Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2018 - StB 7/18

bei uns veröffentlicht am28.06.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 7/18
vom
28. Juni 2018
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer ausländischen terroristischen
Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2018:280618BSTB7.18.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und seines Verteidigers am 28. Juni 2018 gemäß § 304 Abs. 5 StPO
beschlossen:
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 27. November 2017 - 5 BGs 211/17 - wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


I.


1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 27. November 2017 (5 BGs 211/17) die Durchsuchung der Person des Beschuldigten, der von ihm mitgeführten Sachen und der jeweils von ihm genutzten Räumlichkeiten der mit seiner Mutter und zwei Brüdern geteilten Wohnung nach näher umschriebenen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist am 21. Dezember 2017 vollzogen worden; die Durchsicht der aufgefundenen Papiere und Datenträger dauert noch an. Am 29. März 2018, eingegangen beim Bundesgerichtshof am 31. März 2018, hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt.
Er beanstandet im Wesentlichen, dass bei Erlass des Beschlusses ein Anfangsverdacht nicht vorgelegen habe und die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Straftat nicht nach deutschem Recht strafbar sei. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde mit Beschluss vom 3. April 2018 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung übersandt.

II.


2
Das Rechtsmittel erweist sich als unbegründet.
3
1. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) sind gegeben.
4
a) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen durchzuführenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit - nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. September 2006 - 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443; BGH, Beschlüsse vom 18. Dezember 2008 - StB 26/08, NStZ-RR 2009, 142, 143; vom 12. August 2015 - StB 8/15, NStZ 2016, 370, 371).
5
b) Gemessen hieran liegen sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Insbesondere besteht der Anfangsverdacht, dass der Beschwerdeführer sich an der Vereinigung "Sunzhensky Jaamat", einer Unterorganisation des "Kaukasischen Emirats", und damit an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§§ 129a, 129b StGB) als Mitglied beteiligte.
6
Es liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der maßgeblich vom Nordkaukasus aus agierenden Gruppierung "Kaukasisches Emirat" hinsichtlich der insoweit geforderten Organisationsstruktur, Zielsetzung und Aktivitäten um eine ausländische terroristische Vereinigung (§ 129b Abs. 1 Satz 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB) handelt. Diese ergeben sich aus dem Auswertebericht des Bundeskriminalamtes vom 10. August 2011, dem Behördenzeugnis des Bundesnachrichtendienstes vom 24. April 2013 und einem Gutachten der Sachverständigen Dr. H. und Dr. L. vom 2. Dezember 2013. Danach hat sich die von radikal-islamistischen Anschauungen geleitete Vereinigung zum Ziel gesetzt, die nordkaukasischen Republiken aus der Russischen Föderation auszugliedern und auf ihrem Gebiet einen Gottesstaat islamistischer Prägung unter Geltung der Scharia zu errichten. Zur Erreichung dieses Ziels unternahm die Vereinigung unter Inkaufnahme auch ziviler Opfer Anschläge in der gesamten Russischen Föderation. Die Gruppierung ist hierarchisch organisiert. Ihr steht ein als "Emir" bezeichneter Anführer vor, bei dem es sich zur Zeit um Aliaskhab Kebekov alias Scheich Ali Abu Mukhammad handelt. Das vom "Kaukasischen Emirat" beanspruchte Territorium ist in Gebiete unterteilt, in denen jedenfalls im Jahr 2012 jeweils mehrere Gruppen von Kämpfern ("Jamaate") bestanden. Dies stützt den Verdacht , dass es sich bei dem von Hinweisgebern der russischen Behörden benannten "Sunzhensky Jaamat" um eine im Bezirk Sunzhensky der Republik Inguschetien agierende Kampfgruppe der Vereinigung "Kaukasisches Emirat" handelt (vgl. Behördenzeugnis des Bundesnachrichtendienstes vom 21. Dezember 2016; vgl. auch Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 15. August 2017).
7
Es besteht auch ein Anfangsverdacht, dass der damals in diesem Bezirk lebende Beschwerdeführer sich an dieser Gruppierung als Mitglied beteiligte, wobei es insbesondere seine Funktion war, als Hilfsperson Lebensmittel , militärische Ausrüstung bzw. "Dienstkleidung" und andere Gegenstände für die Kämpfer zu verschaffen und so die "Lebensfunktion" der Vereinigung aufrecht zu erhalten. Konkrete Anhaltspunkte für diesen Verdacht ergeben sich aus den Auslieferungsunterlagen, die die russischen Behörden ihrem den Beschwerdeführer betreffenden Auslieferungsersuchen beigefügt haben. Danach betreiben die Ermittlungsbehörden der zur Russischen Föderation gehörenden Republik Inguschetien gegen den Beschwerdeführer ein - inzwischen bis zur Anklageerhebung gediehenes - Ermittlungsverfahren wegen Teilnahme an einer illegalen bewaffneten Formation. Zwar lagen diese Unterlagen zunächst in einer nahezu unverständlichen Übersetzung vor. Doch ist inzwischen eine sehr viel besser verständliche Übersetzung nachgeliefert worden, so dass sich ihr Inhalt nachvollziehen lässt. Auch wenn die vorgelegten "Beschlüsse" über die Einleitung der Ermittlungen vom 5. April 2013, über die Ausschreibung zur Fahndung vom 5. Mai 2013 und zur Verhaftung vom 23. September 2014 sowie über die Erhebung der Anklage vom 6. Juli 2014 regelmäßig wenig mehr als den oben aufgeführten Vorwurf enthalten, ohne dies im Einzelnen mit Beweistatsachen zu belegen, lassen sich der Einleitungsverfügung immerhin der Tatzeitraum (seit Herbst 2012) und der Tatort (das Flachland des Rayon Suncha in der Republik Inguschetien) sowie - wenn auch allgemein umschrieben - die Tatbeiträge des Beschwerdeführers entnehmen. Insbesondere ergibt sich daraus auch, dass jedenfalls drei Zeugen den Beschwerdeführer als unter dem Decknamen "M. " agierende Hilfsperson des "Sunzhensky Jaamat" identifiziert haben, der den Kämpfern der Vereinigung Lebensmittel und andere Gegenstände lieferte. Dies genügt zur Umschreibung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tat und zur Annahme eines über bloße Vermutungen hinausgehenden, tatsachengestützten Anfangsverdachts. Dabei kommt es entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht darauf an, ob der Beschuldigte von der Vereinigung als Beschaffer auch von Waffen (so etwa die erste Übersetzung des Haftbefehls des Richters des Rayongerichts der Republik Inguschetien vom 23. September 2014: "kauft Waffen, Kriegssache und andere ... nötige Dinge") oder lediglich von Nahrungsmitteln, "Dienstkleidung", Hygieneartikeln und Kommunikationsmitteln (so die deutlich besser verständliche neue Übersetzung des Haftbefehls) eingesetzt war. Als Beteiligungshandlungen kommen alle Aktivitäten in Betracht, die die unmittelbaren Ziele der Vereinigung durchzusetzen helfen und somit Aufbau, Zusammenhalt oder Tätigkeit der Organisation fördern (LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129 Rn. 106 mwN). Selbst wenn die vorgelegten Dokumente den Verdacht einer Mitgliedschaft des Beschuldigten an der Vereinigung "Kaukasisches Emirat" nicht belegen sollten, so wäre sein Verhalten jedenfalls als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu werten. Denn insoweit genügt jede die Vereinigung als solche oder einzelne Mitglieder unterstützende Tätigkeit, die als Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation - und nicht nur für das einzelne Mitglied - objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Dezember 2017 - StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72, 73 mwN; vom 28. Mai 2018 - 3 StR 490/17, juris Rn. 5).
8
2. Es ist deutsches Strafrecht anwendbar. Dies folgt jedenfalls aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 4 StGB, weil der Beschuldigte sich in Deutschland befindet (vgl. zum Strafanwendungsrecht nach § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB: BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - AK 11-13/17, juris Rn. 16; vgl. auch BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 35 f.). Im übrigen liegen auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB vor.
Der Beschuldigte ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation. Die ihm vorgeworfenen Straftaten, die er auf dem Gebiet der Russischen Föderation begangen haben soll, sind am Tatort mit Strafe bedroht, da die "Teilnahme an einer bewaffneten Organisation, die durch kein Föderalgesetz vorgesehen ist", nach Art. 208 Abs. 2 Variante 1 des russischen Strafgesetzbuches strafbar ist. Eine Auslieferung kommt nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. Dezember 2016 wegen Vorliegens eines Auslieferungsverbots (politische Tat im Sinne des § 6 IRG) nicht in Betracht. Es liegt eine Ermächtigung des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz vom 4. Oktober 2017 zur strafrechtlichen Verfolgung von Taten des Beschuldigten im Zusammenhang mit der ausländischen terroristischen Vereinigung "Kaukasisches Emirat" vor.
9
3. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung ist geeignet, zur Klärung des Tatverdachts beizutragen. Die Anordnung der Durchsuchung steht auch in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts.
Gericke Spaniol Leplow

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(1) Die Beschwerde ist gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht.

(2) Auch Zeugen, Sachverständige und andere Personen können gegen Beschlüsse und Verfügungen, durch die sie betroffen werden, Beschwerde erheben.

(3) Gegen Entscheidungen über Kosten oder notwendige Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(4) Gegen Beschlüsse und Verfügungen des Bundesgerichtshofes ist keine Beschwerde zulässig. Dasselbe gilt für Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte; in Sachen, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug zuständig sind, ist jedoch die Beschwerde zulässig gegen Beschlüsse und Verfügungen, welche

1.
die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Unterbringung zur Beobachtung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 oder § 101a Absatz 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen,
2.
die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnen oder das Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einstellen,
3.
die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (§ 231a) anordnen oder die Verweisung an ein Gericht niederer Ordnung aussprechen,
4.
die Akteneinsicht betreffen oder
5.
den Widerruf der Strafaussetzung, den Widerruf des Straferlasses und die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (§ 453 Abs. 2 Satz 3), die Anordnung vorläufiger Maßnahmen zur Sicherung des Widerrufs (§ 453c), die Aussetzung des Strafrestes und deren Widerruf (§ 454 Abs. 3 und 4), die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 372 Satz 1) oder die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung nach den §§ 435, 436 Absatz 2 in Verbindung mit § 434 Absatz 2 und § 439 betreffen;
§ 138d Abs. 6 bleibt unberührt.

(5) Gegen Verfügungen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofes und des Oberlandesgerichts (§ 169 Abs. 1) ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie die Verhaftung, einstweilige Unterbringung, Bestellung eines Pflichtverteidigers oder deren Aufhebung, Beschlagnahme, Durchsuchung oder die in § 101 Abs. 1 bezeichneten Maßnahmen betreffen.

Bei dem, welcher als Täter oder Teilnehmer einer Straftat oder der Datenhehlerei, Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist, kann eine Durchsuchung der Wohnung und anderer Räume sowie seiner Person und der ihm gehörenden Sachen sowohl zum Zweck seiner Ergreifung als auch dann vorgenommen werden, wenn zu vermuten ist, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führen werde.

(1) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Durchsuchungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 ordnet der Richter an; die Staatsanwaltschaft ist hierzu befugt, wenn Gefahr im Verzug ist.

(2) Wenn eine Durchsuchung der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn möglich, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizeibeamte oder Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft sein.

(3) Wird eine Durchsuchung in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Durchsuchung von Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
S t B 8 / 1 5
vom
12. August 2015
in dem Ermittlungsverfahren
gegen
wegen des Verdachts der Gründung und der Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
sowie des Beschuldigten und seines Verteidigers am 12. August
2015 gemäß § 304 Abs. 5 StPO beschlossen:
Die Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 30. April 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Der Generalbundesanwalt führt gegen den Beschwerdeführer und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Gründung und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung namens "Oldschool Society". Auf seinen Antrag hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs mit Beschluss vom 30. April 2015 (3 BGs 59/15) die Durchsuchung der Person und Wohnung des Beschwerdeführers sowie des von ihm genutzten Kraftfahrzeugs nach näher umschriebenen Beweismitteln angeordnet. Die Durchsuchung ist am 6. Mai 2015 vollzogen worden; die Durchsicht aufgefundener Datenträger dauert noch an. Am 2. Juni 2015, eingegangen beim Bundesgerichtshof am 6. Juni 2015, hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Durchsuchungsanordnung eingelegt. Er beanstandet im Wesentlichen, dass der an- gefochtene Beschluss ausschließlich auf "Angaben vom Hörensagen" beruhe, die aus unzulässiger Quelle von geringer Glaubwürdigkeit, nämlich dem Verfassungsschutz , stammten; Beweisergebnisse würden zudem nicht ausreichend konkret mitgeteilt. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Juni 2015 nicht abgeholfen und die Sache am selben Tag dem Senat zur Entscheidung übersandt.

II.


