Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2011 - V ZB 205/10

bei uns veröffentlicht am17.02.2011
vorgehend
Amtsgericht Luckenwalde, 17 K 425/06, 13.04.2010
Landgericht Potsdam, 5 T 323/10, 07.07.2010
Landgericht Potsdam, 5 T 324/10, 07.07.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 205/10
vom
17. Februar 2011
in der Zwangsversteigerungssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 7. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für die anwaltliche Vertretung des Rechtsbeschwerdeführers im Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 95.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Beteiligten zu 1 und 2 betreiben die Zwangsversteigerung des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks der Beteiligten zu 3 und 4. Der Verkehrswert wurde auf 95.000 € festgesetzt. In dem Termin vom 13. April 2010 blieb der Beteiligte zu 5 mit einem Gebot von 65.000 € Meistbietender und erhielt den Zuschlag.
2
Am 19. April 2010 beantragte der Beteiligte zu 3, den Zuschlag zu versagen und das Zwangsversteigerungsverfahren für sechs Monate einzustellen. Zur Begründung führte er an, dass er seit September 2009 mit seiner schwerstbehinderten Tochter allein in dem Einfamilienhaus wohne. Ein Herausreißen der Tochter aus der gewohnten Umgebung wäre für ihren Zustand schädlich. Er habe 2009 einen Herzinfarkt erlitten und befinde sich noch in medizinischer Nachsorge. Seitdem er Kenntnis von der Zwangsversteigerung habe, leide er an einer depressiven Erkrankung, und es verfestigte sich ein Suizidgedanke stetig.
3
Gegen den ihm am 3. Mai 2010 zugestellten Zuschlagsbeschluss hat der Beteiligte zu 3, gestützt auf den Einstellungsantrag und unter Vorlage eines ärztlichen Attests, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 3 weiterhin die Versagung des Zuschlags und die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, der Schuldner könne nach Erteilung des Zuschlags einen Schutzantrag nach § 765a ZPO nicht (neu) stellen und diesen auch nicht erstmals mit der Beschwerde gegen den Zuschlag anbringen. Der Zuschlagsbeschluss könne im Beschwerdeweg nur in den in § 100 ZVG aufgeführten Fällen aufgehoben werden, in denen dem Vollstreckungsgericht ein wesentlicher Rechtsfehler unterlaufen sei

III.

5
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
6
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge, es liege ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 1 ZVG vor, weil nach Nr. 6 der Hinweise des Vollstreckungsgerichts an Bietinteressenten die Ausweispapiere bei der Gebotsabgabe vorzulegen seien, dem Protokoll über den Versteigerungstermin jedoch nicht entnommen werden könne, dass sich der Beteiligte zu 5 ausgewiesen habe. Die Unbeachtlichkeit dieser Rüge folgt bereits daraus, dass die Rechtsbeschwerde nur auf Rechtsfehler der Entscheidung des Beschwerdegerichts gestützt werden kann (§ 576 Abs. 1 ZPO) und ein solcher schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil das Beschwerdegericht einen etwaigen Zuschlagsversagungsgrund nach § 83 Nr. 1 ZVG nur auf eine Beanstandung des Beschwerdeführers hin prüfen musste (vgl. § 100 Abs. 3 ZVG). Eine solche ist in den Vorinstanzen jedoch nicht erhoben worden. Im Übrigen erfasst § 83 Nr. 1 ZVG nur eine Verletzung von Versteigerungsbedingungen im Sinne des Gesetzes (§§ 44 bis 65 ZVG).
7
2. Rechtsfehlerhaft nimmt das Beschwerdegericht aber an, dass der nach Erteilung des Zuschlags gestellte Vollstreckungsschutzantrag des Beschwerdeführers (§ 765a ZPO) unbeachtlich sei. Das Gegenteil ergibt sich aus der von ihm zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505) und der herangezogenen Kommentierung von Stöber (ZVG, 19. Aufl., Einleitung 59.10 b) sowie aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2007, 2910).
8
Zwar kann ein Zuschlagsbeschluss im Beschwerdeweg grundsätzlich nur in den in § 100 ZVG aufgeführten Fällen aufgehoben werden, in denen dem Vollstreckungsgericht ein wesentlicher Rechtsfehler unterlaufen ist. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht der Vollstreckungsorgane aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zwingt aber zu einer Ausnahme, wenn der durch den Zuschlag eintretende Eigentumsverlust zu einer konkreten Suizidgefahr bei dem Schuldner oder einem seiner Angehörigen führt. In diesem Fall ist es selbst dann, wenn die Suizidgefahr ein neuer Umstand ist, den das Vollstreckungsgericht (so) noch nicht hat wahrnehmen können, in keinem Fall gerechtfertigt, dass das Beschwerdegericht vor der nunmehr (möglicherweise) bestehenden Gefahr die Augen verschließt und unter Berufung auf die formale Verfahrensgestaltung eine Entscheidung bestehen lässt, die Ursache für den Tod des Schuldners werden kann (Senat, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 Rn. 19 u. 24). Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die auf den Zuschlagsbeschluss zurückzuführende Gefahr der Selbsttötung erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat und deshalb erstmals mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde geltend gemacht wird, oder ob sie latent bereits vor dem Zuschlag vorhanden war und sich durch diesen im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat. Die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Schuldners zu einer möglichen Suizidgefahr verletzt in beiden Fällen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (BVerfG, NJW 2007, 2910 Rn. 11 f.). Erst wenn der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig ist, kommt ein Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO mit dem Ziel der Aufhebung des Zuschlags nicht mehr in Betracht (Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - V ZB 37/09, WM 2010, 522; BVerfG, WM 2010, 767).

IV.

9
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben, er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
10
Es wird zunächst zu prüfen sein, ob nach dem Vortrag des Rechtsbeschwerdeführers bei einem endgültigen Eigentumsverlust durch Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses - und nicht erst im Hinblick auf die drohende Zwangsräumung (zur Unterscheidung: Senat, Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505 Rn. 23 f.; BVerfG, NJW 2007, 2910 Rn. 13 f.) - ernsthaft mit seinem Suizid zu rechnen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, WM 2011, 74 Rn. 23). Der Nachweis, dass es bei Fortsetzung des Verfahrens in jedem Fall zu einer Selbsttötung kommen wird, ist nicht erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, WM 2011, 74 Rn. 23).
11
Zu beachten ist, dass der Rechtsbeschwerdeführer nicht verpflichtet ist, das Gericht bereits durch seinen Vortrag oder durch die vorgelegten Atteste davon zu überzeugen, dass eine konkrete Suizidgefahr besteht. Die Richtigkeit einer schlüssigen Behauptung muss sich, wie auch sonst in Verfahren, die nach der Zivilprozessordnung durchzuführen sind, im Rahmen der Beweisaufnahme erweisen. Da das Gericht die Ernsthaftigkeit einer Suizidgefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann, ist es im Zweifel gehalten, einem Antrag des Schuldners auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 124/10, juris, und Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 215/09, juris).
12
Ist danach eine konkrete Suizidgefahr aufgrund einer endgültigen Zuschlagserteilung zu bejahen, wird weiter zu prüfen sein, ob dieser Gefahr auf andere Weise als durch die Versagung des Zuschlags und die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann, zum Beispiel durch eine vorläufige Unterbringung des Rechtsbeschwerdeführers (vgl. näher Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f.). Für das in diesem Fall notwendige Verfahren zur Vermeidung einer Blockade zwischen Vollstreckungs- und Betreuungsgericht wird auf den Beschluss des Senats vom 15. Juli 2010 (V ZB 1/10, NJW-RR 2010, 1649 Rn. 12 f.) verwiesen. Verspricht auch eine solche Maßnahme keinen Erfolg, muss über die Zuschlagsversagung anhand einer am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Würdigung der Gesamtumstände entschieden werden, bei der sowohl den dem Schuldner in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechten als auch den gewichtigen, ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der anderen Beteiligten des Zwangsvollstreckungsverfahrens Rechnung getragen wird. Krüger Stresemann Roth Weinland Brückner
Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 13.04.2010 - 17 K 425/06 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 07.07.2010 - 5 T 323/10 u. 5 T 324/10 -

