Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15
Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.
Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 12/15
vom
24. März 2015
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2015 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter
Dr. Achilles, Dr. Schneider und Kosziol
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss der Zivilkammer 65 des Landgerichts Berlin vom 29. Dezember 2014 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen. Der Antrag auf Bestellung eines Notanwalts wird zurückgewiesen. (Gebühren-)Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 3.615,48 €.
Gründe:
- 1
- Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die mit der Revision geltend zu machende Beschwer von über 20.000 € nicht erreicht ist (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Die (Rechtsmittel-)Beschwer der Klägerin, die sich gegen die Versagung der Räumung ihrer Wohnung wendet, beträgt angesichts der vereinbarten Miete von monatlich 301,29 € (nur) 12.654,18 € (42 x 301,29 €).
- 2
- Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt sich der Wert der Beschwer in einer Streitigkeit über die Räumung von Wohnraum gemäß §§ 8, 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahreswert der Nettomiete, wenn es sich um ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit handelt und sich deshalb die "streitige" Zeit nicht bestimmen lässt (Senatsbeschlüsse vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06, NZM 2007, 355 Rn. 2 mwN; vom 12. März 2008 - VIII ZB 60/07, WuM 2008, 296 Rn. 9; sowie vom 22. Januar 2013 - VIII ZR 104/12, NZM 2013, 265 Rn. 8). Dies ist hier - wie die Klägerin selbst einräumt - der Fall. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde meint, die Revision sei dennoch "aus rechtsstaatlichen Gründen" zuzulassen, findet dies im Gesetz keine Stütze.
- 3
- Die Beiordnung eines Notanwalts ist schon mangels Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen. Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider Kosziol
AG Berlin-Neukölln, Entscheidung vom 17.10.2014 - 16 C 119/13 -
LG Berlin, Entscheidung vom 29.12.2014 - 65 S 488/14 -
ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15
Referenzen - Gesetze
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15 zitiert 2 §§.
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenBundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 24. März 2015 - VIII ZR 12/15.
Ist das Bestehen oder die Dauer eines Pacht- oder Mietverhältnisses streitig, so ist der Betrag der auf die gesamte streitige Zeit entfallenden Pacht oder Miete und, wenn der 25fache Betrag des einjährigen Entgelts geringer ist, dieser Betrag für die Wertberechnung entscheidend.
Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.
2
Hinsichtlich des Räumungsanspruchs bestimmt sich der Wert der Beschwer nach § 8 ZPO, weil das Bestehen eines Mietverhältnisses streitig ist. Die "streitige Zeit" im Sinne dieser Vorschrift beginnt grundsätzlich mit der Klageerhebung und endet mit dem regulären Ende der Vertragslaufzeit. § 8 ZPO ist nach seinem Wortlaut und Sinn auf Fälle zugeschnitten, in denen sich die "streitige Zeit" entweder - wie bei einem Vertrag von bestimmter Dauer - von vornherein genau bestimmen lässt oder in denen - bei Mietverhältnissen von unbestimmter Dauer - feststeht, dass und wann das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung jedenfalls endet; insoweit wird der Wert lediglich durch das 25-fache des Jahresentgeltes begrenzt (BGH, Urteil vom 1. April 1992 - XII ZR 200/91, NJW-RR 1992, 1359, unter 2; BGH, Urteil vom 17. März 2005 - III ZR 342/04, NJW-RR 2005, 867, unter 2 b). Demgegenüber kommt § 8 ZPO nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht die Aufgabe zu, den Wert bei Verträgen von unbestimmter Dauer oder in Fällen, in denen der Nutzungsberechtigte eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses verlangen kann, zu bestimmen (BGH, Urteil vom 17. März 2005, aaO). In diesen Fällen ist auf den Zeitpunkt abzustellen, den der Nutzungsberechtigte für sich als den günstigsten in Anspruch nimmt; hat er keinen konkreten Zeitpunkt genannt oder sich auf ein lebenslanges Nutzungsrecht berufen, ist in entsprechender Anwendung des § 9 ZPO auf einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren abzustellen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1995 - XII ZR 7/94, WM 1996, 187, unter II 1; Beschluss vom 14. April 2004 - XII ZB 224/02, WuM 2004, 353, unter II; Beschluss vom 16. Februar 2005 - XII ZR 46/03, WuM 2005, 350, unter 2; Urteil vom 17. März 2005, aaO; BVerfG NZM 2006, 578).
9
Lässt sich, wie hier, die streitige Zeit im Sinne von § 8 ZPO nicht ermitteln , ist § 9 ZPO für die Berechnung der Beschwer entsprechend anwendbar (Senatsbeschluss vom 13. März 2007 - VIII ZR 189/06, WuM 2007, 283 m.w.N.). Gemäß § 9 ZPO bemisst sich die Beschwer der Beklagten hier deshalb nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der auf den Trockenboden anteilig entfallenden Miete. Diese ist nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit 240 € anzusetzen.
8
a) Bei einem - hier gegebenen - Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Besitz(wieder)einräumung ist der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht nach § 6 ZPO, sondern nach der Sondervorschrift des § 8 ZPO zu bestimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1993 - LwZB 6/93, NJW-RR 1994, 256 unter II; Senatsbeschluss vom 12. März 2008 - VIII ZB 60/07, WuM 2008, 296 Rn. 8 f.; Schneider/Herget/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 13. Aufl., Rn. 3874 f.; MünchKommZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 6 Rn. 3; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 6 Rn. 5; BeckOK-ZPO/Wendtland, Stand 30. Oktober 2012, § 6 Rn. 3; vgl. auch Senatsbeschluss vom 22. November 2005 - VIII ZB 34/05, WuM 2006, 45 Rn. 2; BGH, Beschluss vom 16. März 2012 - LwZB 3/11, NJWRR 2012, 1103 Rn. 9 f.). Lässt sich - wie hier - die streitige Zeit nicht ermitteln, ist § 9 ZPO für die Berechnung der Beschwer entsprechend anwendbar (Senatsbeschluss vom 12. März 2008 - VIII ZB 60/07, aaO Rn. 9). Gemäß § 9 ZPO bemisst sich die Beschwer der Beklagten nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der auf den streitigen Teil der Gartenfläche entfallenden Miete (vgl. Senatsbeschluss vom 12. März 2008 - VIII ZB 60/07, aaO). Wie hoch dieser Anteil der Miete im vorliegenden Fall zu bemessen ist, kann offen bleiben. Denn selbst der 3,5-fache Jahresbetrag der gesamten Kaltmiete von 370,69 € monatlich liegt unterhalb der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO.