Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07

bei uns veröffentlicht am11.06.2008
vorgehend
Amtsgericht Höxter, 6 F 143/05, 09.09.2005
Oberlandesgericht Hamm, 9 UF 152/05, 06.06.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 184/07
vom
11. Juni 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 233 A, 85 Abs. 2
Die Zurechnung eines Anwaltsverschuldens setzt das Bestehen eines wirksamen
Mandats im Innenverhältnis voraus. § 85 Abs. 2 ZPO erfasst deshalb ein
nach der Kündigung des Mandatsverhältnisses liegendes schuldhaftes Verhalten
eines Anwalts nicht mehr.
BGH, Beschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - OLG Hamm
AG Höxter
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Juni 2008 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 9. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 2006 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist und gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Höxter vom 9. September 2005 bewilligt. Beschwerdewert: 4.410 € (laufender Unterhalt: 315 € x 12 = 3.780 €; Unterhaltsrückstand: 2 x 315 €).

Gründe:

1
Die Klägerin hat den Beklagten, ihren getrennt lebenden Ehemann, auf Zahlung von Kindesunterhalt für die gemeinsamen minderjährigen Kinder in Anspruch genommen. Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist der Beklagte antragsgemäß verurteilt worden. Das Urteil wurde ihm zu Händen seines damaligen Prozessbevollmächtigten, Rechtsanwalt Dr. L., am 10. Oktober 2005 zugestellt. Am 9. November 2005 hat der Beklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Einlegung der Berufung gegen das vorgenannte Urteil beantragt. Durch Beschluss des Oberlandesgerichts vom 20. Januar 2006 wurde ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. L. bewilligt. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde am 27. Januar 2006 an Rechtsanwalt Dr. L. abgesandt. Sie ging dort am 30. Januar 2006 ein.
2
Mit Schriftsatz vom 26. Januar 2006, bei dem Oberlandesgericht eingegangen am 30. Januar 2006, zeigte die jetzige Prozessbevollmächtigte des Beklagten , Rechtsanwältin P.-J., an, dass sie dessen Vertretung übernommen habe, und teilte mit, dass das Mandat des Rechtsanwalt Dr. L. beendet sei. Auf Anfrage des Oberlandesgerichts bestätigte Rechtsanwalt Dr. L. mit Schriftsatz vom 31. Januar 2006, bei dem Oberlandesgericht eingegangen an demselben Tag, den Beklagten nicht mehr zu vertreten.
3
Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2006, eingegangen am 9. Februar 2006, bat Rechtsanwältin P.-J. darum, ihr die Gerichtsakten zur Einsichtnahme zu überlassen. Diese gingen am 15. Februar 2006 in der Kanzlei ein. Noch an demselben Tag stellte Rechtsanwältin P.-J. bei Durchsicht der Akten fest, dass dem Beklagten bereits Prozesskostenhilfe bewilligt worden war. Daraufhin legte sie mit Schriftsatz vom 15. Februar 2006, per Telefax bei dem Oberlandesgericht eingegangen am 16. Februar 2006, für den Beklagten Berufung ein, begründete diese und beantragte, dem Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist zu bewilligen.
4
Mit Schriftsatz vom 1. März 2006, per Telefax an demselben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen, beantragte der Beklagte ferner hilfsweise, ihm auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zu gewähren. Zur Begründung trug er vor, Rechtsanwältin P.-J. habe am 20. Februar 2006 durch einen Anruf ihrer Angestellten im Büro von Rechtsanwalt Dr. L. erfahren, dass diesem der Prozesskostenhilfebeschluss am 30. Januar 2006 zugegangen sei. Rechtsanwalt Dr. L. habe dem Beklagten den Prozesskostenhilfebeschluss nicht übermittelt.
5
Das Oberlandesgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

6
Die nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) geboten. Der angefochtene Beschluss verletzt den Beklagten in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf der Zugang zu einer in der Verfahrensordnung vorgesehenen Instanz nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfG NJW-RR 2002, 1004; BGHZ 151, 221, 227; Senatsbeschluss vom 9. November 2005 - XII ZB 270/04 - FamRZ 2006, 192). Dies bedeutet, dass einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen versagt werden darf, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Spruchskörpers auch nicht rechnen musste.

III.