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

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(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers we

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Der Zuschlag ist zu versagen: 1. wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;2. wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzela

Zivilprozessordnung - ZPO | § 576 Gründe der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. (2) Die Rechts

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 100


(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist. (2) Auf einen Grund, der nur das

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung - ZVG | § 44


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(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.

(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.

(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt.

(2) Die Rechtsbeschwerde kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat.

(3) Die §§ 546, 547, 556 und 560 gelten entsprechend.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.

(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.

(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

Der Zuschlag ist zu versagen:

1.
wenn die Vorschrift des § 43 Abs. 2 oder eine der Vorschriften über die Feststellung des geringsten Gebots oder der Versteigerungsbedingungen verletzt ist;
2.
wenn bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke das Einzelausgebot oder das Gesamtausgebot den Vorschriften des § 63 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 zuwider unterblieben ist;
3.
wenn in den Fällen des § 64 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 die Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder das Recht eines gleich- oder nachstehenden Beteiligten, der dem Gläubiger vorgeht, durch das Gesamtergebnis der Einzelausgebote nicht gedeckt werden;
4.
wenn die nach der Aufforderung zur Abgabe von Geboten erfolgte Anmeldung oder Glaubhaftmachung eines Rechts ohne Beachtung der Vorschrift des § 66 Abs. 2 zurückgewiesen ist;
5.
wenn der Zwangsversteigerung oder der Fortsetzung des Verfahrens das Recht eines Beteiligten entgegensteht;
6.
wenn die Zwangsversteigerung oder die Fortsetzung des Verfahrens aus einem sonstigen Grund unzulässig ist;
7.
wenn eine der Vorschriften des § 43 Abs. 1 oder des § 73 Abs. 1 verletzt ist;
8.
wenn die nach § 68 Abs. 2 und 3 verlangte Sicherheitsleistung nicht bis zur Entscheidung über den Zuschlag geleistet worden ist.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß eine der Vorschriften der §§ 81, 83 bis 85a verletzt oder daß der Zuschlag unter anderen als den der Versteigerung zugrunde gelegten Bedingungen erteilt ist.

(2) Auf einen Grund, der nur das Recht eines anderen betrifft, kann weder die Beschwerde noch ein Antrag auf deren Zurückweisung gestützt werden.

(3) Die im § 83 Nr. 6, 7 bezeichneten Versagungsgründe hat das Beschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

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(2) Nach diesem Maßstab darf eine im Zuschlagsbeschwerdeverfahren vorgetragene oder sogar schon durch Gutachten als bewiesen anzusehende Suizidgefahr jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht unter Hinweis auf die dargestellten Grundsätze des Senatsurteils (BGHZ 44, 138) außer Betracht gelassen werden, sofern der Eigentumsverlust durch den Zuschlag der für die Suizidgefahr maßgebliche Grund ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 37/09
vom
1. Oktober 2009
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein rechtskräftiger Zuschlagsbeschluss kann nicht nach § 765a ZPO aufgehoben
werden.
BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - V ZB 37/09 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. Oktober 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Klein, die Richterin
Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Schuldner gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 18. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 90.000 €.

Gründe:

I.

1
Die miteinander verheirateten Schuldner sind als Eigentümer des im Rubrum des Beschlusses bezeichneten Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in welchem die Schuldner wohnen.
2
Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks an. Im Versteigerungstermin blieb der Beteiligte zu 4 mit einem Gebot von 90.000 € Meistbietender. Durch Beschluss vom 28. Juli 2008 wurde ihm das Grundstück zugeschlagen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Schuldner wurde mit am 21. November 2008 den Schuldnern zugestelltem Beschluss des Landgerichts vom 17. November 2008 zurückgewiesen.
3
Mit Schriftsatz vom 24. November 2008 haben die Schuldner beantragt, die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundstücks gemäß § 765a ZPO aufzuheben, weil der Schuldner lebensbedrohlich erkrankt sei und das laufende Verfahren die Chancen seiner Heilung beeinträchtigen könne.
4
Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde der Schuldner hiergegen ist ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht meint, die ernsthafte Gefährdung des Lebens des Schuldners könne im Zuschlagsverfahren zwar erstmals geltend gemacht werden und zur Aufhebung und Versagung des Zuschlags führen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlags komme die Aufhebung des Versteigerungsverfahrens jedoch nicht mehr in Betracht.

III.

6
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
7
Der Antrag der Schuldner ist auf eine Entscheidung gerichtet, die das Vollstreckungsgericht nicht treffen darf. Er ist unzulässig.
8
Eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung kann nach § 765a Abs. 1 ZPO aufzuheben sein, wenn sie unter voller Würdigung der Schutzbedürfnisse des Gläubigers wegen besonderer Umstände für den Schuldner eine Härte bedeutet , die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Ob die Vorschrift es ermöglicht, ein angeordnetes Zwangsversteigerungsverfahren insgesamt aufzuheben, kann dahingestellt bleiben. Die beantragte Entscheidung müsste die Aufhebung des rechtskräftigen Beschlusses vom 28. Juli 2008 umfassen. Dies wäre nur möglich , wenn das Verfahrensrecht die Aufhebung zuließe. Daran fehlt es. Die Entscheidung über den Zuschlag ist der Rechtskraft fähig (BGH, Urt. v. 10. Oktober 1959, VII ZR 68/58, WM 1960, 25, 26; Urt. v. 15. Mai 1986, IX ZR 2/85, NJWRR 1986, 1115, 1116; Stöber, ZVG, 19. Aufl. § 81 Rdn. 9.1). Die Verkündung der Entscheidung hindert gemäß § 318 ZPO das Vollstreckungsgericht an einer Aufhebung. Ist die Entscheidung rechtskräftig geworden, scheidet ihre Aufhebung auch im Rechtsmittelverfahren aus.
9
Der Zuschlagsbeschluss ist eine hoheitliche Maßnahme, die in der Person des Zuschlagsbegünstigten Eigentum schafft und das Recht, aus dem die Zwangsversteigerung betrieben wird, und die diesem nachgehenden Rechte als Rechte an dem Grundstück erlöschen lässt, §§ 52 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZVG. Einen Wegfall dieser Wirkungen nach Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses sieht das Zwangsversteigerungsgesetz nicht vor. Sie würde eine Enteignung des Zuschlagbegünstigten bedeuten, für die es an einer Grundlage fehlt.

III.

10
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da sich die Beteiligten in einem Verfahren, in dem es um die Aufhebung des Zuschlags eines Grundstücks geht, in der Regel nicht als Parteien im Sinne von §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 Rdn. 7). Der Gegenstandswert des Verfahrens ist gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Meistgebot des Erstehers zu bestimmen. Krüger Klein Stresemann Roth Czub
Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 09.12.2008 - 2 K 4/07 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 18.02.2009 - 5 T 58/09 -

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

19
(2) Nach diesem Maßstab darf eine im Zuschlagsbeschwerdeverfahren vorgetragene oder sogar schon durch Gutachten als bewiesen anzusehende Suizidgefahr jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht unter Hinweis auf die dargestellten Grundsätze des Senatsurteils (BGHZ 44, 138) außer Betracht gelassen werden, sofern der Eigentumsverlust durch den Zuschlag der für die Suizidgefahr maßgebliche Grund ist.
23
Bei der von dem Schuldner geltend gemachten Suizidgefahr ist der Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO jedoch nicht schon dann zu versagen, wenn - wie hier - das Beweisergebnis nach einer neurologisch-psychiatrischen Begutachtung in Bezug auf das künftige Verhalten der Schuldnerin offen ist. Die Einwendung des Schuldners setzt nicht den Nachweis voraus, dass es bei der Durchführung der Vollstreckung zu einer Selbsttötung kommen wird. Der Beweis einer konkreten Lebensgefahr ist erbracht, wenn nach den von dem Tatrichter zu würdigenden Umständen die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung besteht (Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZR 199/09, Umdr. S. 5 - zur Veröffentlichung vorgesehen).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 124/10
vom
2. Dezember 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. März 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 90.000 €.

Gründe:

I.

1
Auf Antrag der Beteiligten zu 3 ordnete das Vollstreckungsgericht im Mai 2008 die Zwangsversteigerung des Grundstücks der Beteiligten zu 1 und 2 an. Dessen Verkehrswert wurde auf 90.000 € festgesetzt. In dem Versteigerungstermin am 10. November 2009 blieben die Beteiligten zu 5 und 6 mit einem Gebot von 71.000 € Meistbietende. Das Vollstreckungsgericht bestimmte den Termin zur Verkündung der Zuschlagsentscheidung auf den 10. Dezember 2009.
2
Am 10. November 2009 beantragte der Beteiligte zu 1 die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO und trug dazu unter anderem vor, bei seiner Frau seien Krebserkrankungen festgestellt worden, eines ihrer Kinder sei chronisch krank und er selbst seelisch und körperlich am Ende. Nachfolgend reichte er eine Bescheinigung des Arztes J. R. ein, nach der er an einer schweren depressiven Störung mit latenter Suizidalität erkrankt sei, welche durch das Zwangsversteigerungsverfahren aufrechterhalten und verstärkt werde.
3
Mit Beschluss vom 10. Dezember 2009 hat das Vollstreckungsgericht den Antrag zurückgewiesen und den Beteiligten zu 5 und 6 den Zuschlag erteilt. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist dieser von dem Landgericht darauf hingewiesen worden, dass die ärztliche Bescheinigung zur Darlegung von schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens und seiner Gesundheit ungeeignet sei. Der Beteiligte zu 1 hat daraufhin mitgeteilt, dass er sich seit kurzem in psychotherapeutischer Behandlung befinde, und hat die behandelnde Ärztin von ihrer Schweigepflicht entbunden. Zum Beweis für die bestehende , in einem engen kausalen Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung und ihren Folgen stehende Suizidgefahr hat er sich auf ein einzuholendes Sachverständigengutachten bezogen. Die sofortige Beschwerde ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 seinen Antrag auf Versagung des Zuschlags und Gewährung von Vollstreckungsschutz weiter.

II.

4
Das Beschwerdegericht meint, eine (einstweilige) Einstellung des Verfahrens komme nur in Betracht, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass bei Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens mit einer ernsthaften Gesundheits- und Lebensgefahr für den Beteiligten zu 1 oder einen seiner Familienangehörigen zu rechnen sei. Dies sei auf der Grundlage von dessen Vortrag nicht festzustellen. Die Ausführungen des Arztes J. R.
seien völlig ungeeignet und unbrauchbar; die Bescheinigung sei als Gefälligkeitsgutachten zu werten. Abgesehen davon, dass der Arzt vor dem Hintergrund, dass er gegen das Berufsverbot gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Brandenburg verstoße, unglaubwürdig sei, lägen weitere Anhaltspunkte dafür vor, dass er das Gutachten nicht unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen (§ 410 Abs. 1 ZPO) erstattet habe. Mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen für das Bestehen einer durch das Zwangsversteigerungsverfahren bedingten Gefahrensituation komme die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht. Die Krebserkrankungen der Ehefrau des Beteiligten zu 1 rechtfertigten eine einstweilige Einstellung des Verfahrens nicht.

III.

