Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06

bei uns veröffentlicht am12.12.2006
vorgehend
Amtsgericht Düsseldorf, 39 C 2922/03, 25.09.2003
Landgericht Düsseldorf, 21 S 427/03, 18.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 46/06
vom
12. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2006 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge und
Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 21. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Februar 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin, eine Reiseveranstalterin, macht gegenüber dem Beklagten, der für ein - zwischenzeitlich insolventes - Reisebüro tätig war, Schadensersatzansprüche geltend. Vor dem Amtsgericht hatte sie Erfolg. Gegen das ihm am 30. September 2003 zugestellte Urteil des Amtsgerichts vom 25. September 2003 hat der Beklagte am 27. Oktober 2003 Berufung eingelegt und - wegen eines Tatbestandsberichtigungsantrages - eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dahingehend beantragt, dass die vierwöchige Berufungsbegründungsfrist erst dann beginnen solle, wenn eine Entscheidung über den Tatbe- standsberichtigungsantrag vorliege. Das Landgericht gewährte dem Beklagten eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. Dezember 2003. Nachdem im Dezember die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht über den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten stattgefunden hatte, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2003 vorsorglich eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist , da er sich ab dem 23. Dezember 2003 in seinem Weihnachtsurlaub befinde und zu vermuten sei, dass der Beschluss des Amtsgerichts über den Tatbestandsberichtigungsantrag nicht rechtzeitig eingehen werde. Der Tatbestandsberichtigungsbeschluss des Amtsgerichts ging bei dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 29. Dezember 2003 ein. Mit Schreiben vom 2. Januar 2004 lehnte das Landgericht eine erneute Verlängerung der Berufungsfrist ab, weil diese nur mit Einverständnis des Gegners möglich und im Übrigen der Antrag so unbestimmt sei, dass der Gegner ein Einverständnis nicht habe erteilen können; es sei eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 1 ZPO vorgesehen. Mit Schreiben vom 9. Januar 2004 wies der Prozessbevollmächtigte des Beklagten darauf hin, dass die Berufung rechtzeitig begründet worden sei und er davon ausgehe, dass sich die Berufungsbegründungsschrift mit dem Schreiben des Landgerichts vom 2. Januar 2004 überschnitten habe. Das Landgericht teilte daraufhin mit Schreiben vom 26. Januar 2004 dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten mit, dass die Berufungsbegründungsschrift ausweislich des darauf befindlichen Eingangsstempels des Landgerichts am 15. Januar 2004 beim Landgericht eingegangen sei. Sie enthalte zwar ein Kürzel eines bzw. einer "JOS" mit dem aufgestempelten Datum "30. Dezember 2003". Dieses habe jedoch einem Mitarbeiter des Landgerichts aber nicht zugeordnet werden können.
2
Daraufhin teilte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schreiben vom 30. Januar 2004 mit, der Schriftsatz sei durch einen Kollegen, Herrn Rechtsanwalt L., persönlich am 30. Dezember 2003 "beim Land-/Amtsgericht D." abgegeben worden. Er, der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, könne sich die Angelegenheit insgesamt nur so erklären, dass der Schriftsatz an einer Akte geklebt habe und dann zunächst in einer falschen Abteilung gelandet sei. Wer den Eingang am 30. Dezember 2003 bestätigt habe, könne er nicht sagen. Dass der Schriftsatz am 30. Dezember 2003 durch Herrn Rechtsanwalt L. beim Land-/Amtsgericht D. rechtzeitig eingereicht worden sei, werde unter Beweis gestellt durch dessen Zeugnis. Hilfsweise werde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.
3
Mit Beschluss vom 18. Februar 2004, zugestellt am 1. März 2004, hat das Landgericht die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen.
4
Das Berufungsgericht führt aus, die Berufungsbegründung sei nicht innerhalb der Frist des § 520 ZPO eingegangen. Ausweislich des Stempels des Landgerichts sei sie erst am 15. Januar 2003, also erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist am 30. Dezember 2003 eingegangen. Zwar sei auf dem Original und der beglaubigten Abschrift der Berufungsbegründungsschrift der Stempelaufdruck "30. Dez. 03" zu finden und mit dem Kürzel eines bzw. einer "JOS" versehen. Dieses Kürzel lasse sich aber einem Mitarbeiter des Landgerichts nicht zuordnen. Die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 30. Januar 2004 enthielten keinen konkreten Sachvortrag, dass Herr Rechtsanwalt L. einem Bediensteten bzw. einer Bediensteten des Landgerichts den Schriftsatz übergeben habe. Für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei, da der rechtzeitige Eingang der Berufungsbegründung behauptet werde, kein Raum.
