszeitpunkt vorliegend isoliert festgestellt hat, kann dem Antragsgegner ein Abwehrinteresse gegen die Titulierung des Trennungszeitpunkts nicht vollständig abgesprochen werden. Unabhängig von der Wirksamkeit einer solchen isolierten Feststellung des Trennungszeitpunkts kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte sich - möglicherweise nicht nur für das weitere Verbundverfahren - an diese Feststellung gebunden sehen. Damit besteht ein Abwehrinteresse des Antragsgegners, das für die Bemessung der Beschwer gemäß §§ 112 Nr. 2, 113 Abs. 1 FamFG, § 3 ZPO zu schätzen ist.
- 13
- Bei der Bemessung des Abwehrinteresses ist auch die wirtschaftliche Bedeutung des Feststellungsausspruchs, insbesondere die in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte Umkehr der Beweislast bei Vermögensminderungen zwischen dem Trennungszeitpunkt und der Zustellung des Scheidungsantrags als Endstichtag zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall kann sich deswegen die Darlegungs- und Beweislast auf den Nachweis des vom Antragsgegner behaupteten weiteren Vermögenserwerbs der Antragstellerin zwischen den umstrittenen Trennungsstichtagen und damit auf die Erfolgsaussicht des Antrags auf Zugewinnausgleich auswirken. Im Hinblick darauf übersteigt die Beschwer des Antragsgengers jedenfalls die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG.
Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 27.04.2018 - 13 F 3723/17 -
KG Berlin, Entscheidung vom 04.10.2018 - 16 UF 100/18 -
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(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.
(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:
- 1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9, - 2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie - 3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.
(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
Familienstreitsachen sind folgende Familiensachen:
- 1.
Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 8 und 9, - 2.
Güterrechtssachen nach § 261 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 1 Nr. 10 sowie - 3.
sonstige Familiensachen nach § 266 Abs. 1 und Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Abs. 2.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Verbindlichkeiten sind über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen.
(2) Dem Endvermögen eines Ehegatten wird der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands
- 1.
unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, - 2.
Vermögen verschwendet hat oder - 3.
Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
(3) Der Betrag der Vermögensminderung wird dem Endvermögen nicht hinzugerechnet, wenn sie mindestens zehn Jahre vor Beendigung des Güterstands eingetreten ist oder wenn der andere Ehegatte mit der unentgeltlichen Zuwendung oder der Verschwendung einverstanden gewesen ist.
(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.
(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.