2
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
3
1. Die Voraussetzungen für den Erlass der Durchsuchungsanordnung (§§ 102, 105 StPO) waren gegeben. Hierzu gilt:
4
a) Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es - unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit - nicht (st. Rspr.; vgl. BVerfG Beschluss vom 7. September 2006 - 2 BvR 1219/05, NJW 2007, 1443; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - StB 26/08, NStZ-RR 2009, 142, 143). Auch Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder können dazu beitragen, einen konkreten Verdacht in diesem Sinne zu begründen. Zwar handelt es sich hierbei regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Her- anziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238, 247 zu einem hinreichenden Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO). Dies nimmt Behördenzeugnissen jedoch nicht von vornherein jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob sie lediglich zum Beleg eines Anfangsverdachts (§ 160 Abs. 1 StPO) oder zur Begründung einer höheren Verdachtsstufe herangezogen werden. Soweit in den Behördenzeugnissen der Inhalt primärer Beweismittel wiedergegeben wird, beurteilt sich die Zuverlässigkeit dieser Angaben nach allgemeinen Grundsätzen. Insoweit kann etwa die Konkretheit der Ausführungen ebenso von Bedeutung sein wie deren Umfang oder Objektivierung anhand weiterer, unmittelbar vorliegender Beweismittel.
5
b) Gemessen an diesen Maßstäben lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses sachlich zureichende Gründe für die Anordnung der Durchsuchung vor. Hinsichtlich der nach § 129a StGB erforderlichen Organisationsstruktur des Personenzusammenschlusses ergibt sich der Anfangsverdacht daraus, dass die Gruppe unter dem Namen "Oldschool Society" ein Facebook-Profil unterhielt (etwa Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015, im Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2015 enthaltener Screenshot), auf dem Beiträge veröffentlicht wurden, die einen auf Dauer angelegten und organisierten Personenverbund beschreiben; so etwa der Beitrag vom 15. September 2014 (",Oldschool Society` erhebt sich… Nicht mit uns, wir stehen zusammen, aktiv für unser Vaterland, für die Ehre unserer Ahnen und die Zukunft unserer Kinder…") und der von der "Abteilung für Presse und Öffentlichkeit der OSS" veröffentlichte Beitrag vom 24. September 2014, in dem die "Ideen und Lösungen" der Gruppe vorgestellt wurden (beide Beiträge auszugsweise zitiert im Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Dass ein höherer Organisationsgrad bestand und die Mitglieder bereit waren, sich dem Gruppenwillen unterzuordnen, legt die - auf dem FacebookPortal veröffentlichte (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015) - Satzung nahe, aus der sich unter anderem eine Führungsebene ("President", "Vice-president") und die Aufgabenverteilung auf verschiedene Funktionsträger ergibt, so etwa auf den "Press chief", den "chief of security" und den "Seargent at arms", der Strafen zur Wahrung der Gruppendisziplin umsetzt (hierzu Behördenzeugnis des Landesamtes für Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz vom 20. März 2015 mit auszugsweise wörtlicher Wiedergabe der "OSS-Regeln": "…Den Anweisungen der Führungsebene ist Folge zu leisten…Zuwiderhandlung wird mit Ausschluss geahndet"). Gestützt werden diese Erkenntnisse durch den Facebook-Beitrag der Gruppe zum "1. Treffen in B. (L. )" nebst der namentlichen Benennung der Teilnehmer (Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2015 mit dort enthaltenen Screenshots des Facebook-Beitrags).
6
Konkrete Anhaltspunkte, dass die Ziele der Organisation darauf gerichtet waren, terroristische Taten im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB zu begehen, ergaben sich aus Folgendem:
7
Innerhalb der Gruppe wurde konkret über die Begehung entsprechender Straftaten, insbesondere von Brandanschlägen diskutiert; dies belegen Äußerungen der OSS-Mitglieder R. und O. vom 4. Februar 2015 (u.a.: "… man könnte ja in win paar Häuser wo Ausländer drin wohnen ne Brand oder Farbe Bombe rein werfen" [Fehler wie im Original], Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 8. April 2015). Auch aus dem im Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015 aus- zugsweise wörtlich wiedergegebenen Telefonat zwischen den Mitbeschuldigten K. L. und D. G. vom 25. Dezember 2014 ergibt sich, dass entsprechende Taten Gesprächsthema innerhalb der Gruppe waren ("…Da werden Pläne geschmiedet, wir machen dies und machen das, wir zünden Asylantenheime an und am Ende verläuft das Gespräch wieder im Nichts und nichts ist passiert…", "…Zum Beispiel halt, dass man überall paar Dreiergrup- pen hat, muss ja nicht überall sein, nur da wo ein paar Leut´ wohnen und dann werden halt gezielt Objekte raus gepickt und heißt so jetzt, des und des Wochenende geht es los und dann wird es einfach gemacht. Und wer dann nichts macht fliegt gnadenlos raus, ganz einfach…"). Die Ernsthaftigkeit dieser Ideen wird gestützt durch die vom Bundesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 8. April 2015 mitgeteilten Äußerungen des Mitbeschuldigten O. vom 9. März 2015, wonach die Gruppe nicht legale Ziele verfolgte ("Wir wollen über Tehmen reden, die man nicht im Internet oder am Handy bespricht. Desweiteren haben wir vor ein bis zwei drei ... Aktionen zu starten" [Fehler wie im Original ]). Diesen Erklärungen entspricht, dass die Gruppenmitglieder H. und O. in einem Telefonat vom 8. Januar 2015 über die Beschaffung von Schusswaffen diskutierten (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Auch das aggressive Auftreten der Organisation , wie es etwa in der auf Facebook am 15. Oktober 2014 eingestellten und im Durchsuchungsbeschluss inhaltlich näher dargestellten Grafik ("Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen. Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen. Rot ist das Blut, auf dem Asphalt…") zum Ausdruck kommt, deutet auf eine Gewaltbereitschaft der Gruppe hin.
8
Soweit in den jeweiligen Behördenschreiben und -zeugnissen die oben aufgeführten Beweismittel, insbesondere Beiträge in Internetchats, auf Internetplattformen und Telefongespräche, nur - auszugsweise - wiedergegeben werden, bestehen keine Anhaltspunkte, dass die in den Schreiben enthaltene, überwiegend wörtliche Wiedergabe - die auch Fehler im Original übernommen hatte - unzutreffend sein könnte.
9
Vor diesem Hintergrund wird der konkrete Verdacht, dass die Beschuldigten Ziele im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB verfolgt haben , ergänzend dadurch gestützt, dass bei dem Gruppentreffen vom 15. November 2014 über den "bewaffneten Kampf gegen Salafisten" gesprochen worden sein soll (Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 10. Februar 2015). Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz mitgeteilten Erkenntnisse sind insoweit zwar oberflächlich gehalten, insbesondere bleibt unklar, aus welcher Quelle - ebenso wie auch die Erkenntnisse zu den im Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz wörtlich wiedergegebenen Äußerungen vom 4. Februar und vom 9. März 2015 - sie stammen. Angesichts der vorstehend dargestellten weiteren objektivierten Verdachtsmomente sind sie aber gleichwohl geeignet, den Anfangsverdacht weiter zu verstärken.
10
Der Beschwerdeführer ist auch verdächtig, Mitglied der "Oldschool Society" gewesen zu sein. Hinsichtlich der Verdachtsmomente wird auf die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Ausführungen verwiesen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Facebook-Beitrag der Vereinigung ein "M. " als anwesende Person genannt wird und auf dem dort eingestellten Gruppenfoto eine Person zu sehen ist, die starke Ähnlichkeit mit dem Beschuldigten aufweist (vgl. Schreiben des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 26. Februar 2014, dort enthaltener Screenshot des Facebook-Beitrags, sowie Vermerk des Bundeskriminalamtes vom 17. März 2015, dort abgebildetes Lichtbild des Beschwerdeführers).
11
2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war gewahrt. Die Durchsuchungsanordnung war geeignet, zur Klärung des Tatverdachts beizutragen. Gegenüber der Durchsuchung stand auch kein gleich wirksames milderes Mittel zur Verfügung. Schließlich stand die Anordnung der Durchsuchung in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des bestehenden Tatverdachts.
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3. Ob eine erhebliche Überschreitung der Vorlagefrist des § 306 Abs. 2 StPO im Einzelfall einer Beschwerde (mit) zum Erfolg verhelfen kann (vgl. KG, Beschluss vom 27. Oktober 2014 - 2 Ws 360/14, NStZ-RR 2015, 18 mwN), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Zwar wurde die Beschwerde nicht gemäß § 306 Abs. 2 StPO innerhalb von drei Tagen nach deren Eingang am 6. Juni 2015, sondern erst mit der Abhilfeentscheidung vom 23. Juni 2015 dem Senat vorgelegt. Indes war diese Verzögerung schon nicht erheblich im Sinne der vorstehenden Rechtsprechung.
13
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO. Becker Schäfer Spaniol

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

(1) Wer eine Vereinigung (§ 129 Absatz 2) gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder
2.
Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a oder des § 239b
3.
(weggefallen)
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen,
2.
Straftaten nach den §§ 303b, 305, 305a oder gemeingefährliche Straftaten in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 313, 314 oder 315 Abs. 1, 3 oder 4, des § 316b Abs. 1 oder 3 oder des § 316c Abs. 1 bis 3 oder des § 317 Abs. 1,
3.
Straftaten gegen die Umwelt in den Fällen des § 330a Abs. 1 bis 3,
4.
Straftaten nach § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 oder 2, § 20a Abs. 1 bis 3, § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 Nr. 2, § 20 Abs. 1 oder 2 oder § 20a Abs. 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder nach § 22a Abs. 1 bis 3 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder
5.
Straftaten nach § 51 Abs. 1 bis 3 des Waffengesetzes
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Absatz 7 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2, 4 und 5 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
StB 18/17
vom
14. Dezember 2017
in dem Strafverfahren
gegen
1.
2.
wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung
ECLI:DE:BGH:2017:141217BSTB18.17.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Angeschuldigten sowie ihrer Verteidiger am 14. Dezember 2017 gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 StPO beschlossen:
Die sofortige Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft München gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 19. Juli 2017 wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeschuldigten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse

Gründe:


1
Die Generalstaatsanwaltschaft München hat den beiden Angeschuldigten mit der zum Oberlandesgericht München erhobenen Anklage vorgeworfen, gemeinschaftlich handelnd die außereuropäische terroristische Vereinigung "Junud al-Sham" unterstützt zu haben, strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 bis 3, § 25 Abs. 2 StGB. Das Oberlandesgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen abgelehnt. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Generalstaatsanwaltschaft mit der sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I.


2
1. Mit der Anklageschrift ist den Angeschuldigten folgende Tat zur Last gelegt worden:
3
Der rechtskräftig verurteilte P. hielt sich von Anfang Oktober 2013 bis Anfang März 2014 - unterbrochen durch einen kurzen Aufenthalt in der Türkei von Mitte November bis Anfang Dezember 2013 - in Syrien auf und beteiligte sich als Mitglied an der terroristischen Vereinigung Junud al-Sham. Spätestens ab dem 12. Dezember 2013 war er dort im sogenannten "Deutschen Haus" einquartiert, wo er an einem paramilitärischen Training teilnahm, um sich zum Kämpfer für die Organisation ausbilden zu lassen. Er erhielt eine Kalaschnikow sowie eine Schrotflinte und eine Handgranate. Außerdem leistete er regelmäßig Wachdienste.
4
Nachdem sich die Angeschuldigte S. am 17. November 2013 mit P. telefonisch über eine von ihr und der Angeschuldigten O. für ihn durchzuführenden "Spendensammlung" unterhalten hatte, beschaffte die Angeschuldigte S. in der Folgezeit einen Bargeldbetrag in Höhe von 275 €, den sie Ende Dezember 2013 der Angeschuldigten O. zur Weitergabe an P. überreichte. Diese reiste am 1. Januar 2014 mit dem Geld sowie von ihr gestellten Kleidungsstücken ihres Bruders, Nahrungsmitteln und Deodorant von Deutschland nach Syrien. Zwischen dem 2. und 9. Januar 2014 übergab sie dort P. die Geld- und Sachmittel.
5
Beiden Angeschuldigten war bekannt, dass sich P. der Junud alSham als noch auszubildender Kämpfer angeschlossen hatte. Sie teilten selbst die Ideologie des Dschihad, den sie durch ihr Tun - zumindest mittelbar durch Unterstützung eines Mitglieds der Vereinigung - fördern wollten.
6
2. In dem die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Beschluss hat das Oberlandesgericht im Wesentlichen ausgeführt:
7
a) Die im Anklagesatz beschriebene Übergabe der Geld- und Sachmittel an P. sei - wenn nicht noch weitere Umstände hinzuträten - aus Rechtsgründen nicht als ein Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB zu beurteilen. Nach der Anklageschrift (einschließlich dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen) sei davon auszugehen, dass die Zuwendung allein P. zugutegekommen sei, während ein positiver Effekt für die Junud al-Sham nicht erkennbar sei. Hiernach fehle es am erforderlichen Organisationsbezug, nämlich an einer irgendwie gearteten Förderung der Gefährlichkeit der Vereinigung. Der Anklageschrift lasse sich nicht entnehmen, inwiefern die Organisation von den Geld- und Sachmitteln profitiert haben könnte. Wozu P. diese Gegenstände verwendet habe, sei nicht mitgeteilt. Eine positive Wirkung der Zuwendung auf die Organisation verstehe sich hier auch nicht von selbst. Es handele sich um eine sozialübliche Hilfeleistung für den allgemeinen Lebensunterhalt eines Mitglieds ohne Einfluss auf dessen mitgliedschaftliche Beteiligung. Der Geldbetrag sei "überschaubar"; bei Kleidung, Nahrungsmitteln und Deodorant handele es sich um Gegenstände des täglichen Lebensbedarfs.
8
Zwar erscheine es denkbar, dass eine durch eine Zuwendung zum Lebensunterhalt bewirkte bloße Steigerung des Wohlbefindens bei einem einzelnen Mitglied eine Unterstützung der Organisation darstellen könne, wenn damit zugleich dessen Fähigkeit und Bereitschaft zum Einsatz für deren Ziele erhöht werde. Wirksam werden könnten dabei auch die Mechanismen der psychischen Förderung. Jedoch "dürfte sich der erforderliche Organisationsbezug in einem solchen atypischen Fall nur bei einer objektivierbaren Verbesserung des 'Nutzens' des Mitglieds dieser Vereinigung begründen lassen, z.B. bei einer in zeitlichem Zusammenhang mit der Zuwendung stehenden Intensivierung seiner für die Organisation entfalteten Tätigkeiten". Ein solcher Vorteil für die Junud alSham sei hier nicht ersichtlich.
9
b) Ein positiver Effekt werde nicht nur in der Anklageschrift nicht dargetan , sondern sei nach dem Ermittlungsergebnis auch tatsächlich nicht nachweisbar. Den Sachakten seien keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Geld- und Sachmittel von P. für Zwecke der Organisation verwendet oder dieser zur Verfügung gestellt worden seien. Da es somit objektiv an einer ausreichenden Unterstützungswirkung fehle, komme es auf die "Motivationslage" der Angeschuldigten nicht an.