7
Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
8
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Die Berufung sei unzulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO), weil sie nicht innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO bzw. der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO eingelegt worden sei. Letztere habe mit dem Zugang des Prozesskostenhilfebeschlusses bei Rechtsanwalt Dr. L. am 30. Januar 2006 begonnen und am 13. Februar 2006 geendet. Der Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung seien aber erst am 16. Februar 2006, und damit verspätet, beim Oberlandesgericht eingegangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist könne schon deshalb nicht bewilligt werden, weil nicht von einer unverschuldeten Fristversäumung auszugehen sei. Wenn eine Partei mehrere Vertreter für verschiedene Instanzen habe, so hafte sie gemäß § 85 Abs. 2 ZPO für das Verschulden eines jeden von ihnen, solange die Vertretungszeit andauere. In einem solchen Fall könnten sich die Vertreterpflichten unter Umständen überschneiden. Keinesfalls könne es in einem Anwaltsprozess zu einer "haftungsmäßigen Lücke" kommen.
9
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte sowohl die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) als auch die Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) und die zweiwöchige Frist für die Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs (§ 234 Abs. 1 ZPO) versäumt hat. Die letztere Frist begann mit dem Tag, an dem das der Berufungseinlegung entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis dafür lag in der Mittellosigkeit des Beklagten. Es entfiel mit der Bekanntgabe des Beschlusses über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Beklagten oder seinen Prozessbevollmächtigten (Senatsbeschluss vom 22. November 2000 - XII ZB 28/00 - FamRZ 2001, 1143, 1144).
11
Der Prozesskostenhilfebeschluss ist am 27. Januar 2006 an Rechtsanwalt Dr. L. abgesandt worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Schriftsatz von Rechtsanwältin P.-J. vom 26. Januar 2006, in dem diese die Vertretung des Beklagten anzeigte, bei Gericht noch nicht eingegangen. Deshalb hatte die Übermittlung des Beschlusses noch an Rechtsanwalt Dr. L. zu erfolgen. Denn nachdem dessen Bevollmächtigung dem Gericht und dem Gegner mitgeteilt worden war, bestand im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens die Vollmacht solange fort, bis ihr Widerruf dem Gericht und dem Gegner angezeigt worden war (Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 87 Rdn. 1). Entsprechendes gilt für die Empfangszuständigkeit (§ 172 Abs. 1 ZPO), so dass Zustellungen - ebenso wie formlose Mitteilungen - an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen hatten (Zöller/Stöber aaO § 172 Rdn. 2). Die Wiedereinsetzungsfrist begann daher am 30. Juni 2006, als der Prozesskostenhilfebeschluss bei Rechtsanwalt Dr. L. einging, und endete am 13. Februar 2006 (§ 234 Abs. 2 ZPO). Sie ist durch den am 16. Februar 2006 eingegangenen Schriftsatz nicht gewahrt worden.
12
3. Dem Beklagten ist allerdings auf seinen rechtzeitig gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zu bewilligen, da er vorgetragen und glaubhaft gemacht hat, dass er ohne eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
13
a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dem Beklagten ein Verschulden von Rechtsanwalt Dr. L. nicht nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Soweit letzterem eine schuldhafte Verletzung seiner anwaltlichen Sorgfaltspflichten zur Last fällt, weil er den Beklagten nicht von dem Zugang des Prozesskostenhilfebeschlusses unterrichtet hat (vgl. hierzu BGH Urteil vom 2. März 1988 - IVa ZR 218/87 - VersR 1988, 835, 836), ist dem Beklagten dies nicht anzulasten. Richtig ist zwar, dass eine Partei, die mehrere Vertreter hat, für das Verschulden eines jeden von ihnen haftet, solange die Vertretungszeit läuft. Fällt ein Verschulden aber nicht mehr in die Vertretungszeit, findet über § 85 Abs. 2 ZPO auch keine Verschuldenszurechnung mehr statt. Die Fortdauer der Außenvollmacht und zugleich gewisser nachwirkender Schutzpflichten zugunsten der Partei genügen für eine Verschuldenszurechnung nicht; die Zurechnung eines Anwaltsverschuldens setzt vielmehr das Bestehen eines wirksamen Mandats im Innenverhältnis voraus (BGH Urteil vom 14. Dezember 1979 - V ZR 146/78 - NJW 1980, 999; Senatsbeschlüsse vom 10. Juli 1985 - IVb ZB 102/84, VersR 1985, 1185, 1186 und vom 12. Dezember 2001 - XII ZB 219/01 - BGH-Report 2002, 435 - Ls.; Vollkommer aaO § 85 Rdn. 21 und 24).
14
§ 85 Abs. 2 ZPO beruht nämlich auf dem Gedanken, dass die Partei für ihren Bevollmächtigten als Person ihres Vertrauens einzustehen hat. Dieses Vertrauensverhältnis besteht aber nicht mehr, wenn der Mandatsvertrag von der einen oder anderen Seite gekündigt ist. Dass - im Parteiprozess - Zustellungen und formlose Mitteilungen bis zur Anzeige des Widerrufs der Bevollmächtigung noch an den bisherigen Prozessbevollmächtigten vorzunehmen sind, steht damit nicht in Widerspruch. Die Zustellung bzw. formlose Mitteilung noch an den bisherigen Prozessbevollmächtigten dient dem Interesse des Gegners und des Gerichts an der ungestörten Abwicklung des Rechtsstreits (§§ 87 Abs. 1, 172 Abs. 1 ZPO). Es käme jedoch zu einer durch diesen Zweck nicht mehr gedeckten unbilligen Benachteiligung der betroffenen Partei, wenn sie trotz Beendigung des Mandatsverhältnisses weiterhin für ein schuldhaftes Verhalten ihres bisherigen Prozessbevollmächtigten einzustehen hätte und bei darauf beruhender Fristversäumnis nicht wenigstens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erlangen könnte. In diesem Sinne wird dadurch, dass zwar noch § 87 Abs. 1 ZPO, aber nicht mehr § 85 Abs. 2 ZPO gilt, ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen der Beteiligten hergestellt (Senatsbeschluss vom 10. Juli 1985 - IVb ZB 102/84 - VersR 1985, 1185, 1186).
15
Da der Vollmachtsvertrag mit Rechtsanwalt Dr. L. im Innenverhältnis durch das per Telefax übermittelte Schreiben des Beklagten vom 25. Januar 2006 beendet worden ist, kann ihm ein Verschulden von Rechtsanwalt Dr. L. von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zugerechnet werden. Der Beklagte hat deshalb nicht dafür einzustehen, dass Rechtsanwalt Dr. L. ihn über den am 30. Januar 2006 erfolgten Eingang des Prozesskostenhilfebeschlusses nicht benachrichtigt hat.
16
b) Ein für die Fristversäumnis ursächliches, dem Beklagten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden der Rechtsanwältin P.-J. liegt ebenfalls nicht vor. Diese war zwar verpflichtet, sich bei der Übernahme des Mandats bei Rechtsanwalt Dr. L. als dem bisherigen Bevollmächtigten des Beklagten über den Lauf eventueller Fristen zu erkundigen (vgl. BGH Beschluss vom 22. November 1990 - I ZB 313/90 - VersR 1991, 896). Dass sie dieser Verpflichtung nicht sogleich nachkam, ist für die Fristversäumnis aber nicht ursächlich geworden. Hätte Rechtsanwältin P.-J. nämlich am 25. oder 26. Januar 2006, als sie das Mandat übernahm, bei Rechtsanwalt Dr. L. wegen eines möglichen Fristenlaufs nachgefragt, so hätte ihr dieser lediglich mitteilen können, dass er eine Entscheidung über die beantragte Prozesskostenhilfe noch nicht erhalten habe. Rechtsanwältin P.-J. brauchte entsprechende Anfragen aber nicht jeweils kurzfristig zu wiederholen, sondern konnte sich darauf verlassen, dass Rechtsanwalt Dr. L. - seiner Verpflichtung entsprechend - sie oder den Beklagten über den Eingang des Prozesskostenhilfebeschlusses bei ihm un- verzüglich unterrichten würde (vgl. BGH Urteil vom 2. März 1988 - IVa ZR 218/87 - VersR 1988, 835, 836).
17
c) Auch der Beklagte selbst hat die Fristversäumnis nicht verschuldet. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung ist ihm - unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes - nicht vorzuwerfen, das Mandatsverhältnis zu Rechtsanwalt Dr. L. am 25. Januar 2006 beendet zu haben. Eine Partei kann dem Anwalt grundsätzlich jederzeit das Mandat entziehen und die ihm erteilte Vollmacht widerrufen (vgl. für den nach § 78 b ZPO beigeordneten Anwalt: Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 78 b Rdn. 31 und für den nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordneten Anwalt: Stein/Jonas/Bork aaO § 121 Rdn. 21; MünchKomm-ZPO/Motzer 3. Aufl. § 121 Rdn. 23; Zöller/Philippi aaO § 121 Rdn. 34). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ihr ein anderer Anwalt beizuordnen ist, ist eine andere Frage. Die ungestörte Abwicklung des Prozesskostenhilfeverfahrens war durch den Anwaltswechsel nicht gefährdet. Die Möglichkeit der Zustellung bzw. formlosen Mitteilung des Prozesskostenhilfebeschlusses war gewährleistet, weil der bisherige Prozessbevollmächtigte bei Absendung der Ausfertigung des Beschlusses noch empfangszuständig war und der Beklagte von diesem eine Benachrichtigung über den Zugang erwarten durfte. Im Übrigen hat der Beklagte in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Mandats des Rechtsanwalts Dr. L. Rechtsanwältin P.-J. mandatiert.
18
Soweit die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend macht, der Beklagte sei nach der Mandatskündigung verpflichtet gewesen, sich bei Rechtsanwalt Dr. L. über laufende Fristen zu erkundigen, kann auf die Ausführungen unter III 3 b Bezug genommen werden. Bei einer Rückfrage am 25. oder 26. Januar 2006 hätte der Beklagte von Rechtsanwalt Dr. L. über einen Fristenablauf nichts erfahren können.
19
4. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist auch form- und fristgerecht angebracht worden.
20
Die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO begann frühestens am 15. Februar 2006, als Rechtsanwältin P.-J. bei Einsicht der Akten feststellte , dass Prozesskostenhilfe bereits bewilligt worden war. Der am 1. März 2006 per Telefax bei Gericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag wahrt die zweiwöchige Frist. Einer Nachholung der versäumten Prozesshandlungen - Berufung und Berufungsbegründung sowie Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist - bedurfte es nicht mehr, da diese bereits vorgenommen worden waren.
21
5. Dem Beklagten ist ferner Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs - und Berufungsbegründungsfrist zu bewilligen.
22
a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zu gewähren, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch angebracht hat und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 125/05 - FamRZ 2006, 32, 33 und vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901, 1902). Das war hier der Fall. Demgemäß ist dem Beklagten Prozesskostenhilfe auch bewilligt worden.
23
Das in der Bedürftigkeit des Beklagten liegende Unvermögen, die Berufung vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe einzulegen, war für die Fristversäumung auch ursächlich. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Hindernis bereits mit der Beauftragung von Rechtsanwältin P.-J. beseitigt war. Für die Annahme, dass sich hierdurch an dem durch Mittellosigkeit begründeten Unvermögen des Beklagten, das Rechtsmittel einzulegen, etwas geändert hatte, bestand kein Anlass. Rechtsanwältin P.-J. hat das Verfahren mit den bis dahin für den Beklagten abgegebenen Erklärungen übernommen, also auch mit derjenigen, vor Bewilligung von Prozesskostenhilfe Berufung nicht einlegen zu können. Solange sich nichts Gegenteiliges ergab, galt dies weiterhin.
24
b) Das Wiedereinsetzungsgesuch ist bezüglich der versäumten Berufungsfrist nach § 234 Abs. 1, 236 ZPO formgerecht angebracht worden; insbesondere ist zugleich Berufung eingelegt worden. Dass der Wiedereinsetzungsantrag sich nicht auch auf die ebenfalls versäumte Berufungsbegründungsfrist erstreckt, ist unschädlich, da dem Beklagten mit Rücksicht auf die zugleich begründete Berufung insoweit Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden kann (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
25
Der Wahrung der Wiedereinsetzungsfrist bedurfte es mit Rücksicht auf die insofern zu gewährende Wiedereinsetzung nicht. Vorsitzende Richterin am Weber-Monecke Fuchs Bundesgerichtshof Dr. Hahne ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Höxter, Entscheidung vom 09.09.2005 - 6 F 143/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.06.2006 - 9 UF 152/05 -

