Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2016 - XII ZB 269/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:280916BXIIZB269.16.0
bei uns veröffentlicht am28.09.2016
vorgehend
Amtsgericht Konstanz, XVII 36/08, 21.01.2016
Landgericht Konstanz, C 12 T 42/16, 12.05.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 269/16
vom
28. September 2016
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen darf im Verfahren zur Verlängerung
der Betreuung jedenfalls dann nicht abgesehen werden, wenn nicht
ausgeschlossen ist, dass aus den Antworten und aus dem Verhalten des Betroffenen
Rückschlüsse auf dessen natürlichen Willen gezogen werden können.
BGH, Beschluss vom 28. September 2016 - XII ZB 269/16 - LG Konstanz
AG Konstanz
ECLI:DE:BGH:2016:280916BXIIZB269.16.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 12. Mai 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Der 26jährige Betroffene leidet seit seiner Geburt an einer peripartalen cerebralen Schädigung mit gemischter zentraler Koordinationsstörung, Rumpfhypotonie , Tetraspastik und ausgeprägter Athetose, dazu an einer Anarthie bei hochgradiger Schwerhörigkeit, einer Beugekontraktur beider Kniegelenke und einer Hüftgelenksluxation rechts, weshalb er seine sämtlichen Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann.
2
Im Januar 2009 bestellte das Amtsgericht eine Rechtsanwältin zur Berufsbetreuerin. Dies wurde mit den zwischen den geschiedenen Eltern des Betroffenen bestehenden Spannungen begründet, weshalb diese als Betreuer nicht in Betracht kämen. Spätere Anträge des Beteiligten zu 3 (Vater des Betroffenen ) auf Betreuerwechsel blieben erfolglos.
3
Mit Beschluss vom 21. Januar 2016 hat das Amtsgericht die Betreuung verlängert und den erneuten Antrag des Vaters auf Betreuerwechsel zurückgewiesen. Von einer Anhörung des Betroffenen hat es abgesehen, weil aufgrund eingeschränkter Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Betroffenen ein Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten sei.
4
Das Landgericht hat die Beschwerde des Vaters zurückgewiesen; hiergegen richtet sich seine Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulassungsfrei statthaft, auch soweit sich der Vater nicht gegen die Verlängerung der Betreuung als solche, sondern gegen die Auswahl des Betreuers wendet (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 9 f. und vom 25. März 2015 - XII ZB 621/14 - FamRZ 2015, 1178 Rn. 9 f. mwN).
7
2. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem eingeholten Gutachten bedürfe der Betroffene einer Betreuung in allen Angelegenheiten. Der Betroffene sei auch nicht zu einer freien Willensbildung in der Lage. Von einer Anhörung des Betroffenen habe gemäß § 34 Abs. 2 FamFG abgesehen werden können, da der Betroffene offensichtlich nicht in der Lage sei, seinen Willen kundzutun. Das ergebe sich bereits aus dem Protokoll der Anhörung vom 27. April 2011, in der deutlich geworden sei, dass der Betroffene den hinter bestimmten Fragen zur Betreuung steckenden Sinn nicht zu erfassen vermochte. Auch der Sachverständige habe in seinem Gutachten bestätigt, dass eine Verständigung mit dem Betroffenen nur in sehr eingeschränktem Maße und nur bezüglich basaler Bedürfnisse möglich sei.
8
Die Voraussetzungen für einen Betreuerwechsel gemäß § 1908 b BGB lägen nicht vor, da die bisherige Betreuerin nicht ungeeignet sei. Die vom Vater des Betroffenen insoweit erhobenen Vorwürfe gegen die Betreuerin seien unbegründet.
9
3. Die angefochtene Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das Beschwerdegericht nicht von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen hätte absehen dürfen.
10
a) Gemäß § 278 Abs. 1 Satz 1, 2 FamFG hat das Gericht den Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts persönlich anzuhören. Es hat sich einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen zu verschaffen. Die persönliche Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 1 FamFG ist auch für das Verlängerungsverfahren zwingend vorgeschrieben (§ 295 Abs. 1 FamFG).
11
b) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht, von einer Anhörung habe gemäß § 34 Abs. 2 FamFG abgesehen werden können (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 120/14 - FamRZ 2014, 1543 Rn. 12), weil der Betroffene nicht dazu in der Lage sei, seinen Willen kundzutun. Bei der Prüfung der Voraussetzungen dieser Vorschrift hat das Beschwerdegericht einen falschen Maßstab angelegt.
12
