vorgehend
Landgericht Hamburg, 323 O 43/05, 16.06.2005
Hanseatisches Oberlandesgericht, 1 U 117/05, 08.12.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 7/06
vom
5. September 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird eine per Telefax übertragene Berufungsbegründungsschrift vor Fristablauf
nur unvollständig übermittelt, hat das Berufungsgericht zu prüfen, ob der
vom Telefaxgerät des Gerichts empfangene Teil den Anforderungen an eine
ordnungsgemäße Berufungsbegründung genügt.
BGH, Beschluss vom 5. September 2006 - VI ZB 7/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. September 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 75.000 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen eines behaupteten ärztlichen Behandlungsfehlers auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. Juni 2005 abgewiesen. Dieses Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22. Juni 2005 zugestellt worden. Am 22. Juli 2005 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß verlängert , zuletzt bis zum 7. Oktober 2005. An diesem Tag sind beim Oberlandesgericht zwei Telefaxe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingegangen. Der Ausdruck des ersten, um 22.43 Uhr eingegangenen Faxschreibens enthält - in etwas verkleinerter Darstellung - die erste Seite sowie den Anfang der zweiten Seite der Berufungsbegründung. Das zweite, um 22.46 Uhr eingegangene Telefax entspricht der vierten (und letzten) Seite der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin unterzeichneten Berufungsbegründungsschrift. Das vierseitige Original dieses Schriftsatzes ist am 11. Oktober 2005 beim Oberlandesgericht eingegangen. Auf Hinweis des Gerichts, dass die Berufung nicht fristgerecht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet worden sei, hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und geltend gemacht, bei der Übermittlung der Berufungsbegründungsschrift sei ein älteres Faxgerät verwendet worden, welches mehrere nahtlos nacheinander eingegebene Seiten zu einer Seite zusammenfasse. Sie hat unter Vorlage des Tätigkeitsberichts des Sendegeräts, des Statusberichts des Empfangsgeräts sowie einer Einzelverbindungsübersicht der Deutschen Telekom AG vorgetragen , die erste Übermittlung habe zwei Minuten und 19 bzw. 23 Sekunden gedauert , die zweite 48 bzw. 50 Sekunden. Das erkläre sich dadurch, dass mit dem ersten Übermittlungsvorgang die ersten drei Seiten des Schriftsatzes und nach erneuter Anwahl der Telefax-Nummer des Oberlandesgerichts mit der zweiten Übermittlung die vierte Seite der Berufungsbegründung gesendet worden seien. Mithin sei die Berufungsbegründung innerhalb der Frist vollständig übermittelt worden. Dafür spreche auch, dass beide Übermittlungsvorgänge ausweislich des Tätigkeitsberichts des Sendegeräts ("I.O.") und des Statusberichts des Empfangsgeräts ("OK") erfolgreich gewesen seien. Dass das Empfangsgerät beim ersten Sendevorgang 1¼ Seiten des Originalschriftsatzes auf einem Blatt ausgedruckt und den Empfang nur einer Seite protokolliert habe , könne auf einem Papierstau bei diesem Gerät beruhen. Es sei auch nicht auszuschließen, dass aufgrund des schnellen Einzugs beim Sendegerät, bei dem drei Seiten als eine behandelt worden seien, bei dem Empfangsgerät ein Datenstau aufgetreten sei, der zur Folge gehabt habe, dass dieses Gerät nicht mehr in der Lage gewesen sei, die als Seiten 2 und 3 empfangenen Datenmengen ordnungsgemäß auszudrucken. Dies könne auch der Grund dafür sein, dass bezüglich des ersten Sendevorgangs im Protokoll nur eine Seite als empfangen ausgewiesen worden sei. Zum Beweis hat die Klägerin die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt und sich hilfsweise auf das Zeugnis des Geschäftsführers des Herstellers des Sendegeräts berufen.