5
1. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Diese gibt allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass eine Zulassung nur zulässig ist, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Ob der Vortrag des Beteiligten zu 1 zu einer bestehenden Suizidgefahr als unsubstantiiert angesehen werden durfte oder Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens gab, ist eine Frage des Einzelfalls. Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht daraus, dass eine Gefährdung des Grundrechts des Beteiligten zu 1 auf Leben und körperliche Unversehrtheit im Raum steht (vgl. näher Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, juris).
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
a) Ohne Rechtsfehler nimmt das Beschwerdegericht allerdings an, der Vortrag des Beteiligten zu 1 zu den Krebserkrankungen seiner Ehefrau rechtfertige eine einstweilige Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht, weil das vorgelegte Attest über eine, offenbar erfolgreiche, Operation bereits ein Jahr alt und nicht näher dargelegt worden sei, dass ein Umzug zu einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands der Ehefrau führen werde. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, es bedürfe keiner weiteren Darlegungen, dass sich eine Zwangsräumung des bewohnten und gewohnten Hauses negativ auf die Heilungschancen auswirke, ist unbegründet. Die einstweilige Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 765a ZPO kommt nicht schon in Betracht, wenn die Fortsetzung des Verfahrens zu physischen oder psychischen Belastungen des Schuldners oder einer seiner Angehörigen führt, sondern nur dann, wenn sie einen schwerwiegenden und vor allem nicht anders abwendbaren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeutet. Diese Voraussetzungen werden allein durch den Hinweis auf bestehende Krebserkrankungen eines Familienangehörigen nicht darlegt.
8
b) Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde jedoch, dass das Beschwerdegericht dem sich aus der Vorlage der Bescheinigung des Arztes J. R. ergebenden Vortrag des Beteiligten zu 1, die bei ihm bestehende latente Suizidgefahr werde durch die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens aufrechterhalten und verstärkt, nicht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachgegangen ist.
9
aa) Es ist bereits zweifelhaft, ob das Beschwerdegericht erkannt hat, dass die schriftliche Äußerung des Arztes J. R. - die mit "ärztliche Bescheinigung" überschrieben ist, von dem Gericht aber durchweg als "Gutachten" bezeichnet wird - verfahrensrechtlich als qualifizierter Vortrag des Beteiligten zu 1 und nicht etwa als Sachverständigengutachten anzusehen ist.
10
(1) Das Beschwerdegericht verweist zur Begründung seiner Annahme, aus dem Vortrag des Beteiligten zu 1 ergäben sich keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Gefahr einer ernsthaften und nachhaltigen Verschlechterung von dessen Gesundheitszustand bei Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens , nämlich zuvörderst auf die von ihm als zutreffend erachteten Ausführungen des Vollstreckungsgerichts. Dabei verkennt es, dass das Vollstreckungsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, der Beteiligte zu 1 müsse die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz glaubhaft machen. Es hat nicht nur das "Gutachten" des Arztes J. R. als "zur Glaubhaftmachung des Vortrages [des Beteiligten zu 1] nicht geeignet" angesehen, sondern dem Beteiligten zu 1 Gelegenheit gegeben, "die Glaubhaftmachung seines Antrages… vorzunehmen", und schließlich den Antrag zurückgewiesen, weil "keine Glaubhaftmachung des…Vortrages feststellbar" sei.
11
Eine Glaubhaftmachung (§ 294 ZPO) ist im Verfahren nach § 765a ZPO nicht vorgesehen, vielmehr gelten aufgrund von § 869 ZPO die allgemeinen Verfahrensgrundsätze des Zivilprozessrechts. Der Schuldner hat daher die Tatsachen vorzutragen, auf die er den Vollstreckungsschutzantrag stützt, und diese im Streitfall zu beweisen (vgl. Stöber, ZVG, 19. Aufl., Einl. Anm 58.2), wobei die Beweise, wie auch sonst im Zivilprozess, von dem Gericht zu erheben sind. Eine Glaubhaftmachung des Vortrags ist weder erforderlich noch ausreichend. Etwas anderes gilt nur für einstweilige Eilmaßnahmen nach § 765a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 732 Abs. 2 ZPO (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 765a Rn. 28), um die es hier aber nicht geht.
12
(2) Dafür, dass das Beschwerdegericht die verfahrensrechtliche Bedeutung der ärztlichen Bescheinigung verkannt hat, spricht auch, dass es annimmt, das "Gutachten" sei "nicht unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen (§ 410 Abs. 1 ZPO)" erstattet worden. Die Vorschrift des § 410 Abs. 1 ZPO re- gelt den Beweis durch Sachverständige und ist deshalb auf Gutachten, die eine Partei selbst eingeholt hat, nicht anwendbar. Bei einem solchen Privatgutachten handelt es sich vielmehr um substantiierten Parteivortrag (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1998 - VIII ZR 220/97, NJW 1998, 3197, 3199 mwN).
13
bb) Aber auch wenn das Beschwerdegericht erkannt haben sollte, dass es sich bei der Bestätigung des Arztes nicht um ein Gutachten, sondern um substantiierten Parteivortrag handelt, erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtsfehlerhaft. Die Gerichte haben durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es erfordern, dass Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens , ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen, besonders sorgfältig nachgegangen wird (vgl. BVerfG, FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN).
14
Dabei muss die Gefahr solcher Beeinträchtigungen zwar vorgetragen sein; entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts sind an die Konkretisierung dieser Gefahr aber keine besonders strengen Anforderungen zu stellen. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG dürfen - umgekehrt - gerade keine überzogenen Anforderungen an die Darlegungslast des Schuldners gestellt werden. Insbesondere ist der Schuldner weder verpflichtet, das Gericht bereits durch seinen Vortrag davon zu überzeugen, dass eine konkrete Suizidgefahr besteht, noch muss er diese Gefahr durch Beibringung von Attesten nachweisen. Bestehen, wie hier, hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme einer Suizidgefahr, ist das Gericht - da es die Ernsthaftigkeit dieser Gefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann - gehalten, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, wie er auch hier gestellt worden ist, zu entsprechen.
15
Die Erheblichkeit des Vortrags, bei dem Beteiligten zu 1 bestehe eine latente Suizidgefahr, die durch die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens aufrechterhalten und verstärkt werde, durfte nicht deshalb verneint werden , weil der Arzt J. R. kein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und deshalb nach § 20 Abs. 1 Satz 2 der Berufsordnung der Landesärztekammer Brandenburg grundsätzlich nicht berechtigt ist, den Facharzt H. - J. R. zu vertreten und ärztliche Bescheinigungen, wie geschehen , unter dessen Briefkopf zu erstellen. Eine ernsthafte und erhebliche Gefahr für das Leben und die körperliche Unversehrtheit des Schuldners oder einer seiner Angehörigen kann auch durch die Stellungnahme eines Allgemeinmediziners substantiiert werden. Dass J. R. Arzt ist und als solcher praktizieren darf, stellt das Beschwerdegericht nicht in Abrede. Der Verstoß gegen die Berufsordnung lässt für sich genommen auch nicht den Schluss zu, dass der Arzt unglaubwürdig ist, also vorsätzlich eine falsche Diagnose gestellt hat.
16
Auch aus den von dem Beschwerdegericht angeführten Schreib- oder Übertragungsfehlern (psychischer Befund vom 12. November 2009, Bezeichnung des Beteiligten zu 1 als "die Patientin") konnte ohne weitere Sachaufklärung nicht geschlossen werden, der Arzt habe ein "Gefälligkeitsgutachten" erstellt. Vielmehr hätte, wenn die Ablehnung von Vollstreckungsschutz hierauf gestützt werden sollte, der Grund für die unzutreffenden Angaben aufgeklärt werden müssen. Entsprechendes gilt für den Vorwurf, in einem anderen Verfahren läge dem Gericht ein Gutachten des Arztes mit teilweise wortgetreuen Ausführungen vor.
17
Hiervon konnte das Beschwerdegericht nicht deshalb absehen, weil es am 1. März 2010 auf die unzutreffenden Angaben in der ärztlichen Bescheinigung hingewiesen hatte, ohne dass der Beteiligte zu 1 sich dazu geäußert hat. Aus dem Hinweis ergab sich nämlich, dass das Gericht die ärztliche Bescheini- gung aus mehreren Gründen für unbrauchbar hielt, und zwar auch aus solchen, die von dem Beteiligten zu 1 nicht ausgeräumt werden konnten (zB der Verstoß gegen die Berufsordnung). Demgemäß hat das Beschwerdegericht dem Beteiligten zu 1 auch nicht etwa Gelegenheit gegeben, zu den Einwänden gegen die ärztliche Bescheinigung Stellung zu nehmen, sondern hat anheimgestellt, ein aussagekräftiges psychiatrisches Attest, d.h. die Bescheinigung eines anderen Arztes, vorzulegen. Versprach eine Aufklärung darüber, dass es sich bei den unzutreffenden Angaben (möglicherweise) um einen Schreibfehler oder ein sonstiges Versehen des Arztes handelt, aber keinen Erfolg, weil das Beschwerdegericht zu erkennen gegeben hatte, dass es dessen Bescheinigung auch aus anderen Gründen für unglaubwürdig hielt, kann dem Beteiligten zu 1 nicht vorgehalten werden, dass er eine solche Richtigstellung unterlassen hat.