aa) Auf das vom Beschwerdegericht herangezogene Kriterium, ob der Betroffene den hinter bestimmten Fragen zur Betreuung steckenden Sinn zu erfassen vermag, kommt es nicht entscheidend an. § 34 Abs. 2 FamFG greift nämlich nicht schon, wenn der Betroffene nichts Sinnvolles zur Sache äußern kann, sondern erst, wenn er entweder überhaupt nichts oder jedenfalls nichts irgendwie auf die Sache Bezogenes zu äußern imstande ist (vgl. Prütting/ Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 278 Rn. 32; Damrau/Zimmermann Betreuungsrecht 4. Aufl. § 278 FamFG Rn. 64), sei es etwa, weil der Betroffene bewusstlos ist oder weil er künstlich beatmet wird und dabei weder zu einer verbalen noch zu einer nonverbalen Kommunikation in der Lage ist, sich also in keiner Weise mehr mitteilen kann (HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2010] § 278 FamFG Rn. 138). Solange hingegen nicht ausgeschlossen ist, dass aus den Antworten und aus dem Verhalten des Betroffenen Rückschlüsse auf dessen natürlichen Willen gezogen werden können, darf das Betreuungsgericht nicht nach § 34 Abs. 2 FamFG von einer persönlichen Anhörung absehen. Daher schließt auch eine erhalten gebliebene nonverbale Kommunikationsfähigkeit einen Anhörungsverzicht grundsätzlich aus (HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2010] § 278 FamFG Rn. 139).
13
Die für ein Absehen von der Anhörung erforderliche Feststellung, dass Rückschlüsse auf den natürlichen Willen des Betroffenen offensichtlich weder aufgrund verbaler noch aufgrund nonverbaler Kommunikation möglich sind, kann das Gericht regelmäßig nur auf der Grundlage eines aktuellen persönlichen Eindrucks treffen, den es bei einer unmittelbaren Kontaktaufnahme mit dem Betroffenen gewonnen hat (vgl. Jurgeleit/Bučić Betreuungsrecht 3. Aufl.
§ 278 FamFG Rn. 31; Keidel/Budde FamFG 18. Aufl. § 278 Rn. 22; HK-BUR/Bauer [Stand: Juli 2010] § 278 FamFG Rn. 137).
14
bb) Im vorliegenden Fall ist weder die konkrete Feststellung getroffen, der Betroffene könne seinen natürlichen Willen "offensichtlich" nicht kundtun, noch könnte sich eine solche Annahme auf den Versuch einer gerichtlichen Kontaktaufnahme mit dem Betroffenen im Verlängerungsverfahren stützen. Vielmehr wird die gegenteilige Annahme sowohl durch frühere Anhörungsprotokolle als auch durch die Ausführungen des Sachverständigen gestützt, wonach eine Verständigung mit dem Betroffenen über seine Grundbedürfnisse unter Verwendung technischer Hilfsmittel grundsätzlich möglich ist. Unter diesen Voraussetzungen hätte nicht von einer Anhörung nach § 34 Abs. 2 FamFG abgesehen werden dürfen.
15
c) Da das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft von der persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen hat, durfte das Beschwerdegericht nicht nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von einer Anhörung absehen. Vielmehr hätte es die Anhörung nachholen müssen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14 und vom 1. Juni 2016 - XII ZB 23/16 - FamRZ 2016, 1354 Rn. 17).
16
4. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, die erforderliche Anhörung des Betroffenen nachzuholen.
17
Bei seiner erneuten Befassung wird das Landgericht außerdem zu berücksichtigen haben, dass die Betreuerauswahl bei der Entscheidung über die Verlängerung der Betreuung aufgrund einer umfassenden Abwägung nach den Maßstäben des § 1897 BGB zu treffen ist. Eine Prüfung lediglich anhand der Kriterien für eine Entlassung des Betreuers (§ 1908 b BGB) genügt nicht.
§ 1908 b Abs. 1 BGB regelt zwar die Voraussetzungen, unter denen die Entlassung eines Betreuers erfolgen kann. Die Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Fälle, in denen bei fortbestehender Betreuung eine isolierte Entscheidung über die Beendigung des Amtes des bisherigen Betreuers getroffen werden soll. Ist dagegen im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung über einen Betreuerwechsel zu befinden, richtet sich die Auswahl der Person des Betreuers nach der für die Neubestellung eines Betreuers maßgeblichen Vorschrift des § 1897 BGB (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 17 mwN und vom 25. März 2015 - XII ZB 621/14 - FamRZ 2015, 1178 Rn. 25 mwN). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Betroffene eine bestimmte Person als Betreuer wünscht oder nicht wünscht (§ 1897 Abs. 4 Satz 1 und 2 BGB; vgl. Senatsbeschluss vom 3. August 2016 - XII ZB 616/15 - juris Rn. 17), ob anstelle der bisherigen Berufsbetreuerin eine geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Betreuung bereit ist (§ 1897
Abs. 6 Satz 1 BGB), und inwieweit bei der Auswahl des Betreuers auf die Bindungen des Betroffenen zu seinen Eltern sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen ist (§ 1897 Abs. 5 BGB).
Dose Günter Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Konstanz, Entscheidung vom 21.01.2016 - XVII 36/08 -
LG Konstanz, Entscheidung vom 12.05.2016 - C 12 T 42/16 -