2
Mit Beschluss vom 8. Dezember 2005 hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die per Telefax eingegangenen zusammenhanglosen Seiten enthielten keine ordnungsgemäße Begründung des Rechtsmittels. Die darin enthaltenen Ausführungen seien lückenhaft, ergäben keinen Sinnzusammenhang und ließen die Berufungsgründe, auf die das Rechtsmittel gestützt werden solle, nicht hinreichend erkennen. Insbesondere fehle der tragende Berufungsgrund, wie er auf Seite 2 der nach Fristablauf eingereichten Berufungsbegründung zu finden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unbegründet. Die Klägerin habe nicht dargetan, ohne Verschulden an der Wahrung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen zu sein. Ihr Prozessbevollmächtigter, dessen Verschulden sie sich zurechnen lassen müsse, hätte bei Wahrnehmung der gebotenen Sorgfalt bemerken müssen, dass nur zwei und nicht vier Seiten seines Schriftsatzes übermittelt worden seien. Für fristgebundene Schriftsätze habe bei ihm eine wirksame Ausgangskontrolle gefehlt. Aus dem Tätigkeitsbericht des Sendegeräts und dem Statusbericht des Empfangsgeräts gehe hervor, dass bei beiden Übermittlungsvorgängen jeweils nur eine Seite übertragen worden sei. Dies hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bemerken und überwachen müssen, zumal er nach eigenen Angaben ein - in seiner Privatwohnung stehendes - veraltetes und zu Defekten neigendes Faxgerät benutzt habe. Dies hätte eine sofortige Ausgangskontrolle zwingend erforderlich gemacht, die jedoch unterblieben sei. Nach den vorgelegten Unterlagen sei davon auszugehen, dass der Fehler bereits beim Sendevorgang aufgetreten sei. Für einen Papierstau im Empfangsgerät sei nichts ersichtlich.
3
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

4
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f. = NJW 1989, 1147; BVerfG NJW-RR 2002, 1004).
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
6
a) Das Berufungsgericht durfte die Berufung nicht mit der Begründung als unzulässig verwerfen, die Berufungsbegründung sei verspätet eingegangen. Ersichtlich geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht gewahrt sei, weil der Schriftsatz mit der vollständigen Berufungsbegründung vorliegend erst am 11. Oktober 2005 und damit nach Fristablauf eingereicht worden ist. Dabei lässt es verfahrensfehlerhaft den unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin außer Acht, dass die Berufungsbegründung am 7. Oktober 2005 vorab vollständig per Telefax übermittelt worden sei. Träfe dies zu, wäre es unschädlich, dass der auf diese Weise übersandte Schriftsatz nicht vollständig ausgedruckt worden ist. Wird der Inhalt einer Berufungsbegründungsschrift mittels Telefax nämlich vollständig durch elektrische Signale vom Sendegerät des Prozessbevollmächtigten zum Empfangsgerät des Rechtsmittelgerichts übermittelt, dort aber infolge technischer Störungen (etwa eines Papierstaus) nicht vollständig und fehlerfrei ausgedruckt, so ist dennoch von einem im Zeitpunkt der Telefaxübermittlung erfolgten Eingang des Schriftsatzes auszugehen, wenn sein der Übertragung zugrunde liegender Inhalt anderweitig einwandfrei erkennbar ist (Senatsbeschluss vom 19. April 1994 - VI ZB 3/94 - VersR 1994, 745). Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob die übermittelten Daten vom Empfangsgerät vor Fristablauf vollständig ausgedruckt worden sind; vielmehr genügt es, dass die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05 - NJW 2006, 2263, 2265 f.). Ob dies vorliegend der Fall gewesen ist, kann indessen dahinstehen, weil die Berufungsbegründungsfrist hier aus anderen Gründen gewahrt ist.
7
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts genügt der aufgrund der Telefaxübertragung vom 7. Oktober 2005 ausgedruckte und zur Akte gelangte Teil der Berufungsbegründung den Anforderungen gemäß § 520 Abs. 3 ZPO. Der Schriftsatz enthält neben der nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO erforderlichen Erklärung, inwieweit das landgerichtliche Urteil angefochten und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge), auch die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO). So hat die Klägerin u.a. einen Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO gerügt und geltend gemacht, das Landgericht habe ihr nach dem im frühen ersten Termin erteilten Hinweis, dass es die Klage für unschlüssig halte, verfahrensfehlerhaft keine Gelegenheit gegeben, ihr Vorbringen zu ergänzen. Darüber hinaus hat die Klägerin die Ausführungen des Erstgerichts beanstandet, dass ausreichender Sachvortrag zu dem behaupteten Behandlungsfehler des Beklagten und zur Kausalität eines etwaigen Fehlers für den eingetretenen Gesundheitsschaden fehle. Dazu hat sie unter Beweisantritt vorgetragen, der Beklagte hätte schon im Herbst 2000 oder im Frühjahr 2001 eine Kontroll-Mammographie veranlassen müssen. Wäre diese erfolgt, hätte ihre Brust vollständig oder doch teilweise erhalten werden können. Dieses Vorbringen genügt den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung. Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ist nämlich lediglich die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsklägers in Frage stellen. Besondere formale Anforderungen werden dafür nicht gestellt; für die Zulässigkeit der Berufung ist insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02 - NJW-RR 2003, 1580).
8
c) Da die Berufung hiernach fristgerecht begründet worden ist, ist der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichts insgesamt aufzuheben. Das Wiedereinsetzungsverfahren ist gegenstandslos. Das Berufungsgericht hat nunmehr sachlich über die Berufung zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 1995 - XII ZB 7/95 - NJW 1995, 2112, 2113). Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 16.06.2005 - 323 O 43/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 08.12.2005 - 1 U 117/05 -

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 20/05
vom
25. April 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten
Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale
noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts
vollständig empfangen (gespeichert) worden sind.
BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - IV ZB 20/05 - OLG Hamm
LG Hagen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 25. April 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Februar 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 21.815,13 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Parteien streiten um die Leistung aus einer von der Klägerin bei der Beklagten genommenen Einbruchdiebstahlversicherung. Die Beklagte beruft sich unter anderem auf Obliegenheitsverletzungen und lehnt eine Eintrittspflicht ab.

2
Das Landgericht wies die Klage ab. Nach form- und fristgerechter Berufungseinlegung und Verlängerung der Frist zur Berufungsbegründung bis einschließlich 14. Juli 2004 übermittelten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Berufungsgericht mit zwei Telefaxsendungen eine siebenseitige Berufungsbegründung nebst Anlagen. Eine erste Telefaxverbindung bestand nach einer Einzelverbindungsübersicht der D. T. am 14. Juli 2004 ab 23:55:40 h mit einer Dauer von vier Minuten 24 Sekunden, also bis am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h. Mit ihr wurden die siebenseitige Berufungsbegründung sowie zwei Seiten Anlagen übermittelt. Eine zweite Telefaxverbindung am 15. Juli 2004 ab 00:02:08 h diente der Übermittlung weiterer Anlagen.
3
Das Telefaxgerät des Berufungsgerichts war so eingestellt, dass der Ausdruck einer Telefaxsendung erst nach dem Empfang sämtlicher Seiten der Sendung im Speicher dieses Geräts erfolgte. Das Gerät druckte sortiert aus, die zuletzt gesendete Seite zuerst und die zuerst gesendete Seite zuletzt. Bei der ersten Telefaxsendung wurden demgemäß - nach vollständigem Empfang der gesendeten technischen Signale - zunächst die zweite und die erste Seite der Anlagen, danach die Seite 7 der Berufungsbegründung mit der Wiedergabe der Unterschrift des unterzeichnenden Prozessbevollmächtigten und sodann die weiteren Seiten der Berufungsbegründung von Seite 6 bis Seite 1 gedruckt.
4
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

5
II. Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein per Telefax übermittelter Schriftsatz sei grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen , in welchem das Telefaxgerät des Gerichts das Telefaxschreiben ausgedruckt habe. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sei nur dann zu machen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Telefaxgerät des Gerichts defekt gewesen oder falsch gehandhabt worden sei und die eingehenden Signale deshalb nicht sofort hätten ausgedruckt werden können. Darüber hinaus sei bei rechtzeitiger Telefaxsendung eine Ausnahme geboten, wenn ein Gericht die nachts eingehenden Telefaxsendungen zunächst lediglich speichern und erst am nächsten Morgen ausdrucken lasse. Solche Ausnahmefälle lägen hier jedoch nicht vor. Maßgeblich bleibe daher der Zeitpunkt des Ausdrucks. Da die Frist zur Berufungsbegründung mit Ablauf des 14. Juli 2004 geendet habe und die Berufungsbegründung bis zum Ablauf dieses Tages nicht vollständig ausgedruckt gewesen sei, habe die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt.
7
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
Die a) Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft und im Übrigen nach § 575 ZPO zulässig. Die Klägerin hat in der Beschwerdebegründung hinreichend dargetan , dass die Rechtsfrage, ob ein per Telefax übermittelter Schriftsatz bei störungsfreier Übermittlung und störungsfrei ausdruckendem Telefaxgerät des Gerichts erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, in dem das Telefaxgerät des Gerichts ihn vollständig ausgedruckt hat, oder - wie die Rechtsbeschwerde meint - bereits mit dem vollständigen Empfang (Speicherung ) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Gerichts, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Diese kommt einer Rechtsfrage zu, wenn sie entscheidungserheblich , klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann (BGHZ 152, 182, 191; 151, 221, 223 m.w.N.).
9
DerEntscheidungserheblichkeitst eht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht nicht ausdrücklich (positiv) festgestellt hat, dass die Übermittlung/Speicherung der gesendeten Signale der Seiten 1 bis 7 der Berufungsbegründung, auf die es allein ankommt, im Telefaxgerät des Berufungsgerichts vor Mitternacht abgeschlossen war. Die in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu berücksichtigenden unstreitigen weiteren Übermittlungsfakten belegen dies. Die (erste) Telefaxverbindung war am 15. Juli 2004 um 00:00:04 h zu Ende, die mit ihr erfolgte Übermittlung der zwei Seiten Anlagen im Anschluss an die Übermittlung der siebenseitigen Berufungsbegründung hat mindestens fünf Sekunden in Anspruch genommen. Das folgert auch das Berufungsgericht aus den hier gegebenen Umständen. Der entsprechende vollständige Ausdruck kann erst nach Mitternacht erstellt worden sein.

10
b) Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
11
aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und überwiegender Ansicht in der Literatur ein per Telefax übermittelter Schriftsatz grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt bei Gericht eingegangen ist, in welchem das Telefaxgerät des Gerichts ihn vollständig ausgedruckt hat (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94 - NJW 1994, 2097 unter II 2; vom 19. April 1994 - VI ZB 3/94 - NJW 1994, 1881 unter II 2 a; vom 12. Dezember 1990 - XII ZB 64/90 - VersR 1991, 894 unter 2 b; zum Fernschreiben vgl. BGHZ 105, 40, 42 f. u. 45; 101, 276, 279 f.; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665 unter II 3 b bb aaa; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 519 Rdn. 4 und 10; Ball in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 519 Rdn. 22; Feiber in MünchKomm zur ZPO, 2. Aufl. § 233 Rdn. 104; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 519 Rdn. 20; Leipold in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 130 Rdn. 56; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 27. Aufl. § 129 Rdn. 13; Zimmermann, ZPO 7. Aufl. § 519 Rdn. 8; offen geblieben in BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 - VII ZB 8/03 - NJW 2003, 3487 unter II 2 b). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird zugelassen , wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Telefaxgerät des Gerichts defekt war oder falsch gehandhabt wurde und deswegen die eingehenden Signale nicht oder nicht sofort (vollständig) ausgedruckt werden konnten, wenn also die Ursache für den Mangel der Lesbarkeit oder (der Vollständigkeit) des Ausdrucks in der Sphäre des Gerichts gelegen hat; was vom Empfangsgerät eines Gerichts aufgenommen und infolge eines Fehlers im Gerät oder bei dessen Bedienung nicht oder nicht sofort (vollständig) ausgedruckt worden sei, müsse aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauensschutzes so behandelt werden, als habe das Gerät es ordnungsgemäß ausgedruckt und als sei es auf diese Weise in die Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt (BGH, Beschlüsse vom 4. Mai 1994 aaO; vom 19. April 1994 aaO unter II 2 a und b; vom 12. Dezember 1990 aaO; BGHZ 105, 40, 42 ff.; BGH, Urteil vom 14. März 2001 - XII ZR 51/99 - NJW 2001, 1581 unter 2 b; vgl. ferner BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 aaO; BGH, Beschluss vom 23. November 2004 - XI ZB 4/04 - NJW-RR 2005, 435 unter II 2; Albers, aaO; Ball, aaO; Gerken, aaO; Reichold, aaO; Zimmermann, aaO). In diesen Fällen wird schon bei vollständigem Empfang der gesendeten Signale im Telefaxgerät des Gerichts vor Fristablauf von einer rechtzeitigen Übermittlung des Schriftsatzes ausgegangen.
12
bb) Von dieser Rechtsprechung ist der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit seinem Beschluss vom 9. November 2004 (5 StR 380/04) nicht abgewichen. Er hat darin einen Beschluss des Landgerichts Hamburg "aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts" aufgehoben. Der Generalbundesanwalt hatte zunächst dargelegt, dass eine per Telefax übermittelte Rechtsmittelbegründungsschrift grundsätzlich erst in dem Zeitpunkt zugegangen sei, in dem sie im Telefaxgerät des Gerichts ausgedruckt worden sei. Gleichwohl hatte er im konkreten Fall die von der Verteidigerin des Angeklagten per Telefax übermittelte (342 Seiten umfassende) Revisionsbegründungsschrift für fristgerecht eingegangen gehalten, nachdem die gesendeten Signale von den über einen Internspeicher verfügenden Telefaxgeräten des Landgerichts noch am letzten Tag der Frist vollständig empfangen worden waren, der Ausdruck des Schriftsatzes ab Blatt 90 jedoch erst am Folgetag nach Wie- derauffüllen der Papierfächer der beiden Geräte abgeschlossen werden konnte. Bei Papiermangel liege zwar - anders als in den Fällen des Papierstaus - keine technische Störung der Empfangsgeräte, wohl aber eine andere Verzögerung bei der Entgegennahme rechtzeitig in den Gewahrsam des Gerichts gelangter fristwahrender Schriftsätze vor, deren Ursache allein in der Sphäre des Gerichts zu finden sei (Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. September 2004 - 5 StR 380/04 - S. 2 ff. unter Hinweis auf BVerfG NJW 1986, 244 = BVerfGE 69, 381, 385 f.; vgl. ferner Maul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 5. Aufl. § 43 Rdn. 19; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl. Vor § 42 Rdn. 18; Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 43 Rdn. 2).
13
cc) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wird vom Bundesfinanzhof geteilt. Auch nach seiner Auffassung ist ein dem Gericht per Telefax übermittelter Schriftsatz, wenn der Ausdruck nicht durch einen Fehler in der Funktion oder bei der Bedienung des Telefaxgeräts des Gerichts verzögert wurde, in dem Zeitpunkt eingegangen, in dem er vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig ausgedruckt worden ist (BFH/NV 2004, 519 f.; BFH/NV 2004, 358; BFH/NV 1992, 532 f.; vgl. ferner BFHE 186, 491, 492 f.). In den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen waren jedoch nicht nur der Ausdruck, sondern auch der (vollständige) Empfang (Speicherung) der übermittelten Signale jeweils erst nach Fristablauf abgeschlossen, so dass es bei seinen Entscheidungen auf die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage (letztlich) nicht angekommen war.
14
dd) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG NJW 1996, 2857 unter B I) und das Bundesarbeitsgericht (BAGE 90, 329, 331 f.) stellen demgegenüber auch bei nicht durch technische Störungen oder Bedienungsfeh- ler verzögertem Ausdruck für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes allein darauf ab, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) wurden. Dass der Ausdruck des Empfangenen bei Gericht (teilweise) erst nach Fristablauf erfolgt, wird nicht als erheblich angesehen. Auch diese Ansicht hat in der Literatur (Greger in Zöller, ZPO 25. Aufl. § 167 Rdn. 9; Gummer/Heßler in Zöller, ZPO 25. Aufl. § 519 Rdn. 18 d; von Albedyll in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO 3. Aufl. § 57 Rdn. 16) Zustimmung gefunden.
15
ee) Der Senat gibt der letzteren Ansicht den Vorzug.
16
aaa)Diebisherige, grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Ausdrucks abstellende Rechtsprechung wird den technischen Gegebenheiten der Telekommunikation nicht mehr gerecht. Sie geht zurück auf zwei Verfahren , in denen sich Parteien zur Wahrung von Fristen eines Fernschreibers bedient hatten (BGHZ 101, 276 ff.; 105, 40 ff.). Mit diesem Kommunikationsmittel wurde es dem rechtsuchenden Bürger ermöglicht, “auf einem schnellen und in der Regel sicheren Wege durch die Übermittlung von Signalen fristgebundene Eingaben an Behörden und Gerichte zu richten, die zeitgleich mit ihrem Eingeben beim Empfänger eingehen und dort ebenso zeitgleich wie eingegeben ausgedruckt werden“ (BGHZ 105, 40, 42).