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Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 270/04
vom
9. November 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterinnen
Weber-Monecke und Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Familiensenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. November 2004 wird auf Kosten des Beklagten verworfen. Beschwerdewert: 2.740 €.

Gründe:


I.

1
Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin Trennungsunterhalt zu zahlen. Gegen das ihm zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 30. Juni 2004 zugestellte Urteil hat er mit Schriftsatz vom 12. Juli 2004, beim Oberlandesgericht eingegangen am 14. Juli 2004, Berufung eingelegt. Eine Begründung des Rechtsmittels ist bis zum Ablauf der bis zum 20. September 2004 verlängerten Berufungsbegründungsfrist nicht eingegangen. Am 13. Oktober 2004 hat er - per Telefax - eine Berufungsbegründung eingereicht, in der als Datum der 16. September 2004 angegeben ist. Gleichzeitig hat er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.
2
Zur Begründung dieses Antrags hat er vorgetragen: Die Überwachung von Notfristen sei im Büro seiner Rechtsanwältin so organisiert, dass die zuständige Bürovorsteherin B. mit der Zusendung der eingehenden Post die Rechtsmittelfristen oder andere Fristen vermerke und den Vorgang an die zuständige Büroangestellte weiterleite. Diese Fristen würden ebenfalls im Fristenkalender und zusätzlich im Computer jeweils mit Vorfrist und Fristablauf notiert. Zusätzlich werde eine Eintragung der Frist im Kalender der jeweiligen Handakte vorgenommen. Bei Ablauf der Vorfrist werde die Akte dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mit einem auffälligen Vermerk vorgelegt. Am Morgen des Fristablaufs werde die Sache auf Erledigung überprüft und, wenn sie noch nicht erledigt sei, noch einmal mit einem auffälligen Aufkleber "heute Fristablauf" in der gleichen Weise vorgelegt. Zum Büroschluss werde weiter kontrolliert, ob alle Fristsachen erledigt seien, erst dann werde die Frist gelöscht. Die Eintragung und die Kontrolle der Fristen obliege der Bürovorsteherin B. Im vorliegenden Fall habe sie zwar richtig die Vor- und Hauptfrist notiert, doch versehentlich die Frist vom 20. September 2004 gestrichen, obwohl sie nicht kontrolliert habe, ob die Berufungsbegründungsschrift fristgerecht abgesandt worden sei. Diese sei nach dem Diktat am 16. September 2004 gefertigt und in die normale Post gegeben , jedoch nicht sicherheitshalber per Telefax versandt worden. Die Bürovorsteherin habe nach der Fertigung des Schriftsatzes eine Abschrift in der Akte abgeheftet, das Original zur Post gegeben und den Fristablauf vom 20. September bereits am 16. September gestrichen, obwohl nicht sichergestellt gewesen sei, dass die Berufungsbegründungsschrift auch am 20. September 2004 bei dem Oberlandesgericht eingegangen sei.
3
Zur Glaubhaftmachung des tatsächlichen Ablaufs hat der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung der Bürovorsteherin B. vorgelegt, in der es hinsichtlich der Büroorganisation heißt, der Bürovorsteherin seien die Vorschriften der Kanzlei über die Behandlung von Fristen bekannt.
4
Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