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(1) Das Gericht hat einen Beteiligten persönlich anzuhören,

1.
wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich ist oder
2.
wenn dies in diesem oder in einem anderen Gesetz vorgeschrieben ist.

(2) Die persönliche Anhörung eines Beteiligten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren ohne seine persönliche Anhörung beendet werden. Der Beteiligte ist auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen.

9
b) Die Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung (§ 295 FamFG) ist eine Betreuungssache im Sinne von § 271 Nr. 1 FamFG (Jürgens/Kretz aaO § 271 FamFG Rn. 3; Bassenge in Bassenge/Roth FamFG/RPflG 12. Aufl. § 271 FamFG Rn. 2; Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 271 Rn. 2). Gegen eine Beschwerdeentscheidung im Verlängerungsverfahren nach § 295 FamFG ist daher die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft.
9
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht am Ende des erstinstanzlichen Verlängerungsverfahrens zwar den Betreuerwechsel mit einem von der Verlängerungsentscheidung getrennten Beschluss vorgenommen. Unabhängig davon, dass Gegenstand der Beschwerdeentscheidung ohnehin auch die Betreuerauswahl im Rahmen der Verlängerung war, führt die durch das Amtsgericht ohne erkennbaren Grund vorgenommene Aufspaltung in zwei Beschlüsse mit gleichem Datum nicht dazu, dass derjenige über den Betreuerwechsel außerhalb des Verlängerungsverfahrens ergangen wäre.

(1) Das Gericht hat einen Beteiligten persönlich anzuhören,

1.
wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich ist oder
2.
wenn dies in diesem oder in einem anderen Gesetz vorgeschrieben ist.

(2) Die persönliche Anhörung eines Beteiligten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren ohne seine persönliche Anhörung beendet werden. Der Beteiligte ist auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen.

(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

(1) Das Gericht hat einen Beteiligten persönlich anzuhören,

1.
wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich ist oder
2.
wenn dies in diesem oder in einem anderen Gesetz vorgeschrieben ist.