IV.

18
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben, er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
19
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass es nunmehr darauf ankommt, ob bei Fortsetzung des Verfahrens, unter Berücksichtigung der im März 2010 von dem Beteiligten zu 1 begonnenen psychotherapeutischen Behandlung, auch jetzt noch mit ernsthaften Gefahren für dessen Leben oder körperliche Unversehrtheit zu rechnen ist, was dieser zunächst darzutun hat. Über den Vortrag, der den übrigen Verfahrensbeteiligten zwecks Gewährung rechtlichen Gehörs zur Kenntnis zu geben ist, muss gegebenenfalls Beweis erhoben werden (zu den Anforderungen an die Würdigung vgl. Senat, Beschluss vom 30. September 2010 - V ZB 199/09, juris). Festzustellen ist, ob bei einem endgültigen Eigentumsverlust durch den Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ernsthaft mit einem Suizid des Schuldners zu rechnen ist. Der Nachweis, dass es bei Fortsetzung des Verfahrens zu einer Selbsttötung kom- men wird, ist nicht erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10 Rn. 23, juris).
20
Ist danach von einer ernsthaften Suizidgefahr auszugehen, wird weiter zu prüfen sein, ob dieser Gefahr auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann, zum Beispiel durch eine einstweilige Unterbringung des Beteiligten zu 1 (vgl. näher Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f.). Für das in diesem Fall notwendige Verfahren zur Vermeidung einer Blockade zwischen Vollstreckungs - und Betreuungsgericht wird auf den Beschluss des Senats vom 15. Juli 2010 (V ZB 1/10, WuM 2010, 587, 588) verwiesen. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Strausberg, Entscheidung vom 10.12.2009 - 3 K 254/08 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 25.03.2010 - 19 T 76/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 215/09
vom
16. Dezember 2010
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 16. Dezember 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Den Beteiligten zu 1 und 2 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gewährt. Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 8. Dezember 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Bottrop vom 19. August 2008 (16 K 40/05) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Zuschlagbeschluss eingestellt. Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 beträgt 234.000 €, für die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5 beträgt er 224.968,43 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligten zu 4 und 5 betreiben die Zwangsversteigerung in das Grundstück der miteinander verheirateten Schuldner. Dieses ist mit einem Einfamilienhaus bebaut, in welchem die Schuldner leben. In dem Versteigerungstermin vom 15. Juli 2008 blieb die Beteiligte zu 7 Meistbietende. Mit Beschluss vom 19. August 2008 hat das Vollstreckungsgericht ihr den Zuschlag erteilt.
2
Hiergegen haben die Schuldner sofortige Beschwerde mit der Begründung erhoben, sie seien psychisch erkrankt und würden sich selbst töten, sollten sie aufgrund des Zuschlags ihr Heim verlieren. Das Landgericht hat die Beschwerde im Hinblick auf das Insolvenzverfahren, welches über das Vermögen der Schuldner eröffnet worden ist, zunächst als unzulässig verworfen. Nach Aufhebung dieses Beschlusses durch den Senat und Zurückverweisung der Sache hat das Landgericht die sofortige Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Schuldner mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

3
Das Beschwerdegericht hält eine konkrete Suizidgefahr bei den Schuldnern für nicht erkennbar. Der Zustand der Schuldnerin habe sich nach ärztlicher Auskunft so weit verbessert, dass der Verlust des Hauses sie nicht mehr in den Freitod treiben werde. Soweit hinsichtlich ihres Ehemanns eine akute Suizidgefahr behauptet werde, vermöge sich die Kammer dieser Einschätzung nicht anzuschließen. In dem vorgelegten Attest werde die Gefahr eines Suizids nicht angesprochen. Die Ordnungsbehörde habe im September und Oktober 2008 keine Notwendigkeit für eine Unterbringung nach dem PsychKG gesehen. In einem Schreiben des Gesundheitsamts vom September 2008 heiße es, dass aus psy- chiatrischer Sicht im Moment kein Anhaltspunkt für eine Eigen- oder Fremdgefährdung vorliege. Entsprechend habe auch die Betreuungsstelle für Erwachsene keinen Handlungsbedarf gesehen. Soweit nunmehr mit Schriftsatz vom 17. September 2009 geltend gemacht werde, dass bei dem Schuldner immer noch eine akute Suizidgefahr bestehe, gebe es für die Richtigkeit dieses Vorbringens keine Anhaltspunkte. Weitere Ermittlungen seien deshalb abzulehnen. Allein das erhöhte Selbsttötungsrisiko bei Vorliegen einer Depressionserkrankung rechtfertige nicht die einstweilige oder dauerhafte Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens; dargelegt und nachgewiesen werden müsse eine konkrete Suizidgefahr.
4
Dabei werde nicht verkannt, dass die Schuldner im Juli 2008 für den Fall eines Verlusts des Privathauses mit dem Freitod gedroht hätten. Eine solche Drohung könne jedoch nicht zur Aufhebung oder Einstellung einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme führen, wenn erkennbar sei, dass der Schuldner im Hinblick auf seine aus seiner Sicht aussichtslose wirtschaftliche und persönliche Lage den Freitod wähle, wenn also die Entscheidung für den Suizid auf einem freien, von einer Krankheit unbeeinflussten Willen beruhe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Berufung auf den grundrechtlichen Schutz von Leben und Gesundheit nicht selten rechtsmissbräuchlich sei. Vorliegend spreche viel, wenn nicht alles dafür, dass die Schuldner die nicht auszuschließende Suizidgefahr instrumentalisierten.

III.

5
1. Den Rechtsbeschwerdeführern ist gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu gewähren. Sie waren ohne ihr Verschulden gehindert, die Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu wahren, weil sie zur Fertigung der Begründung auf die - rechtzeitig beantragte - Bewilligung von Prozesskostenhilfe angewiesen waren, der Senat diese aber erst nach Ablauf der Begründungsfrist ausgesprochen hat. Die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist gewahrt.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO), obwohl einer der im Gesetz genannten Zulassungsgründe (§ 574 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegt. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit eines der Beteiligten gefährdet sein könnte (vgl. näher Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10, juris).
7
3. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
8
a) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, kann die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Schuldners oder eines nahen Angehörigen wegen der Zwangsversteigerung seines Grundstücks zur Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses und zur einstweiligen Einstellung des Verfahrens gemäß § 765a ZPO führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die auf den Zuschlagsbeschluss zurückzuführende Gefahr der Selbsttötung sich erstmals nach dessen Erlass gezeigt hat, oder ob sie schon zuvor latent vorhanden war und sich durch den Zuschlag im Rahmen eines dynamischen Geschehens weiter vertieft hat (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 22/08, NJW 2009, 80; Beschluss vom 24. November 2005 - V ZB 99/05, NJW 2006, 505).
9
Rechtsfehlerhaft nimmt das Beschwerdegericht aber an, dass eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht in Betracht komme, wenn der drohende Suizid auf einem freien, von einer Krankheit unbeeinflussten Willen beruht. Eine solche Sichtweise wird dem in Art. 2 Abs. 2 GG enthaltenen Gebot zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nicht gerecht. Die Unfähigkeit , aus eigener Kraft oder mit zumutbarer fremder Hilfe die Konfliktsituation situationsangemessen zu bewältigen, verdient auch dann Beachtung, wenn ihr kein Krankheitswert zukommt. Die Einstufung eines drohenden Suizids als "Bi- lanzselbstmord" ändert nichts daran, dass das Leben des Schuldners durch die bevorstehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme in Gefahr ist und diese Gefahr bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen berücksichtigt werden muss (BVerfG NJW-RR 2001, 1523, 1524). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Beschwerdegericht einen drohenden Suizid des Schuldners als "Bilanzselbstmord" eingestuft und deshalb die Voraussetzungen für die Gewährung von Vollstreckungsschutz verneint hat, unterliegt der angefochtene Beschluss bereits aus diesem Grund der Aufhebung.
10
b) Aber auch unabhängig von den Erwägungen zu einem "Bilanzselbstmord" hält der Beschluss rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Das Beschwerdegericht beachtet nicht, dass die Gerichte durch ihre Verfahrensgestaltung die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen haben, damit Verfassungsverletzungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tunlichst ausgeschlossen werden. Dies kann es insbesondere erfordern, Beweisangeboten des Schuldners hinsichtlich seines Vorbringens, ihm drohten schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen , im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG besonders sorgfältig nachzugehen (vgl. BVerfG FamRZ 2005, 1972, 1973 mwN). Hierfür besteht Anlass, wenn das Gericht zwar von einer erhöhten Suizidgefahr ausgeht, diese aber nach dem Vortrag des Schuldners als nicht hinreichend konkret ansieht. Da das Gericht die Ernsthaftigkeit einer Suizidgefahr mangels eigener medizinischer Sachkunde ohne sachverständige Hilfe in aller Regel nicht beurteilen kann, ist es im Zweifel gehalten, dem Antrag des Schuldners auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
12
So verhält es sich auch hier. Das Beschwerdegericht geht hinsichtlich des Schuldners einerseits von einem erhöhten bzw. nicht auszuschließenden Selbsttötungsrisiko aus, meint aber andererseits, dass eine konkrete Suizidgefahr nicht überzeugend dargelegt worden sei. Es verkennt damit, dass der Schuldner weder verpflichtet ist, das Gericht bereits durch seinen Vortrag davon zu überzeugen, dass eine konkrete Suizidgefahr besteht, noch dass er diese Gefahr durch Beibringung von Attesten nachweisen muss. Die Richtigkeit der Behauptungen des Schuldners muss sich, wie auch sonst in Verfahren, die nach der Zivilprozessordnung durchzuführen sind, im Rahmen der Beweisaufnahme erweisen. Diese durchzuführen, ist Sache des Gerichts. Deshalb ist es verfehlt, wenn das Beschwerdegericht den Vortrag des Schuldners in dessen Schriftsatz vom 17. September 2009 mit der Begründung für unerheblich hält, für die Richtigkeit des Vorbringens gebe es keine Anhaltspunkte. Ein solcher Anhaltspunkt stellte im Übrigen die Äußerung des Sozialpsychiatrischen Dienstes vom 14. April 2009 dar, wonach eine Suizidgefahr bei den Schuldnern nicht auszuschließen sei. Demgegenüber lagen die anderen Äußerungen von Behördenseite zeitlich zu lange zurück, um auf ihrer Grundlage eine Suizidgefahr zu verneinen. Das Beschwerdegericht hätte deshalb den angebotenen Beweis erheben und mit sachverständiger Hilfe klären müssen, ob bei endgültiger Erteilung des Zuschlags und der aus dem Zuschlagsbeschluss zu erwartenden Zwangsräumung die behauptete ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung besteht.
13
c) Die angefochtene Entscheidung stellt sich schließlich nicht aufgrund der Annahme des Beschwerdegerichts als richtig dar, es spreche viel, wenn nicht alles dafür, dass die Schuldner die nicht auszuschließende Suizidgefahr instrumentalisierten , um ihren Grundbesitz zu erhalten. Dass Suizidabsichten vorgespiegelt sein können, um unberechtigt Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zu erlangen , ist bekannt. Es ist dem Tatrichter daher unbenommen, einen Sachverhalt unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände entsprechend zu würdigen und den beantragten Vollstreckungsschutz zu versagen. Bleibt, wie hier, aber letztlich offen, ob eine Suizidgefahr nur vorgespiegelt wird oder tatsächlich besteht , darf von einer notwendigen Beweisaufnahme nicht aufgrund des bloßen Verdachts, der Schuldner handele rechtsmissbräuchlich, abgesehen werden.

IV.

14
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben, er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
15
Es werden zunächst Feststellungen dazu zu treffen sein, ob bei einem endgültigen Eigentumsverlust durch den Eintritt der Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ernsthaft mit einem Suizid des Schuldners zu rechnen ist. Der Nachweis , dass es bei Fortsetzung des Verfahrens zu einer Selbsttötung kommen wird, ist nicht erforderlich (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2010 - V ZB 82/10 Rn. 23, juris).
16
Ist danach eine konkrete Suizidgefahr zu bejahen, wird weiter zu prüfen sein, ob dieser Gefahr auf andere Weise als durch die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann, zum Beispiel durch eine vorläufige Unterbringung des Beteiligten zu 2 (vgl. näher Senat, Beschluss vom 14. Juni 2007 - V ZB 28/07, NJW 2007, 3719, 3720 f.). Für das in diesem Fall notwendige Verfahren zur Vermeidung einer Blockade zwischen Vollstreckungs- und Betreuungsgericht wird auf den Beschluss des Senats vom 15. Juli 2010 (V ZB 1/10, WuM 2010, 587, 588) verwiesen.

V.

17
Da aus dem Zuschlagsbeschluss schon vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts auszusprechen (§ 575 Abs. 5, § 570 Abs. 3 ZPO).

VI.

18
Eine Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde wird nicht veranlasst sein. Gerichtskosten sind nicht entstanden. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht, da sich die Beteiligten bei einer Zuschlagsbeschwerde in der Regel, und so auch hier, nicht als Parteien im Sinne der §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (Senat, BGHZ 170, 378, 381 Rn. 7).
19
Die Wertfestsetzung für die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 beruht auf § 26 Nr. 2 RVG, diejenige für die Kosten der Beteiligten zu 5 auf § 26 Nr. 1 RVG. Krüger Stresemann Czub Brückner Roth
Vorinstanzen:
AG Bottrop, Entscheidung vom 19.08.2008 - 16 K 40/05 -
LG Essen, Entscheidung vom 08.12.2009 - 7 T 470/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/07
vom
14. Juni 2007
in dem Zwangsversteigerungsverfahren
betreffend den Grundbesitz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ist mit einer Zwangsvollstreckung die konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des
Schuldners verbunden, so muss das Vollstreckungsgericht, wenn es zur Abwehr dieser
Gefahr die Unterbringung des Schuldners in einer psychiatrischen Einrichtung für erforderlich
hält, mit der Vollstreckungsmaßnahme zuwarten, bis die Unterbringung durch die zuständigen
Behörden und Gerichte angeordnet und durchgeführt worden ist (im Anschluss
an Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

b) Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit hat der Tatrichter, bevor er die Unterbringung
anregt, stets zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung durch ambulante psychiatrische
und psychotherapeutische Maßnahmen begegnet werden kann. Bei der gebotenen
Abwägung mit den Interessen des Gläubigers (und gegebenenfalls des Erstehers)
sind die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu
berücksichtigen.

c) Regt das Vollstreckungsgericht bei den zuständigen Stellen eine Unterbringung an, sollte
es darauf hinweisen, dass die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners
nicht in einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung gelöst werden kann und dass daher
die Zwangsvollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär
zuständigen Stellen Maßnahmen zum Schutz des Schuldners nicht für notwendig erachten.
BGH, Beschl. v. 14. Juni 2007 - V ZB 28/07 - LG Düsseldorf
AG Neuss
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Juni 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Schuldners wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Vollstreckung aus dem Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Neuss vom 5. September 2006 (Az. 032 K 016/03) wird bis zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Schuldners gegen den Zuschlagsbeschluss eingestellt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 18.700 €.

Gründe:


1
Die Beteiligte zu 1 betreibt die Zwangsvollstreckung aus einer für sie an dem Grundstück des Schuldners eingetragenen Grundschuld. Die Versteigerung des Grundstücks wurde im Februar 2003 angeordnet. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind als weitere Gläubiger dem Verfahren beigetreten.
2
Nach mehreren Einstellungen des Verfahrens bestimmte das Vollstreckungsgericht den Versteigerungstermin auf den 12. Juli 2006. Mit Schreiben vom 26. Juni 2006 beantragte der Schuldner unter Hinweis auf eine beigefügte ärztliche Bescheinigung, in der eine konkrete Suizidgefahr bescheinigt wurde, den Termin aufzuheben. Dem wurde nicht entsprochen.
3
Nach Durchführung des Versteigerungstermins hat der Schuldner beantragt , das Verfahren nach § 765a ZPO einstweilen einzustellen. Diesen Antrag hat er mit anwaltlichem Schreiben vom 8. August 2006 wiederholt, dem weitere ärztliche Unterlagen beigefügt waren, die das Vollstreckungsgericht als nicht aussagekräftig angesehen hat. Mit Beschluss vom 5. September 2006 hat es den Zuschlag erteilt und den Vollstreckungsschutzantrag zurückgewiesen.
4
Mit der sofortigen Beschwerde hat der Schuldner u.a. beantragt, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Das Landgericht hat das Rechtsmittel zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seine im Beschwerdeverfahren zuletzt gestellten Anträge weiter.

II.

5
Das Beschwerdegericht geht, nach Einholung einer weiteren amtsärztlichen Stellungnahme, davon aus, dass der Schuldner infolge des Zwangsversteigerungsverfahrens akut suizidgefährdet ist. Es meint jedoch, dass dieser Gefahr durch eine Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) entgegengewirkt werden könne. Die Voraussetzungen für eine solche Unterbringung sieht es, gestützt auf seine Erfahrungen, die es aus Beschwerdeverfahren in Unterbringungssachen gewonnen hat, als gegeben an. Um eine Unterbringung zu veranlassen, werde es vor der Zustellung der die sofortige Beschwerde zurückweisenden Entscheidung die zuständige Ordnungsbehörde über die amts- ärztlich bescheinigte akute Suizidgefahr informieren und so auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinwirken.

III.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet.
7
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Einwand der Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht möglicherweise bereits das Rechtsschutzziel der Beschwerde verkannt habe, indem es das Rechtsmittel nicht als eine Zuschlagbeschwerde (§§ 96, 100 ZVG), sondern allein als eine sofortige Beschwerde nach § 95 ZVG gegen die Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrages gem. § 765a ZPO angesehen habe. Ein solches Verständnis, das angesichts des Umstands, dass der Schuldner auch die Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses beantragt hat, fehlerhaft wäre, liegt der angegriffenen Entscheidung nicht zugrunde. Das Beschwerdegericht ist vielmehr zutreffend von einer einheitlichen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts durch Erteilung des Zuschlags unter gleichzeitiger Zurückweisung des Vollstreckungsschutzantrags ausgegangen, gegen die sich die sofortige Beschwerde gerichtet hat. Der Sache nach – und nur das ist in der Beschwerdeentscheidung hervorgehoben - wendet sich der Schuldner aber allein dagegen, dass sein Vollstreckungsschutzantrag erfolglos geblieben ist. Damit hat er - was möglich ist - die Zuschlagsbeschwerde auf eine Verletzung des § 765a ZPO gestützt.
8
2. Zu Recht macht die Rechtsbeschwerde aber geltend, dass der beantragte Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nicht mit der gegebenen Begründung versagt werden kann.
9
a) Wie das Beschwerdegericht nicht verkennt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 163, 66, 73; Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 99/05, NJW 2006, 505, 506) selbst dann, wenn - wie hier - mit der Zwangsvollstreckung eine konkrete Gefahr für Leben und Gesundheit des Schuldners verbunden ist, eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung nicht ohne weiteres (einstweilen) einzustellen. Erforderlich ist stets die Abwägung der - in solchen Fällen ganz besonders gewichtigen - Interessen des Betroffenen (Lebensschutz, Art. 2 Abs. 2 GG) mit den Vollstreckungsinteressen des Gläubigers (Eigentumsschutz, Art. 14; wirksamer Rechtsschutz, Art. 19 Abs. 4 GG). Es ist daher sorgfältig zu prüfen, ob der Gefahr der Selbsttötung nicht auch auf andere Weise als durch Einstellung der Zwangsvollstreckung wirksam begegnet werden kann. Mögliche Maßnahmen betreffen die Art und Weise, wie die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, aber auch die Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten nach polizeirechtlichen Vorschriften oder dessen Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen (BGHZ 163, 66, 74 sowie Senat, Beschl. v. 24. November 2005, aaO). Allerdings sind solche begleitende Maßnahmen nur dann geeignet, der Suizidgefahr entgegenzuwirken, wenn ihre Vornahme auch weitestgehend sichergestellt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508). Diesem Gesichtspunkt trägt die angefochtene Entscheidung nicht ausreichend Rechnung.
10
b) Das Beschwerdegericht sieht als Alternative zu einer Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses die Möglichkeit einer Unterbringung des Schuldners nach §§ 11, 12 PsychKG (NRW). Ob es dazu kommt, liegt aber, unabhängig von der möglicherweise gegebenen eigenen Sachkunde, nicht in der Entscheidungskompetenz des Beschwerdegerichts. Zuständig ist vielmehr nach § 12 Abs. 1 PsychKG (NRW) das Vormundschaftsgericht. Ohne eine Anordnung des Vormundschaftsgerichts fehlt der angefochtenen Entscheidung die die Abwägung tragende Grundlage. Das Vorhaben des Beschwerdegerichts, die für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Ordnungsbehörde über die Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens sowie über die amtsärztlich belegte akute Suizidgefahr zu informieren und auf die sofortige Unterbringung des Schuldners hinzuwirken, ist nicht geeignet, die für erforderlich gehaltene Maßnahme auch weitestmöglich sicherzustellen. Ob die Ordnungsbehörde den Antrag auf Unterbringung stellt, ob das Vormundschaftsgericht die Unterbringung anordnet, das sind Entscheidungen, auf die das Beschwerdegericht keinen maßgeblichen Einfluss hat. Das wird vorliegend besonders deutlich, wenn der Vortrag der Rechtsbeschwerde zugrunde gelegt wird, dass das Vormundschaftsgericht die Unterbringung des Schuldners am Tage nach der angefochtenen Entscheidung abgelehnt hat.