5
Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 2 ZPO in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 der Bestimmung nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.
7
a) Die Voraussetzungen der ersten beiden Alternativen liegen hier nicht vor.
8
b) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich, wenn das Berufungsgericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip ) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung indessen nicht.
9
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig zur Bearbeitung vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden (oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird), wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten , durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 1990 - XII ZB 84/90 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 1 und vom 22. Oktober 1986 - IVb ZB 89/86 - BGHR ZPO § 233 Rechtsmittelbegründung 1; BGH Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 13). Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
10
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, es sei nicht auszuschließen, dass die Fristversäumung auf einer fehlenden wirksamen Ausgangskontrolle hinsichtlich fristwahrender Schriftsätze in der vom Beklagten beauftragten Rechtsanwaltskanzlei beruhe. Das ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
11
Der Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist weder von ihm selbst noch von seinem Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verschuldet worden ist. Dass die Fristen- und insbesondere die Ausgangskontrolle in dem Büro der erst- und zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten in einer den Anforderungen der ständigen Rechtsprechung entsprechenden Weise organisiert waren, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung der Bürovorsteherin B. nicht entnehmen. Denn in dieser werden die diesbezüglichen Vorschriften der Kanz- lei nicht im Einzelnen dargelegt. Damit kann nach den allein glaubhaft gemachten Tatsachen aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumnis verhindert worden wäre, wenn eine wirksame Ausgangskontrolle bestanden hätte.
Hahne Sprick Weber-Monecke Vézina Dose
Vorinstanzen:
AG Herne-Wanne, Entscheidung vom 08.06.2004 - 3 F 404/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.11.2004 - 3 UF 332/04 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 28/00
vom
22. November 2000
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. November 2000 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Sprick,
Weber-Monecke und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 1. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 17. Februar 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Beschwerdewert: bis 1.500 DM.

Gründe:

I.

