Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2018 - VIII ZR 156/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Oktober 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Bünger, Kosziol und Dr. Schmidt
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagte war ein rechtlich selbständiges Unternehmen der sogenannten mk-Unternehmensgruppe, das unter der Marke "C. -E. " verschiedene , unter anderem von ihr als "Versorgung mit Nutzenergie (Licht, Kraft, Wärme und Kälte)" bezeichnete Leistungen im Energiebereich anbot.
- 2
- Die Klägerin, eine von vier in Deutschland tätigen Übertragungsnetzbetreiberinnen , hat die Beklagte auf Abschlagszahlungen hinsichtlich der sogenannten EEG-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz für die Monate Januar 2012 bis Juli 2014 in Anspruch genommen.
- 3
- Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass sie nicht zur Zahlung der EEG-Umlage herangezogen werden könne, weil sie an ihre Kunden keinen Strom, sondern lediglich "Nutzenergie" liefere. Die "UPG GmbH & Co. KG" (im Folgenden: UPG), welche Strom bis zum Anschlusspunkt und Zähler liefere, stelle der "mk- GmbH & Co. KG" (im Folgenden : mk- ) - beides Unternehmen der mk-Unternehmensgruppe - Primärenergie in Form von Strom zur Verfügung. Diese wandele den Strom in Nutzenergie um, welche die Beklagte dann weiterliefere.
- 4
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen.
- 5
- Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag zunächst weiter. Nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten durch Beschluss des AG Chemnitz vom 26. September 2017 (10 IN 97/17) mangels Masse abgelehnt worden war, haben die Parteien auf entsprechenden Hinweis des Senats zur - unter Beachtung der Besonderheiten des vorliegenden Falles - entfallenen Parteifähigkeit der Beklagten den Rechtsstreit in der Hauptsache, unter Stellung wechselseitiger Kostenanträge, übereinstimmend für erledigt erklärt.
- 6
- Das Verfahren gegen die UPG, welche die Klägerin - in den Instanzen bisher ohne Erfolg - ebenfalls auf die Zahlung der EEG-Umlage in Anspruch nimmt, ist nach § 145 ZPO durch Beschluss des Senates vom 23. Oktober 2018 abgetrennt worden.
II.
- 7
- Gemäß § 91a Abs. 1 ZPO ist über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Da die Beklagte voraussichtlich unterlegen wäre, sind ihr die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen. Demgemäß verbleibt es im Verhältnis der Parteien bei den Kostenentscheidungen des Land- und Oberlandesgerichts.
- 8
- 1. Die Erledigungserklärungen sind wirksam. Eine Erledigung der Hauptsache kann noch im Revisionsverfahren erklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2011 - IX ZR 244/09, NJW-RR 2012, 688 Rn. 6) und ihr kann vorliegend auch seitens der nicht mehr parteifähigen Beklagten zugestimmt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1981 - VI ZR 21/80, NJW 1982, 238 unter A II 2).
- 9
- 2. Die Revision der Beklagten wäre voraussichtlich erfolglos gewesen. Die angegriffene Entscheidung beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 545 Abs. 1, § 546 ZPO).
- 10
- a) Der Klägerin stand nach der vorliegend anzustellenden summarischen Prüfung (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2004 - VIII ZR 327/03, WuM 2004, 725 unter II; vom 28. Oktober 2008 - VIII ZB 28/08, NJWRR 2009, 422 Rn. 5; vom 20. Juni 2012 - XII ZR 131/10, juris Rn. 1) ein Anspruch auf Zahlung der EEG-Umlage nach § 37 Abs. 2 EEG 2012 zu.
- 11
- Die auf einer sorgfältigen Würdigung aller vorgetragenen Umstände beruhende Beurteilung des Berufungsgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt, dass es sich bei den von der Beklagten mit ihren Kunden abgeschlossenen Verträgen nicht um Energiedienstleistungsverträge (etwa im Sinne eines Contracting) handele, sondern um die Lieferung von Strom an Letztverbraucher , für die eine EEG-Umlage anfalle, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere hat das Berufungsgericht bei dieser Beurteilung zu Recht nicht allein auf den Wortlaut der vertraglichen Bestimmungen zwischen der Beklagten und ihren Kunden abgestellt, sondern zutreffend das Gesamtbild der übernommenen Leistungen berücksichtigt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni2016 - EnVZ 30/15, juris Rn. 29). Insoweit hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise (unter anderem) darauf abgestellt, dass weder eine Erfassung noch eine Abrechnung des Umwandlungsprodukts "Nutzenergie" stattgefunden habe und nicht ersichtlich sei, welche "Umwandlungsleistung" die mk- vorgenommen und durch welche Tätigkeit sie den ihr gelieferten Strom in "Nutzenergie" umgewandelt habe. Die hierauf gestützte Würdigung des Berufungsgerichts, dass die von der Beklagten herangezogenen und nicht zu den tatsächlichen Umständen passenden Vereinbarungen eine in Wahrheit nicht stattfindende Umwandlung in Nutzenergie lediglich vortäuschen sollten, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern. Auch das Vorbringen der Beklagten bezüglich des bezogenen "Auslandsstroms" befreit sie bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der seitens der Klägerin begehrten EEG-Umlage (vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 2011 - VIII ZR 308/09, WM 2011, 1901 Rn. 24 ff.).
- 13
- b) Da eine Entscheidung über die Hauptsache angesichts der übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht mehr zu treffen ist, kommt eine Vorlage weder an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV (vgl. EuGH, Urteile vom 12. März 1998 - C-314/96, juris - Leitsatz; vom 15. Juni 1995 - C-422/93, juris Rn. 30), noch - mit Blick auf die Verfassungsmäßigkeit des § 37 Abs. 2 EEG 2009/2012 - eine solche nach Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht (vgl. BeckOK Grundgesetz/Morgenthaler, Stand: 15. August 2018, Art. 100 Rn. 21; für die Verfassungsbeschwerde vgl. BVerfG, WM 2016, 51 unter III 2 a) in Betracht. Die im Rahmen des § 91a Abs. 1 ZPO vorzunehmende Prüfung der Erfolgsaussichten führt zu dem Ergebnis, dass auch die in diesem Zusammenhang von der Beklagten vorgetragenen Gesichtspunkte aus den vom Berufungsgericht im Einzelnen dargelegten Gründen der Forderung der Klägerin voraussichtlich nicht entgegengestanden hätten. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Bünger Kosziol Dr. Schmidt
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.11.2015 - 304 O 20/15 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.07.2016 - 9 U 156/15 -
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Annotations
(1) Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen.
(2) Das Gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht in rechtlichem Zusammenhang steht.
(3) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, die mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, so kann das Gericht anordnen, dass über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 302 sind anzuwenden.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt.
(2) Ist in einem Rechtsstreite zweifelhaft, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bundesrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt (Artikel 25), so hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(3) Will das Verfassungsgericht eines Landes bei der Auslegung des Grundgesetzes von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes oder des Verfassungsgerichtes eines anderen Landes abweichen, so hat das Verfassungsgericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.