II.


10
Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 Nr. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (vgl. § 306 Abs. 1, § 311 Abs. 2 StPO) sofortige Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft hat in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.
11
Die gebotene vollumfängliche Prüfung der Voraussetzungen für die Eröffnung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238, 243; vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, juris Rn. 16) hat ergeben, dass die Angeschuldigten der ihnen vorgeworfenen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1, 2, § 25 Abs. 2 StGB nicht im Sinne des § 203 StPO hinreichend verdächtig sind. Denn bei vorläufiger Tatbewertung auf der Grundlage des Ergebnisses der Ermittlungen ist ihre Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln nicht wahrscheinlich (zum Prüfungsmaßstab s. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2003 - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2; vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, aaO).
12
Im Ergebnis zutreffend hat das Oberlandesgericht darauf erkannt, dass nach Aktenlage den Angeschuldigten die Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung voraussichtlich nicht wird nachgewiesen werden können. Der im Anklagesatz beschriebene Sachverhalt ist nicht als ein gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB tatbestandliches Unterstützen zu werten; nach dem Ergebnis der Ermittlungen sind auch nicht - darüber hinausgehend - tatsächliche Umstände beweisbar, auf Grund derer der Straftatbestand erfüllt wäre.
13
1. Für die Strafbarkeit wegen Unterstützung einer terroristischen (bzw. kriminellen) Vereinigung gilt:
14
Unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB (wie des § 129 Abs. 1 Satz 2 Variante 1 StGB nF) ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69, 117). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehöri- gen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich gleichermaßen auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, BGHSt 51, 345, 350 f.).
15
Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 116; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, aaO, S. 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244; vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; Beschluss vom 17. August 2017 - AK 34/17, juris Rn. 6). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, BGHSt 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).
16
Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Organisation. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen Vereinigung dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juli 1984 - 3 StR 62/84, aaO; vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, aaO, S. 326 f.).
17
2. Unter Anlegung dieser rechtlichen Maßstäbe haben die Angeschuldigten nach dem sich aus den Sachakten ergebenden Ermittlungsergebnis nicht die Junud al-Sham unterstützt, weder durch die Förderung der Tätigkeit und der terroristischen Bestrebungen der Organisation als solcher noch durch Beihilfehandlungen zu Betätigungsakten des Mitglieds P. .
18
a) Im Hinblick auf eine direkte Unterstützung der Junud al-Sham mangelt es nach der maßgebenden Verdachtslage an einem vereinigungsbezogenen Vorteil als Folge der Übergabe der Geld- und Sachmittel an P. . Die Zuwendung der Angeschuldigten ist als Förderungsleistung für die Organisation nicht wirksam geworden.
19
Der Anklagesatz verhält sich nicht dazu, wofür P. die Gegenstände nutzte, ob er sie etwa innerhalb der Vereinigung weitergab oder unmittelbar für ihre Zwecke verwendete. Beweismittel, mittels derer sich ein entsprechender Nachweis führen ließe, liegen nicht vor. Als einzige Erkenntnisquelle käme P. selbst in Betracht. Dieser hat angegeben, er habe das - in Deutschland "gesammelte" (EA II Bl. 199) - Geld "als persönliches Geschenk" und "nicht als für die Gruppe bestimmt" angesehen; er habe es für sich behalten und für seinen persönlichen Bedarf, im Wesentlichen zum Aufladen des Mobiltelefons sowie für Zigaretten und Schokolade, ausgegeben (EA I Bl. 86 f.). Zur Verwendung der Sachmittel hat P. keine Angaben gemacht: Bezüglich der Kleidung des Bruders der Angeschuldigten O. hat er sich lediglich insoweit erklärt, als diese zwar "warme Kleidung" mitgebracht (EA II Bl. 199), er die "Klamotten" aber nicht bestellt oder angefordert habe (EA I Bl. 86). Ein sonderliches Interesse hatte er hieran offenkundig nicht. Zu den Nahrungsmitteln und dem Deodorant hat er sich überhaupt nicht geäußert. Naheliegend hat er entweder der Zuwendung insoweit keine Bedeutung beigemessen oder sich diesbezüglich nicht mehr konkret erinnert.
20
Infolgedessen muss davon ausgegangen werden, dass der zugewendete Vorteil ausschließlich bei P. verblieb und nicht der Vereinigung als überindividuellem Personenverband zugutekam. Dass womöglich - ausweislich des Mitschnitts eines zwischen der Angeschuldigten S. und P. am 23. Januar 2014 geführten Telefongesprächs (Sonderband TKÜ II Bl. 43 f.) - die Angeschuldigten ihrerseits in Übereinstimmung mit ihrer dschihadistischen Gesinnung andere Vorstellungen hatten, mit einer Weitergabe der Gegenstände durch P. innerhalb der Junud al-Sham rechneten und dies billigten, berührt die objektiv fehlende Wirksamkeit der Unterstützungshandlung nicht. Nach allgemeinen Grundsätzen könnte dies lediglich einen - nach geltendem Recht straflosen (vgl. §§ 12, 23 Abs. 1 StGB) - Unterstützungsversuch begründen.
21
b) Im Hinblick auf eine indirekte Unterstützung der Junud al-Sham durch Förderung der mitgliedschaftlichen Beteiligung des P. sind nach Aktenlage taugliche Förderungshandlungen ebenfalls nicht nachweisbar.
22
aa) Nach dem oben Ausgeführten liegt auch dann eine tatbestandliche Unterstützung der terroristischen Vereinigung gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB vor, wenn der Täter die mitgliedschaftlichen Betätigungsakte eines ihrer Mitglieder fördert, jedenfalls dann, wenn das Mitglied die Handlungen auftragsgemäß vornimmt. Solche von P. im Auftrag der Junud al-Sham ausgeführten Betätigungsakte sind hier die Teilnahme am paramilitärischen Training in Vorbereitung einer Tätigkeit als Kämpfer sowie das Ableisten der Wachdienste. Hätten die Angeschuldigten diese Beteiligungshandlungen physisch oder psychisch gefördert, so wäre schon deshalb ein tatbestandliches Unterstützen gegeben. Allein darin wäre ein hinreichender Nutzen für die Junud al-Sham zu sehen, ohne dass in einer Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen zu einem Organisationsbezug zu treffen wären.