5
Gegen diese Beurteilung des Landgerichts wendet sich der Beklagte mit seiner rechtzeitig eingelegten und nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe begründeten Rechtsbeschwerde.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und wegen Verletzung rechtlichen Gehörs auch ansonsten zulässig (vgl. § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und begründet.
7
1. Der Beklagte wendet sich allerdings ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Berufungsbegründung erst am 15. Januar 2004 und damit verfristet im Sinne des § 520 ZPO eingegangen ist. Die rechtzeitige Einreichung muss voll bewiesen werden durch Entkräftung der Richtigkeit des Eingangsstempels vom 15. Januar 2004 (vgl. § 418 Abs. 1 und 2 ZPO).
8
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Tatbestandsberichtigung im Sinne des § 320 ZPO keinen Einfluss auf den Lauf der Rechtsmittelfristen (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03 - NJW 2003, 2991, 2992; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 518 Rn. 3 und § 517 Rn. 6). Eine Ausnahme ist allenfalls denkbar, wenn erst die berichtigte Fassung die Beschwer hinreichend erkennen lässt (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1994 - XII ZR 184/93 - NJW 1995, 1033; Zöller/Gummer/Heßler, aaO). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Vielmehr ging es bei der Tatbestandsberichtigung lediglich um Begründungselemente, insbesondere um die Frage, ob der Beklagte für sich selbst oder für ein Reisebüro gehandelt hatte.
9
2. Soweit der Beklagte rügt, das Berufungsgericht hätte über seine Behauptung , Rechtsanwalt L. habe die von seinem Prozessbevollmächtigten un- terzeichnete Berufungsbegründungsschrift am 30. Dezember 2003 eingereicht, den beantragten Zeugenbeweis erheben müssen, hat er auch damit keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den zugrunde liegenden Vortrag mit Recht als unsubstantiiert behandelt, denn die Behauptung, Rechtsanwalt L. habe den Schriftsatz "beim Landgericht/Amtsgericht D." am 30. Dezember 2003 abgegeben (vgl. GA 147) lässt nicht erkennen, wo genau er ihn abgegeben haben will.
10
Auch der einfache Datumsstempel "30. Dez. 03" mit einem Namenskürzel einer oder eines nicht zu ermittelnden "JOS" beweist nicht, dass der Schriftsatz entgegen dem Original-Eingangsstempel des Landgerichts vom 15. Januar 2004 bereits am 30. Dezember 2003 bei einer empfangszuständigen Stelle oder Person abgegeben worden ist.
11
3. Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers nicht beschieden und dadurch dessen Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs.1 GG) verletzt.
12
Soweit das Berufungsgericht meint, für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei kein Raum, da der rechtzeitige Eingang der Berufungsbegründung behauptet werde, lässt es unberücksichtigt, dass der Kläger in seinem Schriftsatz vom 30. Januar 2004 den Wiedereinsetzungsantrag hilfsweise für den Fall gestellt hatte, dass das Gericht den Beweis des rechtzeitigen Eingangs nicht als geführt ansehe (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 2000 - VII ZB 36/99 - NJW 2000, 2280). Da der Beklagte unter Hinweis auf die Beauftragung eines Rechtsanwaltskollegen mit der Einreichung der Berufungsbegründungsschrift ersichtlich auch für den Fall der vom Berufungsgericht angenommenen Fristversäumnis ein fehlendes Verschulden des Beklagten im Sinne des § 233 ZPO geltend machen wollte, hätte das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag bescheiden müssen. Hierzu wird es bei erneuter Sachbe- handlung Gelegenheit haben, insbesondere wird es auch zu prüfen haben, ob sich der Beklagte ein etwaiges Verschulden des Rechtsanwalts L. gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. Dies könnte der Fall sein, wenn dieser nicht nur einen einfachen Botendienst, sondern die Urlaubsvertretung für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten übernommen gehabt hätte. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Düsseldorf, Entscheidung vom 25.09.2003 - 39 C 2922/03 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.02.2004 - 21 S 427/03 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 418 Beweiskraft öffentlicher Urkunden mit anderem Inhalt


