Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Jan. 2010 - VI ZR 162/09

bei uns veröffentlicht am21.01.2010
vorgehend
Landgericht Köln, 4 O 272/07, 27.02.2008
Oberlandesgericht Köln, 6 U 80/08, 03.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZR 162/09
vom
21. Januar 2010
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Januar 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin vom 23. Dezember 2009 gegen den Senatsbeschluss vom 15. Dezember 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rügeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe:

1
Die Anhörungsrüge nach § 321a ZPO ist unbegründet. Die Klägerin verkennt , dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass Gerichte ihrer Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, nachkommen, auch wenn sie darauf nicht im Einzelnen eingehen (BVerfGE 47, 182, 187; 86, 133, 146; 96, 205, 216; BVerfG, RdL 2004, 68, 69 - ständige Rspr.). Der Senat hat das als übergangen gerügte Vorbringen der Klägerin in vollem Umfang berücksichtigt und geprüft. Er ist nach dieser Prüfung allerdings zu einem negativen Ergebnis und damit zu einer anderen Auffassung als die Nichtzulassungsbeschwerde gekommen und hat einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen ein Verfassungsgrundrecht der Klägerin für nicht gegeben erachtet. Hierdurch hat der Senat jedoch nicht seinerseits den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. BVerfG, NJW 2008, 2635, 2636). Nichts anderes gilt für den Vorwurf, die Entscheidung des Berufungsgerichts verstoße gegen das Willkür- verbot (Art. 3 GG). Eine von der Nichtzulassungsbeschwerde für falsch gehaltene Auffassung des Berufungsgerichts kann nur dann als willkürlich erscheinen , wenn sie "unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht" (vgl. BGHZ 154, 288, 300). Dies ist nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben.
2
Auch im Streitfall ist der Vorwurf der Willkür unbegründet und sogar fern liegend. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Vortrag der Klägerin auseinandergesetzt und sachlich nachvollziehbar die Beweiserhebung in rechtlich zulässiger Weise wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt. Die Fülle der Beweisangebote vermag daran nichts zu ändern. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde aufgrund der im Rahmen vertretbarer tatrichterlicher Würdigung liegenden Feststellungen des Berufungsgerichts die subjektiven Voraussetzungen einer Haftung nach § 826 BGB auf Seiten der Beklagten fehlen. Selbst wenn die Schuldnerin falsche Bilanzen erstellt hätte, die Grundlage der Kreditvergabe der Beklagten geworden sind, ist es fernliegend und hat die Klägerin dies selbst nicht behauptet, dass die Beklagte etwaige Manipulationen veranlasst oder auch nur mitgetragen hätte. Das Berufungsgericht war ohne Angabe einer konkreten Beweistatsache auch nicht verpflichtet, der Beklagten aufzuerlegen, die Kontounterlagen für die Schuldnerin vorzulegen. § 142 Abs. 1 ZPO befreit die Partei, die sich auf die Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Die Urkundenvorlegung würde sonst in unzulässiger Weise zur Ausforschung und Informationsgewinnung dienen. Von der rechtlichen Möglichkeit , über den Insolvenzverwalter zum Zwecke der Gewinnung konkreter Tatsachen Einblick in entsprechende Unterlagen zu erreichen, hat die Klägerin trotz entsprechender Hinweise des Landgerichts und in der Berufungsinstanz ersichtlich nicht Gebrauch gemacht.
3
Die Klägerin wird auch in ihrem Begehren nach Rechtsschutz nicht schon dadurch rechtswidrig behindert, dass der Senat - im Einklang mit dem Gesetz - den die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückweisenden Beschluss nicht näher begründet hat. Eine Begründung wäre nicht geeignet, zu den Voraussetzungen einer Revisionszulassung klärendes beizutragen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO; zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BVerfG NJW 2004, 1371, 1372). Aus dem Absehen von einer Begründung kann nicht geschlossen werden, der Bundesgerichtshof habe sich mit dem Vorbringen nicht inhaltlich auseinandergesetzt. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 27.02.2008 - 4 O 272/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 03.04.2009 - 6 U 80/08 -

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 826 Sittenwidrige vorsätzliche Schädigung


Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 321a Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör


(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn1.ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2.das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches G

Zivilprozessordnung - ZPO | § 142 Anordnung der Urkundenvorlegung


(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen,

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Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 21. Nov. 2013 - 2 U 46/13

bei uns veröffentlicht am 21.11.2013

Tenor 1. a) Der Rechtsstreit wird im Umfang des Hilfsantrags 1 f, nämlich festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die Programme zu 1. a) in ihre Netze einzuspeisen und auch keine Kapazität hierfür vorhalten muss, s

Referenzen

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Das Gericht kann hierfür eine Frist setzen sowie anordnen, dass die vorgelegten Unterlagen während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.

(2) Dritte sind zur Vorlegung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Das Gericht kann anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine Übersetzung beigebracht wird, die ein Übersetzer angefertigt hat, der für Sprachübertragungen der betreffenden Art in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften ermächtigt oder öffentlich bestellt wurde oder einem solchen Übersetzer jeweils gleichgestellt ist. Eine solche Übersetzung gilt als richtig und vollständig, wenn dies von dem Übersetzer bescheinigt wird. Die Bescheinigung soll auf die Übersetzung gesetzt werden, Ort und Tag der Übersetzung sowie die Stellung des Übersetzers angeben und von ihm unterschrieben werden. Der Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Übersetzung ist zulässig. Die Anordnung nach Satz 1 kann nicht gegenüber dem Dritten ergehen.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.