Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2017 - XII ZB 481/16

bei uns veröffentlicht am22.02.2017
vorgehend
Amtsgericht Neustadt am Rübenberge, XVII J 770/13, 06.07.2016
Landgericht Hannover, 2 T 51/16, 23.09.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 481/16
vom
22. Februar 2017
in der Betreuungssache
ECLI:DE:BGH:2017:220217BXIIZB481.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Februar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. September 2016 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 6. Juli 2016 als unzulässig verworfen wird. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Für den 69jährigen Betroffenen, der seit 2001 im Maßregelvollzug untergebracht war, besteht seit Februar 2014 eine rechtliche Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten.
2
Am 19. Dezember 2014 hat der Betreuer um Prüfung der Möglichkeiten einer Aufhebung der Betreuung unter Hinweis darauf gebeten, dass der Betroffene sich nach seiner Entlassung selbständig und erfolgreich um seine Angelegenheiten kümmere und immer wieder betone, dass er keine Betreuung brauche. Am 27. August 2015 hat der Betroffene die Aufhebung der Betreuung sowie die "Ablehnung der drei Gefälligkeitsgutachten von 2014" beantragt, auf deren Grundlage seinerzeit eine Zwangsbehandlung angeordnet worden war. Am 4. April 2016 hat der Betreuer erneut die Aufhebung der Betreuung unter Hinweis darauf angeregt, dass der Betroffene sich eigenverantwortlich um seine Angelegenheiten kümmere und jegliche Zusammenarbeit sowie den Kontakt mit ihm verweigere.
3
Das Amtsgericht hat die Betreuung mit Beschluss vom 6. Juli 2016 aufgehoben. Dagegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, mit der er beanstandet hat, dass seinen weiteren Anliegen aus dem Antrag vom 27. August 2015 keine Geltung verschafft worden sei, insbesondere nicht festgestellt worden sei, dass die drei "Gefälligkeitsgutachten" gegen ihn falsch seien.
4
Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

II.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 5. November 2014 – XII ZB 117/14 – FamRZ 2015, 249 Rn. 4 mwN).
6
2. Die Rechtsbeschwerde hat aber keinen Erfolg, weil schon die vom Betroffenen eingelegte Erstbeschwerde unzulässig ist.
7
Mit der Aufhebung der Betreuung ist das Amtsgericht dem eigenen Antrag des Betroffenen gefolgt. Mit seiner Beschwerde hat der Betroffene auch nicht von seinem Wunsch nach Aufhebung der Betreuung Abstand nehmen wollen. Er hat vielmehr mit der Beschwerde ausdrücklich das Ziel verfolgt, zusätzlich festgestellt zu wissen, dass die drei "Gefälligkeitsgutachten" gegen ihn falsch seien. Damit richtet sich die Beschwerde nicht gegen die in der Beschlussformel zum Ausdruck gekommene Sachentscheidung, sondernlediglich gegen deren Begründung bzw. aus Sicht des Betroffenen fehlende Begründungselemente , und ist deshalb unzulässig.
8
Das (weitergehende) Petitum des Betroffenen vom 27. August 2015 ist auch nicht in einen Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung (§ 62 FamFG) umzudeuten, zumal eine dahin gehende Feststellung bereits in Bezug auf die seinerzeit durchgeführte Zwangsbehandlung ausgesprochen worden ist (Senatsbeschluss vom 30. Juli 2014 – XII ZB 169/14 – FamRZ 2014, 1694), während hinsichtlich der Betreuungsanordnung deren Aufhebung dem Begehren des Betroffenen entspricht.
9
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu- tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG). Dose Günter Nedden-Boeger Guhling Krüger
Vorinstanzen:
AG Neustadt am Rübenberge, Entscheidung vom 06.07.2016 - 6 XVII J 770/13 -
LG Hannover, Entscheidung vom 23.09.2016 - 2 T 51/16 -

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Nov. 2014 - XII ZB 117/14

bei uns veröffentlicht am 05.11.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB117/14 vom 5. November 2014 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1896 Abs. 2 Satz 2; FamFG §§ 59 Abs. 1, 303 Abs. 4 Der Vorsorgebevollmächtigte ist nicht berechtigt

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14

bei uns veröffentlicht am 30.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB169/14 vom 30. Juli 2014 in der Betreuungs- und Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1906 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 und 3a; FamFG §§ 329 Abs. 1 Satz 2, 68 Abs. 3 Satz 2 a)

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(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

4
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2 folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 3 und vom 25. August 1999 - XII ZB 109/98 - FamRZ 2000, 219 mwN; BGHZ 162, 137, 138 f. = NJW 2005, 1430).

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB169/14
vom
30. Juli 2014
in der Betreuungs- und Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
3 Satz 2

a) Sofern sich ein Betroffener nicht behandeln lassen will, ist die Genehmigung
der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung gemäß § 1906
Abs. 1 Nr. 2 BGB nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Einwilligung
in eine ärztliche Zwangsmaßnahme vorliegen und diese rechtswirksam
genehmigt wird (Fortführung von Senatsbeschluss vom 14. August 2013
- XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726).

b) Zu den Anforderungen an den Tatrichter betreffend Feststellung und Darlegung
eines Versuchs, den Betroffenen von der Notwendigkeit einer ärztlichen
Maßnahme zu überzeugen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 4. Juni
2014 - XII ZB 121/14 - juris).
BGH, Beschluss vom 30. Juli 2014 - XII ZB 169/14 - LG Hannover
AG Neustadt am Rübenberge
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Juli 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Schilling, Dr. Botur und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 13. Februar 2014, mit denen die Unterbringung des Betroffenen und die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme genehmigt worden sind, sowie der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 25. März 2014, soweit die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen zurückgewiesen worden ist, den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben. Soweit die Beschwerde des Betroffenen gegen den die Betreuung anordnenden Beschluss des Amtsgerichts Neustadt am Rübenberge vom 13. Februar 2014 zurückgewiesen worden ist, wird der Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen. Wert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Der Betroffene leidet unter einer schizophrenen Psychose und ist seit dem Jahr 2001 im Rahmen einer Maßregel nach § 63 StGB in einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie untergebracht. Seit 2011 verweigerte er die Einnahme von Medikamenten, so dass die Psychose exazerbierte und er aufgrund fremdaggressiver Verhaltensweisen schließlich getrennt von anderen Patienten untergebracht werden musste.
2
Mit Beschluss vom 19. November 2013 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 1 zum vorläufigen Betreuer mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge , Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über die Unterbringung. Dieser hat am 6. Januar 2014 die betreuungsgerichtlichen Genehmigungen der Unterbringung und der Einwilligung in eine medikamentöse Zwangsbehandlung beantragt.
3
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung des Betroffenen - bei der dieser keinerlei Erklärungen abgab - hat das Amtsgericht am 13. Februar 2014 drei Beschlüsse erlassen: Es hat den Beteiligten zu 1 (unter Erweiterung des Aufgabenkreises um die Vermögenssorge sowie um Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten) zum endgültigen Betreuer bestellt, die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 12. Mai 2014 genehmigt und befristet bis 7. Mai 2014 die Einwilligung des Betreuers in die zwangsweise Behandlung mit im einzelnen aufgeführten Psychopharmaka genehmigt. Der Maßregelvollzug wurde unterbrochen und der Betroffene von der forensischen in die geschlossene gerontopsychiatrische Klinik verlegt.
4
Die gegen die amtsgerichtlichen Entscheidungen eingelegte Beschwerde des Betroffenen hat das Landgericht nach Einholung des Gutachtens eines anderen Sachverständigen und ohne weitere Anhörung mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der hinsichtlich der durch Zeitablauf erledigten Genehmigungen der Unterbringung und der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme die Feststellung begehrt, dass diese ihn in seinen Rechten verletzten.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Das Amtsgericht hat gestützt auf Sachverständigengutachten und Anhörung die Unterbringung für dringend notwendig erachtet, weil eine Heilbehandlung erforderlich und ohne Unterbringung nicht durchführbar sei. Auch die Voraussetzungen für die Genehmigung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme lägen vor. Es bestehe dringend und eilbedürftig die Indikation für eine psychiatrische Behandlung mit Neuroleptika, durch die eine zumindest teilweise Besserung des Krankheitsbildes zu erwarten sei. Andernfalls drohe eine weitere Chronifizierung der Störung mit dauerhafter Absonderung und der Gefahr fremd-, aber auch selbstgefährdender Fehlhandlungen. Aufgrund seiner psychischen Erkrankung könne der Betroffene die Notwendigkeit der Behandlung nicht erkennen und nicht nach dieser Einsicht handeln. Es sei vergeblich ver- sucht worden, ihn von der Notwendigkeit zu überzeugen. Der zu erwartende Nutzen überwiege die zu erwartenden Beeinträchtigungen deutlich, weil die Risiken der Zwangsbehandlung im Vergleich zum unbehandelten Zustand als gering einzuschätzen seien.