(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen. (2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Lande

Zivilprozessordnung - ZPO | § 320 Berichtigung des Tatbestandes


(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung ein

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. März 2000 - VII ZB 36/99

bei uns veröffentlicht am 16.03.2000

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VII ZB 36/99 vom 16. März 2000 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 236 A Abs. 2 Satz 1 Der Partei, die die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels geltend macht, steht es frei, dessen rechtzeitige Einle

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03

bei uns veröffentlicht am 24.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 10/03 vom 24. Juni 2003 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ZPO § 319 Zum Beginn der Berufungsfrist bei einer Urteilsberichtigung gem. § 319 ZPO. BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03 - LG L
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2006 - VI ZB 46/06.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 01. Juli 2010 - 2 O 154/09

bei uns veröffentlicht am 01.07.2010

Gründe I. 1 Mit Urteil vom 08.08.2003 wies das Verwaltungsgericht die am 12.09.2002 erhobene Klage gegen einen Bescheid des Beklagten ab, mit dem dieser den Beigeladenen von der Trinkwasserversorgungspflicht einer „Bungalowsiedlung“ befreite. A

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Öffentliche Urkunden, die einen anderen als den in den §§ 415, 417 bezeichneten Inhalt haben, begründen vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen.

(2) Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig, sofern nicht die Landesgesetze diesen Beweis ausschließen oder beschränken.

(3) Beruht das Zeugnis nicht auf eigener Wahrnehmung der Behörde oder der Urkundsperson, so ist die Vorschrift des ersten Absatzes nur dann anzuwenden, wenn sich aus den Landesgesetzen ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig ist.

(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.

(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 10/03
vom
24. Juni 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zum Beginn der Berufungsfrist bei einer Urteilsberichtigung gem. § 319 ZPO.
BGH, Beschl. v. 24. Juni 2003 - VI ZB 10/03 - LG Limburg an der Lahn
AG Wetzlar
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2003 durch die Vor-
sitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 10. Januar 2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 5.250,00

Gründe:


I.


