Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2015 - XII ZB 292/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligten zu 2 und 3, Tochter und Enkelin der Betroffenen, begehren einen Wechsel deren Betreuers.
- 2
- Sie haben angeregt, anstelle eines Berufsbetreuers (des Beteiligten zu 1) die Enkelin der Betroffenen zur Betreuerin zu bestellen. Das Amtsgericht hat einen Betreuerwechsel abgelehnt. Das Landgericht hat die Beschwerden der Beteiligten zu 2 und 3 als unzulässig verworfen. Hiergegen richten sich ihre zugelassenen Rechtsbeschwerden.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerden sind begründet.
- 4
- 1. Das Landgericht vertritt die Auffassung, dass nahe Angehörige im Sinne von § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gegen die Ablehnung ihrer Anregung, einen Betreuer nach § 1908 b Abs. 1 BGB zu entlassen, keine Beschwerdeberechtigung haben, weil sie nicht in einem eigenen Recht unmittelbar verletzt seien. Das gelte auch, wenn ein Angehöriger das Ziel verfolge, selbst als neuer Betreuer bestellt zu werden. In solchen Fällen richte sich die Beschwerdeberechtigung anders als bei der erstmaligen Bestellung eines Betreuers allein nach § 59 Abs. 1 FamFG. Bei der Ablehnung eines Betreuerwechsels handle es sich nicht um eine Maßnahme im Sinne von § 303 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 FamFG.
- 5
- 2. Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 6
- a) Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass der Kreis der Entscheidungen , die Gegenstand einer Beschwerde des durch § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG privilegierten Personenkreises sein können, durch die Neuregelung der Beschwerdeberechtigung naher Angehöriger in § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG in gleichem Umfang eine Erweiterung erfahren hat wie das Beteiligungs- und Beschwerderecht der Betreuungsbehörde durch die Regelungen in § 303 Abs. 1 FamFG und § 274 Abs. 3 FamFG. Deshalb erstreckt sich die Beschwerdebefugnis naher Angehöriger nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG auch auf eine betreuungsgerichtliche Entscheidung, mit der ein von ihnen angeregter Betreuerwechsel vom Amtsgericht abgelehnt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 verwiesen (XII ZB 138/13 - FamRZ 2014, 1191 Rn. 9 ff.).
- 7
- b) Auf dieser rechtlichen Grundlage kann die Entscheidung des Landgerichts keinen Bestand haben. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass die Beteiligten zu 2 und 3 im erstinstanzlichen Verfahren gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beteiligt wurden (vgl. zur Form der Beteiligung Senatsbeschluss vom 9. April 2014 - XII ZB 595/13 - FamRZ 2014, 1099 Rn. 11). Zwar können sich die Beteiligten zu 2 und 3 nicht auf eine Beschwerdebefugnis nach § 59 Abs. 1 FamFG berufen. Jedoch steht ihnen die Beschwerdebefugnis nach § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zur Seite, sofern die Beschwerde im Interesse des Betroffenen erfolgt. Ob dem - entgegen der Auffassung des Amtsgerichts - so ist, wird das Landgericht noch zu prüfen haben.
- 8
- 3. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. § 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Sie ist deshalb an das Landgericht zurückzuverweisen. Dose Weber-Monecke Schilling Günter Botur
AG Mülheim an der Ruhr, Entscheidung vom 25.03.2014 - 5 XVII 309/13 -
LG Duisburg, Entscheidung vom 07.05.2014 - 12 T 94/14 -
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(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Zu beteiligen sind
- 1.
der Betroffene, - 2.
der Betreuer, sofern sein Aufgabenkreis betroffen ist, - 3.
der Bevollmächtigte im Sinne des § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sofern sein Aufgabenkreis betroffen ist.
(2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen.
(3) Die zuständige Behörde ist auf ihren Antrag als Beteiligte in Verfahren über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand von Entscheidungen der in Nummer 1 genannten Art
(4) Beteiligt werden können
- 1.
in den in Absatz 3 genannten Verfahren im Interesse des Betroffenen dessen Ehegatte oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern, Pflegeeltern, Großeltern, Abkömmlinge, Geschwister und eine Person seines Vertrauens, - 2.
der Vertreter der Staatskasse, soweit das Interesse der Staatskasse durch den Ausgang des Verfahrens betroffen sein kann.
(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde gegen Entscheidungen über
- 1.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Umfang, Inhalt oder Bestand einer in Nummer 1 genannten Maßnahme
(2) Das Recht der Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung steht im Interesse des Betroffenen
- 1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie den Eltern, Großeltern, Pflegeeltern, Abkömmlingen und Geschwistern des Betroffenen sowie - 2.
einer Person seines Vertrauens
(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.
(4) Der Betreuer oder der Vorsorgebevollmächtigte kann gegen eine Entscheidung, die seinen Aufgabenkreis betrifft, auch im Namen des Betroffenen Beschwerde einlegen. Führen mehrere Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte ihr Amt gemeinschaftlich, kann jeder von ihnen für den Betroffenen selbständig Beschwerde einlegen.
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.
(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.
(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.