23
bb) Die Angeschuldigten sind indes nicht hinreichend verdächtig, die mitgliedschaftlichen Betätigungsakte durch die Zuwendung der Geld- und Sachmittel gefördert zu haben. Diesbezüglich kann auf die Grundsätze der Beihilfe (§ 27 Abs. 1 StGB) zurückgegriffen werden. Im Einzelnen:
24
(1) Eine physische Förderung dieser Beteiligungshandlungen durch die Zuwendung ist nach Aktenlage nicht ersichtlich. Weder zum Training noch zu den Wachdiensten besteht ein sachlicher Zusammenhang. Es sind keine An- haltspunkte dafür gegeben, dass die Geld- und Sachmittel hierfür verwendet wurden, etwa indem P. von dem Geld Munition für ein Schießtraining erwarb oder die Kleidung speziell bei Wachdiensten trug.
25
Wenngleich die beiden Angeschuldigten zuzurechnenden Handlungen als solche - die Fahrt nach Syrien sowie die dort getätigte unentgeltliche Übergabe von Bargeld und anderen Gegenständen an einen in einem Ausbildungslager aufhältigen Kampfrekruten - nicht als sozialüblich zu bewerten sind, liegt den entsprechenden Erwägungen des Oberlandesgerichts der zutreffende Gedanke zugrunde, dass die Zuwendung nach Art und Umfang keinen spezifischen Bezug zur Tätigkeit und den Zwecken der Junud al-Sham aufweist und sich insoweit als für sich gesehen "neutral" darstellt; vielmehr trugen die übergebenen Geld- und Sachmittel in relativ geringem Umfang - nicht widerlegbar - allein zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs des P. bei.
26
(2) Auch eine von den Angeschuldigten bewirkte psychische Förderung der Beteiligungshandlungen ist nicht wahrscheinlich. Hierfür ist erforderlich, entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts aber auch ausreichend, dass - analog zur psychischen Beihilfe - die Zuwendung P. in seinem Entschluss bestärkte, sich dem paramilitärischen Training zu unterziehen und die Wachdienste zu leisten. Eine im Nichteröffnungsbeschluss verlangte "objektivierbare Verbesserung des 'Nutzens' des Mitglieds für die Vereinigung" ist hingegen nicht notwendig.
27
Eine psychische Förderung der mitgliedschaftlichen Betätigung P. s setzt dabei einerseits voraus, dass die Angeschuldigten mit der Willensrichtung handelten, ihn in seinem Tatentschluss zu bestärken, andererseits aber auch, dass die Zuwendung tatsächlich eine P. s Tatenschluss för- dernde Funktion hatte. Wenngleich die Zuwendung nicht - im Sinne einer conditio sine qua non - kausal für seine (weiteren) Betätigungsakte gewesen zu sein braucht, so muss er sie zumindest als Billigung seines Tuns verstanden und ihr Relevanz für seinen Tatentschluss beigemessen haben (zur psychischen Beihilfe s. BGH, Beschlüsse vom 25. Oktober 2011 - 3 StR 206/11, NStZ 2012, 316 f.; vom 24. März 2014 - 5 StR 2/14, BGHR StGB § 27 Abs. 1 Hilfeleisten 33; vom 13. September 2017 - 2 StR 161/17, juris Rn. 10; MüKoStGB/ Joecks, 3. Aufl., § 27 Rn. 9 ff., 42 f.; S/S-Heine/Weißer, StGB, 29. Aufl., § 27 Rn. 15).
28
Dass der Beweis einer tatsächlichen psychischen Beeinflussung des P. geführt werden kann, ist unwahrscheinlich. Gegen die Relevanz der Zuwendung für seinen Tatentschluss spricht hier, dass der Geldbetrag mit 275 € relativ gering war und P. ihn offensichtlich nicht benötigte. Nach seinen Angaben hatte er 2.000 € aus Deutschland nach Syrien mitgenommen und von seinem Bruder weitere 500 € erhalten; 1.500 € habe er später wieder nach Deutschland zurückgebracht (EA I Bl. 87). Die Finanzermittlungen haben ergeben, dass er sogar 1.200 € von seinem Bruder erhalten hatte (EA I Bl. 13). Im Übrigen liegen von seinen Angaben abweichende Erkenntnisse nicht vor. Bei den Sachmitteln handelte es sich um offensichtlich wenig werthaltige Gegenstände des täglichen Bedarfs; namentlich in Anbetracht der Bekundungen des P. besteht kein hinreichender Anhalt, dass ihr Besitz für ihn von Bedeutung war. Hiernach liegt es vorliegend genauso nahe, dass er die Zuwendung als eine Form der Sympathiebekundung verstand, die er bloß - ob ihres Umfangs - mehr oder minder innerlich befriedigt entgegennahm. Unter diesen Umständen lässt sich - entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft München sowie des Generalbundesanwalts - eine über P. vermittelte Unterstützung der Junud al-Sham nicht darauf stützen, dass er sich zum Zweck der Vorbereitung der Teilnahme am bewaffneten Kampf dieser Vereinigung in deren Ausbildungslager aufhielt und er - eigenen Angaben zufolge (EA I Bl. 86) - glaubte, ihm sei das Bargeld mit Blick auf seine Zugehörigkeit zu der Organisation zugewendet worden.
29
Nach alledem ließe sich in einer Hauptverhandlung wahrscheinlich der Nachweis nicht führen, dass die Angeschuldigten P. in seinem Tatentschluss zu den Betätigungsakten oder gar in demjenigen zu einer späteren Teilnahme an Kampfhandlungen (s. hierzu oben II. 1. aE) bestärkt hätten. Dass dort überlegene Erkenntnismittel zur Verfügung stünden, die eine abweichende Beurteilung ermöglichen könnten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 - StB 27/09, BGHSt 54, 275, 289; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 203 Rn. 13), ist nicht ersichtlich.
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5
Dies gilt auch im Fall B. II. 1. der Urteilsgründe. Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen insbesondere von demjenigen, der dem Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2017 (StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72) zugrunde lag: Während in jenem Verfahren eine Förderung der Junud al-Sham durch geringfügige Geldund Sachleistungen nicht hinreichend wahrscheinlich war, liegt hier eine Unterstützung der terroristischen Vereinigung darin, dass Zahlungen wie die verfahrensgegenständliche dazu beitrugen, dass Kämpfer der Junud al-Sham ihren Aufenthalt in Syrien überhaupt fortsetzen konnten und dadurch der Organisation weiterhin zu Gebote standen.