Der Kläger hat wegen einer tätlichen Auseinandersetzung ein Schmer- "!$#% & zensgeld von 5.000 r-
(
*,+ &- *. #% 102 3 . *. 34 zensgeld von 500 ' ) / *5 6 87$ 9 * & der Widerklage in Höhe von 250 " 22. Oktober 2002 verkündeten Urteils enthält keinen Kostenausspruch. In den Entscheidungsgründen heißt es, die Kostenentscheidung habe ihre Rechtsgrundlage in § 92 Abs. 2 ZPO. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 29. Oktober 2002 zugestellt worden. Mit Beschluß vom 8. November 2002 hat das Amtsgericht das Urteil gem. § 319 ZPO berichtigt und den Tenor dahin ergänzt, daß der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dieser Beschluß ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 13. November 2002 zugestellt worden. Mit einem beim Landgericht am 3. Dezember 2002 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2002 hat der Berichterstatter die Prozeßbevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, daß die Zustellung des Urteils am 29. Oktober 2002 erfolgt und die Berufungsschrift nach Ablauf der Berufungsfrist am 3. Dezember 2002 eingegangen sei. Der Berichtigungsbeschluß habe den Lauf der Berufungsfrist unberührt gelassen. Die Berufungsbegründung ist am 3. Januar 2003 bei Gericht eingegangen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Berufung als unzulässig verworfen, da sie nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden sei; zur Begründung werde "zwecks Vermeidung von Wiederholungen" auf die Verfügung vom 13. Dezember 2002 Bezug genommen. Ergänzend ist ausgeführt, das Amtsgericht habe seinen Beschluß vom 8. November 2002 zu Recht auf § 319 ZPO gestützt. § 321 ZPO sei nicht anwendbar. Das Amtsgericht habe den Kostenpunkt in den Entscheidungsgründen behandelt und deshalb nicht im Sinne dieser Vorschrift übergangen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1 Satz 4), aber unzulässig. Auch die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß ist nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO zulässig (BGH, Beschluß vom 7. Mai 2003 - XII ZB
191/02 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Diese sind hier nicht erfüllt. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) ist entgegen der Ansicht des Klägers eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erforderlich.
1. Der Zulassungsgrund des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nur erfüllt, wenn der Beschwerdeführer darlegt, daß die angefochtene Entscheidung von der Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, von einer gleichrangigen Entscheidung eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts oder von der Entscheidung eines anderen gleichgeordneten Gerichts abweicht (BGH, Beschluß vom 29. Mai 2002 - V ZB 11/02 - NJW 2002, 2473 f. m.w.N., zur Veröffentlichung in BGHZ 151, 42 bestimmt). Darüber hinaus ist erforderlich, daß die Entscheidung, von der abgewichen wird, eine im konkreten Fall entscheidungserhebliche Rechtsfrage betrifft (zur entsprechenden Voraussetzung in § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO vgl. BGH, Beschluß vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 101/02 - NJW 2003, 831). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
2. Allerdings beruft sich der Kläger auf mehrere Entscheidungen, von denen der angefochtene Beschluß angeblich abweicht.

a) Er verweist zunächst auf den Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 20. Juni 2002 - IX ZB 56/01 - (NJW 2002, 2648 f.). Danach müssen Beschlüsse , die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben; anderenfalls sind sie nicht mit gesetzmäßigen Gründen versehen. Der Kläger ist der Auffassung, der angefochtene Beschluß werde diesen Anforderungen nicht gerecht und könne deshalb keinen Bestand haben. Dem ist nicht zu folgen. Der vom Kläger angeführte
Beschluß betrifft einen anderen Sachverhalt. Der Bundesgerichtshof hat in jener Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, in welchem Umfang ein der Rechtsbeschwerde unterliegender Beschluß auf bestimmte Aktenbestandteile Bezug nehmen darf. Vorliegend hat das Berufungsgericht zur Darlegung der Verfristung des Rechtsmittels auf eine den Parteien mitgeteilte Verfügung des Berichterstatters Bezug genommen. Das ist im konkreten Fall hinnehmbar, weil sich der Vermerk ausschließlich mit dem aus den Akten ersichtlichen Verfahrensgang befaßt, der Aufschluß über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Berufung gibt. Bei der Beurteilung dieser Frage ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht an Feststellungen des Vorderrichters gebunden. Die Zulässigkeit der Berufung ist eine Prozeßvoraussetzung, die vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen ist (vgl. BGH, Beschluß vom 4. Juni 1992 - IX ZB 10/92 - NJW-RR 1992, 1338, 1339 m.w.N.).

b) Der angefochtene Beschluß weicht auch nicht von der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ab (NJW 2003 [nicht: 2002], 918 f.). Diese befaßt sich mit den Anforderungen, die an den Tatbestand eines Berufungsurteils zu stellen sind. Das Urteil enthält aber keine Aussage dazu, inwieweit Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, auf Aktenbestandteile Bezug nehmen dürfen.