7
Das Landgericht hat die Voraussetzungen sowohl einer Betreuung als auch der beiden betreuungsgerichtlichen Genehmigungen bejaht. Betreuungsbedürftigkeit und -bedarf lägen vor, eine Heilbehandlung sei dringend erforderlich und könne ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden. Dies ergebe sich sowohl aus dem erstinstanzlich eingeholten als auch aus dem weiteren Sachverständigengutachten , das die Diagnose des Erstgutachters und den dringenden Behandlungsbedarf bestätige. Von einer erneuten Anhörung habe abgesehen werden können, weil der Inhalt des Vermerks über die amtsgerichtliche Anhörung nicht erwarten lasse, dass eine Erörterung mit dem Betroffenen möglich sei.
8
2. Soweit das Beschwerdegericht die gegen die Errichtung der Betreuung eingelegte Beschwerde zurückgewiesen hat, unterliegt seine Entscheidung auf die Rechtsbeschwerde schon deshalb der Aufhebung, weil der angefochtene Beschluss auf einem Verfahrensfehler beruht.
9
Das Beschwerdegericht kann zwar gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden ist und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt, hat das Beschwerdegericht hier jedoch die Voraussetzungen für ein Absehen zu Unrecht bejaht.
10
Allerdings hatte der Betroffene bei der erstinstanzlichen Anhörung keinerlei Erklärungen abgegeben. Der vom Beschwerdegericht beauftragte Sachverständige berichtete demgegenüber aber über ein ausführliches Explorationsgespräch mit dem Betroffenen und beschrieb ihn als im Untersuchungszeitpunkt freundlich zugewandt. Auch das Pflegepersonal habe von positiven Verhaltensänderungen des Betroffenen nach Verlegung in die andere Klinik berichtet. Mithin erlaubte das noch bei der amtsgerichtlichen Anhörung festgestellte, ein Gespräch ablehnende Verhalten des Betroffenen entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts nicht den Schluss, dass auch bei einer persönlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren keine Erörterung mit dem Betroffenen möglich sein werde.
11
Nach Zurückverweisung hat das Beschwerdegericht im Rahmen der Überprüfung der Betreuungserrichtung daher nun die Anhörung zwingend nachzuholen.
12
3. Die Entscheidungen von Amts- und Landgericht zur Unterbringung und zur ärztlichen Zwangsmaßnahme haben den Betroffenen in seinen Rechten verletzt. Dies ist nach der in der Rechtsbeschwerdeinstanz entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 62 Abs. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014 - XII ZB 330/13 - FamRZ 2014, 649 Rn. 8) festzustellen.
13
a) Die Genehmigung der Einwilligung des Betreuers in die ärztliche Zwangsmaßnahme und deren Bestätigung durch das Beschwerdegerichtsind in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
14
aa) Das Amtsgericht hat die Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a Satz 1 BGB erteilt und das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zu- rückgewiesen, ohne dass das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzung des § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB für die Einwilligung ausreichend festgestellt war.
15
Die Zulässigkeit einer zwangsweisen Behandlung setzt gemäß § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB voraus, dass vor der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme versucht wurde, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen und seine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zu erreichen. Dieser Versuch muss ernsthaft, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks durch eine überzeugungsfähige und -bereite Person unternommen worden sein, was das Gericht in jedem Einzelfall festzustellen und in seiner Entscheidung in nachprüfbarer Weise darzulegen hat (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - juris Rn. 15).