Durch das am 23. September 1999 zugestellte Urteil des Familiengerichts ist die Abänderungsklage des Klägers teilweise abgewiesen worden. Mit Schriftsatz seiner erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwältin S. , vom 20. Oktober 1999, beim Oberlandesgericht eingegangen am 21. Oktober 1999, hat er die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Durchführung einer Berufung unter Beiordnung von Rechtsanwalt D. beantragt. Dem Antrag war zur Begründung der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ein von Rechtsanwältin S. gefertigter Entwurf einer Berufungsschrift mit Begründung beigefügt. Das Oberlandesgericht hat dem Kläger durch Beschluß vom 3. Januar 2000 Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt D. beigeordnet. Gleichzeitig hat es Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 9. März 2000
anberaumt. Der Beschluß vom 3. Januar 2000 und die Terminsladung sind Rechtsanwalt D. am 12. Januar 2000 zugestellt worden. Am 17. Januar 2000 hat sich RechtsanwaltD. bei dem Oberlandesgericht als Prozeßbevollmächtigter des Klägers bestellt. Mit Schriftsätzen vom 3. Februar 2000, die am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen sind, hat der Kläger durch Rechtsanwalt D. Berufung gegen das Urteil des Familiengerichts eingelegt, diese zugleich begründet und Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist sowie der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO beantragt. Zur Begründung der Wiedereinsetzungsanträge hat der Kläger im wesentlichen ausgeführt: Bei der Bearbeitung der Posteingänge am 12. Januar 2000, die Rechtsanwalt D. , in dessen Büro alle Termine und Fristabläufe anwaltlich angewiesen würden, zusammen mit der Angestellten N. v orgenommen habe, sei in der vorliegenden Sache als Frist zur Wiedervorlage der 17. Januar 2000 verfügt und als Vorausverfügung angeordnet worden, Rechtsanwältin S. von dem Prozeßkostenhilfebeschluß Kenntnis zu geben. Im Zusammenhang mit der Erledigung sei vermutlich von einem Wiedereinsetzungsantrag gesprochen worden. Als die Akte am 17. Januar 2000 wieder in Bearbeitung genommen worden sei, um insbesondere das Schreiben an Rechtsanwältin S. z u fertigen, habe Frau N. geprüft, ob sie noch weiteres ohne anwaltliche Anweisung erledigen könne. Bei dieser Prüfung sei sie irrtümlich zu dem Ergebnis gelangt, daß ein Wiedereinsetzungsantrag nicht erforderlich sei, weil sich in der Akte bereits die vorformulierte Berufungsbegründung befunden habe und Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden sei. In ihrer unrichtigen Auffassung sei sie anläßlich eines Anrufs bei der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts bestätigt worden; die dortige Mitarbeiterin habe lediglich die Bestellung von Rechtsanwalt D. als Prozeßbevollmächtigter für erforderlich gehalten. Deshalb habe Frau N. noch den betreffenden Schrift-
satz vom 17. Januar 2000 angefertigt und die verfügte Frist damit als erledigt angesehen. Die Akte sei nach der Einholung der Unterschrift des Rechtsanwalts D. nicht in der Vorlage belassen, sondern - entsprechend einer generellen Weisung, nach der Akten in jedem Fall nach ca. drei Wochen wieder vorzulegen seien - mit einer Wiedervorlagefrist bis zum 9. Februar 2000 in die Ablage gebracht worden. Das Oberlandesgericht hat die Wiedereinsetzungsanträge zurückgewiesen , weil Rechtsanwalt D. , der es am 12. Januar 2000 unterlassen habe, durch eine eindeutige Anweisung die rechtzeitige Wiedervorlage der Akten zur Fertigung des Wiedereinsetzungsantrags sicherzustellen, ein Verschulden an der Fristversäumnis treffe; die Berufung hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Er vertritt in erster Linie die Auffassung, mangels Zustellung des Prozeßkostenhilfebeschlusses an Rechtsanwältin S. s ei die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nicht in Gang gesetzt worden; die Mitteilung an den durch die Beiordnung noch nicht bevollmächtigten Rechtsanwalt D. habe hierfür nicht genügt.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, daß der Kläger sowohl die Berufungsfrist (§ 516 ZPO) als auch die zweiwöchige Frist für die Anbringung des Wiedereinsetzungsgesuchs (§ 234 Abs. 1 ZPO) versäumt hat. Die letztere Frist begann mit dem Tag, an dem das der Berufungseinlegung entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis lag in der Mittellosigkeit des Klägers. Es entfiel mit der Bekanntgabe des Be-
schlusses über die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe an den Kläger oder seinen Prozeßbevollmächtigten (BGH, Beschluß vom 31. Januar 1978 - VI ZB 7/77 - NJW 1978, 1920 m.N.), nicht dagegen mit der Bekanntgabe an den im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung nach § 121 Abs. 1 ZPO beigeordneten Anwalt, wenn dieser noch nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt war (BGHZ 30, 226, 228 f.). Wann Rechtsanwalt D. v on dem Kläger bzw. seiner gesetzlichen Vertreterin Prozeßvollmacht erhalten hat, ist nicht vorgetragen worden. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, daß der Anwalt bei der Zustellung des Beschlusses vom 3. Januar 2000 bereits Prozeßbevollmächtigter des Klägers war. In diesem Fall hätte die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO mit dem Ablauf des 12. Januar 2000 begonnen und am 26. Januar 2000 geendet. Wenn Rechtsanwalt D. , wie die sofortige Beschwerde geltend macht, am 12. Januar 2000 noch nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt war, wäre die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist indessen ebenfalls nicht gewahrt worden. Mangels entgegenstehender Angaben müßte dann davon ausgegangen werden, daß Rechtsanwalt D. jedenfalls am 17. Januar 2000, als er sich beim Oberlandesgericht als Prozeßbevollmächtigter des Klägers bestellt hat, Prozeßvollmacht erteilt worden war. Deshalb wäre dem Kläger spätestens an diesem Tag der Beschluß über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zu Händen seines zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten zugegangen. Da letzterer bereits am 12. Januar 2000 in den Besitz des Beschlusses gelangt war, wäre der Mangel des Zugangs vom Zeitpunkt der Bevollmächtigung an als behoben anzusehen, da Rechtsanwalt D. den betreffenden Beschluß auch weiterhin in Besitz hatte. Die dann am 17. Januar 2000 in Gang gesetzte Frist hätte mithin am 31. Januar 2000 geendet und wäre
durch den am 3. Februar 2000 eingegangenen Wiedereinsetzungsantrag nicht gewahrt worden. Ob in der Benennung von RechtsanwaltD. im Prozeßkostenhilfegesuch mit der Bitte um dessen Beiordnung bereits eine schlüssige Vollmachtserteilung zu sehen ist (so Zöller/Vollkommer ZPO 21. Aufl. § 80 Rdn. 5; Musielak/Weth ZPO 2. Aufl. § 80 Rdn. 9), bedarf deshalb keiner Entscheidung. 2. Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist könnte nur gewährt werden, wenn vorgetragen und glaubhaft gemacht worden wäre, daß der Kläger ohne eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
a) Das hat das Berufungsgericht - für den Fall, daß Rechtsanwalt D. am 12. Januar 2000 bereits Prozeßbevollmächtigter des Klägers war - zu Recht verneint. Rechtsanwalt D. hätte es dann oblegen, bei Zustellung des Beschlusses vom 3. Januar 2000 eine Fristenprüfung vorzunehmen, weil die Möglichkeit bestand, daß die Berufung - wegen der Mittellosigkeit des Klägers - entweder noch nicht eingelegt oder noch nicht begründet worden war und sich die Notwendigkeit ergeben konnte, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Deshalb war er zu besonderer organisatorischer und persönlicher anwaltlicher Sorgfalt verpflichtet (Senatsbeschluß vom 2. Juni 1999 - XII ZB 63/99 - FamRZ 1999, 1498, 1499). Diese besondere Sorgfaltspflicht hätte es erfordert, eigenverantwortlich zu prüfen, ob noch eine Frist zu wahren war, und gegebenenfalls sicherzustellen, daß deren Ende - mit Vorfrist - in dem Fristenkalender und den Handakten eingetragen wurde (Senatsbeschluß vom 3. Juli 1991 - XII ZB 39/91 - FamRZ 1992, 168, 169). An den danach gebotenen Maßnahmen hat Rechtsanwalt D. es fehlen lassen, als er lediglich eine Wiedervorlagefrist zum 17. Januar 2000
verfügte. Diese Verfahrensweise birgt erhebliche Gefahren für die Behandlung von Fristsachen, denn sie läßt die Möglichkeit offen, daß eine Akte - wie der vorliegende Fall zeigt - im weiteren Verlauf nicht mehr als Fristsache erkannt wird. Da der Ablauf der Frist nicht in dem Fristenkalender eingetragen ist, fehlt es an der unumgänglich notwendigen Möglichkeit der Fristenkontrolle, anhand deren aufgetretene Versäumnisse bemerkt und rechtzeitig behoben werden könnten (Senatsbeschluß vom 3. Juli 1991 aaO).
b) Aber auch dann, wenn Rechtsanwalt D. am 12. Januar 2000 noch nicht Prozeßbevollmächtigter des Klägers war und letzterem das vorgenannte schuldhafte Verhalten des Anwalts deshalb nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Rechtsanwalt D. hat nämlich auch am 17. Januar 2000, als er jedenfalls zum Prozeßbevollmächtigten des Klägers bestellt war, der anwaltlichen Sorgfaltspflicht zuwider gehandelt. Da er - im Fall der Beauftragung nach dem 12. Januar 2000 - am 17. Januar 2000 ein neues Mandat übernommen hätte, mithin erstmals als Prozeßbevollmächtigter mit dem Rechtsstreit in Berührung gekommen wäre, hätte es zu den originären anwaltlichen Pflichten gehört , die Handakten unverzüglich selbst auf laufende Fristen zu überprüfen, um gegebenenfalls sofort reagieren zu können (BGH, Urteil vom 10. November 1998 - VI ZR 243/97 - NJW 1999, 1187, 1192; Müller NJW 2000, 322, 323; MünchKomm/Feiber ZPO § 233 Rdn. 62; Stein/Jonas/Roth ZPO 21. Aufl. § 233 Rdn. 68 - S. 1316 -). Das gilt unabhängig davon, ob ihm bei der Vorlage des Bestellungsschriftsatzes vom 17. Januar 2000 zur Unterzeichnung auch die Handakten vorlagen (BGH, Beschluß vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 16). Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, hätte er sich diese vorlegen lassen und prüfen müssen, ob eine Frist lief. Bejahendenfalls hätte er kontrollieren müssen, ob die Eintragung der Frist im Fri-
stenkalender in den Handakten vermerkt war (BGH, Beschluß vom 14. Oktober 1987 - VIII ZB 16/87 - VersR 1988, 414). Zu einer anderen Handhabung durfte Rechtsanwalt D. auch der Umstand, daß ihm am 12. Januar 2000 bereits der Prozeßkostenhilfebeschluß zugestellt worden war, nicht veranlassen. Denn auf eine früher erfolgte Fristenprüfung durfte er angesichts des Umstandes, daß es in seinem Büro ersichtlich nicht unüblich ist, zunächst nur vorläufige Fristen einzutragen, nicht vertrauen. Hätte Rechtsanwalt D. am 17. Januar 2000 die Handakten überprüft, so hätte ihm - trotz der bereits erfolgten Terminierung - der Lauf der Wiedereinsetzungsfrist sowie der Umstand auffallen müssen, daß diese nicht im Fristenkalender eingetragen war. Er hätte alsdann für den rechtzeitigen Eingang des Wiedereinsetzungsantrags bei Gericht Sorge tragen können.