c) Ob das Amtsgericht sein Urteil hinsichtlich des fehlenden Kostenausspruchs durch einen Beschluß gem. § 319 ZPO berichtigen durfte oder statt dessen den Weg der Urteilsergänzung gem. § 321 ZPO hätte beschreiten müssen, kann dahin stehen. Insoweit ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts schon deshalb nicht geboten, weil diese Frage nicht entscheidungserheblich ist. Die Berufungsfrist ist mit der Zustellung des Urteils in
Lauf gesetzt worden. Eine spätere Berichtigung des Urteilstenors hat grundsätzlich keinen Einfluß auf die Rechtsmittelfrist, wenn sie - wie hier - durch einen Berichtigungsbeschluß gem. § 319 ZPO erfolgt (BGHZ 89, 184, 186). Ein Ausnahmefall (vgl. BGHZ 113, 228, 230 f. m.w.N.) ist vorliegend nicht gegeben. § 518 ZPO ist nicht anwendbar. Ein Ergänzungsurteil ist nicht ergangen. Das Amtsgericht hat seine berichtigende Entscheidung vielmehr von Amts wegen im Wege eines Beschlusses getroffen und diesen ausdrücklich auf die Vorschrift des § 319 ZPO gestützt. Für eine Anwendung des Grundsatzes der Meistbegünstigung (vgl. BGHZ 98, 362, 364 f. m.w.N.) ist kein Raum, da die Voraussetzungen für den Erlaß eines Ergänzungsurteils nicht vorlagen. Dieses hätte gem. § 321 ZPO nämlich nur auf Antrag einer Partei und aufgrund mündlicher Verhandlung ergehen dürfen. Daran fehlte es hier.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 36/99
vom
16. März 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO § 236 A Abs. 2 Satz 1
Der Partei, die die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels geltend macht, steht es frei, dessen
rechtzeitige Einlegung zu behaupten und zugleich für den Fall, daß das Gericht
den Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO als nicht geführt ansieht, Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zu beantragen (im Anschluß
an BGH, Beschluß vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997,
1312).
BGH, Beschluß vom 16. März 2000 - VII ZB 36/99 - OLG Frankfurt am Main
LG Kassel
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. März 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Hausmann, Dr. Kuffer,
Dr. Kniffka und Wendt

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Oktober 1999, 25. Zivilsenat in Kassel, aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gewährt.

Gründe:


I.