16
Dem werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht. Der Beschluss des Amtsgerichts beschränkt sich auf die Aussage, es sei vergeblich versucht worden, den Betroffenen von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahmen zu überzeugen. Zu Zeitpunkt, äußerem Rahmen, Beteiligten, Umfang und Inhalt des Überzeugungsversuchs (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - juris Rn. 18 ff.) lässt sich dem aber nichts entnehmen , so dass eine rechtliche Überprüfung, ob den Vorgaben des § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB genügt ist, nicht möglich ist. Die Beschwerdeentscheidung befasst sich mit der Frage des Überzeugungsversuchs überhaupt nicht.
17
bb) Darüber hinaus verstößt die Genehmigungsentscheidung gegen § 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Statt der bei der erstmaligen Genehmigung zulässigen Höchstfrist von sechs Wochen hat das Amtsgericht die Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme für den Zeitraum 13. Februar 2014 bis 7. Mai 2014 und damit für die Dauer von fast zwölf Wochen genehmigt. Zudem fehlt es im Tenor der amtsgerichtlichen Genehmigungsentscheidung an den nach § 323 Abs. 2 FamFG erforderlichen Angaben zur Durchführung und Dokumentation dieser Maßnahme in der Verantwortung eines Arztes.
18
cc) Die Beschwerdeentscheidung verhält sich zu diesen beiden Punkten ebenso wenig wie zur Frage der Verhältnismäßigkeit der ärztlichen Zwangsmaßnahme im durch § 1906 Abs. 3 Nr. 3 bis 5 BGB konkretisierten Sinn. Selbst wenn das Amtsgericht die Verhältnismäßigkeit zutreffend angenommen haben sollte, hätte sich das Beschwerdegericht unter Einbeziehung aller zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegenden Erkenntnisse - also insbesondere auch mit Blick auf das zweite Sachverständigengutachten - hiermit auseinandersetzen müssen.
19
Im Übrigen hat das Beschwerdegericht auch hinsichtlich der Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme unzulässiger Weise ohne persönliche Anhörung des Betroffenen entschieden, weil entgegen seiner Annahme die Voraussetzungen für ein Absehen von der Anhörung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG nicht vorlagen.
20
b) Die Genehmigung der Unterbringung des Betroffenen gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 BGB und die hierauf bezogene Zurückweisung der Beschwerde des Betroffenen halten der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
21
aa) Die Tatsacheninstanzen haben ihre Entscheidungen insoweit allein darauf gestützt, dass die Voraussetzungen einer Unterbringung des Betroffenen zur Durchführung einer Heilbehandlung gemäß § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorlägen. Nach dieser Vorschrift ist eine Unterbringung allerdings nur genehmigungsfähig , wenn eine erfolgversprechende Heilbehandlung durchgeführt werden kann (Senatsbeschluss vom 14. August 2013 - XII ZB 614/11 - FamRZ 2013, 1726 Rn. 26 mwN). Dies setzt aber entweder einen die Heilbehandlung deckenden entsprechenden natürlichen Willen des Betroffenen oder die rechtlich zulässige Überwindung seines entgegenstehenden natürlichen Willens mittels ärztlicher Zwangsbehandlung voraus.
22
(1) Die Genehmigung einer Unterbringung zur Heilbehandlung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist daher möglich, wenn von vornherein zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass sich der Betroffene in der Unterbringung behandeln lassen wird, sein natürlicher Wille also nicht bereits der medizinisch notwendigen Behandlung entgegensteht, er aber die Notwendigkeit der Unterbringung nicht einsieht. Davon kann solange ausgegangen werden, wie sich die Weigerung des Betroffenen, sich behandeln zu lassen, nicht manifestiert hat (Senatsbeschlüsse vom 23. Januar 2013 - XII ZB 395/12 - FamRZ 2013, 618 Rn. 11 und vom 8. August 2012 - XII ZB 671/11 - FamRZ 2012, 1634 Rn. 12 f.). In diesen Fällen scheidet die Einwilligung nach § 1906 Abs. 3 BGB schon deshalb aus, weil die ärztliche Maßnahme dem natürlichen Willen des Betroffenen nicht widerspricht.
23