c) Die dargelegten Sorgfaltspflichtverletzungen stehen der Gewährung von Wiedereinsetzung entgegen, so daß es insoweit nicht darauf ankommt, ob RechtsanwaltD. bereits am 12. Januar 2000 oder erst in der Zeit bis zum 17. Januar 2000 vom Kläger bevollmächtigt worden ist. Das jeweilige Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten muß der Kläger sich jedenfalls zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Blumenröhr Krohn Sprick Weber-Monecke Wagenitz

(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.

(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtvertrags erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts rechtliche Wirksamkeit.

(2) Der Bevollmächtigte wird durch die von seiner Seite erfolgte Kündigung nicht gehindert, für den Vollmachtgeber so lange zu handeln, bis dieser für Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 125/05
vom
26. Oktober 2005
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
1. Der Klägerin wird als Beschwerdeführerin für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Prof. Dr. Nirk beigeordnet. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Mai 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird gegen die Versäumung der Berufung sfrist und der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Beschwerdewert: 3.682 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um Kindesunterhalt, den die Klägerin für die seit der Trennung bei ihr lebenden gemeinsamen Kinder in Prozessstandschaft für diese geltend macht.
2
Das Amtsgericht hat die Klage wegen krankheitsbedingt fehlender Leistungsfähigkeit des Beklagten abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 24. Januar 2005 zugestellt worden. Mit Antrag vom 24. Februar 2005 hat sie Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens begehrt. Dem Antrag war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nebst Anlagen beigefügt. Mit Beschluss vom 4. April 2005, der Klägerin zugestellt am 11. April 2005, hat das Berufungsgericht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt. Am 22. April 2005 hat die Klägerin Berufung eingelegt, diese zugleich begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Außerdem hat sie Gegenvorstellung gegen den Beschluss vom 4. April 2005 erhoben. Das Berufungsgericht hat die Gegenvorstellung mit Beschluss vom 26. April 2005 zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 30. Mai 2005 hat es den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung auf Kosten der Klägerin verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist.
4
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
5
Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht bei der Versagung der begehrten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen ist und deswegen ein Fall der Divergenz vorliegt. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZR 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumten Fristen zur Einlegung und Begründung der Berufung.
7
a) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zu gewähren, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingebracht hat und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387 m.w.N. und vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - zur Veröffentlichung bestimmt). Das ist hier der Fall.
8
Im Ansatz geht das Berufungsgericht allerdings zutreffend von einer Obliegenheit der Klägerin zur Vorlage der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus. Für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deshalb grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig (vor Ablauf der Rechtsmittelfrist) einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck zu den Akten gereicht hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548; BGH Beschlüsse vom 26. September 2002 - I ZB 20/02 - FamRZ 2003, 89 und vom 10. November 1998 - VI ZB 21/98 - VersR 1999, 1123). Einen solchen Vordruck hatte die Klägerin, bezogen auf ihre eigenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, vor Ablauf der Berufungsfrist eingereicht und ihm zum Beleg auch die erforderlichen Anlagen beigefügt (vgl. Senatsbeschluss vom 31. August 2005 aaO).
9
b) Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts musste die Klägerin mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe nicht zugleich Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der minderjährigen Kinder einreichen. Der Senat hat inzwischen entschieden, dass im Rahmen einer nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB im Wege der gesetzlichen Prozessstandschaft erhobenen Klage auf Kindesunterhalt für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des klagenden Elternteils und nicht auf diejenigen der betroffenen Kinder abzustellen ist (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 242/03 - FamRZ 2005, 1164, 1166 f.). Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kinder kam es mithin für die Beurteilung der Prozesskostenarmut nach § 115 ZPO nicht an. Deswegen konnte die Klägerin nach Vorlage der Erklärung über ihre eigenen Einkom- mens- und Vermögensverhältnisse mit entsprechenden Nachweisen davon ausgehen, dass ihr die beantragte Prozesskostenhilfe bewilligt würde.
10
Die Klägerin war somit schuldlos gehindert, Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil einzulegen und diese zu begründen. Diese Verhinderung ist erst nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist entfallen (Senatsbeschluss vom 26. Mai 1993 - XII ZB 70/93 - FamRZ 1993, 1428 f.; BGH Beschluss vom 10. November 1998 aaO m.w.N.), die mit Zustellung des Beschlusses vom 4. April 2005 am 11. April 2005 begann. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Berufung hat die Klägerin mit ihrem am 22. April 2005 eingegangenen Schriftsatz deswegen gewahrt. Eine Wiedereinsetzung in die Begründungsfrist ist hier nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch ohne Antrag möglich, weil die Klägerin innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist mit der Berufungsbegründung auch diese versäumte Handlung nachgeholt hat.
11
c) Die Verwerfung der Berufung als unzulässig steht der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Versäumung der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist nicht entgegen, weil dem Beschluss des Berufungsgerichts mit der Bewilligung der Wiedereinsetzung insoweit die Grundlage entzogen und er damit gegenstandslos geworden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 aaO 792 m.w.N.).
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose
Vorinstanzen:
AG Fürstenwalde, Entscheidung vom 19.01.2005 - 10 F 342/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.05.2005 - 10 UF 40/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 116/05
vom
31. August 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Berufungsverfahrens
sind innerhalb der Berufungsfrist neben der Erklärung über die persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse auch entsprechende Belege
beizufügen.

b) Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des
Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt hat, ist Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand nur zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit
der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen nicht hinreichend nachgewiesener
Bedürftigkeit rechnen musste.

c) Hat eine Partei die Berufungsfrist versäumt, weil sie nach ihren persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung
nicht oder nur teilweise aufbringen kann, ist die Fristversäumung auch dann
unverschuldet, wenn der vollständige Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist, sondern bis zum Ablauf der
Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO eingegangen ist, und die Fristversäumung
nicht auf einem Verschulden beruht.
BGH, Beschluss vom 31. August 2005 - XII ZB 116/05 - OLG Naumburg
AG Halle-Saalkreis
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. August 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
1. Den Klägern wird gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. 2. Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 23. März 2005 aufgehoben, soweit ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert worden ist. Den Klägern wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts HalleSaalkreis vom 18. Januar 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Beklagt e zu tragen.
Wert: 4.323 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs über Kindesunterhalt. Die Kläger sind die ehelichen Kinder des Beklagten aus dessen Ehe mit ihrer Mutter. Die Ehe wurde mit Urteil des Familiengerichts Halle-Saalkreis vom 28. Januar 1998 geschieden. Zuvor hatten die Eltern im Scheidungsverbundverfahren einen gerichtlichen Vergleich u.a. über den Kindesunterhalt geschlossen. Mit ihrer am 12. Februar 2004 beim Familiengericht eingegangenen Abänderungsklage begehren die Kläger eine Abänderung des geschuldeten Kindesunterhalts auf die Regelbeträge (Ost). Der Beklagte hat mit seiner Widerklage eine Herabsetzung des Kindesunterhalts beantragt. Das Amtsgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen, weil von den Parteien keine wesentlichen Veränderungen der maßgebenden Verhältnisse dargelegt seien. Das Urteil ist den Klägern am 27. Januar 2005 zugestellt worden. Mit einem am 28. Februar 2005 (Montag) per Fax eingegangenen Antrag haben die Kläger Prozesskostenhilfe für eine Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil begehrt. Dem Antrag lagen Erklärungen beider Kläger sowie ihrer Mutter über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie eine vollständige und unterzeichnete Berufungsbegründung bei. Weitere Belege waren dem Antrag nicht beigefügt; sie gingen erst mit dem Original des Antrags am 1. März 2005 (Dienstag) ein. Auf einen Hinweis des Gerichts vom 2. März 2005, der bei den Klägern am 7. März 2005 einging, wonach das Prozesskostenhilfegesuch nicht vollständig innerhalb der Berufungsfrist eingegangen sei, haben
die Kläger am 17. März 2005 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, dass der zuverlässigen Rechtsanwaltsgehilfin W. ihres Prozessbevollmächtigten im Rahmen der allgemeinen Kanzleiorganisation sowie durch weitere konkrete Anweisung aufgegeben worden sei, dem per Fax zu übersendenden Prozesskostenhilfeantrag außer den Vordrucken über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auch die weiteren Belege beizufügen. Von der sonst stets zuverlässigen Rechtsanwaltsgehilfin sei außerdem eine abschließende Ausgangskontrolle anhand des Fristenkalenders durchzuführen, die sich auch auf die Vollständigkeit der abgegangenen Schriftsätze erstrecke. Eine solche Ausgangskontrolle habe die Rechtsanwaltsgehilfin auch durchgeführt. Allerdings habe sie sowohl bei der Versendung des Telefax als auch bei der späteren Fristenkontrolle übersehen, dass die dem Original bereits beigefügten Anlagen nicht auch per Fax versandt worden seien. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom 23. März 2005 die beantragte Wiedereinsetzung abgelehnt und den Klägern deswegen auch Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren versagt. Der Beschluss wurde den Klägern am 29. März 2005 zugestellt. Mit Schriftsätzen vom gleichen Tag haben die Kläger erneut Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt sowie unbedingt Berufung eingelegt und diese mit weiterem am 29. März 2005 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen Schriftsatz erneut begründet. Mit ihrer Rechtsbeschwerde wenden sich die Kläger gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil das Berufungsgericht die von den Klägern für eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist vorgetragenen Gründe mit unzutreffenden Erwägungen übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Nach gefestigter Rechtsprechung dient das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in besonderer Weise dazu, den Rechtsschutz und das rechtliche Gehör zu garantieren. Daher gebieten es die Verfahrensgrundrechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), den Zugang zu den Gerichten und den in den Verfahrensordnungen vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BGHZ 151, 221, 227 m.w.N.; Senatsbeschluss vom 9. Februar 2005 - XII ZB 225/04 - FamRZ 2005, 791, 792). Gegen diesen Grundsatz verstößt die angefochtene Entscheidung. 2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Wiedereinsetzung in die schuldlos versäumte Berufungsfrist.
a) Die Kläger haben die Berufung nicht bereits rechtzeitig innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO eingelegt. Zwar haben sie am letzten Tag der Berufungsfrist gemeinsam mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine mit vollem Rubrum versehene und unterschriebene Berufungsbegründung eingereicht; im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Rechtsbeschwerde ist dieser Schriftsatz aber nicht zugleich als Berufungsschrift aufzufassen.
Nach der Rechtsprechung des Senats wahrt ein innerhalb der Berufungs - oder der Berufungsbegründungsfrist eingegangener Schriftsatz die erforderlichen Förmlichkeiten, auch wenn er zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden wurde. Zwar muss der Rechtsmittelführer in solchen Fällen alles vermeiden, was den Eindruck erweckt, er wolle eine (künftige) Prozesshandlung nur ankündigen und sie von der Gewährung der Prozesskostenhilfe abhängig machen. Wenn aber die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt sind und der entsprechende Schriftsatz auch unterschrieben wurde, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2004 - XII ZB 25/04 - FamRZ 2004, 1553, 1554 und vom 22. Juni 2005 - XII ZB 34/04 - zur Veröffentlichung bestimmt). Das ist hier hinsichtlich der Einlegung der Berufung indes der Fall. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2005 haben die Kläger Prozesskostenhilfe für "das beabsichtigte Berufungsverfahren" begehrt. Sie haben damit deutlich gemacht, dass die Einlegung der Berufung von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe abhängig sein sollte. Die vollständige Berufungsbegründung haben die Kläger lediglich beigefügt, um die Erfolgsaussicht des Antrags auf Prozesskostenhilfe zu belegen. An einer Berufung fehlt es auch deswegen, weil sich aus dem Schriftsatz, der zwar die Förmlichkeiten des § 519 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfüllt, nicht die Erklärung ergibt, dass gegen das amtsgerichtliche Urteil schon Berufung eingelegt werden sollte (§ 519 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist einer Partei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zu gewähren, wenn sie innerhalb der Rechtsmittelfrist ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch einge-