Der Kläger hat gegen das ihm am 25. Mai 1999 zugestellte Urteil des Landgerichts mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 24. Juni 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift trägt den Eingangsstempel der allgemeinen Briefannahmestelle der Justizbehörden in K. vom Montag, den 28. Juni 1999. Der Kläger hat nach Mitteilung dieses Eingangsdatums am 7. Juli 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt und zugleich Berufung eingelegt. Er hat unter Vorlage von drei eidesstattlichen Versicherungen zur Begründung vorgetragen, der Ablauf
der Berufungsfrist sei im Fristenbuch der Kanzlei seiner Prozeßbevollmächtigten wie üblich einen Tag vor Fristablauf und mithin auf den 24. Juni 1999 notiert worden. Am Vormittag dieses Tages sei die Berufungsschrift unterzeichnet und sodann von der Sekretärin Ko. in das Postausgangsfach für die Post zum Land- und Oberlandesgericht gelegt worden. Dieses Fach sei nach allgemeiner Anweisung für solche Schriftsätze bestimmt, die noch am selben Tag durch Boten zur allgemeinen Briefannahmestelle zu bringen seien. Am Nachmittag des selben Tages habe die Auszubildende H. sämtliche Postausgangsfächer geleert und die Post in ihre Mappe gelegt. Davon habe sich die Mitarbeiterin Ka. überzeugt, die u.a. darauf zu achten habe, daß die Fächer vollständig geleert würden. Die Auszubildende H. habe die für das Land- und Oberlandesgericht bestimmte Post auf den Schreibtisch des diensthabenden Justizwachtmeisters in der allgemeinen Briefannahmestelle gelegt und sodann die für Rechtsanwälte bestimmte Post in die Anwaltsfächer gegeben. Nach Hinweis des Berufungsgerichts, der Kläger behaupte die Rechtzeitigkeit der Berufung, hat der Kläger vorgetragen, er müsse nach den ihm bekannten Umständen den rechtzeitigen Eingang der Berufungsschrift behaupten. Er könne allerdings angesichts des Eingangsstempels nicht ausschließen , daß die Berufungsfrist tatsächlich versäumt worden sei. Für diesen Fall gelte die beantragte Wiedereinsetzung, da der (sachbearbeitende) Prozeßbevollmächtigte organisatorisch alles veranlaßt habe, um die Rechtsmittelfrist zu wahren. Das Berufungsgericht hat eine dienstliche Stellungnahme der Justizwachtmeister eingeholt, die am 24. Juni 1999 in der Briefannahmestelle tätig gewesen waren. Nach ihrer Darstellung kann die Berufungsschrift frühestens am Montag, den 28. Juni 1999, eingegangen sein.
Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen und das Wiedereinsetzungsgesuch des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. 1. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Berufungsfrist nicht gewahrt ist. Gemäß § 418 Abs. 1 ZPO erbringt der Eingangsstempel der allgemeinen Briefannahmestelle der Justizbehörden in K. vom 28. Juni 1999 den Beweis dafür, daß die Berufungsschrift erst an diesem Tage und damit verspätet bei Gericht eingegangen ist. Der durch den Eingangsstempel begründete Beweis kann zwar gemäß § 418 Abs. 2 ZPO durch Gegenbeweis entkräftet werden; dies erfordert indes die volle Überzeugung des Gerichts vom rechtzeitigen Eingang. Das Berufungsgericht hat sich angesichts des Widerspruchs zwischen der dienstlichen Stellungnahme der beiden Justizwachtmeister und der eidesstattlichen Versicherung der Auszubildenden H. von der Rechtzeitigkeit der Berufung nicht überzeugen können. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Sie wird vom Kläger auch nicht in Zweifel gezogen. 2. Das Berufungsgericht hat sich gehindert gesehen, Wiedereinsetzung zu gewähren. Es hat dies damit begründet, der Kläger habe eine Fristversäumung nicht behauptet. Das trifft nicht zu.
Der Senat teilt diese Ansicht schon deshalb nicht, weil der Kläger einen Wiedereinsetzungsantrag gestellt und ihn damit begründet hat, er habe die Berufungsfrist ohne eigenes und ohne Verschulden seiner Prozeßbevollmächtigten nicht eingehalten. Dem steht nicht entgegen, daß der Kläger in erster Linie geltend macht, die Berufungsschrift sei rechtzeitig eingegangen, aber erst später mit einem Eingangsstempel versehen worden. Einer Partei, die die Zulässigkeit ihres Rechtsmittels geltend macht, steht es frei, dessen rechtzeitige Einlegung zu behaupten und zugleich für den Fall, daß das Gericht den Gegenbeweis nach § 418 Abs. 2 ZPO als nicht geführt ansieht, Wiedereinsetzung in den v origen Stand gegen die Versäumung der Frist zu beantragen (BGH, Beschluß vom 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312). So ist hier der Vortrag des Klägers zu verstehen, der sich ausdrücklich für den Fall einer anzunehmenden Fristversäumung auf die beantragte Wiedereinsetzung berufen hat.
3. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung zu gewähren. Er hat hinreichend glaubhaft gemacht, daß die Versäumung der Berufungsfrist, von der nach seinem Vortrag auszugehen ist, weder von ihm selbst noch von einem seiner Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verschuldet worden ist. Die vom Kläger im einzelnen dargelegte Organisation der Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftsätze ist nicht zu beanstanden. Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Wendt

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.