17
Von “Eingabe“ und Ausdruck stets zu ein und demselben Zeitpunkt kann bei Telefaxgeräten heutiger Art jedoch nicht (mehr) ausgegangen werden. Sie sind regelmäßig mit verschiedenen Empfangseinstellungen ausgestattet und lassen sich vom jeweiligen Benutzer unterschiedlich programmieren. Man kann sie etwa so einstellen, dass der Ausdruck nicht während, sondern erst nach der (kompletten) Übertragung der Daten erfolgt. Je nach Einstellung können die Geräte dann unmittelbar nach Abschluss der Datenübertragung mit dem Ausdruck beginnen oder aber - bei entsprechendem Speicherchip - zunächst mehrere hundert “Seiten“ empfangen, speichern und sie Stunden oder sogar erst Tage später ausdrucken. In der gerichtlichen Praxis wird von diesen Möglichkeiten auch Gebrauch gemacht. So werden beispielsweise beim Oberlandesgericht München nächtlich eingehende Telefaxsendungen regelmäßig erst am nächsten Morgen ausgedruckt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 - II ZB 22/03 - NJW 2004, 2525 unter II 1). Das ist sinnvoll, weil dadurch ein möglicher Papierstau, der mehrstündige Unterbrechungen der Telefaxverbindung und hieraus resultierende Wiedereinsetzungsverfahren zur Folge haben kann (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2004 - XI ZB 4/04 - NJW-RR 435 ff.; Senatsurteil vom 2. Oktober 1991 - IV ZR 68/91 - NJW 1992, 244 f.), nicht stundenlang unbemerkt bleibt.
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liegt Es auf der Hand, dass ein solcher gewollter Aufschub des Ausdrucks der Partei nicht zum Nachteil gereicht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2004 aaO). In Anbetracht der mittlerweile zur Verfügung stehenden vielfältigen Möglichkeiten, den Zeitpunkt des Ausdrucks eingegangener Telefaxsendungen auch bei Gericht den Bedürfnissen entsprechend zu variieren, erscheint es angezeigt, diesen Zeitpunkt bei der Beurteilung, ob ein per Telefax übermitteltes Dokument fristgerecht oder verspätet bei Gericht eingegangen ist, generell nicht mehr heranzuziehen und stattdessen auf den Zeitpunkt des vollständigen Empfangs (Speicherung ) der gesendeten technischen Signale im Telefaxgerät des Gerichts abzustellen. Dieser Zeitpunkt lässt sich in aller Regel zuverlässig bestimmen - wie hier mittels Einzelverbindungsübersicht des in Anspruch genommenen Dienstleisters D. T. , deren Zeitangaben mangels entgegenstehender Feststellungen der gesetzlichen Zeit im Sinne des Zeitgesetzes entsprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2003 aaO unter II 2 c und d) - und unterscheidet sich auch dadurch von demjenigen des Ausdrucks, der mitunter - wie im vorliegenden Fall - nicht einmal erfasst wird.
19
bbb) Dies steht im Einklang mit der fortschreitenden technischen Entwicklung, wie sie auch in der Zivilprozessordnung bereits berücksichtigt worden ist. Seit 1. August 2001 gibt § 130a ZPO der Bundesregierung und den Landesregierungen die Möglichkeit, elektronische Dokumente im Verkehr mit den Gerichten zuzulassen. Nach § 130a Abs. 3 ZPO ist ein elektronisches Dokument eingereicht, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll hierfür derjenige Zeitpunkt maßgebend sein, in dem diese Einrichtung den “Schriftsatz“ gespeichert hat - und nicht der Zeitpunkt des Ausdrucks (BT-Drucks. 14/4987, S. 24; Greger, aaO § 130a Rdn. 6; Stadler in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 130a Rdn. 5).