(2) Ist hingegen - wie in den von § 1906 Abs. 3 BGB erfassten Fällen - auszuschließen, dass der Betroffene eine Behandlung ohne Zwang vornehmen lassen wird, ist die Genehmigung der Unterbringung zur Durchführung der Heilbehandlung nur zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme im Sinn des § 1906 Abs. 3 BGB vorliegen und die- se nach § 1906 Abs. 3a BGB rechtswirksam genehmigt wird. Denn nur dann besteht für die eine Freiheitsentziehung rechtfertigende Heilbehandlung auch gegen den Willen des Betroffenen eine rechtliche Grundlage.
24
bb) An dieser rechtlichen Grundlage für die Behandlung gegen den natürlichen Willen des Betroffenen fehlt es hier, weil die Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme schon mangels hinreichender Feststellungen dazu, ob die materiell-rechtliche Einwilligungsvoraussetzung eines dem § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB genügenden Überzeugungsversuchs vorlag , keinen rechtlichen Bestand hat. Zudem kann eine erstmalige Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a Satz 1 BGB ohnedies über die Sechs-Wochen-Frist des § 329 Abs. 1 Satz 2 FamFG hinaus keine rechtlich tragfähige Grundlage für die Unterbringung zu einer gegen den natürlichen Willen des Betroffenen durchzuführenden Heilbehandlung darstellen.
25
c) Der Betroffene ist durch die Genehmigung der Unterbringung, die während ihrer Geltungsdauer wegen der Unterbrechung des Maßregelvollzugs die alleinige Grundlage für die Freiheitsentziehung darstellte, in seinem Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt. Die Genehmigung der Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme hat den Betroffenen in seiner durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten körperlichen Integrität und dem vom Schutz des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mitumfassten Recht auf Selbstbestimmung hinsichtlich seiner körperlichen Integrität verletzt.
26
aa) Die Feststellung, dass ein Betroffener durch die von ihm angefochtenen Entscheidungen in seinen Rechten verletzt ist, kann grundsätzlich auch auf einer Verletzung des Verfahrensrechts beruhen. Dabei ist die Feststellung nach § 62 FamFG jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Verfahrensfehler so gra- vierend ist, dass die Entscheidung den Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung hat, der durch Nachholung der Maßnahme rückwirkend nicht mehr zu tilgen ist, oder wenn eine Heilung des Verfahrensfehlers im Nachhinein nicht mehr möglich ist (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - juris Rn. 34 mwN).
27
bb) Für den über sechs Wochen hinausgehenden Zeitraum der Genehmigung der ärztlichen Zwangsmaßnahme, der bei Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung bereits abgelaufen war und für den es an einer gesetzlichen Grundlage fehlte, scheidet eine Heilung von vornherein aus. Gleiches gilt für die auf diesen Zeitabschnitt bezogene Unterbringungsgenehmigung.
28
Aber auch für die ersten sechs Wochen kommt eine Aufhebung und Zurückverweisung zur Nachholung der Feststellungen zu § 1906 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB, deren Fehlen - wie ausgeführt - auch auf die Genehmigung der Unterbringung zur Heilbehandlung durchschlägt, nicht in Betracht. Dem Betroffenen ist die Verfahrensfortsetzung nicht zumutbar. Denn eine solche würde sich nach Erledigung der ärztlichen Zwangsmaßnahme auf erstmalige nachprüfbare Feststellungen zu einer materiell-rechtlichen Einwilligungsvoraussetzung richten. Es ist daher davon auszugehen, dass die angegriffenen Entscheidungen auch insoweit auf dem Verfahrensfehler beruhen (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - juris Rn. 36).
29
cc) Das nach § 62 Abs. 1 FamFG erforderliche berechtigte Interesse des Betroffenen daran, die Rechtswidrigkeit der - hier durch Zeitablauf erledigten - Genehmigungen von Unterbringung und Einwilligung in die ärztliche Zwangsmaßnahme feststellen zu lassen, liegt vor. Sowohl eine freiheitsentziehende Maßnahme als auch die gerichtliche Genehmigung einer Zwangsbehandlung bedeuten stets einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff im Sinn des § 62 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Senatsbeschluss vom 4. Juni 2014 - XII ZB 121/14 - juris Rn. 37). Dose Weber-Monecke Schilling Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Neustadt am Rübenberge, Entscheidung vom 13.02.2014 - 6 XVII J 770/13 -
LG Hannover, Entscheidung vom 25.03.2014 - 2 T 10 und 11/14 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.