IV.

11
Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts stellt sich damit als rechtsfehlerhaft dar und ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO). Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Dabei wird das Beschwerdegericht folgendes zu beachten haben.
12
1. Eine Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn dem Ersteher zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist. Mit der Aufhebung verliert er nämlich rückwirkend das durch den Zuschlag gem. § 90 Abs. 1 ZVG erworbene Eigentum. Die Gewährung rechtlichen Gehörs ist gegebenenfalls nachzuholen.
13
2. Sollte das Beschwerdegericht zu der Überzeugung gelangen, dass - trotz einer den Antrag auf Unterbringung ablehnenden Entscheidung des Vormundschaftsgerichts - weiterhin Suizidgefahr besteht, so wird es zweierlei zu prüfen haben.
14
a) Die Rechtsbeschwerde weist zu Recht darauf hin, dass sich aus dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Suizidgefahr mit ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Maßnahmen begegnet werden kann. Der Tatrichter hat in einem solchen Fall unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit abzuwägen, ob darin eine Lösung des Konflikts gefunden werden kann, die von dem Gläubiger (und dem Ersteher) angesichts der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 GG hinzunehmen ist und die einer freiheitsentziehenden Maßnahme wie einer Unterbringung vorzuziehen ist. Eine solche Abwägung hat das Beschwerdegericht bislang nicht vorgenommen. Das wird nachzuholen sein. Dabei sind vor allem die Erfolgsaussichten einer solchen Behandlung und die voraussichtliche Dauer zu berücksichtigen. Voraussetzung ist ferner, dass sich der Schuldner - nachhaltig - einer solchen Therapie unterzieht.
15
b) Kommt eine ambulante Behandlung nicht in Betracht, wird im konkreten Fall zu erwägen sein, bei der zuständigen Behörde erneut die Unterbringung des Schuldners oder bei dem Vormundschaftsgericht die Anordnung einer Betreuung anzuregen. Die für die Vollstreckung zuständigen Organe und Gerichte haben die Eigentumsrechte des Vollstreckungsgläubigers und des Erstehers zu wahren. Die staatliche Aufgabe des Lebensschutzes des Schuldners kann nicht durch eine dauerhafte Einstellung der Vollstreckung gelöst werden. Darauf sollten die für eine Unterbringung zuständigen Behörden und Gerichte - nicht nur im konkreten Fall, sondern generell in Fällen, in denen das Vollstreckungsgericht eine Unterbringung des Schuldners für notwendig hält - in der Anregung hingewiesen werden. Hinzuweisen ist ferner auf die Folge, dass nämlich die Vollstreckung fortzusetzen sein wird, wenn die für den Lebensschutz primär zuständigen Behörden und Vormundschaftsgerichte Maßnahmen zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für notwendig erachten.
16
Wie weiter zu verfahren ist, hängt von der Entscheidung des Vormundschaftsgerichts ab. Ordnet es die Unterbringung nach §§ 10 ff. PsychKG (NRW) an, so hat das Beschwerdegericht sicherzustellen, dass die Zwangsversteigerung nicht fortgesetzt wird, bevor der Schuldner in Gewahrsam genommen wurde. Hält es eine Unterbringung zum Schutze des Lebens des Schuldners nicht für erforderlich und wird diese Entscheidung bestandskräftig, so liegt darin eine Entscheidung der für die Frage der Unterbringung unter dem Gesichtspunkt der Selbstgefährdung primär zuständigen Stelle, die es im Regelfall, aber auch erst dann, gestattet, die Zwangsvollstreckung fortzusetzen (vgl. Schuschke , NJW 2006, 876, 877). Das enthebt das Vollstreckungsgericht (bzw. das Beschwerdegericht ) allerdings nicht der Prüfung, ob zur Beherrschung der Restgefahr andere begleitende Maßnahmen betreuender Art getroffen werden müssen (vgl. Senat, Beschl. v. 24. November 2005, V ZB 24/05, NJW 2006, 508).

V.

17
1. Da aus dem Zuschlagsbeschluss bereits vor dem Eintritt der Rechtskraft vollstreckt werden kann (Böttcher, ZVG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 2; Stöber, ZVG, 18. Aufl., § 93, Rdn. 2.1) und die Aufhebung der Entscheidung des Beschwerdegerichts dem Zuschlagsbeschluss die Vollstreckbarkeit nicht nimmt, ist die Aussetzung der Vollstreckung bis zur erneuten Entscheidung des Beschwerdegerichts gem. §§ 574 Abs. 1, § 570 Abs. 3 ZPO durch das Rechtsbeschwerdegericht auszusprechen (vgl. BVerfG NJW 1994, 1719, 1720; NJW 2004, 49, 50; NZM 2005, 657, 659).
18
2. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens entspricht dem Wert einer Zuschlagsbeschwerde des Schuldners, die auf der Zurückweisung eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 765a ZPO beruht. Diesen Wert bemisst der Senat mit einem Bruchteil von 1/10 (vgl. dazu Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Rdn. 16 Stichwort: "Vollstreckungsschutz") des nach dem Versteigerungsergebnis anzunehmenden Zuschlagswertes.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub

Vorinstanzen:
AG Neuss, Entscheidung vom 05.09.2006 - 32 K 16/03 -
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.02.2007 - 19 T 257/06 -
12
Der Verweis auf die Primärzuständigkeit des Vormundschaftsgerichts ist nur tragfähig, wenn dieses Gericht lebensschützende Maßnahmen ergriffen oder aber eine erhebliche Suizidgefahr gerade für das diese Gefahr auslösende Moment - hier den endgültigen Eigentumsverlust der Schuldnerin - verneint hat. So verhält es sich hier jedoch nicht. Zwar hat das Vormundschaftsgericht eine Unterbringung der Mutter der Schuldnerin abgelehnt. Nicht aber hat es die akute Gefahr eines Suizides für den Fall des endgültigen Eigentumsverlustes verneint , sondern (nur) darauf abgestellt, dass "gegenwärtig" eine solche Gefahr nicht vorliege. Bliebe man hierbei stehen, wäre die Fortführung des Zwangsversteigerungsverfahrens - wie das Beschwerdegericht richtig sieht - blockiert. Solange kein endgültiger Eigentumsverlust eintritt, besteht nach der Auffassung des Vormundschaftsgerichts keine akute Suizidgefahr. Ohne eine solche Gefahr trifft dieses Gericht keine sichernden Maßnahmen. Das wiederum hätte zur Folge, dass der Zuschlag nicht aufrecht erhalten werden dürfte.