bracht hat und vernünftigerweise nicht damit rechnen musste, dass ihr Antrag wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt werde (Senatsbeschluss vom 23. Februar 2000 - XII ZB 221/99 - NJW-RR 2000, 1387 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Allerdings geht das Berufungsgericht zu Recht von einer Obliegenheit der Kläger zur Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aus. Für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedr. bei Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 117 Rdn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deshalb grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargetan zu haben, wenn er rechtzeitig (vor Ablauf der Rechtsmittelfrist) einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck zu den Akten gereicht hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZA 11/03 - FamRZ 2004, 1548; BGH, Beschlüsse vom 26. September 2002 - I ZB 20/02 - FamRZ 2003, 89 und vom 10. November 1998 - VI ZB 21/98 - VersR 1999, 1123). Einen solchen Vordruck hatten sowohl die minderjährigen Kläger (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der VO vom 17. Oktober 1994) als auch die sorgeberechtigte Mutter rechtzeitig eingereicht. Auf der Grundlage der am letzten Tag der Berufungsfrist per Fax eingegangenen Unterlagen konnten die Kläger gleichwohl nicht mit einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechnen, weil die Erklärung ihrer Mutter über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unvollständig war. Denn auch die sorgeberechtigte Mutter ist den Klägern prozesskostenvorschusspflichtig und ein geschuldeter Vorschuss bildet einsetzbares Vermögen der Kinder im Sinne des § 115 ZPO (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA
6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634 f.). Deswegen waren auch die Einkommensund Vermögensverhältnisse der Mutter vollständig zu belegen, was nach § 117 Abs. 2 ZPO auch die Vorlage entsprechender Belege innerhalb der Berufungsfrist einschließt (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2003 - IX ZA 8/03 - FamRZ 2004, 99 f.). Das war hier schon deswegen erforderlich, weil sich aus der Erklärung der Mutter zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht ergab, ob ihr Bankguthaben das sogenannte Schonvermögen überstieg.
c) Den Klägern ist aber trotz der verspätet eingegangenen Anlagen zum Antrag auf Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist zu bewilligen , weil sie diese Frist schuldlos versäumt und die Wiedereinsetzung fristund formgerecht beantragt haben (§§ 234, 236 ZPO). Sie konnten deswegen gleichwohl - wie schon in erster Instanz - mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechnen. Denn selbst wenn ein vollständiger Prozesskostenhilfeantrag nicht innerhalb der Berufungsfrist eingegangen ist, bleibt es bei einer unverschuldeten Versäumung der Berufungsfrist, sofern auch der verspätete Eingang des Prozesskostenhilfeantrags unverschuldet ist und innerhalb der Frist des § 234 ZPO nachgeholt wird (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01 - NJW 2002, 2180 f.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Als die Kläger mit Zugang des gerichtlichen Hinweises vom 2. März 2005 davon Kenntnis erlangten, dass dem am letzten Tag der Berufungsfrist per Telefax eingegangenen Antrag auf Prozesskostenhilfe zwar die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht aber die weiteren Anlagen beigefügt waren, waren diese bereits mit dem Originalantrag beim Berufungsgericht eingegangen. Der verspätete Eingang des vollständigen Prozesskostenhilfeantrags ist auch nicht auf ein Verschulden der Kläger zurückzuführen. Denn entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts trifft sie weder ein
eigenes noch ein ihnen nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Anwaltsverschulden. Ein zurechenbares Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Kläger scheidet aus. Der vollständige Antrag auf Prozesskostenhilfe nebst Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechenden Anlagen lag nach dem Inhalt seiner eidesstattlichen Versicherung schon am 28. Februar 2005 unterzeichnet vor; auch die sofortige Übersendung an das Berufungsgericht hatte er konkret angeordnet. Dafür spricht auch, dass der vollständige Antrag im Original schon am Folgetag bei Gericht eingegangen ist. Den Prozessbevollmächtigten der Kläger trifft auch kein Organisationsverschulden , weil er den rechtzeitigen Zugang des Schriftsatzes nebst allen Anlagen beim Berufungsgericht durch seine allgemeine Büroorganisation und eine weitere konkrete Einzelanweisung hinreichend sichergestellt hatte. Auch die Ausgangskontrolle hat er entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs so organisiert, dass anhand des Einzelnachweises eine unvollständige Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auffallen musste (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Juli 2004 - XII ZB 27/03 - FamRZ 2004, 1549, 1550). Wenn die Rechtsanwaltsfachangestellte des Prozessbevollmächtigten gleichwohl sowohl bei der Übersendung als auch bei der Fristenkontrolle fehlerhaft handelte, was nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen zuvor noch nicht geschehen und deswegen auch nicht zu erwarten war, kann das kein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten begründen. Die Kläger konnten deswegen trotz des ursprünglich unvollständigen Antrags mit der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe rechnen, was als unverschuldete Fristversäumung eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist ermöglicht.
d) Die Kläger haben die Wiedereinsetzung innerhalb der 14-tägigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO seit Versagung der Prozesskostenhilfe beantragt
und mit der Berufung die versäumten Handlungen gleichzeitig nachgeholt (zum Fristbeginn nach Ablehnung der beantragten Prozesskostenhilfe vgl. Senatsbeschluss vom 26. Mai 1993 - XII ZB 70/93 - FamRZ 1993, 1428 f.). Hinsichtlich der Berufungsbegründung bedarf es einer Wiedereinsetzung nicht, weil diese rechtzeitig am 29. März 2005 und somit innerhalb der Begründungsfrist bei Gericht eingegangen ist.

III.

Der Senat weist darauf hin, dass der Beschluss des Berufungsgerichts, soweit Prozesskostenhilfe versagt wurde, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich formelle, aber keine materielle Rechtskraft erlangt (BGH, Beschluss vom 3. März 2004 - IV ZB 43/03 - FamRZ 2004, 940, 941; Senatsbeschluss vom 10. März 2005 - XII ZB 19/04 - FamRZ 2005, 788). Durch den Beschluss sind die Kläger deswegen nicht gehindert, erneut Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zu beantragen, zumal der frühere Antrag
lediglich mit Hinweis auf die versagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt worden ist.
Hahne Weber-Monecke Fuchs Vézina Dose

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.