20
Telefax und Computerfax fallen zwar nach überwiegend vertretener Ansicht (Dästner, NJW 2001, 3469 f.; Leipold, aaO § 130a Rdn. 5; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 63. Aufl. § 129 Rdn. 44 u. § 130a Rdn. 1; Greger, aaO Rdn. 2; a.A. Peters in MünchKomm zur ZPO, 2. Aufl. § 130a Rdn. 2) nicht unter § 130a ZPO, weil die Gerichte bei der Schaffung der Vorschrift im Jahre 2001 bereits flächendeckend über Telekopieeinrichtungen verfügten und der Gesetzgeber nicht hinter bereits bestehende Übermittlungsmöglichkeiten zurückgehen oder diese Einschränkungen unterwerfen wollte (Dästner, aaO). Die Vorschrift erfasst daher nur solche elektronischen Dokumente wie z.B. E-Mails, deren Empfang und weitere Bearbeitung besondere technische und organisatorische Vorbereitungen bei den Gerichten erfordert (BT-Drucks. 14/5561, S. 20). Auf der anderen Seite ist jedoch zu beachten, dass auch bei Telefax und Computerfax Dokumente auf elektronischem Wege übermittelt werden, es sich also auch hier (im weiteren Sinne) um elektronische Dokumente handelt (vgl. BT-Drucks. 14/4987, S. 19; BT-Drucks. 14/5561 aaO; GmS-OBG BGHZ 144, 160 ff.; BGH, Urteil vom 10. Mai 2005 - XI ZR 128/04 - NJW 2005, 2086 ff.). Vor diesem Hintergrund vermag nicht zu überzeugen, dass es für die Bestimmung des Eingangszeitpunkts bei der Übermittlung durch Telefax (weiterhin) grundsätzlich auf den Ausdruck im Telefaxgerät des Gerichts ankommen soll, während man bei der Übermittlung durch E-Mail nicht auf den Ausdruck am Computer (der Geschäftsstelle) des Gerichts abstellt, sondern stets bereits die Speicherung im von Seiten des Gerichts dafür vorgesehenen Gerät genügen lässt.
21
ccc) Richtig ist zwar, dass erst dann, wenn ein Ausdruck vorliegt, das Gericht in der Lage ist, “von dem Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis zu nehmen“ (BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO unter II 2). Auch vermag die elektronische Speicherung der Nachricht im Telefaxgerät des Gerichts nicht an die Stelle der Schriftform (vgl. § 130 Nr. 6 ZPO) zu treten (so zutreffend Gerken aaO). Beides gibt aber keine Veranlassung, für die Bestimmung des Eingangszeitpunktes weiterhin an dem Zeitpunkt des vollständigen Ausdrucks durch das Telefaxgerät des Gerichts festzuhalten.
22
(1) Im Störungsfall - d.h. bei einem Fehler in der Funktion oder der Bedienung des Telefaxgeräts des Gerichts und einer dadurch bedingten Verzögerung des Ausdrucks - haben diese Erwägungen ihre Maßgeblichkeit ohnehin “aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauensschutzes“ (BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 aaO; BGHZ 105, 40, 45) bereits eingebüßt.
23
(2) Auch im Normalfall kann das Gericht bei der Übermittlung eines Schriftsatzes über einen von ihm eingerichteten Briefkasten nicht ohne weiteres von dem Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis nehmen. Der Schriftsatz muss vielmehr zuerst aus dem Briefkasten herausgeholt und in der Regel muss zunächst auch erst noch ein Briefumschlag entfernt werden, ehe das Gericht vom Inhalt des Schriftsatzes Kenntnis nehmen und die Einhaltung der Form (§ 130 Nr. 6 ZPO) überprüfen kann. Gleichwohl ist anerkannt, dass für die Fristwahrung schon der rechtzeitige Einwurf des Schriftsatzes in den Briefkasten des Gerichts genügt (BGHZ 80, 62, 63 f.; BGH, Beschluss vom 21. Juni 2004 - II ZB 18/03 - NJW-RR 2005, 75 unter II 2). Entnahme aus dem Briefkasten und Entfernen des Briefumschlages zählen bereits zur Weiterbearbeitung des Schriftsatzes durch das Gericht. Dem entspricht es, den Ausdruck durch ein Telefaxgerät des Gerichts ebenfalls lediglich als gerichtsinterne Weiterbearbeitung eines bereits im elektronischen Briefkasten - dem Speicher - eingegangenen Dokuments zu begreifen (vgl. Gummer/Heßler, aaO).

24
Die Senate des Bundesgerichtshofs haben auf Nachfrage mitgeteilt , dass sie an einer eventuell entgegenstehenden Rechtsprechung nicht festhalten.
25
ff) Die Klägerin hat mithin die Berufungsbegründungsfrist gewahrt. Der angefochtene Beschluss muss deshalb aufgehoben werden. Das gilt auch, soweit ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt worden ist, weil die Klägerin den Wiedereinsetzungsantrag lediglich hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Berufung gestellt hat; dieser Fall ist aber nicht eingetreten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005 - XII ZB 33/05 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, unter II 2; vom 24. Juli 2003 aaO unter IV; vom 22. Oktober 1997 - VIII ZB 32/97 - NJW 1998, 1155 unter II 2).
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Hagen, Entscheidung vom 25.02.2004 - 2 O 397/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.02.2005 - 20 U 98/04 -

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.