(1) Die §§ 129 und 129a gelten auch für Vereinigungen im Ausland. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, so gilt dies nur, wenn sie durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen wird oder wenn der Täter oder das Opfer Deutscher ist oder sich im Inland befindet. In den Fällen des Satzes 2 wird die Tat nur mit Ermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz verfolgt. Die Ermächtigung kann für den Einzelfall oder allgemein auch für die Verfolgung künftiger Taten erteilt werden, die sich auf eine bestimmte Vereinigung beziehen. Bei der Entscheidung über die Ermächtigung zieht das Ministerium in Betracht, ob die Bestrebungen der Vereinigung gegen die Grundwerte einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind und bei Abwägung aller Umstände als verwerflich erscheinen.

(2) In den Fällen der §§ 129 und 129a, jeweils auch in Verbindung mit Absatz 1, ist § 74a anzuwenden.

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Der Senat kann offen lassen, ob sich die Anwendbarkeit der § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit allein aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 4 StGB ergibt oder ob entsprechend der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschend vertretenen Ansicht zusätzlich auch die Voraussetzungen der §§ 3 ff. StGB vorliegen müssen (so BGH, Beschluss vom 2. Juli 2012 - 2 BGs 152/12, BGHR StGB § 129b Anwendbarkeit 5; Altvater NStZ 2003, 179, 181; LK/Krauß, StGB, 12. Aufl., § 129b Rn. 8 ff.; MüKoStGB/Schäfer, 2. Aufl., § 129b Rn. 10; SK-StGB/Stein, 63. Lfg., § 129b Rn. 3; ders. GA 2005, 433, 455 f.; S/S-Sternberg-Lieben, StGB, 29. Aufl., § 129b Rn. 5, 7; Zöller, Terrorismusstrafrecht , S. 344 ff.; aA Kress JA 2005, 220, 226 f.; NK-StGBOstendorf , 4. Aufl., §§ 129a, 129b Rn. 9). Zur Begründung dieser Auffassung wird angeführt, dass sich § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB seinem Wortlaut nach ausschließlich auf Vereinigungen in Nicht-EU-Staaten beziehe und deshalb auf Vereinigungen innerhalb des Gebiets der Europäischen Union nicht anwendbar sei. Für Beteiligungshandlungen an kriminellen oder terroristischen Vereinigungen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelte daher das allgemeine Strafanwendungsrecht der §§ 3 ff. StGB, da diese sonst unbegrenzt innerstaatlicher Strafgewalt unterlägen, was insbesondere mit völkerrechtlichen Grundsätzen zur Rechtsgeltungserstreckung nicht zu vereinbaren sei (hierzu umfassend Zöller, Terrorismusstrafrecht, S. 337 ff.). Da aber die in § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB aufgestellten Geltungsvoraussetzungen für sich betrachtet teilweise großzügiger seien als diejenigen der §§ 3 ff. StGB - etwa anders als § 7 StGB keine Tatortstrafbarkeit erforderten -, der Rechtsanwendungsbereich der §§ 129, 129a StGB für Vereinigungen im Nicht-EU-Ausland aber nicht weiter sein könne als derjenige für Beteiligungshandlungen an Vereinigungen in EUStaaten , könne § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB nicht im Sinne einer abschließenden , die §§ 3 ff. StGB verdrängenden Spezialregelung verstanden werden (SKStGB /Stein, 63. Lfg., § 129b Rn. 3; ders. GA 2005, 433, 453 ff.).

(1) Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt.

(2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter

1.
zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder
2.
zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach der Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen innerhalb angemessener Frist nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.