(2) Die persönliche Anhörung eines Beteiligten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren ohne seine persönliche Anhörung beendet werden. Der Beteiligte ist auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen.

12
(a) § 34 FamFG regelt im Interesse der Beteiligten die Grundzüge der persönlichen Anhörung. Diese Form der Anhörung dient der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), ist aber hierauf nicht beschränkt. Vielmehr erfasst § 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG schon nach seinem Wortlaut alle Fälle, in denen das Gesetz eine persönliche Anhörung vorsieht, unabhängig davon, zu welchem Zweck sie vom Gesetz vorgeschrieben ist. Erfasst werden daher auch solche Fälle, in denen die persönliche Anhörung - wie nach § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG - auch der Sachverhaltsaufklärung dienen soll (klarstellend MünchKommFamFG/Ulrici 2. Aufl. § 34 Rn. 1). Auch die Begründung des Gesetzentwurfes lässt erkennen, dass § 278 Abs. 1 Satz 1 FamFG nach den Vorstellungen des Gesetzgebers zu den von § 34 Abs. 1 Nr. 2 FamFG in Bezug genommenen Vorschriften gehört (BT-Drucks. 16/6308 S. 192).

(1) Das Gericht hat einen Beteiligten persönlich anzuhören,

1.
wenn dies zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs des Beteiligten erforderlich ist oder
2.
wenn dies in diesem oder in einem anderen Gesetz vorgeschrieben ist.

(2) Die persönliche Anhörung eines Beteiligten kann unterbleiben, wenn hiervon erhebliche Nachteile für seine Gesundheit zu besorgen sind oder der Beteiligte offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun.

(3) Bleibt der Beteiligte im anberaumten Anhörungstermin unentschuldigt aus, kann das Verfahren ohne seine persönliche Anhörung beendet werden. Der Beteiligte ist auf die Folgen seines Ausbleibens hinzuweisen.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 346/10
vom
13. Juni 2012
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbem. 3.2.2, Nr. 6300
Die Vergütung des in einer Unterbringungssache im Wege der Verfahrenskostenhilfe
beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach Nummer 6300 RVG VV (im Anschluss
an BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris).
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 346/10 - LG Lübeck
AG Lübeck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2012 durch die
Richter Dose, Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Der Senat hat dem Betroffenen für die Rechtsbeschwerde gegen die betreuungsrechtliche Genehmigung der Unterbringung Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm die Erinnerungsführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht führte, hat die Erinnerungsführerin bei dem Bundesgerichtshof beantragt, ihre Vergütung nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Bundesgerichtshofs hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2011 teilweise zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung.

II.

