Bundesgerichtshof Beschluss, 02. März 2016 - XII ZB 196/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beteiligten streiten um Betreuervergütung.
- 2
- Der Betroffene leidet an einer chronischen paranoiden Psychose und einer Minderbegabung. Das Amtsgericht ordnete mit einstweiliger Anordnung vom 9. September 2011 eine bis zum 9. März 2012 befristete Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung an. Der Beteiligte zu 1 wurde zum vorläufigen Betreuer bestellt. Am 31. Januar 2012 regte dieser die Einrichtung einer dauerhaften Betreuung an. Das Amtsgericht holte hierzu ein Sachverständigengutachten ein, aus dem sich die Notwendigkeit einer dauerhaften Betreuung ergab. Dieses Gutachten übersandte das Amtsgericht mit Verfügung vom 15. März 2012 an den Beteiligten zu 1 zur Kenntnis- und Stellungnahme sowie mit der Bitte, das Gutachten mit dem Betroffenen zu besprechen. Der Beteiligte zu 1 entsprach dieser Bitte. Mit Beschluss vom 17. April 2012 wurde die Betreuung in der Hauptsache eingerichtet und der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuer) zum Betreuer mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung bestellt.
- 3
- Dem Antrag des Betreuers, seine Vergütung für den Zeitraum vom 10. September 2011 bis 30. September 2012 auf 3.077,80 € festzusetzen, hat das Amtsgericht nur in Höhe von 2.970 € stattgegeben, da er nicht für den gesamten Zeitraum zum Betreuer bestellt gewesen sei. Das Landgericht hat die Beschwerde des Betreuers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er weiterhin die Festsetzung seiner Vergütung in der beantragten Höhe erstrebt.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
- 5
- 1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Voraussetzung für die Bewilligung einer Betreuervergütung aus der Staatskasse sei die wirksame Betreuerbestellung. Daher sei eine Vergütungsfestsetzung erst für die Zeit ab der wirksamen Betreuerbestellung möglich. Der Zeitraum vom 10. März 2012 bis zum 17. April 2012, der vor der Bestellung zum Betreuer liege, sei deshalb nicht vergütungsfähig. Darauf, ob und gegebenenfalls von wem die Unterbrechung der Betreuung verschuldet worden sei, komme es nicht an, da es an einem den Vergütungsanspruch auslösenden Akt fehle. Soweit in der Rechtsprechung vertreten werde, dass es der Staatskasse nach § 242 BGB verwehrt sein könne, sich auf die mangelnde Bestellung eines Betreuers zu berufen , wenn dessen Dienste in Anspruch genommen worden seien, werde dabei auf den Einzelfall abgestellt. Einer solchen, von Billigkeitserwägungen getragenen Beurteilung sei nicht zu folgen, weil das Verfahren nach §§ 292, 168 FamFG weitgehend formalisiert sei. Eine Prüfung anderer Anspruchsgrundlagen , aus denen sich ein Vergütungsanspruch des Betreuers ergeben könne, finde deshalb ebenfalls nicht statt.
- 6
- 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
- 7
- a) Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen einem Betreuer für einen Zeitraum, für den es vorübergehend an der Betreuerbestellung fehlt, ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach den §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG festzusetzender Anspruch zustehen kann, wird nicht einheitlich beurteilt.
- 8
- Nach einer Auffassung ergibt sich ein Anspruch aus einer analogen Anwendung von § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG, wenn der Betreuungsbedarf für den betroffenen Zeitraum feststeht, das Betreuungsgericht zwar pflichtwidrig untätig geblieben ist, jedoch einen Vertrauenstatbestand für den Fortbestand der Betreuung gesetzt hat (LG Bayreuth Beschluss vom 4. März 2011 - 42 T 3/11 - juris Rn. 12 f.). Zum Teil wird auch angenommen, der Vergütungsanspruch könne sich in derartigen Fällen aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Die Höhe der geschuldeten und im Festsetzungsverfahren zu berücksichtigenden Vergütung entspreche der üblichen Vergütung und damit den nach den Vorschriften des Betreuervergütungsgesetzes pauschalierten Stundensätzen (LG Cottbus FamRZ 2004, 401, 402).
- 9
- Eine andere Ansicht stellt formal auf die fehlende Betreuerbestellung ab und verneint eine Vergütung für eine davor liegende Tätigkeit (OLG Schleswig NJW-RR 1999, 660; zum Vormund: MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1836 Rn. 3; Jürgens/v. Crailsheim Betreuungsrecht § 1836 BGB Rn. 5 mwN).
- 10
- b) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung. Nach §§ 1836 Abs. 1, 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG kann ein Betreuer eine Vergütung nur verlangen, wenn er wirksam bestellt ist (zum Vormund: MünchKommBGB/Wagenitz 6. Aufl. § 1836 Rn. 3 mwN). Fehlt es hieran, liegt ein im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 292 Abs. 1, 168 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FamFG festzusetzender Vergütungsanspruch nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zwar auch im Vergütungsfestsetzungsverfahren zur Anwendung zu bringen.
Dose Weber-Monecke Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Mannheim, Entscheidung vom 11.12.2012 - Gri 2 XVII 1062/11 -
LG Mannheim, Entscheidung vom 28.03.2013 - 4 T 5/13 -
moreResultsText
Annotations
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Familiengericht hat die Feststellung der Berufsmäßigkeit gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, dass dem Vormund in absehbarer Zeit Vormundschaften in diesem Umfang übertragen sein werden. Berufsmäßigkeit liegt im Regelfall vor, wenn
- 1.
der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder - 2.
die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.
(2) Trifft das Familiengericht die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1, so hat es dem Vormund oder dem Gegenvormund eine Vergütung zu bewilligen. Ist der Mündel mittellos im Sinne des § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so kann der Vormund die nach Satz 1 zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Das Familiengericht hat die Feststellung der Berufsmäßigkeit gemäß § 1836 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu treffen, wenn dem Vormund in einem solchen Umfang Vormundschaften übertragen sind, dass er sie nur im Rahmen seiner Berufsausübung führen kann, oder wenn zu erwarten ist, dass dem Vormund in absehbarer Zeit Vormundschaften in diesem Umfang übertragen sein werden. Berufsmäßigkeit liegt im Regelfall vor, wenn
- 1.
der Vormund mehr als zehn Vormundschaften führt oder - 2.
die für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit voraussichtlich 20 Wochenstunden nicht unterschreitet.
(2) Trifft das Familiengericht die Feststellung nach Absatz 1 Satz 1, so hat es dem Vormund oder dem Gegenvormund eine Vergütung zu bewilligen. Ist der Mündel mittellos im Sinne des § 1836d des Bürgerlichen Gesetzbuchs, so kann der Vormund die nach Satz 1 zu bewilligende Vergütung aus der Staatskasse verlangen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.