Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2008 - VIII ZB 60/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Beklagten sind Eigentümer eines Wohnhauses, in dem die Kläger von der Voreigentümerin eine Wohnung gemietet haben. In dem Gebäude befindet sich im Dachgeschoß unter anderem eine Bodenkammer, die von allen Mietern entsprechend mietvertraglicher Regelung als Trockenboden benutzt wurde. Durch das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 20. März 2006 - 24 C 80/05 - sind die Beklagten verurteilt worden, den Klägern den Mitbesitz an dieser Bodenkammer wieder einzuräumen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der im vorliegenden Verfahren erhobenen Widerklage und begehren, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil insoweit für unzulässig zu erklären. Das Amtsgericht hat die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den "Wert" des Berufungsverfahrens mit Beschluss vom 11. Juni 2007 entsprechend der hypothetischen Jahresmiete (12 x 20 €) auf 240 € festgesetzt und durch Beschluss vom 25. Juni 2007 die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen, weil das Amtsgericht die Berufung nicht zugelassen habe und der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Für den Beschwerdewert sei nicht die 3,5-fache Jahresmiete maßgeblich , weil nicht § 8 ZPO für die Vollstreckungsabwehrklage gelte, sondern § 3 ZPO.
- 2
- Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.
II.
- 3
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
- 4
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und form- und fristgerecht gemäß § 575 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch zulässig , weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
- 5
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Der Wert des Beschwerdegegenstands der Berufung der Beklagten übersteigt 600 €.
- 7
- Der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage bemisst sich grundsätzlich nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung, mithin nach dem Wert des zu vollstreckenden Anspruchs (BGH, Beschluss vom 9. Februar 2006 - IX ZB 310/04, NJW-RR 2006, 1146 f.).
- 8
- Bei der Abwehr eines mietvertraglich begründeten Anspruchs auf Einräumung des Mitbesitzes an einem Trockenboden ist der Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 8 ZPO zu bemessen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. November 2005 - VIII ZB 34/05, WuM 2006, 45 f.) und nicht, wie es die Rechtsbeschwerde für richtig hält, nach § 6 ZPO zu bestimmen. § 8 ZPO findet hier Anwendung, weil streitig ist, ob das durch den Mietvertrag der Parteien begründete Mitbenutzungsrecht der Kläger an dem Trockenboden, dessen Wiedereinräumung die Beklagten durch die Vollstreckungsgegenklage abwehren wollen, fortbesteht. Für den Anwendungsbereich des § 8 ZPO ist der rechtliche Gesichtspunkt, aus dem die Fortdauer eines Nutzungsrechts an einem vermieteten Raum streitig ist, nicht von Bedeutung (Senatsbeschluss, aaO).
- 9
- Lässt sich, wie hier, die streitige Zeit im Sinne von § 8 ZPO nicht ermitteln , ist § 9 ZPO für die Berechnung der Beschwer entsprechend anwendbar (Senatsbeschluss vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06, WuM 2007, 283 m.w.N.). Gemäß § 9 ZPO bemisst sich die Beschwer der Beklagten hier deshalb nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der auf den Trockenboden anteilig entfallenden Miete. Diese ist nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 240 € anzusetzen.
- 10
- Der Wert des mit der Berufung der Beklagten geltend gemachten Beschwerdegegenstands beträgt daher 840 € (3,5 x 240 €) und erreicht die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Berufungssumme von mehr als 600 €.
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 06.11.2006 - 24 C 189/06 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 25.06.2007 - 1 S 2/07 -
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und - 2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.
(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge), - 2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2, - 3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar - a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt; - b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.
(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.
(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.
(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.
(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert wird bestimmt: durch den Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und durch den Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt. Hat der Gegenstand des Pfandrechts einen geringeren Wert, so ist dieser maßgebend.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.
(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn
- 1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder - 2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.
(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.
(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.