2
Die - nicht fristgebundene (vgl. BT-Drucks. 15/4952, S. 51) - Erinnerung ist gemäß § 56 Abs. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Erinnerungsführerin nach Nr. 6300 RVG in Höhe von 172 € (zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ) festgesetzt.
3
1. Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin bestimmt sich die Vergütung des im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gemäß § 78 Abs. 1 FamFG beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nicht nach Nr. 3208 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1 b VV RVG, sondern nach Nr. 6300 VV RVG.
4
Danach beträgt die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG für jeden Rechtszug 172 €. Diese Vergütungsregelung ist auch maßgeblich, wenn ein Rechtsanwalt in einer Unterbringungssache für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesgerichtshof beigeordnet wird.
5
Für Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG hat dies der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG in der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG nicht erwähnt und insbesondere nicht von Nr. 1 b der Vorbemerkung erfasst werde. Danach sei der Unterabschnitt 2 zwar auch in Verfahren über Rechtsbeschwerden in Familiensachen anzuwenden. Mit dem Begriff "Familiensachen" knüpfe das Gesetz jedoch an § 111 FamFG an, der den Kreis der Familiensachen definiert (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe RVG 19. Aufl. VV Vorb. 3.2.2 Rn. 4). Keine Familiensachen seien deshalb die in Buch 3 bis 8 des FamFG geregelten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit , also auch nicht die in Buch 7 geregelten Freiheitsentziehungssa- chen. Da die Definition des § 111 FamFG auch für andere Gesetze maßgeblich sei, die den Begriff der Familiensache verwenden (BT-Drucks. 16/6308, S. 223), gelte sie ebenfalls im Rahmen der Nr. 1 b der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG. Hätte der Gesetzgeber dort alle Rechtsbeschwerden nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht lediglich die Rechtsbeschwerden in Familiensachen erfassen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - ebenso wie in den vergleichbaren Fällen der Nr. 1 c bis 1 e der Vorbemerkung 3.2.2 VV RVG - durch die Formulierung "Rechtsbeschwerden nach dem FamFG" zum Ausdruck zu bringen.
6
2. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG an. Für Unterbringungssachen nach § 312 FamFG enthält Teil 6 des Vergütungsverzeichnisses in Nummer 6300 VV RVG eine Sonderregelung. Entgegen der Auffassung der Erinnerung gilt diese Vergütungsregelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Unterbringungssachen (vgl. BGH Beschluss vom 29. März 2012 - V ZB 309/10 - juris). Denn nach der Anmerkung zu Nummer 6300 RVG VV entsteht die dort geregelte Gebühr für jeden Rechtszug. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Rechtsbeschwerde von dieser Vergütungsregelung ausgenommen sein soll, lässt sich der Norm nicht entnehmen (vgl. BGH aaO). Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Lübeck, Entscheidung vom 27.05.2010 - 4 XVII H 15914 -
LG Lübeck, Entscheidung vom 30.06.2010 - 7 T 300/10 -
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Zwar räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG auch in einem Unterbringungsverfahren dem Beschwerdegericht die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen, etwa wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankommt. Im Beschwerdeverfahren kann allerdings nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen oder das gesamte Verfahren wiederholen (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 2016 - XII ZB 478/15 - FamRZ 2016, 802 Rn. 10; vom 15. Februar 2012 - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 18 und vom 2. März 2011 - XII ZB 346/10 - FamRZ 2011, 805 Rn. 14).
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b) Die Entscheidung über die Verlängerung einer bereits bestehenden Betreuung (§ 295 FamFG) ist eine Betreuungssache im Sinne von § 271 Nr. 1 FamFG (Jürgens/Kretz aaO § 271 FamFG Rn. 3; Bassenge in Bassenge/Roth FamFG/RPflG 12. Aufl. § 271 FamFG Rn. 2; Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 271 Rn. 2). Gegen eine Beschwerdeentscheidung im Verlängerungsverfahren nach § 295 FamFG ist daher die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft.
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Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht am Ende des erstinstanzlichen Verlängerungsverfahrens zwar den Betreuerwechsel mit einem von der Verlängerungsentscheidung getrennten Beschluss vorgenommen. Unabhängig davon, dass Gegenstand der Beschwerdeentscheidung ohnehin auch die Betreuerauswahl im Rahmen der Verlängerung war, führt die durch das Amtsgericht ohne erkennbaren Grund vorgenommene Aufspaltung in zwei Beschlüsse mit gleichem Datum nicht dazu, dass derjenige über den Betreuerwechsel außerhalb des Verlängerungsverfahrens ergangen wäre.
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Zwar steht dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers im Fall des § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB kein Ermessen zu. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betreute wünscht. Der Wille des Betreuten kann aber dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person dem Wohl des Betreuten zuwiderliefe. Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller relevanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Gefahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will (Senatsbeschluss vom 7. August 2013 - XII ZB 131/13 - FamRZ 2013, 1798 Rn. 14 mwN). Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der - näheren oder auch weiter zurückliegenden - Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die vorgeschlagene Person geht, müssen diese Erkenntnisse hinreichend aussagekräftig sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu begründen (Senatsbeschluss vom 25. März 2015 - XII ZB 621/14 - FamRZ 2015, 1178 Rn. 29).